Über Eisensilicide: Züchtung von β-FeSi2

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Über Eisensilicide:
Züchtung von β-FeSi2-Einkristallen durch
chemischen Transport,
strukturelle und physikalische
Charakterisierung
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde der
Fakultät für Chemie und Pharmazie der
Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg im Breisgau
vorgelegt von
Wolfgang Rix
aus Regensburg
- 2001 -
Dekan:
Prof. Dr. R. Schubert
Vorsitzender des Promotionsausschusses:
Prof. Dr. G. E. Schulz
Leiter der Arbeit:
Prof. Dr. G. Thiele
Referent:
Prof. Dr. G. Thiele
Koreferent:
Prof. Dr. Ing. C. Röhr
Tag der Verkündigung des Prüfungsergebnisses:
10.05.2001
Wer sie nicht kennte,
Die Elemente,
Ihre Kraft
Und Eigenschaft,
Wäre kein Meister
Über die Geister.
(J. W. v. Goethe)
Für Christine
Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von März 1994 bis Mai 2001 am Institut für
Anorganische und Analytische Chemie der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg im
Breisgau unter der Leitung von
Herrn Prof. Dr. Gerhard Thiele
angefertigt.
Ihm gilt mein besonderer Dank für die interessante Themenstellung, die gewährte Unterstützung und die persönliche Betreuung.
Desweiteren möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. D. Siebert für die Einführung in die ESRSpektroskopie sowie seine stete Diskussionsbereitschaft bei der Auswertung und Interpretation der Spektren bedanken.
Außerdem bedanke ich mich bei Frau Prof. Dr. C. Röhr und Herrn Dr. H.-W. Rotter für die
Aufnahme der Einkristalldatensätze und Herrn Dr. P. Zönnchen für die Unterstützung bei
deren Auswertung, Herrn Dr. M. Armbruster für die Impedanzspektroskopischen Messungen,
Herrn J. Meinhardt für die Photolumineszenzmessungen, sowie Frau Dr. H. Müller-Siegmund
für die Einweisung in die Arbeit mit der Mikrosonde.
Bei Herrn Prof. Dr. M. Binnewies (Hannover) möchte ich mich für seine hilfreichen
Diskussionsbeiträge in Bezug auf die theoretische Betrachtung von Transportreaktionen
bedanken.
Daneben möchte ich auch allen übrigen, nicht namentlich erwähnten Mitgliedern des
Arbeitskreises meinen Dank für das überaus angenehme Arbeitsklima aussprechen.
Abkürzungen und Symbole
Abb.
Abbildung
ASA
atomic sphere approximation
ASW
augmented spherical wave (-Methode)
At.-%
Atomprozent
au
arbitrary unit, willkürliche Einheit
B
Magnetfeldstärke
B0
Resonanz-Magnetfeldstärke
CBM
conduction band minimum, Leitungsbandminimum
CCD
charge-coupled device
D
Nullfeldaufspaltung
DOS
density of states, Zustandsdichte
∆E
Energiedifferenz
∆FH0
Standardbildungsenthalpie
∆T
Temperaturgradient
EDX
energy dispersive X-Ray emission spectroscopy,
energiedispersive Röntgenemissionsspektroskopie
EF
Fermienergie
Eg
energy gap, Bandlücke
ESR
Elektronenspin-Resonanz
fcc
face centered cubic, kubisch-flächenzentriert
FLAPW
full-potential linearized augmented plane wave (-Methode)
g
Landéscher g-Faktor
h
Plancksches Wirkungsquantum
I
Kernspinquantenzahl
I(rel)
relative Intensität
k
Wellenvektor
Kap.
Kapitel
LED
light emitting diode, lichtemittierende Diode
LF
Leitfähigkeit
LMTO
linear muffin tin orbital (-Methode)
m0
Masse eines freien Elektrons
MBE
molecular beam epitaxy, Molekularstrahlepitaxie
µB
Bohrsches Magneton
NMR
nuclear magnetic resonance, kernmagnetische Resonanz
Nr.
Nummer
ν
Frequenz
OZ
Ordnungszahl
p.a.
per analysi, zur Analyse
PSD
position sensitive detector, ortsempfindlicher Detektor
quant.
quantitativ
R
Hall-Koeffizient
RG
Raumgruppe
RT
Raumtemperatur
S
Elektronenspinquantenzahl
T1
Senkentemperatur
T2
Quellentemperatur
Tm
mittlere Temperatur
Tab.
Tabelle
UV
Ultraviolett
VBM
valence band maximum, Valenzbandmaximum
WDX
wavelength dispersive X-Ray emission spectroscopy,
wellenlängendispersive Röntgenemissionsspektroskopie
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
1
II. Literaturüberblick
5
A: Das System Eisen-Silicium
5
1. Das Phasendiagramm
5
2. Die Mischkristalle γ-(Fe, Si) und α-(Fe, Si)
6
3. Die α2 - und α1 - Phase (Fe3Si)
6
4. Die β-Phase (Fe2Si)
8
5. Die η-Phase (Fe5Si3)
9
6. Die ε-Phase (FeSi)
10
7. Die ζβ-Phase (β-FeSi2)
11
8. Kubische Phasen mit der Zusammensetzung FeSi2
12
9. Die ζα-Phase (α-FeSi2 oder Fe2Si5)
12
B: Elektrische und magnetische Eigenschaften von β-FeSi2
14
1. Charakterisierung von Halbleitern
14
2. Die Bandlücke von β-FeSi2
15
a) Messungen der Bandlücke
15
b) Bandstrukturrechnungen
19
3. Die elektrische Leitfähigkeit
25
4. Elektrische Transporteigenschaften
26
5. Magnetisches Verhalten
28
III. Präparative Untersuchungen
31
A: Bestimmung der optimalen Transportbedingungen
31
1. Vorbemerkungen
31
2. Optimierung der Transportbedingungen, ausgehend von Fe2Si5 und FeSi
37
3. Optimierung der Transportbedingungen, ausgehend von den Elementen
41
4. Untersuchung des Transportverhaltens mit Br2 als Transportmittel
43
B: Synthese von dotierten β-FeSi2-Kristallen
44
1. Vorbemerkungen
44
2. Dotierung mit 3d-Metallen
44
3. Dotierung mit Ruthenium und Osmium
46
IV. Strukturelle und physikalische Charakterisierung von β-FeSi2
A: Röntgenstrukturanalyse von β-FeSi2
47
47
1. Vorbemerkungen
47
2. Charakterisierung der Einkristalle
48
3. Strukturdiskussion von β-FeSi2
50
B: ESR-spektroskopische Untersuchungen
54
1. Vorbemerkungen
54
2. Grundlagen
54
3. Experimentelles
57
4. Diskussion
61
C: Leitfähigkeitsmessungen
70
1. Vorbemerkungen
70
2. Experimentelles
71
3. Ergebnisse
71
D: Photolumineszenzmessungen an β-FeSi2-Kristallen
73
1. Vorbemerkungen
73
2. Experimentelles
73
3. Ergebnisse
73
E: WDX-Untersuchungen an dotierten β-FeSi2-Kristallen
75
1. Vorbemerkungen
75
2. Experimentelles
76
3. Ergebnisse
76
V. Experimenteller Teil
A: Untersuchungsmethoden und Materialien
81
81
1. Röntgenographische Methoden
81
2. ESR-spektroskopische Untersuchungen
82
3. Impedanzspektroskopische Untersuchungen
82
4. Photolumineszenzmessungen
82
5. Mikrosondenuntersuchungen (WDX)
83
6. Software
83
7. Chemikalien
84
B: Synthese
85
1. Darstellung von Edukten
85
2. Transportversuche, ausgehend von Fe2Si5 und FeSi
91
3. Transportversuche, ausgehend von den Elementen
92
4. Transportversuche mit Br2 als Transportmittel
95
5. Dotierversuche mit 3d-Metallen
96
6. Dotierversuche mit Ruthenium und Osmium
96
C: Charakterisierung
97
1. Einkristallstrukturanalyse von β-FeSi2
97
2. ESR-Spektren von β-FeSi2
98
3. Leitfähigkeitsmessungen an β-FeSi2
101
4. Photolumineszenzmessungen an β-FeSi2-Kristallen
102
5. Mikrosondenuntersuchungen an dotierten β-FeSi2-Kristallen
103
VI. Zusammenfassung
105
VII. Literatur
109
I. Einleitung
In der modernen Technik finden Halbleitermaterialien verschiedener Art vielseitige Verwendung. Nicht nur Computer, sondern auch mit Prozessorsteuerung ausgestattete Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik oder industrielle Fertigungsanlagen sind auf solche
Stoffe angewiesen.
Neben den elektronischen sind auch optische Anwendungen von Interesse: Substanzen, die in
der Lage sind, beim Anlegen einer Spannung Licht bestimmter Wellenlänge zu emittieren,
finden Verwendung als Material für Leuchtdioden (LED), solche, die gezielt Licht absorbieren und in elektrische Energie umwandeln können, sind für die Sensorik und die Photovoltaik
von Bedeutung. So müssen die Empfänger von Fernbedienungen auf Infrarotstrahlen ansprechen, dürfen aber gegenüber dem sichtbaren Licht keine Empfindlichkeit zeigen. Im
Gegensatz dazu müssen Solarzellen in der Lage sein, ein möglichst großes Spektrum an
Strahlen in Energie umzuwandeln.
Für die industrielle Verwendbarkeit von Materialien sind verschiedene Gesichtspunkte zu
berücksichtigen. Zum einen müssen natürlich die physikalischen und elektronischen Eigenschaften für die jeweilige Anwendung geeignet sein, zum Anderen müssen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden: Hohe Kosten für Edukte oder umfangreiche
Sicherheitsmaßnahmen beim Umgang mit giftigen oder umweltschädlichen Substanzen
können den Einsatz einer Verbindung trotz vorteilhafter Halbleitereigenschaften unrentabel
machen. Daher besteht für verschiedenste Anwendungen steter Bedarf nach neuen Substanzen, die idealerweise vergleichbar kostengünstig sein sollten wie Silicium, aber in einem
anderen Bandlückenbereich arbeiten, die weniger giftig sind als z.B. Galliumarsenid und die
eine hohe chemische und thermische Stabilität aufweisen.
In diesem Zusammenhang ist die Gruppe der Übergangsmetallsilicide von sehr großem Interesse. Untersuchungen haben gezeigt, daß viele von ihnen metallischen Charakter besitzen.
Einige dieser Verbindungen, z.B. TiSi2 und PtSi, lassen sich z.B. gut in auf Silicium basierenden integrierten Schaltkreisen verwenden, da sie durch Metallierung einer vorgegebenen SiStruktur gezielt eingebracht werden können (self aligned process) und sind aufgrund ihrer
metallischen Leitfähigkeit gut als Gatter oder Kontakte geeignet [1]. CoSi2 und NiSi2 [2]
1
werden für die Herstellung von Halbleiter-Metall-Kontakten (Schottky-Barrieren) verwendet
und besitzen zusätzlich den Vorteil, mit annähernd denselben Gitterkonstanten wie Silicium
zu kristallisieren. Sie können dadurch besonders perfekte Schottky-Barrieren ausbilden.
Andere Übergangsmetallsilicide, darunter CrSi2, OsSi2 und β-FeSi2 sind halbleitende
Materialien [3]. Besonderes Interesse verdient dabei das β-FeSi2, da eine Bandlücke von ca.
0.85eV die Substanz für eine Verwendung als Infrarotsensor [4] und für die Kopplung
optischer Fasern mit einer Transmission von 1.4µm [5] geeignet erscheinen läßt.
Zusätzlich erfüllt β-FeSi2, z.B. bei der Verwendung für Sonnenkollektoren, gut die oben genannten Kriterien der Wirtschaftlichkeit. Es besitzt eine hohe Stabilität gegenüber Säuren,
Basen und hohen Temperaturen, außerdem sind die Ausgangsstoffe Eisen und Silicium billig
und nicht toxisch. Die Darstellung amorpher oder polykristalliner dünner Schichten auf
Quarz-, Silicium- oder anderen Substraten mittels Molekularstrahlepitaxie ist bereits ein
etablierter Prozess [6 - 9]; die elektrischen Eigenschaften solcher Proben wurden eingehend
untersucht.
Schwieriger gestaltet sich jedoch die Gewinnung von Einkristallen, die von noch größerem
Interesse in Bezug auf die Struktur und die Eigenschaften des Materials sind. Die älteste
Synthesemethode, gemeinsames Aufschmelzen der Elemente und anschließendes Tempern
[10, 11], führte nur zu β-FeSi2-Pulvern.
Nachdem durch Schmelzreaktionen keine Volumenkristalle zu erhalten sind, da es sich bei
β-FeSi2 um eine Tieftemperaturphase handelt, bietet sich an, für die Synthese kleinerer Einkristalle chemische Transportreaktionen anzuwenden. Unter Verwendung von Iod als Transportmittel erhielt man zwar Kristalle [12], mit denen eine erste Strukturbestimmung durchgeführt werden konnte [13, 14], allerdings gaben die Autoren an, dass diese verzwillingt wären
[14], zudem wird ein Gemisch aus α-FeSi2 und FeSi als heterogener Ausgangsbodenkörper als
notwendig bezeichnet [15]. Da weder eine Begründung dafür noch das Mischungsverhältnis
der beiden Komponenten angegeben wurde, schienen weitere Untersuchungen an diesem
System angebracht, um die optimalen Herstellungsbedingungen für β-FeSi2-Einkristalle zu
ermitteln.
Daneben war die Charakterisierung der Kristalle von großem Interesse. Da die veröffentlichte
Bestimmung der Kristallstruktur auf Filmaufnahmen [13, 14] beruhte, erschien eine Untersuchung mit modernen diffraktometrischen Methoden angebracht, unter anderem auch um
2
anisotrope Temperaturfaktoren zu erhalten und eine Verfälschung der Struktur durch eine
Verzwillingung auszuschließen. Vor demselben Hintergrund sollte mit ElektronenspinResonanz-(ESR-)spektroskopischen Untersuchungen das Vorliegen einer Verzwillingung
sowie der Ort des Einbaus von Fremdatomen überprüft werden.
Ebenso erschien es lohnenswert, das Lumineszenzverhalten der Kristalle zu untersuchen, da
Photolumineszenz bislang nur bei amorphen dünnen Schichten beobachtet worden war,
kristallinem β-FeSi2 diese Fähigkeit jedoch abgesprochen wurde [3].
Zudem sollte überprüft werden, ob, und wenn ja in welchem Umfang, andere Metallatome in
β-FeSi2-Kristalle eingebaut werden können, was für Pulverproben bereits berichtet wurde [16,
17]. Dafür wurden Experimente zum gemeinsamen Transport von β-FeSi2 und verschiedenen
Dotierstoffen durchgeführt und die erhaltenen Kristalle mit Hilfe der Mikrosonde untersucht.
3
4
II. Literaturüberblick
A : Das System Eisen - Silicium
1. Das Phasendiagramm
Nach ersten Untersuchungen über das System Eisen - Silicium vor dem Hintergrund der
Stahlforschung zu Beginn dieses Jahrhunderts wurde das erste Phasendiagramm 1905 von
Guerttler und Tammann [18] veröffentlicht. Seit den grundlegenden Arbeiten von Phragmén
[10] und Haughton und Becker [11] wurde das System weiter mit immer moderneren Methoden untersucht; das folgende Phasendiagramm fasst die vorliegenden Erkenntnisse zusammen
(Abb.II.1). Neben den beiden Elementen Eisen und Silicium enthält es neun binäre Phasen;
alle Angaben im Text über Umwandlungstemperaturen beziehen sich, soweit nicht gesondert
vermerkt, auf dieses Diagramm [19].
Abb.II.1: Phasendiagramm des Systems Eisen-Silicium nach [19]
5
2. Die Mischkristalle γ-(Fe, Si) und α-(Fe, Si)
Bei niedrigem Siliciumgehalt treten im System Eisen-Silicium zunächst zwei Bereiche auf, in
denen Phasen vorliegen, die in der Literatur als ungeordnete Mischkristalle bezeichnet
werden. In einem eng begrenzten Zusammensetzungs- und Temperaturbereich zwischen
912°C und 1394°C (bei einem maximalen Siliciumgehalt von 3.8% Si bei 1125°C) weisen
diese die Struktur des γ-Eisens auf: Die Eisen-Atome bilden eine kubisch-flächenzentrierte
Kugelpackung (Cu-Typ, Raumgruppe: Fm-3m), die Silicium-Atome belegen interstitielle
Positionen auf Oktaederplätzen.
Die Phase γ-(Fe,Si) ist der Austenit-Phase im System Eisen-Kohlenstoff vergleichbar, die
ebenfalls eine Lösung der Minderheitskomponente (dort Kohlenstoff) in γ-Eisen darstellt [20].
Die Existenz eines solchen geschlossenen Bereiches (γ-loop) wurde zuerst von Oberhoffer
[21] nachgewiesen.
Der γ-loop ist vollständig von einem Bereich umgeben, in dem das Silicium in α-Eisen gelöst
ist [22]. Der maximale Siliciumgehalt der ungeordneten Mischkristalle steigt von ca. 10% Si
bei 500°C auf 19.5% Si bei 1270°C und nimmt dann wieder ab bis zum Schmelzpunkt des
reinen α-Eisens bei 1538°C. Die Struktur dieser Phase ist die des α-Eisens, innerhalb des
kubisch-innenzentrierten Gitters (W-Typ, Raumgruppe: Im-3m) [20] sind die Silicium-Atome
verzerrt oktaedrisch koordiniert. α-(Fe, Si) entspricht der Ferrit-Phase im Eisen-KohlenstoffSystem.
Wie das α-Eisen weisen auch die α-Mischkristalle eine magnetische Umwandlung auf. Dabei
sinkt die Curie-Temperatur von 760°C für reines α-Eisen auf ca. 520°C. Unterhalb dieser
Temperatur ist die Phase ferromagnetisch, oberhalb paramagnetisch [11].
3. Die α2 - und α1 - Phase (Fe3Si)
Direkt auf den Bereich der α-Mischkristalle folgt ein Bereich, in dem die Silicium-Atome
geordnet in das Gitter des α-Eisens eingebaut sind. Dabei werden zwei Arten von Überstrukturen gebildet, die sich vom Wolfram-Typ ableiten: Betrachtet man acht der kubischinnenzentrierten Zellen dieses Typs, so kann man die 16 Atompositionen als vier ineinandergeschachtelten flächenzentrierten Gitterkomplexen zugehörig betrachten (Abb.II.2) [23, 24]:
6
Abb.II.2: Darstellung eines kubisch-innenzentrierten Gitters durch vier kubisch-flächenzentrierte Gitter [24]
Für die einzelnen Teilgitter ergeben sich dabei folgende Koordinaten, bezogen auf die in
Abb.II.2 dargestellte verachtfachte Zelle: 0 0 0 + F (Gitter I), ¾ ¾ ¾ + F (Gitter II),
½ ½ ½ + F (Gitter III) und ¼ ¼ ¼ + F (Gitter IV). Besetzt man nun die Gitterkomplexe I und
III mit Eisen und die Gitterkomplexe II und IV statistisch mit Eisen und Silicium, so erhält
man den B2-Typ (CsCl-Typ, Raumgruppe: Pm-3m) der α2-Phase. Diese schließt sich mit
relativ geringer Phasenbreite (10% - 11% Si bei 500°C und 19.5% - 22.5% Si bei 1250°C) an
den Bereich der α-Mischkristalle an. Wird dagegen ein Teilgitter geordnet und vollständig mit
Silicium und die anderen drei mit Eisen besetzt, so erhält man die Phase α1, die stöchiometrisch als Fe3Si bezeichnet wird und dem D03-Typ (Fe3Al-Typ, Raumgruppe: Fm-3m) zugeordnet ist. Diese Phase besitzt einen breiteren Stabilitätsbereich (11% - 25% Si bei 500°C,
maximal 30.5% bei 1040°C). Der Bereich höherer Temperaturen dieser Phase wurde früher
noch der α2-Phase zugeschrieben [25].
In den älteren Untersuchungen [10, 11, 18] wird zwischen der α-Mischkristallphase und den
Phasen α1 und α2 nicht unterschieden.
7
4. Die β -Phase (Fe2Si)
Die Phase Fe2Si ist nur bei hohen Temperaturen stabil. Sie schmilzt bei 1212°C und bildet
sowohl mit der α1-Phase (bei 32% Si und 1200°C) als auch mit der ε-Phase (FeSi, bei 36%Si
und 1203°C) ein Eutektikum. Der Stabilitätsbereich liegt zwischen 33% und 35% Si; Fe2Si
zerfällt bei 1040°C eutektoid in die α1- und die η-Phase (Fe5Si3) [25].
Die Struktur wurde von Osawa und Murata [26] zunächst als geordnete Fe3Si-Struktur beschrieben, in der ein oktaedrisch von Silicium umgebenes Eisenatom durch Silicium ersetzt
wird, was zu einer Zusammensetzung von Fe11Si5 führen würde. Damit wären aber in der
Struktur die eine Sorte von Silicium-Atomen nur von Silicium umgeben, die andere, ursprünglich schon vorhandene von einem Silicium und fünf Eisen. Da aber die Valenzelektronendonatoren möglichst gleichmäßig im Raum verteilt sein sollten, damit sich eine
energetisch tiefliegende Ortskorrelation der Valenzelektronen entwickeln kann, wurde nach
einem besseren Strukturmodell gesucht. Khalaff und Schubert [27] diskutierten eine CsClStrukturvariante, bei der die acht Plätze der Gitterkomplexe I und III mit Eisen und die anderen acht Plätze (II und IV) statistisch zu 1/3 mit Eisen und 2/3 mit Silicium besetzt sind.
Kudielka [28] konnte eine im Stabilitätsbereich der Phase zwischen 1040°C und 1212°C aufgenommene Röntgenaufnahme vollständig in der trigonalen Raumgruppe P-3m1 indizieren.
Die von ihm vorgeschlagene Struktur zeigt weiter eine enge Verwandtschaft zu der kubischen
α-Mischkristallphase und den Phasen α1 und α2, jedoch sind die FeSi8-Würfel stark verzerrt.
In der geordneten Struktur sind die Würfelmitten so besetzt, dass in jeder Richtung entlang
der Würfelkanten jeder dritte Würfel durch ein Eisen-Atom zentriert ist, die anderen durch ein
Silicium-Atom. Die Anordnung mit den verformten Zellen des Fe(A2)- bzw. CsCl(B2)-Typs
führt dazu, dass nur eine der Raumdiagonalen eine dreizählige Achse enthält, die kubische
Symmetrie geht verloren.
Für die abgeschreckte Tieftemperaturphase gelangt Kudielka zu einer D03-Struktur, in der auf
der Punktlage 8c ausschließlich Eisenatome liegen, während die vierzähligen Punktlagen ungleichmäßig mit Eisen und Silicium besetzt sind (4a: 58.5% Si, 4b: 75% Si). Eine gleichmäßige Besetzung dieser Lagen würde zu der von Khalaff und Schubert vorgeschlagenen
Struktur führen [27].
8
5. Die η-Phase (Fe5Si3 )
Fe5Si3 ist eine stöchiometrische und metastabile Phase, die sich bei 1060°C peritektoid aus
Fe3Si und FeSi bildet und bei 825°C zu α1 (mit 26% Si) und FeSi zerfällt [25]. Die Struktur
ist vom hexagonalen Mn5Si3-Typ [29] (D88-Typ, Raumgruppe: P63/mcm, Abb.II.3).
Abb.II.3: Die Elementarzelle von Fe5Si3 [30]
Wie in der Abbildung zu erkennen ist, weist die Struktur zwei verschiedene Sorten von
Eisenatomen auf, sie kann unter strukturellen Gesichtspunkten mit der Formel FeI4FeII6Si6
beschrieben werden. Die FeI-Atome bilden hexagonale Schichten, die sich mit Schichten der
Zusammensetzung FeIISi abwechseln, in denen die Eisen- und die Siliciumatome zusammen
ein Netz aus idealen und verzerrten Sechsecken ausbilden. Die FeI-Atome liegen ober- und
unterhalb der unregelmäßigen FeII3Si3-Sechsecke und sind demnach jeweils annähernd
oktaedrisch von sechs FeII und sechs Si-Atomen umgeben.
Die Curie-Temperatur der abgeschreckten Verbindung liegt bei 108°C, unterhalb dieser
Temperatur ist sie ferromagnetisch [30].
