Berliner Forum Klinik & Offizin Arzneimitteleinnahme vor, zum oder nach dem Essen? Wolfgang Mehnert Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion • Negativer und positiver Food-Effekt • Prüfung des Food-Effektes • Ursachen von Arzneimittel-Nahrungsmittel-Interaktionen Veränderung der Magenentleerung (Arzneistoff, Arzneiform) des pH-Wertes des Magensaftes Komplexbildung mit Nahrungsbestandteilen • Zytoralia • Einnahmeflüssigkeit • Allgemeingültige Regeln Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Wie häufig sind Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktionen? Literaturdatenbank PubMed „food-drug interactions“, 30.9.2015) 2033 Publikationen, 459 Übersichtsarbeiten Bei über 300 Arzneistoffen können Wechselwirkungen mit Nahrungs- und Genussmitteln auftreten. Das entspricht etwa 12,5 % aller Fertigarzneimittel. (ABDA) Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion negativer Food-Effekt Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Gebrauchsinformation Fosamax ….direkt nach dem morgendlichen Aufstehen auf nüchternen Magen ….nur mit einem vollen Glas einfachem Leitungswasser (nicht weniger als 200 ml) und mindestens 30 Minuten vor der Einnahme von Nahrung, Getränken oder anderen Arzneimitteln ….nicht mit Tee, Kaffee, Mineralwasser Arzneimittel-Nahrungsmittel-Wechselwirkung Bisphosphonate Problem: sehr geringe Bioverfügbarkeit absolute Bioverfügbarkeit: 0,5 bis 6 % Alendronat: ~ 0,7 % Risedronat: ~ 0,5 % Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion positiver Food-Effekt Mittlere Plasmakonzentrationen von Lapatinib nach einmaliger Gabe bei unterschiedlichen Einnahmebedingungen (nach Koch et al., 2009) Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Tyverb (Lapatinib) • mindestens 1 h vor dem Essen oder mindestens 1 h nach dem Essen bei Einnahme mit der Mahlzeit (niedriger Fettanteil (5% Fett [500 Kalorien], hoher Fettanteil (50 % [1000 Kalorien] AUC 3- bzw. 4fach Cmax 2,5- bzw. 3 fach • nicht mit Grapefruitsaft einnehmen Untersuchung des Food-Effektes Food-Effect Bioavailability and Fed Bioequivalence (FAD, 2002) FDA) Cross-over-Studie mit 2 Behandlungen (nüchtern versus nach Nahrung) mit 12 Probanden präprandial: nach 10stündiger Nahrungskarenz Einnahme des Arzneimittels mit 240 mL Wasser prandial: nach 10stündiger Nahrungskarenz 30 Minuten vor Arzneimittel-Applikation Einnahme einer Mahlzeit (800 – 1000 kcal, Proteine: 150 kcal, Kohlenhydrate: 250 kcal, Fett: 500 – 600 kcal) 1 Stunde p.a. Einnahme von Wasser, 4 Stunden p.a. Nahrungsaufnahme gestattet Testmahlzeit standardisiertes Frühstück („Amerikanisches Frühstück“) 2 in Butter gebratene Eier 2 Scheiben gebratener Schinkenspeck 2 Scheiben Toast mit Butter bestrichen 113 Gramm in Fett gebratene geriebene Kartoffeln 240 ml Vollmilch Nutritiv bedingte Veränderungen Ursachen nutritiv bedingter Veränderungen Nutritiv bedingte Veränderungen Pharmakokinetische Interaktionen • Veränderung der physiologischen Bedingungen • direkte Wechselwirkung zwischen Arzneistoff und Nahrungsbestandteilen Beeinflussung der - Liberation - Absorption, - Distribution, - Metabolisierung, - Elimination Nutritiv bedingte Veränderungen Pharmakodynamische Interaktionen • Nahrungsmittel mit „pharmakologischer“ Wirkung - biogene Amine Monoaminoxidase-Hemmer - Vitamin K-haltige Antikoagulantien Nahrungsmittel (Goji-Beeren) (- Lakritze Antihypertensiva) Veränderung