Mathematik für Chemiker III, WS 2008/09, Arbeitsblatt 2. Inverse Matrix.

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Mathematik für Chemiker III, WS 2008/09, Arbeitsblatt 2.
Inverse Matrix.
Die Menge Mnn aller quadratischen Matrizen vom Typ n × n ist ein Ring mit Einselement. Allgemein bezeichnet der mathematische Begriff Ring“ eine algebraische Struktur mit zwei Operationen
”
”+” und ”·”, die ähnlichen Axiomen gehorchen wie z. B. die ganzen Zahlen, nur daß im Allgemeinen
das Kommutativgesetz der Multiplikation ”·” und deren Nullteilerfreiheit nicht gefordert werden.
Hier bedeutet das speziell: Es gibt eine Matrix En ∈ Mnn mit En A = A En = A für alle A ∈ Mnn .
En ist die Einheitsmatrix, deren Hauptdiagonale aus Einsen besteht und deren sonstige Elemente
gleich Null sind. Man kann sie mit dem Kroneckersymbol beschreiben: En = (δij )i,j=1,...,n . Wenn
eine Einheitmatrix existiert, stellt sich die Frage nach der inversen Matrix:
Definition 2.1 Ist A ∈ Mnn , so heißt eine Matrix X ∈ Mnn zu A invers, wenn A X = X A = En
gilt. Nicht alle Matrizen besitzen eine inverse. Wenn jedoch eine inverse Matrix zu A existiert, so
ist sie eindeutig bestimmt und wird mit A−1 bezeichnet. Quadratische Matrizen, die eine inverse
Matrix besitzen, heißen regulär.
Satz 2.1 Eine Matrix A ∈ Mnn besitzt genau dann eine inverse Matrix A−1 , wenn die Determinante |A| ungleich 0 ist.
In diesem Fall ist die inverse Matrix durch die folgende Variante der Cramerschen Regel gegeben:
Definition 2.2 Ist A ∈ Mnn so nennt man die Matrix Aij , die durch Streichen der i-ten Zeile und
der j-ten Spalte von A entsteht, die Adjunkte von A zum Element aij . Dann gilt Aij ∈ Mn−1,n−1 .
Die Determinante von Aij wird Hauptminor oder Unterdeterminante genannt. (Sonstige Minoren
der Matrix sind noch kleinere Unterdeterminanten, die durch Streichen weiterer Spalten und Zeilen
e die aus den mit den Vorzeichen (−1)i+j versehenen Hauptminoren
entstehen). Die Matrix A,
e = (−1)i+j |Aij | .
besteht, heißt die adjungierte Matrix von A, d. h., A
Satz 2.2 Ist A ∈ Mnn und |A| =
6 0 so ergibt sich die inverse Matrix mit der Formel.
1
e⊤ .
e⊤ = transponierte der Matrix A.)
e
A−1 =
A
(A
|A|
Damit steht ein Verfahren zum Berechnen der inversen Matrix zur Verfügung. Es ist aber i. a.
sehr rechenaufwendig, da man n2 Determinanten der Ordnung n − 1 bestimmen muß. Effektiver,
schneller und besser geeignet für maschinelle Rechnungen ist im Falle numerischer Matrizen (die
also keine Symbole, nur Zahlen enthalten) folgende Variante des Gaußschen Algorithmus:
Satz 2.3 Fügt man eine Matrix A ∈ Mnn und die Einheitsmatrix En zu einer Matrix A1 =
(A, En ) ∈ Mn,2 n zusammen und wendet auf A1 die Zeilenoperationen des Gaußschen Algorithmus
so lange an, bis in der linken Hälfte von A1 die Einheitsmatrix steht, so hat man eine Matrix
A2 = (En , X) ∈ Mn,2 n erhalten, in der X eine n × n Matrix ist, die durch die Zeilenoperationen
aus En entstanden ist. Es gilt X = A−1 .
Darstellung von linearen Abbildungen durch Matrizen. Eine Abbildung α :
Rn → Rm heißt linear, wenn für alle Vektoren x = (x1 , . . . , xn )⊤ , y = (y1 , . . . , yn )⊤ ∈ Rn und
alle reellen Zahlen r ∈ R gilt: α(x + y) = α(x) + α(y) und α(r x) = r α(x).
Satz. 1 Eine Abbildung α : Rn → Rm ist genau dann linear, wenn sie die Gestalt



α(x) = α 

x1
x2
..
.
xn


 
 
=
 
a11 x1 + a12 x2 + · · · + a1n xn
a21 x1 + a22 x2 + · · · + a2n xn
..
.
am1 x1 + am2 x2 + · · · + amn xn