9
6. Die ε -Phase (FeSi)
Die Verbindung FeSi ist im gesamten Temperaturbereich von Raumtemperatur bis zu ihrem
kongruenten Schmelzpunkt bei 1410°C stabil und besitzt nur eine sehr geringe Phasenbreite
(49.7% bis 50.8% Si bei 1100°C [31]). FeSi stellt die thermisch stabilste Verbindung der
Elemente Eisen und Silicium dar.
Die Struktur wurde zuerst von Phragmén [10] als kubisch in der Raumgruppe P213 beschrieben. Dieser Vorschlag wurde von Wever und Möller [32] bestätigt und Pauling und
Soldate [33] führten eine Präzisierung der Atomkoordinaten durch. Jedes Atom besitzt in
dieser Struktur sieben Nachbarn der anderen Atomsorte, die in drei Gruppen aufgeteilt sind:
Ein Nachbar im Abstand von 2.29 Å, drei weitere sind 2.34 Å entfernt und wiederum drei
befinden sich in 2.52 Å Entfernung (Abb.II.4a). Diese Abstandsverteilung wurde von Wever
und Möller mit dem Vorliegen von FeSi-Molekülen interpretiert. Betrachtet man die Struktur
dahingehend, so stellt man fest, dass diese entlang der Raumdiagonalen der Elementarzelle
angeordneten Fe-Si-Hanteln ein kubisch-flächenzentriertes (fcc-) Gitter ausbilden (Abb.II.4b).
b)
a)
Abb.II.4: Die Elementarzelle von FeSi (Fe: orange, Si: grau):
a) (7+6) - Koordination eines Eisen-Atoms und siebenfache Koordination eines
Silicium-Atoms
b) Darstellung der FeSi-Struktur als fcc-Anordnung von FeSi-Molekülen
Pauling und Soldate [33] schätzten die Bindungsordnungen über die Umgebung eines
Silicium-Atoms ab: Der Bindung zum nächstgelegenen Eisen-Atom sollte demnach eine
Bindungsordnung von 1 zukommen, die Wechselwirkungen zu den entfernteren Eisen-
10
Atomen haben Bindungsordnungen von 2/3 für die mittlere Gruppe und 1/3 für die entfernteste Gruppe. Damit wird erreicht, dass das Silicium auch mit der Koordinationszahl 7 die
Valenzzahl 4 beibehält. Weil die Eisen-Atome die Valenzzahl 6 besitzen sollten, bilden sie
analoge Bindungen zu den sieben benachbarten Silicium-Atomen aus und verwenden überdies
die zwei verbleibenden Valenzelektronen und -orbitale, um mit den sechs nächsten EisenAtomen (Abstand: 2.75 Å) sechs Bindungen der Bindungsordnung 1/3 einzugehen. Die
Bindungen gebrochener Ordnung sollen Resonanz zeigen und so die Struktur stabilisieren.
Untersuchungen des Mößbauer-Effektes, der magnetischen Suszeptibilität und der 29Si-NMRVerschiebung [34] sowie UV-Photoemissionsuntersuchungen [35] zeigen, dass es sich bei
FeSi um einen Halbleiter mit einem sehr engen Bandabstand von ca. 0.05eV handelt.
7. Die ζβ -Phase (β -FeSi2 )
Die Tieftemperaturphase β-FeSi2 war lange Zeit unberücksichtigt geblieben und wurde erstmals 1954 von Serebinnikov und Gel`d [36] postuliert. Sie entsteht durch eine peritektoide
Reaktion aus FeSi und α-FeSi2 (mit 70% Si). Die Temperaturen für die peritektoide und die
eutektoide Umwandlung, über die diese Phase mit α-FeSi2 in Verbindung steht, wurden
erstmals von Sidorenko und Mitarbeitern angegeben [37] und seither sehr oft korrigiert; inzwischen werden die Werte mit 982°C für die peritektoide und 937°C für die eutektoide
Umwandlung angenommen [19].
Die ζβ-Phase ist stöchiometrisch mit der Zusammensetzung FeSi2. Die Struktur ist relativ
kompliziert; die orthorhombische Elementarzelle enthält sechzehn Formeleinheiten. Die aus
Pulverdaten gewonnenen Strukturen waren zunächst widersprüchlich [38 - 40], erst
Einkristalluntersuchungen konnten 1968/69 [12, 13] und - verfeinert - 1971 [14] Klarheit
schaffen.
Eine eingehendere Diskussion der Struktur von β-FeSi2 erfolgt im Teil IV.A.
11
8. Kubische Phasen mit der Zusammensetzung FeSi 2
Werden mit epitaktischen Syntheseverfahren wie z.B. der Molekularstrahlepitaxie (molecular
beam epitaxy, MBE) sehr dünne Schichten (10 - 20 Å) der Zusammensetzung FeSi2 auf
Silicium(111)-Substrate aufgebracht, so bilden sich zwei kubische Phasen, die im Gleichgewichtsphasendiagramm nicht auftreten.
Bei niedrigen Synthesetemperaturen wird eine Schicht von sogenanntem pseudomorphem
FeSi2 mit einer Defekt-CsCl-Struktur erhalten, bei der die Metallpositionen statistisch besetzt
sind. Man kann also die Formel Fe1-xSi angeben, wobei die Phase für den Bereich 0 ≤ x ≤ 0.6
nachgewiesen werden konnte [41]. Demnach tritt in dieser Struktur nicht nur bei x = 0.5 das
pseudomorphe FeSi2 auf, sondern für x = 0 auch eine weitere Modifikation des Monosilicides
FeSi [42]. Epitaktische Silicidphasen mit dieser Struktur sind bis zu einer Schichtdicke von
300 Å stabil.
Bei höheren Synthesetemperaturen tritt bei dünnen Schichten γ-FeSi2 auf. Diese Phase ist
ebenfalls kubisch, besitzt jedoch eine ideale CaF2-Struktur [43, 44]. Diese Schichten besitzen
im Gegensatz zur halbleitenden Bulk-Phase β-FeSi2 metallische Leitfähigkeit.
Beide dieser in sehr einfachen Strukturtypen kristallisierenden Phasen treten als Bulk-Phasen
nicht auf. Ihre Stabilität in dünnen Schichten beziehen sie aus der recht guten Übereinstimmung ihrer Gitterkonstanten mit denen des Silicium-Substrats [43]. Bei Temperaturen
oberhalb von 500 - 550°C gehen jedoch beide Phasen in β-FeSi2-Schichten über, wobei bei
der Umwandlung von pseudomorphem FeSi2 als Zwischenphase γ-FeSi2 auftritt [41].
9. Die ζα-Phase (α-FeSi2 oder Fe2Si5 )
Im Gegensatz zur Tieftemperaturmodifikation β-FeSi2 ist die ζα-Phase bereits seit den frühesten Untersuchungen bekannt [10, 18]. Sie weist eine maximale Phasenbreite zwischen 69.5%
und 73% Si bei 1207°C auf und schmilzt bei 1220°C [45]. Die Hochtemperaturmodifikation
α-FeSi2 bildet mit FeSi bei 67% Si und 1212°C sowie mit Si bei 73.5% Si und 1207°C
Eutektika. Bei 937°C zerfällt die Phase mit einem Siliciumgehalt von 70.5% eutektoid in
β-FeSi2 und Si. Die ζα-Phase wird in der Regel als α-FeSi2 bezeichnet, obwohl das Phasendiagramm eine Bezeichnung als Fe2Si5 korrekter erscheinen lässt [11].
12
Die Struktur wurde von Phragmén [46] als tetragonale Variante des CaF2-Typs interpretiert,
bei der gemäß Fe1-xSi2+x zusätzlich einige Eisen-Atome durch Silicium ersetzt sind. Die FeSi8Würfel sind über gemeinsame Flächen so miteinander verknüpft, dass sich Doppelschichten
senkrecht zur z-Achse ausbilden (Abb.II.5b). Die Silicium-Atome stehen dadurch an den
Spitzen quadratischer Pyramiden, deren Basen von Eisen-Atomen gebildet werden
(Abb.II.5a). Sidorenko und Mitarbeiter [37] bestätigten zwar prinzipiell die Struktur in der
tetragonalen Raumgruppe P4/mmm, kamen jedoch aufgrund von Dichtemessungen zu dem
Ergebnis, dass die Abweichung von der 1 : 2-Stöchiometrie des CaF2-Typs nicht auf dem
Ersatz von Eisen durch Silicium beruht, sondern auf Fehlstellen im Eisen-Teilgitter. Ihre Berechnungen ergaben, dass zwischen 13% und 23% der Eisen-Plätze unbesetzt sind. Es erwies
sich außerdem, dass eine bessere Übereinstimmung von berechneten und beobachteten Intensitäten erreicht werden kann, wenn für den freien Parameter z, der in der Lage der
Silicium-Atome auftritt, nicht 0.25 [46], sondern 0.27 [47] gewählt wird. Dies deutet auf das
Vorliegen von Silicium-Silicium-Bindungen zwischen den Schichten hin (vgl. Abb.II.5a).
Damit wäre erklärt, warum die Schichten nicht gegeneinander verschoben sind, was sterisch
günstiger wäre.
a)
b)
Abb.II.5: a) Die Elementarzelle von α-FeSi2 (Fe: orange, Si: grau)
b) Verdeutlichung der schichtweise alternierenden Anordnung von zentrierten
und leeren FeSi8-Würfeln
13
B : Elektrische und magnetische Eigenschaften von β-FeSi2
1. Charakterisierung von Halbleitern
Damit eine Substanz als Halbleitermaterial Anwendung finden kann, müssen bestimmte
Kriterien der Stabilität und der Präparationsbedingungen erfüllt sein und einige physikalische
Größen geeignete Werte besitzen. Eine bedeutende Größe ist die elektrische Leitfähigkeit:
Halbleiter weisen eine temperaturabhängige Leitfähigkeit auf, die mit steigender Temperatur
größer wird. Zur Charakterisierung von Halbleitern werden außerdem die Konzentrationen,
die Beweglichkeiten und die effektiven Massen der Ladungsträger (Elektronen im Leitungsband oder Defektelektronen bzw. Löcher im Valenzband) sowie optische Eigenschaften wie
Reflexionsvermögen, Transmission, Brechungsindex und optischer Absorptionskoeffizient
herangezogen.
Die wichtigste dieser Größen ist jedoch die Bandlücke (energy gap) Eg, die bei Halbleitern
den Energieabstand zwischen dem vollbesetzten Valenzband und dem unbesetzten Leitungsband angibt. Ist die Bandlücke zu groß, so weist das Material zu stark isolierende Eigenschaften auf, ist sie zu klein, so können auch unerwünschterweise Elektronen vom Valenzband in das Leitungsband wechseln.
Außerdem ist die Natur der Bandlücke von Bedeutung. Man spricht von einer direkten Bandlücke, wenn das Maximum der Valenzbandkante bei demselben Wellenvektor k im reziproken Raum auftritt wie das Minimum der Leitungsbandkante. Die Absorption eines Photons
führt hier nicht zu einer Änderung des Elektronenimpulses, da sein Eigenimpuls vernachlässigbar gering ist. Liegen die Extrema der Bandkanten nicht beim gleichen k-Wert, so
liegt eine indirekte Bandlücke vor. Dabei ändert sich bei Band-Band-Übergängen der Elektronenimpuls, deshalb muß in den Prozess ein weiteres Teilchen, z.B. ein Phonon, eingebracht
werden, um die Impulserhaltung zu gewährleisten. Es wird also entweder ein bereits im Gitter
befindliches Phonon absorbiert oder ein neues erzeugt. In jedem Fall liegt ein Mehrteilchenprozess vor, der wesentlich weniger wahrscheinlich ist als der direkte Übergang ohne Phononenbeteiligung (Abb.II.6). Daher ist z.B. effiziente Lichtemission nur mit Halbleitern möglich,
die eine direkte Bandlücke besitzen [48].
14
Beim indirekten Übergang liegt die Absorptionsschwelle bei h⋅ω = Eg + h⋅Ω, wobei ω die
Frequenz des eingestrahlten Photons und Ω die des absorbierten Phonons ist [49].
Abb.II.6: Schematische Darstellung der Übergänge beim Vorliegen a) einer direkten und
b) einer indirekten Bandlücke [49]
2. Die Bandlücke von β -FeSi2
a) Messungen der Bandlücke
Nachdem der Wert für die Bandlücke von β-FeSi2 aus der Temperaturabhängigkeit der Leitfähigkeit von Ware und McNeill [50] zunächst mit 1.38 eV viel zu hoch bestimmt wurde,
konnten auf verschiedene Weisen genauere Werte ermittelt werden. So erhielt Kojima mit
derselben Methode einen Wert von 1.0 eV im Temperaturbereich von 500 - 1000 K [51].
Aus der Temperatur des Übergangs gesinterter Proben in die metallische Hochtemperaturphase ermittelten Birkholz und Schelm [52] gemäß eines Modells von Adler und Brooks [53]
eine Bandlücke von 0.85 eV bei 0 K. Dieses Modell erklärt den halbleitenden Zustand über
eine Kation-Kation-Wechselwirkung und kann als eine Verallgemeinerung des Jahn-TellerEffektes für Energiebänder angesehen werden. Die spätere Bestimmung der Struktur von
β-FeSi2 [14] schließt aber nach Blaauw und Mitarbeitern [54] die Anwendung dieses Modells
auf β-FeSi2 aus, weil außer der Verzerrung des Silicium-Untergitters auch noch eine Wande
15
rung von Eisen-Atomen durch dieses Untergitter [55] und die Bildung von Eisen-Fehlstellen
nötig ist, um von der halbleitenden in die metallische Phase zu gelangen.
Messungen des Reflexionsvermögens gesinterter Proben ergaben eine Bandlücke von 0.95 eV
[56], die gemäß Fochs [57] etwas nach unten korrigiert werden mußte. Der erhaltene Wert
von ca. 0.8 eV zeigte gute Übereinstimmung mit dem in [52] angegebenen Wert für T = 0 K.
In einer neueren Untersuchung an dünnen Schichten wurde mit dieser Methode ein Wert von
0.87 eV für einen direkten Übergang bestimmt [58].
An Schichten, die durch Sputtern auf Silica-Substrate abgeschieden worden waren, maßen
Geserich und Mitarbeiter [59] die Transmission. Aus einer groben Extrapolation der erhaltenen Kurven ermittelten sie Werte für die Bandlücke von 1 eV für kristalline und 0.8 eV für
amorphe Schichten.
Aus dem Absorptionskoeffizienten dünner β-FeSi2-Filme, der aus Messungen der Transmission und des Reflexionsvermögens beim Einstrahlen von Licht senkrecht zur Schichtebene
gewonnen wurde, errechneten Bost und Mahan [6, 60] eine direkte Bandlücke von 0.87 eV.
Der Wert wurde später aufgrund eines logischen Fehlers in der Rechnung auf 0.89 eV korrigiert. Außerdem beobachteten Bost und Mahan Absorption im Bereich von 0.6 eV, die sie auf
Defektzustände zwischen den Bändern zurückführten.
Aus infrarotspektroskopischen Untersuchungen an mittels Ionenstrahl-Synthese erhaltenen
dünnen Schichten ermittelten Panknin und Mitarbeiter einen Bandabstand von 0.84 eV für
reines β-FeSi2, der bei Einbau von bis zu 18% Co-Atomen auf 0.78 eV absank [61]. Bei
Filmen, die mit derselben Synthesemethode erzeugt wurden, wurde bei Photolumineszenzmessungen ein scharfes Signal bei 0.81 eV beobachtet [62], Absorptionsmessungen an
denselben Proben ergaben für eine direkte Bandlücke einen Wert von 0.87 - 0.89 eV.
Photothermische Deflektionsspektroskopie an dünnen Schichten auf Saphir-Substraten lieferte
einen Wert für eine direkte Bandlücke von 0.85 eV bei Raumtemperatur [63]. Mit derselben
Untersuchungsmethode erhielten Radermacher und Mitarbeiter [64] Raumtemperaturwerte
von 0.78 eV für eine indirekte und 0.83 eV für eine direkte Bandlücke, Rizzi und Mitarbeiter
[65] fanden in aus Fe(CO)5 und Si2H6 erzeugten Schichten nur eine Absorptionskante bei
0.87 eV (allerdings mit sehr starker Defektabsorption unterhalb dieser Kante), die sie aufgrund der fehlenden Photolumineszenzsignale einem indirekten Übergang zuschrieben.
16
Absorptionsspektren an polykristallinen Filmen ließen Giannini und Mitarbeiter auf zwei
Übergänge schließen, deren Werte eine starke Temperaturabhängigkeit zeigten (Abb.II.7) [9]:
eine direkte Bandlücke von 0.89 eV bei 10 K und 0.90 eV bei 80 K, deren Größe bei steigenden Temperaturen stark abnahm (0.84 eV bei 300 K), und eine etwas darunter liegende indirekte Bandlücke von 0.84 eV bei 10 K und 0.83 eV bei 80 K, die bei höheren Temperaturen
nicht mehr beobachtet wurde.
Abb.II.7: Temperaturabhängigkeit der Bandlücke von β-FeSi2 ( • : direkt, × : indirekt ) [9]
Dafür tritt Absorption bei niedrigeren Energien aufgrund von Defektzuständen und temperaturaktivierten Prozessen wie z.B. kurzwelligen Potentialfluktuationen auf. Die Berechnung
der Bandlücke bei 0 K nach einem neueren thermodynamischen Modell von O`Donnell und
Chen [66] ergab den Wert 0.90 eV. Die starke Temperaturabhängigkeit der Bandlücke wird
durch die ungewöhnlich hohe Elektron-Phonon-Kopplung aufgrund der in der Struktur von
β-FeSi2 auftretenden Gitterverzerrung erklärt.
17
Tab.II.1: Übersicht über experimentell ermittelte Werte für Eg
Eg-Wert
Art des
Messmethode
Temperatur
Referenz
[eV]
Übergangs
0.68
indirekt
Absorptionskoeffizient
RT
[67]
0.78
indirekt
Photothermische Deflektions-
RT
[64]
spektroskopie (PDS)
0.84
indirekt
Absorptionsspektroskopie
10 K
[9]
0.87
indirekt
PDS
-
[65]
0.81
direkt
Photolumineszenz
-
[62]
0.83
direkt
PDS
RT
[64]
0.84
direkt
Absorptionskoeffizient
RT
[67]
0.84
direkt
IR-Spektroskopie
-
[61]
0.85
direkt
PDS
RT
[63]
0.87 - 0.89
direkt
Absorptionskoeffizient
RT
[62]
0.89
direkt
Absorptionskoeffizient
RT
[60]
0.89
direkt
Absorptionskoeffizient
85 K
[68]
0.89
direkt
Absorptionsspektroskopie
10 K
[9]
0.8
-
Transmission, amorphe Schichten
-
[59]
0.8
-
Reflexionsvermögen
0K
[56]
0.85
-
Temperatur des Phasenübergangs
0K
[52]
1.0
-
Temperaturabhängigkeit der Leit-
500 - 1000 K
[51]
-
[59]
fähigkeit
1
-
Transmission, kristalline Schichten
Aus dem Absorptionskoeffizienten von epitaktischen Schichten wurden ebenfalls Werte für
Eg ermittelt [67]; dabei ergab sich eine indirekte Bandlücke von 0.68 eV und eine direkte von
0.84 eV. Die relativ niedrigen Werte wurden mit dem Vorhandensein einer hohen Konzentration von kristallinen Baufehlern und davon hervorgerufenen Energiebändern etwas unterhalb
des Leitungsbandes („tail states“, Abb.II.8) begründet [69].
18
Abb.II.8: Schematische Darstellung einer Bandlücke mit „tail states“ [67]
Auch an Einkristallen wurden Messungen zur Ermittlung der Größe der Bandlücke durchgeführt; Arushanov und Mitarbeiter ermittelten aus der Photoleitfähigkeit von n-leitenden
Proben einen Wert von 0.89 eV bei 85 K [68], dieser sinkt bei Temperaturerhöhung bis auf
Raumtemperatur auf 0.85 eV; diese Werte stimmen gut mit denen für polykristalline Proben
oder Schichten überein.
b) Bandstrukturrechnungen
Die Größe der Bandlücke kann außer auf experimentellem Weg auch auf theoretischem Weg
über Bandstrukturrechnungen bestimmt werden. Eine solche Rechnung berücksichtigt die
Überlappung der Atomorbitale in einem Festkörper über eine bestimmte Entfernung und
liefert die Energiebänder als Kombination der Orbitale. In der Darstellung wird die Energie
der einzelnen Bänder gegen den Wellenvektor k im reziproken Raum aufgetragen, in dem die
Brillouin-Zone für eine gegebene Raumgruppe charakteristisch ist (Abb.II.9). Solche Rechnungen können mit unterschiedlichen Voraussetzungen und unter Anwendung unterschiedlicher Näherungen durchgeführt werden. Daher sind die einzelnen Ergebnisse in der Regel
zwar qualitativ übereinstimmend, weichen quantitativ aber etwas voneinander ab. Außer den
Lagen der Energiebänder kann einer solchen Rechnung auch die Verteilung der Zustandsdichte entnommen werden, die die Anzahl der für ein Elektron mit gegebener Energie
möglichen Zustände angibt.
19
Abb.II.9: Darstellung der Brillouin-Zone für eine flächenzentrierte orthorhombische
Struktur mit Angabe der Symmetriepunkte [70]
Für β-FeSi2 wurden ab-initio-Bandstrukturrechnungen mit unterschiedlichen Methoden
durchgeführt.
Mit semiempirischen „tight-binding“-Rechnungen ermittelten Miglio und Malegori einen
Wert von 0.52 eV für eine indirekte Bandlücke am Symmetriepunkt Γ [71]. Eppenga erhielt
aus seinen Berechnungen nach der „augmented spherical wave“-Methode (ASW) eine indirekte Bandlücke von 0.44 eV und eine direkte Bandlücke von 0.46 eV (Abb.II.10) [72].
Beide Übergänge zeigen allerdings keine nennenswerte Oszillatorstärke. Der erste Übergang
mit beobachtbarer Oszillatorstärke weist einen Energieabstand von 0.77 eV auf und ist direkt.
Da die mit dieser Rechenmethode erhaltenen Werte normalerweise zu klein sind, kann man
diesen Übergang dem beobachteten Übergang zwischen 0.8 eV und 0.9 eV zuordnen.
Abb.II.10: Bandstruktur von β-FeSi2 nach der ASW-Methode [72]
20
Christensen errechnete mit Hilfe der „linear muffin tin orbital“-Methode (LMTO) für β-FeSi2
eine indirekte Bandlücke von 0.8 eV und eine direkte knapp darüber (Abb.II.11) [2]. Dieses
Ergebnis entspricht den experimentellen Befunden von Giannini und Mitarbeitern [9]. Die
Genauigkeit dieser Rechenmethode erlaubt allerdings nicht die exakte Bestimmung der Lage
der Leitungsbandminima, so dass eine eindeutige Bestimmung von direkten und indirekten
Übergängen schwierig ist.
Die gute Übereinstimmung von gemessenen und berechneten Werten, welche normalerweise
bei der LMTO-Methode über 50% zu niedrig erwartet werden, wird auf das Einfügen von
„leeren Kugeln“ in die Mitten der unbesetzten Siliciumwürfel der Struktur und auf die
Anwendung der „atomic sphere approximation“ (ASA) zurückgeführt.
Abb.II.11: Bandstruktur von β-FeSi2 nach der LMTO-Methode ohne kombinierten
Korrekturterm [2]
Ebenfalls mit der LMTO-Methode, allerdings unter Verwendung des sogenannten kombinierten Korrekturterms, welcher zu etwas niedrigeren Werten für die Bandlücke führt, erhielten Filonov und Mitarbeiter einen Wert von 0.742 eV für den ersten direkten Übergang am
21
Symmetriepunkt Λ, während sie einen zweiten direkten Übergang mit einer Bandlücke von
0.825 eV am Symmetriepunkt Y vorhersagten, der eine nennenswerte Übergangswahrscheinlichkeit besitzt (Abb.II.12) [70]. Da das Leitungsbandminimum bei Y jedoch nur um
8 meV höher liegt als bei Λ, ist eine eindeutige Aussage über die Art der Bandlücke sehr
schwierig, es wird von einem quasi-direkten Übergang gesprochen.
Abb.II.12: Bandstruktur von β-FeSi2 nach der LMTO-Methode mit kombiniertem
Korrekturterm [70]
Außerdem deutete die erhaltene Bandstruktur auf das Vorliegen von zweierlei Elektronen hin,
denen unterschiedliche Massen zugeordnet werden können. Am Punkt Y finden sich leichte
Elektronen mit einer Masse von 0.49 m0, am Punkt Λ aufgrund des sehr flachen Charakters
der entsprechenden Bänder sehr viel schwerere. Dieser Befund deckt sich mit Untersuchungen
zum Hall-Effekt an n-leitenden Einkristallen, wo die Ergebnisse ebenfalls mit dem Auftreten
von leichten und schweren Elektronen erklärt wurden [73].