physiologischer Verhältnisse • Magenentleerung • pH-Wert des Magensaftes • präsystemischer First-Pass-Effekt • Beeinflussung von Transporterproteinen (Efflux-, Uptake-Transporter) • Sekretion von Magensaft und Galle • pH-Wert des Harns • Viskosität der Gastro-Intestinal-Flüssigkeit • Durchblutung des gastrointestinalen Gewebes • hepatischer First-Pass-Effekt • Metabolisierung • aktive Resorption Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Mögliche Einflüsse der Nahrung • Veränderung physiologischer Verhältnisse im Magen-DarmTrakt Beeinflussung der Resorption durch verlängerte Verweilzeit im Magen (verzögerte, verminderte oder erhöhte Resorption) • Direkte Wechselwirkung zwischen Arzneistoff und Nahrungsbestandteilen Komplexbildung mit Nahrungsbestandteilen Steuerung der Magenentleerung Kaloriendichte der Nahrung die in den Dünndarm gelangende Energiemenge/Zeiteinheit ist konstant (~ 150 Kcal/h) Proteine und Kohlenhydrate etwa gleich schnell entleert, Lipide deutlich langsamer verzögernder Effekt der Lipide unterschiedlich sehr ausgeprägt bei Ammoniummyristat Hemmung der Magenentleerung durch Ausschüttung von GLP-1 (Glucagon-like Peptid 1) Magenentleerung Kaloriendichte der Nahrung kcal Fett, 1 g 9,3 Eiweiß, 1 g 4,1 Kohlenhydrate, 1 g 4,1 Alkohol, 1 g 7,1 Milch 3,5 %, 100 ml 69 Apfelsaft, 100 ml 46 17 Magenentleerung – Arzneiform Magenverweilzeit einer Single-Unit-Arzneiform in Abhängigkeit vom Kaloriengehalt der Nahrung Wasser 652 kJ (Milch) 2200 kJ Magenverweilzeit, min 38 11 128 14 249 24 Magenentleerung Auswirkungen einer veränderten Magenentleerung • • Eigenschaften des Arzneistoffs (Löslichkeit, chemische Stabilität) Charakteristika der Arzneiform Magenentleerung – Resorption erhöhte Resorption Beispiel Griseofulvin • • • gastrische Verweilzeit direkte WW mit Nahrungsfett mizellare Solubilisation (Gallensäuren) Einfluss der Nahrungsaufnahme auf GriseofulvinPlasmakonzentrationen nach peroraler Gabe (nach Crounse, 1961) Magenentleerung – Resorption Fachinformation Griseo-CT Tabletten Art der Anwendung Tabletten unzerkaut möglichst mit einer fettreichen Mahlzeit und mit reichlich Flüssigkeit, idealerweise Milch, einnehmen. Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Gebrauchsinformation Carmen, Corifeo Lercanidipinhydrochlorid (Antihypertensivum) - wenigstens 15 Minuten vor einer Mahlzeit einzunehmen Verfügbarkeit um das 4fache erhöht bei Einnahme bis zu 2 Stunden nach einer fettreichen Mahlzeit - nicht mit Grapefruitsaft einnehmen Lercanidipin ausgeprägt lipophiler Arzneistoff (log P ≈ 6) Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion verlängerte Verweildauer des Arzneimittels im Magen nach Nahrungsaufnahme Analgetika zur akuten Schmerzbekämpfung möglichst auf nüchternen Magen und mit viel Flüssigkeit einnehmen Wirkung stärker und früher tmax: präprandial: 40 min, prandial: 180 min (nach Divoll et al., 1982) Magenentleerung - Arzneiform verlängerte Verweildauer im Magen nach Nahrungsaufnahme besonders problematisch bei magensaftresistenten nichtzerfallenden Tabletten Teilchen über 2 mm verlassen den Magen erst im Nüchternzustand Magenentleerung – Arzneiform Magensaftresistente Arzneiformen eine riskante Arzneiform? Magenentleerung – Arzneiform Beispiel Acetylsalicylsäure magensaftresistente Tablette magensaftresistentes Granulat Nahrung – magensaftresistente Retardtablette (nach Blume et al., 2002) Magenentleerung – Arzneiform monolithische, nicht zerfallende Arzneiformen nach prandialer Applikation vom verdauenden Magen i.d.R. nicht entleert, Weitertransport in den Dünndarm erst nach Abschluss der Verdauungsphase und Erreichen der Motilitätsphasen 2 und 3 der Nüchternperistaltik möglich mehrere Mahlzeiten täglich Nüchternzustand wird tagsüber nicht erreicht Multiple units werden vom verdauenden Magen entleert Magenentleerung • nicht zerfallende Arzneiformen werden erst nach Abschluss der Verdauungsphase und Erreichen der Phase III in den Dünndarm transportiert • Wasser und unkalorische Flüssigkeiten laufen nahezu ungehindert durch den nüchternen Magen • kleine Mengen flüssiger Darreichungsformen verlassen den Magen nüchtern mit einer Halbwertszeit von 10 – 20 Minuten • Arzneistofflösungen passieren den gefüllten Magen relativ unbehindert, in dem sie an der Magenwandung (kleine Kurvatur) entlang zum Pylorus fließen • Bestandteile zerfallener Arzneiformen sowie formstabiler Pellets (Durchmesser kleiner als 2mm) werden zusammen mit der Nahrung portionsweise entleert pH-Wert des Magensaftes nüchtern: pH 1,2 bis 1,8 nach Nahrungsaufnahme: pH 4 bis 7 2 bis 3 h nach Nahrungsaufnahme: pH 3 Bindung an freie AminoGruppen der Polypeptide, entstanden durch Hydrolyse von pH-Wert bei 6 Probanden nach Einnahme von 400 ml Proteinen einer gemischten Mahlzeit von pH 6 mit 1920 J (nach Malagelada, 1976) Arzneimittel - Nahrungsmittel - Wechselwirkung Verminderung der Tetracyclin-Resorption nach prandialer Applikation (nach Kirby, 1961) pH-Änderungen des Magensaftes Itraconazol Fachinformationen Sempera Die Hartkapseln sollten direkt nach dem Essen eingenommen werden. Bei erniedrigter Azidität des Magens wird die Resorption von Itraconazol aus der SEMPERA Kapsel beeinträchtigt. ……..SEMPERA Kapseln mit einem Cola-Getränk einnehmen. Itraderm …Kapseln mit einem kohlensäurehaltigen Getränk mit niedrigem pH-Wert einzunehmen. pH-Änderungen des Magensaftes pH-abhängige Löslichkeit von Hilfsstoffen unbeabsichtigte Freisetzung von Bisacodyl im Magen nach Einnahme mit Milch Übelkeit Fachinformation Dulcolax Dragees: Die Einnahme erfolgt unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit (vorzugsweise ein Glas Wasser, aber keine Milch). Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion Mögliche Einflüsse der Nahrung • Direkte Wechselwirkung zwischen Arzneistoff und Nahrungsbestandteilen Komplexbildung mit Nahrungsbestandteilen Arzneimittel - Nahrungsmittel - Interaktion polyvalente Kationen, z.B. Calcium, Aluminium, Magnesium, Eisen schwer resorbierbare Komplexe Resorption calciumreiche Nahrungsmittel: Milch, Milchprodukte wie Joghurt, Quark, Käse, Mineralwasser - Bisphosphonate - Tetracycline - Gyrasehemmer (Norfloxacin (BV 40 %) und Ciprofloxacin) - natriumfluoridhaltige Präparate - Schiddrüsenhormone Arzneimittel-Nahrungsmittel-Wechselwirkung Schilddrüsenhormone Interaktion mit Calcium-, Eisen- und Aluminiumionen • Einnahme mit Leitungswasser, 30 bis 60 Minuten vor dem Frühstück • Calciumionen enthaltende Milchprodukte 2 h nach Einnahme von L-Thyroxin Arzneimittel-Nahrungsmittel-Wechselwirkung Aluminium-haltige Arzneimittel (Antazida) wasserlösliche Aluminium-Citrat-Komplexe Aluminiumkonzentration (Aluminiumenzephalopathie) kritisch bei niereninsuffizienten Patienten Citrate enthaltende Nahrungsmittel Limonaden, Obstsäfte, Wein Arzneimittel-Nahrungsmittel-Wechselwirkung