Es gilt das gesprochene Wort 02.11.2006 Überschrift/Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Untertitel: Redner/in: Sigmar Gabriel Anlass: FES Veranstaltung Ort: Essen Anrede Heute früh habe ich in Berlin über 400 Vertreter aus Politik, Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft begrüßen dürfen. Anlass war eine von meinem Ministerium veranstaltete Innovationskonferenz. Über fünf Stunden haben dort heute Fachleute in vier Foren über die Leitmärkte der Zukunft und deren Potenziale für Umwelt, Wachstum und Beschäftigung diskutiert. Warum erzähle ich das auf einer Veranstaltung, bei der es um „ Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus“ geht? Ich mache das deshalb, weil das Zusammenspiel von Umweltpolitik, technologischer Innovation und wirtschaftlichen Potenzialen bestimmend sein wird für die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. Immer deutlicher und entlang von ökonomischen Indikatoren nachweisbar ist nämlich: Umwelt und Wirtschaft sind zwei Seiten einer Medaille. Und: Nur wenn es uns gelingt, auf den Leitmärkten der Zukunft eine bestimmende ökonomische Rolle zu spielen, werden wir die soziale Marktwirtschaft in Deutschland behaupten und vielleicht weiterentwickeln können. Rede BM FES Essen.doc Rededauer: 24 min Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Wir haben heute früh beispielhaft über vier Leitmärkte diskutiert in Berlin: über Mobilität, über Energie, über Effizienztechnologien und über Lifescience. Allen diesen Leitmärkten ist gemein, das es so genannte grüne Leitmärkte sind. Und in allen dafür wichtigen Technologien nehmen deutsche Unternehmen Spitzenplätze ein. Über die elementaren Wechselbeziehungen zwischen wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit auf der einen und breitem sozialen Wohlstand auf der anderen Seite muss ich hier nichts sagen. Aber klar ist: Nur wenn wir es schaffen, unser Wirtschafts- und Entwicklungsmodell auf die veränderten demographischen und ökonomischen Herausforderungen einzustellen wie auf die klimapolitischen und ökologischen Anforderungen, hat die soziale Marktwirtschaft in Deutschland im globalen Kapitalismus eine Chance. Wir alle erleben es tagtäglich: Die Welt verändert sich in einem rasanten Tempo. Die Globalisierung prägt inzwischen den Alltag von jeder und jedem von uns. Und die ökonomische Globalisierung wird weiter an Tempo gewinnen. Gegenwärtig sind es vor allem die asiatischen Schwellenländer, die das Gesicht der Globalisierung prägen. Sie tragen eine Entwicklung, die wir als neuerlichen Wachstums- und Industrialisierungsschub bezeichnen können. Wir wissen noch nicht, wohin die Entwicklung führen wird. Wird endlich der alte Menschheitstraum von Wohlstand und Frieden für alle wahr? Oder werden globale Verteilungskonflikte und der fortschreitende KlimaFES Veranstaltung Essen Seite -2- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus wandel sowie schwere ökologische Schäden die kommenden Jahrzehnte prägen? Erst vor wenigen Wochen hat ein deutsches Nachrichtenmagazin den „Kampf um Rohstoffe“ zum „Weltkrieg um Wohlstand“ gesteigert. Statt aber Ökologie und Ökonomie gegeneinander auszuspielen, muss endlich begriffen werden, dass wir vor einer neuen Zeit stehen, in der sich die vermeintlichen Gegensätze der Vergangenheit abgenutzt haben. Das heißt: Wer über Wohlstand, über globale Entwicklung, über Wachstumsmärkte und damit über Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung reden will, muss über eine intelligente Umweltpolitik sprechen. Die ökonomischen Herausforderungen und die ökologischen Fragen decken sich längst. Die britische Außenministerin Margret Beckett hat gerade in der vergangenen Woche hier in Berlin in einer eindrucksvollen Rede beschrieben, wie der Klimawandel nicht nur die außenpolitische Agenda ganz neu strukturiert, sondern weite Teile der politischen Arbeitsteilung durcheinander bringt: Umwelt- und Klimapolitik wird zur Wirtschaftspolitik, zur Energiepolitik, zur Außen- und Sicherheitspolitik und ist längst auch zur sozialen Frage geworden – eigentlich zur Zukunftsfrage der sozialen Marktwirtschaft. Anrede Lassen Sie mich zur Illustration einige Trends und Fakten in Erinnerung rufen, die das deutlich machen. FES Veranstaltung Essen Seite -3- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass sich die Bevölkerung der Erde von heute rund 6,5 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 auf 9,2 Milliarden Menschen ansteigt. Mehr als die Hälfte