Anja Escherich Imagination ©98 fisheyes magicgeometrics flowers black Anja Escherich Symbolzeichensatz Imagination fisheyes magicgeometrics flowers black Inhaltsverzeichnis Einleitung Seite 1 Die Verwendung des Zeichensatzes Seite 3 Das Symbol als Kommunikationsmittel Seite 4 Der Prozeß der Symbolbildung Seite 5 Das kollektive und das persöhnliche Symbol Seite 7 Tastaturbelegungen Seite 9 Lexikon Imaginationfisheyes Seite 14 Imaginationmagiggeometrics Seite 18 Imaginationflowers Seite 27 Imaginationblack Seite 34 Literaturliste Seite 37 „Das Symbol ist immer ein Inhalt der bekannten Welt, welcher auf ein Unbekanntes hinweist.“ (Aniela Jaffé) haben, flowers alle floralen und teils auch animalischen Elemente - außer den Fischen; und black Symbole mit höherem Schwarzanteil oder stärkerem Strich. Jedes Kapitel des digitalen Zeichensatzes belegt das ABC in Groß- und Kleinschreibung, hat also 52 Zeichen. Zu betrachten sind die Zeichen auf den Seiten 7 bis 10. Einleitung Der SymbolZeichensatz Imagination besteht aus einem weiten Repertoire aus imaginativen und herkömmlichen Symbolen. Er ist aufgeteilt in vier Kapitel: fisheyes, magicgeometrics, flowers und black. Die entstandene Menge von Zeichen erhält den Namen Imagination (lat. Einbildungskraft), um an das psychisch-physische Vermögen bildhaft-anschaulichen Vorstellens zu erinnern. Fisheyes sammelt alle Symbole, die Fische oder Augen beinhalten, magicgeometrics alle Symbole, die auch nur einen ahnungsweise geometrischen Anteil Ein Großteil der Symbole hat seinen Ursprung in meinen Skizzenbüchern, die ich seit 1984 Reisetagebüchern gleich führe. In ihnen mischen sich imaginative Bilder - teils bewußt phantasiert, teils geträumt - mit rea­len Bildern. So haben zum Beispiel die flowers-Zeichen A, F und X ihre Vorbilder in orangefarbenen Malereien, die ich auf den weißgekalkten Wänden von Lehmbauten in der indischen Wüste entdeckte. Eine besonders reiche Quelle waren für mich altägyptische Tempelmalereien, die in allen vier Zeichensätzen vertreten sind, Stickereien auf 1 guatemaltekischen Kleidungsstücken sowie das Katherinenkloster auf dem Sinai. Bisweilen vermischen sich auch die Einflüsse: Das flowers-Zeichen C ist kombiniert aus der Skizze einer Drahtrolle, die ich in Prag auf der Straße liegen sah, und Dreiecken, nach denen mir während meines Ägypten-Aufenthalts der Sinn stand. Um aus den Skizzen einen digitalen Zeichensatz zu generieren, waren sie zunächst auf eine einheitliche Darstellungsebene zu bringen. Die meisten Skizzen mußten von der Wirkkraft der Farbe befreit und auf eine einheitliche Strichstärke reduziert werden, damit jedes Zeichen unabhängig von Farbe, Umfeld und Positionierung für sich stehen kann. Während dieses Prozesses wandelte sich die Auswahl der Zeichen ständig: Mit neuem Blick gesehene Skizzen, stärker reduzierte Teile komplexer Zeichen ersetzten andere, die keinen andauernden Wert erlangen konnten. Die definitive Entscheidung für ein Zeichen fiel immer dann, wenn es - sei es auf intuitiver oder kultureller Ebene - eine Bedeutung transportiert. Aufgrund dieser Einschränkung entfiel rund ein Drittel der ursprünglich vorhandenen Zeichen. Analog zu den vier Kapiteln des Zeichensatzes gibt es ein Lexikon in vier Kapiteln, in dem zusätzliche Informationen zu einigen besonders häufig auftretenden, wichtigen Symbolen gegeben werden. Weil diese Symbole weltweit und seit alters Verwendung finden, beziehen sich die Informationen auf unterschiedlichste Traditionen: Das abendländische mythologische Wissen trifft auf orientalische, asiatische, ägyptische, altnordische Kultur und Religion sowie auf Erkenntnisse der modernen Psychologie. Das Lexikon ist deshalb als Alternative zum intuitiven Umgang mit den Formen des Zeichensatzes zu verstehen. Im Anschluß an diese erste Einleitung kommen vier Abschnitte, die verschiedene theoretische Aspekte der Symbolik berühren. Ihre Themen sind die Einsatzmöglichkeiten des SymbolZeichensatzes Imagination, die Rolle der Symbole in der Kommunikation, die Kultur der Symbolbildung und zuletzt der Kontrast zwischen kollektivem und persönli­chem Symbol. 2 Werden die Zeichen als einzelne, im Rapport oder in Gruppierungen unterschiedlicher Einzelner miteinander gesetzt, entstehen Formenspannungen, die sich erweiterte Bedeutung und Wirkweise schaffen, indem sie sich aufeinander beziehen. Damit können Wiederholungen und Ornamente neben ihrer dekorativen Funktion einen eigenen Sinn erlangen. Die Verwendung des Zeichensatzes Der SymbolZeichensatz Imagination ist zu verstehen als Designbaukasten, der mannigfaltige gestalterische Möglichkeiten gibt. Die Symbole können textergänzend, illustrativ oder dekorativ verwendet werden. Der Zeichensatz kann - wie ein Musterbuch Material für Gestaltung von Bildflächen liefern. Die Ergebnisse können ornamental, plakativ oder inhaltlich gewichtet sein. Die Möglichkeit zur unbegrenzten Wiederholung ist natürlich durch die digitale Form des Zeichensatzes bedingt. Ich habe lange nach einem Weg gesucht, meine Symbole in beliebiger Anzahl, wechselndem Umfeld, unterschiedlichster Farbgebung, Sortierung und Kontrastierung ausprobieren zu können. Eine Möglichkeit bestand darin, einzelne Symbole wiederholt zu zeichnen und zu kolorieren - wodurch mit den unvermeidbaren kleinen Abweichungen in der Wiedergabe ein ganz besonderer Charme entsteht. Der digitale Zeichensatz stellt dem Anwender jedes Symbol in endloser Anzahl zur Verfügung. Über die Tastaturbelegung sind die Zeichen zudem leicht zugänglich, jederzeit wiederholbar und modifizierbar. Mit dem Fundus bebildere ich mittlerweile meine handgeschriebenen oder digital erstellten persönlichen und geschäftlichen Briefe und gestalte Malereien und Stoffbahnen, die tibetanischen Gebetstüchern gleichen - und Vorstufen zu Textilmustern sind. 3 Auch versuche ich meine Symbole so zusammenzustellen, daß sie kostbare Zustände des inneren Bilderlebens in Form bringen und Meditationsathmosphäre im Außenraum fixieren und damit deren andauernde Präsenz erzeugen. Ein besonderer Reiz entsteht, wenn man eine Auswahl kolorierter Originale oder Fotokopien auf Tuch näht: Jeder einzelne kleine Nadelstich, mit dem die Elemente fixiert werden, bindet die Neigung und Stimmung der Seele während des Produktionsvorgangs an die Textilie - ganz wie in der nordisch-germanischen Tradition. Die so gestalteten Stoffbahnen können wie ein Bild an der Wand oder als Flagge frei im Raum hängen. Das Symbol als Kommunikationmittel Festgelegte Zeichen sind unentbehrliches Verständigungsmittel in einer Industrie- und Wirtschaftgesellschaft geworden. Für bestimmte Kommunikationssituationen werden Sprachen und deren schriftliche oder typografische Übertragung durch Symbole ersetzt. Dies ist im internationalen Verkehr der Fall, im Sektor der Produktion und Reproduktion von Kultur, in Wissenschaft und Technik - einzelne Bereiche haben im Laufe der Geschichte ihre eigenen speziellen Symbolsysteme entwickelt. Diese Zeichen dürfen, um ihr Funktionieren zu gewährleisten, nur bedeuten, was wir hinter ihnen verborgen wissen. Damit gleichen sie den konventionellen, kulturellen Zeichen, die bewußt verwendet werden, um „ewige Wahrheiten“ auszudrücken - wie z.B. Kreuz und Davidstern. Solche werden immer noch in vielen Religionen gebraucht. Nach scheinbar ewig währenden Umformungen und Entwicklungs­prozessen sind sie zu gesellschaftlich anerkannten, kollektiven Bildern geworden. 