Inhalte 1. Klima – maßgebliche Faktoren - was ist zu erwarten? 2. Mögliche Auswirkungen auf verschiedene Naturgefahren-Prozesse – Abflussbildung – Hochwasser – Flash Floods – Rutschungen – Muren – Steinschlag – Lawinen 3. “Anpassung, Handlungsstrategien” 4. Ausblick 1. Klima – was ist zu erwarten? Temperatur • Zunahme T um 2°C seit Ende des 19. Jhdts, Beschleunigung seit 1970 (auch in den Hochlagen) • Anstieg der 0° Isotherme um 400 m Quelle: Böhm et al. (2010), Climatic Change (HISTALP-Projekt) • Temperaturschwankungen von Tag zu Tag im Winter geringer, Zunahme im Sommer • Signifikante Veränderung der Extremwerte der Temperatur begünstigt konvektive Niederschläge (höherer Wasserdampfgehalt), + 1°C +7% mehr Feuchtigkeit Quelle: ZAMG Wien https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/informationsportal-klimawandel/klimazukunft/europa/extremereignisse Niederschlag • kein Trend im gemessenen Niederschlag (abgesehen von dekadischen Schwankungen • = Gegensatz zu Klimasimulationen (AOGCMs), diese zeigen eine stetige Abnahme der N-Summe seit Mitte des 19. Jahrhunderts besonders im Sommer (ZAMG) • Nur im äußersten Westen Österreich Zunahme N-Mengeund Intensität zu erwarten (Formayer und Kromp-Kolb 2006) • Im 20. Jhd. Zunahme N im SE Österreichs um 5% (ZAMG) Abb.: Formayer und Kromp-Kolb (2006) Extreme Ereignisse: Alpenraum – nicht eindeutig: • 30-jährige tägliche Niederschlagsmengen im Sommerhalbjahr – Zunahme um 1726% für 2007-2050 zu erwarten (PRISKCHANGE) • Andererseits: Abnahme der Wiederkehrhäufigkeit extremer NEreignisse (Orlowsky and Seneviratne 2012, Fischer et al. 2013, van den Besselaar et al. 2013…) Dauer der Schneebedeckung seit 1970 um 37 Tage kürzer (ca. 9 d pro Dekade) unabh. von Höhenlage oder geografischen Standort Abnahme der Schneedecke bis zu 10% Beginn uneinheitlich, aber im Mittel später (12 d), Ende früher (26 d) Ursache: Temperaturanstieg (Auer et al. 2007 - HISTALP), Anstieg der Sonnenscheindauer Schneedecke Beginn Schneeschmelze Beginn Schweiz – Auswertung 11 MeteoStationen zw. 1.100 zw. 2.500 m SH: Schneedecke Dauer Schnee Jahr Abb.: SLF - Klein et al. (2016), Climatic Change, Vol. 139. Stürme Zunahme von Stürmen seit 1920 Trotz rezenter Häufung (Kyrill, Paula, Emma) kein direkter Konnex zum CC Abb.: ZAMG Wien Um 1900 deutlich höhere Sturmhäufigkeit in Mitteleuropa In A keine bzw. schwache Abnahme der Windgeschw. bei 20-jährl. Ereignissen der tägl. Windmaxima (ZAMG) - unsicher „In Zukunft sind stärkere Kontraste der Temperatur- und Drucklagen über den Alpenhauptkamm zu erwarten, was zu verstärkter Sturmhäufigkeit führen kann“ (Prof. Kirchengast, Wegener Zentrum für Klima und globalen Wandel in Graz) Abb.: ZAMG Wien 2. Auswirkungen auf versch. Naturgefahren-Prozesse Abfluss - Hochwasser Jahresmaxima der Hochwässer für 1976-2007: A < 500 km² 22% steigend 4% Abnahme Quelle und Abb: Blöschl et al. 2011, ÖWAV 1-2 Abfluss - Hochwasser Jahresmaxima der Hochwässer für 1976-2007: A < 500 km² 22% steigend 4% Abnahme 1955-2007 Trend deutlich schwächer Quelle und Abb: Blöschl et al. 2011, ÖWAV 1-2 Einfluss von Systemzuständen ACRP-Projekt Serac-CC (Sensitivity of the Runoff Characteristics of Small Alpine Catchments to Climate Change) N/A-Modellierung für regionalisierte Klima-Szenarien in 3 Testgebieten in Westösterreich Abschätzung der künftigen Häufigkeit von Hochwasser auslösenden Systemzuständen Quelle: Meißl et al. (2016), Hydrol. Process. Sommer: deutliche Abnahme in allen Höhenlagen Positiv: höheres Aufnahmevermögen Negativ: Hydrophobie, lokal reduzierte Aufnahmefähigkeit der Böden Höhere Abflüsse im Winter Ruggbach Brixenbach Mehr Tage im hochalpinen Bereich Längental Frühjahr: Weniger Tage in EG in tiefen und mittleren Lagen Tage mit Kritischer Bodenfeuchte Winter: häufiger in tiefer gelegenen Einzugsgebieten Abflussabnahme im Sommer Quelle: Meißl et al. (2016): Hydrol. Process. „Hangwasser“ Hochwässer abseits der ständigen Gerinne nehmen zu SAFFER – CC : „Sensitivity Assessment of critical condition for local Flash Floods Evaluating the Recurrence under Climate Change” 8.6.2011: Schwertberg – Poneggen, OÖ Foto: Lesterl A = 0,1 km² Quelle: Achleitner et al. (2015) Foto: Lageder Koppelung N/A Modell ZEMOKOST mit 2D-Überflutungsmodell, zur besseren Abschätzung künftiger Auswirkungen N-Verteilung 8.6.2011 Mächtigere N-Zelle Quelle: Achleitner et al. (2015) Rutschungen Theoretisch: Praktisch: Anstieg der Massenbewegungsaktivitäten durch den CC Nachweis jedoch schwierig – Umfangreiche Datensätze von Rutschungen notwendig CH - kontroversiell: • Zunahme aufgrund des Anstieges konvektiver N-Ereignisse (Meusburger und Alewell 2009): • keine signifikanten Änderungen (Hilker et al. 2009) IT: Zunahme seit Mitte des 19. Jhdt. (bessere Verfügbarkeit von Daten, Zunahme der Vulnerabilität durch Siedlungstätigkeit?) Französische Alpen: Analyse von Ereignissen in den SE-Alpen (Riou Bourdoux Daten seit 1898), deutliche Zunahme seit den 1990er Jahren (Lopez-Saez et al. 2013, Geology) Piemont: Zunahme der Rutschungsereignisse seit 1960 (Häufigkeit und Anzahl) Quelle: Stoffel et al. (2015), Sci Tot. Env. ACRP-Projekt C3S_ISLS (Klimabedingte Systemzustandsänderungen an Hängen und ihre Bedeutung für das Auftreten von Lockermaterialrutschungen) Au in Vlbg., August 2005 Foto: VOGIS Quelle: Zieher et al.: ecorisQ General Assembly, Innsbruck, 22.4.2015 • Höhere Rutschungsdichte 2001-2012 in Relation zu 1972-1985 größere Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen (Extremereignis August 2005, Pfingsthochwasser 1999) • Flächen mit Landnutzungsänderung Zunahme der Rutschungsdichte signifikant höher als auf Flächen ohne Landnutzungsänderung Quelle: Rössel (2015), Master Thesis, Universität Sbg. Murgänge Zermatt-Tal (hochalpin - Walliser Alpen, CH) – Zunahme nach den neuzeitl. Gletscherhochständen (warm-feuchte Sommer) – zuletzt Rückgang (Abnahme der Sommerniederschläge) Quelle: Beniston et al. 2011, Env. Sci. Policy ACRP-Projekt DEUCALION (Kaitna et al. 2014) 3 Testgebiete – Pitztal, Lienz/Toblach, Gesäuse Analyse historischer Ereignisse, Abschätzung von Frequenz und Häufigkeit künftiger Wildbachereignisse • Verschiebung extremer Niederschläge in das Frühjahr und den Herbst • „bestes“ Klimaszenario: keine Veränderungen im Mai und Juni und eine Rückgang der Wahrscheinlichkeiten im Juli und August • „schlechtestes“ Szenario: Anstieg der Wahrscheinlichkeit f. ExtremEreignisse (von 8-13 auf 16-21 Ereignisse pro Dekade) Steinschlag Gletscher- und Permafrostrückgang in hochalpinen Lagen Frost-/Taueffekte Kleinere Felsstürze (1000-100000 m³) häufiger nach unüblichen, extrem hohen Temperaturen unmittelbar vor dem Ereignis Steinschlag-Inventur (150 Ereignisse) in den (West)Alpen signifikanter Anstieg seit 1990 Nach IPCC Temp-Szenarien Zunahme wahrscheinlich Quelle: Stoffel et al. (2015), Sci Tot. Env. Lawinen ACRP-Projekt RIMES (Klimawandel und