4 Bekannte Erreger - VHF 4.10 VHF Erkrankung: Virus: Virale Hämorrhagische Fieber (VHF) RNA-Viren, dazu gehören: Arena-, Bunya-, Filo- und Flaviviren Es handelt sich um eine Gruppe ähnlicher Erkrankungen mit Fieber und Blutungen, die durch RNA-Viren aus vier Familien hervorgerufen werden. Sie werden in ihrem natürlichen Vorkommen auf unterschiedlichen Wegen verbreitet, wobei einige über die Atemwege auf den Menschen übertragbar sind. Es gibt keine Belege dafür, dass diese Viren biowaffenfähig aufbereitet worden wären. Auf Grund ihrer möglichen Eignung für eine Verbreitung in Aerosolform, ihrer relativ hohen Stabilität, der teilweise hohen Morbidität und Letalität einer durch sie hervorgerufenen Erkrankung sowie der Wahrscheinlichkeit einer Verwechslung mit ähnlichen Agenzien, die waffenfähig aufbereitet werden können, werden sie als mögliche B-Erreger eingestuft. Da es sich bei den VHF um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen handelt, sind in den nachstehenden Tabellen nur allgemeine Informationen aufgeführt. Im europäischen Netzwerk zur Diagnostik von importierten Viruserkrankungen (ENIVD – European Network for the Diagnostics of „Imported“ Viral Diseases), das vom Robert Koch-Institut koordiniert wird, finden sich ausführlichere Informationen zu einzelnen VHFViren (http://www.enivd.de/index.htm). 4.10.1 Information zum Erreger Virologie Einzelsträngige RNA-Viren, von Hüll-Proteinen umgeben, Größe variiert zwischen 40 und 130 nm (Genom 10–19 kB). Benötigen zum Überleben einen Wirt (meist Nagetiere oder Insekten – der Mensch ist kein natürlicher Wirt). 191 Biologische Gefahren II Familie Spezies Größe [nm] Morphologie Genom [kB] Arenaviridae Lassa-, Junin-, Guanarito-, Machupo-, SabiaVirus ca. 80 pleomorph 19 Bunyaviri- Hantaan-, Dobra- 110–130 kugelförmig 11 dae va-, Belgrade-, Sin Nombre-, AndesKrim-Kongo-, RiftValley-Virus Filoviridae Ebola-Virus, 80–120 fadenförmig 11–19 40–50 isometrisch 10–12 Marburg-Virus Flaviviridae Pathogenität Gelbfielber-, Dengue-, OmskVirus Über die viralen Charakteristika, die für die Krankheitsmechanismen verantwortlich sind, bestehen verschiedene, z. T. abweichende Meinungen und Unsicherheiten. Für das Lassa-Virus wird angenommen, dass das S-Segment der beiden einzelsträngigen RNA-Segmente für das Nukleoprotein und das Glykoprotein kodiert, das L-Segment für die RNA-Polymerase L und das strukturelle Matrix-Protein Z, welches wahrscheinlich für die Freisetzung der Viruspartikel verantwortlich ist. Tenazität Virale Aktivität erhalten: • bei neutralem pH-Wert (mehrere Wochen, auch bei niedrigen Temperaturen) Empfindlich gegenüber: • Detergenzien • niedrigem pH-Wert Für Lassa-Viren ist eine Inaktivierung möglich z. B. durch: • Temperaturen > 60° C (eine Blutprobe mit 105 LassaViren/ml benötigt zur Inaktivierung 37 min bei 60° C). 192 4 Bekannte Erreger – VHF • Säuren (mind. 15 min in 1 : 100 Verdünnung einer 3 %igen Essigsäure). • Gamma-Strahlung (1,27 Gy). Natürliches Vorkommen Verbreitung abhängig vom Vorkommen der natürlichen Wirte. Prinzipiell weltweites Vorkommen, häufig in Afrika, einigen Teilen Nord-, Mittel- und Südamerikas sowie in ländlichen Gebieten des Mittleren Ostens, Asiens, der Karibik und Osteuropas. Lassa ist das in Afrika am häufigsten auftretende VHF – in Sierra Leone haben 10–60 % der Bevölkerung Antikörper. Risikogruppe Bei einigen dieser Viren sind Menschen mit geschwächtem Immunsystem vermutlich anfälliger, nach einer Infektion tatsächlich zu erkranken. 