4 Interessant ist auch, daß die Symbole des Zeichensatzes Imagination ihren Inhalt nicht diskursiv darbieten, sondern eine Vielzahl von Begriffen in einem einzigen totalen Ausdruck zusammenziehen. Dabei wird den einzelnen Begriffen durch die den Gesamtausdruck konstituierenden Teile jedoch nicht entsprochen: Ein Symbol kann einem viele Worte in den Sinn rufen, ohne auch nur eines davon konkret zu zeigen. So hilft es seinem Betrachter fortwährend, undefinierbares In unserem täglichen Umgang mit Menschen Terrain zu besetzen und sein - womöglich all sind wir eventuell gewohnt, uns so genau wie zu - rationales Dasein variabler zu möglich ausdrücken; dabei entziehen wir interpretieren. unserer Sprache und unseren Gedanken die phantastischen Anteile und vernachlässigen damit eine wichtige Eigenschaft unseres kreativen Daseins. Als Gegengewicht ist eine Zeichenwelt erforderlich, die dem Verlangen nach erweiterter Sicht entspricht. Sie kann auftreten als Konkurrenz oder in friedlicher Koexistenz neben jenen eindeutigen Zeichen, Ein in abgegrenzten Begriffen denkendes, die die rational reduzierte Realität logisch folgerndes Bewußtsein sucht die implizieren. bewußte „Rückverbindung“ zur Innenwelt und damit zum Unterbewußten. So gibt es Formen der Meditation, in denen die inneren Der SymbolZeichensatz Imagination will ein vorbeiziehenden Bilder zu einem Teil der solches Gegengewicht sein. Seine Symbole Meditation gemacht werden. Einige Symbole eignen sich dazu, textergänzend - analog des Zeichensatzes sind auf diesem Weg oder als Platzhalter - eingesetzt zu werden. entstanden. Der tibetanische Buddhismus Indem sie erweiternd in die Dimensionen des arbeitet mit diesen Formen der Meditation so bildhaften Denkens eingreifen, sollen sie den weitgehend, daß die inneren Bilder für Raum zwischen Wort und Bild berühren. Sie zukünftige Meditationen auf Leinwand gemalt regen kognitive über bildliche Wahrnehmung werden. Diese Meditationserlebnisse an und tragen damit zu einer Poetisierung des rückspiegelnden Leinwände oder Tücher Textes bei. Sie können einen emotionalen werden zu Projektionen außergewöhnlicher Aspekt transportieren, der im Gespräch mit Intensität und Realität. einem direkten Gegenüber mimisch abzulesen oder beim Telefongespräch dem Klang der Stimme zu entnehmen wäre, bei einem Schriftstück aber verloren geht. Eine ähnliche Rolle spielen die derzeit im :-) Internet vielbenutzten „emoticons“. Der Prozeß der Symbolbildung 5 Der Malvorgang ist ein der Meditation sehr ähnelnder, jedoch aktiverer Zustand. Ich erlebe das Malen als eine aktive, wache Imagination, zu wesentlichen Teilen vom Bewußtsein kontrollierbar. Jedoch haben die im kontrollierten Malprozeß entstandenen Bildelemente ihre Wurzel im Unbewußten: Sie sind keine Verstandesgeborenen. Der analysierende Verstand reicht nur bis in eine gewisse Tiefe unseres Bewußtseins. Darunter sind Inhalte verborgen, die unserem rationalen Denken normalerweise verschlossen bleiben. Durch das Malen erhält die Psyche Botschaften aus der Tiefe ihres eigenen Wesens, und diese Botschaften sind in symbolischer Sprache verschlüsselt. Mit dem SymbolZeichensatz Imagination stelle ich meine persönlichen Innenerlebnisse zur Verfügung, gemischt mit Symbolen, die scheinbar Allgemeingut der Menschheit sind. So entsteht ein Symbol-Fundus, in dem man Aspekte des eigenen Ichs wiederfinden kann. Dabei ist die Komplexität eines Symbols kein Die Arbeit mit inneren Bildern zeigt, daß sie Hinweis auf die Gewichtigkeit seiner Be­­ ihrer Qualität nach gleichzeitig für körperlideutung: Viele besonders schlichte Symbole che, emotionale, geistige und spirituelle haben einen höchst komplexen Inhalt. Aspekte des Seins stehen. Der Fluß der Bilder ist eine Darstellung des Selbst, die bewußtes, vorbewußtes, unbewußtes und letztendlich überbewußtes (transpersonales) Material enthält. Die Fähigkeit zur Symbolbildung stellt eine natürliche Brücke zwischen dem Bewußtsein und dem restlichen Selbst dar - es wird Licht auf die Psyche geworfen. Dazu der Psychologe Jay Stattmann: „Offensichtlich ist keine einzelne Bildersequenz in der Lage, die Psyche insgesamt darzustellen. Aber jede Bildersequenz legt einzelne aktuelle Realitätszustände offen.“ (aus:19) 6 Das kollektive und Die Beschäftigung mit der Symboltheorie mündas persönliche dete in folgender Erkenntnis: Es gibt Symbole, Symbol die dem persönlichen, und andere, die dem Als Tagebuchaufzeichnungen, die flüchtige Momente fassen, zeigten die den Symbolen zugrundeliegenden Skizzen verschiedene Aspekte des Daseins, der Empfindung und Wahrnehmung. Das überträgt sich auf den SymbolZeichensatz Imagination: Auch er ist intuitiv und individuell zu verstehen, ohne daß jeder Inhalt zwangsläufig in Worte zu fassen sein muß. So ging es mir, als ich meine eigenen Zeichen verstehen wollte - ich konnte sie nur ahnungsweise übersetzen. Die Idee, archetypische Bedeutungen zu Rate zu ziehen, brachte mich dazu, Informationen aus allen greifbaren Symbollexika zu sammeln. Daraus entstand das eingangs bereits erwähnte Lexikon, das dem Zeichensatz angegliedert ist. kollektiven Unterbewußten entspringen. Persönliche Symbole stammen aus der Erkenntniswelt und der Lebensgeschichte des Einzelnen, sie werden tendenziell individuell gedeutet und gebildet. Es gibt andererseits Symbole in dem Zeichensatz, die bestehendem Kulturgut entstammen - wie z.B. Herz, Schlange und Auge. Teilweise war ich bei der Lektüre der Lexika erstaunt, erst im Nachhinein zu entdecken, wie alt die Rolle dieser Symbole im historischen Kontext ist. 7 Diese Zeichen und Symbole haben einen archetypischen Gehalt. Dabei muß ein Archetyp nicht unbedingt ein dargestelltes Zeichen sein: Es ist ein immer wiederkehrender Aspekt der menschlichen Psyche, der sich in einem Bild der denkenden Psyche niederschlägt. Die Bezeichnung „Archetypus“ (grch.: Urbild) wurde über die analytische Psychologie erstmals von C.G. Jung eingeführt und verdeutlicht, daß es psychische Ur-Elemente gibt, die im menschlichen Geist bis heute überlebt haben. Diese archaischen Überreste sind immer noch wirksam, indem sie Menschheits- und Kulturgut transportieren. Der Teil der Psyche, der dieses Erbe enthält, wird als "kollektives Unterbewußtes" bezeichnet. Die zeitlosen und archetypischemotionalen Aspekte, die es weitergibt, verkörpern sich in Mythen und Symbolen. Die menschliche Fähigkeit zur Symbolbildung zeigt sich bereits in prähistorischen Funden in vielen Bildern und Assoziationen, die den primitiven Mythen und Riten analog sind. Diese Fähigkeit entspringt einem Urgrund unseres Wesens, in dem Bilder oder Symbole als Träger von komplexen Inhalten entstehen und miteinander kommunizieren. Dazu die Psychologin S.K. Langer: „Das menschliche Denken besteht zu großen Teilen im 'Bildern', worin sich neben den persönlichen Erfahrungen kosmische Grundkräfte widerspiegeln.“ (aus: 20) Dem Grad ihrer Aussagekraft entsprechend, treten diese Bilder nach außen - d.h. ins Bewußtsein - und werden als Gedankenmaterial in Wort und Bild vermittelt und gleich einem kommunizierten Satzinhalt weitergetragen oder verworfen. Natürlich haben auch kollektive Symbole eine individuelle Seite, ist doch der Umgang mit ihnen - sei es bei der Bildung oder bei der Rezeption - von den persönlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Möglichkeiten des Individuums bedingt. Märchenforscherin Ortrud Stumpfe: „...danach sind Symbole keineswegs generalisierbar. Die kulturelle Farbe der Deutung entspricht persönlichen Werdestufen, auf denen sich wesentliche Grundkräfte spezifisch herausformen und abgrenzen. So erfährt jedes Symbol seine Identifikation und Interpretation immer gleichzeitig in einem historischen und einem psychologischen Zusammenhang.