Bei zwei weiteren Rechnungen nach der LMTO-Methode wurden sehr viel geringere Werte
erhalten, die eher mit den mittels anderer Rechenmethoden (ASW [72] und „tight binding“
22
[71]) erhaltenen Werten als mit den gemessenen übereinstimmen. So erhielten van Ek und
Mitarbeiter [74] sehr viel niedrigere Werte für den indirekten (0.44 eV) und den direkten
(0.51 eV) Übergang, während Antonov und Mitarbeiter [58] auf eine indirekte Bandlücke von
0.44 eV und eine direkte von 0.52 eV kommen. Die Autoren erklären die auftretende Diskrepanz zwischen den theoretischen und gemessenen Werten für Eg mit der Tatsache, dass
sich Leitungsbandminimum (conduction band minimum, CBM) und Valenzbandmaximum
(valence band maximum, VBM) hauptsächlich aus Fe-d-Zuständen zusammensetzen. Ein
Übergang zwischen zwei Fe-d-Bändern wäre jedoch dipol-verboten, so dass für die sehr
geringe Übergangswahrscheinlichkeit in der Nähe der errechneten Bandlücke geringe Fe-pund Si-p-Beiträge verantwortlich sind. Nehmen diese Beiträge zu, so steigt die Übergangswahrscheinlichkeit, aber auch der Bandabstand, so dass experimentell Werte ab ca. 0.8 eV zu
beobachten sind.
Abb.II.13: Bandstruktur von β-FeSi2 nach der FLAPW-Methode [75]
23
Auch unter Verwendung der „full-potential linearized augmented plane wave“-Methode
(FLAPW) erhält man ein vergleichbares Bild der elektronischen Struktur von β-FeSi2. Eisebitt
und Mitarbeiter [76] erhalten einen nahezu direkten Übergang von 0.78 eV zwischen den
Symmetriepunkten Γ und Z (entspricht Punkt Λ) und einen direkten von 0.82 eV bei Y. Etwas
geringere Werte ergaben sich bei den Berechnungen von Clark und Mitarbeitern [75], bei
denen eine indirekte Bandlücke von 0.73 eV und eine direkte von 0.82 eV auftraten
(Abb.II.13).
Tab.II.2: Übersicht über theoretisch berechnete Werte für Eg
24
Eg-Wert [eV]
Art des Übergangs
Methode
Referenz
0.44
indirekt
ASW
[72]
0.44
indirekt
LMTO
[74]
0.44
indirekt
LMTO
[58]
0.52
indirekt
tight-binding
[71]
0.73
indirekt
FLAPW
[75]
0.8
indirekt
LMTO
[2]
0.46
direkt
ASW
[72]
0.51
direkt
LMTO
[74]
0.52
direkt
LMTO
[58]
0.742
direkt
LMTO
[70]
0.78
direkt
FLAPW
[76]
0.82
direkt
LMTO
[2]
0.82
direkt
FLAPW
[76]
0.82
direkt
FLAPW
[75]
0.825
direkt
LMTO
[70]
3. Die elektrische Leitfähigkeit
Elektrische Messungen zeigen, dass β-FeSi2 unterhalb von 250 K eine extrinsische Leitfähigkeit von ca. 1 Ω-1cm-1 aufweist [6]. Zwischen 250 K und 500 K liegt eine thermisch aktivierte
Leitfähigkeit vor. Messungen des Hall-Effektes zeigen, dass nicht dotiertes β-FeSi2 normalerweise ein Halbleiter vom p-Typ ist, und zwar sowohl in Form von polykristallinen [77] oder
epitaktischen [65] Filmen als auch als Einkristall [78] (Nur bei Einkristallen, die unter Verwendung extrem reiner Ausgangssubstanzen hergestellt wurden, wurde n-Typ-Leitfähigkeit
festgestellt [79]). Die Leitung erfolgt also durch Anregung in Akzeptorzustände über dem und
Löcher im Valenzband.
Diese Akzeptorzustände sind im unteren Temperaturbereich vom Valenzband durch eine
Aktivierungsenergie von 0.13 eV getrennt, daher muss dieser Betrag als Aktivierungsenergie
aufgebracht werden. Bei höheren Temperaturen beginnt der intrinsische Bereich der elektrischen Leitfähigkeit, die thermische Aktivierungsenergie beträgt hier 0.43 eV, was in etwa der
Hälfte der Bandlücke entspricht (Abb.II.14) [6].
Leitfähigkeitsmessungen im Bereich der Phasenumwandlung deuten aufgrund der beobachteten Hysterese darauf hin, daß die Umwandlung von erster Ordnung ist (Abb.II.15) [52].
Abb.II.14: Elektrische Leitfähigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur [6, 3]
25
Abb.II.15: Elektrische Leitfähigkeit, angegeben in 102Ω-1cm-1, im Bereich der Phasenumwandlung zwischen halbleitender und metallischer Phase [52]
4. Elektrische Transporteigenschaften
Neben der Leitfähigkeit sind bei der Charakterisierung von Halbleitern auch die elektrischen
Transporteigenschaften, nämlich Beweglichkeit und Konzentration der Ladungsträger
(Elektronen oder Löcher) wichtige Größen. Zur Ermittlung der Ladungsträgerbeweglichkeit
dienen Leitfähigkeitsmessungen oder Messungen des Hall-Effektes. Tabelle II.3 gibt eine
Übersicht über experimentell an verschiedenen Proben ermittelte Werte dieser Größen.
Für die effektive Masse der Ladungsträger (Löcher und Elektronen) wurden zunächst aus
Bandstrukturrechnungen mit 0.8 - 0.85 m0 (m0: Masse eines freien Elektrons) im Vergleich zu
anderen Halbleitermaterialien relativ große Werte erhalten [2], die auf eine starke ElektronPhonon-Wechselwirkung zurückgeführt wurden. Die anhand von Messungen des HallEffektes von Arushanov und Mitarbeitern [78] geschätzten effektiven Loch-Massen in pleitenden Einkristallen von 0.8 - 1.2 m0 stimmen gut mit diesen hohen Werten überein.
26
Tab.II.3: Übersicht über experimentell bestimmte elektrische Transportparameter
Art der Probe
LF-Typ
Beweglichkeit Ladungsträger- Messtemperatur
[cm2/Vs]
Referenz
konzentration
[1018 cm-3]
getemperte poly-
p
1.6 - 4
2
100 - 300 K
[80]
p
7.5
0.75
RT
[81]
dünne Schicht
p
3
2
RT
[6]
getemperte poly-
p
8.0
-
-
[51]
kristalline Probe
getemperte polykristalline Probe
kristalline Probe
(Mn-dotiert)
dünne Schicht
p
ca. 1 - 10
ca. 0.1 - 10
40 - 300 K
[63]
dünne Schicht
p
2.3
7.8
RT
[77]
epitaktische
p
104
9
RT
[64]
p
2
2
77 K
[65]
Einkristalle
p
30
1
RT
[82]
Einkristalle
p
1200
0.01
74 K
[78]
Schicht
epitaktische
Schicht
(Al-dotiert)
Einkristalle
10 - 20
n
1.6 - 3.6
RT
-
175 K
[73]
(schwere e-)
5450
(leichte e-)
Die Temperaturabhängigkeit des Hall-Koeffizienten R in p-leitenden Kristallen lässt sich
durch die Anwesenheit von zweierlei Akzeptorniveaus erklären [78]. Dabei tritt ein intrinsischer, tiefer Akzeptor mit einer Aktivierungsenergie von 0.1 eV neben einem durch Verunreinigungen erzeugten flachen Akzeptor (Aktivierungsenergie: 0.055 eV) auf.
Das ungewöhnliche nichtlineare Verhalten von R bei Veränderung des Magnetfeldes bei nleitenden Kristallen kann auf verschiedene Arten erklärt werden. Zum einen könnte bei tiefen
27
Temperaturen eine ferromagnetische Ordnung auftreten, die einen sogenannten anormalen
Hall-Effekt bedingen würde [77]. Da aber die gemessene Magnetisierung zu gering ist, um die
Abweichungen hervorzurufen, und weder Neutronenstreuung noch ESR-Messungen einen
Hinweis auf Ferromagnetismus gaben [83], schlugen Arushanov und Mitarbeiter ein Modell
vor, bei dem zweierlei Arten von Elektronen (schwere und leichte) für die Leitfähigkeit verantwortlich sind, deren jeweilige Leitungsbänder sich energetisch um 25 meV voneinander
unterscheiden [73]. Dieses Modell wird durch neuere Bandstrukturrechnungen [70] gestützt,
die am Y-Punkt der Brillouin-Zone leichte (m = 0.49 m0) und am Λ-Punkt sehr schwere
Elektronen vorhersagen (vgl. Kap. II.B.2.b).
5. Magnetisches Verhalten
Die magnetische Suszeptibilität der Verbindung wurde zunächst an Proben gemessen, die auf
pulvermetallurgischem Wege gewonnen wurden [84]. Der Verlauf der Suszeptibilitätskurven
zeigte, dass reines β-FeSi2 bei niedrigen Temperaturen (T<500°C) diamagnetisch ist. Da die
dort untersuchten Proben jedoch auch noch Beimengungen von diamagnetischem Si oder
paramagnetischem FeSi enthielten und die magnetische Suszeptibilität stark von Verunreinigungen beeinflusst wird, ergaben sich in Abhängigkeit vom Gesamtgehalt an Silicium in
den Proben sehr unterschiedliche Kurvenverläufe (Abb.II.16), wobei der Einfluß der Beimengungen bei der Probe mit einem Gesamtgehalt an Silicium von 51.3 Gew.-% am
geringsten war (Die stöchiometrische Phase β-FeSi2 enthält 50.15 Gew.-% Si).
Messungen an β-FeSi2-Einkristallen [85] zeigten, dass sich deren magnetische Suszeptibilität
aus einem diamagnetischen und einem paramagnetischen Anteil zusammensetzt. Letzterer
wurde von den Autoren auf thermisch angeregte Ladungsträger sowie auf intrinsische paramagnetische Defekte zurückgeführt, wie sie von Miki und Mitarbeitern [86] bei der Interpretation ihrer ESR-spektroskopischen Untersuchungen von β-FeSi2-Keramiken angenommen
wurden. Gemäß neueren ESR-Untersuchungen [87, 88] sind jedoch Verunreinigungen durch
paramagnetische Fremdatome für die ESR-Signale und damit wohl auch für den beobachteten
Paramagnetismus der untersuchten Kristalle verantwortlich (siehe Kap.IV.B).
28
Abb.II.16: Die magnetische Suszeptibilität von Proben mit unterschiedlichem SiliciumGehalt in Abhängigkeit von der Temperatur [84]
Auch Mößbauer-Untersuchungen an Einkristallen gaben keinerlei Hinweise auf das Vorliegen
einer magnetischen Ordnung [89, 90], so dass das beobachtete anomale Verhalten bei
Messungen des Hall-Effektes wohl nicht wie von [77] beschrieben auf ferromagnetisches
Verhalten unterhalb von 100 K und eine drastische Veränderung in der magnetischen
Ordnung zurückzuführen ist, sondern sich befriedigend mit Hilfe eines Zwei-Bänder-Modells
für die Leitfähigkeit erklären lässt [73].
29
30
III. Präparative Untersuchungen
A: Bestimmung der optimalen Transportbedingungen
1. Vorbemerkungen
Bis Mitte der sechziger Jahre wurden die Übergangsmetallsilicide hauptsächlich durch das
aluminothermische Verfahren [91], das Zusammenschmelzen der Elemente im Lichtbogenoder Hochfrequenzofen [92] oder durch Drucksintern [93] hergestellt. Diese Verfahren benötigten jeweils sehr hohe Temperaturen und lieferten oft keine größeren Einkristalle. 1966
wurde dann erstmals über die Gewinnung verschiedener Silicide (und Boride) in Form von
Einkristallen über chemische Transportreaktionen mit X2 (X = Cl, Br, I) als Transportmittel
berichtet [94]. In der Folge wurden vor allem die Systeme Ti - Si, V - Si und Cr - Si auf
diesem Wege eingehender untersucht [95 - 100] und Einkristalle von Silicidphasen erhalten.
Für die Silicide des Titans [98], des Vanadiums [97] und des Chroms [99] wurden daneben
auch detaillierte theoretische Untersuchungen über das Transportverhalten durchgeführt.
Zwar wurde auch das Transportverhalten im System Fe - Si untersucht [12, 15], dennoch
blieben Unklarheiten über die Bedingungen der Bildung von β-FeSi2 aus der Gasphase. Da
hierzu zwischen 1972 [15] und dem Beginn der vorliegenden Arbeit (1994) keine weiteren
Publikationen erschienen waren, wurde im Rahmen der Diplomarbeit damit begonnen, die
Transportbedingungen genauer zu untersuchen. Im Laufe der Dissertation wurden ab 1994
weitere Untersuchungen an β-FeSi2-Kristallen veröffentlicht, allerdings ohne sich genauer mit
den Synthesebedingungen zu befassen [68, 73, 78, 82, 85, 87, 88, 101 - 105]; lediglich eine
Arbeit beschäftigte sich 1997 eingehender mit der Synthese von β-FeSi2-Einkristallen durch
chemischen Transport [79].
31
Bei der Durchführung von Transportreaktionen ist eine Vielzahl von variablen Parametern zu
beachten; in Klammern sind in der vorliegenden Arbeit durchgeführte Variationen angegeben:
1. Wahl des Transportmittels (I2, Br2)
2. Druck des Transportmittels
3. Zusammensetzung des Quellbodenkörpers
(Silicdgemisch Fe2Si5 / FeSi oder Elemente Fe / Si)
4. Temperaturgradient ∆T
5. Temperatur von Quellen- und Senkenraum
6. Länge und Durchmesser der Ampulle
Während die Punkte 1 - 5 die Anteile der einzelnen gasförmigen Spezies an der Gasphase
bestimmen, hat Punkt 6 Einfluss auf die Art des Gasstroms in der Ampulle: Bei einem geringen Ampullendurchmesser herrscht eine laminare Konvektionsströmung vor, bei einem
größeren Ampullendurchmesser treten verstärkt Turbulenzen auf.
Ouvrard und Mitarbeiter [15] geben als optimale Bedingungen einen Transport mit Iod bei
einem Druck von 0.5 bar, einen Temperaturgradienten von ∆T = 170 K (T2 = 1000°C,
T1 = 830°C) und als zwingend erforderlichen Ausgangsbodenkörper ein Gemisch aus FeSi
und Fe2Si5 (α-FeSi2) an. Dabei wird aber das Gesamtverhältnis Fe : Si nicht genannt. Außerdem werden keine Versuche beschrieben, bei denen β-FeSi2 durch eine Transportreaktion aus
den Elementen erhalten wurde. Dies war bei TiSi2 bereits erfolgreich durchgeführt worden
[94]. Auch ein kongruenter Transport von β-FeSi2, bei dem der Ausgangsbodenkörper im
Quellenraum die gleiche Zusammensetzung besitzt wie der im Senkenraum abgeschiedene
Bodenkörper, konnte noch nicht beobachtet werden.
Beim Vorliegen eines inkongruenten Transportes, wo sich vorgelegter Quellbodenkörper und
transportierte Verbindung unterscheiden, ist es nicht möglich, eine einzelne Transportgleichung im klassischen Sinne zu formulieren. Man muss daher zunächst alle möglicherweise im System auftretenden Gleichgewichtsreaktionen betrachten. Eine Kombination dieser
Reaktionen führt zur Einstellung des Gleichgewichtes in der Gasphase. Für die Auflösung des
Quellbodenkörpers und die Abscheidung des transportierten Produktes in der Senke sind die
einzelnen Gleichgewichte in unterschiedlichem Maße verantwortlich.
32
Betrachtet man das binäre System Eisen - Iod, so stellt man fest, dass Eisen über das Eisen(II)iodid von kalt nach heiß transportiert werden kann [106]. Zwar ist die Bildung des
gasförmigen Diiodids (1) endotherm, was einen Transport von heiß nach kalt bewirken würde,
sie wird aber von der exothermen Dimerisierungsreaktion (2) überlagert [107]; die resultierende Reaktion (3) ist ebenfalls exotherm, was die gefundene Transportrichtung erklärt.
(1)
Fe(s) + I2 (g) ⇔ FeI2 (g)
endotherm
(2)
2 FeI2 (g) ⇔ Fe2I4 (g)
exotherm
(3)
2 Fe(s) + 2 I2 (g) ⇔ Fe2I4 (g)
exotherm
Im System Silicium - Iod kann eine Umkehr der Transportrichtung in Abhängigkeit vom IodDruck beobachtet werden [108]. Bei einem Iod-Druck über 0.1 bar verläuft der Transport von
heiß nach kalt; verantwortlich für den Transport ist die endotherme Reaktion (4):
(4)
Si(s) + SiI4 (g) ⇔ 2 SiI2 (g)
endotherm
Liegt der Iod-Druck jedoch unter 0.1 bar, so wird die Transportrichtung durch die exotherme
Reaktion (5) bestimmt; der Transport verläuft von kalt nach heiß :
(5)
Si(s) + 2 I2 (g) ⇔ SiI4 (g)
exotherm
Abbildung III.1 zeigt die Partialdrücke der einzelnen gasförmigen Spezies im System Fe - I
bzw. Si - I in Abhängigkeit von der Temperatur. Die Berechnungen erfolgten auf der Basis der
thermodynamischen Daten aus [109].
Wenn der Transport im ternären System Silicium - Eisen - Iod für die zu transportierenden
Elemente unabhängig voneinander abläuft, so sollte ein gemeinsamer Transport und somit
eine Synthese von β-FeSi2 nur von kalt nach heiß stattfinden können. Es müßte also mit so
niedrigen Iod-Drücken gearbeitet werden, dass auch das Silicium zum heißen Ende der
Ampulle transportiert wird.
33
a)
b)
Abb.III.1: Gleichgewichtspartialdrücke a) im System Fe - I bzw. b) im System Si - I im
Temperaturbereich zwischen 700°C und 1300°C
Tritt jedoch ein auf irgendeine Art gekoppelter Transport von Eisen und Silicium auf, so wäre
auch ein Transport von heiß nach kalt möglich. So ist z.B. die Reaktion (6) endotherm und
könnte zu einem Eisen-Transport von heiß nach kalt führen :
(6)
34
Fe(s) + SiI4 (g) ⇔ SiI2 (g) + FeI2 (g)
endotherm
In Konkurrenz zu einer Transportreaktion stehen immer auch heterogene Reaktionen, die
lokal im Quellenraum der Ampulle ablaufen, ohne dass eine räumliche Trennung von Edukten
und Produkten auftritt. In der Gasphase über einem aus Eisen und Silicium bestehenden
Bodenkörper herrschen aufgrund der Reaktionen (1), (2), (4) und (5) als silicium- bzw. eisenhaltige Spezies SiI4, SiI2, FeI2 und Fe2I4 vor. SiI4 bildet als stabilste gasförmige Verbindung
des Systems deutlich die Hauptkomponente der Gasphase.
Der Einsatz binärer Verbindungen als Ausgangsbodenkörper beeinflusst das Transportverhalten eines Systems in zweierlei Hinsicht. Zum Einen ändert sich das chemische Potential
der zu transportierenden Komponenten, was zu einer veränderten Löslichkeit in der Gasphase
führt, zum Anderen wird dadurch die gleichzeitige Aufnahme beider Bestandteile in die Gasphase begünstigt.
Die Verwendung eines Eduktgemisches im Quellenraum wurde bereits für einige MetallSilicide als notwendig beschrieben [97 - 99], um die Zusammensetzung der Gleichgewichtsgasphase über dem Bodenkörper bei dem beobachteten inkongruenten Transport konstant zu
halten. Die Molverhältnisse der beiden zu transportierenden Komponenten (hier Metall und
Silicium) zueinander unterscheiden sich beim inkongruenten Transport in Bodenkörper und
Gasphase. Beim Transport von Metallsiliciden mit Halogenen ist vor allem zu beachten, dass
der Partialdruck der metallhaltigen Komponente mit steigendem Silicium-Gehalt des Bodenkörpers sinkt. Daher sollte der Transport von Silicium gemäß den Reaktionsgleichungen (4)
und (5) dem Transport eines siliciumreichen Silicids vorgezogen werden. Der Zusatz eines
zweiten, metallreicheren Silicids, das mit dem ersten im Gleichgewicht steht, hält dagegen
den Partialdruck des Metallhalogenides aufrecht. Ebenfalls sollte ein zu geringer Halogendruck vermieden werden, da dies zu einer Bevorzugung des Silicium-Transportes gegenüber
dem Silicid-Transport führen sollte.
Im System Silicium-Eisen-Iod kann - ausgehend von Eisensiliciden und Iod - eine Vielzahl
von Reaktionen zur Einstellung der Gleichgewichte in Bodenkörper und Gasphase sowohl im
Quellenraum als auch im Senkenraum beitragen. Außer den bereits erwähnten Gleichgewichten (1) bis (6) können folgende Reaktionen eine Rolle spielen:
35
(7)
FeySix(s) + (x+y) SiI4(g) ⇔ y FeI2(g) + (2x+y) SiI2(g)
endotherm
(8)
FeySix(s) + (2x+y) I2(g) ⇔ y FeI2(g) + x SiI4(g)
exotherm
(9)
Fe2Si5(s) + 2 I2(g) ⇔ 2 FeSi(s) + SiI4(g)
exotherm
(10)
5 FeSi(s) + 3 I2(g) ⇔ 3 FeI2(g) + Fe2Si5(s)
endotherm
(11)
I2(g) ⇔ 2 I(g)
endotherm
(12)
SiI4(g) ⇔ SiI2(g)+ I2(g)
endotherm
(13)
2 FeI2(g) + I2(g) ⇔ 2 FeI3(g)
exotherm
(14)
Fe(s) + 2 FeI3(g) ⇔ 3 FeI2(g)
endotherm
Die Dimerisierung des FeI3 spielt nach Schäfer und Hönes [110] bei den vorliegenden hohen
Temperaturen keine Rolle. Dagegen wären weitere Reaktionen denkbar, so z.B. die Bildung
von SiI oder SiI3 sowie Reaktionen mit dem SiO2 der Ampullenwand. Dabei könnten Oxidiodide des Siliciums wie SiOI2, Si3O3I6 oder Si4O4I8 entstehen [111]. Ein Beispiel für eine
solche Reaktion ist in Reaktionsgleichung (15) formuliert :
(15)
SiI4(g) + SiO2(s) ⇔ 2 SiOI2(g)
endotherm
Auch nicht vollständig entferntes Wasser könnte den Transporteffekt beeinflussen. So würde
die Entstehung von HI den Transport von Eisen über das Dihalogenid [112] gemäß Reaktion
(16) erleichtern :
(16)
Fe(s) + 2 HI(g) ⇔ H2 (g) + FeI2(g)
endotherm
Dagegen dürfte der Silicium-Transport durch die vollständige oder teilweise Hydrolyse von
SiI4 behindert werden.
Um die optimalen Bedingungen für die Synthese von β-FeSi2-Kristallen mit Hilfe von Transportreaktionen zu bestimmen, wurden Versuchsreihen durchgeführt, in denen jeweils einer der
Parameter variiert wurde, während die anderen unverändert gelassen wurden. Dabei wurde
sowohl vom in [15] als zwingend notwendig bezeichneten Gemisch aus FeSi und Fe2Si5 (αFeSi2) als auch von den Elementen als Quellbodenkörper ausgegangen.
36
Die zusätzlich unternommenen Versuche, die Transportbedingungen mit Hilfe thermodynamischer Modellrechnungen auf theoretischem Wege zu optimieren, führten dagegen nicht
zum Erfolg. Es ergab sich stets ausschließlich ein Transport von FeSi, möglicherweise, weil
der in den zur Verfügung stehenden thermodynamischen Daten angegebene Betrag von ∆FH0
für diese Verbindung zu groß ist.