Risikomanagement für Energieinfrastruktur) Subjektives Empfinden: Anzahl der Nassschneelawinen steigt Fragen: • Welche Höhenlage ist betroffen? • Welches sind die Haupttrigger für Nassschneelawinen, welche durch den Klimawandel primär betroffen sind Fotos: AHP Station Mooserboden (2036m) Was erwarten wir, basierend auf den Analysen von 1981-2010 für 2041-2070 im Winter (worst case)? - Temperaturanstieg von 2,3°C - Zunahme Niederschlag um 12% - mehr Regen auf Schnee Auslösewahrscheinlichkeit Nassschneelawinen erhöht sich in einer Höhenlage von ca. 1800-2500m Oberhalb 2500m Verhältnis Nassschnee-/Trockenschneelawinen gleichbleibend Was ist zu erwarten? Verschärfung der Gefahren durch fluviatile und geogene Prozesse Bild: www.wasser-osttirol.at Bild: TT-Online, 18.1.2017 Gezielte Steuerung des Flächenangebots für Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturzwecke eine der effektivsten und effizientesten Strategien im Umgang mit Naturgefahren (BMLFUW) Forcierung nachhaltiger Raumentwicklungsstrategien – und Anpassung der entsprechenden Planungskonzepte • Gefahrenzonenpläne (GZP) • Raumordnungskonzepte (ROK) • Flächenwidmungsplan (FWP) • … Einsatz moderner Simulationsmodelle • 2D im Wasserbau • N/A-Modelle WLV • Lawinensimulation … Siehe z.B. Blöschl 2016, Kirnbauer et al. 2016 Bild: http://austria-forum.org/af/AustriaWiki/W%C3%B6rgl Nachhaltige Schutzmaßnahmen Ziel: robuste Maßnahmen Für überraschende, unerwartete (Hochwasser)Situationen Schneeschmelz HW Gewitterregen Dauerregen (Grafik aus Blöschl 2016, zit. in: Kirnbauer et al. 2016, Wildbach- und Lawinenverbau) - ergänzt Berücksichtigung künftiger CC-Effekte in der Dimensionierung? Bayern: Klimaänderungszuschlag von 15% z.B. zum HQ100 In A: Unterstellung realistischer künftiger Szenarien, bzw. statistisch konsistent Quelle: LfU Bayern (http://www.lfu.bayern.de/wasser/klima_wandel/ wawi_anpassung/hochwasser/index.htm) Bewusstseinsbildung – Forcierung Eigenverantwortung und Risikoakzeptanz 1950er- und 1960er-Jahre: Mitwirkung der BV an der Begrenzung des Schadensausmaßes Heute: Katastrophenschutz - Delegierung an öffentl. Hand = Vollkasko-Mentalität Vermehrte Öffentlichkeitsarbeit + Bürgerinformation Besserer Informationsstand der BV – Prozesse, wie kann ich mich schützen? Was ist der Mehrwert von Planungen/Maßnahmen der öffentl. Hand? Welches Restrisiko? Erhöhung der Akzeptanz Verbesserung Datengrundlagen / Prozessverständnis • Zu wenige Datensätze (Rutschungen, Geschiebe, Lawinen, Steinschlag,…) Gigantischer Aufwand solche Daten im Nachhinein zu erstellen Nachkartierung und Abgleichung von 2500 Rutschungen in Vorarlberg = 1 Personenjahr! • Systematische Dokumentation von (Schad)Ereignissen und Naturgefahrenprozessen (Nicht nur Schwemmkegel oder Ablagerungsbereich, auch in den Entstehungsgebieten) • Systematische und standardisierte Datenarchivierung, z.B. im WLK • Monitoring, Langzeitstudien, Mustereinzugsgebiete (Prozessverständnis, Erkennen von Trends…) essenzielle Grundlagen für die Verbesserung von Modellen, Prognose, Warnsystemen, Planungen… Ausblick Neue Projekte, z.B. PROTECTED CC-Auswirkung von Störungen (Windwurf, Schneebruch, Käfer…) auf • Magnitude von Wildbachereignissen • Abflussverhalten • Feststoffmobilisierung Notwendige Änderungen in der Risikowahrnehmung bei den versch. Stakeholdern (Forstdienst, Waldbesitzer, WLV, lokale Verwaltung…) Testgebiete: Stubaital, Bucklige Welt Vielen Dank für Ihr Interesse…