Eisenresorption vermindert durch Alginate, Oxalate (Rharbarber, Spinat), Phytate, Phosphate (Reis, Getreide, Bohnen), gerbstoffhaltigen Tee, Milch, Sahne, eiweißreiche Nahrung Adsorption, schwerlösliche Komplexverbindungen Einnahme ½ bis 1 Stunde vor dem Essen Zytoralia orale Zytostatika sehr beratungsintensive Arzneistoffe auch hinsichtlich Einnahmezeitpunkt (häufig sehr geringe Wasserlöslichkeit, basische Arzneistoffe → Löslichkeit im sauren pH-Milieu ) Positiver Food-Effekt bei Zytoralia Wirkstoff Veränderung Bioverfügbarkeit nach Einnahme mit Mahlzeit (%) Einnahmeempfehlung lt. FI Abirateron (Zytiga®) + 1000 nüchtern Bosutinib (Bosulif®) + 130 mit Mahlzeit Erlotinib (Tarceva®) + 100 nüchtern Lapatinib (Tyverb®) + 325 nüchtern Nilotinib (Tasigna®) + 80 nüchtern Pazopanib (Votrient®) + 100 nüchtern Positiver Food-Effekt bei Zytoralia Wirkstoff Veränderung Bioverfügbarkeit nach Einnahme mit Mahlzeit (%) Einnahmeempfehlung lt. FI Regorafenib (Stivarga®) + 48 nach leichter Mahlzeit Vemurafenib (Zelboraf®) + 370 unabhängig von Mahlzeiten nüchtern: mindestens 2 h nach einer Mahlzeit, nach Einnahme mindestens 1 h keine weitere Nahrungsaufnahme FI Stivarga® : leichte Mahlzeit (weniger als 30 % Fett), z.B. etwa 30 g Cerealien, 1 Glas Magermilch, 1 Scheibe Toast mit Marmelade, 1 Glas Apfelsaft und 1 Tasse Kaffee oder Tee (520 Kalorien, 2 g Fett) Einnahmeflüssigkeit Einnahmeflüssigkeit Einnahmeflüssigkeit Wasser Beispiel Amoxicillin Foto: ABDA Mittlere Serumkonzentration von Amoxicillin bei nüchternen Probanden nach Einnahme von Amoxicillin-Kapseln (nach Welling, 1980) Einnahmeflüssigkeit Grapefruitsaft Naringin/Naringenin • Inaktivierung intestinaler CYP3A4-Metabolismus im Dünndarm • Inhibition Efflux-Transporters P-gp Serumkonzentrationen von Lovastatin (80 mg) nach Einnahme mit 200 ml Wasser oder 200 ml Grapefruitsaft nach 2 Tagen 3 x täglich 200 ml Grapefruitsaft, n=10 (nach Kantola et al., 1998) AUC: 15fache Erhöhung (5,7 – 26,3) Cmax: 12fache Erhöhung (5,2 – 19,7) Einnahmeflüssigkeit Orangensaft Hesperidin Hemmung eines ArzneistoffTransporters (OATP1A2) nach Lilja et al., 2005 Einnahmeflüssigkeit Grapefruitsaft Flavonoide: Naringin/Naringenin (reversible Hemmung) Furanocoumarine: Bergamottin, 6‘,7‘-Dihydroxybergamottin (irreversible Hemmung) • Inaktivierung intestinaler CYP3A4-Metabolismus • Inhibition Efflux-Transporters P-gp Uptake-Transporters OATP Einnahmeflüssigkeit Grüner Tee Epigallocatechine Hemmung eines Arzneistoff-Transporters Plasmakonzentrationen von Nadolol nach Einnahme mit 350 mL Wasser oder Grünem Tee, zusätzlich 350 mL 0,5 h p.a. nach einer „Vorbehandlung“ mit Wasser oder grünem Tee über 14 Tage (n=10) n. Misaka et al., Clinical Pharmacology & Therapeutics (2014) Einnahmehinweise Allgemeingültige Regeln? Einnahmehinweise nüchtern 30 – 60 Minuten vor der Mahlzeit oder frühestens 2 Stunden nach der Mahlzeit vor dem Essen etwa 30 Minuten vor der Mahlzeit zum Essen während der Mahlzeit oder unmittelbar danach nach dem Essen ungenauer Einnahmehinweis, in den Gebrauchsinformationen genauere Angabe, z.B 1 Stunde nach dem Essen unabhängig von der Mahlzeit vor dem Essen, zum Essen, nach dem Essen oder zu einem beliebigen Zeitpunkt zwischen den Mahlzeiten Einnahmehinweise nüchtern nach 8 – 10 h ohne Nahrungsaufnahme und weiteren 3 – 5 h ohne Nahrungsaufnahme nach Einnahme zum Essen 30 Minuten nach Beginn der Mahlzeit Einnahmehinweise