III. Integralrechnung : Bestimmtes (Riemannsches) Integral / Integral als Grenzwert einer Summe : Bedeutung: Fläche unter einer Funktion innerhalb bestimmter Grenzen y=f(x) yn y0 x0 x1 (=a) x2 Δx xn (=b) Berechnung der Fläche A unter der Funktion f(x) zwischen den Grenzen a und b. Die Fläche kann durch eine Summe von Rechtecken approximiert werden. Dazu wird das Intervall [a,b] in n gleiche Subintervalle unterteilt: x0=a, x1,x2,.........xn=b Der Abstand zwischen zwei x-Werten ist: xi − xi −1 = b−a = Δx n (i = 1,2,......,n) Die dazugehörigen Funktionswerte sind: y0, y1,y2,...........,yn Die Fläche A kann approximiert werden durch eine Summe von Rechtecken oberhalb der Kurve f(x) und eine Summe von Rechtecken unterhalb der Kurve f(x). Oberhalb f(x): Au = y1Δx + y2Δx + ......... + ynΔx Unterhalb f(x): Ao = y0Δx + y1Δx + ......... + yn-1Δx Au ≤ A ≤ Ao Der Fehler der Anpassung ist: Ao – Au = yo.Δx - yn.Δx = (f(a)-f(b)).Δx Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner Der Fehler entspricht der Gesamtfläche der ausgefüllten Rechtecke in obiger Abbildung. Wird die Unterteilung nun sukzessive verfeinert, dann wird diese Fläche ebenfalls sukzessive kleiner. Für n → ∝ geht Δx → 0, daher konvergieren die Flächen Au und Ao gegen A. lim Au = lim Ao = A n →∞ n →∞ Die Schreibweise für diesen Grenzwert ist das Integralzeichen in der Form: b A = ∫ f ( x)dx = lim Δx →0 a n ∑ f ( x )Δx i =1 i Wie hängen Differentiation und Integration zusammen ? h ΔF F(x) a x x+h Die obere Grenze b wird durch die Variable x ersetzt. Die Abszisse nimmt beliebige Werte im Definitionsbereich von y=f(x) an. Sei Aax die Fläche unterhalb der Kurve f(x) im Intervall [a,x]. Für x = a ist das Intervall auf einen Punkt reduziert und die dazugehörige Fläche Aax= Aaa = 0. Ist x ungleich a, dann ist auch die Fläche ungleich 0. Die Fläche Aax hängt von x ab, sie wird deshalb als Flächenfunktion von x bezeichnet. Aax = F(x) Differenziere F(x) nach x: sei Aax+Δx=F(x+Δx) ΔF = F(x+Δx) - F(x) Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner ΔF kann durch eine Rechteckfläche angenähert werden (schraffiert in Abbildung). Betrachten wir dazu zwei Rechteckflächen, eine mit den Seite Δx und f(x), die andere mit den Seiten Δx und f(x+Δx ). Nachdem f(x) monoton steigend ist, gilt: Δx f(x) < ΔF < Δx f(x+Δx), Die Änderungsrate ΔF/Δx ist daher f(x) < ΔF/Δx < f(x+Δx), Nachdem f(x) stetig ist, konvergiert f(x+Δx) gegen f(x) mit Δx → 0. Der Grenzwert des Differenzenquotienten ΔF/Δx, die Ableitung dF/dx = F´ existiert daher, und dF = F ′( x) = f ( x) dx Die Ableitung der Flächenfunktion F(x) ist die gegebene Funktion f(x), bzw. anders herum: die Flächenfunktion F(x) ist das bestimmte Integral von f(x). Durch die Festlegung der Grenzen wird die Flächenfunktion vom unbestimmten Integral zum bestimmten Integral. Bemerkung: Von einer Funktion g(x) gibt es unendlich viele Stammfunktionen G(x)+c, ∫ g ( x)dx = G( x) + c , mit G(x) dem unbestimmten Integral (antiderivative) und der „Integrationskonstanten c“, weil c ∈ R beliebige Werte annehmen kann. Erst durch die Randbedingungen wird c fixiert und die Lösung auf eine, oder wenige Stammfunktionen eingeschränkt. Wie wird die Konstante c bestimmt? Sei I(x) ein beliebiges unbestimmtes Integral von f(x), so unterscheidet sich F(x) von I(x) nur durch eine bestimmte Konstante c: F(x) = I(x) +c Für den bestimmten Wert x = a erhalten wir: F(a) = I(a) + c = 0, und c = -I(a), daher ist F(x) = I(x) - I(a). Im Intervall [a,b] wird durch Ersetzen der oberen Grenze x durch b: F(b) = Aab = I(b)-I(a). b Schreibweise: F(b) = ∫ f(x)dx = I(b)-I(a) , a a = untere Grenze; b = obere Grenze f(x) Integrand x Integrationsvariable a, b Integrationsgrenzen Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner b ∫ b f ( x)dx = F ( x) | = F( b ) − F( a ) a a F (x) …Integral Die Differentiation der Stammfunktion