2. Optimierung der Transportbedingungen, ausgehend von Fe 2Si5 und FeSi
- Variation des Ioddruckes
In einer Versuchsreihe wurde die Abhängigkeit der Art und Menge der im Senkenraum abgeschiedenen Kristalle von der Menge des eingesetzten Transportmittels I2 untersucht. Die übrigen Parameter wurden in Anlehnung an in der vorausgegangenen Diplomarbeit durchgeführte
erste erfolgreiche Transportexperimente gewählt. Dabei wurde ein Verhältnis n(Fe2Si5) :
n(FeSi) von 0.6 und ein Temperaturgradient von ∆T = 200K (T2 = 1273 K, T1 = 1073 K; Tm =
1173 K) in Ampullen von 7 ml Volumen und einem Innendurchmesser von 8 mm verwendet.
Der Ioddruck wurde im Bereich zwischen 0.30 bar und 8.18 bar variiert. Tabelle III.1 gibt
einen Überblick über die Ansätze und die gemachten Beobachtungen.
Bei allen Ansätzen wurde das im Quellenraum zurückgebliebene graue Pulver röntgenpulverdiffraktometrisch als Gemisch der Edukte Fe2Si5 und FeSi identifiziert. Bei den Ansätzen mit geringem Ioddruck (1 und 2) konnte keinerlei Transport beobachtet werden. Bei
Ioddrücken ab 1 bar (Ansätze 3 bis 6) wurde im Senkenraum immer eine schwarze, metallisch
glänzende Schicht an der Ampullenwand vorgefunden, deren Fläche und Dicke mit steigendem Ioddruck zunahm. Diese sehr fest am Quarzglas anhaftende Schicht bestand gemäß der
röntgenographischen Untersuchung aus Silicium. Im Bereich zwischen p(I2) = 3.5 bar und
p(I2) = 4 bar verändert sich dann das Transportverhalten, so dass ab Ioddrücken von über 4 bar
(Ansätze 7 bis 13) im Senkenraum auch silbrig glänzende, unregelmäßig gewachsene Nadeln
von bis zu 10 mm Länge vorzufinden waren. Diese Nadeln konnten röntgenographisch eindeutig als β-FeSi2-Kristalle identifiziert werden. Eine Erhöhung des Ioddruckes auf 4.5 bar
oder mehr brachte keine Verbesserung der Ergebnisse mehr.
37
Tab.III.1: Ergebnisse der Variation des Ioddrucks
Ansatz- p(I2)
Beobachtungen
Nr.
(bar)
1
0.30
kein Transport
2
0.53
kein Transport
3
1.00
schwarze, metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
4
1.95
schwarze, metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
5
2.96
schwarze, metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
6
3.48
schwarze, metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
7
4.05
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
8
4.50
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
9
5.00
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
10
6.09
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
11
7.08
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
12
8.18
metallisch glänzende Schicht (Si) und silbrige Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
Schlussfolgerungen:
Das beobachtete Auftreten der beiden Transporte (Si und β-FeSi2) bei unterschiedlichen Ioddrücken kann mit der unterschiedlichen Löslichkeit von Eisen und Silicium in einer IodGasphase erklärt werden. Prinzipiell gilt, dass von den möglicherweise auftretenden gasförmigen Spezies SiI4 die größte thermodynamische Stabilität besitzt und daher im Vergleich
zu den Eiseniodiden zunächst bevorzugt gebildet wird. Befindet sich aber nur wenig Iod in der
Ampulle, so werden letztere gar nicht gebildet. Die Menge an SiI4 in der Gasphase ist jedoch
noch nicht ausreichend, um einen Si-Transport von heiß nach kalt zu ermöglichen. Steigt der
Ioddruck, so wird Silicium transportiert, für eine Silicidabscheidung im Senkenraum ist die in
der Gasphase gelöste Menge an Eisen allerdings noch zu gering. Erst wenn die Iodmenge
nochmals erhöht wird, werden neben Silicium auch β-FeSi2-Kristalle transportiert, da nun
auch die Partialdrücke der eisenhaltigen Spezies hoch genug sind.
38
- Variation des Eduktverhältnisses
Als nächster Parameter wurde das Verhältnis von Fe2Si5 zu FeSi im Quellbodenkörper variiert. Als Ioddruck wurde aufgrund der Ergebnisse der oben beschriebenen Versuchsreihe 4 bar
gewählt, Temperaturgradient, Tm und Ampullendimensionen wurden beibehalten. Das Verhältnis n(Fe2Si5) : n(FeSi) wurde von 7:3 bis 2:5 variiert, was einen Gesamtsiliciumgehalt
zwischen 69.1 % und 62.6 % entspricht. Tabelle III.2 gibt einen Überblick über die Ansätze
und die gemachten Beobachtungen.
Tab.III.2: Ergebnisse der Variation des Eduktverhältnisses
Ansatz- n(Fe2Si5) : Atom-% Si
Beobachtungen
Nr.
n(FeSi)
13
7:3
69.1
metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
14
2:1
68.8
metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
15
3:2
68.1
metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
16
1:1
66.7
metallisch glänzende Schicht (Si) in der Senke
17
2:3
64.9
glänzende Schicht (Si) und Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
18
1:2
63.5
glänzende Schicht (Si) und Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
19
2:5
62.6
glänzende Schicht (Si) und Nadeln (β-FeSi2) in der Senke
Auch hier wurde bei allen Ansätzen das im Quellenraum zurückgebliebene graue Pulver als
Gemisch der Edukte Fe2Si5 und FeSi identifiziert. Ein Transport von β-FeSi2-Nadeln fand nur
bei den Ansätzen statt, bei denen der Siliciumanteil im Eduktgemisch unterhalb der stöchiometrischen Menge für das Disilicid lag (Ansätze 17-19).
Schlussfolgerungen:
Beträgt das Verhältnis Fe : Si 1 : 2 oder liegt gar ein Siliciumüberschuss vor, so findet ausschließlich ein Transport von Silicium statt. Auch hier ist also für den Transport des Eisendisilicides Voraussetzung, dass das Verhältnis an in der Gasphase gelöstem Eisen zu Silicium
nicht zu klein ist.
39
- Variation von Tm
Nach Ioddruck und Quellbodenkörperzusammensetzung wurde auch die mittlere Temperatur
Tm in der Ampulle variiert, wobei der Temperaturgradient mit ∆T = 200K konstant gehalten
wurde. Dabei war hier der Variation des Parameters als Grenze gesetzt, dass T1 nicht oberhalb
von 982°C, der Temperatur der Phasenumwandlung β-FeSi2 - Fe2Si5 (α-FeSi2), liegen durfte.
Tabelle III.3 gibt einen Überblick über die Ansätze und die gemachten Beobachtungen.
Tab.III.3: Ergebnisse der Variation von Tm
Ansatz-Nr.
T2 (K)
T1 (K)
Beobachtungen
20
1423
1223
geringer Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
21
1323
1123
hoher Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
22
1273
1073
sehr hoher Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
23
1223
1023
kein Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
Bei allen Ansätzen blieb im Quellenraum ein Teil des Eduktgemisches als graues Pulver
zurück und bildete sich im Senkenraum eine schwarze metallische Schicht von Silicium.
Schlussfolgerungen:
Es bestätigte sich, dass das auch in den vorherigen Versuchsreihen eingestellte Temperaturgefälle von 1273 K nach 1073 K, welches zunächst aufgrund einer Kombination aus Literaturangaben und apparativen Gegebenheiten gewählt wurde, die optimalen Bedingungen für
den Transport von β-FeSi2-Nadeln bot. Liegt die mittlere Temperatur zu niedrig, so sinkt der
Partialdruck der eisenhaltigen Gasphasenspezies zu stark ab, ein Transport von β-FeSi2 findet
nicht statt.
40
3. Optimierung der Transportbedingungen, ausgehend von den Elementen
- Variation des Verhältnisses Fe : Si
Neben den oben beschriebenen Transportexperimenten wurden auch Versuche durchgeführt,
β-FeSi2-Kristalle mittels
chemischem
Transports,
ausgehend
von
den
Elementen,
darzustellen. Wenn dies gelänge, wäre die Herstellung der oben verwendeten Eduktsilicide
FeSi und Fe2Si5 (α-FeSi2) überflüssig. Zunächst wurde das Verhältnis der Elemente
zueinander variiert und Versuche entsprechend den Stöchiometrieen FeSi, FeSi2 und Fe2Si5
durchgeführt. Dabei wurden die aus den oben beschriebenen Versuchsreihen gewonnenen
Erkenntnisse über optimale Druck- und Temperaturbedingungen übernommen, es wurden
allerdings Ampullen mit einem größeren Innendurchmesser (18 mm) und Volumen (21 ml)
verwendet, um einen besseren Stofftransport zu ermöglichen. Tabelle III.4 gibt einen
Überblick über die Ansätze und die gemachten Beobachtungen.
Tab.III.4: Ergebnisse der Variation des Eduktverhältnisses
Ansatz-Nr. n(Fe) : n(Si) Atom-% Si
Beobachtungen
24
1:1
49.8
kein Transport
25
1:2
66.7
kein Transport
26
2:5
71.6
metallisch glänzende Schicht (Si), sehr viele und
große silbrige Nadeln und Plättchen (beides β-FeSi2)
in der Senke
Bei einer Eduktzusammensetzung von 1 : 1 (Ansatz 24) fand kein chemischer Transport statt;
die röntgenographische Untersuchung des in der Quelle zurückgebliebenen grauen Pulvers
zeigte eine nahezu vollständige Umsetzung der Edukte zu FeSi. Auch bei Vorlegen der im
Produkt erwünschten Stöchiometrie FeSi2 im Quellenraum wurde kein Transport beobachtet,
das Pulverdiffraktogramm des zurückbleibenden Quellbodenkörpers zeigte das Vorliegen
eines Gemisches aus Fe2Si5 und FeSi. Wurde jedoch ein Silicium-Überschuss im Quellbodenkörper vorgelegt, so erhielt man ein sehr gutes Transportergebnis. Es bildeten sich große
Mengen sowohl an Kristallnadeln als auch an länglichen Plättchen; Kristalle von beiderlei
Habitus konnten auf Einkristalldiffraktometern als β-FeSi2 identifiziert werden, wobei sich
die Orientierung der Elementarzelle relativ zu den Kristallachsen je nach Habitus unterschied
41
(siehe Kap. IV.A). Das in der Quelle zurückgebliebene graue Pulver konnte als Fe2Si5 mit
Spuren von FeSi und nicht umgesetztem Silicium identifiziert werden.
Schlussfolgerungen:
Auffällig ist, dass bei den Transportreaktionen, bei denen von den Elementen ausgegangen
wurde, im Gegensatz zu denen mit einem Silicidgemisch als Ausgangsbodenkörper ein
Siliciumüberschuss notwendig ist, um ein gutes Transportergebnis zu erhalten. Die Ursache
hierfür dürfte darin zu finden sein, dass das überschüssige Si hier die Bildung des thermodynamisch sehr stabilen FeSi zurückdrängt und so verhindert, dass der Großteil des vorgelegten Eisens auf diese Weise gebunden wird und die Gasphase an eisenhaltigen Spezies
verarmt.
- Variation des Ioddrucks
Auch für den Transport ausgehend von den Elementen wurde der Ioddruck variiert, um den
optimalen Wert für diesen Parameter zu ermitteln, und zwar zwischen 1 und 8 bar. Das Verhältnis Fe : Si wurde mit 2 : 5 gemäß den Ergebnissen der oben beschriebenen Versuchsreihe
gewählt, die übrigen Parameter wurden von dort übernommen. Tabelle III.5 gibt einen
Überblick über die Ansätze und die gemachten Beobachtungen.
Tab.III.5: Ergebnisse der Variation des Ioddrucks
Ansatz-Nr.
p(I2) (bar)
Beobachtungen
27
1.10
kein Transport
28
1.99
geringer Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
29
3.95
sehr hoher Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
30
8.00
sehr hoher Transport von nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
Schlussfolgerungen:
Wie beim Transport ausgehend von einem Silicidgemisch zeigte sich auch hier, dass ein Ioddruck von 4 bar optimal für den Transport von β-FeSi2-Kristallen geeignet ist. Ein höherer
Druck bringt keine weitere Verbesserung des Ergebnisses, ein niedrigerer Druck führt zu einer
zu geringen Menge an in der Gasphase gelöstem Eisen, ein Transport findet dann nicht mehr
oder nur in sehr geringem Umfang statt.
42
4. Untersuchung des Transportverhaltens mit Br 2 als Transportmittel
Neben der Optimierung der Transportbedingungen mit Iod wurde auch die Verwendung von
Brom als Transportmittel untersucht. Dabei wurde von den Elementen als Quellbodenkörper
ausgegangen, da damit bei den Iodexperimenten die besten Ergebnisse erhalten wurden, und
der Bromdruck in der Ampulle bei einem Temperaturgradienten von T2 = 1273 K nach
T1 = 1073 K variiert. Tabelle III.6 gibt einen Überblick über die Ansätze und die gemachten
Beobachtungen.
Tab.III.6: Ergebnisse der Variation des Bromdrucks
Ansatz- p(Br2)
Beobachtungen
Nr.
(bar)
31
3.63
hoher Transport von kleinen nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
32
4.53
sehr hoher Transport von kleinen nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
33
9.07
fast vollständiger Transport von kleinen nadelförmigen Kristallen (β-FeSi2)
Bei allen Ansätzen war ein Transport von β-FeSi2-Nadeln zu beobachten, beim höchsten
Bromdruck (Ansatz 31) war der Quellbodenkörper sogar nahezu vollständig abtransportiert
worden. Die erhaltenen Kristalle waren jedoch deutlich kleiner und stärker verwachsen als
beim Transport mit Iod, so dass für die Untersuchung der physikalischen Eigenschaften ausschließlich iodtransportierte Kristalle verwendet wurden. Im Quellenraum blieb, wie beim
Transport mit Iod, ein Gemisch aus Fe2Si5 und FeSi zurück.
Schlussfolgerungen:
Brom ist besser geeignet, Eisen und Silicium in die Gasphase zu überführen, die Abscheidung
des Silicides im Senkenraum findet aber wohl so schnell statt, dass sich keine großen Kristalle
bilden können.
43
B: Synthese von dotierten β-FeSi2-Kristallen
1. Vorbemerkungen
Um den Einfluss von Fremdatomen auf die physikalischen Eigenschaften von β-FeSi2 gezielt
zu untersuchen, sollten Mischkristalle synthetisiert werden, in denen ein Teil der Eisenpositionen von anderen Übergangsmetallen eingenommen wird. Dabei lag das Augenmerk
besonders auf Elementen der ersten Übergangsmetallreihe (Ti, V, Cr, Mn und Co) sowie den
höheren Homologen des Eisens, Ruthenium und Osmium. Da aber lediglich das OsSi2 zu βFeSi2 isotyp ist, während die anderen Disilicide in verschiedenen anderen Strukturen kristallisieren (ein RuSi2 ist nicht bekannt), war ein bereitwilliger Einbau jedoch nicht von vornherein zu erwarten.
Bei der Synthese über Transportreaktionen mussten Bedingungen gefunden werden, bei denen
sowohl β-FeSi2 transportiert wurde als auch das einzubauende Fremdatom in ausreichender
Menge in der Gasphase vorhanden war. Daher wurden mehrere Reihen von Ansätzen mit
unterschiedlichen Eduktgemischen und unterschiedlichen Dotierstoffmengen sowohl mit Iod
als auch mit Brom als Transportmittel durchgeführt. In den folgenden Abschnitten werden
ausgewählte Versuchsreihen, die die besten Ergebnisse erbrachten, aufgeführt. Für die Dotierung waren dies Ansätze, bei denen ein Silicidgemisch vorgelegt wurde, in Gegenwart von
Ruthenium und Osmium wurden nur beim Transport ausgehend von den Elementen Kristalle
erhalten. Bei anderen Reihen, wie z. B. der Synthese ausgehend von den Elementen in
Gegenwart von 3d-Metallen konnte kein nennenswerter Transport von β-FeSi2-Kristallen
beobachtet werden.
2. Dotierung mit 3d-Metallen
- Transport mit Iod
Als Ausgangsbodenkörper wurde bei dieser Versuchsreihe stets ein Gemisch aus Fe2Si5, FeSi
und dem jeweiligen Metalldisilicid MSi2 (M = Ti, V, Cr, Mn, Co; bei Mangan MnSi2-x) vorgelegt. Dabei betrug der Anteil des Dotiermetalls an der Gesamtmetallmenge zwischen 2.5 %
und 50 %. Ansonsten wurden die Transportbedingungen aus den oben beschriebenen Opti
44
mierungsversuchen übernommen. Tabelle III.7 gibt einen Überblick, bei welchen der Ansätze
ein Transport von β-FeSi2-Kristallen beobachtet wurde und in welchem Umfang der Dotierstoff bei den Untersuchungen mit der Mikrosonde (Kap. IV.E) in diesen Kristallen festgestellt
werden konnte.
Tab.III.7: Versuche der Dotierung über Transportreaktionen mit Iod
MSi2
M = Ti
M=V
M = Cr
M = Mn
M = Co
-
-
Cr deutlich
Mn deutlich
kein Co
nachweisbar
nachweisbar
nachweisbar
<5%M
(0.31 % quant.)
MSi2
kein Ti
keine β-FeSi2-
kein Cr
kein Mn
Co deutlich
10 % M
nachweisbar
Kristalle
nachweisbar
nachweisbar
nachweisbar
(0.66 % quant.)
MSi2
20 % M
MSi2
keine β-FeSi2- keine β-FeSi2Kristalle
Kristalle
keine β-FeSi2- keine β-FeSi2-
Cr deutlich
keine β-FeSi2-
Co deutlich
nachweisbar
Kristalle
nachweisbar
keine β-FeSi2-
keine β-FeSi2-
keine β-FeSi2-
33 % M
Kristalle
Kristalle
Kristalle
Kristalle
Kristalle
MSi2
keine β-FeSi2-
-
keine β-FeSi2-
-
keine β-FeSi2-
50 % M
Kristalle
Kristalle
Kristalle
Wie zu erkennen ist, war es gelungen über den Transport mit Iod eine nachweisliche Dotierung von β-FeSi2 mit Chrom, Mangan und Cobalt zu erzielen. Dagegen wurde in den titanbzw. vanadiumhaltigen Ansätzen meist noch nicht einmal ein Transport von β-FeSi2 beobachtet. Da bei diesen Metallen in der Literatur für den Transport der Disilicide von heiß
nach kalt (ebenso wie beim Chrom [99]) Brom als geeignetes Transportmittel angegeben wird
[96], wurde eine vergleichbare Versuchsreihe mit Brom durchgeführt.
- Transport mit Brom
Die Versuche wurden unter den gleichen Bedingungen wie oben beschrieben durchgeführt,
der Dotiermetallanteil in den Ansätzen lag zwischen 10 % und 33 %. Tabelle III.8 gibt einen
Überblick, bei welchen der Ansätze ein Transport von β-FeSi2-Kristallen beobachtet wurde
45
und in welchem Umfang der Dotierstoff bei den Untersuchungen mit der Mikrosonde (Kap.
IV.E) in diesen Kristallen festgestellt werden konnte.
Tab.III.8: Versuche der Dotierung über Transportreaktionen mit Brom
M = Ti
M=V
M = Cr
M = Mn
M = Co
MSi2
keine β-FeSi2-
V deutlich
Cr deutlich
keine β-FeSi2-
Co deutlich
10 % M
Kristalle
nachweisbar
nachweisbar
Kristalle
nachweisbar
MSi2
keine β-FeSi2-
keine β-FeSi2-
17 % M
Kristalle
Kristalle
MSi2
Ti deutlich
keine β-FeSi2-
20 % M
nachweisbar
Kristalle
Kristalle
Kristalle
Kristalle
MSi2
Ti deutlich
V deutlich
keine β-FeSi2-
-
keine β-FeSi2-
33 % M
nachweisbar
nachweisbar
Kristalle
keine β-FeSi2- keine β-FeSi2- keine β-FeSi2Kristalle
Kristalle
Kristalle
keine β-FeSi2- keine β-FeSi2- keine β-FeSi2-
Kristalle
(1.02 % quant.)
Beim Transport mit Brom war es gelungen, Kristalle mit nachweislicher Titan- bzw.
Vanadiumdotierung zu synthetisieren, während nun in den manganhaltigen Ansätzen kein
Transport mehr zu beobachten war. Eine Chrom- und Cobaltdotierung war mit beiden Transportmitteln möglich. Allerdings galt auch hier, wie bei den nicht substituierten Kristallen, dass
Größe und Qualität der Kristalle beim Transport mit Iod deutlich besser waren.
3. Dotierung mit Ruthenium und Osmium
Neben den Metallen der ersten Übergangsreihe war auch interessant, ob sich die höheren
Homologen des Eisens, Ruthenium und Osmium, in β-FeSi2 einbauen lassen würden. Dabei
waren die Voraussetzungen für diese beiden Elemente sehr unterschiedlich, da OsSi2 isotyp zu
β-FeSi2 kristallisiert, während vom Ruthenium kein siliciumreicheres Silicid als Ru2Si3 bekannt ist. Daher wurde bei diesen Versuchen mit Iod als Transportmittel als Quellbodenkörper
ein Gemisch aus den drei Elementen vorgelegt, bei dem der Anteil von Ru bzw. Os an der
Gesamtmetallmenge 10 % betrug. Es wurde bei allen Ansätzen ein Transport von β-FeSi2Kristallen beobachtet, wenn jedoch eine Dotierung stattgefunden hatte, dann war sie so gering,
dass sie von der Mikrosonde nicht detektiert werden konnte (vgl. Kap. IV.E).
46
IV. Strukturelle und physikalische Charakterisierung von β-FeSi2
A: Röntgenstrukturanalyse von β-FeSi2
1. Vorbemerkungen
Die Kristallstruktur von β-FeSi2 wurde von Wandji [13] und Dusausoy [14] auf der Basis von
Röntgenfilmaufnahmen mit einer Weissenberg-Kamera bestimmt.
Tab.IV.1: β-FeSi2: Gitterkonstanten, Atomparameter, Besetzungsfaktor G, äquivalente
Temperaturfaktoren Bäq, sowie R-Wert (nach [14])
β-FeSi2
RG Cmca
R = 0.043
a = 9.863(7) Å, b = 7.791(6) Å, c = 7.833(6) Å, V = 602 Å3, Z = 16
Atom
x
y
z
G
B(Å2)
FeI (8d)
0.2146(2)
0
0
1
0.1154(64)
FeII (8f)
0.5000(0)
0.3086(2)
0.1851(2)
1
0.1342(76)
SiI (16g)
0.1282(2)
0.2746(3)
0.0512(4)
1
0.3014(156)
SiII (16g)
0.3727(2)
0.0450(3)
0.2261(3)
1
0.3828(200)
Für photometrisch ermittelte Reflexintensitäten ist die Qualität der Strukturanalyse als gut zu
bezeichnen, aber da in der Struktur neun freie Parameter auftreten und außerdem lediglich
isotrope Temperaturfaktoren angegeben wurden, erschien für eine Verfeinerung dieser Parameter auf der Basis von Daten eines Einkristalldiffraktometers eine Neubestimmung angebracht. Hierbei sollten speziell auch Probleme hinsichtlich einer Zwillingsbildung untersucht
werden, auf die in der Literatur hingewiesen wurde und die im Zusammenhang mit der Interpretation von ESR-Spektren gelöst werden mussten. Unter diesem Aspekt war interessant,
dass bei der Kristallzüchtung durch Abscheidung aus der Gasphase im gleichen Abscheidungsraum Kristalle von zweierlei Habitus gefunden wurden, längere Nadeln (typische
47
Abmessungen: 10 mm x 1.5 mm x 1.5 mm) und breitere Plättchen (typische Abmessungen:
10 mm x 2.5 mm x 0.5 mm), die jeweils röntgenographisch charakterisiert werden sollten. Die
Röntgenpulverdiagramme der aus Kristallen erhaltenen Präparate wiesen bereits eindeutig
darauf hin, dass es sich um eine einheitliche Substanz handelte, die keine oder nur geringe
Phasenbreiten aufweisen konnte. Die Linien waren durchweg sehr scharf, es waren keine
Verbreiterungen oder Aufspaltungen von Linien zu erkennen (Abb.IV.1)
9000
8000
7000
Absolute Intensity
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
80.0
2Theta
Abb.IV.1: Röntgenpulverdiagramm einer aus β-FeSi2-Kristallen gewonnenen Pulverprobe
2. Charakterisierung der Einkristalle
Zunächst wurden mit einzelnen Exemplaren der beiden Kristallformen mit Filmmethoden
Voruntersuchungen durchgeführt. Bei den nadelförmigen Exemplaren wurde für die Translation entlang der Nadelachse eine Periodizität von 11.0 Å gefunden. Dieser Wert stimmt sehr
gut mit der Translation der Flächendiagonalen [011] überein. Die Reflexintensitäten wurden
auf einem Vierkreisdiffraktometer gemessen; die anschließende Lösung und Verfeinerung
bestätigten die Angaben zur über Filmaufnahmen bestimmten Struktur.