“ (aus: 21) In dieser Vielfalt liegt der Reiz und das konstante Bedürfnis und Interesse der menschlichen Psyche, innere Erkenntnisse und Vorstellungen durch Symbole zu veranschaulichen. Andersherum könnte es bedeuten, daß jedes Symbol, das ein Individuum anspricht, eine für eben dieses Individuum relevante archetypische Bedeutung in sich trägt. 8 Tastaturbelegungen 9 fisheyes 10 magicgeometrics 11 flowers 12 black 13 Imagination fisheyes Auge Das Auge steht in engem Zusammenhang mit dem Licht der Sonne und dem Geist. Es dient häufig als Symbol der Sonnengottheit. Umrahmt von einem Dreieck, wurde es schon von den alten Ägyptern zur Darstellung des Gottes Osiris gebraucht und später von der christlichen Kirche – zusammen mit anderen heidnischen Symbolen – in dieser Form übernommen. In allen Kulturen erinnert es an die jedes Geheimnis durchdringende ewige Allwissenheit, Wachsamkeit und behütende Allgegenwart Gottes (vergl. Dreieck, S.19). Das asiatische Ideal des geöffneten dritten Auges verspricht geistige Erleuchtung, d.h. Weisheit auf spiritueller Ebene. Zudem ist es ein Hinweis auf tiefe Erkenntnis und die Überwindung menschlich-zerrissener Wahr– nehmung zugunsten der göttlich-überhöhten Zusammenschau. Als ein „Spiegel der Seele“ ist es ein Instrument des seelisch-geistigen Ausdrucks. Asiatische und ägyptische Tradition sowie westliche Medizin sind sich darin einig, daß Augen und Gehirnhälften diagonal miteinander vernetzt sind. Nach hinduistischer Überzeugung gehört das rechte Auge zur linken Gehirnhälfte und damit zur Aktivität und zur Sonne, während das linke Auge mit der rechten Gehirnhälfte, der Passivität, der Kraft 14 der Ruhe und dem Mond in Verbindung gebracht wird Ein mächtiges magisches Amulett der Ägypter, das Udjat, ist das Auge des Horus, des Gottes der Wahrnehmung. Im Kampf mit seinem Widersacher Seth verlor er sein linkes Auge, das Mondauge, das Gott Toth wiederherstellte. Das Udjat-Auge ruht auf einem Herrschergewalt symbolisierenden Zepter und meint weite Sicht und Allwissenheit. Das Amulett sollte Unverletzbarkeit und ewige Fruchtbarkeit verleihen. Die christliche Märtyrerin Lucia opferte ihre Augen und damit ihre alte Sicht der Welt für ihren Glauben. Dieser Vorgang ist ein klassischer Bestandteil der mittelalterlichen Heilslehre: Um Erkenntnis zu erlangen, muß ein Teil des alten Ichs hergegeben werden. (aus: 5/7/11/13) Fisch Der Fisch ist ein uraltes Sinnbild des Wassers und zugleich Symbol des Lebens und der Fruchtbarkeit. Er spielt – vor allem als Talisman – in vielen Kulturen und Religionen eine Rolle. Auch ist der Fisch das wichtigste Tierkreiszeichen der vergangenen zwei Jahrtausende, denn nach der astrologischen Weltsicht war dies das Zeitalter der Fische, was vor allem für das Christentum von Bedeutung war. Das frühe Christentum stand in Beziehung zu den astromythischen Kulturen der Babylonier und der Zahlenmystik des Pythagoras. Danach fällt die Geburt Jesu Christi mit dem Beginn des Fischezeitalters zusammen und wurde als Geburt eines neuen Aion, eines neuen Zeitalters, gefeiert, weswegen man Christus auch den großen Fisch nannte. Gelehrte des 17. Jh. brachten den griechischen Namen des Fisches mit dem Akrostichon ICHTYS für: Jesus Christos Theou Hyios Soter (Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland) in Verbindung. Ins Christentum ist der Fisch durch gelebte Tradition als das zweitwichtigste Symbol neben dem Kreuz eingegangen. Es waren Fischer am See Genezareth, die im Namen Jesu die ersten Taufen durchführten. Und die ersten Christen malten als geheimes Zeichen mit dem Fuß die Silhouette eines Fisches in den Sand, um sich einander zu erkennen zu geben. Später wurden in den Evangelien die getauften Christen als „Fischlein“ bezeichnet. Im christusbezogenen Sinne ist der Fisch geistliches Nahrungsmittel und Symbol des eucharistischen Mahles. Daher findet man ihn oft zusammen mit dem Brot abgebildet. Psychoanalytisch betrachtet, versinnbildlicht der Fisch als Bewohner des unergründlichen Meeres die Tiefen des menschlichen Unbewußten. So stehen Wassermann und Nixe, die sich halb Mensch, halb Fisch aus den Wellen erheben, für die Vereinigung von Bewußtem und Unbewußtem. In der astrologischen Weltsicht ist diese Vereinigung Merkmal der kommenden zwei Jahrtausende, denn das Aion des Wassermannes hat das Fischezeitalter abgelöst. Der Mensch lebt nicht mehr durch göttliche Übermacht gesteuert, sondern von inneren Kräften bewegt. (aus: 2/6) 15 Spindel Die Spindel ist wegen ihrer gleichmäßig drehenden Bewegung Symbol unabänderlicher Gesetzmäßigkeit des Schicksals und der ewigen Wiederkehr. Die drei altnordischen Schicksalsgöttinnen Nornen spinnen schicksalsbestimmend der Menschen Geschick und Lebensdauer (vergl. Samenkorn, S.31). Durch ihre Form wird die Spindel verschiedentlich als Symbol sowohl für das weibliche wie auch das männliche Geschlechtsteil genutzt. Mandorla Die Mandorla (griech. für (aus: 11) Mandel) ist die Ellipse, die entsteht, wenn sich zwei Kreise überschneiden. Ihr lateinischer Name ist vesica pisces, Fischblase. Sie wird im Osten wie im Westen oft benutzt, um die zwei Aspekte der Wirklichkeit darzustellen. Das Göttliche und das Menschliche, das Spirituelle und das Materielle, das Männliche und das Weibliche. Buddha oder Christus erscheinen auf vielen Ikonen in der Mitte der Mandorla. Sie symbolisiert die mystische Einheit der Gegensätze. Die Mandorla ist der Raum jenseits der Zweiheit, in dem dualistisches Denken zur Ruhe gekommen ist. Bemerkenswert ist, daß eine Mandorla und ein flüchtig gezeichneter Fisch einander sehr ähnlich sehen. Das bedeutet, daß der Rahmen und das Symbol für Christus nahezu identisch sind. (aus: 18) Triskeles Triskelen gehören zur großen Familie der trinitarischen Symbole. Die Vorstellung von Gott als dreigegliederter Einheit, einer Trinität von drei göttlichen Personen, die zusammen eine Einheit bilden, ist nicht auf den Bereich des christlichen Glaubens beschränkt, sondern findet sich in fast allen Religionen. Die trinitarische Symbolwelt ist kultur- und religions­ übergreifend; allgemeines Menschheitsgut. Zur symbolischen Veranschaulichung benutzte man häufig dreigeteilte Figuren oder drei zu einer Einheit zusammengefaßte Einzelsymbole (vergl. Dreieck, S.19). Verschiedenste Bilder können, dreimalig in einem Winkel von 120 Grad angeordnet, zum Triskeles werden. Das Beispiel – drei Fische – hat sein Vorbild in einer Deckenmalerei der Lübecker Marienkirche, wo es die christliche Dreifaltigkeit verkörpert. 16 Sind es drei Beine, die sich um sich selbst drehen, steht der Triskeles für den sich ewig in Bewegung befindlichen menschlichen Geist, der nie Ruhe findend fortschreiten muß. Schon auf babylonischen Münzen waren Triskelen aus drei einander nachlaufenden Menschenbeinen abgebildet. Ein ähnliches Symbol ziert die Flagge der Isle of Man. (aus: 2/8/14) 17 Imagination magicgeometrics Doppelpyramide Die Pyramide ist als geometrischer Körper und Die Doppelpyramide ist folglich als Grab- und Tempelform verschiedener ein Symbol des gesamten Kulturen bekannt. Mit ihrer quadratischen Universums, des Mikrokosmos im Unterseite der Erde verhaftet, weist ihre Makrokosmos, des Menschens im Kosmos. Spitze (die im alten Ägypten golden war) gen (aus: 1) Himmel. Auf dem amerikanischen Ein-DollarSchein verewigten die Freimaurer ihr Bild einer von höherem Wissen bestimmten Gesellschaft, die das Ideal der jungen Nation sein sollte: eine Pyramide, über der das Auge der Erkenntnis schwebt. 