Aus einem Praktikumsbericht: Japanischunterricht an der VHS Dresden unter besonderer Berücksichtigung der Schwierigkeiten beim Lernen der japanischen Sprache für deutsche Muttersprachler. Die Schwierigkeit und Wichtigkeit der Beherrschung der Schrift. Obwohl die fremdartige Schrift die meisten Schüler anzieht, ist es dennoch mit Mühe verbunden die Schrift kennenzulernen und in kurzer Zeit zu beherrschen. Das Beherrschen der Schrift ist unbedingt notwendig für den weiteren Lernerfolg, denn die Schrift hat eine große Bedeutung sowohl für die Sprache als auch für die japanische Kultur an sich. Es gibt im Japanischen drei verschiedene Schriftarten. Am Anfang lernt man die so genannte Hiragana, und dann die Katakana, die alleine keine Bedeutungen besitzen, kennen. In beiden existieren 46 Zeichen, denen eine entsprechende Silbe zugeordnet wird. Darüber hinaus werden Kanjizeichen verwendet, die immer eine oder mehrere Bedeutungen haben und sobald ein Strich verkehrt gesetzt wird, entsteht eine andere Bedeutung. Von diesen existieren weit mehr als 3000, was die Lernenden zu Anfang überfordert. Im Japanischen werden mindestens 2 von diesen 3 Zeichensystemen miteinander kombiniert und es gibt viele Möglichkeiten die Zeichen zu kombinieren. Dies eben macht es für Lernende schwierig oder möglicherweise interessant. D.h., wenn man erst alle Hiragana und Katakana beherrscht hat, bedeutet dies noch lange nicht, dass man einen Text vollständig lesen kann, denn man hat in dieser Phase noch kein einziges Kanji gelernt. Originale japanische Texte kann man erst lesen und verstehen, wenn man eine fundierte Anzahl an Kanji beherrscht. Dadurch ist es nicht möglich zusätzlich zum normalen Unterricht unterstützend die Sprache durch Lesen von Büchern, Zeitungen oder ähnlichem zu festigen oder als Einstieg und Motivation einen einheimischen attraktiven Text die Schülern lesen zu lassen. Im Text stehen meistens für Schüler viel zu viele Kanji, die sie gar nicht gelernt haben. Somit besteht die Gefahr, dass die Motivation schwindet. Sie können nicht einmal die Sätze einfach aussprechen ohne dabei die Bedeutung zu verstehen, was für Deutschlernende im Anfangsstadium möglich ist. Im Japanischen wird der entgegengesetzte Weg beschritten, d.h. man lernt zuerst die Bedeutung, wenn man ein Kanjizeichen sieht, quasi wie das Zeichen entstanden ist (manchmal greifen sie bestimmte Formen der Natur auf und sehen diesen ähnlich), was für eine Bedeutung es besitzt usw. und dann die Aussprache. Somit entsteht eine völlig andere Lernweise bzw, ­schritte als bei einer europäischen Sprache, die die Schüler vielleicht gewohnt sind. ... Die Schwierigkeiten aus sprachlicher Sicht. Wie gesagt, kann man die japanische Sprache ohne die von der Kultur geprägten Eigenschaften nicht erlernen. Gleichgültig, was man lernt, erscheinen ganz andere Disziplinen in der Sprache im Vergleich zum Deutschen. Wenn man dies nun aus grammatikalischer Sicht betrachtet, kommen viele verschiedene Aspekte zur Geltung wie z.B. die umgekehrte Bedeutungsstruktur in Sätzen. D.h. was man im Deutschen ganz vorne anstellen würde steht im Japanischen normalerweise am Ende des Satzes. Denn im Japanischen wird beispielsweise das Verb immer ans Ende gesetzt. Japanisch ist außerdem meiner Meinung nach eine Sprache, die einen höheren Kontextbezug verlangt als das Deutsche und somit ist diese Sprache weniger konkret. Man kann viele Wörter anders deuten und dies ist für 1 die „sachlichen“ Deutschen etwas gewöhnungsbedürftig. Ich hatte das Gefühl, dass die Lernenden mit wenig konkreten Sätzen bzw. die dadurch entstehende „mangelhafte“ Information über eine Sache verwirrt werden. Es scheint schwierig zu sein, dass durch die Sätze sprachlich weniger Informationen übertragen werden können und sollen. Denn im Deutschen wird dabei auf die korrekte Person und verschiedenste Zeitformen Rücksicht genommen während im Japanischen die Angabe von Personen komplett eingespart wird. Im Japanischen hingegen gibt es unterschiedliche Verbformen, die unterschiedliche Grade an Höflichkeiten differenzieren und weit weniger Zeitformen. ... Außerdem ist im Japanischen der Höflichkeitskodex sogar in einer Aussage vorhanden. Man möchte also eine Information sagen über sich selbst oder eine Erzählung über eine dritte Person geben, somit entstehen zwei verschiedenen Formen, mit deren Hilfe der Sachverhalt ausgedrückt werden kann und das unterscheidet sich bezüglich des