Kapitel 1. Grundlagen 1.1 Das Rechnen mit Zahlen Wir gehen in dieser Vorlesung mit folgenden Zahlbereichen um: N: natürliche Zahlen 1, 2, 3, 4, 5, . . . Z: ganze Zahlen . . . , −3, −2, −1, 0, 1, 2, 3, . . . Q: rationale Zahlen: das sind die Zahlen, die man als Quotient pq zweier ganzer Zahlen p und q schreiben kann. √ Es gibt auch nicht rationale (irrationale) Zahlen, z.B. 2 oder π. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 1 R: reelle Zahlen: rationale und irrationale Zahlen. Wenn wir uns auf die positiven (negativen) Zahlen beschränken wollen, setzen wir ein hochgestelltes + (−) Zeichen hinter unser Symbol, also Z+, Q+ und R+ sowie Z−, Q− und R−. Beachte Z+ = N. Wenn wir in unsere Zahlbereiche auch noch die 0 einschließen wollen, schreiben wir eine tiefergestellte 0 hinter unser Symbol, also bezeichnet z.B. N0 die Zahlen 0, 1, 2, 3, . . .. Diese Menge bezeichnet man auch als die Menge der nicht negativen ganzen Zahlen! Potenzen Wir schreiben für das n-fache Produkt von a auch an: a · a · a · · · a = an. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 2 a Basis, n Exponent oder Potenz. Für das Rechnen mit Potenzen gelten Rechenregeln, die wir aus der Schule als bekannt voraussetzen. Der Ausdruck 00 ist nicht definiert. √ n b heißt die n-te Wurzel von b. Wir setzen hier b ≥ 0 voraus sowie Die Zahl √ n b ≥ 0. Die n-te Wurzel aus b ist diejenige nichtnegative Zahl x mit xn = b. Wenn wir Ausdrücke der Form xy betrachten, dann können wir entweder x als feste Größe und y als die Variable, oder umgekehrt x als Variable und y als fest betrachten. Im ersten Fall sprechen wir von Exponentialfunktionen, im zweiten Fall von Potenzfunktionen. Exponentialfunktionen Man macht sich das Verhalten der Exponentialfunktion am Besten an den zugehörigen Funktionsgraphen klar. Wir zeigen Ihnen hier einige Beispiele ax mit Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 3 a > 1 sowie 0 < a < 1. Beachten Sie den Unterschied: Ist a > 1, so ist die Funktion wachsend, ist 0 < a < 1, so ist sie fallend. Es gilt stets a0 = 1, d.h. die Funktionsgraphen von ax gehen stets durch den Punkt x = 0, y = 1, unabhängig davon, wie a gewählt ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 4 Einige Exponentialfunktionen a^x mit a>1 25 20 3^x 15 10 5 2^x 1.1^x –3 –2 –1 0 1 2 3 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 5 Hier müssen wir etwas aufpassen. Der Graph der Funktion 1.1x sieht sehr flach aus. Dem ist aber nicht so, wenn wir x groß wählen. Dann zeigt auch der Graph von 1.1x exponentielles Wachstum: 1.1^x 100 80 60 40 20 –10 10 20 30 40 50 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 6 Einige Exponentialfunktionen a^x mit a<1 25 20 0.2^x 15 10 5 0.5^x 0.9^x –2 –1.5 –1 –0.5 0 0.5 1 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 7 Beispiel 1.1 Im Jahre 1990 wurde das BSP Chinas auf 1.2 · 1012 US-Dollar geschätzt und die Wachstumsrate auf 9% jährlich. Das BSP für die USA wurde mit 5.6 · 1012 US-Dollar und einer Wachstumsrate von 2% angegeben. Das folgende Bild skizziert den Verlauf des BSP (auf der y-Achse) im zeitlichen Verlauf (rot: China; blau: USA). Die Funktionen, die hier aufgetragen wurden sind BSPCHINA(t) = 1.2 · 1012 · 1.09t BSPUSA(t) = 5.6 · 1012 · 1.02t Man erkennt, dass nach etwa 23 Jahren China die USA eingeholt haben wird. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 8 1.6e+13 1.4e+13 1.2e+13 1e+13 8e+12 6e+12 4e+12 2e+12 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 0 5 10 15 x 20 25 30 9 Potenzfunktionen Wir kommen nun zu Potenzfunktionen. Wir beginnen mit einigen Beispielen xn mit n ∈ N. Beachten Sie dabei bitte, dass die x-Achse (manchmal auch Abszisse genannt) und die y-Achse (Ordinate) nicht denselben Maßstab haben! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 10 Einige Potenzfunktionen x^n x^4 15 10 5 x^2 –2 –1 0 1 2 x x^1 –5 x^3 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 11 Wenn wir Potenzfunktionen xn betrachten mit n ∈ Z, n < 0, so sehen die Funktionsgraphen etwas anders aus. Wir beschränken uns hierbei auf den Bereich x > 0: Einige Potenzfunktionen x^n, n<0 120 x^(–4) 100 80 x^(–3) 60 40 x^(–2) 20 x^(–1) 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 12 Hier sind einige Funktionsgraphen von Potenzfunktionen mit rationalen Exponenten. √ Wir müssen uns auf den Fall x > 0 beschränken, weil z.B. Ausdrücke wie −11/2 = −1 gar nicht erklärt sind. Alle Graphen von Potenzfunktionen xn gehen durch den Punkt x = 1 und y = 1, weil stets 1n = 1 gilt. Beachten Sie: p q x−s Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 x 1 = s x = √ q p x 13 Einige Potenzfunktionen x^n 4 3 x^2 2 x^(–1/2) x^(–1/5) 1 x^(1/5) x^(1/2) 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 14 Logarithmus Die Umkehrung des Potenzierens ist das Logarithmieren. Gilt ax = b, a, b > 0, a 6= 1, so heißt x der Logarithmus von b zur Basis a. Bezeichnung: x = loga(b). Manchmal lassen wir die Angabe der Basis auch weg. Ist die Basis 10, sprechen wir vom dekadischen Logarithmus. Ist a die Eulersche Zahl e ≈ 2, 7182 . . ., heißt der Logarithmus natürlich. Der natürliche Logarithmus wird meistens mit ln bezeichnet, der dekadische Logarithmus mit lg. Wir halten noch einmal explizit fest: aloga(b) = b Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 15 Für das Logarithmieren gelten Rechenregeln, die wir aus der Schule als bekannt voraussetzen. Für die konkrete Berechnung von Logarithmen benötigt man eigentlich nur die Kenntnis der Logarithmen zu einer bestimmten Basis: logc(b) loga(b) = . logc(a) Üblicherweise haben Studierende mit dem Logarithmieren etwas mehr Schwierigkeiten als mit den anderen Rechenregeln. Ähnlich wie im Fall von Exponential- und Potenzfunktionen zeigen wir Ihnen hier die Funktionsgraphen einiger Logarithmusfunktionen. Man beachte, dass loga(x) nur für a, x > 0 sowie a 6= 1 definiert sind. Es fällt auf: loga(1) = 0. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 16 Einige Logarithmusfunktionen 2 log_0.5(x) log_1.5(x) 1 log_3(x) log_0.2(x) 0 0.2 0.4 0.6 0.8 1 1.2 1.4 1.6 1.8 2 x –1 –2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 17 Beispiel 1.2 Wir kommen noch einmal zu dem Beispiel 1.1 zurück. Um den Zeitpunkt t zu finden, an dem BSPCHINA(t) = BSPUSA(t) gilt, müssen wir 1.2 · 1012 · (1.09)t = 5.6 · 1012 · (1.02)t lösen, also Das liefert 1.09 1.02 t = 5.6 ≈ 4.667. 1.2 t ≈ log1.069(4.667) ≈ 23. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 18 1.2 Gleichungen Ein zentrales Thema der Algebra ist das Lösen von Gleichungen. Ganz einfach ist dies für sogenannte lineare Gleichungen a·x=b Wenn hier a 6= 0 ist, können wir beide Seiten der Gleichung durch a dividieren und erhalten als Lösung x = ab . Die positive Lösung einer Potenzgleichung der Form xa = b, b > 0 √ √ 1 a ist x = b = b a . Beachte: Der Ausdruck a b ist vereinbarungsgemäß immer positiv. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 19 Man beachte den Unterschied zur Exponentialgleichung ax = b, a, b > 0, a 6= 1 Die Lösung der Exponentialgleichung ist x = loga(b). Die Lösungen von quadratischen Gleichungen der Form ax2 + bx + c = 0, a 6= 0 sollten aus der Schule bekannt sein. Die Lösungen für a 6= 0 sind √ −b ± b2 − 4ac x± = . 2a Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 20 Machen wir uns noch einmal klar, wie man auf diese Lösung kommt. Wir setzen a 6= 0 voraus: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 21 ax2 + bx + c = 0 c b x + x=− a a 2 2 b b b c x2 + x + =− + a 2a a 2a 2 b2 c b =− + 2 x+ 2a a 4a √ b2 − 4ac b =± x+ 2a 2a √ −b ± b2 − 4ac . x± = 2a 2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 22 Weil es keine Wurzeln aus negativen Zahlen gibt, kann es passieren, dass eine quadratische Gleichung keine oder nur eine oder zwei Lösungen hat: • Ist b2 − 4ac > 0, so gibt es zwei Lösungen. • Ist b2 − 4ac = 0, so gibt es eine Lösung. • Ist b2 − 4ac < 0, so gibt es keine Lösungen. Beachten Sie, dass sich die Lösungsformel vereinfacht, wenn a = 1 ist. Wir erhalten dann als Lösung der Gleichung x2 + px + q = 0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 23 die sogenannte p-q-Formel: p −p ± p2 − 4q x± = 2 Beispiel 1.3 Finde alle x mit √ x + 2 = 4 − x. (1.1) Wir quadrieren beide Seiten und erhalten so (x + 2)2 = 4 − x. also, weil (x + 2)2 = x2 + 4x + 4, x2 + 4x + 4 = 4 − x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 24 oder x2 + 5x = 0 x(5 + x) = 0. Das geht nur für x = 0 oder x = −5. Wir müssen jetzt aber aufpassen! Durch das Quadrieren der Gleichung haben wir vielleicht unerwünschte neue Lösungen erhalten. Beispiel: x = −3, Quadrieren liefert x2 = 9, als Lösungen also x = ±3, aber x = 3 war keine Lösung der ursprünglichen Gleichung! Wir müssen also, wenn wir beim Lösen von Gleichungen quadrieren, mit den erhaltenen Lösungen immer eine Probe machen, d.h. in die ursprüngliche Gleichung einsetzen. Wir machen √ also die Probe: Setzen wir 0 in die Gleichung (1.1) √ ein, so erhalten wir 2 = 4, richtig. Beim Einsetzen von −5 ergibt sich −3 = 9, was falsch ist, da die Wurzel stets positiv ist! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 25 Ungleichungen Wir schreiben a < b falls a echt kleiner als b ist, also insbesondere a 6= b. Wenn wir den Fall a = b auch zulassen wollen, schreiben wir a ≤ b. Wenn wir a < b < c schreiben meinen wir a < b und b < c (und damit natürlich auch a < c). Sinnlos ist ein Ausdruck der Form a < b > c!! In den beiden folgenden Tabellen sind die wesentlichen Regeln für das Rechnen mit Ungleichungen zusammengefasst: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 26 [SU1] Aus a < b und b < c folgt a < c. [SU2] Aus a < b folgt a + c < b + c. [SU3] Aus a < b und c < d folgt a + c < b + d. [SU4] Aus a < b und c > 0 folgt ac < bc. [SU5] Aus a < b folgt −a > −b. [SU6] [SU7] [SU8] [SU9] Aus a < b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd. 1 1 Aus 0 < a < b folgt > . a b 1 1 Aus a < 0 < b folgt < . a b Aus 0 < a < b folgt a2 < b2. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 27 [U1] [U2] [U3] [U4] [U5] [U6] [U7] [U8] [U9] [U10] [U11] Aus a ≤ b und b < c folgt a < c. Aus a ≤ b und b ≤ c folgt a ≤ c. Aus a ≤ b folgt a + c ≤ b + c. Aus a ≤ b und c < d folgt a + c < b + d. Aus a ≤ b und c ≤ d folgt a + c ≤ b + d. Aus a ≤ b und c > 0 folgt ac ≤ bc. Aus a ≤ b folgt −a ≥ −b. Aus a ≤ b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd. Aus a ≤ b, b > 0 und 0 < c ≤ d folgt ac ≤ bd. 1 1 Aus 0 < a ≤ b folgt ≥ . a b Aus 0 < a ≤ b folgt a2 ≤ b2. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 28 Lernen Sie diese Regeln bitte nicht stur auswendig! Der Umgang mit Ungleichungen ist weitgehend selbsterklärend, wenn man nur beachtet, dass sich das Ungleichungszeichen “umdreht” wenn man mit einer negativen Zahl multipliziert (siehe [SU5] und [U7] sowie [SU8]). Es sei auch noch einmal auf [SU6] hingewiesen: Aus a < b, b > 0 und 0 < c < d folgt ac < bd Diese Aussage ist falsch für b ≤ 0: Setze a = −2, b = −1, c = 1, d = 3: Dann ist ac = −2 nicht kleiner als bd = −3. Der Absolutbetrag Sei a eine reelle Zahl. Manchmal interessiert man sich nur für den Abstand von a zur 0, gleichgültig, ob a positiv oder negativ ist. Diesen Abstand nennt man Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 29 den Betrag von a: |a| := Beachte: −a > 0 falls a < 0. ( a falls a ≥ 0 −a falls a < 0. √ 2 Beispiel 1.4 | − 4| = 4, |4| = 4, |0| = 0, x2 = |x| Wir erhalten die beiden folgenden einfachen Regeln | − a| = |a| |a · b| = |a| · |b|. Von großer Bedeutung ist die Dreiecksungleichung |a + b| ≤ |a| + |b| Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 30 Beispiel 1.5 • |3 + (−5)| = 2 ≤ |3| + | − 5| = 8 • | − 2 − 6| = 8 ≤ | − 2| + | − 6| = 8 (hier haben wir Gleichheit in der Dreiecksungleichung). Beispiel 1.6 Bestimme die Lösungsmenge der Ungleichung 21 + x + 1 < 5. 2x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 (1.2) 31 Wir formen diese Ungleichung um: 21 + x < 4. 2x Nun müssen wir aufpassen und zwei Fälle unterscheiden: Fall 1: x > 0 21 + x < 8x 21 < 7x x > 3 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 32 Fall 2: x < 0 21 + x > 8x (weil x negativ ist!) 21 > 7x 3 > x Wir können jetzt aber nicht sagen, die Lösungsmenge besteht aus allen x mit x < 3, weil wir die Ungleichung x < 3 ja nur unter der Voraussetzung x < 0 erhalten haben. Die Lösungsmenge besteht in diesem Fall also aus allen x < 0. Beachte, dass der Fall x = 0 nicht auftreten kann. Wir erhalten: Die Ungleichung (1.2) ist für alle x mit x < 0 sowie für alle x mit x > 3 gültig. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 33 Beispiel 1.7 Bestimme die Lösungsmenge der Ungleichung x−2 x+1 < x−1 x+2 (1.3) Wir multiplizieren beide Seiten mit (x − 1)(x + 2), um die Brüche zu beseitigen. Wir können das aber nur dann sorglos tun, wenn dieser Ausdruck positiv ist. Das ist der Fall für x > 1 sowie für x < −2. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 34 Fall 1: x > 1 oder x < −2 x+1 x−2 < x−1 x+2 (x − 2)(x + 2) < (x − 1)(x + 1) x2 − 4 < x2 − 1 −4 < −1 Das bedeutet, dass die Ungleichung (1.3) für alle x mit x > 1 oder x < −2 gültig ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 35 Fall 2: −2 < x < 1 Nun gilt x+1 x−2 < x−1 x+2 (x − 2)(x + 2) > (x − 1)(x + 1) x2 − 4 > x2 − 1 −4 > −1 und das ist ganz offensichtlich nie erfüllt. Beachte auch hier wieder, dass die Fälle x = −2 sowie x = 1 nicht behandelt werden müssen, da die in der Ungleichung auftretenden Ausdrücke in den Fällen gar nicht erklärt sind. Wir halten fest: Die Ungleichung (1.3) ist gültig für alle x ∈ R mit x < −2 oder Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 36 x > 1. Wenn Sie wollen, können Sie durch Einsetzen von Werten dieses Ergebnis erhärten: −1.7 = 17 x = 0.3: Berechne zunächst die linke Seite −0.7 7 , dann die rechte Seite von 13 (1.3): 1.3 = 2.3 23 . Offensichtlich ist die linke Seite größer als die rechte Seite, die Ungleichung gilt also für x = 0.3 nicht. x = −2.1: Wir erhalten −4.1 41 −1.1 = < = 11. −3.1 31 −0.1 Die folgende Skizze illustriert das noch einmal: der durchgezogene Graph beschreibt die linke Seite, der gestrichelte Graph die rechte Seite der Ungleichung. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 37 6 4 y 2 –6 –4 –2 2 x 4 6 –2 –4 –6 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 38 Beispiel 1.8 Bestimme alle x mit x3 − x2 − 2x > 0. (1.4) Um dieses Problem zu lösen, versuchen wir, die linke Seite der Ungleichung zu faktorisieren. Wir können zunächst x ausklammern und bekommen x(x2 − x − 2) > 0. Nun faktorisieren wir x2 −x−2. Wir können das machen, indem wir die Nullstellen bestimmen. Die Nullstellen sind 2 und −1, also x2 − x − 2 = (x − 2)(x + 1). Wir müssen also alle x bestimmen mit x(x − 2)(x + 1) > 0. Das Produkt von 3 Zahlen (hier x, x − 2 und x + 1) ist größer als 0 wenn alle Zahlen > 0 sind oder Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 39 wenn nur eine Zahl > 0 ist, die anderen beiden < 0. Alle Zahlen sind größer als 0 wenn x > 2 ist. Zwei Zahlen sind < 0 für −1 < x < 0. Also: Die Ungleichung (1.4) ist für x > 2 sowie für −1 < x < 0 gültig. Auch dies wird durch eine Skizze verdeutlicht: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 40 10 5 –2 –1 0 1 2 3 x –5 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 41 Summen- und Produktzeichen Ein großer Vorteil der sehr formalen mathematischen Sprache ist es, komplizierte Zusammenhänge einfach und klar ausdrücken zu können. Gerade auch diese Eigenschaft der Mathematik macht sie zu einer geeigneten Hilfswissenschaft der Wirtschaftswissenschaften. Seien a1, . . . , an reelle Zahlen. Dann schreiben wir statt a1 + a2 + · · · + an auch n X ai i=1 (gelesen: Summe der ai mit i von 1 bis n). Der Laufindex i heißt Summationsindex, 1 und n sind die untere und obere Schranke. Die untere Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 42 Schranke muss nicht 1 sein: 5 X i2 = 32 + 42 + 52 = 9 + 16 + 25 = 50. i=3 Folgende einfachen Regeln gelten für den Umgang mit dem Summenzeichen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 43 n X i=k n X a = (n − k + 1)a cai = c i=k n X (ai + bi) = i=k n X i=k ai = n X ai i=k n X ai + i=k m X i=k ai + (a ist konstant!) (ausklammern!) n X bi i=k n X ai i=m+1 für k ≤ m < n. Ähnlich wie das Summenzeichen kann man das Produktzeichen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 Q einführen: 44 n Y i=k ai = ak · ak+1 · · · an. Das Produktzeichen ist etwas weniger gebräuchlich als das Summenzeichen. Hier sind einfache Rechenregeln für den Umgang mit Π: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 45 n Y a = an−k+1 i=k n Y cai = cn−k+1 i=k n Y i=k (ai · bi) = n Y i=k n Y ai · i=k n Y ai2 = ( n Y i=k n Y ai bi i=k ai)2 i=k Die folgende Ungleichung (Cauchy-Schwarz-Ungleichung) ist manchmal sehr nützlich: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 46 n X i=1 aibi !2 ≤( n X i=1 ai2) · ( n X bi2) i=1 Beispiel 1.9 Setzen Sie die Zahlen ai bi i=1 2 4 i=2 3 1 ein und Sie erhalten (8 + 3)2 = 121 ≤ (22 + 32) · (42 + 12) = 13 · 17 = 221. Man kann auch Gleichheit haben. Wähle Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 47 ai bi i=1 2 4 i=2 −1 −2 und erhalte (8 + 2)2 = 100 = (22 + (−1)2) · (42 + (−2)2) = 5 · 20 = 100. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 48 1.3 Aussagen und Mengen In der Mathematik geht es um Aussagen. Eine Aussage ist ein “statement”, das entweder wahr oder falsch sein kann. Beides geht nicht! Äußerungen, die nicht die Eigenschaft haben, wahr oder falsch zu sein, gelten nicht als Aussagen. Beispiel 1.10 • “Das Bruttosozialprodukt der Bundesrepublik Deutschland ist höher als das der USA” ist eine offenbar falsche Aussage. • “Gute Nacht, Freunde” ist keine Aussage. Häufig hängen Aussagen auch von variablen Parametern x ab. Wir sprechen dann von Aussageformen A(x). Beispiel 1.11 “Für alle natürlichen Zahlen x gilt: x ist Primzahl” ist eine offenbar falsche Aussage. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 49 Eine richtige Aussage wäre: “Für alle natürlichen Zahlen x gilt, dass x nicht negativ ist.” Ein anderes Beispiel einer Aussageform ist: “Unter allen Gütern gibt es mindestens ein Gut x, dessen Preis sich verändert”. Für Aussageformen führen wir folgende Bezeichnungen ein: A(x) gilt für alle x: ^ A(x) x A(x) gilt für ein x: _ A(x) x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 50 Interessant wird es, wenn man Aussagen A und B miteinander verknüpft. Der Wahrheitswert der verknüpften Aussage hängt vom Wahrheitswert von A und B ab. Wir wollen das am Beispiel erläutern: Beispiel 1.12 Die Aussage “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften oder Mathematik” ist wahr, wenn Franz mindestens eines der beiden Fächer Wirtschaft oder Mathematik studiert, eventuell auch beide. Die Aussage ist Verknüpfung der beiden Aussagen “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften” sowie “Franz studiert Mathematik” durch ein oder. Beachte: Die Aussage “Franz studiert Wirtschaftswissenschaften oder Mathematik” ist auch wahr, wenn Franz ganz fleißig ist und sowohl Wirtschaftswissenschaften als auch Mathematik studiert. Es handelt sich beim mathematischen oder nicht um ein entweder-oder. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 51 Konjunktion Seien A und B zwei Aussagen. Dann ist die Aussage A und B, geschrieben A ∧ B wahr, wenn beide Aussagen wahr sind. Die Aussage A und B ist falsch, wenn mindestens eine der beiden Aussagen A, B falsch ist. Man nennt dies auch die Konjunktion der Aussagen A und B. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 52 Disjunktion Seien A und B zwei Aussagen. Dann ist die Aussage A oder B, geschrieben A ∨ B wahr, wenn mindestens eine der Aussagen A oder B wahr ist. Die Aussage A oder B ist falsch, wenn sowohl A als auch B falsch sind. Man nennt dies auch die Disjunktion der Aussagen A und B. Man stellt dies häufig auch durch sogenannte Wahrheitstafeln dar. Das ist eine Tabelle, in die wir die möglichen Wahrheitswerte von A und B eintragen und dann die entsprechenden Wahrheitswerte der verknüpften Aussagen auswerten. Hier ist die Wahrheitstafel für die Konjunktion: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 53 A B A∧B w w w w f f f w f f f f und hier die für die Disjunktion: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 54 A B A∨B w w w w f w f w w f f f Kehrt man eine Aussage in ihr Gegenteil um, erhält man die Negation der Aussage. Bezeichnung: A. Klar ist, das eine negierte wahre Aussage falsch wird und umgekehrt. Beispiel 1.13 Wir wollen die Aussage A “Deutschland ist Exportweltmeister und Fussballvizeweltmeister” negieren, d.h. wir suchen die Aussage, die wahr ist genau in den Fällen, in denen A falsch ist. A ist falsch, wenn eine der beiden Teilaussagen falsch ist, wenn also Deutschland nicht Exportweltmeister oder nicht Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 55 Vizeweltmeister ist. Dieses Beispiel zeigt, wie wir eine Konjunktion negieren: A∧B =A∨B Ähnlich sieht es mit der Negation der Disjunktion aus: A∨B =A∧B Das Gleichheitszeichen soll hier bedeuten, dass die Aussagen auf den beiden Seiten denselben Wahrheitswert haben (also wahr oder falsch sind), wenn für A und B auf beiden Seiten die selben Aussagen eingesetzt werden. Schwierigkeit bereitet manchmal die Negation einer “für alle” sowie “es gibt ein” Aussage. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 56 _ ^ A(x) A(x) = x x ^ _ A(x) = A(x) x x Umgangssprachlich: Wenn eine Aussage A(x) nicht für alle x gilt, dann muss es ein x geben, für das diese Aussage nicht gilt. Und wenn es kein x gibt für das eine Aussage A(x) wahr ist, dann ist A(x) für alle x eine falsche Aussage. Beispiel 1.14 Sei A(x) die Aussage “Der Preis des Gutes x ist konstant”. Wir V wollen W uns alle Aussagen anschauen, die wir mit A(x) mittels Negation sowie und bilden können: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 57 ^ A(x) Die Preise aller Güter bleiben konstant. x ^ A(x) Die Preise aller Güter verändern sich. x ^ A(x) Nicht für alle Güter bleiben die Preise konstant. x ^ A(x) Nicht für alle Güter verändern sich die Preise. x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 58 _ A(x) Der Preis mindestens eines Gutes bleibt konstant. x _ A(x) Der Preis mindestens eines Gutes verändert sich. x _ A(x) Der Preis keines Gutes bleibt konstant. x _ A(x) Der Preis keines Gutes verändert sich. x Beachten Sie, dass hier die erste und achte, die zweite und siebte, die dritte und sechste sowie die vierte und fünfte Aussage jeweils gleich sind. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 59 Implikation und Äquivalenz ) Die Implikation (geschrieben A B) ist falsch, wenn A wahr ist, B aber falsch. In allen anderen Fällen ist die Implikation wahr. Sprechweise: Wenn A, dann B. Wahrheitstabelle: A B A w w w w f f f w w f f w Das ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil A Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 )B ) B wahr ist wenn A falsch ist (Aus 60 etwas Falschem darf man alles folgern). Wir nennen A eine hinreichende Bedingung für B und B eine notwendige Bedingung für A. ) ) B und B A, so nennt man die beiden Aussagen äquivalent. Gilt A Bezeichnung: A ⇔ B. Die zugehörige Wahrheitstafel ist A B A⇔B w w w w f f f w f f f w Zwei Aussagen heißen also äquivalent, wenn sie beide wahr oder beide falsch sind. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 61 Beispiel 1.15 Betrachte die Aussage “Wenn die Inflation steigt, dann sinkt die Arbeitslosenquote.” Wir überlegen uns, welche der folgenden Aussagen dazu äquivalent sind: 1. Damit die Arbeitslosenquote sinkt, muss die Inflation steigen. 2. Eine hinreichende Bedingung dafür, dass die Arbeitslosenquote sinkt, ist ein Anstieg der Inflation. 3. Die Arbeitslosenquote kann nur fallen wenn die Inflation steigt. 4. Wenn die Arbeitslosenquote nicht sinkt, dann steigt die Inflation nicht. 5. Die Inflation kann nur steigen wenn die Arbeitslosenquote sinkt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 62 Offensichtlich bestehen alle diese Aussagen aus zwei Teilaussagen Die Arbeitslosenquote sinkt (Aussage A) und Die Inflation steigt. (Aussage B). Diese Aussagen sind unterschiedlich verknüpft. Wir wollen die Wahrheitstafeln für diese Verknüpfungen aufstellen. Die ursprüngliche Aussage lautet B A, und ihr Wahrheitswert wird zunächst bestimmt: ) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 63 A B w w w f f w f f B )A w w f w (1) (2) (3) (4) (5) w w w w w f w f w w w f w f f w w w w w Also sind die Aussagen (2), (4) und (5) äquivalent zur ursprünglichen Aussage. Wir wollen die Aussagen (1) bis (5) noch einmal analysieren: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 64 (1) (2) (3) (4) (5) )B B)A A)B A)B B)A A Besonders interessant ist hier das vierte statement. Es zeigt, dass die Aussagen A und A B äquivalent sind. Wir wollen das noch einmal ganz deutlich B herausstellen: ) ) (A Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 ) B) ist äquivalent zu (B ) A) 65 Einige Bemerkungen zu mathematischen Beweisen In der Mathematik hat man es stets mit Aussagen zu tun, die wahr oder falsch sind. Beispielsweise gilt für alle reellen Zahlen (a + b)2 = a2 + 2ab + b2. Woher weiß man das? Man kann doch nicht alle reellen Zahlen einsetzen und schauen, ob diese Gleichung immer richtig ist. Das ist auch nicht nötig, denn man kann einen mathematischen Beweis für diese Aussage angeben. Ein Beweis für eine Aussage A ist eine Folge logischer Schlüsse, beginnend mit einer wahren Aussage B, an deren Ende A steht. Sie zeigen also die Gültigkeit der Aussage B A, wobei B aber eine wahre Aussage sein muss. Denn bedenken Sie: Aus einer falschen Aussage kann man alles folgern, also auch etwas Falsches. Sie wollen aber in einem Beweis ja gerade zeigen das etwas stimmt, also richtig ist. ) Sie dürfen, um eine Aussage A zu beweisen, auch nicht einfach von der Gültigkeit von A ausgehen und dann logisch auf die Gültigkeit einer wahren Aussage Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 66 schließen und das als einen Beweis ansehen. Beispiel 1.16 Angenommen, jemand behauptet 3 = 4. Wenn wir die Gültigkeit dieser Aussage annehmen, können wir ja beide Seiten der Gleichung mit 0 multiplizieren. Wir erhalten so die Gleichung 0 = 0, die offenbar wahr ist. Ist deshalb aber 3 = 4 wahr? Natürlich nicht, weil wir von einer Aussage A auf etwas Wahres (die Aussage 0 = 0) geschlossen haben. Aber aus der Gültigkeit von 0 = 0 kann man natürlich nicht auf die Gültigkeit von A schlussfolgern. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 67 Beispiel 1.17 Wir wollen die folgende Aussage beweisen: Für alle reellen Zahlen x 6= 0 gilt |x + 1| |x − 1| > . x x Fall 1: x > 0 Dann ist x + 1 = |x + 1| > x − 1, aber auch x + 1 > −(x − 1) = 1 − x, weil x > −x für x > 0, den Fall, den wir gerade betrachten. Weil x + 1 > x − 1 und x + 1 > −(x − 1), gilt sogar |x + 1| = x + 1 > |x − 1|. Wir dürfen beide Seiten dieser Ungleichung durch x dividieren, ohne dass sich das Ungleichungszeichen ändert, weil x > 0. Das zeigt |x + 1| |x − 1| > . x x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 68 Fall 2: x < 0 Jetzt ist |x − 1| = 1 − x. Wir haben 1 − x > x + 1 (weil x < 0) und 1 − x > −1 − x = −(x + 1). Damit gilt also |x − 1| = 1 − x > |x + 1|. Teilen wir die linke und rechte Seite dieser Ungleichung durch x, so dreht sich das Ungleichungszeichen wegen x < 0 um und wir erhalten wie im Fall 1 |x − 1| |x + 1| < . x x Das nächste Beispiel zeigt deutlich die Aufgabe eines mathematischen Beweises: Ein Beweis soll einen zweifelsfreien Grund angeben, warum eine Aussage richtig ist. Beispiel 1.18 Wir wollen die folgende Behauptung beweisen: Wenn in einem Schachbrett die diagonal gegenüberliegenden Eckfelder entfernt werden, kann das Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 69 so entstehende Brett nicht mit Dominosteinen überdeckt werden, wobei jeder Dominostein genau zwei Felder des Schachbrettes überdeckt. Der Beweis ist ganz einfach: Jeder Dominostein überdeckt genau ein weißes und ein schwarzes Feld. Aber das Schachbrett, bei dem die Eckfelder entfernt wurden, hat nicht die gleiche Zahl weißer und schwarzer Felder! Manche Nicht-MathematikerInnen sind versucht, die Gültigkeit einer Aussageform A(x) zu beweisen, indem die Gültigkeit von A(x) für einige wenige Werte von x nachgerechnet wird. Das ist natürlich kein Beweis! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 70 Beispiel 1.19 Angenommen, jemand behauptet n2 +n+41 sei für alle natürlichen Zahlen n eine Primzahl. Wir setzen ein und erhalten, dass n2 + n + 41 eine Primzahl für alle Zahlen n zwischen 0 und 39 ist. Ist das ein Beweis? Nein! Außerdem ist die Aussage, dass n2 + n + 41 für alle natürlichen Zahlen eine Primzahl ist, falsch: Setzen Sie einfach n = 40 ein! Wir haben somit ein Gegenbeispiel gefunden. Etwas formaler. Wir hatten die Aufgabe zu entscheiden, ob eine Aussage A(x) für alle x gilt. Um zu beweisen, dass die Aussage stets gilt, benötigen wir einen Beweis. Wenn wir aber zeigen wollen, dass die Aussage nicht immer gilt, genügt es, ein x so anzugeben, dass A(x) falsch ist. Wir haben damit die Allgemeingültigkeit widerlegt. Im obigen Beispiel können wir die Behauptung, jede Zahl der Form n2 + n + 41 sei ein Primzahl, widerlegen, denn für n = 40 ist n2 + n + 41 offensichtlich keine Primzahl! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 71 Halten wir fest: Die Gültigkeit einer Aussage A(x) kann man nicht beweisen, indem man die Gültigkeit für einige Werte von x überprüft. Man kann aber zeigen, dass die Aussage A(x) nicht allgemeingültig ist, wenn man nur ein Gegenbeispiel angibt, also ein xg , für das A(xg ) falsch ist. In den Wirtschaftswissenschaften werden Sie selten Beweise im mathematisch strengen Sinne finden. Der mathematische Beweis benötigt exakt angegebene Voraussetzungen, unter denen er funktioniert. Diese Voraussetzungen sind in den Wirtschaftswissenschaften häufig nicht so klar formulierbar. Viel häufiger tritt das Phänomen auf, dass man Aussagen widerlegt! Kehren wir zurück zu unserem Beispiel 1.15 über den Zusammenhang zwischen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 72 Arbeitslosenquote und Inflation. Dieser Zusammenhang ist heutzutage eindeutig durch etliche Gegenbeispiele widerlegt. Bis in die 80’er Jahre hinein wurde ein solcher Zusammenhang aber vermutet! Mengen Ein zentrales Konzept für die Mathematik ist der Begriff der Menge. Eine Menge ist eine Zusammenfassung bestimmter, wohlunterschiedener Objekte . Von jedem dieser Objekte muss eindeutig feststehen, ob das Objekt zur Menge gehört oder nicht. Die Objekte heißen Elemente der Menge Ist a ein Element der Menge M , schreiben wir auch Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 73 a∈M andernfalls a∈ /M Die Elemente einer Menge sind alle verschieden. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Mengen zu beschreiben. Wir wollen die Menge M aller geraden ganzen Zahlen zwischen 2 und 15 beschreiben: 1. Aufzählung M = {2, 4, 6, 8, 10, 12, 14}. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 74 2. teilweise Aufzählung M = {2, 4, 6, . . . , 12, 14} Hierbei muss man aufpassen, dass es nicht zu Missverständnissen kommt. 3. Beschreibung durch charakteristische Eigenschaften M := {x : x ∈ Z und x ≥ 2 und x ≤ 15 und x gerade}. Die leere Menge ∅ ist die Menge, die kein Element enthält. Beispiel 1.20 ∅ = {x : x wohnt in der Bundesrepublik Deutschland und x ist im Jahre 1700 geboren} Die Mächtigkeit oder Ordnung einer Menge ist die Anzahl der Elemente in der Menge. Unsere oben betrachtete Menge M = {2, 4, 6, 8, 10, 12, 14} hat also die Mächtigkeit 7. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 75 Schreibweise: |M | = Anzahl der Elemente in M . Falls M unendlich viele Elemente hat, schreiben wir |M | = ∞ (∞: unendlich). Beziehungen zwischen Mengen Wir nennen A eine Teilmenge von B, wenn jedes Element aus A auch ein Element von B ist. Dabei darf auch A = B gelten. A ⊆ B: A Teilmenge von B A ( B: A Teilmenge von B und A 6= B Beachte, dass stets A ⊆ A gilt. Ferner gilt für alle Mengen ∅ ⊆ A. Beispiel 1.21 • N ⊆ Z ⊆ Q ⊆ R Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 76 • Die Menge aller Einwohner Magdeburgs ist eine Teilmenge der Menge aller Einwohner Deutschlands . Verknüpfung von Mengen Wir können Mengen schneiden oder vereinigen. A∪B A∩B = {x : x ∈ A oder x ∈ B} Vereinigung = {x : x ∈ A und x ∈ B} Schnitt Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 77 B A A∩B Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 78 A B A∪B Achtung: Es gilt nicht |A ∪ B| = |A| + |B|, sondern |A ∪ B| = |A| + |B| − |A ∩ B| Zwei Mengen heißen disjunkt, wenn ihr Schnitt leer ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 79 Für disjunkte Mengen gilt |A ∪ B| = |A| + |B| Manchmal wollen wir mehr als nur eine Menge vereinigen oder schneiden. Wir schreiben dann n [ Ai = A1 ∪ A2 ∪ . . . ∪ An n \ Ai = A1 ∩ A2 ∩ . . . ∩ An i=1 i=1 Die Differenz von Mengen ist wie folgt definiert: A\B Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 = {x : x ∈ A und x ∈ / B} 80 A B A\B Ist A eine Teilmenge von Ω, so schreiben wir statt Ω \ A auch A oder, genauer, AΩ = Ω \ A: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 81 Ω A A Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 82 Beispiel 1.22 Wir betrachten die folgenden vier Mengen: A = {x : x ∈ R und 1 ≤ x ≤ 6} B = {x : x ∈ N und x < 6} C = {x : x ∈ N und x ≥ 2} D = {x : x ∈ R und x < 6} Dann gilt: A∩B = {1, 2, 3, 4, 5} A \ D = {6} Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 83 A∩C = {2, 3, 4, 5, 6} C \ A = {x : x ∈ N und x > 6} B∩C = {2, 3, 4, 5} B∪C = N A ∩ N = {1, 2, 3, 4, 5, 6} AR = {x : x ∈ R und (x < 1 oder x > 6)} B N = {6, 7, 8, . . .}. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 84 Mengenalgebra Ähnlich wie für die Verknüpfung von Aussagen gibt es auch gewisse Rechenregeln für die Verknüpfung von Mengen. Wir geben im folgenden die wichtigsten Regeln an: Idempotenzgesetze A∪A = A A∩A = A Kommutativgesetze A∪B A∩B Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 = B∪A = B∩A 85 Assoziativgesetze A ∪ (B ∪ C) = (A ∪ B) ∪ C A ∩ (B ∩ C) = (A ∩ B) ∩ C Distributivgesetze A ∪ (B ∩ C) = (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) A ∩ (B ∪ C) = (A ∩ B) ∪ (A ∩ C) Inklusionsgesetze A ⊆ A∪B A∩B Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 ⊆ A 86 Man macht sich diese Regeln am besten anhand einiger Mengendiagramme (Venn-Diagramm) klar. Wir illustrieren hier nur das erste Distributivgesetz. Im ersten Diagramm sehen wir die Menge B ∩ C schraffiert. Danach vereinigen wir diese Menge mit A. Im letzten Bild haben wir die Mengen A∪B und A∪C jeweils unterschiedlich schraffiert und dadurch auch gleich den Schnitt (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) gekennzeichnet. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 87 B B A A B∩C A ∪ (B ∩ C) C Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 C 88 B A (A ∪ B) ∩ (A ∪ C) C Ähnliche Gesetze gelten für die Komplementbildung und die Mengendifferenz. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 89 Neue Mengen aus alten Mengen Die Potenzmenge einer Menge A ist die Menge aller Teilmengen von A. Bezeichnung: P(A). Ist A endlich, so gilt |P(A)| = 2|A| . Seien a1, . . . an irgendwelche Elemente. Wir nennen (a1, a2, . . . , an) ein n-Tupel. Die Elemente müssen nicht unbedingt verschieden sein. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 90 Die Menge aller n-Tupel (a1, . . . , an) mit ai ∈ Ai heißt das kartesische Produkt von A1, . . . , An. Bezeichnung: A1 × A2 × · · · × An. Beispiel 1.23 Sei A = {1, 2} und B = {a, b} und C = {b, c}. Dann gilt A × (B ∪ C) = {(1, a), (1, b), (1, c), (2, a), (2, b), (2, c)} (A × B) ∪ (A × C) = {(1, a), (1, b), (2, a), (2, b), (1, c), (2, c)} A × (B ∩ C) = {(1, b), (2, b)} (A × B) ∩ (A × C) = {(1, b), (2, b)} Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 91 Diese Beispiele legen nahe (und man kann es auch beweisen), dass A × (B ∩ C) = (A × B) ∩ (A × C) A × (B ∪ C) = (A × B) ∪ (A × C) gilt. Im allgemeinen ist A × B 6= B × A Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 92 1.4 Relationen und Abbildungen Die Definition einer Relation ist ganz einfach: Eine Relation R zwischen zwei Mengen X und Y ist eine Teilmenge R ⊆ X × Y . Gilt X = Y , so heißt R eine Relation auf X. Man schreibt x R y falls (x, y) ∈ R. Beispiel 1.24 • X: Menge der MathematikerInnen. Y : Menge der WirtschaftswissenschaftlerInnen. Eine Relation zwischen X und Y wird z.B. durch ”Mathematiker x ist jünger als Wirtschaftswissenschaftler y” erklärt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 93 • Sei X die Menge aller Frauen, Y die Menge aller Männer. zwischen X und Y wählen wir ”verheiratet”. Als Relation • A = {1, 2}, B = {2, 3}. Dann ist A × B = {(1, 2), (1, 3), (2, 2), (2, 3)}. Wir erhalten z.B. folgende Relationen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 94 R1 = {(a, b) ∈ A × B : a = b} = {(2, 2)} R2 = {(a, b) ∈ A × B : a < b} = {(1, 2), (1, 3), (2, 3)} R3 = {(a, b) ∈ A × B : a ≤ b} = {(1, 2), (1, 3), (2, 3), (2, 2)} = A × B R4 = {(a, b) ∈ A × B : a + b = 2} = ∅ Man kann diese Relationen auch durch Graphen verdeutlichen. Dazu malen wir die Menge A und die Menge B auf und verbinden zwei Elemente mit einem Pfeil genau dann, wenn sie in Relation miteinander stehen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 95 1 2 R1 3 2 1 2 3 1 2 2 3 R3 R2 2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 96 1 2 R4 3 2 Diese Beispiele zeigen, dass an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile beginnen können. Genauso kann an jedem Punkt kein, ein oder mehrere Pfeile ankommen. Solche Pfeildiagramme sind natürlich unhandlich, wenn die Mengen X und Y unendlich sind. Sind X und Y Zahlbereiche, können wir versuchen, die Menge der Punkte (x, y) ∈ R in einem Koordinatensystem zu skizzieren. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 97 Abbildungen In den Wirtschaftswissenschaften haben wir es meistens mit Abbildungen zu tun. Eine Abbildung aus X nach Y ist eine Relation zwischen X und Y , so dass es zu jedem x ∈ X höchstens ein y ∈ Y gibt, so dass x und y in Relation zueinander stehen. Das Element y wird mit f (x) bezeichnet. In unserer Pfeildarstellung bedeutet dies, dass in jedem Element x ∈ X höchstens ein Pfeil beginnt: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 98 Beachte, dass nicht jedem x ∈ X ein Funktionswert zugeordnet werden muss. Im Buch von Schwarze gibt es eine subtile Unterscheidung: Wenn jedem x ∈ X höchstens ein y zugeordnet wird, so spricht Schwarze von einer Funktion aus X nach Y (so wie hier angegeben). Wird jedem x ∈ X genau ein f (x) zugeordnet, spricht Schwarze (und auch wir) von einer Abbildung von X nach Y: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 99 Das ist manchmal ganz praktisch, in der Mathematik aber eher ungewöhnlich. Es hat Vorteile, wenn man komplizierte Funktionen hat wie etwa f (x) = x x5 + 3x3 − x − 4 aufgefasst als Abbildung aus R nach R, wo man von vornherein gar nicht weiß, Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 100 für welche x der Nenner 0 wird, die Funktion also gar nicht definiert ist. Bezeichnung: f : X → Y . Die Menge der x ∈ X, für die f (x) erklärt ist, nennen wir den Definitionsbereich von f , bezeichnet mit D(f ). Der Definitionsbereich D(f ) muss nicht ganz X sein, wie die obigen Beispiele zeigen. Die Menge X heißt die Menge der unabhängigen Variablen, die Menge Y bezeichnet die abhängigen Variablen, denn wenn wir x kennen, kennen wir auch f (x). Beispiel 1.25 Wir definieren f : R → R durch f (x) = x21−1 . Dieser Ausdruck ist natürlich nur erklärt, wenn x2 − 1 6= 0. In der Notation von Schwarze ist f eine Abbildung aus R nach R. Der Definitionsbereich ist R \ {±1}. Die graphische Veranschaulichung: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 101 4 y 2 –6 –4 –2 2 4 6 x –2 –4 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 102 Beispiel 1.26 Wir betrachten f : R → R definiert durch f (x) = lg x (dekadischer Logarithmus). Wir haben schon gesehen, dass der Logarithmus nur für positive Zahlen erklärt ist. Der Definitionsbereich ist also R+: 1 0.5 5 x 10 15 20 –0.5 –1 –1.5 –2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 103 Machen Sie sich bitte nicht zu viele Gedanken über die Frage, ob es Abbildungen von oder aus einer Menge X gibt. Wichtig ist nur, dass bei der Beschreibung einer Abbildung durch eine Vorschrift wie z.B. lg x oder x21−1 zu beachten ist, dass diese Vorschrift für einige Werte von x möglicherweise nicht definiert ist. Oft liegt das daran, dass man nicht durch 0 dividieren darf. Andere Möglichkeiten: Logarithmen oder Wurzeln negativer Zahlen sind nicht definiert. Manche trigonometrische Funktionen haben Stellen, wo sie nicht definiert sind, z.B. tan(π/2) ist nicht definiert. Abbildungen werden oft auch Funktionen genannt. Meistens spricht man von Funktionen, wenn die Mengen X und Y Zahlbereiche sind. Wenn wir hier von Zahlbereichen sprechen, meinen wir nicht etwa nur R, sondern auch R2, R3 usw. Denken Sie daran: Ökonomische Daten hängen fast nie nur von einer Variablen ab. Ein anderes kleines Beispiel: Die (vor kurzem noch sehr beliebten) Aktiencharts Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 104 sind nichts anderes als Funktionen von der Zeit in die Menge R möglicher Aktiennotierungen. Dieses Beispiel macht deutlich, dass zwischen den unabhängigen Variablen (hier der Zeit) und den abhängigen (dem Aktienkurs) kein kausaler Zusammenhang bestehen muss. Ein kausaler Zusammenhang besteht vielleicht zwischen dem Zinsniveau und dem Aktienkurs, oder den Jahresabschlüssen der AG’s und den Aktienkursen, aber sicher nicht zwischen der Zeit und dem Kurs! Injektiv, Surjektiv, Bijektiv Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 105 Eine Abbildung f : X → Y heißt injektiv wenn aus f (x1) = f (x2) stets x1 = x2 folgt. Die Abbildung heißt surjektiv, wenn es zu jedem y ∈ Y (mindestens) ein x ∈ X gibt mit f (x) = y. Die Abbildung heißt bijektiv, wenn sie injektiv und surjektiv ist und es zu jedem x ∈ X ein y gibt mit f (x) = y (f also insbesondere eine Abbildung von X nach Y ist). Für unsere Pfeildarstellung von Abbildungen bedeutet das folgendes: injektiv: surjektiv: bijektiv: in jedem y ∈ Y endet höchstens ein Pfeil in jedem y ∈ Y endet mindestens ein Pfeil in jedem y ∈ Y endet genau ein Pfeil und in jedem x ∈ X beginnt genau ein Pfeil. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 106 injektiv surjektiv bijektiv Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 107 In allen drei Fällen haben wir Abbildungen, weil aus den linken Mengen an jedem Punkt nur höchstens ein Pfeil beginnt. Wir machen noch einmal auf die eher ungewöhnliche Konvention aufmerksam, dass wir auch dann von Abbildungen reden, wenn in einem Punkt von X gar kein Pfeil beginnt, es also Elemente x ∈ X gibt, für die f (x) gar nicht definiert ist. Ist f eine injektive Abbildung, so definieren wir f −1 : Y → X durch folgende Vorschrift: f −1(y) = x, wobei x ∈ X durch die Eigenschaft f (x) = y bestimmt ist. Beachte, dass x wegen der Injektivität eindeutig bestimmt ist. In unseren Pfeilbildern bedeutet dies einfach, dass wir jeden Pfeil umdrehen. Die Abbildung f −1 heißt die zu f inverse Abbildung. Beachte, dass auch f −1 injektiv ist. Ferner ist f bijektiv genau dann wenn f injektiv und surjektiv ist und zusätzlich f −1 auch surjektiv ist. Bei einer bijektiven Abbildung geht von jedem Punkt in X genau ein Pfeil aus und in jedem Punkt aus Y endet genau ein Pfeil. Das heißt insbesondere, dass Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 108 X und Y gleich viele Elemente haben. Seien f : X → Y und g : Y → Z zwei Abbildungen. Wir definieren die Abbildung g ◦ f : X → Z wie folgt: (g ◦ f )(x) = g[f (x)]. Also: Wir wenden erst f auf x an, dann auf den Wert f (x) die Abbildung g. Wichtig ist es, sich zu merken, dass g ◦f bedeutet, erst f und dann g anzuwenden. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 109 f X g Y Z g◦f Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 110 Kapitel 2. Funktionen einer Variablen 2.1 Einführende Beispiele Kostenfunktion und Stückkostenfunktion: Das Unternehmen Miel produziert hochwertige Waschmaschinen. Es hat monatliche Fixkosten von 170.000 ¤. Die sind unabhängig von der produzierten Menge. Pro produziertem Stück fallen variable Kosten (vor allem Material und Löhne) von 500 ¤ an. Die monatlichen Gesamtkosten des Unternehmens (in ¤) betragen dann K(x) = 170.000 + 500x, wobei x die Anzahl der im Monat produzierten Waschmaschinen ist. Bei 100 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 111 Waschmaschinen fallen also Gesamtkosten an in Höhe von K(100) = 230.000, bei 1000 Stück K(1000) = 670.000. K heißt die Kostenfunktion. Wenn man nicht an den Gesamtkosten K interessiert ist, sondern an den Kosten pro produziertem Stück, so erhält man die Stückkostenfunktion S(x). Sie ergibt sich aus der Kostenfunktion K(x) einfach durch K(x) S(x) = . x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 112 In obigem Beispiel ist S(x) = 170.000 170.000 + 500x = 500 + . x x Bei 100 produzierten Waschmaschinen ist das also S(100) = 2300, bei 1000 Maschinen S(1000) = 670. Weitere ökonomische Funktionen sind Nachfrage-Funktion (Preis-Absatz-Funktion): Sei p der Preis eines Gutes, N die nachgefragte (abgesetzte) Menge. Die Nachfragefunktion ist dann N (p). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 113 Üblicherweise wird N (p) kleiner, wenn der Preis p steigt. So könnte z.B. (p ausgedrückt in ¤) N (p) = 100.000 − 500p (2.1) sein. Das heißt, bei einem Preis von 10 ¤ beträgt die Nachfrage 95.000 Stück, bei einem Preis von 13 ¤ nur 93.500 Stück. Oft wird auch umgekehrt die Funktion p(N ) betrachtet. Angebotsfunktion: Sei p der Preis eines Gutes, A die vom Produzenten auf den Markt gebrachte Menge. Die Angebotsfunktion ist dann A(p). Erlösfunktion: Für N abgesetzte Güter zum Stückpreis p(N ) ist der Erlös in Abhängigkeit von der Menge N E(N ) = N · p(N ). Hierbei ist berücksichtigt, dass der Preis p von der Nachfrage N abhängt, Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 114 typischerweise mit hoher Nachfrage steigt. In Abhängigkeit vom Preis p ist die Erlösfunktion E(p) = N (p) · p. Wenn wir die Nachfragefunktion (2.1) benutzen, erhalten wir E(p) = 100.000p − 500p2. Eine typische Frage ist: Für welchen Preis p wird der Erlös E(p) maximal. Solche und ähnliche Fragen werden wir mit etwas mathematischer Theorie beantworten können. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 115 2.2 Grundlegende Begriffe und Bezeichnungen Eine Abbildung f :R→R mit D(f ) ⊆ R heißt reellwertige Funktion einer reellen Variablen (Veränderlichen). Wie bereits früher definiert, ist D(f ) der Definitionsbereich von f . Die Menge W (f ) = {f (x) : x ∈ D(f )} heißt der Wertebereich von f . Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 116 Erinnerung: D(f ) = {x ∈ R : Es gibt y ∈ R mit y = f (x)} Wir nennen x 7→ f (x) die Zuordnungsvorschrift und Gf = {(x, y) ∈ D(f ) × R : y = f (x)} den Graph von f . Viele Zuordnungsvorschriften haben einen “natürlichen maximalen Definitionsbereich”. Oft wird dann nur die Zuordnungsvorschrift angegeben, und es ist dann die zugehörige Funktion auf dem maximalen Definitionsbereich gemeint. Wir sprechen dann oft auch einfach von dem Definitionsbereich. Wenn aus dem Zusammenhang klar ist, was die Funktion f ist, schreiben wir Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 117 auch einfach D statt D(f ). Beispiel 2.1 • x 7→ x2 hat den maximalen Definitionsbereich R. 1 • x 7→ hat den maximalen Definitionsbereich R \ {0}. x • Die schon vorher betrachtete Kostenfunktion K(x) = 170.000 + 500x hat als Definitionsbereich R. In dem betrachteten Beispiel sind allerdings nur nicht-negative ganze Zahlen x interessant (x: Anzahl der Waschmaschinen) und nur bis zu einer gewissen Höhe, die durch die Maximalauslastung des Unternehmens gegeben ist. Dieses Beispiel zeigt, dass nicht alle Werte für x, die mathematisch sinnvoll sind, auch im ökonomischen Sinn sinnvoll sind. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 118 In vielen Fällen ist f eine Funktion aus S nach T , wobei S, T ⊆ R Teilmengen von R sind. In dem Fall schreibt man f : S → T, x 7→ f (x). Die Elemente f (x) müssen in T liegen. Der Definitionsbereich von f ist in diesem Fall D(f ) = {x ∈ S : Es gibt y ∈ T mit y = f (x)} Ein Hilfsmittel zur Veranschaulichung einer Funktion f und ihres Graphen ist eine Wertetabelle, in der ausgewählte Werte von x zusammen mit ihrem Funktionswert f (x) eingetragen werden. Beispiel 2.2 Wir setzen unser Beispiel K(x) = 170.000 + 500x fort: x K(x) 1 170.500 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 10 175.000 20 180.000 50 195.000 100 220.000 1000 670.000 119 Beispiel 2.3 f (x) = 3x2 + 2x + 1 x f (x) -2 9 -1 2 0 1 1 6 2 17 5 86 10 321 Eine genauere Methode ist das Zeichnen der Graphen in ein Koordinatensystem. Der Graph zur oben angegebenen Funktion 3x2 + 2x + 1 ist Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 120 12 10 8 6 4 2 –2 –1 0 1 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 121 Wir wollen uns in den folgenden Beispielen überlegen, ob die jeweiligen Funktionen f : R → R injektiv, surjektiv oder bijektiv sind. Achtung: Es gibt Funktionen, die weder injektiv noch surjektiv noch bijektiv sind! Injektivität bedeutet, dass der Graph jeder Gerade mit der Gleichung y = a (a ∈ R) den Graphen Gf von f höchstens einmal schneidet. Beachte, dass Gleichungen y = a Geraden parallel zur x-Achse beschreiben. Surjektiv heißt, dass jede solche Gerade den Graphen mindestens einmal trifft, und bijektiv schließlich bedeutet, dass jede solche Gerade den Graphen genau einmal trifft, und dass gleichzeitig D(f ) = R gilt. Sie müssen Surjektivität etwas anders interpretieren, wenn f : R → A mit A ⊆ R gilt. Surjektivität bedeutet dann, dass jede Gerade mit der Gleichung y = a mit a ∈ A den Graphen Gf mindestens einmal trifft. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 122 Beispiel 2.4 f (x) = 2x2 + 4x − 30 40 30 20 10 –6 –4 –2 0 2 4 x –10 –20 –30 Diese Funktion ist weder injektiv noch surjektiv. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 123 1 Beispiel 2.5 f (x) = 2 x −5 4 3 y 2 1 –6 –4 –2 2 4 6 x –1 –2 –3 –4 Auch diese Funktion ist surjektiv, denn f (x) ist niemals 0. Sie ist auch nicht injektiv, weil stets f (−x) = f (x) gilt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 124 170.000 , Beispiel 2.6 S(x) = 500 + x D(S) = R+ 4000 3000 y 2000 1000 0 200 400 600 800 1000 x Diese Funktion ist injektiv und nimmt alle positiven Werte > 500 an. Wenn wir S also auffassen als eine Abbildung R+ → {x ∈ R : x > 500}, so ist S surjektiv (sogar bijektiv!). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 125 Beispiel 2.7 f (x) = 7 8 7.5 7 6.5 6 –3 –2 –1 0 1 2 3 x Diese Funktion heißt konstant Allgemein heißt eine Funktion mit der Vorschrift Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 126 f (x) = c, wobei c eine Zahl unabhängig von x ist, konstant. Funktionen sind nicht injektiv und nicht surjektiv. Konstante Beispiel 2.8 f (x) = 10x − 3 10 –2 x 1 –1 2 0 –10 –20 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 127 Die Abbildung f ist injektiv und surjektiv. Eine Funktion der Form f (x) = a · x + b heißt linear. Dabei sind a und b feste reelle Zahlen. Die Kostenfunktion K(x) = 170.000 + 500x ist beispielsweise eine lineare Funktion. Beispiel 2.9 Ein Kopierladen erhebt die Kosten pro Fotokopie in Abhängigkeit von der Gesamtzahl der getätigten Kopien. Hierbei gelten folgende Preise: Anzahl der Kopien Preis pro Kopie Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 0 bis 49 0,05¤ 50 - 99 0,04¤ ab 100 0.03¤ 128 Die Funktion k, die den Preis pro Kopie beschreibt, ist also gegeben durch 0, 05 falls 0 ≤ x ≤ 49 0, 04 falls 50 ≤ x ≤ 99 k(x) = 0, 03 falls 100 ≤ x Ihr Graph sieht wie folgt aus: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 129 ο 0.05 0.045 • 0.04 ο 0.035 • 0.03 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 x Eine solche Funktion nennt man Treppenfunktion. Treppenfunktionen sind weder injektiv noch surjektiv. Achtung: Eigentlich ist unsere Funktion k(x) natürlich nur für ganzzahlige x definiert. Wir haben bei der hier angegebenen Skizze aber x beliebig reellwertig angenommen, was für die Visualisierung durchaus angemessen ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 130 Bei Funktionen mit Sprüngen wie in diesem Beispiel sollte man bei der Visualisierung deutlich machen, welche Punkte an den Sprungstellen zum Funktionsgraphen gehören. Wir malen einen fetten Punkt, wenn der Punkt dazugehört, sonst einen nicht ausgefüllten kleinen Kreis. Die Funktion K, die die Gesamtkosten des Kunden in Abhängigkeit von der Stückzahl angibt, ist 0, 05x falls 0 ≤ x ≤ 49 0, 04x falls 50 ≤ x ≤ 99 K(x) = 0, 03x falls 100 ≤ x Ihr Graph sieht wie folgt aus: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 131 6 5 4 ο 3 • ο • 2 1 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 x Solche Funktionen treten häufig bei Preisen mit Rabattstaffelung auf. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 132 Injektive Abbildungen haben eine schöne Eigenschaft. Beachten Sie dabei, dass der Wertebereich aus allen y ∈ R besteht, für die es ein x gibt mit y = f (x). Es handelt sich also um die Menge der reellen Zahlen, die wirklich als Bild von f auftreten. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 133 Ist die Funktion f : R → R injektiv, hat den Definitionsbereich D und den Wertebereich W , so ist f : D → W bijektiv. Dann heißt f −1 : W → D , y 7→ x wobei x ∈ D mit f (x) = y die Umkehrfunktion zu f . Der Graph Gf −1 = {(y, x) ∈ W × D | y = f (x)} = {(y, x) ∈ W × D | (x, y) ∈ Gf } entsteht aus Gf Winkelhalbierenden. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 durch Spiegelung an der 134 Beispiel 2.10 Wir betrachten wieder die Stückkostenfunktion S(x) = 500 + 170.000 . x Für welche Stückzahl ergibt sich 1500 ¤? Wir lösen hierzu 500 + 170.000 = 1500 x nach x auf und erhalten 170.000 = 1000 x x = 170. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 135 Das ist die gesuchte Stückzahl, denn es ist nun S(170) = 1500. Lösen wir allgemein die Gleichung 170.000 =y 500 + x nach x auf, so erhalten wir 170.000 x= y − 500 und dies ist gerade die Umkehrfunktion, also S −1(y) = 170.000 . y − 500 Mit ihr lässt sich zu beliebigen Stückkosten die zugehörige Stückzahl ermitteln. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 136 + 2 Beispiel 2.11 Die Funktion f : R+ → R mit f (x) = x ist bijektiv. Ihre 0 0 √ Umkehrabbildung ist f −1(y) = y. 4 3 y2 1 0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 1 2 x 3 4 137 Beachte: Die Funktion f (x) = x2 kann auch für alle x ∈ R betrachtet werden, ist dann aber nicht injektiv, folglich gibt es dann auch keine Umkehrfunktion. Verknüpfung von Funktionen Aus gegebenen Funktionen können durch Verknüpfung Grundrechenarten neue Funktionen gebildet werden. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 mittels der 138 Seien f, g : R → R Funktionen und λ ∈ R. Dann lassen sich auch die folgenden Funktionen definieren: λf : R → R, mit f ± g : R → R, mit f · g : R → R, mit f : R → R, mit g Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 (λf )(x) = λf (x), (f ± g)(x) = f (x) ± g(x), (f · g)(x) = f (x) · g(x), f f (x) (x) = . g g(x) 139 Die Definitionsbereiche sind D(λf ) = D(f ) D(f ± g) = D(f ) ∩ D(g) D(f · g) = D(f ) ∩ D(g) f = {x ∈ R : x ∈ D(f ) ∩ D(g) und g(x) 6= 0}. D g Wir erinnern daran, dass man auch f ◦ g (Verkettung von f und g) bilden kann. Der Definitionsbereich von f ◦ g sind diejenigen Elemente x ∈ R, für die g(x) im Definitionsbereich von f liegt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 140 Beispiel 2.12 Seien f (x) = 15x − 3, g(x) = 2x2 − 3x + 1. Dann sind (5f )(x) = 75x − 15 (f + g)(x) = 2x2 + 12x − 2 (f · g)(x) = (15x − 3)(2x2 − 3x + 1) = 30x3 − 51x2 + 24x − 3 f 15x − 3 (x) = 2 g 2x − 3x + 1 Aus dem Definitionsbereich von Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 f müssen 1 und 1/2 ausgeschlossen werden, weil g 141 g(1) = 0 und g(1/2) = 0. Intervalle Seien a, b ∈ R mit a < b. Dann unterscheiden wir die folgenden Typen von Intervallen [a, b] = {x ∈ R : a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes Intervall, (a, b) = {x ∈ R : a < x < b} offenes Intervall, [a, b) = {x ∈ R : a ≤ x < b} (a, b] = {x ∈ R : a < x ≤ b} halboffene Intervalle. Intervalle der Form Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 142 [a, ∞) = {x ∈ R : x ≥ a} (−∞, b] = {x ∈ R : x ≤ b} (a, ∞) = {x ∈ R : x > a} (−∞, b) = {x ∈ R : x < b} werden uneigentliche Intervalle genannt, die ersten beiden sind abgeschlossene, die letzten beiden offene Intervalle. Monotonie Neben Injektivität und Surjektivität spielen weitere Eigenschaften von Funktionen eine wichtige Rolle. Besonders wichtig ist die Monotonie: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 143 Seien f : R → R eine Funktion und I ⊆ R ein Intervall im Definitionsbereich von f . Gilt für alle x1, x2 ∈ I mit x1 < x2 f (x1) ≤ f (x2) (bzw. f (x1) < f (x2)) (2.2) dann heißt f (streng) monoton wachsend in I. Gilt für alle x1, x2 ∈ I mit x1 < x2 f (x1) ≥ f (x2) (bzw. f (x1) > f (x2)) dann heißt f (streng) monoton fallend in I. Die Funktion f heißt (streng) monoton wachsend auf dem ganzen Definitionsbereich, wenn die Bedingung (2.2) für alle x1, x2 ∈ D(f ) mit x1 < x2 erfüllt ist. Entsprechendes gilt für (streng) monoton fallend Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 144 Die Stückkostenfunktion S(x) = 500 + 170.000 ist streng monoton fallend. x Anschaulich bedeutet das: Je mehr Stücke produziert werden, so geringer sind die Stückkosten, um so effizienter ist also die Produktion. Wir halten folgenden interessanten Zusammenhang zwischen Monotonie und Injektivität fest: Ist f streng monoton wachsend (oder streng monoton fallend) dann ist f injektiv, hat also eine Umkehrfunktion. Beispiel 2.13 Die Funktion f (x) = 2x2 + 4x − 30 ist auf [0, ∞) streng monoton wachsend, auf (−∞, −2] streng monoton fallend. Wo genau sich das Wachstumsverhalten umkehrt, ist am Graphen nicht genau zu erkennen. Das werden wir später mit mathematischen Methoden ermitteln können. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 145 Können Funktionen nicht beliebig groß oder klein werden, spricht man von beschränkten Funktionen: Sei f : R → R eine Funktion und sei D der Definitionsbereich. Gibt es ein c ∈ R mit f (x) ≥ c (bzw. f (x) ≤ c) für alle x ∈ D, dann heißt f nach unten (bzw. oben) beschränkt. Ist f nach unten und nach oben beschränkt, dann heißt f beschränkt. Anders formuliert: Der Wertebereich W (f ) ist beschränkt, also W (f ) ⊆ [a, b] für geeignete a, b ∈ R. Beispiel 2.14 Die Funktion f (x) = x2 − 4 mit dem Graphen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 146 4 2 –3 –2 –1 1 2 3 x –2 –4 ist nach unten beschränkt, weil f (x) ≥ 4 für alle x ∈ R. Die Funktion ist aber nicht nach oben beschränkt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 147 Beispiel 2.15 Die Funktion f (x) = x3 ist weder nach oben noch nach unten beschränkt. 8 6 4 2 –2 –1 1 2 x –2 –4 –6 –8 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 148 Wir betrachten wieder die Kostenfunktion K(x) = 170.000 + 500x auf dem Intervall [0, 2000]. Dort ist K beschränkt, weil K(x) ≥ K(0) = 170.000 K(x) ≤ K(2000) = 1.170.000 für alle x ∈ [0, 2000]. Das Intervall [0, 2000] könnte aus ökonomischer Sicht relevant sein, wenn etwa die Maximalauslastung bei 2000 produzierten Waschmaschinen liegt. Folgende Eigenschaft beschreibt eine gewisse Symmetrie des Funktionsgraphen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 149 Sei f : R → R eine Funktion mit D(f ) = R, die Funktion ist also auf ganz R definiert. Gilt f (−x) = f (x) für alle x ∈ R, dann heißt f gerade. Wenn f (−x) = −f (x) für alle x ∈ R gilt, dann heißt f ungerade. Der Graph einer geraden Funktion ist achsensymmetrisch zur y-Achse, der einer ungeraden Funktion ist punktsymmetrisch bezüglich des Ursprungs des Koordinatensystems. Beispiel 2.16 Die Funktion f (x) = x4 ist gerade, Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 150 16 14 12 10 y 8 6 4 2 –3 –2 –1 0 1 2 3 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 151 die Funktion f (x) = x5 ist ungerade: 15 10 y 5 –2 2 x –5 –10 –15 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 152 Nullstellen Häufig interessiert man sich für die Werte der unabhängigen Variable einer Funktion, für die der Funktionswert 0 ist: Sei f : R → R eine Funktion. Ist x0 ∈ D(f ) eine reelle Zahl mit f (x0) = 0, dann heißt x0 eine Nullstelle von f . Der folgende Graph skizziert eine Funktion mit drei Nullstellen (3, 1 und −3): Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 153 60 40 20 –3 –2 –1 1 2 3 4 x –20 –40 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 154 2.3 Elementare Funktionen Trigonometrische Funktionen (Winkelfunktionen) Vorbemerkung. Wir definieren die Winkelfunktionen bezogen auf die Bogenlänge x auf dem Einheitskreis, d.h. für x ∈ [0, 2π]. Alternativ werden die Argumente der Winkelfunktionen in Winkelgraden angegeben. Hier entspricht der Winkelgrad α = 360o der Bogenlänge x = 2π, und Anteile am Vollkreiswinkel 360o werden entsprechend in Anteile des Kreisumfangs umgerechnet: 2π 360o entspricht x = α= t t π α. d.h. die Bogenlänge zum Winkel α ist x = 180 (i) Sinus Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 155 Als Winkelfunktion ist die Sinus-Funktion in folgender Weise definiert. Für einen Winkel α ∈ [0, π2 ] ist sin α = Gegenkathete Hypothenuse , wobei hier die (Längen der) Gegenkathete und Hypothenuse in einem rechtwinkligen Dreieck mit Scheitelwinkel α gemeint ist. Für α ∈ [ π2 , π] ist sin α = sin(π − α). Für α ∈ [π, 2π] ist sin α = − sin(α − π). Ist x ∈ R, dann schreiben wir x = 2mπ + α mit m ∈ Z, α ∈ [0, 2π), und setzen sin x = sin α. Dadurch ist die Sinus-Funktion auf ganz R erklärt. Sie ist periodisch mit Periode 2π. Ihr Wertebereich ist W (sin) = {y ∈ R : −1 ≤ y ≤ 1} = [−1, 1]. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 156 π/2 − α Hypothenuse Gegenkathete α Ankathete Diese Skizze zeigt noch einmal die Größen, die bei der Definition der trigonometrischen Funktionen eine Rolle spielen. (ii) Cosinus: Als Winkelfunktion ist die Cosinus-Funktion in folgender Weise definiert. Ankathete Für einen Winkel α ∈ [0, π2 ] ist cos α = Hypothenuse , wobei hier die (Länge Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 157 der) Ankathete bzw. Hypothenuse in einem rechtwinkligen Dreieck mit Scheitelwinkel α gemeint ist. Für α ∈ [ π2 , π] ist cos α = − cos(π − α). Für α ∈ [π, 2π] ist cos α = − cos(α − π). Ist x ∈ R, dann schreiben wir x = 2mπ + α mit m ∈ Z, α ∈ [0, 2π), und setzen cos x = cos α. Auch die Cosinus-Funktion ist periodisch mit Periode 2π. Ihr Wertebereich ist ebenfalls W (cos) = [−1, 1]. –6 –4 1 0.5 –2 –0.50 –1 2 4 6 x Graphen von sin x (rot) und cos x (blau) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 158 Diese Abbildung illustriert π sin(x + ) = cos x 2 und π sin(x) = cos(x − ) 2 was man auch an der Skizze erkennt. Das bedeutet, dass der Graph der Sinus-Funktion aus dem Graph der Cosinus-Funktion durch Verschiebung um π/2 nach rechts entsteht. (iii) Tangens: Als Winkelfunktion ist die Tangens-Funktion für einen Winkel α ∈ [0, π2 ), α 6= Gegenkathete π , definiert als tan α = 2 Ankathete wobei hier die (Längen der) Gegenkathete und Ankathete in einem rechtwinkligen Dreieck mit Scheitelwinkel α gemeint ist. Es ist also sin α tan α = cos α Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 159 Wie vorher wird tan fortgesetzt, diesmal allerdings nur auf Definitionsbereich D = {x ∈ R : x 6= π2 + m · π, m ∈ Z}, und es ist den sin x tan : D → R , tan x = . cos x Als Wertebereich ergibt sich W (tan) = R. Der Tangens ist auf den Intervallen (− π2 + zπ, − π2 + zπ), z ∈ Z, streng monoton wachsend. (iv) Cotangens: Diese Funktion ist auf D = {x ∈ R | x 6= m · π, m ∈ Z} definiert durch x cot x = cos sin x . Als Wertebereich ergibt sich W (cot) = R. Der Cotangens ist streng monoton fallend auf den Intervallen (zπ, π + +zπ), z ∈ Z. Im folgenden Bild sind die Graphen für den Tangens rot und den Cotangens blau eingezeichnet. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 160 10 8 6 y 4 2 –4 –3 –2 –1 1 –2 2 3 4 x –4 –6 –8 –10 Graphen von tan x (rot) und cot x (blau) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 161 Eigenschaften der trigonometrischen Funktionen 1. Einige spezielle Werte sind 0 sin 0 cos 1 tan cot Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 0 −−− π/6 π/4 π/3 1 2 √ 3 2 √ 3 3 √ 3 √ 2 2 √ 2 2 1 1 √ π/2 3 2 1 1 2 0 √ 3 √ 3 3 −−− 0 162 2. Periodizität: sin(x + 2π) = sin x , cos(x + 2π) = cos x 3. Symmetrie: sin(−x) = − sin x , cos(−x) = cos x (sin ist eine ungerade und cos eine gerade Funktion.) 4. Satz des Pythagoras: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 sin2 x + cos2 x = 1. 163 5. Additionstheoreme: sin(x + y) = sin x · cos y + cos x · sin y cos(x + y) = cos x · cos y − sin x · sin y 6. Die trigonometrische Funktion tan ist streng monoton steigend auf (−π/2, π/2) und und die Funktion cot ist streng monoton fallend auf (0/π) (und den entsprechend verschobenen Intervallen). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 164 7. Verschiebungen um π/2: sin(x + π2 ) = cos(x) cos(x − π2 ) = sin(x) tan(x + π) = tan(π) cot(x + π) = cot(x) Treppenfunktionen Das sind Funktionen, die intervallweise konstant sind; bis auf die konstante Funktion haben solche Funktionen Sprungstellen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 165 Beispiel 2.17 • Ganzzahliger Anteil: Sei f : R → R, f (x) = trunc(x) wobei für x ∈ R durch trunc(x) der ganzzahlige Anteil von x (Vorkommastelle) bezeichnet sei. Als Wertebereich ergibt sich W (f ) = Z. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 166 • 3 • 2 –3 –2 ο –1 1 • ο 0 ο 1 2 ο 3 x ο ο • Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 • • –1 –2 –3 167 • Vorzeichenfunktion: Es sei 1 falls x > 0 0 falls x = 0 sgn : R → R , x 7→ −1 falls x < 0 1ο 0.5 –4 –3 –2 • –1 1 2 3 4 x –0.5 –1 ο Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 168 2.4 Polynome Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 169 Eine Funktion P : R → R gegeben durch P (x) = anxn + an−1 xn−1 + · · · + a1x + a0 = n X ak xk , k=0 wobei n ∈ N0, ak ∈ R und an 6= 0, heißt Polynom(funktion) vom Grad grad(P (x)) = n. Die Funktion P (x) = 0 heißt das Nullpolynom. Wir setzen grad(0) = −∞. Die Zahlen a0, a1, . . . , an heißen die Koeffizienten des Polynoms. Ist an = 1, dann heißt P normiert. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 170 60 40 20 –3 –2 –1 1 2 3 x –20 Graph von 2x4 − 10x2 + 3x − 10 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 171 Division mit Rest Seien S(x), T (x) zwei Polynome, T (x) 6= 0. Dann gibt es eindeutig bestimmte Polynome Q(x) und R(x) mit der Eigenschaft S(x) = T (x)Q(x) + R(x) und grad(R(x)) < grad(T (x)) Die Polynome Q(x), R(x) werden genauso wie beim “schriftlichen Dividieren” berechnet. R(x) heißt Rest von S(x) bei Division durch T (x). Gilt dabei R(x) = 0, so heißt T (x) ein Teiler von S(x). Beispiel 2.18 • Sei S(x) = 6x3 + 17x2 − 4x + 5, T (x) = 3x + 1. Dann ist 6x3 + 17x2 − 4x + 5 = (2x2 + 5x − 3) · (3x + 1) + 8, Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 172 also Q(x) = 2x2 + 5x − 3 und R(x) = 8. • Sei S(x) = x2 + x − 12, T (x) = x + 4. Wir erhalten x2 + x − 12 = (x − 3)(x + 4) + 0, also Q(x) = x − 3 und R(x) = 0. Der Buchstabe Q soll andeuten, dass es sich bei Q(x) um den Quotienten und bei R(x) um den Rest handelt. Allgemein gilt für x0 ∈ R und T (x) = x − x0 : Die Division mit Rest liefert die Darstellung S(x) = (x − x0)Q(x) + P (x0) Es ist also S(x0) = 0 genau dann, wenn S(x) von der Form S(x) = (x − x0 )Q(x) ist, d.h. wenn x − x0 das Polynom S(x) teilt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 173 Satz 2.1 (Nullstellen und Linearfaktoren) Sei P : R → R ein Polynom vom Grad n ∈ N. Dann ist x0 ∈ R eine Nullstelle von P genau dann, wenn es ein Polynom Pe : R → R vom Grad n − 1 gibt, so dass P (x) = (x − x0 ) · Pe(x). Das Polynom x − x0 heißt dann ein Linearfaktor des Polynoms P (x). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 174 (Vielfachheit von Nullstellen) Sei x0 ∈ R Nullstelle eines Polynoms P (x) 6= 0, und sei k ∈ N die größte Zahl, so dass (x − x0 )k das Polynom P (x) teilt. Dann heißt die Zahl k die Vielfachheit der Nullstelle x0. Beispiel 2.19 • Das Polynom P (x) = (x − 3)4(x + 2)3(x2 + x + 1) hat 3 als Nullstelle der Vielfachheit 4 und −2 als Nullstelle der Vielfachheit 3. Weitere Nullstellen hat das Polynom nicht, weil x2 + x + 1 keine Nullstellen hat. • Für quadratische Polynome der Form x2 + px + q ist die Lösungsformel zur Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 175 Bestimmung der Nullstellen bekannt als p −p ± p2 − 4q falls p2 > 4q 2 − p2 (doppelte Nullstelle) falls p2 = 4q keine falls p2 < 4q (siehe auch die p − q-Formel in Abschnitt 1). Für Polynome vom Grad 3 und 4 gibt es ebenfalls allgemeine Lösungsformeln zur Bestimmung der Nullstellen, die von einer ähnlichen Form wie die Lösungsformel für quadratische Polynome sind. Für allgemeine Polynome vom Grad ≥ 5 gibt es solche Formeln (aus prinzipiellen Gründen) nicht (das wurde 1823 von dem norwegischen Mathematiker Niels Abel bewiesen). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 176 • Finde alle Nullstellen von P (x) = x5 + 2x4 − 4x2 − 5x + 6. Durch Probieren findet man die Nullstelle x0 = 1. Division mit Rest liefert P (x) = (x − 1)(x4 + 3x3 + 3x2 − x − 6). Nun sieht man dass x0 = 1 auch Nullstelle des zweiten Faktors ist und Division mit Rest ergibt P (x) = (x − 1)2(x3 + 4x2 + 7x + 6). Durch Probieren findet man jetzt noch die Nullstelle x1 = −2 und nach Division mit Rest hat man P (x) = (x − 1)2(x + 2)(x2 + 2x + 3). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 177 Der letzte Faktor hat keine Nullstellen und somit lässt sich P (x) nicht weiter faktorisieren. Aber nur selten lassen sich die Nullstellen so einfach durch Probieren finden. Man benutzt dann oft Näherungsverfahren. Wir fassen einige Eigenschaften über die Nullstellen von Polynomen zusammen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 178 • Ein Polynom vom Grad n hat höchstens n Nullstellen (mit Vielfachheiten gezählt). Es gibt nicht-konstante Polynome ohne Nullstellen. • Jedes Polynom lässt sich schreiben in der Form P (x) = (x − x1)k1 · . . . · (x − xm)km R(x) wobei xi, i = 1, . . . , m, die Nullstellen von P (x) der Vielfachheit ki sind, und R(x) keine Nullstelle hat. • Ein reelles Polynom ungeraden Grades besitzt stets mindestens eine reelle Nullstelle. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 179 Mithilfe tiefliegender Ergebnisse der Algebra erhält man sogar folgende Faktorisierung eines Polynoms. Dieser Satz ist die reelle Form des sogenannten Fundamentalsatz der Algebra. Satz 2.2 Sei P : R → R ein normiertes Polynom vom Grad n. Dann lässt sich P (x) eindeutig als Produkt von linearen und quadratischen Faktoren in der folgenden Form schreiben: P (x) = (x − x1)k1 · · · (x − xr )kr · ·(x2 + p1x + q1)l1 · · · (x2 + psx + qs)ls mit x1, . . . , xr , p1, q1, . . . , ps, qs ∈ R, k1, . . . kr , l1 , . . . ls ∈ N, p2j < 4qj für j = 1, . . . , s (d.h., x2 + pj x + qj hat keine reelle Nullstelle). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 180 Oft sind die Koeffizienten der zu betrachtenden Polynome ganzzahlig. Ist außerdem das Polynom normiert, so gibt es ein einfaches Mittel, um die rationalen Nullstellen zu finden. Satz 2.3 (Nullstellentest) Sei P (x) = xn + an−1xn−1 + . . . + a1x + a0 ein normiertes Polynom mit Koeffizienten a0, . . . , an−1 ∈ Z. Ist x0 ∈ Q eine Nullstelle von P (x), dann ist x0 ganzzahlig und ein Teiler von a0. Beispiel 2.20 • Sei P (x) = x4 − x3 − 4x2 − x − 10. Dann kommen als rationale Nullstellen nur die (ganzzahligen) Teiler von 10 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 181 in Frage, d.h.: ±1, ±2, ±5, ±10. Einsetzen zeigt, dass von diesen 8 Werten nur −2 eine Nullstelle von P (x) ist. Der Graph von P (x) zeigt aber, dass es mindestens 2 verschiedene Nullstellen gibt. Es muss also noch mindestens eine weitere irrationale Nullstelle geben. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 182 60 40 20 –3 –2 –1 1 2 3 x –20 • Das Polynom x2 − 2 hat überhaupt keine rationalen Nullstellen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 183 2.5 Rationale Funktionen P (x) mit Eine Funktion f : R → R der Form x 7→ Q(x) Polynomen P (x), Q(x) heißt rationale Funktion. Der maximale Definitionsbereich von f = Sei x0 ∈ R mit Q(x0) = 0. Ferner sei P (x) = (x − x0)k P ∗(x), P (x) Q(x) ist D(f ) = {x ∈ R | Q(x) 6= 0}. Q(x) = (x − x0 )lQ∗(x), wobei also Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 P ∗(x0) 6= 0, Q∗(x0) 6= 0, ∗ P (x) P (x) k−l = (x − x0 ) . Q(x) Q∗(x) 184 P (x) . In der Nähe einer Polstelle werden Ist k < l, dann ist x0 eine Polstelle von Q(x) die Funktionswerte sehr groß (oder sehr klein), weil bei Annäherung an x0 der P ∗(x) k−l Wert von (x − x0) “gegen ±∞” geht, wohingegen der Ausdruck Q∗ (x) für x-Werte in der Nähe von x0 nicht in die Nähe von 0 kommt! Ist k ≥ l, dann ist x0 eine sogenannte hebbare Lücke. Zunächst einmal gehört x0 nicht zum Definitionsbereich, weil ja Q(x0) = 0 ist. Wir definieren einfach 0 P (x0) = P ∗(x0) Q Q∗(x ) 0 wenn k > l wenn k = l Das ist möglich weil Q∗(x0) 6= 0 und k ≥ l ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 185 Beispiel 2.21 • Für die Funktion P (x) (x − 1)2(x + 2) = f (x) = Q(x) (x − 1)(x + 3)2 P (x) ist (für x0 = 1) k > l und hat eine hebbare Definitionslücke. Der Q(x) Funktionswert für x0 = 1 wird definiert als 0. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 186 4 3 y 2 1 –2 –1 1 2 3 x –1 –2 Beachten Sie aber, dass die Funktion f (x) formal für x = 1 nicht definiert ist. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 187 • Für (x − 1)2(x + 2) P (x) = Q(x) (x − 1)2(x + 3)2 P (x) dort eine hebbare Q(x) 3 Definitionslücke. Der Funktionswert ist (per Definition) 16 . Das folgende Bild zeigt den Graph der Funktion f nur in der Nähe von x0 = 0. ist (an der Stelle x0 = 1) k = l und wieder hat Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 188 0.4 0.2 x –2 –1 1 2 3 –0.2 –0.4 y –0.6 –0.8 –1 Wenn Sie einen größeren Abschnitt auf der x-Achse betrachten, so “sehen” Sie eine Polstelle bei x = −3. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 189 x –6 –4 –2 2 0 –2 –4 y –6 –8 –10 • Ist nun Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 P (x) (x − 1)2(x + 2) = , Q(x) (x − 1)3(x + 3)2 190 so ist k < l (wieder für x0 = 1) und die Funktion hat dort eine Polstelle. 4 3 y 2 1 –1 1 2 3 x –1 –2 –3 –4 Beispiel 2.22 Ein typisches Beispiel für eine rationale Funktion ist die Stückkostenfunktion aus dem ersten Kapitel dieses Abschnitts (siehe Seite 112): Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 191 Allgemein ist die Kostenfunktion gegeben durch K(x) = kf + kv x mit den festen (monatlichen) Kosten kf des Unternehmens und den variablen Kosten kv , die pro produziertem Stück anfallen. Dann ist die Stückkostenfunktion S(x) = kf kf + kv x = kv + x x eine rationale Funktion mit einer Polstelle für x = 0. Partialbruchzerlegung Rationale Funktionen lassen sich als Summe einfacherer rationaler Funktionen schreiben, sofern man die Nullstellen des Nennerpolynoms kennt. Das soll Inhalt dieses Abschnitts sein. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 192 Beispiel 2.23 (i) Sei 36x2 + 48x − 12 P (x) = 3 . 2 Q(x) x + x − 4x − 4 Zunächst wird Q(x) zerlegt: Q(x) = (x + 1)(x + 2)(x − 2) Dann ist der Ansatz für die Partialbruchzerlegung P (x) a1 a2 a3 = + + Q(x) x + 1 x + 2 x − 2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 193 Es lassen sich nun a1, a2, a3 so bestimmen, dass die Gleichung erfüllt wird. Multiplikation mit Q(x) und dann Ausmultiplizieren liefert nämlich P (x) = 36x2 + 48x − 12 = a1(x + 2)(x − 2) + a2(x + 1)(x − 2) + a3(x + 1)(x + 2) = (a1 + a2 + a3)x2 + (−a2 + 3a3)x − 4a1 − 2a2 + 2a3 und Koeffizientenvergleich führt auf die “linearen” Gleichungen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 194 36 = a1 + a2 + a3 48 = −a2 + 3a3 −12 = −4a1 − 2a2 + 2a3 Auflösen ergibt: a1 = 8, a2 = 9, a3 = 19 (wie man effizient auch größere lineare Gleichungssysteme lösen kann, wird später in der Vorlesung behandelt). Also ist 36x2 + 48x − 12 x3 + x2 − 4x − 4 9 19 8 + + = x+1 x+2 x−2 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 195 (ii) Sei P (x) x5 + 4x4 + 5x3 + 5x2 + 2x − 5 = . Q(x) x4 + 5x3 + 9x2 + 8x + 4 Da hier der Zähler einen größeren Grad hat als der Nenner, wird zunächst P (x) mit Rest durch Q(x) geteilt; das liefert P (x) x3 + 6x2 + 6x − 1 =x−1+ 4 . 3 2 Q(x) x + 5x + 9x + 8x + 4 Nun setzt man R(x) = x3 + 6x2 + 6x − 1, und bestimmt die R(x) Partialbruchzerlegung von Q(x) . Wieder zerlegen wir Q(x): Q(x) = (x + 2)2(x2 + x + 1) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 196 Der Ansatz für die Partialbruchzerlegung ist jetzt a1 a2 bx + c R(x) = + + Q(x) x + 2 (x + 2)2 x2 + x + 1 Multiplikation mit Q(x), Ausmultiplizieren und Koeffizientenvergleich liefert a1 = −1, a2 = 1, b = 2, c = 0. Also ist x5 + 4x4 + 5x3 + 5x2 + 2x − 5 x4 + 5x3 + 9x2 + 8x + 4 =x−1− 1 1 2x + + x + 2 (x + 2)2 x2 + x + 1 Das Vefahren funktioniert immer, denn es gilt: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 197 Satz 2.4 (Partialbruchzerlegung) P (x) Sei Q(x) eine rationale Funktion, wobei der Grad von P (x) kleiner ist als der von Q(x). Ferner sei Q(x) wie in Satz 2.2 in r Linearfaktoren und s quadratische Terme zerlegt. Dann gibt es (eindeutig bestimmte) reelle Zahlen aij , bij , cij mit P (x) = Q(x) ki r X X li s X X aij bij x + cij + j 2 + p x + q )j (x − x ) (x i i i i=1 j=1 i=1 j=1 Die Gesamtzahl aller Koeffizienten aij , bij , cij ist der Grad von Q(x). Diese Zerlegung heißt Partialbruchzerlegung der rationalen Funktion P (x) Q(x) und die auf der rechten Seite auftretenden Brüche heißen Partialbrüche. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 198 Die Koeffizienten in der Partialbruchzerlegung werden – nach Multiplikation mit Q(x) auf beiden Seiten – durch Koeffizientenvergleich bestimmt (wie in Beispiel 2.23) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 199 Kapitel 3. Folgen und Stetigkeit 3.1 Folgen Eine Folge ist eine durchnummerierte Zusammenfassung von reellen Zahlen. Sie wird geschrieben als a = (a1, a2, a3, . . .) = (an)n∈N. Es ist also an ∈ R. Der Index n gibt an, an welcher Stelle in der Folge die Zahl an steht. Beispiel 3.1 1. Mit an = n2 ist a = (an) = (1, 4, 9, 16, . . .) die Folge der Quadratzahlen in N. 2. Mit bn = n1 ist b = (bn)n∈N = (1, 12 , 13 , 14 , . . .) die Folge der sogenannten Hauptbrüche in Q. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 200 3. Mit cn = (−1)n ist c = (cn)n∈N = (−1, 1, −1, 1, −1, . . .). 4. Mit dn = 2n ist d = (dn)n∈N = (2, 4, 8, 16, 32, 64, 128, . . .) die Folge der Zweierpotenzen. 5. Mit yn = − 1 n 3 ist y = (yn)n∈N 1 1 1 1 1 = − , ,− , ,− ,... . 3 9 27 81 243 6. Ist xn = (1 + n1 )n, dann ist 9 64 625 x = (xn)n∈N = 2, , , ,... 4 27 256 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 201 Einige weitere Folgenglieder sind in der folgenden Tabelle angegeben: n xn 1 2 10 2.59374 n xn 10000 2.71814 100 2.70481 100000 2.71826 1000 2.71692 1000000 2.71828 7. Die sogenannte Fibonacci-Folge ist die Folge (an)n∈N mit a1 = a2 = 1 und an = an−1 + an−2 für n ≥ 3. Die ersten Folgenglieder sind a = (1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, . . .). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 202 Die Zahl an heißt die n-te Fibonaccizahl. Folgen lassen sich auch als Abbildungen auffassen. Eine Folge ist eine Abbildung a : N −→ R mit Definitionsbereich N. Für den Wert a(n) an der Stelle n schreibt man üblicherweise an. Der Wert an heißt n-tes Folgenglied von a. Die Fibonacci-Folge heißt rekursiv definiert, da man zur Berechnung eines Folgenglieds an die vorherigen Folgenglieder benötigt (und Anfangswerte). Die anderen Folgen hingegen sind explizit definiert, da sich jedes an direkt aus dem Index n berechnen lässt. Man kann auch für die Fibonacci-Folge eine explizite Formel angeben. Die n-te Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 203 Fibonacci-Zahl an ist nämlich an = √ n 1+ 5 2 − √ 5 √ n 1− 5 2 . Wir können eine Folge a = (an)n∈N graphisch veranschaulichen, indem wir die Punkte mit den Koordinaten (n, an) für einige Werte von n in ein Koordinatensystem zeichnen. Wir tun dies hier für die ersten sechs Beispiele. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 204 Beispiel 3.1.2 Beispiel 3.1.1 1 400 0.8 300 0.6 200 0.4 100 0.2 0 2 4 6 8 10 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 12 14 16 18 20 0 5 10 15 20 25 30 x 205 Beispiel 3.1.4 1000 Beispiel 3.1.3 1 800 0.5 600 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 400 x 200 –0.5 0 –1 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 2 4 6 8 10 x 206 Beispiel 3.1.6 fuer n<20 Beispiel 3.1.6 fuer n<100 2.7 2.6 2.6 2.5 2.5 2.4 2.4 2.3 2.3 2.2 2.2 2.1 2.1 2 2 0 20 40 60 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 80 100 0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 x 207 Eine Folge a = (an)n∈N mit an 6= 0 für alle n ∈ N heißt geometrisch, wenn der Quotient aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, wenn es also eine Zahl q ∈ R gibt, so dass gilt an+1 = q für alle n ∈ N. an Beispiel 3.2 • Die Folge aus Beispiel 3.1.4 ist geometrisch, denn dn+1 2n+1 = n = 2 für alle n ∈ N. dn 2 Ebenso ist jede Folge mit der Vorschrift dn = q n für ein festes q ∈ R geometrisch. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 208 • Die anderen Folgen in Beispiel 3.1 sind nicht geometrisch. So ist etwa für die Folge mit bn = n1 b3 2 b4 3 = , aber = . b2 3 b3 4 Beispiel 3.3 Ein Anfangskapital K0 wird zum Zinssatz von p = 0.05 (also 5%) jährlich verzinst. Dann ist nach n Jahren das Kapital angewachsen auf den Wert Kn, der sich wie folgt berechnet (Zinseszinz!); K1 = K0 + pK0 = (1 + p)K0, K2 = K1 + pK1 = (1 + p)K1 = (1 + p)2K0, K3 = K2 + pK2 = (1 + p)K2 = (1 + p)3K0, und allgemein Kn = (1 + p)nK0. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 209 Die Folge der jährlichen Kapitalmenge (Kn)n∈N ist also geometrisch, da 1 + p für alle n ∈ N. Kn+1 Kn = Für eine geometrische Folge mit dem konstanten Quotienten an+1 =q an gilt an+1 = qan und daher a2 = qa1, a3 = qa2 = q 2a1, a4 = qa3 = q 3a1 und allgemein an = a1q n−1 oder an = a0q n Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 210 wobei a0 := a1 q . Wir können a0 als das nullte Folgenglied auffassen. Eine geometrische Folge ist also vollständig durch den Quotienten q und einen Anfangswert a0 (oder a1) bestimmt. Eine Folge a = (an)n∈N heißt arithmetisch, wenn die Differenz aufeinanderfolgender Glieder konstant ist, wenn es also eine Zahl d ∈ R gibt, so dass gilt an+1 − an = d für alle n ∈ N. Beispiel 3.4 Die Folge a = (an)n∈N mit an = 3n − 7 ist arithmetisch, denn an+1 − an = 3(n + 1) − 7 − 3n − 7 = 3 für alle n ∈ N. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 211 Die ersten Folgenglieder sind −4, −1, 2, 5, 8, . . .. Ist eine Folge a = (an)n∈N arithmetisch mit der konstanten Differenz an+1 − an = d für alle n ∈ N, dann gilt an+1 = d + an und die einzelnen Folgenglieder ergeben sich durch a2 = d + a1, a3 = d + a2 = d + d + a1 = 2d + a1, a4 = d + a3 = 3d + a1 und allgemein an = (n − 1)d + a1 oder an = nd + a0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 212 wobei a0 = a1 − d wie bei der geometrischen Folge als nulltes Folgenglied interpretiert werden kann. Eine arithmetische Folge ist also vollständig durch die Differenz d und einen Anfangswert a0 (oder a1) bestimmt. Ähnlich wie für Abbildungen wollen wir nun die Begriffe Monotonie und Beschränktheit für Folgen erklären. Zusätzlich gibt es noch den Begriff der alternierenden Folge (machen Sie sich klar, dass die Begriffe Monotonie und Beschränktheit sowohl für Folgen als auch reelle Funktionen sinnvoll sind, alternierend aber für Abbildungen auf R nicht sinnvoll definiert werden kann). Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 213 • Eine Folge a heißt konstant, falls an+1 = an für alle n ∈ N gilt. • Eine Folge (an)n∈N heißt monoton wachsend bzw. streng monoton wachsend, falls an+1 ≥ an bzw. an+1 > an für alle n ∈ N. • Eine Folge (an)n∈N heißt monoton fallend bzw. streng monoton fallend, falls an+1 ≤ an bzw. an+1 < an für alle n ∈ N. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 214 Eine Folge heißt alternierend, falls an+1 > 0 ist wenn an < 0 ist und an+1 < 0 wenn an > 0 ist. Anders gesagt: an+1an < 0 für alle n ∈ N (die Folgenglieder wechseln also in jedem Schritt das Vorzeichen). Beispiel 3.5 • Betrachte die Folgen aus Beispiel 3.1 Die Folgen a und d mit an = n2 und dn = 2n sowie die Fibonacci-Folge sind streng monoton wachsend. • Die Folge b mit bn = 1 n Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 ist streng monoton fallend. 215 • Die Folge c mit cn = (−1)n ist weder monoton wachsend noch monoton fallend. Sie ist alternierend. • Die Folge x mit xn = (1 + n1 )n ist streng monoton wachsend. Das wird zumindest durch den Graphen angedeutet und es lässt sich auch nachrechnen. • Außerdem ist auch die Folge der Kapitalmengen in Beispiel 3.3 bei konstanter jährlicher Verzinsung streng monoton wachsend. Das sollte natürlich auch so sein! • Beachte, dass es auch Folgen gibt, die weder monoton wachsend noch monoton fallend noch alternierend sind. Wenn wir mit tn die Anzahl der verschiedenen Primteiler von n bezeichnen, so sieht der Graph der Folge (−1)t(n)t(n) für 1000 ≤ n ≤ 1100 so aus: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 216 4 3 2 1 0 1020 1040 1060 1080 1100 –1 –2 –3 Für die besonders wichtigen geometrischen Folgen ist das Monotonieverhalten wie folgt: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 217 Sei a0 > 0. Die geometrische Folge a mit an = a0q n ist streng monoton wachsend, wenn q > 1 ist, streng monoton fallend, wenn q ∈ (0, 1) ist, und konstant, wenn q = 0 oder q = 1 ist. Für q < 0 ist die geometrische Folge an = a0q n alternierend. Sei a0 < 0. Die geometrische Folge a mit an = a0q n ist streng monoton fallend, wenn q > 1 ist, streng monoton wachsend, wenn q ∈ (0, 1) ist, und konstant, wenn q = 0 oder q = 1 ist. Für q < 0 ist die geometrische Folge an = a0q n alternierend. 