Musterlösung Übungsblatt 8

Werbung
Karlsruher Institut für Technologie
Institut für Algebra und Geometrie
PD Dr. Stefan Kühnlein
Dipl.-Math. Jochen Schröder
Einführung in Algebra und Zahlentheorie – Übungsblatt 8
Aufgabe 1 (4 Punkte)
a) Bestimme den größten gemeinsamen Teiler der ganzen Zahlen 11760 und 8932 und stelle ihn als
Linearkombination dieser Zahlen dar.
b) Berechne die Inversen von 58 und 59 in Z/71Z.
Lösung:
a) 11760 = 1 · 8932 + 2828 (i)
8932 = 3 · 2828 + 448 (ii)
2828 = 6 · 448 + 140 (iii)
448 = 3 · 140 + 28 (iv)
140 = 5 · 28.
Der ggT ist der letzte auftretende Rest 6= 0, also ggT(11760, 8932) = 28. Mit Hilfe der Gleichungen
können wir rückwärts die Linearkombination ausrechnen:
(iv)
(iii)
(ii)
28 = 448 − 3 · 140 = 448 − 3 · (2828 − 6 · 448) = 19 · 448 − 3 · 2828 = 19 · (8932 − 3 · 2828) − 3 · 2828 =
(i)
19 · 8932 − 60 · 2828 = 19 · 8932 − 60 · (11760 − 8932) = 79 · 8932 − 60 · 11760.
b) Da ggT(58, 71) = ggT(59, 71) = 1 ist, existieren die Inversen. Wir können sie wie folgt mit dem
euklidischen Algorithmus berechnen:
Für teilerfremde x, y können wir a, b ∈ Z finden, sodass ax + by = 1 ist. Dann ist a = x−1 in Z/yZ.
71 = 58 + 13
58 = 4 · 13 + 6
13 = 2 · 6 + 1
⇒ 1 = 13 − 2 · 6 = 13 − 2 · (58 − 4 · 13) = 9 · 13 − 2 · 58 = 9 · (71 − 58) − 2 · 58 = 9 · 71 − 11 · 58.
−1
Also ist 58 = −11 = 60 in Z/71Z.
71 = 59 + 12
59 = 5 · 12 − 1
−1
⇒ 1 = 5 · 12 − 59 = 5 · (71 − 59) − 59 = 5 · 71 − 6 · 59, also ist 59 = −6 = 65.
(Wir sind bei der Berechnung ein wenig vom sturen Anwenden des euklidischen Algorithmus abgewichen. Die normale Berechnung über 59 = 4 · 12 + 11 hätte ebenso zum Ziel geführt. Manchmal
kann auf diese Art einige Arbeit gespart werden, hier sparen wir uns nur einen Schritt.)
Aufgabe 2
In dieser Woche werden wir lernen, dass wir im Polynomring R[X] den euklidischen Algorithmus durchführen
können. Die Rolle des Betrags in den ganzen Zahlen übernimmt dabei der Grad (+1) eines Polynoms.
Bestimme mit seiner Hilfe einen größten gemeinsamen Teiler der Polynome X 3 − 2X 2 − X + 2 und
X 3 − 4X 2 + 3X in R[X] und stelle den ggT als Linearkombination der beiden Polynome dar.
Lösung:
Vorbemerkung: Die Rolle des Betrags der ganzen Zahlen im euklidischen Algorithmus übernimmt hier
der Grad der Polynome.
Seien f, g zwei Polynome mit g 6= 0, deg(g) ≤ deg(f ), dann finden wir Polynome a und s mit deg(s) <
deg(g) und f = ag + s. Wir finden ein solches Polynom durch Polynomdivision mit Rest.
Wir führen diesen Schritt iterativ mit g und s erneut aus, die Abbruchbedingung ist, dass das Nullpolynom als Rest verbleibt. Der vorhergehende Rest war dann der ggT der Ausgangspolynome.
etwas genauer: Wenn wir einen euklidischen Ring wollen, müssen wir aber streng genommen genauer
f 7→ deg(f ) + 1 nehmen, denn wir brauchen eine Abbildung von R[X] nach N0 und genau das Nullpolynom (mit Grad −1) soll auf 0 abgebildet werden.