davon werden in Asien leben. Diese Menschen haben Bedürfnisse. Aber die zur Verfügung stehenden Ressourcen sind in vielen Fällen endlich. Neben der demografischen Entwicklung ist es der gegenwärtige Industrialisierungsprozess – vor allem in den Schwellenländern –, der die Nachfrage nach knappen Ressourcen zusätzlich drastisch steigert. • Bis zum Jahr 2030 wird der Energiebedarf um 50 Prozent steigen. Die globale Nachfrage nach Erdöl wird sich innerhalb von 15 Jahren von rund 75 Millionen Barrel auf mehr als 100 Millionen Barrel erhöhen. • Auch der Luftverkehr wird sich im Vergleich zum Jahr 2003 bis 2020 mehr als verdoppeln und aller Voraussicht nach auch der weltweite Bestand an Kraftfahrzeugen. • Schon verbraucht die Volksrepublik China jährlich ein Viertel der weltweiten Stahlproduktion und knapp die Hälfte des produzierten Zementes, mit stark wachsender Tendenz. Anrede Was heißt das für die Wirtschaft? Was bedeutet das für die Umwelt? Was FES Veranstaltung Essen Seite -4- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus heißt das für das Weltklima? Und was heißt das für die soziale Marktwirtschaft in Deutschland? Wenn wir nicht gegensteuern, würde sich der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase bis zum Jahr 2050 auf knapp 60 Gigatonnen im Jahr verdoppeln. Die klimatischen Folgen wären unabsehbar und der Klimawandel nicht mehr aufzuhalten. Ich erspare Ihnen Einzelheiten. Und die Umwelt? Der Energie- und Rohstoffhunger führt zu immer rücksichtsloseren Ab- und Anbaumethoden. Auch hier illustriert der Blick nach China die ökologischen Kosten des gegenwärtigen Wachstums: Die chinesische Umweltbehörde schätzt die jährlichen Umweltkosten auf 10 Prozent des Bruttosozialproduktes – also ebenso hoch wie die gegenwärtige Wachstumsrate. Für die Wirtschaft bedeuten die Rahmenbedingungen, dass sie sich auf hohe Preise einstellen muss. Gerade ein rohstoffarmes Land wie Deutschland bekommt die steigende Nachfrage nach knappen Ressourcen deutlich zu spüren. Sie, die aus der Wirtschaft kommen, merken das beim Einkauf ihrer Vorprodukte und Materialien. Der Stahlpreis ist in kurzer Zeit regelrecht explodiert. Und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen hat jede und jeder von uns gerade in den vergangenen Monaten im Portemonnaie zu spüren bekommen – an der Tankstelle und bei der Heizrechnung. Für die soziale Marktwirtschaft heißt das: Wir werden Ökonomie und Ökologie sozusagen technologisch versöhnen müssen, damit auch künftig FES Veranstaltung Essen Seite -5- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Wachstum und Beschäftigung in Deutschland möglich und so die Grundlage für das „soziale“ in der Marktwirtschaft gesichert ist. Mit dem von mir genannten Herausforderungen und mit der Beantwortung der Zukunftsfragen sind aber auch ungeheure Märkte und Möglichkeiten verbinden. Denn wo Bedürfnisse wachsen, wachsen Märkte. Es gibt keinen Grund, den künftigen Generationen wie auch einer wachsenden Weltbevölkerung in den Regionen dieser Welt das Recht auf soziale Entwicklung und Wohlstand abzusprechen, das wir so selbstverständlich für uns in Anspruch nehmen. Deswegen kann es nicht darum gehen, Bedürfnisse zu unterdrücken, sondern sie umweltverträglich zu befriedigen. Statt Märkte und ihr Wachstum zu behindern, müssen wir die Märkte ökologisch und nachhaltig ausgestalten. Wir müssen die Zukunftsfragen nicht defensiv beantworten und die „Grenzen des Wachstums“ in den Vordergrund stellen, sondern wir brauchen eine offensive Antwort: Das ist die Wiederentdeckung der Idee des technischen Fortschritts! Nicht als affirmative Fortschrittsideologie oder als Rückfall in die blinde Technikgläubigkeit der deutschen Nachkriegsgesellschaft, sondern als offensives Bekenntnis zur Mobilisierung der gesellschaftlichen Kraft, die wir zur Lösung der beschriebenen Herausforderungen dringend brauchen. Anrede FES Veranstaltung Essen Seite -6- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Was uns gelingen muss, ist, dass wir Wachstum und Ressourcenverbrauch voneinander entkoppeln. Und das werden wir nur schaffen, wenn wir die Innovation ins Zentrum unserer Politik stellen. „Neue Werkstoffe“, bessere Technologien, optimierte Produktionsverfahren und intelligente Produkte werden dazu beitragen müssen, globale Umweltprobleme zu lösen und die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Denn durch die Förderung und Verbreitung von Ökoinnovationen und Ökohightech kann es gelingen, nicht nur der Verantwortung