1 n Beispiel 3.6 • Die Folge an = 5 2 ist streng monoton fallend. Die ersten Folgenglieder sind 5 5 5 5 5 . a1 = , a2 = , a3 = , a4 = , . . . , a10 = 2 4 8 16 1024 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 218 • Für an = 5 − 1 n 2 erhalten wir 5 5 5 5 5 a1 = − , a2 = , a3 = − , a4 = , a5 = − . . . . 2 4 8 16 32 Die Folge ist alternierend. Wir halten fest, dass die Folge (|an|) der Beträge von an monoton fallend ist. Eine Folge (an)n∈N heißt beschränkt, falls es eine Konstante M ∈ R gibt, so dass |an| ≤ M für alle n ∈ N, d. h. alle Folgenglieder liegen im Intervall [−M, M ]. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 219 Beispiel 3.7 • Die Folgen a und d mit an = n2 und dn = 2n sowie die Fibonacci-Folge aus Beispiel 3.1 sind nicht beschränkt. • Die Folge b mit bn = 1 n 1 ist beschränkt, denn n < 1 für alle n ∈ N. • Die Folge c mit cn = (−1)n ist beschränkt: |(−1)n| = 1 für alle n ∈ N. • Die Kapitalzuwachsfolge aus Beispiel 3.3 ist unbeschränkt. Wenn man nur lange genug wartet, wird das Kapital beliebig groß. • Eine geometrische Folge a mit an = a0q n ist unbeschränkt, wenn |q| > 1 ist und beschränkt, wenn q ∈ [−1, 1] ist. Zur Beschreibung des Verhaltens einer Folge bei wachsendem Index wird der Begriff Konvergenz eingeführt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 220 Zunächst einige anschauliche Beispiele von Konvergenz. Beispiel 3.8 • Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.1, 3.1.4 und 3.1.7 werden für wachsende n immer größer. Anders gesagt: sie gehen nach +∞. • Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.2 kommen für wachsende n immer näher an die x-Achse, anders: die Werte kommen der Null immer näher. • In der Folge aus Beispiel 3.1.3 wechseln sich die Werte 1 und −1 ab. Die Folge kommt weder dem Wert 1 noch dem Wert −1 beliebig nahe, weil immer wieder der jeweils andere Wert angenommen wird. • Die Folgenglieder aus Beispiel 3.1.5 wechseln sich mit dem Vorzeichen ab, aber wie in Beispiel 2 kommen die Werte der Null, also der x-Achse, immer näher. • Der Graph der Folge aus Beispiel 3.1.6 deutet an, dass die Folgenglieder zwar Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 221 stets anwachsen, aber nicht beliebig groß werden, sondern sich einem Wert nähern. Was ist der genaue Wert? Diesen Wert nennen wir den Grenzwert der Folge: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 222 Grenzwert (Limes) von Folgen Eine reelle Zahl a heißt Grenzwert oder Limes einer Folge (an)n∈N, wenn es zu jedem vorgegebenen ǫ > 0 einen von ǫ abhängigen Index n(ǫ) ∈ N gibt, so dass |an − a| ≤ ǫ für alle n ≥ n(ǫ). Eine Folge (an)n∈N heißt konvergent wenn sie einen Grenzwert a ∈ R besitzt. In diesem Fall schreiben wir: lim an = a n→∞ oder an → a für n → ∞. Sprechweise: Limes n gegen unendlich von an ist gleich a, oder: an konvergiert Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 223 gegen a für n gegen unendlich. Ist der Grenzwert a = 0, so heißt die Folge eine Nullfolge. Ist eine Folge nicht konvergent, so heißt sie divergent. Man sagt auch die Folge divergiert. Wir können auch noch verschiedene Arten der Divergenz unterscheiden. Die Folge an = n verhält sich sicherlich anders als die Folge (−1)n · n oder (−1)n. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 224 Eine Folge (an)n∈N heißt bestimmt divergent nach ∞, falls es zu jedem M ein n0 so gibt, dass an ≥ M für alle n ≥ n0 , gilt, d.h. die Folgenglieder werden beliebig groß. Entsprechend wird bestimmte Divergenz nach −∞ erklärt. Schreibweise: lim an = ∞, bzw. lim an = −∞. n→∞ n→∞ Achtung: Wir sagen nicht, dass die Folge gegen ∞ konvergiert. Wenn wir von Konvergenz sprechen, meinen wir stets Konvergenz gegen eine reelle Zahl, nie gegen ±∞! Man kann sich die Konvergenz gegen a auch folgendermaßen klar machen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 225 Eine Folge (an)n∈N konvergiert gegen ein a ∈ R genau dann, wenn für alle ǫ > 0 nur endlich viele Folgenglieder nicht im Intervall [a − ǫ, a + ǫ] liegen; ein solches Intervall heißt auch eine ǫ-Umgebung von a. Alternative Sprechweise: fast alle Folgenglieder (d.h. mit Ausnahme von höchstens endlich vielen) liegen im Intervall [a − ǫ, a + ǫ]. Insbesondere gibt es also nur einen Grenzwert für eine konvergierende Folge. Beispiel 3.9 • Die Folge a mit an = n2 aus Beispiel 3.1.1 ist divergent (bestimmte Divergenz nach ∞). • Die Folge b mit bn = 1 n ist eine Nullfolge. • Die Folge c mit cn = (−1)n ist divergent. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 226 • Die Folge d mit dn = 2n ist bestimmt divergent nach ∞. • Die Folge y mit yn = − 1 n 3 ist eine Nullfolge. • Die Folge x mit xn = (1 + n1 )n ist konvergent, ihr Grenzwert ist die Eulersche Zahl e, also 1 n e := lim 1 + ≈ 2.7182818 n→∞ n Wir gehen darauf später noch genauer ein. • Die Fibonacci-Folge ist bestimmt divergent gegen ∞. Aus der Definition der Konvergenz folgt sofort Jede konvergente Folge ist beschränkt. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 227 Wir wollen im nächsten Beispiel das Konvergenzverhalten der arithmetischen und n geometrischen Folgen sowie der Folgen n1 und (−1) zusammenfassen. n Beispiel 3.10 n 1 n an a + nd aq (a > 0) (1) d ≥ 0 q≥1 nein q>1 nein (1a) d > 0 (2) d ≤ 0 0≤q≤1 ja 0<q<1 ja (2a) d < 0 (3) d = 0 −1 ≤ q ≤ 1 ja (4) d = 0 −1 < q < 1 q = 1 ja a 0 a 0 Limes Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 (−1)n n nein nein nein nein ja ja 0 228 Die Zeileneinträge bedeuten dabei folgendes: (1): monoton steigend; (1a): streng monoton steigend (2): monoton fallend; (2a): streng monoton fallend (3): beschränkt (4): konvergent Wir geben jeweils an, für welche Werte von a, d, q die Folgen die entsprechende Eigenschaft haben. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 229 Ein sehr wichtiges Konvergenzkriterium ist das folgende: Jede beschränkte und monotone Folge (an)n∈N konvergiert, d.h. es gibt ein a ∈ R, so dass lim an = a. n→∞ Beispiel 3.11 Die Folge 3 (n+1) ist monoton (fallend) und beschränkt, also (−1)n 7n 2 konvergent, und der Grenzwert ist 0. Die Folge ist nicht monoton (aber beschränkt). Diese Folge ist auch konvergent (ihr Grenzwert ist ebenfalls 0). Es kann also durchaus nicht monotone Folgen geben, die konvergieren. Unbeschränkt kann eine konvergente Folge aber nicht sein! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 230 Rechenregeln für Grenzwerte Seien (an)n∈N, (bn)n∈N konvergente Folgen mit lim an = a und n→∞ lim bn = b. Dann gilt: n→∞ 1. (an ± bn)n∈N ist konvergent mit lim (an ± bn) = a ± b . n→∞ 2. (an · bn)n∈N ist konvergent mit lim (an · bn) = a · b . n→∞ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 231 3. Sei b 6= 0. Dann gibt es ein n0 ∈ N mit bn 6= 0 für alle n ≥ n0, an und die Folge ist konvergent mit bn n≥n0 an a = . n→∞ bn b lim 4. Sei λ ∈ R. Dann ist auch die Folge (λan)n∈N konvergent mit lim (λan) = λa . n→∞ Wir geben gleich eine Menge an Beispielen an, wie wir die oben angegebenen Sachverhalte ausnutzen können. Wir müssen, grob gesagt, den algebraischen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 232 Ausdruck, der die Folgenglieder an definiert, in Teilausdrücke zerlegen, von denen wir dann jeweils die Grenzwerte kennen. Bevor wir zu den Beispielen kommen, hier ein weiteres wichtiges Konvergenzkriterium: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 233 Ausquetschen Seien (a′n), (a′′n) konvergente Folgen mit lim a′n = a = lim a′′n . n→∞ n→∞ Ist (an) eine Folge mit a′n ≤ an ≤ a′′n für alle n , dann gilt auch lim an = a . n→∞ Als Spezialfall erhalten wir für Nullfolgen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 234 Sei (a′n) eine Nullfolge. Ist (an) eine Folge mit |an| ≤ a′n für alle n , dann ist auch (an) eine Nullfolge. Beispiel 3.12 (1) Für k ∈ N ist Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 1 lim = 0. n→∞ nk 235 (2) 1 1 3n2 + 1 = lim (3 + 2 ) = lim 3 + lim 2 = 3. lim n→∞ n→∞ n→∞ n n→∞ n2 n (3) Für a ∈ R mit |a| < 1 ist lim an = 0. n→∞ √ √ (4) Sei an = n + 1 − n, n ∈ N. Bei dieser Folge hilft ein Umformungstrick weiter: √ √ n+1− n = = und daher ist √n+1−n √ n+1+ n = √ 1 √ n+1+ n √ √ lim ( n + 1 − n) = 0. n→∞ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 √ √ √ √ ( n+1− n)( n+1+ n) √ √ n+1+ n 236 √ √ Warnung: Bei einem Grenzwert limn→∞ n + 1 − n versuchen viele Anfänger etwa wie folgt zu argumentieren: √ √ √ √ lim ( n + 1 − n) = lim n + 1 − lim n = ∞ − ∞ = 0. n→∞ n→∞ n→∞ Das geht aber so nicht, weil der Grenzwert der Summe zweier Folgen nur dann die Summe der Grenzwerte dieser beiden Folgen ist, wenn die beiden Grenzwerte existieren. Das ist aber in unserem Beispiel nicht der Fall.Außerdem macht ein Ausdruck der Form “∞ − ∞” keinen Sinn! Die oben angegebene Umformung ist somit falsch!!! Überlegen Sie sich bitte, dass man mit so einem Argument “zeigen” könnte limn→∞((n + 1) − n) = limn→∞(n + 1) − limn→∞(n) = 0, obwohl natürlich lim (n + 1 − n) = lim (1) = 1 gilt. n→∞ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 n→∞ 237 Beispiel 3.13 Als einen etwas komplizierteren Grenzwert wollen wir hier zeigen lim n→∞ √ n n=1 Dazu benötigen wir den binomischen Lehrsatz (a + b)n = n X n i=0 Hier ist (gelesen: n über i), wobei i aibn−i n n! = i i!(n − i)! m! = m · (m − 1) · (m − 2) . . . 2 · 1 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 238 die Fakultät von m ist (das ist das Produkt aller natürlichen Zahlen ≤ m). Machen wir uns dies an einem Beispiel klar: (a + b)3 = (a + b)2(a + b) = (a2 + 2ab + b2)(a + b) = = a3 + 3a2b + 3ab2 + b3 Der binomische Lehrsatz verallgemeinert also die binomischen Formeln (Spezialfall n = 2). √ Wir wollen etwas über die Konvergenz von an = n n aussagen. Dazu definieren wir bn = an − 1 und berechnen (bn + 1)n mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes: n = (bn + 1)n = n X n i=0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 i bni 1n−i n X n i bn , = i i=0 (3.1) 239 weil ja bn + 1 = √ n n. Die Gleichung (3.1) zeigt n 2 bn ≤ n, 2 weil bn ≥ 0 (beachte: an ≥ 1), also n(n − 1) 2 bn ≤ n, also bn ≤ 2 r 2 . n−1 Wegen bn ≥ 0 erhalten wir somit 0 ≤ bn ≤ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 r 2 n−1 240 und deshalb (“Ausquetschen”) lim bn = 0, n→∞ also lim (bn + 1) = lim n→∞ n→∞ √ n n = 1. Wir haben bereits ein Beispiel einer Folge gesehen, die die Entwicklung eines Anfangskapitals K0 bei einer p–prozentigen Verzinsung beschreibt. Wenn x = p/100 ist, gilt für das Kapital nach m Jahren Kn = (1 + x)mK0 nach einem Jahr also (1 + x)K0. Nun könnte man es doch als fair empfinden, wenn man statt einmal jährlich p Prozent Zinsen zu bekommen, monatlich p/12 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 241 Prozent gutgeschrieben bekommt. Dann wäre das Kapital nach einem Jahr x 12 K0 1+ 12 Bei einer täglichen Verzinsung ist das schon x 365 K0 1+ 365 Vergleichen wir, wie stark sich das Kapital bei den diversen Verzinsungssmodellen und x = 0.05, d.h. bei einer p–prozentigen Verzinsung, vergrößert: 1+x 1.05 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 x 12 x 365 1+ 1+ 12 365 1.05116 1.05127 242 Genauere Untersuchungen zeigen: lim n→∞ und n 1 1+ = e ≈ 2.71828 . . . n x n = ex lim 1 + n→∞ n Die Zahl e heißt Eulersche Zahl. Interessant ist, dass Banken bei Krediten eher eine monatliche Verzinsung wählen, bei Zinszahlungen aber eher nur jährlich abrechnen. Die unterschiedlichen Modelle können sich nach mehreren Jahren schon bemerkbar machen, wenn auch nicht sehr dramatisch. Wir können die Exponentialfunktion ex oder, wenn es um das Wachstum in m Jahren geht, die Funktion emx = (ex)m Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 243 als eine Grenzfunktion interpretieren, die das Wachstum bei einer kontinuierlichen oder stetigen Verzinsung beschreibt. Wir setzen wieder x = 0.05: (1 + x) m=1 m=2 m=5 m = 10 m = 20 m = 30 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 m 1.05 1.1025 1.2763 1.6289 2.6533 4.3219 1+ x 12m 12 1.0512 1.1049 1.2834 1.6470 2.7126 4.4677 emx 1.0513 1.1052 1.2840 1.6487 2.7183 4.4817 244 3.2 Stetigkeit und Grenzwerte Anschaulich gesprochen ist eine Funktion stetig, wenn ihr Graph sich zeichnen lässt, ohne den Stift abzusetzen. Das ist natürlich keine präzise mathematische Definition und auch nicht immer eine brauchbare Beschreibung, wie wir später in Beispiel 3.18 sehen werden. Zunächst einige einfache Beispiele. Beispiel 3.14 Der Graph der Funktion f : [0, 5] −→ [0, 5], f (x) = x, falls x ∈ [0, 2], 3, falls x ∈ (2, 5] ist gegeben durch Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 245 ο 3 2.5 • 2 1.5 1 0.5 0 1 2 3 4 5 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 246 wobei der • andeutet, dass f (2) = 2 ist. Offensichtlich hat die Funktion f an der Stelle 2 eine Sprungstelle. Die nächsten Beispiele sollten Ihnen aus dem Abschnitt über rationale Funktionen vertraut sein. Beispiel 3.15 Wir betrachten die Funktion f : R −→ R, x x−3+3 3 f (x) = = =1+ . x−3 x−3 x−3 Da f (x) für x = 3 nicht definiert ist, ist der maximale Definitionsbereich D(f ) = R\{3}. Der Graph von f hat die folgende Gestalt Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 247 15 10 5 0 2 3 4 5 x –5 –10 –15 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 248 Bei Annäherung der Argumente x von links gegen 3 werden die Funktionswerte beliebig klein, bei Annäherung von rechts beliebig groß. Beispiel 3.16 Die Funktion f : R −→ R, (x − 1)2(x + 2) f (x) = (x − 1)2 hat den Definitionsbereich D(f ) = R\{1} und den Graphen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 249 5 4 3 ο 2 1 –3 –2 –1 1 2 3 x –1 Die Funktion ist zwar an der Stelle x0 = 1 nicht definiert, aber offensichtlich kann durch Hinzunahme des Punktes (1, 3) der Graph “geschlossen” werden. Es gibt also eine schöne “Ersatzfunktion” g(x) = x + 2, die nach Hinzunahme des Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 250 Punktes (1, 3) entsteht. Wir wollen nun den Begriff der Stetigkeit formal exakt definieren. Wir beginnen dabei mit der Situation, dass wir Stetigkeit an einem Punkt des Definitionsbereiches untersuchen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 251 Sei f : R → R eine Funktion mit Definitionsbereich D. f heißt stetig an der Stelle x0 ∈ D, wenn sich zu jedem beliebig kleinen ε ∈ R+ ein δ ∈ R+ finden lässt, so dass für alle x-Werte in D, die weniger als δ von x0 entfernt sind, die zugehörigen Funktionswerte f (x) weniger als ε von f (x0) entfernt liegen. Präzise heißt dies, wenn aus |x − x0| < δ und x ∈ D stets |f (x) − f (x0)| < ε folgt. f heißt stetig auf der Teilmenge A ⊆ D, wenn f an jeder Stelle x0 ∈ A stetig ist. f heißt stetig, wenn f stetig auf dem ganzen Definitionsbereich D ist. Stetigkeit an einer Stelle x0 stellt man sich anschaulich folgendermaßen vor: Legt man symmetrisch um f (x0) einen waagerechten Streifen beliebig kleiner Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 252 Breite 2ε, so muss es einen senkrechten Streifen symmetrisch um x0 geben, so dass der Teil des Graphen, der im senkrechten Streifen liegt, automatisch auch in dem waagerechten Streifen liegt. Hierbei kann die Breite des senkrechten Streifen so klein wie nötig gewählt werden. Der waagerechte Streifen ist die Menge {(x, y) | x ∈ R, f (x0) − ε < y < f (x0) + ε}, der senkrechte ist die Menge {(x, y) | y ∈ R, x0 − δ < x < x0 + δ}. Das folgende Beispiel zeigt, wie man den δ-Streifen korrekt wählen kann, um hier beispielsweise Stetigkeit an der Stelle x0 = −2 zu zeigen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 253 1.2 1 • ε- Streifen 0.8 0.6 0.4 0.2 δ- Streifen 0 –2.8 –2.6 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 –2.4 –2.2 –2 x –1.8 –1.6 –1.4 –1.2 –1 254 Die nächste Skizze zeigt, wie es nicht geht. Hier ist δ zu groß gewählt worden. 