Für die Aussage des Algorithmus (und für euklidsche Ringe allgemein) tut das aber nicht so viel zur
Sache, die Gradabbildung ist dann eben eine Abbildung von R[X] nach N0 ∪ {−1} mit entsprechend
geforderten Eigenschaften. Man beachte, dass die Abbildung bei einem euklidischen Ring keine Strukturaussage erfüllt und darum ein Shift um 1 möglich ist.
(X 3 − 2X 2 − X + 2) : (X 3 − 4X 2 + 3X) = 1 mit Rest 2X 2 − 4X + 2,
also ist (X 3 − 2X 2 − X + 2) = 1 · (X 3 − 4X 2 + 3X) + (2X 2 − 4X + 2) (i).
(X 3 − 4X 2 + 3X) : (2X 2 − 4X + 2) = 12 X − 1 mit Rest −2X + 2,
also ist (X 3 − 4X 2 + 3X) = ( 21 X − 1) · (2X 2 − 4X + 2) + (−2X + 2) (ii).
2X 2 − 4X 2 + 3X) : (−2X + 2) = −X + 1 mit Rest 0.
Ein ggT ist −2X + 2. Da −2 eine Einheit ist, ist auch X − 1 ein ggT, dies ist der naheliegende Vertreter der Assoziationsklasse aller ggTs.
Wie im ’normalen’ Fall können wir eine Linearkombination des ggT erhalten, indem wir rückwärts rechnen und dabei die Gleichungen (i) und (ii) benutzen:
−2X + 2 = (X 3 − 4X 2 + 3X) − ( 21 X − 1)(2X 2 − 4X + 2) = (X 3 − 4X 2 + 3X) − ( 21 X − 1)((X 3 − 2X 2 −
X + 2) − (X 3 − 4X + 3X)) = 21 X(X 3 − 4X 2 + 3X) − ( 12 X − 1)(X 3 − 2X 2 − X + 2).
Eine Linearkombination von X −1 erhalten wir, indem wir die Gleichung beidseitig mit − 21 multiplizieren.
Aufgabe 3 (4 Punkte)
Die bekannte Fibonacchi-Folge (Fn )n∈N0 ist gegeben durch F0 = 0, F1 = 1, Fn = Fn−1 + Fn−2 für n ≥ 2.
Berechne ggT(Fn , Fn+1 ) für beliebiges n ≥ 3 und stelle ihn als Linearkombination von Fn , Fn+1 dar.
Lösung:
Wir geben direkt eine Linearkombination der 1 aus Fn und Fn+1 an, dies zeigt gleich, dass 1 der größte
gemeinsame Teiler ist. Dafür stellen wir zunächst eine Vermutung auf, indem wir die Linearkombination
für ein paar mögliche n hinschreiben. Wir erhalten eine Formel, die wir mit Induktion zeigen, indem wir
einen Euklidschritt anwenden.
Es ist F0 = 0, F1 = 1, F2 = 1, F3 = 2, F4 = 3, F5 = 5, F6 = 8, F7 = 13 und das soll vorerst genügen.
n = 3: 1 = −1 · 2 + 1 · 3 = (−1)ungerade · F2 · F3 + (−1)gerade · F1 · F4
n = 4: 1 = 2 · 3 − 1 · 5 = (−1)gerade · F3 · F4 + (−1)ungerade · F2 · F5
n = 5: 1 = −3 · 5 + 2 · 8 = (−1)ungerade · F4 · F5 + (−1)gerade · F3 · F6
n = 6: 1 = 5 · 8 − 3 · 13 = (−1)gerade · F5 · F6 + (−1)ungerade · F4 · F7
Vermutung: Für alle n ist 1 = (−1)n · Fn−1 · Fn + (−1)n+1 · Fn−2 · Fn+1 die Linearkombination der 1 aus
Fn und Fn+1 .