4.10.2 Information zur Erkrankung Übertragung Üblicherweise durch Nagetiere oder Insekten, für einige Viren ist der natürliche Überträger noch nicht bekannt. Einige VHF-Viren können auch direkt von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen werden. Familie HF-Erkrankung Natürlicher Überträger Mensch-zu-MenschÜbertragung Arenaviridae Lassa Fieber Nagetiere ja Argentinisches HF Nagetiere ja Brasilianisches HF Nagetiere ja Bolivianisches HF Nagetiere ja Venezuel. HF Nagetiere ja Bunya- Hanta-Virus HF Nagetiere ja viridae (Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom bzw. Hantavirus Pulmonares Syndrom) Zecke ja Moskito ja Krim-Kongo HF 193 Biologische Gefahren II Rift-Valley HF Filoviridae Ebola HF Marburg HF unbekannt ja Flavi- Gelbfieber Moskito nein viridae Dengue HF Moskito Omsk HF Zecke unbekannt ja Lassa • Natürlicher Wirt ist die Vielzitzenratte. • Ansteckung des Menschen über Kot oder Urin von infizierten Tieren (z. B. über ungeschützte Lebensmittel), aber auch durch infiziertes Tierblut oder den Verzehr von Ratten. • Mensch-zu-Mensch-Übertragung häufig, meist über Kontakt zu Körperflüssigkeiten. Tröpfcheninfektion eher selten. Bisher keine Ansteckung während der Inkubationszeit aufgetreten. Sexuelle Übertragung möglich. • Sekundärinfektionen bei importierten Fällen sind relativ unwahrscheinlich. Als BT-Agens einsetzbar, weil: Anzüchtung hoher Konzentrationen in Zellkultur möglich. Verbreitung als Aerosol möglich. Ggf. Herabsetzung der Inkubationszeit durch hohe Inokulation. Ggf. Veränderung der Mensch-zu-Mensch-Transmission und der Letalität durch hohe Virämiezahlen. Infektiosität / Kontagiosität / Minimal infektionsauslösende Dosis • Alle VHF-Viren sind als Aerosol hoch infektiös. • Angaben zur minimalen infektionsauslösenden Dosis liegen nicht vor. Pathogenese Zielorgan der hämorrhagischen Fieberviren ist die Gefäßwand – entsprechend sind die klinisch vorherrschenden Merkmale normalerweise eine Folge von mikrovaskulären Schädigungen und Veränderungen der Gefäßdurchlässigkeit. 194 4 Bekannte Erreger – VHF Darüber, welche Wirtsfaktoren oder viralen Charakteristika für die Krankheitsentstehung verantwortlich sind, bestehen abweichende Meinungen und Unsicherheiten. Bei den meisten VHF ist die Ätiologie der Koagulopathie multifaktoriell (z. B. Leberschädigung, Verbrauchskoagulopathie und primäre Knochenmarkschädigung der Megakaryozyten). Eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion korreliert üblicherweise mit dem Grad der kardiovaskulären Funktionseinschränkung. Für Lassa gilt: • Vermutlich führt eine ineffiziente Immunantwort der Zytokine zu hohen Viruskonzentrationen. • Pro-entzündliche Zytokine in späten Krankheitsstadien sind wahrscheinlich verantwortlich für den hämorrhagischen Verlauf und den Schock. Inkubationszeiten Je nach Erreger 3–21 d (Lassa bis zu 3 Wochen). Klinik Fast alle Krankheitsverläufe zeigen im Anfangsstadium relativ unspezifische Symptome wie plötzlich auftretendes