48
Bei den Kristallen mit plättchenförmigem Habitus wurde für die Richtung der längsten
Kristallabmessung eine Translation von 7.8 Å gefunden, was den Abmessungen von b0 oder
c0 entspricht. Wegen der im Vergleich zu den Nadeln regelmäßigeren und ausgeprägteren
Flächen dieser Kristalle war hier die Zuordnung der Kristallflächennormalen zu kristallographischen Richtungen besonders interessant. Daher wurde ein Exemplar dieser Sorte auf
einem Einkristalldiffraktometer mit CCD-Flächenzähler untesucht. Zusätzlich wurde auch von
diesem Kristall ein Datensatz aufgenommen. Die Zuordnung der Flächen ergab, dass die aAchse der Elementarzelle senkrecht zur Plättchenebene steht, während die beiden anderen
Achsen senkrecht auf der kurzen (b-Achse) bzw. der langen (c-Achse) Seitenfläche des
Plättchens stehen (Abb.IV.2).
Abb.IV.2: Schematische Darstellung eines plättchenförmigen β-FeSi2-Kristalls mit
Angabe der Kristallflächen
Diese Analyse der beim Kristallwachstum mit unterschiedlichen Orientierungen angefallenen
Kristalle erlaubte die genaue Interpretation der ESR-Spektren (siehe Kap. IV.B). Dabei stellte
sich heraus, dass die Deutung der ESR-Linienmuster in der Literatur [88] fehlerhaft sein
musste, da die Orientierung der Elementarzelle in den Kristallen und das Zugrundelegen einer
Verzwillingung der Kristalle, bei der die Individuen durch Drehung um die Achse [011]
ineinander übergehen, falsch ist.
49
3. Strukturdiskussion von β -FeSi2
Die erneute Strukturanalyse bestätigte im Allgemeinen die Angaben in [14], wie ein Vergleich
der Daten in den Tabellen IV.1 und IV.2 zeigt. Allerdings traten teilweise doch merkliche
Differenzen bei einzelnen Parametern auf. So weichen z.B. die Gitterkonstanten a und c um
das dreieinhalbfache bzw. das fünffache der in [14] angegebenen σ-Werte ab.
Tab.IV.2: β-FeSi2: Gitterkonstanten, Atomparameter, Besetzungsfaktor G, äquivalente
Temperaturfaktoren Uäq, sowie R-Werte
β-FeSi2
a = 9.838(2) Å, b = 7.793(2) Å, c = 7.803(2) Å, V = 598.2(2) Å3, Z = 16
Atom
x
y
z
G
Uäq
FeI (8d)
0.21566(2)
0
0
1
0.00333
R = 2.36%
FeII (8f)
0.50000(0)
0.30882(3)
0.18635(3)
1
0.00350
Rw = 5.38%
SiI (16g)
0.12820(3)
0.27434(5)
0.05070(4)
1
0.00438
SiII (16g)
0.37338(3)
0.04576(5)
0.22641(4)
1
0.00427
RG Cmca
Die Verbindung β-FeSi2 kristallisiert in der Raumgruppe Cmca (Nr. 64) mit 16 Formeleinheiten in der Elementarzelle. Die Siliciumatome besetzen zwei kristallographisch unterschiedliche Positionen der allgemeinen Lage 16g. Die 16 Eisenatome befinden sich auf zwei
verschiedenen achtzähligen Lagen, die zu einer zweizähligen Achse parallel zu [100] (Lage
8d) und einer Spiegelebene parallel zur (100)-Ebene (Lage 8f) gehören und sind somit kristallographisch nicht gleichwertig.
Die Anordnung der Atome und die topologische Verknüpfung in der Struktur des β-FeSi2
(sowie des isotypen OsSi2) entspricht im Prinzip einer Fluoritanordnung, jedoch sind die
FeSi8-Polyeder charakteristisch verzerrt (Abb.IV.3 und IV.4). Diese Verzerrung ist für FeI und
FeII jeweils unterschiedlich, jedoch ist die Verwandtschaft der FeSi8-Polyeder mit den CaF8Würfeln der Fluoritstruktur klar erkennbar. Die Siliciumatome sind dementsprechend von vier
Eisenatomen verzerrt tetraedrisch umgeben.
50
Abb.IV.3: Elementarzelle von β-FeSi2
a)
b)
Abb.IV.4: Darstellung der Koordinationspolyeder um a) FeI und b) FeII mit Blickrichtung
längs [100]; Die Darstellung der Schwingungsellipsoide verdeutlicht, dass die
Temperaturfaktoren nahezu isotropes Verhalten zeigen.
Wie für die kubische Fluoritstruktur typisch, ist jedes eisenzentrierte Si 8-Polyeder einem nicht
zentrierten Polyeder aus ebenfalls acht Siliciumatomen benachbart, so dass sich in jeder
Raumrichtung leere und volle abwechseln (Abb.IV.5).
51
a)
b)
Abb.IV.5: Schichten aus der Struktur von β-FeSi2 senkrecht zu (100)
a) Schicht auf der Höhe x=¼ mit Koordinationspolyeder um FeI
b) Schicht auf der Höhe x=½ mit Koordinationspolyeder um FeII
Die Verwandtschaft der β-FeSi2-Struktur mit der des Calciumfluorits kann über eine Anordnung von acht CaF2-Elementarzellen dargestellt werden. Dabei werden folgende Beziehungen zwischen den Achsen der beiden Zellen aufgestellt: Die a-Achse verdoppelt sich,
während die b- und c-Achse des β-FeSi2 den Flächendiagonalen im CaF2 entsprechen
( a(β-FeSi2) = 2a(CaF2-Typ), b bzw. c(β-FeSi2) =
a)
2 a(CaF2-Typ) ) (Abb.IV.6).
b)
Abb.IV.6: Vergleich der Strukturen und Elementarzellen von a) β-FeSi2 und b) dem im
CaF2-Typ kristallisierenden γ-FeSi2. Deutlich erkennbar ist die Verzerrung der
β-FeSi2-Struktur bei gleicher topologischer Anordnung der Atome.
52
Die daraus eigentlich resultierende Tetragonalität der Struktur geht durch die Verzerrung verloren, so dass alle oben genannten
Beziehungen nur ungefähr gelten. Diese Verzerrung wird nach [2] durch die elektronische
Struktur verursacht. Diese weist für FeSi2 mit
Fluoritstruktur einen sehr hohen Beitrag der
Zustandsdichte (DOS) bei der Fermienergie EF
auf. Diese Situation ist energetisch ungünstig,
daher wird im β-FeSi2 durch das Auftreten
einer Peierls-Verzerrung dieser DOS-Peak in
zwei Maxima, eines oberhalb und eines unterhalb der Fermikante, aufgespalten und somit
ein Metall-Halbleiter-Übergang erreicht.
Betrachtet man sich den Symmetrieabbau von
der
Fluoritstruktur
zu
der
des
β-FeSi2
(Abb.IV.7), so stellt man fest, dass trotz der
großen topologischen Übereinstimmungen der
beiden Strukturen fünf Abbauschritte notwendig sind. Nur die ersten beiden davon sind
translationengleich, die späteren drei sind
klassengleich. Da aber für eine Verzwillingung eine translationengleiche GruppeUntergruppe-Beziehung
vorliegen
muss,
müsste eine Verzwillingung bereits sehr früh
in diesem Abbauschema auftreten; somit ist
Abb.IV.7: Symmetrieabbau
vom CaF2-Typ zum
β-FeSi2-Typ
eine Verzwillingung entlang (011), wie sie in
der Literatur beschrieben wird, nach einer
solchen Betrachtung nicht zu erwarten.
53
B: ESR-spektroskopische Untersuchungen
1. Vorbemerkungen
Bei β-FeSi2 handelt es sich um eine diamagnetische Substanz (vgl. Kap.II.B.5), die im reinen
Zustand eigentlich kein Elektronenspin-Resonanz-(ESR-)Spektrum zeigen sollte. Jedoch
können bereits geringe Mengen an Verunreinigungen, z. B. Übergangsmetallatome, die das
Eisen auf seinen Plätzen substituieren, als paramagnetische Zentren zum Auftreten von ESRSignalen führen. Die Analyse solcher Spektren erlaubt dann nicht nur den Nachweis der Anwesenheit dieser Zentren, sondern auch Aussagen zu Struktur und Bindung, oder über eine
eventuelle Verzwillingung der untersuchten Kristalle. Die ESR-Spektroskopie ist damit eine
leistungsfähige Ergänzung der röntgenographischen Untersuchungsmethoden.
Ein einfaches Modell der elektronischen Struktur der paramagnetischen Zentren zeigt, dass
unabhängig von der Art des eingebauten Übergangsmetalls die erhaltenen ESR-Spektren als
Einelektronenspektren betrachtet werden können.
2. Grundlagen [113]
Bei der ESR-Spektroskopie wird der durch Energie im Mikrowellenbereich induzierte Übergang zwischen zwei durch ein äußeres Magnetfeld aufgespaltenen, ursprünglich entarteten
Energiezuständen eines ungepaarten Elektrons beobachtet. In einem Festkörper ist ein
Elektron allerdings vielfältigen Wechselwirkungen ausgesetzt, die alle das Verhalten der Zustände beeinflussen. Für ein Elektron treten z. B. folgende Wechselwirkungen auf:
– Kristallfeldaufspaltung der Energiezustände
– Spin-Bahn-Wechselwirkung
– Dipolare Wechselwirkung mit den Elektronenspins benachbarter Atome bzw. Ionen
– magnetische Wechselwirkung der Elektronenspins mit dem Kernspin
(Hyperfeinaufspaltung)
– magnetische Wechselwirkung der 3d-Elektronen mit den Kernspins benachbarter
Atome bzw. Ionen (Super-Hyperfeinaufspaltung)
54
Abb.IV.8: Schematische Darstellung der Aufspaltung der Energiezustände durch Kristallfeld und Spin-Bahn-Kopplung und dem durch das Magnetfeld erzeugten ZeemanEffekt
Kristallfeldaufspaltung und Spin-Bahn-Wechselwirkung führen in der Regel zu einer sehr
großen Aufspaltung der Energieniveaus, so dass sich die paramagnetischen Zentren alle in
einem, bei einem Elektronenspin von S = ½ zweifach entarteten Zustand befinden. Dieser
spaltet beim Anlegen eines äußeren Magnetfelds in zwei Niveaus auf (Zeeman-Effekt und Niveaus, Abb.IV.8). Der Übergang der Elektronen zwischen diesen beiden Niveaus kann
durch Energie im Mikrowellenbereich angeregt und in der ESR beobachtet werden. Die Aufspaltung der Zustände eines freien Elektrons im Magnetfeld wird durch die Resonanzbedingung
∆E = h • ν = g • µB • B0
gegeben. Dabei ist g der Landésche g-Faktor (g = 2.0023 für ein freies Elektron), eine dimensionslose Zahl, µB das Bohrsche Magneton (µB = 9.274 • 10-24 JT-1) und B0 die angelegte
Resonanz-Magnetfeldstärke.
Wenn in einem Festkörper nur eine geringe Konzentration an paramagnetischen Zentren vorliegt, so kann die Dipol-Dipol-Wechselwirkung vernachlässigt werden. Befindet sich das un55
gepaarte Elektron an einem Kern mit Kernspin I ≠ 0, so tritt anstelle der einen ESRResonanzlinie ein Multiplett von (2I+1) Linien auf, man spricht von Hyperfeinaufspaltung
(Abb.IV.9). Diese Linien sind in erster Näherung äquidistant. Für die Übergänge gelten die
Auswahlregeln ∆I = 0, ∆S = ±1. Tritt eine Wechselwirkung zwischen dem Elektronenspin und
dem
Kernspin
benachbarter
Kerne
auf,
so
spricht
man
von
Super-Hyperfein-
aufspaltung.
Abb.IV.9: Schema der Hyperfeinaufspaltung am Beispiel eines Cu-Kernes mit I = 3/2
Liegen an einem Zentrum mehrere ungepaarte Elektronen vor (S ≥ 1), so ist die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Elektronenspins zu berücksichtigen. Diese führt in nichtkubischer Umgebung bereits ohne das Anlegen eines äußeren Magnetfelds dazu, dass die
(2S+1)-fache Entartung der Energie-Grundzustände z.T. aufgehoben wird (Nullfeldaufspaltung). Spektren für Systeme mit S ≥ 1 weisen eine sogenannte Feinstruktur auf und
sind schwieriger zu interpretieren. Allerdings gilt für den Fall sehr großer Nullfeldaufspaltung
(D >> g • µB • B), dass - außer bei Verwendung von Magneten mit sehr hoher Feldstärke - nur
eine Resonanzlinie beobachtet wird und man mit einer effektiven Spinquantenzahl S = ½
rechnen kann.
Die zur Beschreibung eines ESR-Spektrums für S = ½ notwendigen Parameter sind neben der
Mikrowellenfrequenz ν und der Magnetfeldstärke B die Größen g und A. g ist für die Lage der
56
nicht aufgespaltenen Resonanzlinie bzw. die Schwerpunktslage der aufgespaltenen Linien
verantwortlich, A ist ein Maß für die Größe der Hyperfeinaufspaltung. Befindet sich das
paramagnetische Zentrum auf einem Platz mit lokaler kubischer Symmetrie, so sind g und A
skalare Größen. Im Allgemeinen aber müssen g und A als Tensoren betrachtet werden, für die
gilt: gx ≠ gy ≠ gz und Ax ≠ Ay ≠ Az. Die Tensorachsensysteme müssen nicht achsenparallel zu
den kristallographischen Achsen liegen, jedoch legen lokale Symmetrieelemente am paramagnetischen Zentrum wie Drehachsen oder Spiegelebenen die Orientierung einer oder aller
Tensorachsen fest. Auch können g- und A-Tensor durchaus eine unterschiedliche Orientierung
ihrer Achsensysteme aufweisen. Im Folgenden werden mit x, y und z die Richtungen der
Achsen gx, gy und gz des g-Tensors bezeichnet.
Da die Untersuchungsmethode sehr empfindlich ist, werden nur kleine Probenmengen benötigt, was die Messungen an Einkristallen erleichtert. Einkristallspektren haben den Vorteil,
dass man über winkelabhängige Untersuchungen die Lage der Tensorachsen in Relation zu
den kristallographischen Achsen ermitteln kann.
3. Experimentelles
Die ESR-spektroskopischen Untersuchungen wurden an β-FeSi2-Kristallen von zweierlei
Habitus durchgeführt: zum einen an nadelförmigen Exemplaren, zum anderen an länglichen
Plättchen. Von beiden Kristallformen wurden Exemplare sowohl um die lange Achse, bzw.
Nadelachse, als auch um eine Achse senkrecht dazu gedreht, um bestimmte Orientierungen
einzustellen. Bei den Plättchen bot es sich an, diese zweite Achse senkrecht zur Plättchenebene festzulegen, bei den Nadeln war es aufgrund ihrer unregelmäßigen Form nicht möglich,
eine zweite ausgezeichnete Drehachse einzustellen. Ein Vergleich mit den röntgenographischen Untersuchungen ergab, dass bei den Plättchen beide Drehachsen mit kristallographischen Achsen übereinstimmen sollten, bei den Nadeln konnte dies nicht angenommen werden.
Sämtliche Messungen wurden bei der Temperatur von flüssigem Stickstoff (77 K) durchgeführt; bei Raumtemperatur waren keine Signale zu erkennen, da die Leitfähigkeit des halbleitenden Materials thermisch bedingt so stark anstieg, dass keine ESR mehr beobachtet
werden konnte.
57
– Nadeln:
Bei ersten Untersuchungen der Nadeln wurde festgestellt, dass eine Vielzahl von Linien zu
beobachten waren, die bei Drehung des Kristalls um die Nadelachse im Magnetfeld wanderten. Wurde der Kristall jedoch so orientiert, dass die wandernden Linien die eine Extremposition erreichten, fielen jeweils zwei Resonanzlinien zusammen, und das sehr unübersichtliche Spektrum ging in ein relativ einfaches mit 14 sehr scharfen Linien über (Abb.IV.10).
Eine dieser Linien war deutlich intensiver als die restlichen, die alle vergleichbare Intensitäten
zeigten, und jede Linie war von einem Paar Satellitenpeaks flankiert, die zwar alle eine vergleichbare Intensität besaßen, aber aufgrund von Linienform und -schärfe eine Einteilung in
zwei Serien nahelegten. Die Linienserie mit den schärferen Satellitenpeaks wird im Weiteren
als Serie A, die andere als Serie B bezeichnet. Eine Drehung des Kristalls um 90° brachte die
Linien in die andere Extremposition, allerdings war hier kein Zusammenfallen der Linien zu
beobachten (Abb.IV.11).
Abb.IV.10: ESR-Spektrum einer β-FeSi2-Nadel: Extremlagenspektrum mit zusammenfallenden Linien
58
Abb.IV.11: ESR-Spektrum einer β-FeSi2-Nadel: Extremlagenspektrum mit nicht
zusammenfallenden Linien
Wurde die Nadel flach in die Probenkammer eingebracht, so dass die Drehachse senkrecht zur
Nadelachse stand, so wurden ausschließlich Spektren mit hoher Linienanzahl beobachtet, ein
Zusammenfallen der Linien blieb aus. Für die beiden Orientierungen des Kristalls mit der
Nadelachse parallel zum Magnetfeld bzw. um 90° verdreht dazu wurde jedoch jeweils ein
Linienmuster gefunden, das mit dem nicht zusammenfallenden Extremlagenspektrum bei
Drehung um die Nadelachse übereinstimmte.
– Plättchen:
Die Drehung der Plättchen um die längste Achse lieferte für beide Extremallagen Spektren
mit nur 14 Linien, und zwar sowohl, wenn das Magnetfeld senkrecht, als auch wenn es parallel zur Plättchenebene eingestellt war. Bei der Orientierung senkrecht zur Plättchenebene
erhält man das gleiche einfache Linienmuster wie bei der Drehung einer Nadel um ihre lange
Achse. Das andere Spektrum (Abb.IV.12) konnte nicht nur bei senkrechter Orientierung des
Plättchens beobachtet werden, sondern auch wenn das Plättchen flach in das Spektrometer
gelegt und um die Achse senkrecht zur Plättchenebene gedreht wurde, wenn dabei das
Magnetfeld senkrecht zur langen Achse stand. Zusätzlich konnte bei einer Magnetfeldorientierung parallel zur langen Achse ein weiteres einfaches Spektrum aufgenommen werden
(Abb.IV.13), welches dem in Abb.IV.12 gezeigten sehr ähnlich ist und 13 Linien enthält.
Allerdings tritt hier neben der immer beobachteten sehr starken Linie noch ein Peak auf,
dessen Intensität doppelt so hoch ist wie die der restlichen Peaks, was auf eine vielleicht zu-
59
fällige Überlagerung zweier Linien hindeutet. Damit würde wieder ein 14-Linienspektrum
vorliegen. Verdreht man den Kristall aus einer der beiden Orientierungen um einen Winkel
von etwa 45°, tritt unabhängig von der Drehrichtung wieder ein Spektrum mit dem Linienmuster auf, das man bei den nadelförmigen Kristallen für eine Magnetfeldorientierung parallel
zur Nadelachse erhält (Abb.IV.11).
Abb.IV.12: ESR-Spektrum eines β-FeSi2-Plättchens für B senkrecht zur langen
Plättchenachse bei Drehung um die Senkrechte zur Plättchenebene
Abb.IV.13: ESR-Spektrum eines β-FeSi2-Plättchens für B parallel zur langen Plättchenachse bei Drehung um die Senkrechte zur Plättchenebene
60
4. Diskussion
Ausgangspunkt dieser Untersuchung war eine Arbeit von Irmscher und Mitarbeitern [88], in
der nadelförmige Kristalle von β-FeSi2 ESR-spektroskopisch untersucht wurden. Die Verfasser postulierten bei den Nadeln auf Grundlage der pseudotetragonalen Metrik mit b ≈ c eine
Verzwillingung in der Art, dass zwei Individuen identischer Größe im Kristall vorliegen und
bei paralleler a-Achse die b-Achse des einen und die c-Achse des anderen Individuums parallel zur Nadelachse liegen. Für die Plättchen, die ebenfalls erhalten wurden, aber von denen
keine ESR-Spektren aufgenommen wurden, wurde eine entsprechende Verzwillingung
postuliert, jedoch mit unterschiedlicher Größe der Individuen. Röntgenographische Untersuchungen der in der vorliegenden Arbeit verwendeten Kristalle ergaben jedoch, dass bei den
Plättchen die lange Achse der Plättchenebene parallel zur kristallographischen Achse [010]
angeordnet ist, während bei den nadelförmigen Kristallen die Nadelachse parallel zur
Richtung [011] verläuft. Dieser Unterschied sollte sich auch bei winkelabhängigen ESRMessungen zeigen.
Die in den ESR-Spektren nicht dotierter Kristalle auftretenden Signale wurden in [88] dem
Einbau von Chrom, Mangan und Nickel, die als Verunreinigungen in den Syntheseedukten
vorhanden waren, zugeschrieben. Als Einbauart wurde eine Substitution auf den Eisenplätzen
der β-FeSi2-Struktur angenommen.
Gemäß [87] streben Fremdatome wie Cr, Mn, Co oder Ni, die die Eisenatome auf ihren Positionen substituieren, an, einen zu Fe(0) isoelektronischen Zustand (3d8) anzunehmen. Da ihre
Energieniveaus aber im Gegensatz zu denen des Eisens nicht mit den Rändern der Bandlücke
zusammenfallen, erzeugen sie entweder Donor- (Cr2-, Mn-) oder Akzeptorzustände (Co+, Ni2+)
in der Bandlücke. Wenn diese mit einem Loch oder einem Elektron besetzt sind, so erhält man
für die Spinquantenzahl den Wert S = ½ und die auftretenden Spektren können als Einelektronenspektren interpretiert werden.
Als Grundlage für die Simulation der ESR-Spektren wurden die in [88] angegebenen Werte
für die g- und A-Tensorparameter verwendet.
– 14-Linienspektren:
Die 14 Signale in den Grenzfällen von Spektren mit zusammenfallenden Linien lassen sich
durch das Vorliegen von zwei kristallographisch unterschiedlichen Positionen erklären. Wenn
diese Positionen nun aufgrund von Verunreinigungen im zur Synthese verwendeten Eisen mit
61
den ESR-aktiven Kernen Mangan und Chrom besetzt werden, würden paramagnetische
Zentren entstehen, und es wären mindestens vier ESR-Resonanzlinien zu erwarten. Weil
Mangan aber einen Kernspin von I = 5/2 besitzt, wird bei einem Elektronenspin von S = ½
demnach durch Hyperfeinaufspaltung jeweils ein Liniensextett erzeugt. Chrom mit I = 0 führt
dagegen nicht zu einer zusätzlichen Hyperfeinaufspaltung, weshalb sich 2 • 6 + 2 • 1 = 14
Linien ergeben sollten.
– Vergleich mit Spektrensimulationen
Ein Vergleich der Resonanzfeldstärken der beiden Extremlagenspektren für die nadelförmigen
Kristalle mit denen aus simulierten Spektren zeigte, dass das Spektrum, das die zusammenfallenden Linien aufweist, sich mit sehr guter Übereinstimmung mit einer Magnetfeldorientierung parallel zur x-Achse des Tensorsystems beschreiben lässt. Das andere ausgezeichnete
Spektrum weist die doppelte Anzahl an Linien auf und stimmt im Rahmen der Messgenauigkeit recht gut mit einer Kombination der simulierten Spektren für eine Magnetfeldorientierung
parallel zur y-Achse und zur z-Achse des Tensorsystems überein.
– Linienverdopplung
Das gleichzeitige Auftreten der Spektren lässt sich auf zweierlei Arten erklären. Zum Einen
wäre eine Verzwillingung denkbar, bei der die y-Achse des einen Individuums mit der zAchse des anderen zusammenfällt. Eine solche Verzwillingung müsste bei allen untersuchten
Kristallen, unabhängig von ihrem Habitus, vorliegen, da entsprechende Spektren immer
gefunden wurden.