 = Aα x

hat, wobei die aik m n reelle Zahlen sind, welche eine Matrix Aα ∈ Mm,n bilden, die der linearen Abbildung α eindeutig zugeordnet ist. Die Abbildung α → Aα von der Menge der linearen
Abbildungen in die Menge der Matrizen ist bijektiv und hat folgende Eigenschaften:
3
1. Ist β : Rp → Rn eine zweite lineare Abbildung, so ist die verkettete Abbildung α◦β : Rp → Rm
ebenfalls linear und es gilt Aα◦β = Aα Aβ .
2. Die Summe α = α1 + α2 zweier linearer Abbildungen α1 , α2 : Rn → Rm ist für x ∈ Rn durch
α(x) = α1 (x) + α2 (x) definiert, das Vielfache r α einer linearen Abbildung durch (r α)(x) =
r (α(x)). Es gilt Aα+β = Aα + Aβ und Ar α = r Aα .
3. Ist ε : Rn → Rn die identische Abbildung so gilt Aε = En = n − dimensionale Einheitmatrix
4. Ist α : Rn → Rm eine bijektive lineare Abbildung, so gilt m = n (d. h., zwischen Vektorräumen
unterschiedlicher Dimension existieren keine bijektiven Abbildungen) und die Umkehrabbildung α−1 : Rn → Rn ist ebenfalls linear. Es gilt Aα−1 = (Aα )−1 .
Beispiel - Spiegelung an einer Hyperebene. Es seien a1 , a2 , . . . , an ∈ R beliebige Zahlen mit
a21 +a22 +· · · , a2n 6=0. Die Gleichung a1 x1 +a2 x2 +· · ·+an xn = 0 beschreibt eine (n−1)-dimensionale
Ebene E n−1 = (x1 , . . . , xn )⊤ ∈ Rn ; a1 x1 + · · · + an xn = 0 , eine sogenannte Hyperebene, des
Raumes Rn . Faßt man die Zahlen ai zu einem Vektor a = (a1 , a2 , . . . , an )⊤ zusammen, so kann man
diese Gleichung auch einfacher durch das Skalarprodukt darstellen: E n−1 = {x ∈ Rn ; ha, xi = 0}.
Man erkennt daran u. a., daß a zu E n−1 senkrecht ist. Die Spiegelung Sa : Rn → Rn an E n−1 ist
durch die folgende Formel gegeben:
ha, xi
Sa (x) = x − 2
(2.1)
a
ha, ai
Daraus erhält man z. B. für n = 3 und a = (a, b, c)⊤ die Matrix
(2.2)

−a2 + b2 + c2
1

−2 a b
M = M (a, b, c) = 2
a + b 2 + c2
−2 a c

−2 a c

−2 b c
a 2 + b 2 − c2
−2a b
a 2 − b 2 + c2
−2 b c
Aufgabe 2.1 Zeigen Sie, daß die Matrix aus (2.2) zu sich selbst invers ist, d. h., M 2 = E. Be3
2
schreiben Sie in analog die Matrix P der orthogonalen Projektion
eine
π : R → E auf
2
⊤
3
2-dimensionale Ebene E = x = (x, y, z) ∈ R ; a x + b y + c z = 0 und zeigen Sie P 2 = P .
Aufgabe 2.2 Man berechne die Inversen der

1
a b
A=
, B= 0
c d
0
Matrizen

1 1
1 1 ,
0 1


4
0
0
7
0
0 
.
0
7 −4 
1 −5
3
3
 5
C=
 1
0
Aufgabe 2.3 Man beweise: wenn A ∈ Mn,n und B ∈ Mn,n regulär sind, so ist auch das Produkt
A B ∈ Mn,n regulär und es gilt (A B)−1 = B −1 A−1 . Aus der Gleichung X ⊤ Y ⊤ = (Y X)⊤
−1
⊤
folgt die Gleichung A⊤
= A−1 . Man überprüfe sie am Beispiel der Matrix B der
−1
vorigen Aufgabe. (Übrigens ist auch A−1 regulär und es gilt A−1
= A.)
Aufgabe 2.4 Man löse die Matrizengleichungen
X A + X B = C, A X + X B = C,
A=
2 3
−1 1
, B=
A X + B X = C, X A + B = C für
1
2
4
−3
, C=
1
4
1
0
.
Aufgabe 2.5 Der Multiplikationssatz für Determinanten besagt, daß |A B| = |A| |B| für alle
A, B ∈ Mn,n und alle n ∈ N gilt. Man beweise ihn für die Matrizen
A=
3 7
1 6
und B =
4
a
c
b
d
,
a, b, c, d ∈ R.
Aufgabe 2.6 Wir betrachten die Abbildung µ : C → M2,2 , die einer komplexen Zahl z = a + i b
die Matrix
(∗)
a b
µ(z) =
−b a
zuordnet. Man zeige, daß µ injektiv ist und daß die Gleichungen
µ(z w) = µ(z) µ(w),
µ
1
= (µ(z))−1 und µ(z + w) = µ(z) + µ(w),
z
µ(z) = (µ(z))⊤
für alle z, w ∈ C gelten. (Folglich kann man die komplexen Zahlen mit der Menge der 2 × 2Matrizen der Gestalt (∗) identifizieren.)
Aufgabe 2.7 Es sei i =

0
 0
γ1 = 
 0
−1
0
0
−1
0
0
1
0
0
√
−1 die imaginäre Einheit. Die 4 Pauli-Dirac-Matrizen