hohes Fieber, Muskelschmerzen, Erschöpfung, Kopf-, Hals- und Gliederschmerzen, gering injizierte Konjunktiven, leichte Hypotonie, Gesichtsrötung, ev. petechiale Blutungen. Fieber kann bis zu 16 Tage andauern und Temperaturen bis 41°C erreichen. Nicht alle Infizierten entwickeln eine hämorrhagische Verlaufsform (z. B. Lassa nur in etwa 1–5 %, Gelbfieber ca. 10–20%). Schwere Krankheitsverläufe zeigen Blutungen der Haut, innerer Organe oder aus Körperöffnungen wie Mund, Augen oder Ohren. Beim Lassa-Fieber kommt neben den allgemeinen genannten unspezifischen Symptomen auch häufig Durchfall vor. Hämorrhagische und neurologische Komplikationen (im Sinne einer Enzephalopathie) treten relativ selten auf – und wenn, dann auch erst sehr spät im Krankheitsverlauf. Taubheit ist eine häufige Folgeerscheinung nach schwerem Krankheits195 Biologische Gefahren II verlauf. Häufig treten auch Pharyngitis und massive Ödeme sowie bei Kindern Anasarka auf. Typischer Endpunkt Die Sterblichkeit variiert von unter 1% (beim Rift-Valley-Virus) bis zu 90 % in einzelnen Ausbrüchen (bei Ebola, Marburg). Treten sekundäre oder tertiäre Krankheitsfälle auf, nimmt deren Letalität ab. Für Lassa-Fieber gilt: Unbehandelt (d. h. ohne Ribavirin i. v.): Letalität 76 %. Behandelt (d. h. mit Ribavirin i. v.): Letalität 9 %. Immunität Der Grad der Immunisierung scheint mit der Konzentration neutralisierender Antikörper zu korrelieren, die von einigen, aber nicht von allen VHF-Viren induziert werden. Experimente für einen Lassa-Impfstoff lassen hingegen vermuten, dass eher die T-Zellen für eine Immunität verantwortlich sind als die neutralisierenden Antikörper. Differenzialdiagnostisch sollen folgende Erkrankungen in Erwägung gezogen werden: - Andere Erreger viraler hämorrhagischer Fieber, MeningokokkenSepsis bzw. andere Sepsisformen, Leptospirose, Rickettsiosen, hämorrhagische Formen des Rückfallfiebers, Typhus, ggf. bakterielle Ruhr, Malaria tropica, evtl. auch Intoxikationen. 4.10.3 Diagnostik Neben Umweltproben, auf die hier nicht näher eingegangen wird, können zur Diagnostik folgende klinische Untersuchungsmaterialien herangezogen werden: • Blut, • Liquor, • Urin, • Punktate, 196 4 Bekannte Erreger – VHF • Bioptate. Angaben zu den grundsätzlichen Transport- und Aufbewahrungsbedingungen finden sich in Kapitel 3.3. Klinische Probe Umweltprobe Serum und Liquor, Urin, Gewebeflüssigkeit Staub- und Bodenprobe Antikörpernachweis Mittels indirekter Immunfluoreszenz oder ELISA, aber unsicher. IgG Nachweis bei 53 % IgM Nachweis bei 67 % Antigennachweis Nachweis mit ELISA an inaktiviertem Serum AK Nachweis: Verdacht Verdacht Nukleinsäurenachweis RNA-Virus mit hoher Variabilität der Gensequenz Test auf unterschiedliche Sequenzen Positiv: Bestätigung Kultur (unter BSL-4 Bedingungen) Anzucht auf Zellkulturen z.B. VERO-Zellen Differenzierung mittels Immunofluoreszenz mit monoklonalen AK Positiv: Bestätigung AK Anstieg: Bestätigung Abbildung 5: Schematische Darstellung der Diagnostik von VHF-Viren aus klinischen und Umweltproben Mit einer begründeten Verdachtsdiagnose aus klinischem Material ist methodenbedingt innerhalb von 24 h zu rechnen (EM: 90 min – bei fixierter Probe 20 min, PCR 4–24 h). Die klinische Probe gilt bei positiver Kultur, positivem Nukleinsäurenachweis und einem Antikörperanstieg als diagnostisch bestätigt. Ergänzend zur infektiologischen Diagnostik sollten labormedizinische Untersuchungen durchgeführt werden. Folgende Befunde können sich zeigen: • Leukopenie oder Leukozytose, • Thrombozytopenie, • erhöhter Transaminasen-Spiegel im Serum, • Proteinurie. 