18 Dreieck Das Dreieck ist eins der interessantesten Symbole. So einfach und grundlegend seine Form ist, so unendlich und vielfältig sind seine Bedeutungen. Es ist also wenig verwunderlich, daß das Dreieck seit Menschengedenken in fast jeder Kultur eine hervorragende Rolle spielte. Es war als heiliges Symbol und religiöses Zeichen im Nahen und Fernen Osten schon lange vor Pythagoras in Gebrauch. Man findet es noch heute in Pyramiden, Obelisken und Inschriften mit okkulter Bedeutung. Bei den Pythagoreern, denen Pythagoras’ Lehre als Schlüssel zur göttlichen-mathematischen Weltordnung diente, war das Dreieck ein formbildendes Prinzip des Weltalls. Die drei Balken des Dreiecks legen die Deutung als Dreifaltigkeitszeichen nahe. Schon die Ägypter nutzten es trinitarisch (vergl. Triskeles, S.17). Die christlichen Gnostiker übernahmen es, doch da es schon Symbol vorchristlicher Völker war, wurde es im 11. Jahrhundert vom heiligen Augustinus verworfen. Dennoch bleibt es erhalten, nur wird seine Bedeutung durch Einfügung des „Auge Gottes“ christianisiert. Die Dreieinigkeit aller Dinge ist ein grundlegendes Mysterium jeder geistigen Initiation und zeigt, daß der reife Mensch fähig ist, These und Antithese durch die Synthese zu überhöhen. In diesem Sinne ist das Dreieck auch Teil des freimaurerischen Gedankenguts. Mit der Spitze nach oben beruht alles auf dem Gesetz des Irdischen, mit der Spitze nach unten wirkt die höhere Ebene in unser irdisches Dasein herab. Auch als alchemistisches Zeichen des Mittelalters ergibt sich, je nach der Richtung, in welche die Spitze zeigt, eine verschiedene Deutung: Mit der Spitze nach oben Geist, göttliches Feuer und Luft, männliche Zeugungskraft, damit der schöpferischen Kraft Gottes; mit der Spitze nach unten Materie, Erde, Wasser, Weiblichkeit, der gebärende Schoß. Außerdem gibt es das Dreieck, Spitze nach oben mit einem Querstrich als Luft oder astrales Licht; Spitze nach unten, mit einem Querstrich als Erde oder grobe Materie. Ur- und frühgeschichtlich stand das Dreieck bei den Griechen und in Indien häufig als Darstellung des weiblichen Genitals. (aus: 1/2/7/9/11) Hexagramm Das Hexagramm (griech. Sechseck), gebildet durch zwei übereinanderliegende oder zwei verschlungene Dreiecke, begegnet vor allem im Judentum, Christentum und im Islam, liegt aber im Prinzip auch dem indischen Yantra zugrunde. Das Hexagramm ist ein Symbol der Durchdringung von sichtbarer und unsichtbarer Welt. Durch das Ineinanderschieben der Dreiecke entsteht für die Inder die Verbindung der schöpferischen und gebärenden Kräfte, das Zeichen für die Liebe der Gottheit zur Welt und der Welt zum Göttlichen, eine ewige Durchdringung der passiven und aktiven Kräfte. Eine Vereinigung, aus der in alle Ewigkeit alles wird. 19 Guten zum Beweise seiner Gunst den sechszackigen Stern als Auszeichnung verleiht. Dieser seltsame Symbolismus ist aus den Glaubenslehren der Alchemie hervorgegangen. Das auf die Spitze gestellte Dreieck mit der Bedeutung Wasser und das mit der Spitze nach oben mit der Bedeutung Feuer, zum Sechsstern verschmolzen, ergibt das geheime Zeichen für Feuerwasser (Alkohol). (aus: 1/2/7/9/11) Nach Europa kam dieses Zeichen als Davidstern. Der Davidstern (hebr. Mogen David) ist ein altes Glaubenssymbol des Judentums und nationales Emblem Israels. Auch nach kabbalistischer Deutung wird durch ihn das göttliche Wirken in der irdischen Welt versinnbildlicht. In der nordeuropäischen volkstümlichen Zauberei wird es zur Abwehr böser Mächte verwandt. In der Alchemie ist es Symbol der Vereinigung aller Gegensätze, da es zusammengesetzt ist aus den Zeichen für die Elemente Feuer/Luft (Dreieck mit Spitze nach oben) und Wasser/Erde (Dreieck mit Spitze nach unten). Das Symbol schmückte in Frankreich nach der Revolution zahlreiche Schankstätten und wurde als „die wahre Hyroglyphe des Bieres“ bezeichnet. In einem alten Chanson aus dem Elsaß wird Gambrinus verherrlicht, weil er den schlechten Brauer zwingt, sein saures Gebräu selbst zu konsumieren, während er dem Gral·Gefäß·Schale In der frühen christlichen Kunst taucht häufig ein alleinstehendes Gefäß ohne eucharistische oder eschatologische Bedeutung auf, dessen Formen stark variieren können. Das Gefäß repräsentiert im allgemeinen den Menschen als Werk Gottes und speziell seinen Leib, die zerbrechliche Hülle der Seele. Es kann sich bei diesem Bilde zugleich um eine Anspielung auf die erlöste Seele des Menschen handeln. Das Bild der Schale symbolisiert im allgemeinen den Überfluß. Schalen enthalten den Trank der Unsterblichkeit. Im mittelalterlichen „Gral“ ist diese Symbolik mit dem Blut Christi und seiner lebensbringenden Kraft verbunden. Die Gralsschale ist damit dem Herz als dem Lebenszentrum vergleichbar. Die gleiche Symbolik begegnet in den eucharistischen Kelchen, die Leib und Blut Christi und damit die Nahrung zum ewigen Leben enthalten. Zudem ist die Schale kosmisches Symbol, dem Himmel empfangsbereit geöffnet. Die Ähnlichkeit der Schale mit dem halben Mond ist symbolisch oft hervorgehoben worden (vergl. Mond, S.24). 20 In der deutschen Fassung des „Parzival“ von Wolfram von Eschenbach ist der Gral ein Stein mit wunderbaren Kräften, der Nahrung spendet und ewige Jugend verleiht. Ein Sinnbild höchsten himmlischen und irdischen Glückes, nur dem „reifen“ Menschen nach bestandenen geistigen Abenteuern erreichbar. Insofern wird er zum Symbol der höchsten Stufe spiritueller Entwicklung. (aus: 6/7/11/14) Herz Das Herz erfuhr in der Menschheitsgeschichte eine überraschend vielfältige Deutung. Im Buddhismus gilt es als der Sitz des Bewußtseins. Im alten Griechenland repräsentierte es zunächst Denken, Fühlen und Wollen des Menschens, später verlagerte sich die Bedeutung stärker in Richtung des Geistigen. Der Islam sieht im Herzen den Ort der Kontemplation und Spiritualität, es gilt als eingehüllt in verschiedene Schichten, deren Farben in Erregung sichtbar werden. (So heißt es im Hocharabischen nicht „ins Herz schließen“, weil das Herz geistiges Zentrum ist, sondern vielmehr „in die Leber schließen“.) Eine wesentliche Rolle spielte das Herz in der ägyptischen Religion als Zentrum der LebensWillens- und Geisteskraft; in der präparierten Mumie wurde an Stelle des Herzens ein Skarabäus zurückgelassen, da die Wägung des Herzens beim Totengericht das jenseitige Schicksal des Menschen bestimmte (vergl. Skarabäus, S.35). Im Juden- und Christentum gilt das Herz vor allem als Sitz der gemüthaften Kräfte, besonders der Liebe, aber auch der Intuition und der Weisheit. Die christliche Symbolik hat vor allem seit der Mystik des hohen Mittelalters eine weitverbreitete Herz- und Liebessymbolik entwickelt (flammende, durchbohrte Herzen). Auch das von Amors Pfeil der Leidenschaft getroffene Herz taucht in der Minnekunst des hohen Mittelalters auf. (aus: 2/11) 21 Kreis Die Null, ein Sinnbild unserer Mathematik, das im Mittelalter über die islamischen Völker (oder