Die andere Interpretation beruht darauf, dass sich die paramagnetischen Zentren zwar auf
kristallographisch, nicht aber magnetisch äquivalenten Positionen befinden. Dies bedeutet,
dass bei gleicher Orientierung der x-Achsen der jeweiligen g-Tensoren die beiden anderen
Achsen (y, y´ bzw. z, z´) nicht zueinander parallel sind. Die Achsen y und y´ würden z.B. in
einem solchen Fall bei einer allgemeinen Orientierung des Kristalls in unterschiedlichen
Winkeln zum Magnetfeld stehen und demnach auch unterschiedliche Spektren liefern. Ein
Zusammenfallen der Linien wäre dann bei einer Orientierung zu erwarten, bei der y und y´
jeweils unter dem gleichen Winkel zum Magnetfeld stehen. Dies ist bei einer Magnetfeldorientierung innerhalb einer von zwei aufeinander senkrecht stehenden Ebenen der Fall, die
durch die gemeinsame x-Achse sowie jeweils eine der zwei Winkelhalbierenden zwischen y
und y´ aufgespannt werden.
62
Geht man davon aus, dass in jedem kristallographisch äquivalenten Polyeder das ESRAchsensystem in Bezug auf dieses Polyeder gleich orientiert ist, so folgt daraus, dass diejenige Symmetrieoperation, die ein FeSi8-Polyeder auf das Benachbarte abbildet, auch die
Lage der ESR-Achsen in diesen Polyedern relativ zueinander festlegt. In der Struktur des βFeSi2 sind dies sowohl für das Polyeder um FeI als auch für das um FeII 21-Schraubenachsen,
die parallel zur b- oder zur c-Achse verlaufen. Für das ESR-Achsensystem besagt dies, dass
die als parallel zur a-Achse festgelegte x-Achse lediglich ihr Vorzeichen ändert, was für die
Spektren keine Rolle spielt. Für die beiden anderen, durch die Symmetrie der Fe-Lage nicht
festgelegten Tensorhauptachsen y und z gilt es nun, zwei Fälle zu unterscheiden. In dem
speziellen Fall, dass sie parallel zu den kristallographischen Achsen b und c (und damit zu den
o. g. 21-Achsen) liegen, ändert sich an der Einen gar nichts, die Andere wechselt wie die xAchse das Vorzeichen. Damit lägen magnetisch äquivalente Zentren vor, die beide unter
jedem beliebigen Winkel zum Magnetfeld das gleiche Linienmuster zeigen müssten. Im allgemeinen Fall jedoch, wenn keine Parallelität von y bzw. z mit b bzw. c vorliegt, lägen die
ESR-Achsensysteme beider Zentren nicht achsenparallel zueinander, die Zentren wären
magnetisch nicht äquivalent und würden mit den o.g. Ausnahmen unter jedem beliebigen
Winkel zum Magnetfeld unterschiedliche Linienmuster zeigen. In den Abbildungen IV.14 IV.16 ist das Verhalten der ESR-Tensorachsen y und z unter Einwirkung einer in der b-cEbene liegenden 21-Schraubenachse, wie sie die kristallographisch äquivalenten FeSi8-Polyeder um FeI bzw. FeII ineinander überführt, für die verschiedenen Fälle graphisch dargestellt
(Die senkrecht zur Papierebene stehende x-Achse des Tensorsystems wird von dieser
Symmetrieoperation immer nur durch einen für die ESR-Spektroskopie irrelevanten Vorzeichenwechsel betroffen.).
63
Abb.IV.14: 1. spezieller Fall: Die y- bzw. die z-Achse des Ausgangstensorsystems liegt
parallel zur 21-Schraubenachse. Die Achsenlagen von Ausgangs- und Endpolyeder
unterscheiden sich nur im Vorzeichen, die beiden Polyeder erzeugen identische
ESR-Spektren.
Abb.IV.15: 2. spezieller Fall: Die beiden Tensorachsen y und z bilden mit der 21Schraubenachse jeweils einen Winkel von 45°. Die Achsen der beiden Koordinatensysteme sind zwar parallel, aber jeweils y zu z´ und z zu y´, so dass sich bei
einer allgemeinen Orientierung des Magnetfeldes zum Kristall zwei unterschiedliche ESR-Spektren ergeben müssen.
64
Abb.IV.16: Allgemeiner Fall: Die beiden Tensorachsen y und z schneiden die 21Schraubenachse jeweils unter einem beliebigen Winkel ϕ bzw. (90°-ϕ). Hier liegt
keine Achsenparallelität vor, man erhält wie beim 2. speziellen Fall zwei unterschiedliche ESR-Spektren.
Bei den Berechnungen ließen sich die beiden beim Plättchen auftretenden linienarmen
Spektren nicht mit simulierten Spektren in Übereinstimmung bringen, bei denen eine der
Tensorachsen parallel zum angelegten Magnetfeld ausgerichtet ist. Wählt man jedoch bei der
Simulation die Winkelhalbierende zwischen y- und z-Achse parallel zum Magnetfeld orientiert, so beschreibt das simulierte Spektrum die beiden gemessenen Spektren bereits annähernd richtig. Weicht man von dem 45°-Winkel zwischen y- und z-Achse um jeweils einen
geringen Betrag (±3.5° für Serie A, ±1.5° für Serie B) ab, so liefern die Simulationen jeweils
Spektren, die mit den gemessenen Spektren noch deutlich besser übereinstimmen. Dabei fällt
auf, dass sich für die zwei verschiedenen Linienserien und damit die zwei kristallographisch
unterschiedlichen Positionen zwei leicht unterschiedliche optimale Winkel ergeben. Dies
deutet darauf hin, dass die Tensorachsensysteme von Serie A und Serie B nicht exakt achsenparallel sind.
Wenn die paramagnetischen Mn- oder Cr-Zentren die Eisenatome auf ihren Positionen substituieren, so würde die Orientierung des Tensorhauptachsensystems von der dortigen Symmetrie beeinflusst. Die Position von FeI liegt auf einer zweizähligen Achse parallel zur aAchse, während FeII auf einer Spiegelebene senkrecht dazu liegt. Beide Symmetrieelemente
bedingen die Orientierung einer Tensorachse parallel zur kristallographischen a-Achse. Da
beim Plättchen die a-Achse röntgenographisch als senkrecht zur Plättchenebene stehend bestimmt wurde und das bei einer zu a parallelen Magnetfeldorientierung erhaltene linienarme
Spektrum ausgezeichnet mit einem simulierten Spektrum für ein zu x paralleles Magnetfeld
65
übereinstimmte, konnte eine Parallelität von kristallographischer a-Achse und ESR-x-Achse
gezeigt werden.
Eine Betrachtung der hypothetischen g-Werte für die Schwerpunktlinie des Mangan-Liniensextetts in den verschiedenen Spektren zeigt, dass diese tatsächlich in den Spektren mit
doppelter Linienzahl einen Maximal- und einen Minimalwert einnehmen, was eine Eigenschaft der Hauptachsenrichtungen des Tensorsystems ist. Für die beiden einfachen Spektren,
die beim Plättchen bei Drehung um die x-Achse auftreten, liegen die Werte dazwischen. Dies
bedeutet, dass das Tensorachsensystem nicht wie in [88] beschrieben achsenparallel zum
kristallographischen Achsensystem ist. Zwar muss symmetriebedingt von einer Parallelität
von a- und x-Achse ausgegangen werden, y- und z-Achse des ESR-Achsensystems liegen
jedoch eher in Richtung der Winkelhalbierenden der pseudotetragonalen Achsen b und c. Die
Tatsache, dass die zwei dazwischenliegenden einfachen Spektren sich gut mit Winkeln simulieren lassen, die um den gleichen geringen Betrag in jeweils eine Richtung von 45° differieren, zeigt, dass die ESR-Achsen von den Winkelhalbierenden abweichen. Betrachtet man
die Koordinationspolyeder um die Eisen-Positionen, so kann man zumindest für FeII Hinweise
darauf finden, warum diese Orientierung der ESR-Achsen bevorzugt sein könnte. Je vier der
acht Si-Atome dieses Polyeders bilden oberhalb und unterhalb der Spiegelebene annähernd
ein Trapez (Abb.IV.17b). Die Senkrechte zu den jeweils beinahe parallelen Seiten dieses
Trapezes weicht von der Flächendiagonale der b-c-Ebene um 0.8° ab. Um ein Zusammenfallen der Linien und damit ein 14-Linienspektrum zu beobachten, müsste der Kristall
so orientiert werden, dass das Magnetfeld parallel zur Winkelhalbierenden der beiden Tensorachsensysteme angelegt ist. Dadurch würde sich die Winkelabweichung von beiden Systemen
addieren. Die resultierende Abweichung des Winkels um ±1.6° von 45° stimmt größenordnungsmäßig gut mit dem durch die Simulation ermittelten Wert von ±1.5° für die Serie B
überein. Diese Richtung ist nur lokal für das betrachtete Polyeder ausgezeichnet, könnte
jedoch eine Ursache für die vorgefundene Lage der Tensorachsen sein.
66
– Satellitenpeaks:
Jedes einzelne scharfe Signal in den Spektren ist von zwei kleinen, aber deutlich erkennbaren
Satellitenpeaks begleitet. Anhand der Form dieser Linien konnte eine Zuordnung zu zwei
unterschiedlichen Serien, die den zwei Eisenpositionen in der Struktur entsprechen, durchgeführt werden. Der Ursprung für diese Satelliten sehen wir in der Super-Hyperfeinwechselwirkung zwischen dem Elektronenspin und den Kernspins der Siliciumatome aus den Koordinationspolyedern um die jeweiligen Eisenplätze. Silicium besitzt mit einer natürlichen
Häufigkeit von 4.67% einen Kernspin von I = ½. Die Wahrscheinlichkeit, dass genau n der
acht Siliciumatome in der ersten Koordinationssphäre einen Kernspin von I = ½ besitzen,
beträgt:
P8(n) = [8! / (n! (8-n)!)] • (0.0467)n • (0.9533)8 - n
Die daraus folgenden Wahrscheinlichkeitswerte betragen:
P8(0) = 0.6821
P8(1) = 0.2673
P8(2) = 0.0458
Die Werte für n > 2 sind vernachlässigbar.
Die durch diese Wahrscheinlichkeiten bestimmten relativen Intensitäten verteilen sich allerdings gemäß eines Pascalschen Dreiecks auf alle durch die Super-Hyperfeinaufspaltung erzeugten (2nI+1) Linien [114]. Für die einzelnen Linien ergeben sich also folgende relative
Intensitäten:
Hauptlinie:
P8(0) + ½ P8(2) = 0.7050
1. Satellitenlinie:
½ P8(1) = 0.1337
2. Satellitenlinie:
¼ P8(2) = 0.0115
was einem Intensitätsverhältnis zwischen Hauptlinie und erstem Satelliten von ca. 5 : 1 entspricht. Dieses berechnete Verhältnis ist in guter Übereinstimmung mit den tatsächlich gemessenen Intensitäten für die einfachen Spektren.
Die unterschiedliche Form der Satellitenpeaks ist wohl auf die unterschiedlichen Koordinationspolyeder um die beiden Eisenplätze zurückzuführen (Abb.IV.17). Während bei FeI die
Fe-Si-Abstände von 2.338Å bis 2.385Å reichen, schwanken sie bei FeII zwischen 2.333Å und
2.437Å. Diese größere Differenz in den Abständen könnte zu einer Verbreiterung der
Satellitenlinien führen (Serie B), während die ähnlicheren Abstände um FeI die schärferen
Satellitenlinien bei Serie A erklären könnten.
67
a)
b)
Abb.IV.17: Si8-Koordinationspolyeder a) um FeI und b) um FeII (Blickrichtung entlang
[100])
Auf der Grundlage von Mößbauer-Daten wurde von Kondo und Mitarbeitern geschlossen,
dass Cr ausschließlich auf der Position von FeI eingebaut werden sollte, und für Mn die FeIPosition etwa dreimal so häufig besetzt sein sollte wie die FeII-Position [115, 116]. Anhand
dieser Ergebnisse wurde in [88] die Zuordnung der Serien zu den Fe-Positionen durchgeführt.
Die gefundenen Abweichungen von diesen Aussagen – das Auftreten eines zweiten CrSignals und die geringen Intensitätsunterschiede zwischen den beiden Mn-Serien – wurden
mit der deutlich geringeren Fremdatomkonzentration in den für die ESR-Messungen verwendeten Proben erklärt. Die in dieser Arbeit vorgestellten ESR-Spektren zeigen ein ähnliches Intensitätsverhalten, das sich ebenfalls nicht mit den Mößbaueruntersuchungen von
Kondo erklären lässt. Szymanski und Mitarbeiter [117] fanden zumindest im Fall des ebenfalls in [116] untersuchten Co-Einbaus Ergebnisse, die Kondos Arbeit widersprachen, so dass
möglicherweise auch dessen Angaben für Cr und Mn sowie deren Aussagekraft in Bezug auf
die Interpretation der ESR-Spektren mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden müssen.
Daher erscheint eine Zuordnung der Serien zu den unterschiedlichen Eisenplätzen anhand der
ESR-Spektren selbst und der kristallographischen Daten angebrachter.
– Linien mit sehr geringer Intensität:
Zwischen den scharfen Linien waren in einigen Spektren noch zusätzliche Signale mit sehr
geringer Intensität zu sehen (Abb.IV.18), die zum Einen als Chrom-Hyperfeinstrukturlinien
zugeordnet werden können. Cr besitzt mit einer natürlichen Häufigkeit von 9.55% einen
Kernspin von 3/2, was zu einem Quartett von hyperfein aufgespaltenen Linien führen sollte,
die jedoch wegen der geringen Intensität und aufgrund ihrer Lage im Spektrum schwierig zu
68
isolieren sind. Zum Anderen werden beim Mangan (I = 5/2) auch Übergänge beobachtet, die
die Auswahlregel ∆I = 0 verletzen. Diese „verbotenen Übergänge“ besitzen nur eine geringe
Übergangswahrscheinlichkeit und daher auch nur eine geringe Intensität.
Diese Linien geringer Intensität werden von denselben Simulationsrechnungen, die für die
Hauptlinien durchgeführt wurden, ausgezeichnet beschrieben.
Abb.IV.18: ESR-Spektrum von β-FeSi2 mit erkennbaren Linien sehr schwacher Intensität
↑: Hyperfeinstrukturlinien des Chromspektrums
↓: Verbotene Übergänge des Manganspektrums
69
C: Leitfähigkeitsmessungen
1. Vorbemerkungen
Die elektrischen Eigenschaften von β-FeSi2 wurden mit Hilfe der Impedanzspektroskopie
untersucht. Diese Methode ist relativ einfach durchzuführen, für kristalline, polykristalline
und amorphe Proben gleichermaßen geeignet und liefert im Gegensatz zur klassischen
Widerstandsmessung mittels einer Wheatstoneschen Brücke eine Vielfalt von Informationen
über die elektrischen Eigenschaften der Proben, da die Gesamtimpedanz, die über einen
breiten Frequenzbereich gemessen wird, in verschiedene Komponenten zerlegt werden kann
[118]. Die Analyse dieser Teilkomponenten erlaubt Aussagen, z.B. über Anteile an elektronischer und ionischer Leitfähigkeit oder Korngrenzenphänomene.
Quarzzylinder (doppelwandig)
Halterung aus Quarzglas
Ofenwicklungen
Thermoelement
Platinbleche
Keramikstab
Argon-Auslaß (Überdruckventil)
Verschraubung für Quarzzylinder
Halterung aus Aluminium
BNC-Anschlüsse
Argon-Einlaß
Schraube zum Festspannen der Probe
Abb.IV.19: Probenhalterung für die Impedanzspektroskopie [119]
70
2. Experimentelles
Zur Untersuchung der elektrischen Eigenschaften von β-FeSi2 mittels der Impedanzspektroskopie wurden zunächst Pulverpresslinge von 4 mm Dicke und 10 mm Durchmesser
hergestellt, die anschließend in die Probenhalterung (Abb.IV.19) eingebracht und mit zwei
Platinblechen kontaktiert wurden. Die Frequenz der angelegten Wechselspannung wurde im
Bereich von 1 kHz bis 1MHz variiert; der betrachtete Temperaturbereich lag zwischen 40°C
und 240°C.
3. Ergebnisse
Zur Auswertung wurden zunächst die Impedanzmesswerte im sogenannten Bode-Plot
(Abb.IV.20) dreidimensional gegen die Wechselspannungsfrequenz und die Temperatur aufgetragen. Hierbei ist deutlich zu erkennen, dass die Impedanz von β-FeSi2 unabhängig von der
Frequenz der angelegten Wechselspannung ist, also nur ohmsche Anteile eine Rolle spielen
und elektronische Leitfähigkeit dominiert. Ausserdem nimmt die Impedanz mit steigender
Temperatur stetig ab. Dies stimmt mit früheren Messungen überein, die zeigen, dass die
Verbindung ein Halbleiter ist (vgl. Kap. II.B).
In einem zweiten Schritt trägt man im sogenannten Arrhenius-Plot die aus der Impedanz
(eigentlich nur ihrem ohmschen Anteil) und der Probendicke erhaltenen Leitfähigkeitswerte
logarithmisch gegen 1000/T auf (Abb.IV.21), so kann man aus der Steigung der durch die
Werte gelegten Regressionsgeraden die Aktivierungsenergie für die Leitfähigkeit ermitteln.
Der aus dem Arrhenius-Plot gewonnene Wert für die Aktivierungsenergie von etwa 0.11 eV
stimmt sehr gut mit den von Bost und Mahan [6] für diesen Temperaturbereich angegebenen
0.13 eV für die Anregung von Elektronen aus dem Leitungsband in Akzeptorzustände in der
Bandlücke überein (vgl. Kap. II.B.3).
71
β-FeSi2
Impedanz
[Ω ]
24
22
20
18
16
14
12
40
1e+3
1e+4
60
80
100
120
140
1e+5
160
Temperatur [°C]
180
200
220
Frequenz
[Hz]
240
1e+6
Abb.IV.20: Bode-Plot der Impedanz von β-FeSi2 im Frequenzbereich zwischen 1kHz und
1MHz und bei Temperaturen zwischen 40 und 240°C
β-FeSi2
-1
-1
log σ [Ω cm ]
0,34
0,33
0,32
0,31
0,30
0,29
0,28
0,27
0,26
0,26
0,25
0,24
0,23
0,22
0,21
0,20
0,19
0,18
0,17
0,16
2,00
2,20
2,40
2,60
1000/T [K]
Abb.IV.21: Arrhenius-Plot der Leitfähigkeit von β-FeSi2
72
2,80
3,00
3,20
D: Photolumineszenzmessungen an β-FeSi2-Kristallen
1. Vorbemerkungen
Über Photolumineszenz bei β-FeSi2 wurde erstmals 1990 von Dimitriadis und Mitarbeitern
[63] berichtet, die Untersuchungen an dünnen Schichten durchführten und Lumineszenzsignale im Energiebereich von 0.76 - 0.86 eV beobachteten, abhängig von den Synthesebedingungen. Weitere Arbeiten folgten [62, 64, 120, 121], ebenfalls nur über Messungen an
dünnen Schichten auf Silicium-Substraten. Die aufgetretenen Emissionslinien wurden ganz
[64] oder teilweise [121] auf Defekte im Si-Substrat zurückgeführt. Über Photolumineszenz
von Schichten von höherer struktureller Perfektion wurde bislang noch nicht veröffentlicht;
bei Untersuchungen an Einkristallen in den Arbeitsgruppen Lange, von Känel und Arushanov
konnte keine Photolumineszenz beobachtet werden [83, 3].
In diesem Zusammenhang erschien eine Untersuchung der durch chemischen Transport erhaltenen β-FeSi2-Kristalle auf einem Photolumineszenzspektrometer angebracht, da ein Auftreten der Lumineszenz im kristallinen Zustand für die Verwendbarkeit der Substanz für
optoelektronische Zwecke einen wichtigen Gesichtspunkt darstellt.
2. Experimentelles
Für die Exzitation der Photolumineszenz in β-FeSi2 wurde ein Photolumineszenzspektrometer
mit Argon-Ionenlaser mit λ = 488 nm verwendet. Die Messungen wurden bei Raumtemperatur aufgenommen.
3. Ergebnisse
Im Gegensatz zu den Berichten aus der Literatur zeigten die untersuchten Kristalle durchaus
ein Photolumineszenzspektrum, und zwar in genau dem obengenannten Spektralbereich, in
dem auch die Emissionslinien bei den dünnen Schichten beobachtet wurden. Die im Vergleich
zu den in der Literatur veröffentlichten Spektren recht breiten Linien sind darauf zurückzuführen, dass die eigenen Messungen bei Raumtemperatur (anstatt bei 80 K oder weniger)
73
durchgeführt wurden. Die Spektren unterschieden sich von Kristall zu Kristall ein wenig, was
auf das Vorliegen verschiedener Fehlstellen in den einzelnen Kristallen hindeutete; die
stärkste Linie lag jedoch immer im Bereich zwischen 0.79 und 0.84 eV, in guter Übereinstimmung mit den Beobachtungen an dünnen Filmen. Da unsere Messungen jedoch an
Kristallen durchgeführt wurden, können Defekte im Siliciumsubstrat nicht, wie von
Radermacher und Mitarbeitern [64] vermutet, die Ursache der beobachteten Lumineszenz
sein, vielmehr muss die Fähigkeit zur Lichtemission im β-FeSi2 selbst liegen. Diese Tatsache
könnte eine Verwendung von β-FeSi2 in optoelektronischen Bauteilen oder Leuchtdioden
ermöglichen.
Abb.IV.22: Photolumineszenzspektrum von β-FeSi2-Kristallen bei Raumtemperatur
74
E: Mikrosondenuntersuchungen an dotierten β-FeSi2-Kristallen
1. Vorbemerkungen
Um einen Einbau von Fremdatomen in die durch Transportreaktionen hergestellten β-FeSi2Kristalle nachzuweisen, wurden diese mit einer Mikrosonde untersucht. Bei der Mikrosonde,
der Kombination aus einem Rasterelektronenmikroskop mit einer Vorrichtung zur Detektion
der von der Probe emittierten Röntgenstrahlen [122], wird die in einem Ultrahochvakuum
befindliche Probe mit einem hochenergetischen Elektronenstrahl beschossen. Dabei wird ein
Teil der Elektronen von der Oberfläche gestreut bzw. reflektiert, die man sich zur elektronenmikroskopischen Bilderzeugung zunutze macht. Ist die Energie der beschleunigten
Elektronen groß genug, so können daneben aber auch Elektronen aus den inneren Schalen der
Oberflächenatome herausgeschossen werden. In die dadurch entstandenen Löcher fallen
Elektronen aus den äußeren Schalen des Atoms, die dabei für das betreffende Element charakteristische Röntgenquanten abgeben. Diese Röntgenstrahlung kann nun entweder von einem
energiedispersiven Detektor (energy dispersive X-Ray emission spectroscopy, EDX) aufgefangen werden oder an bestimmten Kristallen gebeugt werden. Dabei ist der resultierende
Beugungswinkel gemäß der Braggschen Gleichung (2dsinθ = nλ) über die Wellenlänge λ von
der Energie des Röntgenquants abhängig (wavelength dispersive X-Ray emission spectroscopy, WDX). Die WDX ist zwar apparativ aufwendiger als die EDX, da für unterschiedliche
Energiebereiche verschiedene Detektorkristalle zur Verfügung stehen müssen, liefert jedoch
eine höhere Auflösung und erlaubt auch die Bestimmung leichterer Elemente (Untergrenze
Be, OZ4) als die EDX (Untergrenze Na, OZ11).
Der Vorteil der Mikrosonde bei qualitativen und quantitativen Analysen liegt darin, dass zum
Einen der untersuchte Festkörper in der Regel nicht zerstört wird und zum Anderen eine sehr
hohe räumliche Auflösung erreicht werden kann. Dies ermöglicht die Untersuchung der
Homogenität der Probe und die Feststellung lokaler Zusammensetzungen bis hin zur Kartographierung der Verteilung eines bestimmten Elements auf der Oberfläche (elemental map).
Andererseits handelt es sich bei der Mikrosondenanalytik um eine reine Oberflächenmethode
(geringe Eindringtiefe der Elektronen) und für quantitative Analysen muss neben dem Vor
75
liegen geeigneter Standards auch eine sehr präzise Ausrichtung der Probe (völlig planar und
senkrecht zum einfallenden Elektronenstrahl) gewährleistet sein.