197 Biologische Gefahren II Auf Grund der Variabilität von RNA-Viren empfiehlt es sich, zur Absicherung der Diagnose zwei geeignete Labore parallel hinzuzuziehen. Vorgeschrieben für diagnostische Untersuchungen ist in allen Laboratorien die Sicherheitsstufe 4, lediglich für Hanta-Viren, Phleboviren (Rift-Valley-Fieber) und Flaviviren ist in Deutschland S-3 ausreichend. In anderen Ländern werden einige Hantaviren durch ihre Übertragbarkeit in Aerosolform, die Möglichkeit der Mensch zu Mensch Übertragung, die relativ hohe Letalität und der fehlenden Therapiemöglichkeit als S-4 Erreger eingestuft. Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Bernhard-Nocht-Straße 74 20359 Hamburg Institut für Virologie der Universität Marburg Robert-Koch-Str. 17 35037 Marburg Robert Koch Institut Zentrum für Biologische Sicherheit Nordufer 20 13353 Berlin 4.10.4 Therapie Bei den Therapieoptionen gegen VHF-Viren muss zwischen prophylaktischen Maßnahmen und der medikamentösen Behandlung Erkrankter unterschieden werden. Dies ist in den nachfolgenden Tabellen berücksichtigt. Impfung Passive Immunisierung Es handelt sich dabei um eine Antikörper-Therapie. Dieser Behandlungsansatz ist bei den meisten VHF versucht worden und war der begrenzten Verfügbarkeit antiviraler Medikamente geschuldet. Die Wirksamkeit ist fraglich. Der Impfstoff ist in Deutschland nicht verfügbar. Zukünftig ist vermutlich mit der Herstellung von humanen 198 4 Bekannte Erreger – VHF monoklonalen Antikörpern zu rechnen, die dann zur Behandlung eingesetzt werden können. Aktive Immunisierung Einen in Deutschland zugelassenen Impfstoff gibt es nur gegen das Gelbfiebervirus. Gegen andere durch VHF-Viren ausgelöste Erkrankungen sind in Deutschland keine Impfstoffe verfügbar. Die Gelbfieberimpfung ist als Prophylaxe für Reisende in Endemiegebiete Afrikas und Südamerikas vorgeschrieben. Weitere Impfstoffe befinden sich z. Z. in Entwicklungs- oder Prüfphasen: • In Argentinien zugelassener attenuierter Lebendimpfstoff gegen Argentinisches HF hat sich im Tier- und Feldversuch als wirksam erwiesen und scheint auch gegen das Bolivianische HF zu schützen. • Inaktivierter und attenuierter Lebendimpfstoff gegen RiftValley-Fieber in Prüfung. • Vakzine gegen Hanta-Viren in Untersuchung, wird derzeit amerikanischem Laborpersonal angeboten. Ein weiterer, durch Formalin inaktivierter Impfstoff ist in Korea verfügbar und zugelassen, wird aber nach allgemeinen US-Standards als nicht akzeptabel angesehen. • Für eine Anzahl attenuierter Lebendstämme gegen Dengue beginnt die Phase 2 der Wirksamkeitsprüfung. Allerdings wird keiner der in Phase 1 oder 2 der Wirksamkeitsprüfung befindlichen Impfstoffe in absehbarer Zeit verfügbar sein. Für die verbleibenden VHF-Erreger ist die Verfügbarkeit von Impfstoffen noch weiter entfernt. Am Beispiel Lassa-Fieber zeigen tierexperimentelle Daten, dass: • nach Gabe von Totimpfstoffen zwar Antikörper gebildet wurden, die Tiere jedoch gegenüber einer anschließenden Infektion nicht geschützt waren. • nach Gabe verschiedener rekombinanter Impfstoffe 199 Biologische Gefahren II Antikörper gebildet wurden und bei einer anschließenden Infektion nur leichte bis mittelschwere Krankheitszeichen und eine kurze Virämie auftraten, aber alle Tiere überlebten. Prophylaktische Chemotherapie (prä-, peri- oder postexpositionell) Derzeit gibt es keine anerkannte Chemoprophylaxe gegenüber VHF-Viren. Aus dem US-Verteidigungsministerium gibt es ein Protokoll für Hochrisiko-Kontaktpersonen von Patienten mit hämorrhagischem Krim-Kongo-Fieber über die versuchsweise orale Gabe von Ribavirin. Eine ähnliche Strategie wurde zur Postexpositionsprophylaxe für Hochrisiko-Kontaktpersonen von Patienten mit LassaFieber vorgeschlagen. Bei der Behandlung von Infektionen mit „alte Welt“ Hantaviren (Hantaviren aus dem eurasischen Raum) gab es ebenfalls Erfolge bei frühzeitiger Gabe von Ribavirin. Indikation: Hochrisiko-Kontaktpersonen (d. h. direkte Exposition gegenüber Körperflüssigkeiten). Betroffene sollten während der Therapie unter Überwachung bleiben, um Nebenwirkungen des Medikaments (hauptsächlich Anämie) oder das Durchbrechen der klinischen Erkrankung nach Absetzten des Medikaments zu erkennen. Therapieempfehlung: Ribavirin i. v. (8 mg/kg, alle 8 h über insgesamt 14 d) bei Lassa-Fieber. Behandlung Erkrankter Für die Behandlung von VHF sind keine spezifischen Medikamente bekannt. • Lediglich bei der Behandlung von Arena- und BunyaViren weist Ribavirin positive Effekte auf, wenn es innerhalb von 6 Tagen i. v. verabreicht wird. Gegen Filo- und Flavi-Viren zeigt Ribavirin keine Wirkung. 200 4 Bekannte Erreger – VHF Die Behandlung besteht daher aus rein symptomatischen Maßnahmen bzw. intensivmedizinischen Bemühungen: • Flüssigkeitssubstitution bei hypotensiven Patienten – Cave: einige VHF bewirken einen Flüssigkeitsverlust über das pulmonale Kapillarsystem und können damit ein Lungenödem hervorrufen. Hier und bei anderen Erkrankungen mit Lungenkapillarleckagen erwies sich eine supportive ECMO (extrakorporale Membranoxigeneration)-Therapie als vorteilhaft. • Ggf. Einsatz drucksteigernder Medikamente. • Sedativa und Analgetika zur Behandlung von Unruhe, Verwirrtheit, Muskelschmerzen, Hyperästhäsie. • Blutungen werden nach den gleichen Vorgaben wie bei systemischer Koagulopathie unter Überwachung des Gerinnungsstatus behandelt. Grundsätzlich gilt: • Der Einsatz von intravasalen Kathetern und invasiven hämodynamischen Überwachungsmaßnahmen sollte unter Abwägung der möglichen Vorteile gegen das Blutungsrisiko bedacht werden (Cave: ohne intravasale Katheter ist kaum eine Therapie möglich!). • Intramuskuläre Injektionen oder die Gabe von Aspirin oder Antikoagulantien sollte vermieden werden. • Invasive Eingriffe (Bronchoskopien, Blutabnahmen etc.) sollten auf das Nötigste beschränkt werden. • Alle Arbeiten müssen unter entsprechendem Eigenschutz (s. u.) durchgeführt werden. Für die Behandlung des Lassa-Fiebers werden in der Literatur folgende Angaben gemacht: Ribavirin i. v. bei Verdacht auf Infektion: 8 mg/kg alle 8 h über insgesamt 14 Tage. Ribavirin i. v. innerhalb von 7 Tagen nach Infektion: initial 30 mg/kg, gefolgt von 15 mg/k alle 6 h über 4 d, 201 Biologische Gefahren II gefolgt von 7,5 mg/kg alle 8 h über 6 d. Stempidine (entwickelt zur Behandlung von HIV-1, HIV-2 und FIV) zeigte im Tierversuch eine gute Wirkung bei Gabe 24 h vor und 96 h nach einer Lassa-Infektion. Die Tiere entwickelten keine Krankheitszeichen, die Sterblichkeit konnte von 72 % auf 10 % gesenkt werden. 