für unser bedrohtes Ökosystem gerecht zu werden, sondern zugleich den Nachhaltigkeitsmotor für Wachstum und Beschäftigung anzuwerfen. Tatsächlich verschaffen sich jene Länder und Regionen, welche die technologische Führerschaft in den zentralen Zukunftsbereichen erlangen, entscheidende Vorteile im globalen Wettbewerb und damit die Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung. Hier müssen wir an der Spitze stehen. Nur so schaffen wir die Voraussetzungen für die Ausgestaltung der sozialen Marktwirtschaft in einem globalisierten Kapitalismus. Der Präsident des Club of Rome, Prinz Hassan von Jordanien, hat es auf eine einfache Formel gebracht: „Die Märkte der Zukunft sind grün“. Diese Märkte verbinden ökonomische und ökologische Herausforderungen in besonderer Weise. Diese grünen Märkte werden das Gesicht des Industrialisierungsschubes mitprägen und sie können und müssen dazu beitragen, dass nicht „Weltkrieg um Wohlstand“ das 21. Jahrhundert charakterisieren wird, sondern „Welt kriegt Wohlstand“! FES Veranstaltung Essen Seite -7- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Gerade hier in Essen, einem Zentrum von modernen Technologien im Ruhrgebiet, verweise ich darauf; Energieerzeugungs- und Kraftwerkstechnologien sind zum Beispiel ein solcher Markt. Um den wachsenden Weltenergiebedarf klimaverträglich zu decken, brauchen wir weltweit einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien und einen wahren Technologiesprung bei der konventionellen Kraftwerkstechnologie. Recycling- und Abfallwirtschaftstechnologien: ebenfalls ein grüner Markt. Wir werden uns angesichts neuer Knappheiten wohl daran gewöhnen müssen, statt von „Abfällen“ künftig von „Bergwerken der Zukunft“ zu sprechen. Wir brauchen die effizientesten Verfahren, diese „Bergwerke“ optimal auszubeuten. Bedeutende Unternehmen dieser Branche haben ihren Sitz im Ruhrgebiet. Anrede Wahr ist leider, dass wir angesichts des ökologischen und ökonomischen Handlungsdrucks nur wenig Zeit haben. Wir brauchen „revolutionäre“ Technologiesprünge in industriellen Kernbereichen wie der Energieerzeugung und –verwendung, aber auch der Stoffnutzung, und zwar schnell. Die Wissenschaft gibt uns noch 10-15 Jahre, um nur die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abzuwenden. Anrede Die britische Außenministerin Margret Beckett hat es am vergangenen Dienstag so formuliert: „Es ist sinnlos, dass wir uns zusammensetzen FES Veranstaltung Essen Seite -8- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus und darüber reden, was wir in fünf oder zehn Jahren tun wollen. Dann ist es nämlich zu spät.“ Aber sie hat auch die enormen Chancen betont, die ein beherztes Handeln für unsere wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Europa, aber auch weltweit haben kann. Wir müssen jetzt handeln und den gegenwärtigen Wachstumsschub mit einer wirklichen „dritten industriellen Revolution“ verbinden. Und klar ist, dass „der Markt“ allein diese Herausforderungen nicht bewältigt. Wir brauchen dafür eine aktive Politik und eine industriepolitische Strategie. Wir brauchen dazu eine Ökologische Industriepolitik, die diesen Namen wirklich verdient. Diese Ökologische Industriepolitik muss gleich mehrere Dinge gleichzeitig leisten: • Sie muss unsere Wirtschaft fit für die Leitmärkte der Zukunft machen – auch indem sie strategische Zukunftsindustrien stärkt. • Sie muss Technologiesprünge antreiben und sie muss die Innovation auf den Markt pushen. • Sie muss die industrielle Struktur unserer Wirtschaft auf die knapper werdenden Ressourcen einstellen. Auch indem sie dazu beiträgt, die stoffliche Basis, auf der die Industrie fußt und auf der unser Wohlstand beruht, in wichtigen Bereichen auf nachwachsende Rohstoffe umzustellen. Anrede Wenn wir den neuen ökonomischen und ökologischen RahmenbedingunFES Veranstaltung Essen Seite -9- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus gen Rechnung tragen wollen, dann brauchen wir diese drei Dinge: Innovationen, die Wiederentdeckung der Idee des technischen Fortschrittes und eine ökologisch-industriepolitische Strategie als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es bleibt die Frage: Was bedeutet dieses Plädoyer für eine innovationsorientierte Umweltpolitik und das Bekenntnis zur Ökologischen Industriepolitik für Sie und mich konkret? Und für die soziale Marktwirtschaft in Deutschland? Lassen Sie mich einige Eckpunkte und Leitlinien nennen, die wir in unsere Debatten einbeziehen sollten und über die ich mit Ihnen gerne ins Gespräch kommen würde. 