2. Experimentelles
Für qualitative und quantitative Untersuchungen an dotierten β-FeSi2-Kristallen wurde die
wellenlängedispersive Röntgenemissionsspektroskopie (WDX) eingesetzt. Dabei sollte untersucht werden, ob eine Dotierung der Kristalle erreicht werden konnte, und, wenn ja, in
welchem Maße. Um eine quantitative Bestimmung der Dotierstoffmenge durchzuführen,
wurden zunächst Messungen an Standardproben mit bekannter stöchiometrischer Zusammensetzung durchgeführt, wobei darauf zu achten war, dass der Gehalt des zu bestimmenden
Elements in der Standardverbindung höher ist als in der Probe, da eine sonst notwendige
Extrapolation von Signalintensitäten relativ ungenau ist. Die tatsächliche quantitative Bestimmung der Dotiermenge gestaltete sich jedoch oft schwierig, da die für die Untersuchung
notwendige planare Orientierung einer Kristallfläche senkrecht zum einfallenden Elektronenstrahl wegen der unregelmäßigen Form der betrachteten Kristallnadeln schwer einzustellen
war und in den Ansätzen, die unter Zusatz eines Dotierstoffs angefertigt wurden, keine
plättchenförmigen Kristalle zu finden waren. Wo eine quantitative Bestimmung möglich war,
wurden immer an mehreren Stellen des Kristalls Messungen durchgeführt, um eine etwaige
Inhomogenität der Dotierstoffverteilung erkennen zu können.
3. Ergebnisse
Bei den Versuchen zum Einbau von Elementen aus der ersten Übergangsmetallreihe (Ti, V,
Cr, Mn, Co) zeigte die Mikrosonde eindeutig, dass eine Dotierung vorlag (Abb.IV.23 - IV.27),
während ein Einbau der höheren Homologen des Eisens (Ru, Os) mit dieser Methode nicht
nachzuweisen war (Abb.IV.28, IV.29).
Für die Proben, die mit Vanadium, Chrom und Cobalt dotiert waren, gelang mit Hilfe der
systemeigenen Software über eine Peakflächenbestimmung eine quantitative Analyse der
Dotiermenge; bei den titan- und mangandotierten Kristallen war dies nicht möglich. Für die
einzelnen Elemente ergaben sich dabei folgende gemittelten Anteile des Dotierstoffes am
Gesamtgehalt der Probe an Metallatomen (in Klammern das Metallverhältnis bei den
Edukten):
76
V: 1.02%
(33.7%)
Cr: 0.31%
(2.5%)
Co: 0.66%
(11.8%)
Die eingebaute Dotierstoffmenge lag also stets um ca. eine Größenordnung unter der im
Ansatz vorgegebenen.
Dass der Einbau von Ruthenium und Osmium nicht nachweisbar war, ist bemerkenswert,
denn obgleich zwischen den 3d-Elementen und ihren höheren Homolgen erhebliche Unterschiede auftreten, was die chemische Bindung angeht, so ist doch bekannt, dass OsSi2 im
selben Strukturtyp kristallisiert (ein RuSi2 ist nicht bekannt) und deshalb ein Einbau in
β-FeSi2 möglich sein sollte. Zumindest im Falle des Osmiums muss also der Radius der
Atome eine entscheidende Rolle spielen (rFe = 126 pm, rRu = 134 pm, rOs = 135 pm [123]).
Abb.IV.23: WDX-Spektrum eines Ti-dotierten β-FeSi2-Kristalls
77
Abb.IV.24: WDX-Spektrum eines V-dotierten β-FeSi2-Kristalls
Abb.IV.25: WDX-Spektrum eines Cr-dotierten β-FeSi2-Kristalls
78
Abb.IV.26: WDX-Spektrum eines Mn-dotierten β-FeSi2-Kristalls
Abb.IV.27: WDX-Spektrum eines Co-dotierten β-FeSi2-Kristalls
79
Abb.IV.28: WDX-Spektrum eines β-FeSi2-Kristalls aus einem Ansatz zur Ru-Dotierung
Abb.IV.29: WDX-Spektrum eines β-FeSi2-Kristalls aus einem Ansatz zur Os-Dotierung
80
V. Experimenteller Teil
A: Untersuchungsmethoden und Materialien
1. Röntgenographische Methoden
-Röntgenbeugung an Pulvern:
Zur Identifizierung von Substanzen über röntgenographische Pulvermethoden wurden eine
Jagodzinski-Guinier-Doppelkamera der Firma SEIFERT in asymmetrischer Subtraktionsstellung mit monochromatisierter Cu-Kα1-Strahlung, ein Pulverdiffraktometer vom Typ
D5000 der Firma SIEMENS mit monochromatisierter Cu-Kα1-Strahlung (Ge-Monochromator) und ortsempfindlichem Detektor (position sensitive detector, PSD), auf dem die
Proben auf Kunststoffklebestreifen präpariert wurden und in Debye-Scherrer-Geometrie in
Transmission gemessen wurden, sowie ein Pulverdiffraktometer vom Typ Stadi II/PL der
Firma STOE mit monochromatisierter Mo-Kα1-Strahlung (Ge-Monochromator) und PSD
verwendet, auf dem die Proben in Glaskapillaren abgefüllt und in Transmission gemessen
wurden. Die Verwendung der Molybdän-Strahlung war notwendig, da man bei diesem Gerät
aufgrund von Fluoreszenz-Phänomenen beim Bestrahlen der eisenhaltigen Verbindungen mit
Cu-Kα1-Strahlung ein sehr ungünstiges Reflex-Untergrund-Verhältnis erhält. Die Auswertung
der Diffraktometermessungen erfolgte jeweils mit der firmeneigenen Software (s.u.). Die
Aufnahmezeit der Guinier-Filme betrug 6h, die der Diffraktometermessungen oft mehr als
17h.
-Röntgenbeugung an Einkristallen:
Zur Qualitätsüberprüfung von Kristallen und zum Ermitteln der Zellparameter wurden
Weissenberg-Kameras der Firma NONIUS mit Cu-Kα1-Strahlung verwendet. Die Aufnahme
eines Datensatzes mit Reflexintensitäten erfolgte mit einem automatischen computergesteuerten Vierkreisdiffraktometer vom Typ CAD4 der Firma NONIUS mit Mo-KαStrahlung (Graphit-Monochromator). Zur Steuerung dieses Vierkreisdiffraktometers wurde
firmeneigene Software und eine VAX-STATION 3500 der Firma DEC verwendet. Für die
81
Zuordnung der Kristallflächennormalen zu kristallographischen Richtungen bei den plättchenförmigen Kristallen wurde ein CCD-Einkristalldiffraktometer vom Typ Smart mit Mo-KαStrahlung der Firma Bruker AXS mit firmeneigener Software (s.u.) benutzt.
2. ESR-spektroskopische Untersuchungen
Zur Aufnahme der ESR-Spektren wurde ein X-Band-ESR-Spektrometer der Firma VARIAN
mit einer Modulationsfrequenz von 100 kHz verwendet. Die Spektren wurden in Absorption
aufgenommen und in der 1. Ableitung aufgezeichnet. Die Probe wurde in einem Quarzröhrchen in einem Dewar-Gefäß in das innere einer Rechteck-Cavity vom Typ TE102 eingebracht, und mit flüssigem Stickstoff auf 78 K gekühlt. Mittels verschiedener Einsätze war es
möglich, die untersuchten Kristalle in einer definierten Orientierung in das drehbare Quarzröhrchen einzubringen und mit einer externen Kennzeichnung die Orientierung des Kristalls
zum angelegten Magnetfeld zu erkennen und zu verändern. Die Auswertung der Spektren
erfolgte mit den Programmen LSQRT und RESONK3 (s.u.).
3. Impedanzspektroskopische Untersuchungen
Die impedanzspektroskopischen Untersuchungen erfolgten in einem speziell angefertigten
Messkopf mit einem Impedance Spectrum Analyzer IM5d der Firma ZAHNERMESSTECHNIK, die Auswertung mit der firmeneigenen Software (s.u.).
4. Photolumineszenzmessungen
Bei den Photolumineszenzmessungen wurden die Elektronen mit der 488 nm-Linie eines
Argon-Ionenlasers mit 2.54 eV angeregt. Die Spektren wurden mit einem 750 mm-Monochromator in Czerny-Turner-Konfiguration der Firma Acton Research aufgenommen. Das
Lumineszenzsignal wurde spektral zerlegt und mit einem mit flüssigem Stickstoff gekühlten
Germaniumdetektor in ein elektrisches Signal umgewandelt.
82
5. Mikrosondenuntersuchungen (WDX)
Die Mikrosondenanalysen zur qualitativen und quantitativen Elementbestimmung wurden mit
einem wellenlängendispersiven Röntgenemissionsspektrometer vom Typ SX-100 der Firma
CAMECA und der zugehörigen Software (s.u.) auf einer Sparc-Workstation der Firma SUNMICROSYSTEMS durchgeführt. Dazu wurden die Proben mit Leitsilber oder mittels einer
mit Graphit leitfähig gemachten Klebefolie auf einen Messingprobenträger aufgebracht und
anschließend mit Graphit bedampft.
6. Software
CAD4/CAD6 [124]
Programm zur Aufbereitung der Daten des Vierkreisdiffraktometers
CVTrans [125]
Programm zur Berechnung von thermodynamischen
Gleichgewichten und Transportreaktionen
Diffrac AT [126]
Programm zur Messung und Auswertung von Röntgenpulverdiagrammen, Phasenanalyse
IM6-SIM [127]
Programm zur Messung und Auswertung von Impedanzspektren
LSQRT [128]
Programm zur Verfeinerung von ESR-Parametern
ResonK3 [129]
Programm zur Simulation von ESR-Spektren
Schakal 92/97 [130]
Programm zur Darstellung von Kalottengraphiken
ShelX97 [131]
Programmpaket zur Strukturaufklärung (Modellfindung)
und Strukturverfeinerung aus Einkristalldaten
SISTO [132]
Programm zur Konvertierung von Siemens- und STOEPulverdiffraktometer-Messdateien
Smart [133]
Programm zur Aufbereitung der Daten des CCD-Diffraktometers
StadiP [134]
Programm zur Messung und Auswertung von Röntgenpulverdiagrammen, Phasenanalyse
WinXPow [135]
Programm zur Messung und Auswertung von Röntgenpulverdiagrammen, Phasenanalyse
XRSHAPE [136]
Programm zur Darstellung des Kristallhabitus
83
7. Chemikalien
Br2
Merck (p. a., > 99 %)
Co
Aldrich (-100 mesh, 99.9+ %)
CrSi2
Hermann C. Starck (-325 mesh)
Fe
Merck (Korngröße 10 µm, ≥ 99.5 %
I2
Riedel - de Haen (zweifach umsublimiert, 99.8 %)
Mn
Merck (-100 mesh)
Os
Degussa
Ru
Degussa (100 %)
Si
Aldrich (-325 mesh, 99 %)
TiSi2
Strem (4 - 8 µm, 99+ %)
VSi2
Johnson Matthey
84
B: Synthesen
1. Darstellung von Edukten
- Darstellung von FeSi
Das Monosilicid FeSi wurde durch Erhitzen eines 1:1-Gemisches aus Eisen- und Siliciumpulver in einer evakuierten und verschlossenen Quarzampulle auf eine Temperatur von
1273 K für eine Dauer von 14 Tagen hergestellt. Die anschließende röntgenpulverdiffraktometrische Untersuchung (Abb.V.1, Tab.V.1) zeigte, dass eine vollständige Umsetzung stattgefunden hatte. Für die Erstellung des theoretischen Pulverdiagramms von FeSi wurde von
folgenden Gitterkonstanten ausgegangen: kubisch, Raumgruppe P213, a = 4.48798 Å.
-Darstellung von Fe2Si5
Zur Synthese von Fe2Si5 wurden Eisen und Silicium im Verhältnis 2 : 5 zusammen mit einer
geringen Menge Iod als Reaktionsvermittler in einer evakuierten und abgeschmolzenen
Quarzampulle sieben Tage lang auf 1273 K erhitzt. Der Ioddruck bei der Reaktionstemperatur
betrug 1 bar. Das erhaltene graue Pulver wurde röntgenographisch als phasenreines Fe2Si5
identifiziert (Abb.V.2, Tab.V.2). Für die Erstellung des theoretischen Pulverdiagramms von
Fe2Si5 wurde von folgenden Gitterkonstanten ausgegangen: tetragonal, Raumgruppe
P4/mmm, a = 2.69392 Å, c = 5.1361 Å.
85
/ Range 1
Absolute Intensity
100000
80000
60000
40000
20000
0
70000
/ Range 1
Absolute Intensity
60000
50000
40000
30000
20000
10000
0
8.0
12.0
16.0
20.0
24.0
28.0
32.0
36.0
2Theta
Abb.V.1: Vergleich zwischen gemessenem (oben) und theoretischem (unten) Röntgenpulverdiagramm von FeSi (Mo-Kα-Strahlung)
Tab.V.1: Vergleich der stärksten Reflexe (I(rel) > 10) zwischen gemessenem und theoretischem Pulverdiagramm von FeSi
86
2θbeob.
d beob.
dtheor.
I(rel)beob.
h k l
12.822
3.176
3.173
17.5
1 1 0
15.725
2.593
2.591
14.8
1 1 1
20.351
2.007
2.007
100.0
2 1 0
22.320
1.832
1.832
53.7
2 1 1
30.389
1.353
1.353
13.5
3 1 1
34.400
1.199
1.199
31.8
2 3 1
/ Range 1
1200
Absolute Intensity
1000
800
600
400
200
0
5000
/ Range 1
Absolute Intensity
4000
3000
2000
1000
0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
2Theta
Abb.V.2: Vergleich zwischen gemessenem (oben) und theoretischem (unten) Röntgenpulverdiagramm von Fe2Si5 (Cu-Kα-Strahlung)
Tab.V.2: Vergleich der stärksten Reflexe (I(rel) > 15) zwischen gemessenem und theoretischem Pulverdiagramm von Fe2Si5
2θbeob.
d beob.
dtheor.
I(rel)beob.
h k l
17.243
5.138
5.136
27.3
1 1 0
37.696
2.384
2.385
52.7
1 1 1
47.744
1.903
1.905
50.7
2 1 0
48.996
1.858
1.859
100.0
2 1 1
69.846
1.346
1.347
23.2
3 1 1
74.508
1.272
1.273
19.6
2 3 1
87
- Synthese von CoSi2
Für die Synthese von CoSi2 wurde ein Gemisch von Cobalt- und Siliciumpulver im Verhältnis
2 : 1 zusammen mit etwas Iod in einer evakuierten und abgeschmolzenen Quarzampulle auf
1273 K erhitzt. Der Ioddruck bei der Reaktionstemperatur betrug 1 bar. Die anschließende
röntgenpulverdiffraktometrische Untersuchung (Abb.V.3, Tab.V.3) zeigte, dass eine vollständige Umsetzung stattgefunden hatte. Für die Erstellung des theoretischen Pulverdiagramms von CoSi2 wurde von folgenden Gitterkonstanten ausgegangen: kubisch,
Raumgruppe Fm-3m, a = 5.35 Å.
- Synthese von MnSi2-x
Für die Synthese von MnSi2-x wurde ein Gemisch von Mangan- und Siliciumpulver im Verhältnis 2 : 1 zusammen mit etwas Iod in einer evakuierten und abgaschmolzenen Quarzampulle auf 1173 K erhitzt. Der Ioddruck bei der Reaktionstemperatur betrug 2 bar. Die anschließende röntgenpulverdiffraktometrische Untersuchung (Abb.V.4, Tab.V.4) zeigte, dass
eine vollständige Umsetzung des Mangans zu Mn15Si26 stattgefunden hatte. Allerdings waren
Reflexe von überschüssigem Silicium vorhanden, die jedoch deutlich schwächer als die des
Silicides waren. Für die Erstellung des theoretischen Pulverdiagramms von Mn15Si26 wurde
von folgenden Gitterkonstanten ausgegangen: tetragonal, Raumgruppe I-42d, a = 5.525 Å,
c = 65.55 Å.
88
/ Range 1
7000
Absolute Intensity
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
5000
/ Range 1
Absolute Intensity
4000
3000
2000
1000
0
10.0
20.0
30.0
40.0
50.0
60.0
70.0
2Theta
Abb.V.3: Vergleich zwischen gemessenem (oben) und theoretischem (unten) Röntgenpulverdiagramm von CoSi2 (Cu-Kα-Strahlung)
Tab.V.3: Vergleich der Reflexe zwischen gemessenem und theoretischem Pulverdiagramm
von CoSi2
2θbeob.
d beob.
dtheor.
I(rel)beob.
h k l
28.803
3.097
3.089
82.6
1 1 0
47.919
1.897
1.892
100.0
1 1 1
56.866
1.618
1.613
27.4
2 1 0
70.084
1.342
1.338
13.0
2 1 1
77.456
1.231
1.227
9.3
2 3 1
89
/ Range 1
3200
Absolute Intensity
2800
2400
2000
1600
1200
800
400
0
5000
/ Range 1
Absolute Intensity
4000
3000
2000
1000
0
8.0
12.0
16.0
20.0
24.0
28.0
32.0
36.0
2Theta
Abb.V.4: Vergleich zwischen gemessenem (oben) und theoretischem (unten) Röntgenpulverdiagramm von Mn15Si26 (Mo-Kα-Strahlung)
Tab.V.4: Vergleich der stärksten Reflexe (I(rel) > 20) zwischen gemessenem und theoretischem Pulverdiagramm von Mn15Si26
90
2θbeob.
d beob.
dtheor.
I(rel)beob.
h k l
11.872
3.429
3.427
32.6
1 0 15
17.876
2.283
2.282
25.7
2 1 11
18.980
2.151
2.151
100.0
2 1 15
19.291
2.117
2.118
22.9
1 1 26
20.919
1.954
1.953
36.3
2 2 0
21.452
1.906
1.907
50.1
1 1 30
24.129
1.697
1.697
46.5
3 0 15
36.982
1.118
1.119
20.2
3 3 30
2. Transportversuche, ausgehend von Fe2Si5 und FeSi
- Vorbemerkungen
Für alle Transportexperimente gilt, dass der angegebene Ioddruck über das ideale Gasgesetz
aus dem Ampullenvolumen, der mittleren Temperatur Tm sowie der Menge an eingesetztem I2
berechnet wurde. Dabei wurde die Eigendissoziation des Iods nicht berücksichtigt, da thermodynamische Berechnungen mit dem Programm CVTrans (s.o.) zeigten, dass diese bei den
eigesetzten hohen Drücken vernachlässigbar war. Alle verwendeten Quarzampullen waren vor
der Verwendung am Vakuum ausgeheizt worden, um Wasser zu entfernen.
- Variation des Ioddruckes
Für diese Versuchsreihe wurden in Quarzampullen mit einem Volumen von 7 ml und einer
Länge von 12 cm jeweils 117 mg (0.46 mmol) Fe2Si5 und 64 mg (0.64 mmol) FeSi mit der
jeweiligen Menge an Iod (siehe Tab.V.5) über 14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die
Quellentemperatur 1273 K und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
Tab.V.5: Iodeinwaagen und resultierende Ioddrücke
Ansatz-Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
m(I2) [mg]
5
9
17
33
50
64
68
75
91
111
129
149
n(I2)
0.02 0.04 0.07 0.13 0.20 0.25 0.27 0.30 0.36 0.44 0.51 0.59
[mmol]
p(I2) [bar]
0.30 0.53 1.00 1.95 2.96 3.48 4.05 4.50 5.00 6.09 7.08 8.18
- Variation des Eduktverhältnisses
Für diese Versuchsreihe wurden in Quarzampullen mit einem Volumen von 7 ml und einer
Länge von 12 cm jeweils 72 mg (0.28 mmol) I2 mit den jeweiligen Mengen an Fe2Si5 und
FeSi (siehe Tab.V.6) über 14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die Quellentemperatur 1273
K und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
91
Tab.V.6: Silicideinwaagen und resultierende Siliciumanteile im Ansatz
Ansatz-Nr.
13
14
15
16
17
18
19
m(Fe2Si5) [mg]
188
151
227
153
152
112
102
n(Fe2Si5) [mmol]
0.75
0.60
0.90
0.61
0.60
0.44
0.40
m(FeSi) [mg]
27
24
48
50
77
76
82
n(FeSi) [mmol]
0.32
0.29
0.57
0.60
0.92
0.91
0.98
n(Fe2Si5) :
2.34
2.07
1.58
1.02
0.65
0.48
0.41
69.1
68.8
68.1
66.7
64.9
63.5
62.6
n(FeSi)
Atom-% Si
- Variation von Tm
Für diese Versuchsreihe wurden in Quarzampullen mit einem Volumen von 7 ml und einer
Länge von 12 cm jeweils 117 mg (0.46 mmol) Fe2Si5 und 64 mg (0.64 mmol) FeSi mit einer
vom jeweiligen Wert für Tm abhängigen Menge an Iod über 14 Tage in einem Ofen erhitzt,
wobei ∆T stets 200 K betrug und p(I2) stets bei 4 bar lag. Quellen- und Senkentemperatur
wurden variiert (siehe Tab.V.7).
Tab.V.7: Temperaturen, Iodeinwaagen und resultierende Ioddrücke
Ansatz-Nr.
20
21
22
23
T2 → T1 [K]
1423 → 1223
1323 → 1123
1273 → 1073
1223 → 1023
Tm [K]
1323
1223
1173
1123
m(I2) [mg]
63
69
73
76
n(I2) [mmol]
0.25
0.27
0.29
30
p(I2) [bar]
3.93
3.95
4.01
3.99
3. Transportversuche, ausgehend von den Elementen
- Variation des Verhältnisses Fe : Si
Für diese Versuchsreihe wurden in Quarzampullen mit einem Volumen von 21 ml und einer
Länge von 12 cm jeweils 222 mg (0.87 mmol) I2 mit den jeweiligen Mengen an Fe und Si
92
(siehe Tab.V.8) über 14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die Quellentemperatur 1273 K
und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
Tab.V.8: Silicideinwaagen und resultierende Siliciumanteile im Ansatz
Ansatz-Nr.
24
25
26
m(Fe) [mg]
558
559
333
n(Fe) [mmol]
9.99
10.0
5.96
m(Si) [mg]
278
562
421
n(Si) [mmol]
9.90
20.0
15.0
Atom-% Si
49.8
66.7
71.6
- Variation des Ioddruckes
Für diese Versuchsreihe wurden in Quarzampullen mit einem Volumen von 21 ml und einer
Länge von 12 cm jeweils 336 mg (6.02 mmol) Fe und 421 mg (15.0 mmol) Si mit der jeweiligen Menge an Iod (siehe Tab.V.9) über 14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die
Quellentemperatur 1273 K und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
Tab.V.9: Iodeinwaagen und resultierende Ioddrücke
Ansatz-Nr.
27
28
29
30
m(I2) [mg]
60
109
216
437
n(I2) [mmol]
0.24
0.43
0.85
1.72
p(I2) [bar]
1.10
1.99
3.95
8.00
Von den aus Ansatz 29 erhaltenen nadelförmigen Kristallen wurde ein Röntgenpulverdiffraktogramm (Abb.V.5) aufgenommen, welches diese als β-FeSi2 identifizierte (Tab.V.10).
Für die Erstellung des theoretischen Pulverdiagramms von β-FeSi2 wurde von folgenden
Gitterkonstanten ausgegangen: orthorhombisch, Raumgruppe Cmca, a = 9.863 Å, b = 7.791
Å, c = 7.833 Å.
93
Tab.V.10: Vergleich zwischen gemessenem und theoretischem Pulverdiagramm von β-FeSi2
94
2θbeob.
d beob.
dtheor.