1.2 1 • ε- Streifen 0.8 0.6 0.4 0.2 δ 0 –2.8 –2.6 –2.4 –2.2 –2 –1.8 –1.6 –1.4 –1.2 –1 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 255 Beispiel 3.17 Die Funktion aus Beispiel 3.14 ist nicht stetig an x0 = 2. Für einen waagerechten Streifen der Breite 1 (also ε = 1/2) symmetrisch um f (2) = 2 gibt es keinen passenden senkrechten Streifen. Die Funktion ist aber auf den Intervallen [0, 2] und (2, 5] stetig. In der folgenden Skizze ist der ǫ-Streifen wieder blau gekennzeichnet. Wir haben beispielhaft einen grünen δ-Streifen eingezeichnet. Auch wenn Sie δ kleiner wählen gelingt es Ihnen nicht, die Funktionswerte des δ-Streifens ganz in den ǫ-Streifen zu zwingen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 256 ο 3 2.5 • 2 1.5 1 0.5 0 1 2 3 4 5 x Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 257 Beispiel 3.18 Die Anschauung, dass eine Funktion stetig ist, wenn man ihren Graphen zeichnen kann, ohne den Stift abzusetzen, ist mit Vorsicht zu genießen. Man kann mit obiger Definition beweisen, dass die Funktion f : R −→ R, f (x) = ( x sin 0, 1 x , x 6= 0, x = 0. auf ganz R stetig ist, also auch an der Stelle x0 = 0 (sin bezeichnet die Sinus-Funktion). Ihr Graph hat folgendes Aussehen im Intervall [0.5, 0.5]: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 258 0.4 0.3 0.2 0.1 –0.4 –0.2 0.2 0.4 x –0.1 –0.2 “Zoomen” wir uns näher an die Werte für x = 0 heran, versucht MAPLE (ein Computeralgebra-System) den Graph im Intervall [0.00001..0.00001] so zu zeichnen: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 259 1e–05 8e–06 6e–06 4e–06 2e–06 –1e–05 –6e–06 0 –2e–06 2e–06 6e–06 1e–05 x –4e–06 –6e–06 –8e–06 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 260 Gemäß der Definition sind die beiden Funktionen in Beispiel 3.15 und 3.16 beide stetig, denn die einzigen Problemfälle der Graphen gehören nicht zum Definitionsbereich der jeweiligen Funktion. Um auch diese Phänomene zu behandeln, muss man geringfügig anders vorgehen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 261 Sei f : R → R eine Funktion mit Definitionsbereich D. Ferner sei x0 ∈ R und a ∈ R. Dann heißt a linksseitiger Grenzwert von f an der Stelle x0, falls es für alle ε ∈ R+ ein δ ∈ R+ gibt, so dass aus x ∈ D∩(x0 −δ, x0) stets |f (x) − a| < ε folgt. Wir schreiben dann lim f (x) = a. xրx0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 262 Analog definiert man rechtsseitigen Grenzwert, indem man (x̂, x0) und (x0 − δ, x0) durch (x0, x̂) und (x0, x0 + δ) ersetzt. In dem Fall, dass a rechtsseitiger Grenzwert an der Stelle x0 ist, schreibt man lim f (x) = a. xցx0 Besonders wichtig ist der Fall, dass rechts- und linksseitiger Grenzwert existieren und gleich sind: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 263 a heißt Grenzwert an der Stelle x0, wenn a links- und rechtsseitiger Grenzwert an x0 ist, Schreibweise: lim f (x) = a. x→x0 Es kann vorkommen, dass eine Funktion gar keinen rechtsseitigen Grenzwert an der Stelle x0 hat, aber einen linksseitigen oder umgekehrt. Sie kann auch weder einen rechtsseitigen noch einen linksseitigen Grenzwert an x0 haben. Die anschauliche Beschreibung mit dem waagerechten und senkrechten Streifen ist auch hier wieder anwendbar: man muss lediglich vom senkrechten Streifen nur die linke bzw. rechte Hälfte (ohne Mittelstreifen) betrachten. Beispiel 3.19 • Die Funktion in Beispiel 3.14 hat an der Stelle x0 = 2 den Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 264 linksseitigen Grenzwert 2 und den rechtsseitigen Grenzwert 3, also: lim f (x) = xր2 2 und lim f (x) = 3. Der linksseitige Grenzwert stimmt mit dem Funktionswert xց2 f (2) überein. • Die Funktion in Beispiel 3.15 hat an der Stelle x0 = 3 weder einen linksseitigen noch einen rechtsseitigen Grenzwert. • Die Funktion in Beispiel 3.16 hat an der Stelle x0 = 1 den Grenzwert 3, also lim f (x) = 3. x→1 Stetigkeit lässt sich mit Hilfe von Grenzwerten ausdrücken. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 265 Eine Funktion f : R −→ R ist stetig an der Stelle x0 ∈ D(f ), wenn f an der Stelle x0 einen linksseitigen und einen rechtsseitgen Grenzwert hat und diese beide mit dem Funktionswert f (x0) übereinstimmen, wenn also gilt: lim f (x) = lim f (x) = lim f (x) = f (x0). xրx0 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 xցx0 x→x0 266 Sei f eine auf (a, b) stetige Funktion. Ferner sei x ∈ (a, b) und xn eine Folge reeller Zahlen mit xn ∈ (a, b) für alle n. Wenn dann lim xn = x gilt, so ist n→∞ lim f (xn) = f (x). n→∞ Es genügt hier sogar, xn ∈ (a, b) nur für alle n > n0 für eine Zahl n0 ∈ N zu verlangen. Dieser Satz hat z.B. wegen der Stetigkeit der Wurzelfunktion folgende Konsequenz: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 267 Ist an ≥ 0 für alle n ∈ N und lim an = a, dann ist n→∞ lim n→∞ √ an = √ a. Hier sind noch einige Sprechweisen für Spezialfälle: Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 268 • Wenn x0 ∈ D(f ) ist und lim f (x) und lim f (x) xցx0 xրx0 beide existieren, aber verschieden sind, dann heißt x0 Sprungstelle von f . • Wenn x0 ∈ D(f ) ist und lim f (x) existiert x→x0 (also lim f (x) und lim f (x) beide existieren und xրx0 xցx0 übereinstimmen) aber von f (x0) verschieden ist, heißt x0 eine hebbare Unstetigkeitsstelle. • Ist x0 6∈ D(f ) und lim f (x) existiert, so heißt x0 x→x0 eine hebbare Definitionslücke. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 269 Beispiel 3.20 Für die Funktion f : R → R, f (x) = 2x + 7, x 6= 4, 13, x=4 mit dem Graphen Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 270 18 16 ο 14 • 12 2 3 4 5 6 x ist x0 = 4 eine hebbare Unstetigkeitsstelle. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 271 Rechenregeln für Grenzwerte Seien f, g : R → R Funktionen und x0 ∈ R eine Stelle derart, dass es Intervalle (x̂, x0) und (x0, x̂) in der Menge D(f ) ∩ D(g) gibt. Wenn limx→x0 f (x) und limx→x0 g(x) existieren, dann existieren auch limx→x0 (f (x) ± g(x)) und limx→x0 (f (x) · g(x)), und es ist limx→x0 (f (x) + g(x)) limx→x0 (f (x) − g(x)) limx→x0 (f (x) · g(x)) = = = limx→x0 f (x) + limx→x0 g(x) limx→x0 f (x) − limx→x0 g(x) limx→x0 f (x) · limx→x0 g(x) . (x) Ist außerdem limx→x0 g(x) 6= 0, dann existiert auch limx→x0 fg(x) , und es ist f (x) limx→x0 f (x) = lim x→x0 g(x) limx→x0 g(x) Entsprechende Aussagen gelten für einseitige Grenzwerte. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 272 Rechenregeln zur Stetigkeit Seien f, g : R → R Funktionen, die beide in x0 ∈ D(f ) ∩ D(g) stetig sind. Dann sind auch die Funktionen f ± g : R → R, f · g : R → R, λf : R → R (für alle λ ∈ R) stetig in x0. Ist zudem g(x0) 6= 0, f dann ist auch die Funktion : R → R stetig in g x0. Seien f : R → R und g : R → R Funktionen mit W (f ) ⊆ D(g). Ist f in x0 stetig, und ist g in f (x0) stetig, dann ist auch die zusammengesetzte Funktion g ◦ f : R → R in x0 stetig. Stetige Funktionen haben sehr schöne und anschauliche Eigenschaften. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 273 Satz 3.1 Sei f : R → R eine auf [a, b] ⊆ D(f ) stetige Funktion. Dann ist f beschränkt, und es gibt xmin, xmax ∈ [a, b], so dass gilt: f (xmin) ≤ f (x) ≤ f (xmax) für alle x ∈ [a, b] . (Eine stetige Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall ihr Minimum und Maximum an.) Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 274 Satz 3.2 (Zwischenwertsatz) Sei f : R → R eine auf [a, b] ⊆ D(f ) stetige Funktion. Dann gibt es zu jedem y0 ∈ R zwischen f (a) und f (b) (d.h. f (a) ≤ y0 ≤ f (b) oder f (b) ≤ y0 ≤ f (a)) ein x0 ∈ [a, b] mit f (x0) = y0. (Eine stetige Funktion nimmt auf einem abgeschlossenen Intervall jeden Zwischenwert an.) Ist in dieser Situation f (a)f (b) < 0, dann hat f eine Nullstelle in [a, b]. Dies lässt sich benutzen, um Nullstellen näherungsweise zu berechnen. Beispiel 3.21 Die Funktion f : R → R, Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 f (x) = x3 + 3x2 − 5x − 1 275 hat den Graphen 10 x –5 –4 –3 –2 –1 1 2 0 –10 –20 also drei Nullstellen zwischen −5 und 2. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 276 Ist der Definitionsbereich von f kein abgeschlossenes Intervall, dann sind die obigen Eigenschaften stetiger Funktionen im allgemeinen nicht gegeben. Beispiel 3.22 Die Funktion tan x ist auf dem offenen Intervall (−π/2, π/2) definiert und dort stetig. Sie nimmt dort aber kein Maximum oder Minimum an. Die Funktionen, die wir bislang kennengelernt haben, sind fast alle stetig: Polynome, rationale Funktionen, die Winkelfunktionen sowie die Exponential- und Logarithmusfunktionen sind alle stetig auf ihrem Definitionsbereich. Nicht stetig auf dem ganzen Definitionsbereich hingegen sind Treppenfunktionen! Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 277 Uneigentliche Grenzwerte Werden die Funktionswerte in der Nähe einer Stelle x0 beliebig groß (positiv oder negativ), so spricht man von einem Pol. Das soll hier präzisiert werden. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 278 Sei f : R → R eine Funktion mit D(f ) = D. Ferner sei x0 ∈ R. Falls es für alle beliebig großen M ∈ R+ ein δ ∈ R+ gibt, so dass für alle x ∈ D ∩ (x0 − δ, x0) stets f (x) > M gilt, dann sagen wir f geht linksseitig nach ∞ Falls stets f (x) < −M folgt, dann sagen wir f geht linksseitig nach − ∞. Schreibweise: lim f (x) = +∞, xրx0 lim f (x) = −∞. xրx0 Man nennt ±∞ uneigentliche Grenzwerte. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 279 Analog definiert man lim f (x) = +∞ bzw. lim f (x) = −∞. xցx0 xցx0 lim f (x) = ±∞ und lim f (x) = ±∞ Gilt xցx0 xրx0 (wobei auch ver- schiedene Vorzeichen vorkommen können), so schreibt man lim f (x) = ±∞. In diesem Fall heißt x0 eine Polstelle von f . x→x0 Ist das Vorzeichen bei links- und rechtsseitiger Annäherung x → x0 gleich, so schreiben wir lim f (x) = +∞ bzw. lim f (x) = −∞. x→x0 x→x0 Wir wollen dies am Beispiel erläutern: Beispiel 3.23 • Die Funktion aus Beispiel 3.15 geht an der Stelle x0 = 3 linksseitig nach −∞ und rechtsseitig nach +∞, also lim f (x) = −∞ und lim f (x) = +∞, d.h. lim f (x) = ±∞. xր3 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 xց3 x→3 280 • Die Funktion 2 (x − 4)2 geht für x0 = 4 beidseitig nach +∞, also lim f (x) = +∞. f : R → R, f (x) = x→4 Wir wollen abschließend noch das Verhalten von Funktionen für x → ±∞ untersuchen. Wir beginnen mit der Situation, dass f für x → ∞ gegen eine Zahl a ∈ R konvergiert. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 281 Sei f : R −→ R eine Funktion. f heißt für x → ∞ (bzw. x → −∞) konvergent gegen a ∈ R, falls es für alle ε ∈ R+ ein t(ε) ∈ R+ gibt, so dass gilt ist x > t(ε), dann folgt |f (x) − a| < ε bzw. ist x < −t(ε), dann folgt |f (x) − a| < ε. Wir schreiben dann lim = a bzw. x→∞ lim = a. x→−∞ Die Situation lässt sich formal genau wie bei Grenzwerten für x → x0 mit waagerechten Streifen der Breite 2ε um den Wert a veranschaulichen. Für lim f (x) = a muss der Funktionsgraph innerhalb des gesamten senkrechten x→∞ Streifens rechts von t(ε) auch innerhalb des waagerechten Streifens liegen. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 282 Wir kommen nun zu der Situation, dass für große Werte von x die Funktion f nach ∞ strebt: Die Funktion f : R −→ R geht für x → ∞ nach ∞ (bzw. −∞), falls es für alle M ∈ R+ ein t(ε) ∈ R+ gibt, so dass gilt ist x > t(ε), dann folgt f (x) > M bzw. ist x > t(ε), dann folgt f (x) < −M. Man schreibt dann lim = ∞ bzw. lim = −∞ , x→∞ x→∞ analog für x → −∞ definieren. Ist f nicht konvergent, so nennen wir f divergent. Wenn f nach ∞ strebt, so sprechen wir von bestimmter Divergenz. Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 283 Es gelten für die Grenzwerte limx→∞ die analogen Rechenregeln wie für Grenzwerte bei Konvergenz x → x0. Im Fall bestimmter Divergenz darf man mit dem Symbol ∞ nicht rechnen wie mit reellen Zahlen, z.B. machen Ausdrücke der Form ∞ − ∞ oder ∞ ∞ keinen Sinn! 3x2 − 2x + 5 Beispiel 3.24 1. f (x) = x2 + 6 3 2.5 2 1.5 1 –60 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 –40 –20 0 20 40 x 60 284 Der Graph zeigt lim f (x) = 3 = lim f (x). Beweisen lässt sich dies durch x→∞ x→−∞ Umformung zu 3 − x2 + x52 1+ 6 x2 , und Benutzen von 1 = 0 für alle n ∈ N. lim x→±∞ xn Wir notieren noch lim xn = ∞ für alle n ∈ N. x→∞ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 285 2. f (x) = −2x3 + 17x2 + 10x + 20 600 400 200 –4 –2 2 4 x 6 8 10 Der Graph zeigt lim f (x) = −∞ und lim f (x) = ∞ und dies lässt sich mit x→∞ x→−∞ den gleichen Methoden wie in 1. zeigen: 17 10 20 f (x) = x · (−2 + + 2 + 3 ). x x x 3 Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 286 3. lim ex = ∞ und lim ex = 0. x→∞ x→−∞ ex + 2 . Der Graph 4. f (x) = 2x e −2 2 1 –6 –4 –2 2 x4 6 0 –1 –2 –3 zeigt lim f (x) = 0 und lim f (x) = −1. Der zweite Grenzwert folgt sofort x→∞ x→−∞ aus den üblichen Rechenregeln zusammen mit dem vorigen Beispiel. Der erste Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 287 Grenzwert folgt aus 1 + e2x f (x) = x 2 . e − ex Wir sehen, dass der Zähler hier gegen 1 geht, der Nenner konvergiert gegen a = 0”, wobei a ∈ R. ∞, der Quotient geht also gegen 0. Lax gesprochen: “ ∞ Grundkurs Mathematik – WiSe 2007/2008 288