schon über die jüdischen Chazaren) nach Europa kam, ist ein Kreis, der die Leere, das Nichts umgibt. Der Kreis ist nicht nur in der christlichen Symbolik mit der Ewigkeit, der Unsterblichkeit und der Unendlichkeit gleichzusetzen. Er ist das Grundsymbol sowohl für den Raum wie auch für die Zeit wie auch für das Leben. Bei nomadisierenden nordamerikanischen Ureinwohnern zum Beispiel diente er – mit einem Kreuz in der Mitte versehen – als Organigramm für Wanderbewegungen. Die Sonne, die Planeten, das ganze Universum haben eine kreis- oder kugelförmige Gestalt; aber auch alle großen Naturzyklen können als Kreisbewegung beschrieben werden. Selbst die Zeit ist Ewigkeit ohne Anfang und Ende. So wird der Kreis zum bevorzugten Bild des Himmels (vergl. Himmel, S.30). Wo immer das Motiv des Kreises auftaucht, weist es auf die ursprüngliche Ganzheit des Lebens hin. Von ihm abgeleitet ist das Rad die zyklische Bewegung innerhalb der Welt, der Wieder­­­beginn, die Erneuerung, aber auch der Weg der Veränderlichkeit. Der Kreis mit dem Punkt im Zentrum ist das Symbol, das in der Astrologie die Sonne, in der Alchemie das Gold (Aurum bzw. Sonne) bedeutet. Ein Bild der schöpferischen Kraft der Mitte, die allem in ihrer Umgebung erst Sinn gibt, und aus der heraus Neues entsteht. Genauso ist der Kreis aber auch als Mondscheibe, mondhaft sein Licht von der Sonne beziehend, zu erkennen. (aus: 1/2/6) Kreuz Das Kreuz ist, neben Punkt und Linie, aller Wahrscheinlichkeit nach das älteste aller Symbole. Als zweifache Verbindung diametral entgegengesetzter Punkte ist es ein Sinnbild der Einheit von Extremen: Im Kreuz durchdringen sich das Göttliche und das Irdische. Als spirituelles Grundzeichen stellt es die fundamentale Polarität der Wirklichkeit dar, die auf zwei Ebenen verläuft. Der vertikale Balken symbolisiert das spirituelle und der horizontale das materielle Leben. Dabei ist der vertikale Balken die innere Achse der Wirklichkeit, welche die sichtbare materielle Existenz trägt. Im Kreuzpunkt erblüht die Rose (vergl. Rose, S.30), hier entfaltet sich das Leben. Auch als einfachste stilisierte Darstellung des aufrecht stehenden Menschens, der seine Arme ausgestreckt hat, kann das Kreuz gedeutet werden. Die Mitte des Menschens ist sein Herz. Diese Form der Verbindung von Gegen­sätz­lich­ keiten ist das universalste Bild der Mittlung – lange vor der Verwendung in der christlichen Bildsprache ist das Kreuz in allen Kulturen zu finden. Das Kreuz verkörpert in seiner einfachen Darstellungsweise das Zeichen vollkommener Symmetrie. Vom Zentrum ausgehend, ordnet es den Raum in vier Regionen, was oft in Verbindung mit den vier Himmelsrichtungen gebracht wird. Es ist daher ein kosmisches Zeichen, ein Zeichen der Ordnung. 22 Im Christentum hat sich das Kreuz bis heute eine ganz besondere Bedeutung bewahrt. Es ist nicht nur das wichtigste Symbol dieser Religion, sondern ihm werden bis in die Gegenwart geheime Kräfte zugeschrieben. Das Bekreuzigen gilt vielerorts als Allheilmittel gegen böse Geister aller Art. Das altägyptische Kreuz Ankh beschränkt sich nicht auf die zwei Balken, sondern trägt am oberen Ende des vertikalen Balkens eine Schleife. Sie symbolisiert die Sonne bzw. die Befruchtung der Erde durch die Sonne und das daraus resultierende Leben. (aus: 7/6/11/18) Kugel Die Kugel teilt die Symbolik des Kreises, den sie im Bereich der Körper vertritt. Sie ist Sinnbild des idealen Universums (vergl. Kreis, S.21). Kubus und Kugel Die Verbindung von Kugel und Kubus steht (aus: 6) für Geist (Kugel) und Materie (Kubus). Als von sechs Quadraten begrenzter Körper partizipiert der Kubus an der Symbolbedeutung des Quadrates (vergl. Quadrat, S.25), mehr als dieses jedoch ist er ein Symbol des Soliden, Festen und Unveränderlichen sowie gelegentlich auch der Ewigkeit. Klappt man den Kubus in geeigneter Weise auf, ergibt sich ein Kreuz, das als astro-architektonische Basis des Kirchengrundrisses gedeutet wird. In der byzantinischen Kunst und in der Renaissance, aber auch im Moscheenbau ist die Tendenz der Architektur zu beobachten, ein Viereck von einer Kugel bzw. einer Halbkugel über­wöl­­­­ben zu lassen oder Viertelkugeln anzu­deuten (vergl. Himmel, S.30). (aus: 6/11) 23 Netz Das Netz ist ein Symbol des weitläufigen Verknüpftseins; vor allem aber auch ein Mond Symbol des Einfangens und Sammelns. Der Mond spielte in den alten Religionen eine große Rolle und wurde meist als weiblich aufgefaßt. Sehr eng ist die Beziehung zwischen Mond und Frau. Das Werden des Kindes im Mutterschoß gilt als identisch mit dem Mondwachstum. Bei den Germanen und Arabern, sowie in den Vorstellungen der Rajputs von Indien und der Tartaren gilt der Mond als männlich. Unter bestimmten Gesichtspunkten betrachteten die Alten den Mond auch als androgyn. Die Symbolbedeutung des Mondes steht immer in einem Bezug zu der Sonne; da er kein eigenes Licht besitzt, sondern nur das der Sonne reflektiert, und er während verschiedener Mondphasen seine Gestalt wechselt. So ist er zum Symbol der Abhängigkeit geworden, aber auch zum Symbol der Wandlung und des Wachstums. Die Mondphasen werden mit dem zyklischen Werden in Verbindung gebracht, über das der Mond gebietet, und sind Symbol für Geburt und Wachstum, Tod und Auferstehung. So ist denn der ganze Mond Fruchtbarkeitssymbol, Zeitmesser und Schicksalsbestimmer. Die Astrologen schreiben dem Mond einen Einfluß auf den menschlichen Körpers zu, je nach den Tierkreiszeichen, die er durchquert. Er ist ein Symbol für den Zugang zu intuitiven Kräften und deutet auf tiefe, emotionale Bereiche des Unbewußten hin. (aus: 6/8/14) Orientalische Gottheiten werden verschiedentlich mit Netzen dargestellt, mit denen sie die Menschen an sich ziehen. Zu den vielen Anspielungen des neuen Testamentes auf den Fischerberuf gehörend, kann das Netz auch die Tätigkeit Gottes symbolisieren, der die Menschen für sein Reich einsammelt und sortiert. Christliche Darstellungen zeigen in der Frühzeit das „Menschenfischen“ der Apostel mit dem Netz. Von da aus wird das Netz mit den kleinen Fischen zum Symbol der Kirche (vergl. Fisch, S.15). Tiefenpsychologisch kann der Fischfang mit dem Netz auch als Ausdruck einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Unterbewußtsein gedeutet werden. (aus: 6/11) Pfeil und Bogen Pfeil und Bogen haben aus hebräischer wie griechischer Sprachtradition einen symbolischen Wert, der beim Bogen auf Lebensimpuls und Lebensantrieb deutet, beim Pfeil auf den Sonnenstrahl wie auf das phallische Fruchtbarkeitssymbol. Häufig symbolisiert der Pfeil eine geradlinige, dynamische, zielstrebige Bewegung, die über gegebene Grenzen hinausreicht. Er kann auch das Bedürfnis nach direktem ehrlichem Austausch bedeuten. Versinnbildlicht er den Strahl der Sonne, ist er zugleich ein Symbol der Erkenntnis. Durch das Ziehen 24 der Sehne in die eigene Richtung, erhält der Bogen jene Spannung, die den Pfeil nach vorne, dem Ziel entgegenschnellen läßt. Darin liegt eine Bedeutung, die auf die Rückbesinnung auf unsere eigenen Stärken hinweist, die ungeahnte Ereignisse in unserem Leben in Bewegung setzen. (aus: 6/11/14) Shivas Trommel Von den Indern wird die sichtbare Welt als der Quadrat Das Quadrat wird allgemein verwandt als das Zeichen der materiellen Welt, zusammengesetzt aus vier Seiten, die den vier Elementen und vier Weltrichtungen entsprechen. Dieser grundlegenden Bedeutung widersetzt sich nur die