1. Wir brauchen einen Staat, der als Pionier vorangeht und der Wege in die Zukunft ebnet. Feststeht: der Staat und seine Umweltpolitik sind wichtige Innovationstreiber. Mit staatlicher Nachfrage, mit der Gestaltung des ordnungspolitischen Rahmens löst die Politik gezielt Innovationsanreize aus. Damit waren wir schon bisher erfolgreich und das hat zum weltweiten Erfolg der Umwelttechnik „made in Germany“ beigetragen. 2. Wir müssen heute im Inland die „Vorreitermärkte“ schaffen und stimulieren, damit Unternehmen in Deutschland fit und vorbereitet für die globalen Märkte von morgen sind. 3. Dazu brauchen wir einen ökologisch-industriellen FES Veranstaltung Essen Seite -10- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Regulierungsrahmen, der auch langfristigen Perspektiven zum Durchbruch verhilft und dafür sorgt, dass nicht nur kurzfristige Renditeerwartungen die unternehmerische Innovations- und Investitionsentscheidungen bestimmen. Anrede Wir wissen: Innovationsstrategien leiden in Deutschland immer noch darunter, dass sie finanziell, instrumentell und inhaltlich zerfasern. Immer noch dominiert in Deutschland die Ressortforschung. Die HightechStrategie der Bundesregierung ist ein großer Fortschritt, weil sie erstmals über alle Ressorts hinweg eine nationale Strategie formuliert und alle Politikbereiche, die Forschung und Entwicklung berühren, in den Blick nimmt. Aber übergreifende Fragestellungen brauchen übergreifende Antworten. Mit einem Industriekabinett würden wichtige Ressorts gezwungen, ihre Politiken interministeriell abzustimmen. Das verstärkt politische Impulse und ist die Voraussetzung einer konzertierten Strategie. Wenn es richtig ist, dass Umweltpolitik heutzutage Wirtschaftspolitik ist und forschungspolitische, infrastrukturpolitische, sozial- und außenpolitische Bezüge ebenso umfasst, dann gilt das natürlich umgekehrt auch: Dass diese Ressorts in der gemeinsamen Verantwortung stehen, an der Ökologischen Industriepolitik mitwirken zu müssen. Ein solcher industriepolitischer Ansatz ist für mich zugleich eine erfolgversprechende Grundlage für die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft in Deutschland. FES Veranstaltung Essen Seite -11- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus Die Politik in Deutschland steht in der Verantwortung. Aber die ökologisch-industriepolitische Kraftanstrengung, die vor uns steht, ist nicht allein eine staatliche Veranstaltung. Wir brauchen ein breites politisches Bündnis. Staat, Wirtschaft, Gesellschaft müssen zum Gelingen beitragen. Wir brauchen einen „New Deal“ von Wirtschaft, Umwelt und Beschäftigung, um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands in globalisierten Kapitalismus zu sichern. Wichtiger ist zur Erreichung dieses Zieles der Dialog aller Beteiligten. Gerade für neue Beschäftigung brauchen wir das Gespräch und den „New Deal“. Wir hatten neulich eine gemeinsame Tagung mit der IG Metall und mit über 200 Betriebsräten. Da wurde deutlich, dass die Steigerung der Ressourcenproduktivität für die Wettbewerbsfähigkeit inzwischen eigentlich die wichtigere Stellschraube ist als die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Ich halte diese Erkenntnis auch für die Debatte über die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft für wesentlich. Wenn in Deutschland heute darüber diskutiert wird, dass Menschen von der gesellschaftlichen Entwicklung abgekoppelt sind und zwar in einer so relevanten Größenordnung, dass schon von einem neuen “Prekariat“ gesprochen wird, dann ist das alarmierend. Ich will hier keine einfachen Antworten geben auf ein so vielschichtiges und komplexes Phänomen. Und es greift zu kurz, Arbeitslosigkeit als Ursache und Begründung heranzuziehen. Aber eines liegt doch auf der Hand: Ohne neue Beschäftigung und neuen Wohlstand werden wir weder unsere ökonomischen noch ökologischen noch sozialen Probleme nicht lösen FES Veranstaltung Essen Seite -12- Sigmar Gabriel Titel: Soziale Marktwirtschaft im Globalisierten Kapitalismus können. Eine innovationsorientierte Umweltpolitik und die Ökologische Industriepolitik sind nicht zuletzt deshalb auch ein Beitrag zu sozialer Kohäsion in Deutschland. Denn sie tragen dazu bei, dass sich die Bundesrepublik und das was Deutschland in der Vergangenheit stark gemacht hat, nämlich die soziale Marktwirtschaft in der globalisierten Welt behaupten kann. Ich danke Ihnen FES Veranstaltung Essen Seite -13-