4.10.5 Präventionsmaßnahmen Prävention Vektorkontrolle: • z. B. Kontrolle der Nagetierpopulation, aber auch besserer Schutz der Nahrung vor Kontamination. Als Reiseprophylaxe ist bei den Viren, die durch Moskitos oder Zecken übertragen werden, ein Schutz vor entsprechenden Insektenstichen zu empfehlen. Der Kontakt zu Tieren (insbesondere Nagetieren) sollte vermieden werden. Vakzination Passive Immunisierung (d. h. Antikörpertherapie) gegen einige VHF möglich und – in Abhängigkeit der Konzentration neutralisierender Antikörper – wirksam. Allerdings nicht als Prophylaxe, sondern nur zu Therapiezwecken. Aktive Immunisierung: z. Z. ist lediglich Gelbfieberimpfstoff gegen HF zugelassen, andere Impfstoffe sind in Phase 1 oder 2 der Wirksamkeitsprüfung. Gegen viele VHF-Viren gibt es keinen Impfstoff. Immunität nach Gelbfieberimpfung: 10 Jahre. Meldepflicht § 6 IfSG: namentliche Meldung bei Krankheitsverdacht, Erkrankung oder Tod. § 7 IfSG: namentliche Meldung auch bei direktem oder indirektem Nachweis mit Hinweis auf akute Infektion. § 12 IfSG: Meldung an die WHO und das europäische Netzwerk. Eigenschutz beim Umgang mit Erkrankten 202 Personen, die Haut- oder Schleimhautkontakt mit Blut, Körperflüssigkeiten oder Ausscheidungen von Patienten mit VHFVerdacht hatten, sollten die betroffenen Körperstellen unverzüg- 4 Bekannte Erreger – VHF lich mit Wasser und Seife waschen. Schleimhäute sollten ausgiebig mit reichlich Wasser oder Kochsalzlösung gespült werden. Patientenzimmer nur mit geeigneter Schutzausrüstung betreten (s. dazu auch Handbuch „Biologische Gefahren I – Handbuch zum Bevölkerungsschutz“). Absonderungs- Ansteckungsverdächtige / maßnahmen Kontaktpersonen Überwachung für die Dauer der Inkubationszeit hinsichtlich unspezifischer Symptome, Fieber und anderen klinischen Zeichen (2 × täglich Temperaturmessung). Auch auffällige Personen (z. B. Reisende, Betroffene eines Laborunfalls) können nach internationalen Gesundheitsvorschriften für maximal 6 Tage isoliert werden. Krankheitsverdächtige Krankheitsverdächtige werden wie Erkrankte behandelt. Isolation und Beobachtung bis zur Bestätigung bzw. dem Ausschluss der Diagnose. Erkrankte Bei Erkrankung an einem von Mensch zu Mensch übertragbaren HF: • strikte Isolierung in einer Sonderisolierstation in Zentren für hochkontagiöse, lebensbedrohliche Erkrankungen. Die Maßnahmen können aufgehoben werden, sobald der Patient fieberfrei ist und eine Viren203 Biologische Gefahren II ausscheidung nicht mehr feststellbar ist. 204 Herausgeber: Bundesamt für Bevölkerungsschutzund Katastrophenhilfe Provinzialstraße 93 53127 Bonn Robert Koch-Institut Nordufer 20 13353 Berlin Bezugsquelle: www.bevoelkerungsschutz.de 1. Auflage Stand: 2007; 2013 auf Fehler und Adressen hin überarbeitet ISBN 3-939347-07-8 ISBN 978-3-939347-07-1 111