alchemistische Zeichenwelt, in der vier Quadrate das Zeichen für Luft darstellen. In der Alchemie gilt die „Quadratur des Kreises“ als Symbol für den ausgeglichenen Menschen, der eine Balance zwischen der geistigen und der physisch-materiellen Welt, den beiden Grunddimensionen des Daseins, gefunden hat. Der Psychologe C.G. Jung, der viel zu Zusammenhängen zwischen geometrischen Grundformen und Grundlagen der menschlichen Psyche geforscht hat, betrachtet das Quadrat als Symbol eines Idealzustands. Er vertrat die Ansicht, daß die oft konkurrierenden Möglichkeiten des Denkens, des Fühlens, der Sinnesempfindung und der Intuition im Laufe der Entwicklung des Menschens miteinander in Einklang zu bringen sind. Die ordnende Funktion des Quadrates wird auch oft mit dem rationalen Verstehen und dem bewußten Intellekt in Zusammenhang gebracht. Tanz Shivas verstanden, den er bald allein, dann wieder mit seiner Gattin Parvati vollführt. Manchmal wird die Trommel, womit er sich und allen Wesen den Rhythmus gibt und die er selber beidseitig spielt, als die ewige Spannung zwischen dem männlichen und dem weiblichen Pol des Seins gedeutet. Sie ist das Sinnbild der zusammenwirkenden Gegensätze, aber auch das Fortwirken der steinzeitlichen Schamanentrommeln, deren gleichmäßiger Klang den Menschen in Ekstase zu versenken vermag. Ihr rhythmisch erzeugter Klang wird verschiedentlich verborgenen Klängen und Kräften des Kosmos gleichgesetzt, womit sie zum häufig verwendeten Kultinstrument wird. (aus: 1) (aus: 13/18) 25 Tisch Der Tisch ist ein Bild der Welt mit ihren vier Sonne Die weltweit benutzte Sonnensymbolik ist in ihrer Vielfalt kaum überschaubar. Sie beruht auf Mythen, die an Naturerscheinungen anknüpfen, besonders an die tägliche und jährliche Sonnenbahn. Der morgendliche Aufgang im Osten und der mit der Wintersonnenwende beginnende Aufstieg hat Auferstehungs-, Lebens- und Heilscharakter. Der abendliche Untergang und der von der Sommersonnenwende an beginnende Abstieg der Sonne ist Symbol des Todes, des Unheils. Auch ist die Sonne das allsehende Auge des Himmels. Mythisch-symbolisch gilt der Sonnenlauf als Wagenfahrt, auf die das Rad als verbreitetes Symbol hinweist, oft mit Speichenkreuz, dem Symbol der vier Weltecken versehen, die den Sonnenstand morgens, mittags, abends und mitternächtlich anzeigen. Auch das Kreuz allein gilt als Symbol, besonders die Swastika, in der sich der Sonnenlauf darstellt. Die Sonne ist das Symbol des Lichtes und des Lebens, einem Prinzip, dem schöpferische Energie und kreatives Potential inneliegen. Den Lehren der Rosenkreuzer nach stammt die feinste Seele des Menschens, der sogenannte Nous, von der Sonne, während der Mond die Psyche liefert und die Erde Soma, den Körper, gibt. Elementen, vier Weltrichtungen, beherrscht vom Kreislauf der vier Jahreszeiten. Die mittelalterliche Stillebenmalerei lehrt, die Tischoberfläche gleichzusetzen mit der Welt als Geschehensebene. Die vier Elemente (Feuer, Wasser, Erde, Luft) sind der antiken Philosophie entliehen. Sie spielten im menschlichen Mikrokosmos in bezug auf bestimmte Körperteile und Sinne eine Rolle, aber auch im Makrokosmos. In diesem Zuammenhang sind sie im Mittelalter oft dargestellt. (aus: 6/14) (aus: 7/8) 26 Imagination flowers Apfel lich als Sinnbild der Ewigkeit (vergl. Kreis, Ein altes Fruchtbarkeitssymbol und auch ein S.22). Der Apfel begegnet auch mehrfach z.B. weitverbreitetes Liebessymbol war vor allem in der keltischen Tradition, als Symbol der rote Apfel – z.B. in der griechischen und spirituellen Wissens. nordischen Mythologie. Wegen seiner Der Apfel wird in der christlichen Symbolik Kugelgestalt verstand man ihn verschiedentwegen seiner Kugelgestalt als Sinnbild der Erde verstanden, seiner schönen Farbe und Süßigkeit wegen aber auch als Symbol der Verlockungen dieser Welt. Im Mittelalter galt er aufgrund der biblischen Erzählung vom Sündenfall als Sinnbild des Sinnenreizes und der Erbsünde. Ein Apfel in der Hand Christi symbolisiert rückbezüglich die Erlösung von der durch Sündenfall entstandenen Erbsünde. Profan ist der Apfel - als Reichsapfel - Symbol der Weltherrschaft, wo­bei ihn im Christentum zusätzlich ein Kreuz schmückte. (aus: 11) 27 Äffisches Wesen Im Orient (z.B. Indien und Ägypten) war der Affe ein heiliges Tier, in Palästina, Griechenland und Rom wurde er als Haustier gehalten. Der Pavian ist der Begleiter des ägyptischen Gottes der Weisheit, Thoth, und veranschaulicht, daß Weisheit niemals auf starre Weise festgelegt werden kann. Und in Indien wird der Affengott Hanuman noch von den Hindus als heilig verehrt. In der Europäischen Symbolik hat der lebhafte, lüsterne, listige, neugierige und wachsame Affe einen festen Platz. Im Mittelalter verkörperte er – mit dem Spiegel in der Hand – weltliche Begierde und Eitelkeit. Auch das Bild der drei Affen („Wir sehen, hören und sprechen nichts Böses“) hat sich über ganz Europa verbreitet. Es stammt aus dem japanischen Shintoismus, wo die drei Affen bei den Göttern Rechenschaft über das Tun der Menschen ablegen sollen und aufgrund eines Abwehrzaubers nichts Böses berichten können. (aus: 6/14) Blume Ein Sinnbild der aufsteigenden, und damit der glücksbringenden Lebensenergie. Der Mensch liebt es, sich mit der Vertikalen zu vergleichen. Sie ist das aktive Element auf einer gegebenen Ebene. Sie ist auch das Symbol des lebenden Wesens, das nach oben wächst (vergl. Kreuz, S.22). In der abendländischen Tradition ist die Blume das Symbol irdischer Schönheit und Lieblichkeit. Die Blumen im allgemeinen sind Zeichen des passiven Prinzips, der Haltung des Empfangens, entsprechend ihren Kelchformen, den Gaben und Aktivitäten des Himmels zugewendet. Die Blume erinnert an den Zustand der Kindheit und so auch gewissermaßen an das Paradies. Doch kann sie infolge ihrer Zartheit auch ein Symbol der – der Kreatur allgemein eigenen – Unbeständigkeit und Vergänglichkeit sein, ein Bild des flüchtigen Charakters der Schönheit. (aus: 6) Die Ähre Ein weltweit verbreitetes Zeichen der Ernte, das Überfluß, Dankbarkeit und Hoffnung bedeutet. Die Ähre, der dichtbesetzte Blütenstand mancher Gräser, wie z.B. der meisten Getreidesorten, trägt in der christlichen Kunst eine symbolische, eucharistische Bedeutung. (Das eucharistische Sinnbild des Leibes Christi ist das Brot des Abendmahls.) In der Renaissancekunst ist die Ähre das Attribut des Sommers, der Jahreszeit der Ernte. Gereifte Ähren werden auch verstanden als die Frucht des Menschens Hingabe an sich selbst. Baum Der Baum kann den Aufstieg symbolisieren, aber er kann auch eine Wächterfunktion übernehmen oder eine heilige Stätte repräsentieren. Als Lebens- und Opferbaum, als kosmi- (aus: 6/14) 28 scher Baum und als umgekehrt wachsenderBaum bildet er eine Verbindung zwischen Himmel und Erde, zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos. Weltweit und zu allen Zeiten ist ein Baumkult zu beobachten, also die religiöse Verehrung heiliger Bäume als Verkörperung mythischer Lebensbäume und der Lebenskraft der Vegetation selbst, aber auch als Sitz und Symbol von Gottheiten und Geistern. Ein Beispiel hierfür ist die Weltesche Yggdrasil, die in der germanischen Religion ihre Äste über das All breitet und an deren Wurzeln sich die Quellen der Weisheit und des Schicksals befinden. Hier ist der Sitz der drei Schicksalsgöttinnen, der Nornen. Baum mit Früchten Der früchtetragende Baum ist ein Symbol