Sprachpartners. Sollte der Sprachpartner älter, fremd, oder eine Respektsperson sein, wird man gezwungen, sich höflich zu äußern. Man legt sozusagen Wert auf den Höflichkeitskodex, was für Deutsche fremd ist. Man kann jedoch behaupten, dass der größte Unterschied aufgrund der wenigen Gemeinsamkeiten (Verwandtschaft der Sprache) zwischen Japanisch und Deutsch nicht nur die Sprache selbst ist, sondern auch der Gebrauch der Sprache. Es sind Sätze ohne Subjekt, ja sogar ohne Objekt nicht nur möglich, sondern wohl auch üblich. Dies alles setzt eine erhebliche Vorkenntnis über die Person, oder den Vorgang des Gespräches voraus. Daher wird auch ein Gespräch zwischen zwei bislang unbekannten Personen, die auch noch höflich zueinander sein wollen, verkompliziert. Andererseits darf ein Gespräch zwischen Freunden und guten Bekannten oder in der Familie sehr kompakt und einfach gestaltet sein. Das gehört allerdings zu großen Teilen in den Bereich der interkulturellen Aspekte, was wiederum für die Lernenden des Japanischen nicht schwer sondern umso mehr reizvoll an dem „anderen“ ist. Interkultureller Vergleich zwischen der deutschen und japanischen Sprache. Wie man aus grammatikalischer Sicht herleiten kann, ist Japanisch für die Lernenden fremd, was auch aus interkultureller Sicht erläutert werden kann. Wenn man sprachlich und interkulturell zusammenhängend die Sprache betrachtet, kann man einige Merkmale im Vergleich zu Deutsch in einer Tabelle darstellen, somit entsteht im Unterricht ein notwendiger Sichtwechsel. Deutsch Direkte Frage und Antworten Japanisch Indirekte Fragen und Antworten (bei Unbekannten niemals „Nein“ sagen usw.) Konkret, schwacher Kontextbezug. Abhängig von den Wenig Konkret. Hoher Kontextbezug, einzelnen Information. Hintergrundwissen fordernd. (Kontextbezug sprachlicher ßußerungen, nach Hall 1984) Subjekt unbedingt angeben. Subjekt und Objekt kann bzw. soll weggelassen werden. Individuell. Gruppenzugehörigkeit spiegelt sich in der Sprache wieder. Kare wa Bosch no hito desu. (Er ist jemand von der Firma Bosch) Dabei ist es nicht wichtig was 2 Deutsch Japanisch er tatsächlich macht, sondern zu welcher Firma er gehört. Häufiger Ironie in der Sprache. Fast keine Ironie. Wenn es vorhanden, wird falsch verstanden und könnte zu einer Beleidigung führen. Begrenzte Höflichkeitsformen (Bsp. Duzten bzw. Siezen). Starke Hierarchierolle­Aufteilung in der Kommunikation. (Auch die Aussage über sich selbst oder dritte Personen muss höflich sein usw.) Ansprachen, du oder sie. Personalpronomen als Subjekt Mit dem Namen ansprechen. Weniger Gebrauch von Personalpronomen. Begrenzte Möglichkeiten für ein Wort; Bsp. Bruder, Schwester . Mehrere Möglichkeiten für ein bestimmtes Wort. Bsp. Bruder,(Ani, Oniisan, Otouto...) Der Ausgangspunkt ist wichtig. Für sich selbst und für andere benutzt man völlig andere Worte. Redeverhalten. Wenn man genau zuhört, dann ist man still und schaut dem Gegenüber in die Augen. Während das Gespräch durchgeführt wird, muss der Hörer immer wieder ein Zeichen so wie „ja ja“ oder durch Nicken wiedergeben, damit der Sprecher weiß, dass die Aufmerksamkeit ihm gehört. In manchen Situationen ist das für Deutsche ungewöhnlich, oder es könnte in der Kommunikation im Deutschen ein bisschen unhöflich wirken, wenn der Hörer ständig dazwischen redet oder bloß ständig nicken würde. Ironie, deutsche Witze durch direkte Aussagen. (Gegensatz von dem sagen, was man meint?) Fast keine Ironie, Die deutsche Ironie wird so in der Form im Japanischen nicht verstanden. Man neigt in Deutschland eher dazu, in der Kommunikation z.B. direkt „Nein“ zu sagen.. Das ist meiner Meinung nach auch eine der auffallendsten Eigenschaften in Deutschland da die Menschen hier im Vergleich zu anderen Ländern sehr direkt sind. Es ist schwierig dies abzubauen. Am Anfang spricht man nicht in der Denkweise einer Fremdsprache, sondern denkt von der Muttersprache ausgehend und übersetzt in die Fremdsprache. Die Denkweise der Muttersprache steht im Prozess der Kommunikation an erster Stelle. Dabei spielt der Charakter der eigenen Muttersprache eine große Rolle. Das ist für die japanischen Deutschlernenden umgekehrt auch zutreffend. Sollte die Muttersprache von der lernenden Fremdsprache so stark ausweichend (sowohl sprachlich als auch interkulturell) sein, entstehen damit große Schwierigkeiten trotz des großen Willens die Sprache gleich nachzuvollziehen, bzw. dies in der Praxis sofort anzuwenden. 3