I(rel)beob.
h k l
25.311
3.516
3.488
5.4
0 2 1
27.002
3.299
3.298
11.6
1 1 2
29.086
3.068
3.067 / 3.057
100.0
2 0 2/2 2 0
31.370
2.849
2.848
25.7
2 2 1
31.619
2.827
2.825
5.2
3 1 1
32.369
2.763
2.762
3.9
0 2 2
36.369
2.468
2.466
4.0
4 0 0
37.257
2.411
2.410
6.1
2 2 2
37.469
2.398
2.396
39.6
3 1 2
41.579
2.170
2.169
6.2
0 2 3
42.699
2.116
2.114
2.1
1 3 2
44.934
2.016
2.013
24.9
4 2 1
45.808
1.979
1.978
29.0
3 1 3
46.290
1.960
1.958
26.7
0 0 4
46.569
1.949
1.948
24.2
0 4 0
48.070
1.891
1.890
39.6
0 4 1
48.753
1.866
1.865
55.8
1 1 4
49.460
1.841
1.839
97.1
4 2 2
50.035
1.821
1.820
7.1
2 0 4
50.344
1.811
1.810
54.5
1 3 3
51.718
1.766
1.765
11.4
2 4 1
52.197
1.751
1.750
21.9
0 2 4
52.381
1.745
1.744
15.6
0 4 2
53.201
1.720
1.718
10.7
5 1 2
55.638
1.651
1.649
12.6
2 2 4
55.822
1.646
1.644
15.5
2 4 2
56.384
1.630
1.629
10.8
4 2 3
59.071
1.563
1.561
3.1
0 4 3
59.784
1.546
1.544
8.6
1 3 4
/ Range 1
9000
8000
Absolute Intensity
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
/ Range 1
14000
Absolute Intensity
12000
10000
8000
6000
4000
2000
0
20.0
25.0
30.0
35.0
40.0
45.0
50.0
55.0
2Theta
Abb.V.5: Vergleich zwischen gemessenem (oben) und theoretischem (unten) Röntgenpulverdiagramm von β-FeSi2 (Cu-Kα-Strahlung)
4. Transportversuche mit Br2 als Transportmittel
In eine Quarzampulle mit einem Volumen von 7 ml und einer Länge von 12 cm wurden jeweils 559 mg (10.0 mmol) Fe und 562 mg ( 20.0 mmol) Si sowie die jeweilige Menge an
flüssigem Brom (ρ = 3.12 g/cm3) eingefüllt (siehe Tab.V.11). Die Ampulle wurde evakuiert
und unter Kühlung mit flüssigem Stickstoff abgeschmolzen. Anschließend wurde sie über
14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die Quellentemperatur 1273 K und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
95
Tab.V.11: Bromeinwaagen und resultierende Bromdrücke
Ansatz-Nr.
31
32
33
V(Br2) [µl]
40
50
100
m(Br2) [mg]
125
156
312
n(Br2) [mmol]
0.78
0.98
1.95
p(Br2) [bar]
3.63
4.53
9.07
5. Dotierversuche mit 3d-Metallen
Für die Synthese der mit 3d-Metallen dotierten β-FeSi2-Kristalle wurden in Quarzampullen
mit einem Volumen von 7 ml und einer Länge von 12 cm jeweils 117 mg (0.46 mmol) Fe2Si5
und 64 mg (0.64 mmol) FeSi zusammen mit 72 mg (0.28 mmol) I2 bzw. 312 mg (1.95 mmol)
Br2 sowie einer so groß gewählten Menge an Übergangsmetalldisilicid eingeschmolzen, dass
das molare Verhältnis Eisen : Übergangsmetall den angestrebten Wert erreichte. Die Ampullen wurden über 14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die Quellentemperatur 1273 K und
die Senkentemperatur 1073 K betrug.
6. Dotierversuche mit Ruthenium und Osmium
Für die Synthese der mit Ruthenium bzw. Osmium dotierten β-FeSi2-Kristalle wurden in
Quarzampullen mit einem Volumen von 7 ml und einer Länge von 12 cm jeweils 251 mg
(4.49 mmol) Fe und 281 mg (10.0 mmol) Si zusammen mit 51 mg Ru bzw. 96 mg Os (jeweils
0.50 mol) sowie mit 72 mg (0.28 mmol) I2 eingeschmolzen. Die Ampullen wurden über
14 Tage in einem Ofen erhitzt, so dass die Quellentemperatur 1273 K und die Senkentemperatur 1073 K betrug.
96
C: Charakterisierung
1. Einkristallstrukturanalyse von β -FeSi2
In den folgenden Tabellen sind Kristalldaten und Angaben zur Strukturanalyse von β-FeSi2
zusammengefasst, eine Tabelle mit den Ortskoordinaten und äquivalenten Temperaturfaktoren
befindet sich in Kap. IV.A.3.
Tab.V.12: Kristalldaten und Angaben zur Strukturanalyse von β-FeSi2
Verbindung
Kristallsystem
Raumgruppe
Gitterkonstanten
Volumen der Elementarzelle
Zahl der Formeleinheiten
Röntgenographische Dichte
Kristallfarbe, -form
Kristallgröße
Diffraktometer
Absorptionskoeffizient
Scanmodus, -breite
Meßbereich
Indexbereich
Zahl der gemessenen Reflexe
davon unabhängig (I > 0)
I > 2σ(I)
Korrekturen
Strukturlösung
Strukturverfeinerung
Wichtungsschema (nach*)
Extinktionskorrektur (nach*)
Freie Parameter
Restelektronendichte
R-Werte
alle Reflexe
β-FeSi2
orthorhombisch
Cmca - Nr.64
a = 9.838(2) Å
b = 7.793(2) Å
c = 7.803(2) Å
598.2(2) Å3
16
4.975 g/cm3
metallisch glänzende Nadel
1.5 × 0.5 × 0.5 mm3
CAD4, Mo-Kα-Strahlung
10.992 mm-1
ω- scan, 0.79 + 0.58 tanθ
4.14 - 35.08°θ
0 < h < 15, -12 < k < 12, 0 < l < 12
1342
694
683
Lorentz, Polarisation
SHELXS-97
SHELXL-97
0.0250 / 0.4712
0.0633(19)
31
-1.965 e/Å3, 1.010 e/Å3
R1 = 2.36%, wR2 = 5.38%
R1 = 2.41%, wR2 = 5.41%
97
Tab.V.13: Anisotrope Temperaturparameter von β-FeSi2
Ato
m
FeI
FeII
SiI
SiII
U11
U22
U33
U12
U13
U23
0.00251(13)
0.00276(13)
0.00369(18)
0.00286(18)
0.00381(15)
0.00397(14)
0.00463(19)
0.00527(17)
0.00366(15)
0.00379(15)
0.00483(17)
0.00468(18)
0.000
0.000
-0.00003(10)
-0.00032(9)
0.000
0.000
-0.00011(9)
0.00014(10)
-0.00026(7)
-0.00015(7)
0.00012(11)
-0.00001(11)
2. ESR-Spektren von β -FeSi2
In den folgenden Tabellen sind die experimentellen Daten der in Kapitel IV.B besprochenen
ESR-spektroskopischen Untersuchungen zusammengefasst. Dabei werden die experimentell
ermittelten Resonanzfrequenzen denjenigen gegenübergestellt, die mit den in der Literatur
[88] angegebenen Werten für die Komponenten des g- und des A-Tensors (Tab.V.18) und der
jeweiligen Orientierung des Kristalls und damit der ESR-Achsensysteme zum angelegten
Magnetfeld theoretisch berechnet wurden.
Tab.V.14: Gemessene und berechnete Resonanzfeldstärken für B Ÿ x (vgl. Abb.IV.10)
Signal-Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
11
12
13
98
Resonanzfeldstärken für B Ÿ x (B Ÿ [100])
Bres [G], gemessen Bres [G], berechnet
Übergang
mit ν = 8.9975GHz mit ν- = 0.3001 cm-1
3022.4
3058.1
3068.3
3087.3
3095.6
3108.8
3132.4
3134.8
3157.7
3160.3
3175.4
3175.4
3184.8
3216.9
3022.28
3058.22
3068.51
3087.24
3095.79
3108.63
3132.38
3134.90
3158.29
3160.46
3175.49
3177.17
3186.25
3217.48
1 ↔ 12
2 ↔ 11
1 ↔ 12
2 ↔ 11
3 ↔ 10
3 ↔ 10
4↔9
4↔9
5↔8
1↔2
5↔8
1↔2
6↔7
6↔7
Defektzentrum
MnA
MnA
MnB
MnB
MnA
MnB
MnB
MnA
MnB
CrA
MnA
CrB
MnB
MnA
Tab.V.15: Gemessene und berechnete Resonanzfeldstärken für B Ÿ y (oben) und B Ÿ z
(unten) (vgl. Abb.IV.11); die mit * gekennzeichneten Linien liegen außerhalb des in
Abb.IV.11 abgebildeten Bereiches.
Signal-Nr.
1*
2*
3
4
5
5
13
17
17
19
20
21
24*
25*
Signal-Nr.
5
7
8
9
10
11
11
12
14
15
16
18
20
22
Resonanzfeldstärken mit B Ÿ y
Bres [G], gemessen Bres [G], berechnet
Übergang
-1
mit ν = 8.9763GHz mit ν = 0.2994 cm
2840.4
2874.8
2953.6
2970.2
3065.6
3065.6
3161.7
3182.7
3182.7
3209.7
3257.8
3294.9
3354.2
3409.5
2840.82
2874.76
2953.59
2970.00
3065.52
3067.42
3161.34
3181.21
3182.98
3210.38
3257.43
3295.35
3353.82
3409.81
1 ↔ 12
1 ↔ 12
2 ↔ 11
2 ↔ 11
3 ↔ 10
3 ↔ 10
4↔9
4↔9
1↔2
1↔2
5↔8
5↔8
6↔7
6↔7
Resonanzfeldstärken mit B Ÿ z
Bres [G], gemessen Bres [G], berechnet
Übergang
-1
mit ν = 8.9764GHz mit ν = 0.2994 cm
3065.6
3096.7
3101.2
3106.3
3122.2
3139.5
3139.5
3157.8
3164.8
3177.6
3180.5
3203.4
3223.1
3267.4
3067.46
3093.05
3102.68
3106.06
3121.04
3137.77
3140.34
3156.14
3165.39
3176.07
3180.25
3203.97
3222.26
3266.25
1 ↔ 12
1 ↔ 12
2 ↔ 11
2 ↔ 11
3 ↔ 10
4↔9
3 ↔ 10
5↔8
1↔2
6↔7
4↔9
1↔2
5↔8
6↔7
Defektzentrum
MnB
MnA
MnB
MnA
MnA
MnB
MnA
MnB
CrB
CrA
MnA
MnB
MnA
MnB
Defektzentrum
MnB
MnA
MnB
MnA
MnA
MnA
MnB
MnA
CrB
MnA
MnB
CrA
MnB
MnB
99
Tab.V.16: Gemessene und berechnete Resonanzfeldstärken für B Ÿ [010] (vgl. Abb.IV.12);
bei den Linien der Serie A wurde bei der Berechnung für den Euler-Winkel θ ein
Wert von 41.5° angenommen, bei denen der Serie B ein Wert von 43.5°.
Signal-Nr.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
Resonanzfeldstärken für B Ÿ [010]
Bres [G], gemessen Bres [G], berechnet
Übergang
-1
mit ν = 8.9764GHz mit ν- = 0.2994 cm
2932.6
2962.6
3019.7
3030.2
3096.3
3105.4
3161.1
3175.3
3189.9
3210.3
3224.7
3273.6
3287.3
3356.7
2930.35
2958.93
3017.34
3026.45
3092.77
3103.26
3157.92
3174.61
3188.20
3207.56
3221.93
3272.25
3284.82
3355.50
Defektzentrum
1 ↔ 12
1 ↔ 12
2 ↔ 11
2 ↔ 11
3 ↔ 10
3 ↔ 10
4↔9
1↔2
4↔9
1↔2
5↔8
5↔8
6↔7
6↔7
MnB
MnA
MnB
MnA
MnA
MnB
Mna
CrB
MnB
CrA
MnA
MnB
MnA
MnB
Tab.V.17: Gemessene und berechnete Resonanzfeldstärken für B Ÿ [001] (vgl. Abb.IV.13);
bei den Linien der Serie A wurde bei der Berechnung für den Euler-Winkel θ ein
Wert von 48.5° angenommen, bei denen der Serie B ein Wert von 46.5°.
Signal-Nr.
1
2
3
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
100
Resonanzfeldstärken für B Ÿ [001]
Bres [G], gemessen Bres [G], berechnet
Übergang
-1
mit ν = 8.9764GHz mit ν = 0.2994 cm
2920.0
2934.3
3009.7
3009.7
3083.9
3098.7
3157.3
3172.6
3186.3
3203.7
3229.8
3273.1
3301.5
3359.5
2919.93
2936.19
3010.15
3011.44
3085.83
3099.42
3159.36
3173.68
3187.79
3206.78
3232.07
3275.36
3303.94
3362.19
1 ↔ 12
1 ↔ 12
2 ↔ 11
2 ↔ 11
3 ↔ 10
3 ↔ 10
4↔9
1↔2
4↔9
1↔2
5↔8
5↔8
6↔7
6↔7
Defektzentrum
MnB
MnA
MnB
MnA
MnA
MnB
MnA
CrB
MnB
CrA
MnA
MnB
MnA
MnB
Tab.V18: Übersicht der in [88] angegebenen ESR-Parameter für Mn- und Cr-Zentren in
β-FeSi2 (*: Für CrB wurde kein Ay-Wert angegeben, bei den Berechnungen wurde der
Wert mit 0 angenommen. )
Zentrum
MnA
MnB
CrA
CrB
Isotop
55
Mn
55
Mn
53
Cr
53
Cr
gx
2.0591
2.0535
2.0339
2.0232
gy
2.0590
2.0517
2.0016
2.0260
gz
2.0445
2.0233
1.9976
2.0148
Ax (10-4cm-1) Ay (10-4cm-1) Az (10-4cm-1)
-37.5
-15.8
±92.1
-22.5
±109
±37.7
-5.2
+7.2
±21.2
*
+7.9
(0 )
±17.7
3. Leitfähigkeitsmessungen an β -FeSi2
Tab.19: Gemessene Impedanzwerte und Leitfähigkeiten von verschiedenen β-FeSi2-Pulverpresslingen
T [°C]
40
50
60
70
80
90
100
110
120
130
140
150
160
170
180
190
200
210
220
230
240
T [K]
313,15
323,15
333,15
343,15
353,15
363,15
373,15
383,15
393,15
403,15
413,15
423,15
433,15
443,15
453,15
463,15
473,15
483,15
493,15
503,15
513,15
1000/T [K]
3,1934
3,0945
3,0017
2,9142
2,8317
2,7537
2,6799
2,6099
2,5436
2,4805
2,4204
2,3632
2,3087
2,2566
2,2068
2,1591
2,1135
2,0698
2,0278
1,9875
1,9487
Pulverpressling A
R [Ω]
σ [Ω-1cm-1]
35,6700
0,0357
35,2600
0,0361
34,2600
0,0372
32,6800
0,0390
31,2500
0,0407
29,8900
0,0426
28,6000
0,0445
27,4400
0,0464
26,3600
0,0483
25,3500
0,0502
24,4300
0,0521
23,4600
0,0543
22,1500
0,0575
21,1000
0,0603
20,7400
0,0614
19,9100
0,0639
18,8700
0,0675
17,7600
0,0717
17,0800
0,0745
16,3000
0,0781
14,7500
0,0863
Pulverpressling B
R [Ω]
σ [Ω-1cm-1]
2.4320
0.1603
2.3220
0.1679
2.2030
0.1769
2.0900
0.1865
1.9330
0.2016
1.8380
0.2121
1.7600
0.2215
1.6910
0.2305
1.6070
0.2425
1.5680
0.2486
1.5170
0.2569
1.4600
0.2613
1.4330
0.2720
1.3980
0.2788
1.3260
0.2939
1.3250
0.2942
1.2920
0.3017
1.2570
0.3101
1.2210
0.3192
1.1870
0.3284
1.1470
0.3398
101
Aus den Steigungen b1 der Regressionsgeraden in den Arrhenius-Plots lässt sich die
Aktivierungsenergie für die Leitfähigkeit EA nach der Formel EA = -k⋅2.3⋅2⋅b1 ermitteln. Mit
k = 8.6125 10-5 eV/K (Boltzmann-Konstante) und b1 = -0.29965⋅103 K (Pressling A) bzw.
b1 = -0.25885⋅103 K (Pressling B) ergeben sich damit die Werte EA(A) = 0.119 eV bzw.
EA(B) = 0.103 eV
4. Photolumineszenzmessungen an β -FeSi2-Kristallen
Die folgende Tabelle zeigt die Signallagen bei den Photolumineszenzuntersuchungen.
Tab.V.20: Linienlagen in den Photolumineszenzspektren in eV
102
Probe 1
0.790
0.820
0.912
1.059
Probe 2
0.787
0.837
0.898
0.915
5. Mikrosondenuntersuchungen an dotierten β -FeSi2-Kristallen
In den folgenden Tabellen sind die Ergebnisse der mit der Mikrosonde durchgeführten
quantitativen Analysen dotierter β-FeSi2-Kristalle zusammengestellt.
Tab.V.21: Messwerte der quantitativen Mikrosondenuntersuchungen
Vanadium-dotierter β-FeSi2-Kristall
Messpunkt-Nr.
Si (At.-%)
Fe (At.-%)
V (At.-%)
nV/n(Fe+V)
1
67.277
32.460
0.263
0.804
2
67.027
32.626
0.347
1.052
3
66.920
32.686
0.394
1.191
Mittelwert
67.075
32.591
0.335
1.017
Chrom-dotierter β-FeSi2-Kristall
Messpunkt-Nr.
Si (At.-%)
Fe (At.-%)
Cr (At.-%)
nCr/n(Fe+Cr)
1
68.946
31.005
0.049
0.156
2
66.005
33.861
0.134
0.393
3
66.840
33.034
0.126
0.380
Mittelwert
67.264
32.633
0.103
0.314
Cobalt-dotierter β-FeSi2-Kristall
Messpunkt-Nr.
Si (At.-%)
Fe (At.-%)
Co (At.-%)
nCo/n(Fe+Co)
1
67.213
32.400
0.386
1.177
2
67.632
32.329
0.039
0.120
3
67.871
32.047
0.082
0.255
4
68.121
31.716
0.163
0.511
5
67.410
32.186
0.404
1.242
Mittelwert
67.649
32.136
0.215
0.665
103
104
VI. Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der Arbeiten über Phasen im binären System Eisen-Silicium stand
β-Eisendisilicid, eine für praktische Anwendungen interessante halbleitende Phase mit günstigem Bandabstand und besonderer chemischer Beständigkeit. Die Ziele waren die Optimierung
der Synthese von β-FeSi2, die Herstellung von Einkristallen sowie deren strukturelle und
physikalische Charakterisierung. Neben der Klärung von Problemen mit Phasenbreiten und
Phasentransformationen sollte weiter untersucht werden, inwieweit Dotierungen FeSi2:M
möglich sind, bei denen gemäß Fe1-xMxSi2 ein Teil der Eisenpositionen in der Struktur von
anderen Übergangsmetallen eingenommen wird, insbesondere von Kationen der 3d- Metalle
und der Homologen Ruthenium und Osmium.
Für die Darstellung von Einkristallen scheiden Schmelzreaktionen aus, weil sich β-FeSi2 bei
1275 K unter teilweiser Zersetzung in die nichtstöchiometrische α-Phase (Fe2Si5) umwandelt.
Als Methode der Wahl für die Herstellung von dünnen Schichten und kleineren Einkristallen
haben sich Verfahren des chemischen Transports erwiesen, bei denen Eisen und Silicium
simultan mit Brom oder Iod transportiert werden. Zur Optimierung der Synthesebedingungen
von β-FeSi2-Einkristallen wurden umfangreiche Versuchsreihen durchgeführt, bei denen die
verschiedenen Parameter (Art und Zusammensetzung von Bodenkörpern und Transportmitteln, Temperaturverhältnisse, Geometrie der Transportampullen) variiert wurden, die das
Transportgeschehen bestimmen. Als optimale Bedingungen wurden die Verwendung von Iod
als Transportmittel bei einem Ioddruck von 4 bar und eines Temperaturgefälles von
T2 = 1273 K nach T1 = 1073 K gefunden. Bei einem Wechsel des Transportmittels von Iod zu
Brom wurde ebenfalls ein chemischer Transport erhalten, der zwar eine hohe Anzahl an
Kristallen lieferte, diese waren jedoch stets sehr klein und stark verwachsen. Als Bodenkörper
im Quellenraum kann entweder ein Eduktgemisch aus Fe2Si5 und FeSi eingesetzt werden oder
auch günstiger und bequemer ein Gemisch der Reinelemente. Für das Silicidgemisch lieferte
ein Eduktgemisch mit einem Verhältnis n(Fe2Si5) : n(FeSi) von 2 : 3 die besten Ergebnisse,
was einem Siliciumunterschuss entspricht. Für den Transport ausgehend von den Elementen
ist dagegen ein Verhältnis Fe : Si von 2 : 5 zu wählen, also ein Siliciumüberschuss. In der
Literatur wird der Einsatz eines Silicidgemischs als notwendig erachtet, dagegen waren bei
105
den eigenen Versuchen beim Einsatz der Elemente die Ausbeuten bedeutend günstiger,
sowohl was die Anzahl als auch was die Größe der Kristalle betraf. Die optimalen Bedingungen in Bezug auf Temperaturgefälle und Ioddruck waren gleich.
Bei den Transportversuchen wurden, teilweise nebeneinander, zwei Sorten von Kristallen gefunden, dünne Nadeln und auch längliche Plättchen, die beide röntgenographisch als β-FeSi2
identifiziert wurden. Die eingehende strukturelle Charakterisierung der erhaltenen Kristalle
war ein weiterer zentraler Punkt der Arbeit. Zur Überprüfung der bisher nur anhand von
Filmdaten bestimmten Strukturparameter wurde mit Diffraktometerdaten eine erneute
Strukturbestimmung durchgeführt, speziell auch zur Klärung von Zwillingsproblemen, über
die unter Hinweis auf die pseudotetragonale Metrik berichtet wurde. Im wesentlichen wurden
die publizierten Strukturdatem bestätigt. Die Kristalle mit unterschiedlichem Habitus erwiesen
sich als chemisch und kristallographisch identisch; sie unterschieden sich lediglich durch die
Orientierung der Elementarzelle. Die Angaben zur Zwillingsbildung konnten nicht bestätigt
werden, denn weder bei den Nadeln noch bei den Plättchen wurden dafür Anzeichen gefunden. Die Struktur des β-FeSi2 ist entfernt mit dem CaF2-Typ verwandt, aber auf Grund der
gruppentheoretischen Zusammenhänge beim Symmetrieabbau erscheint trotz der pseudotetragonalen Metrik eine Zwillingsbildung unwahrscheinlich.
In der Literatur wurden insbesondere Linienverdoppelungen im ESR-Spektrum als Hinweis
auf Zwillingsbildung gedeutet. Eigene ESR-Messungen mit den nadel- und plättchenförmigen
Einkristallen zeigten jedoch, dass sich alle erhaltenen ESR-Spektren sehr gut auf der Grundlage von Einkristallen interpretieren lassen. Es ist lediglich zu berücksichtigen, dass in der
Struktur kristallographisch äquivalente Positionen magnetisch nicht äquivalent sind.
Zur physikalischen Charakterisierung wurden impedanzspektroskopische Untersuchungen der
elektrischen Leitfähigkeit und zum optischen Verhalten durchgeführt. Bei β-FeSi2 handelt es
sich um einen Halbleiter mit vorwiegend elektronischen Anteilen an der Leitfähigkeit, mit den
eigenen Ergebnissen konnten alle wesentlichen Angaben der Literatur bestätigt werden. Nach
der Literatur sollten Einkristalle von β-FeSi2 keine Photolumineszenz zeigen, entsprechende
Beobachtungen bei Schichtpräparaten wurden auf Defekte im darunterliegenden Siliciumsubstrat zurückgefüht. Im Gegensatz dazu wurde bei den untersuchten Kristallen eindeutig
106
Photolumineszenz festgestellt, und zwar in dem Energiebereich, in dem diese auch bei
amorphen Schichten beobachtet wurde.
Zur Klärung der Dotierungsprobleme – in welchem Umfang sich andere Übergangsmetalle
auf die Eisenpositionen der Struktur einbauen lassen – wurden zahlreiche Transportexperimente für Einkristalle von β-FeSi2 in Gegenwart der 3d-Übergangsmetalle Titan,
Vanadium, Chrom, Mangan und Cobalt sowie der höheren Homologen Ruthenium und
Osmium durchgeführt. Als Bodenkörper wurden entweder die Elemente oder deren Disilicide
eingesetzt, als Transportmittel sowohl Iod als auch Brom. Wenn die für die Herstellung von
β-FeSi2-Kristallen optimalen Transportbedingungen gewählt wurden, war die Qualität der
erhaltenen Kristalle durchweg schlechter als bei den Versuchen ohne Dotierstoffzusatz. Für
Untersuchungen zum Einbau der Fremdmetalle wurden die Kristalle mit einer Mikrosonde
untersucht, zur qualitativen und - wo möglich – quantitativen Analyse der Dotierungen. Ein
Einbau von Ruthenium oder Osmium konnte dabei nicht nachgewiesen werden, wohl aber für
die eingesetzten 3d-Übergangsmetalle. Hier gelangen auch quantitative Bestimmungen der
Dotiermengen, in bis zu etwa einer Größenordnung unter der eingesetzten Menge des jeweiligen Metalls in das Gitter von β-FeSi2 eingebaut wurden.
107
108
VII. Literatur
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