der Reife, der abgeschlossenen Entwicklung. Mehrere und verschiedene Früchte symbolisieren häufig Fülle, Fruchtbarkeit und Wohlstand. Die verbotene Frucht des Paradieses ist in der Bibel nicht genau beschrieben, wird jedoch heute mit dem Apfel (vergl. Apfel, S.27) gleichgesetzt. (aus: 11/14) (aus: 11) Granatapfel In der heidnischen Antike ist er aufgrund seines Samenreichtums Symbol der Lebensfülle und Fruchtbarkeit, Attribut der Vegetationsgottheiten und der Aphrodite sowie des Zeus und des Hermes. Entsprechend dient der Granatapfel auch im alten Testament sowohl als Liebeszeichen wie als Zeichen göttlichen Segens. In der allegorischen Schriftauslegung der Kirchenväter steht er für die Fülle der christlichen Märtyrer und Mysterien. Ein aufgesprungener Granatapfel mit der Fülle seiner Samenkörner ist Attribut der sich verschenkenden Liebe. In Indien galt der Saft des Granatapfels als Heilmittel gegen Unfruchtbarkeit. Das Öffnen des Granatapfels wird gelegentlich auch in symbolischer Beziehung zur Defloration gesehen. Wegen der leuchtendroten Farbe ist der Granatapfel auch ein Symbol für die Liebe, für Blut und damit zugleich für Leben und Tod. Die kugelige Form, die Vielzahl der Kerne und der Wohlgeruch galten aber auch als Sinnbild der Vollkommenheit, oder – in christlichem Zusammenhang – als unendliche Zahl der Eigenschaften und der Güte Gottes. (aus: 6/11) 29 Kuß Ob als Nasen- (Innuit), Mund- oder Himmel Früher häufig als über die Erdscheibe gewölbte Halbkugel gesehen, spielt der Himmel in den mythologischen und religiösen Vorstellungen fast aller Völker eine große Rolle als Ort, von dem aus Götter und göttliche Wesenheiten als wirkend gedacht werden und zu dem sich die Seele nach dem Tod erhebt. Häufig begegnet die Vorstellung, Himmel und Erde seien ursprünglich vereint gewesen. Unter diesem Aspekt repräsentiert der Himmel dann nur die eine Hälfte der gesamten Welt. (aus: 11) Wangenkuß: Der Kuß ist immer ein Zeichen der Offenbarung und der seelischen Hingabe. Weil sich in ihm die im Atem lebende Seele materialisiert, kann er auch kräfteübertragend und lebensspendend sein (wie im Falle des Dornröschens) – was in seiner anthropologischen Urform der Kindesfütterung ja auch sein einziger Sinn war. Je nachdem, wer wen wann wo küßt, hat der Kuß unterschiedliche Bedeutungen. So gehört er im Einflußbereich der griechischen, römischen und jüdischen Kulturen allgemein zu Begrüßung und Verabschiedung. Zuneigung und Verehrung: Handkuß, Unterwerfung: Fußkuß, Erotik: Zungenkuß, eidesstattliche Bedeutung (im römischen Recht): Küssen von heiligen Gegenständen. Ersatz für den Kuß kann die Kußhand sein, die Atem und Seele über eine kleine Distanz zum anderen schickt. (aus: 11) Rose Ähnliche wie die gereifte Frucht ist die Rosenblüte ein Zeichen der abgeschlossenen Entwicklung. So wie eine Rose langsam erblüht, werden die inneren Anlagen und Fähigkeiten des Menschens allmählich zur Entfaltung gebracht. In der Antike war die Rose der Aphrodite (Venus) geweiht. In der Freimaurerei ist die Rose unter anderem das Symbol der Verschwiegenheit, Schönheit und Zierde. Sie symbolisiert hier das Empfänglichwerden für mystische Erlebnisse und transpersonale Erfahrungen, unterstützt von ursprünglichen, dynamisch wirkenden Kräften, deren kreativer Entfaltung kein Einhalt geboten werden kann. Sie ist ein Symbol der mystischen Wiedergeburt. In der altfranzösischen Dichtung haben ihr die 30 Schlange Keinem Tier wurde und wird weltweit eine so Autoren des „Roman de la rose“ (13tes Jahrhundert) ein Denkmal gesetzt. Darin steht die Rose – nach dem Ideal der Minne – als Symbol für den unerreichbaren Gegenstand der Liebe. (aus: 7/11/14) Samenkorn Das Samenkorn ist ein Sinnbild des Lebens, der Fülle noch nicht entwickelter Möglich­ keiten. Das Samenkorn stirbt in der Erde, um eine Pflanze entstehen zu lassen, und ist ein Symbol des ständigen Wechsels zwischen Tod und Neubeginn in der Natur. Damit wird es zum Sinnbild des Opfers sowie zum Symbol für die geistige Neugeburt des Menschens. In der Form erinnert das Samenkorn an eine Mandorla (vergl. Mandorla, S.16). (aus: 11) große Bedeutung zugemessen wie der Schlange. Dabei ist die Abneigung, die ihr in der christlichen Welt entgegengebracht wird, einmalig. In der biblischen Mythe bringt die Schlange als Verführerin die Sünde zu Eva. Diese Identifikation der Schlange und der Frau (und damit des Lebens) mit der Sünde ist Grundpfeiler des christlichen Weltverständnisses. Im Alten Testament begegnet sie aber auch als Symbol der Klugheit, und in den meisten Kulturen erhält die Schlange eine durch und durch positive Deutung. In Indien ist sogar die giftigste Schlange, die Kobra, ein heiliges Tier. In Ägypten symbolisiert sie seit alters her Heilung und Regeneration, und im alten Griechenland galt sie wegen ihrer Beweglichkeit und Schnelligkeit als Sinnbild des Lebenswillens und der regenerativen Kräfte. Deshalb wurde sie zum Wahrzeichen des griechischen Heilgottes Asklepios, dessen wichtigstes Attribut der Schlangen- oder Äskulapstab war. Sich folgsam um den Stab ringelnd, zeigt die Lebensschlange an, daß sie dem Heilgott dienend zur Verfügung steht, und weist zugleich auf das Urwissen des Arztes um die Gesetze der Natur hin. In der ägyptischen Mythologie, in fernöstlichen, abendländischen und afrikanischen Kulturkreisen gibt es die Darstellung des Ouroborus (vergl. Kreis, S.22), einer sich in den Schwanz beißenden Schlange. Der Ouroboros ist Symbol der Unendlichkeit, der ewigen Wiederkehr, des Austausches zwischen Geist und physischer Welt. In der Alchemie wurde der Ouroborus oft als Symbol für die sich wandelnde Materie benutzt. Sie ist häufig Sexualsymbol, männlich wegen ihrer phallischen Form, weiblich wegen ihres 31 verschlingenden Rachens. Die Kundalinischlange Indiens gilt als Sitz kosmischer Energie: Sie ruht zusammengerollt am unteren Ende der Wirbelsäule und wird erweckt, um den Menschen zu seinem vollen Potential zu führen. Sie ist das Lebens- oder – psychoanalytisch formuliert – Libidosymbol. Vielleicht eignet sich die Schlange deshalb besonders zum Symbol des Lebens, weil sie sich selbst ewig der Kraft des Lebens unterwirft und ihre Haut abstößt, um wachsen zu können – wie das Leben eine Generation nach der anderen abstößt, um wiedergeboren zu werden. Die Schlange verkörpert die unsterbliche Energie, das unsterbliche Bewußtsein, das eingebunden ist in die Zeit und zyklisch wiedergeboren wird. Die Schlange verkörpert außerdem eine Urfunktion des Lebens, das Verzehren. Sie zeigt so das Leben in seinem urtümlichsten Wesen. Das Leben lebt, indem es sich selbst tötet und verzehrt. Die Schlange verkörpert die im Feld der Zeit eingebundene Kraft des Lebens, im Feld des Todes eingebunden und doch ewig lebendig. Die Welt ist bloß ihr Schatten – die abgestreifte Haut. Mit diesem Tier läßt sich in gar keiner Weise handeln; es ist bereit, tödlich zuzubeißen. (aus: 8/11/16) Spirale Die Spirale drückt den Gedanken des Relativen, Werdenden aus. Gleich den Mondphasen bezeichnet die Spirale die ewige Wiederkehr, die Wiederholung, den zyklischen Charakter der Evolution auf allen Ebenen des menschlichen Seins; spirituell, materiell, intellektuell, emotional und physisch. Die Doppelspirale erinnert an das sich Ineinander- und Auseinanderentwickeln von Leben und Tod. Von den Steinzeitkulturen in England, Island und Frankreich sind viele spiralige