F(x) ergibt f(x). Differentiation und Integration sind inverse Operationen. Hauptsatz der Integralrechnung: x d f (t )dt = f ( x), oder dx ∫a x ∫ F ′(t )dt = F ( x) a Bemerkung: Mitunter findet man auch folgende Schreibweise: x ∫ f ( x)dx = F ( x) − F (a) a x übernimmt hier eine Doppelrolle als 1) Integrationsvariable und als 2) obere Grenze. Diese Schreibweise ist verwirrend und sollte daher unterbleiben, für die obere Grenze und Integrationsvariable sollten verschiedene Buchstaben verwendet werden, wie etwa: x ∫ x f (t )dt = F (t ) | = F ( x) − F (a ) a a Unbestimmtes Integral: ∫ f ( x)dx = F ( x) + C hat keine Integrationsgrenzen C Integrationskonstante; kann jeden beliebigen Wert (auch 0) annehmen. Kann für ein spezifisches Problem berechnet werden (siehe Anfangs- bzw. Randbedingungen bei Differentialgleichungen) Rechenregeln: b ∫ a c ∫ a a f ( x)dx = − ∫ f ( x)dx b b c a b f ( x)dx = ∫ f ( x)dx + ∫ f ( x)dx Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner b b b a a a ∫ f ( x)dx + g ( x)dx = ∫ f ( x)dx + ∫ g ( x)dx ∫ dx = x +c (c kommt überall vor, wird aber bei den nachstehenden Regeln weggelassen) ∫ kf ( x)dx = k ∫ f ( x)dx n ∫ x dx = ∫ x n +1 +C n +1 dx = lnx + C x x ∫ a dx = ax +C lna x ∫ e dx = ex = ex + C l{ ne 1 ∫ cos xdx = sin x + C ∫ sin xdx = − cos x + C ∫ tan x dx = −ln cos x + C ∫ cot x dx = ln sin x + C Achtung: nicht jedes Integral kann auf eindeutige Weise gelöst werden. Integrationsmethoden (a) Integration durch Substitution z.B. ∫ sin( ax + b)dx Setzen: t = ax + b = dt =a dx dx 1 dt = → dx = dt a a Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner 1 1 1 ∫ sin t a dt = a ∫ sin t dt = − a cos t +c (b) Partielle Integration ∫ f ′( x) g ( x) dx = z.B. f ( x) g ( x) − ∫ f ( x) g ′( x) dx (Differentiation eines Produktes) ∫ x cos x dx setzen: f(x) = x, g´(x) = cos x f’(x) =1, g(x) = sin x ∫ x cos xdx = x sin x − ∫1 sin x dx = x sin x + cos x(+c) Es gibt noch eine Reihe weiterer Integrationsmethoden und Tabellen (wenn keine „geschlossene“ Lösung möglich: numerische Integration und Näherungsmethoden) Wenn innere Ableitung bei Integration → Division! (Differentiation : Multiplikation) z.B. e kx (+ c) k kx ∫ e dx = 3 Beispiele: 3 2 2 ∫ 4 x dx = 4∫ x dx = 4 0 0 + π 2 x3 3 + 3 0 = 4 (27 − 0) = 36 3 π 2 π ) − sin( −π = 1 − (−1) = 2 ∫π cos xdx = sin x |π = sin( {2 1232 − Mathematische Übungen − 2 2 1 Kap.2 8/8 ( −1 Hofmann / Lettner Uneigentliche Integrale Sind Integrale, bei denen eine oder beide Integrationsgrenzen keine festen Zahlen sind, sondern plus oder minus unendlich sind. b Falls der Grenzwert lim ∫ f ( x)dx existiert, so ist b→∞ a ∞ ∫ a b f ( x)dx = lim ∫ f ( x)dx b →∞ b b ∫ Analog: f ( x)dx = lim a → −∞ −∞ ∞ ∫ a ∫ f ( x)dx a c f ( x)dx = lim a → −∞ −∞ ∫ a b f ( x)dx + lim ∫ f ( x)dx b →∞ c Für ein beliebiges c ∈ R, vorausgesetzt, die hier vorkommenden Grenzwerte existieren. Wenn die Funktion f(x) an einer der Integrationsgrenzen a oder b nicht definiert ist, dann kann die Funktion wie folgt erweitert werden. Für x = a ist F(x) nicht definiert: b b ∫ f ( x)dx = δlim ∫δ f ( x)dx →0 a a+ vorausgesetzt, dass der Grenzwert auf der rechten Seite der Gleichung existiert. Analog für den Fall, daß F(x) für den Wert x = b nicht definiert ist, das Integral b −δ b ∫ f ( x )dx = lim δ →0 a ∫ f ( x)dx , a wenn der Grenzwert auf der rechten Seite der Gleichung existiert. Bsp: 1 1 ∫ ln( x)dx = lim ∫ ln( x)dx δ →0 0 δ 1 ⎞ ⎛ = lim⎜ ( x ⋅ ln x − x) | ⎟ δ → 0⎝ δ⎠ 0 = lim(− 1 − δ ⋅ ln(δ ) + δ ) = −1 δ →0 Zu zeigen ist noch, dass δ.ln(δ) = 0 ist, in geeigneter Weise unter Verwendung der Regeln von de l’Hospital: lim⋅ δ ⋅ ln(δ ) = 0 δ →0 Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner Nach Umformung: ln(δ ) δ →0 1 lim⋅ δ ⋅ ln(δ ) = lim δ →0 δ 1 lim δ →0 f (δ ) f ′(δ ) = lim = δ = −δ = 0 1 g (δ ) δ →0 g ′(δ ) − 2 δ Mathematische Übungen Kap.2 8/8 Hofmann / Lettner