1
0 0
 0 0
0 
 , γ2 = 
 0 i
0 
0
−i 0


0 −i
0
 0
i 0 
 , γ3 = 
 −1
0 0 
0 0
0
0
0
0
1
1
0
0
0


0
1
 0
−1 
 , γ4 = 
 0
0 
0
0
0
1
0
0
spielen in der Quantenphysik eine wichtige Rolle (Diracgleichung). Man zeige, daß
γ1 , γ2 , γ3 , γ4 die Vertauschungsrelationen γi γj + γj γi = 2 εi δij E4 erfüllen, wobei das
Kroneckersymbol δij und die Größen εi durch
δij =
1
0
für i = j
,
für i =
6 j
εi =
−1
1
für i = 1, 2, 3
für i = 4
gegeben sind und E4 die Einheitsmatrix der Ordnung 4 ist. (Im Körper der reellen oder
komplexen Zahlen besitzt das Gleichungssystem xi xj + xj xi = 2 εi δij keine Lösungen
x1 , x2 , x3 , x4 , weshalb man zu Matrizen übergehen muß.) Man berechne für x,y, z, t ∈ R
die Matrix A = x γ1 + y γ2 + zγ3 + t γ4 und zeige, daß A2 = −x2 − y 2 − z 2 + t2 E4 gilt.
Lösung von Aufgabe 2.2:
−1
A
1
=
ad − bc
d −b
−c
a
. Im Spezialfall b = 0,d = a−1 ,c = 1 erhält man
(2.3)
a
1
0
a−1
−1
=
a−1 0
−1 a
.
Wir erwähnen das, weil sich daraus ein interessanter Zusammenhang zur dritten Aufgabe ergibt.
B −1


1 −1
0
1 −1  .
= 0
0
0
1
D
0
Inverse der dritten Matrix: C kann in Blöcke zerlegt werden: C =
mit D =
E2 D−1
3 4
7 −4
∈ M22 und D−1 =
. Dann kann man zeigen daß für solche Blockma5 7
−5
3
−1
D
0
−1
trizen die Formel C =
gilt, die formal der Inversenbildung (2.3) ähnelt.
−E2 D

3
 5

 1
0
4
7
0
1
−1 
0
0
7 −4
 −5
0
0 
3
 =
 −1
7 −4 
0
−5
3
0 −1
5
0
0
3
5

0
0 
.
4 
7

0
0
0
0 

−1 0 
0 −1
Lösung von Aufgabe 2.7: Die Matrizen γi lassen sich als Blockmatrizen aus den kleineren
Matrizen
S=
0
1
1
0
T =
,
0
−i
i
0
und D =
1 0
0 −1
zusammensetzen: (En bezeichne die n− dimensionale Einheitsmatrix.)
γ1 =
0
−S
S
0
γ2 =
,
0
T
−T
0
γ3 =
,
0
−D
D
0
γ4 =
,
E2
0
0
−E2
.
Wir bilden zunächst alle mögliche Produkte der Matrizen S, T, D untereinander:
S 2 = T 2 = D2 = E2 , S T = −i D = −T S,
Insgesamt: S T + T S = 0,
S D + D S = 0,
S D = i T = −D S,
T D = −i S = −D T.
T D + D T = 0.
Dann berechnen wir die gesuchten Produkte der γi nach den Regeln der Multiplikation von Blockmatrizen - zunächst die Quadrate:
γ12
=
−S 2
0
0
−S 2
= −E4 ,
γ22
=
−T 2
0
0
−T 2
= −E4 ,
γ32
=
−D2
0
0
−D2
= −E4 = −γ42 ,
Es gilt also S T + T S = S D + D S = T D + D T = 0 und folglich
−S D − D S
ST +T S
0
0
= 0,
γ1 γ3 + γ3 γ1 =
= 0,
γ1 γ2 + γ1 γ2 =
0
ST +T S 0 −S D − DS
T D+DT
0 −S
0 S
0
γ2 γ3 + γ3 γ2 =
= 0, γ1 γ4 + γ4 γ1 =
+
=0
0
T D +DT
−S
0
S 0
und ähnlich erhält man γ2 γ4 + γ4 γ2 = γ3 γ4 + γ4 γ3 = 0.
Für die Matrix A = x γ1 + y γ2 + zγ3 + t γ4 ergibt sich

t

0
A=

−z
−x − i y
0
t
i y−x
z
z
x+i y
−t
0

x−i y
−z 


0
−t
und A2 läßt sich direkt berechnen. Man beachte jedoch, daß man auch ohne Matrizenrechnung,
indem man x1 = x, x2 = y, x3 = z, x4 = t setzt, durch Auflösen der Klammern
 2
 A = (x1 γ1 + x2 γ2 + x3 γ3 + x4 γ4 ) (x1 γ1 + x2 γ2 + x3 γ3 + x4 γ4 ) =
4
P
P
xi 2 γi2 + 2
xi xj (γi γj + γj γi ) = −x2 − y 2 − z 2 + t2 E4

i=1
i>j
aus den Vertauschungsrelationen γi γj + γj γi = 2 εi δij E4 das gewünschte Ergebnis erhält.
6
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