Steinzeichnungen überliefert. Auch die Eingeborenen in Australien haben die Spirale als ein heiliges Zeichen in ihrer Kultur bewahrt. (aus: 6/14/18) Stab Ein Symbol für Macht und für magisches Wissen. Ein Symbol für Wissen um Philosophie, Religion und Spiritualität. Der Zauberstab wirkt durch Berührung, gleich dem Stab, mit dem Moses Quellwasser aus einem Felsen fließen ließ. (aus:11) Wolken Wegen ihres geheimnisvoll verschleiernden Charakters und weil sie Teil des Himmels sind, werden die Wolken häufig als Wohnstätte der Götter gedeutet. Im Islam gelten Wolken als Sinnbild der vollständigen Unerkennbarkeit Allahs vor der Schöpfung. In China ist die 32 Wolke, die sich im Himmel auflöst, ein Symbol für die notwendige Verwandlung, der sich der Weise unterwerfen muß, um seine irdische Persönlichkeit verlöschen und im Unendlichen aufgehen lassen zu können. Als Regenbringer kann die Wolke auch gelegentlich Fruchtbarkeitssymbol sein, wie in Zeichnungen der Ureinwohner Nordamerikas. Hier steht sie in Verbindung zur Schlange, die bei den Hopi als Trägerin der Wolken gilt. (aus: 10/11) Zweig Zweige oder Zweigbündel bedeuten Ehrerweisung für einen Sieger oder Herrscher. Grüne Zweige beinhalten den Wunsch der Unsterblichkeit für ihn. Diese orientalische Tradition ist beim Einzug Jesu in Jerusalem aufgenommen. Ihr Vorausbild war in gewissem Sinne der Ölbaumzweig, den die Taube zu Noah in die Arche brachte, um ihm das Ende der Sintflut anzuzeigen. Das Blatt ist in Ostasien ein Symbol für Glück und Wohlstand, ein Zweig mit Blättern symbolisiert das Zusammenwirken Einzelner an einem Ganzen. In Mitteleuropa gehörten grüne Zweige und Bäumchen ab dem 12ten Jahrhundert zur Maifest. Diese sogenannten „Maien“ sind Vorläufer unseres Maibaums. (aus: 5/6) 33 Imagination black Leiter Die Leiter als Verbindung zwischen oben und unten ist in der christlichen Geschichte als Jakobs- oder Himmelsleiter bekannt. Im Buch Moses steht geschrieben, wie der in Not geratene Urvater Jakob von einer Leiter träumt, auf der Engel zum Himmel auf- und niedersteigen. (aus: 6) Pfeil Von dem richtungsweisenden, Bewegung anzeigenden Symbol gibt es verschieden deutliche Umsetzungen. Zu stumpfe Pfeilbilder fließen nicht, zu spitze Pfeilbilder verflüchtigen sich. Der Pfeil, der als Gegenstand seinen 34 Ursprung in der Jägerkultur hat, setzt sich als Symbol nach der ersten industriellen Revolution durch. Vermutlich ist der Pfeil aber auch schon in der Gesellschaft, der er noch als Waffe diente, an Bäumen oder Pfählen als Richtungsangabe befestigt worden. Die seit dem 17ten Jahrhundert nachweisbare „Wegweiserhand“ mit dem ausgestreckten Zeigefinger hat sich auf jeden Fall nicht in gleichem Maße durchgesetzt wie der Pfeil. Der Pfeil steht für Direktheit, Zielgerichtetheit und Ehrlichkeit (vergl. Pfeil und Bogen, S.24). (aus: 3/14) Skarabäus Der Skarabäus ist in Ägypten ein heiliges Tier, dessen Namen mit dem Wort für „aufgehende Sonne“ übereinstimmt. Der Käfer formt Kugeln aus Dung, die er vor sich herrollt. Er hält in seinen Zangen das Symbol der Sonne und wird zum Träger des sich erneuernden Lichtes. Ein Symbol der Auferstehung war er in Form von Amuletten, deren größere Exemplare der Mumie auf das Herz gelegt wurden (vergl. Sonne, S.26). (aus: 11) Swastika Die Bezeichnung Swastika kommt aus dem Sanskrit und bedeutet „sich wohlfühlen“. Der Ursprung der Swastika, die ein weltweit verwendetes Symbol ist, liegt zeitgleich in unterschiedlichsten Regionen. Das Swastikasymbol ist zwischen den primitiven Kulturen so weit voneinander entfernten Ländern wie Babylon, Assyrien, Italien, Griechenland, Ungarn, England, Mexiko und Peru, auffindbar. Dabei macht der imperialistische Gehalt des deutschen Hakenkreuzes aus dem 20ten Jahr­ hundert nur einen Bruchteil der Bedeutungen aus. Die Swastika ist abgeleitet aus dem Sonnen­rad, dem vierspeichigen Radkreuz. Bei arischen Völkern wie bei den Germanen war sie ein vorchristliches Licht- und Sonnensymbol und wurde durch Unterbrechung des Umkreises zugunsten einer eckigen Form zum Swastika­kreuz (vergl. Kreuz, S.22). In ihrer runden, geschlossenen Ausführung wurde sie auch im frühen Christentum verwandt und galt dann als „crux dissimilata“ (verhülltes Kreuz). Die Swastika stand sehr häufig als eine Darstellung der vier Grundkräfte, Welt­-­ richtungen oder Elemente. Unter anderem erscheint sie darum in der frühen chinesischen Kultur als Zeichen für „Gegend“ oder „Gebiet“. Während aber das Viereck (vergl. Quadrat, S. 25) als Zeichen der Materie die Swastika als etwas Totes auffaßt, findet sich im Swastika­kreuz die Vorstellung des Rades, des Kreises, der Bewegung und damit der Wandlung. Von vielen Indianerstämmen Nordamerikas wird das Swastikakreuz als wichtiges Symbol der Schöpfung gesehen, die sich tanzend und drehend entfaltet. Die Swastika fand sich auf präkolumbianischen Handwerksstücken, und Navajos woben sie in Decken und Körbe. In Indien verbinden sich die äußeren Enden mit der Vorstellung des maskulinen Prinzips und signifizieren den Weg zur äußeren Welt. Die Ursprünge repräsentieren das Feminine alsleitenden Indikator zum Inneren des Mensch­seins. 35 Die Swastika wurde von Indien nach Japan durch China übertragen und dort mit Buddhismus assoziiert (buddhistische Swastika: Manji, ein Mengenbegriff für die Zahl 10.000 und damit gleichbedeutend mit „unendlich“). Häufig hervorgehoben, teilweise auf buddhistischer Tempelarchitektur, trägt sie eine Bedeutung des „Paradieschlüssels“ in Japan. Vorrangig wurde sie im Osten als ein Zeichen für Glück und Wohlstand interpretiert. Swastikas drehen sich in und gegen den Uhrzeigersinn, und die Stellung der Haken verleiht dem Zeichen eine Bedeutung. Diese ist bei den gefundenen Darstellungen verschieden. Eine altchinesische Deutung besagt, das das Zeichen mit linksdrehenden Haken „Glück“, dasjenige mit rechtsdrehenden Haken „Unglück“ bedeutet. (aus: 2/3/4/10) 36 Literaturliste 1 Wolfgang Bauer, Irmtraut Dümotz, Sergius 13 C.G. Jung, Der Mensch und seine Symbole, Golowin, Lexikon der Symbole, Solothurn und Düsseldorf 1995 Wiesbaden 1996 C.G. Jung, Mandala, Bilder aus dem Unbewußten 2 I. Schwarz-Winkelhofer, H. Biedermann, Das Buch der Zeichen und Symbole, Graz 1994 14 Gerd Ziegler, Tarot der Seele, Neuhausen 1995 3 Henry Dreyfuss, Symbol Sourcebook, 1972 15 Stilleben in Europa, G. Langmeyer, H.-A. Peters, Münster 1979 4 John W. Dower, The Elements of japanese Design, New York-Tokyo 1971 16 Joseph Campbell, Die Kraft der Mythen, Zürich 1994 5 Udo Becker, Lexikon der Symbole, Freiburg 1992 17 Aniela Jaffé: Bildende Kunst als Symbol, in: C.G. Jung, Der Mensch und seine Symbole, 6 Gerd Heinz-Mohr, Lexikon der Symbole, Olten 1968 Bilder und Zeichen der christlichen Kunst, München 1988 18 Klaus Holitzka, Jochen Niemuth, Das Mandala als Grudstruktur des Universums, 7 Horst E. Miers, Lexikon des Geheimwissens, Seen 1994 Freiburg i. Br. 1987 8 Manfred Lurker, Wörterbuch der Symbolik, Stuttgart 1979 9 Leonard Herman, Die Heraldik der Wirtschaft, Düsseldorf 1971 10 Adrian Frutiger, Der Mensch und seine Zeichen, Wiesbaden 1991 19 Jay Stattman 20 S.K. Langer, Psychologie auf neuem Wege, Frankfurt/Main 1965 21 Ortrud Stumpfe, Die Symbolsprache der Märchen, Münster 1992 22 Mircea Eliade 11 Herder Verlag, Lexikon der Symbole, 23 Rudolf Koch, das Zeichenbuch, Freiburg 1978 Leipzig 1940 12 Gerhard Kurz, Metapher, Allegorie, Symbol, Göttingen 1988