Nüchtern-Einnahme • morgens ein bis zwei Stunden vor dem Frühstück • bei Einnahme untertags zwei bis drei Stunden vor der Nahrungsaufnahme und nach Einnahme mindestens eine, besser zwei Stunden keinerlei Speisen, Flüssigkeiten oder nährstoffhaltige Bonbons Einnahmehinweise • Einnahme immer nach gleichem Modus • Einnahme mit Leitungswasser (mindestens 200 mL, Raumtemperatur) mit aufgerichtetem Oberkörper, nicht mit Mineralwasser, Milch, Fruchtsäften, coffeinhaltigen Getränken, Alkohol Einnahmehinweise vollständiger Verzicht auf Genuss bestimmter Getränke und Nahrung nicht erforderlich zeitlicher Abstand von 2 Stunden i.R. ausreichend, um Wechselwirkungen zu vermeiden („Zwei-Stunden-Regel“) allerdings: bei Grapefruit vollständiger Verzicht erforderlich! Wahl des Applikationszeitpunktes • unerwünschte Wirkungen, wie Reizung und Schädigung • Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen • Therapieziel (Wirkungseintritt) • Berücksichtigung der Compliance - beim Essen denkt man eher an die Einnahme - Einnahme auf nüchternen Magen wird häufig für schlecht verträglich gehalten Einnahme zum Essen, obwohl „vor dem Essen“ aus pharmakokinetischer Sicht besser wäre Einnahmehinweise präprandiale Applikation 1-2 Stunden vor Nahrungsaufnahme oder 2-3 Stunden danach • schneller Wirkungseintritt erwünscht • säurelabile Arzneistoffe • magensaftresistente Arzneiformen Einnahmehinweise prandiale Applikation • Vermeidung von Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt • Verringerung von Nebenwirkungen durch langsamere und gleichmäßigere Resorption Plasmakonzentrationen-Spitzen treten selten auf (z.B. Antidiabetika, Antiarrhythmika) • Schwer lösliche Arzneistoffe • Arzneistoffe mit Resorptionsfenster im oberen Dünndarm Einnahmehinweise Berücksichtigung der Arzneiform • Monolithische Arzneiformen (single units) Einnahme nüchtern mit großer Flüssigkeitsmenge • Polydisperse Arzneiformen (multiple units) Einnahme unabhängig von der Nahrungsaufnahme • Lösungen unabhängig von der Nahrungsaufnahme Therapeutische Bedeutung Welche therapeutische Relevanz haben nutritiv bedingte Veränderungen der Plasmakonzentration eines Arzneistoffs? Therapeutische Bedeutung • Problem-Arzneistoffe - geringe therapeutische Breite - steile Dosis-Wirkungskurve - ausgeprägte Dosisabhängigkeit unerwünschter Wirkungen - geringe absolute Bioverfügbarkeit Beispiele: Antiarrhythmika, Antidiabetika, Antiepileptika, Antikoagulantien, Antibiotika Einnahmehinweise Vor, während oder nach dem Essen? • sehr häufig zum oder nach dem Essen (bessere Verträglichkeit, höhere Compliance) • bei Akutanwendung nüchtern • Magensaftresistente nichtzerfallende Arzneiformen 1 bis 2 Std. vor dem Essen oder 2-3 Std. nach dem Essen • Retardformen immer im gleichen Abstand zur Nahrungsaufnahme (Beipackzettel beachten!) Zusammenfassung - Einnahme von Arzneimitteln mit Nahrung kann die Bioverfügbarkeit eines Arzneistoffes verändern - neben phys.-chemischen Eigenschaften des Arzneistoffs ist die Arzneiform zu berücksichtigen - Ursachen veränderte physiologische Bedingungen, insbesondere eine verzögerte Magenentleerung, ein veränderter pH-Wert im Magen, direkte Wechselwirkung zwischen Arzneistoff und Nahrungsbestandteilen, Beeinflussung von Transporterproteinen und präsystemischem First-Pass-Effekt - besondere Bedeutung bei Arzneistoffen mit geringer Bioverfügbarkeit und enger therapeutischer Breite