Beweis durch Induktion: Induktionsanfang ist mehrfach erledigt. Sei die Aussage wahr für n ∈ N. Wir
führen einen Euklidschritt durch, um die Linearkombination aus Fn+1 , Fn+2 zu berechnen. Dazu verwenden wir, dass Fn+2 = 1 · Fn+1 + 1 · Fn ein Euklidschritt war, rückwärts heißt dies also (wie im Fall
konkreter Zahlen bei Aufgabe 1), dass wir für Fn Fn+2 − Fn+1 einsetzen müssen. Dies ergibt
1 = (−1)n · Fn−1 · Fn + (−1)n+1 · Fn−2 · Fn+1 = (−1)n · Fn−1 · (Fn+2 − Fn+1 ) + (−1)n+1 · Fn−2 · Fn+1 =
(−1)n · Fn−1 · Fn−2 + (−1)n Fn−1 · (−Fn+1 ) + (−1)n+1 · Fn−2 · Fn+1 = (−1)n · Fn−1 · Fn+2 + (−1)n+1 ·
(Fn−1 + Fn−2 ) · Fn+1 = (−1)n · Fn−1 · Fn+2 + (−1)n+1 · Fn · Fn+1 , was (nach Vertauschen der Summanden,
aber das dürfen wir ja) zu zeigen war.
Aufgabe 4 (4 Punkte)
1 1
0 −1
Seien T =
,S =
∈ SL2 (Z) = {A ∈ Z2×2 : det(A) = 1} gegeben.
0 1
1 0
Berechne für alle k ∈ Z die Potenzen S k , T k .
Zeige, dass S, T die Gruppe SL2 (Z) erzeugen.
1 a
1 b
1 a+b
Lösung: Für alle a, b ∈ Z ist
·
=
, insbesondere gilt also für für k ∈ N:
0 1
0 1
1
0
1 k
1 −k
1 z
k
−k
k −1
z
für alle
T =
(Beweis induktiv), T
= (T ) =
. Also gilt allgemein T =
0 1
0 1
0 1
z ∈ Z.
S besitzt Ordnung 4, denn es ist S 2 = −I, S 3 = −S, S 4 = I.
Wir zeigen, dass wir jede Matrix A durch Multiplikation von links mit S- und T -Potenzen in eine T Potenz überführen können. Dies zeigt die Behauptung.
a c
a1 ∗
Behauptung: Wir können jede Matrix A =
∈ SL2 (Z) in eine Matrix der Form
b d
b1 ∗
überführen mit a1 = 0 oder b1 = 0. Wir zeigen die Aussage mit Induktion nach dem Produkt |a| · |b| ∈ N0
der Beträge der Einträge der ersten Spalte.
Induktionsanfang: Die Aussage ist sicher richtig für |a| · |b| = 0, denn dann ist bereits einer der Einträge
0. Sei die Aussage richtig für alle Matrizen aus SL2 (Z), deren Produkt der ersten Spalte betragsmäßig
kleiner als |a| · |b| ist.
Fall 1: |a| ≥ |b|: Nach dem euklidischen Algorithmus gibt es s ∈ Z, so dass a = bs + r mit einem Rest r
mit |r| <|b|. r ∗
T −s A =
und wegen |r| · |b| < |b|2 ≤ |a| · |b| kann diese Matrix nach Induktionsvoraussetzung in
b ∗
eine Matrix wie gefordert überführt werden.
−b −d
0
Fall 2: |a| < |b|. Setze A = S · A =
. Das Produkt der ersten Spalte ist betragsmäßig gleich
a
c
geblieben und wir können nun Fall 1 anwenden, denn | − b| = |b| > |a|.
a c
Nach Überführen in einer Matrix wie in der Behauptung verbleibt eine Matrix von der Form A1 =
0 d
0 c
beziehungsweise A2 =
. Da die Determinante 1 sein muss (Determinanten-Multiplikationssatz),
b d
gilt 1 = a · d beziehungsweise 1 = det(A) = −b · c. Die Matrix aus der Behauptung hat also sogar eine
der Formen
1 c
−1 c
0 −1
0 1
A1 =
oder A2 =
oder A3 =
oder A4 =
.
0 1
0 −1
1 d
−1 d
2
3
Durch geeignete Multiplikation
mit einer S-Potenz (A1 , S · A2 , S · A3 , S · A4 ) kann jede dieser Matrizen
1 ∗
in eine Matrix der Form
überführt werden, letztere ist eine T -Potenz, was die Behauptung zeigt.
0 1
Herunterladen