Onkologie Algesiologie Onkologie Algesiologie

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H 64122
ISSN 1439-1139
6/2006
Dezember
8. Jahrgang
Onkologie
Algesiologie
@ O N KO LO G I E
Tumortherapie – Standard oder Sonderfall?
@ O N KO LO G I E
Lesen Sie mehr
dazu ab
Seite 23
Wachstumsfaktoren
@ A LG ES I O LO G I E
Therapie von Tumorschmerzen
@ A N G I O LO G I E
Geriatrische Gefäßchirurgie
www.gerikomm.de
EDITORIAL
Überall Geriatrie?
S
chaut man sich derzeit in den medizinischen Fachjournalen, auf Symposien und Kongressen der diversen
Fachgebiete und wissenschaftlichen Gesellschaften um, so hat man den Eindruck, als
würde überall der ältere Patient entdeckt.
Inhalte geriatrischer Medizin schleichen sich
als Zitat in medizinische Bereiche, die früher der Altersmedizin, wenn nicht eindeutig abwehrend so doch zumindest sehr kritisch gegenüber standen.
Auch der Jahreskongress 2007 der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
(DGIM) steht unter dem Leitthema „Der ältere Patient”. Ich möchte aus der Einladung
des Kongresspräsidenten, Prof. W. Hiddemann, zitieren: „Angesichts der Tatsache, dass
das Lebensalter kontinuierlich steigt und der
Anteil älterer Menschen kontinuierlich zunimmt, stehen wir vor der Herausforderung,
unsere Behandlungskonzepte an die besondere
Situation älterer Menschen zu adaptieren. Neben bestehenden Komorbiditäten oder altersbedingten Einschränkungen der Organfunktionen, leiden ältere Menschen oft an Isolation, Einsamkeit und Depression. „Der ältere
Patient“ bedarf daher einer Betreuungs-angemessenen und umfassenden (Behandlung) unter Berücksichtigung seiner oft komplexen gesundheitlichen, aber auch sozialen Probleme.
Mit der steigenden Lebenserwartung eng verknüpft, ist auch die seit vielen Jahren zunehmende Häufigkeit von malignen Erkrankungen. Ihre Behandlung ist oft multimodal und
erfordert die Kooperation unterschiedlicher Disziplinen.
Die interdisziplinäre Onkologie ist daher
ein weiteres Hauptthema des Kongresses 2007.
Um die interdisziplinäre Kooperation im Rahmen der Onkologie strukturell zu unterstützen,
haben sich an vielen Stellen interdisziplinäre
onkologische Spitzenzentren sogenannte Comprehensive Cancer Centers gebildet. Sie sind ein
gutes Beispiel dafür, wie den Herausforderungen der modernen Medizin auch durch neue
Strukturen begegnet werden kann.“
Dem wäre aus geriatrischer Sicht nichts
hinzuzufügen außer Zustimmung; wäre da
nicht der kleine Schönheitsfehler, dass weder die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie
noch die Arbeitsgruppe Geriatrische Onkologie DGG/DGHO angesprochen wurde,
bei der Gestaltung des Kongresses mitzuarbeiten. Themen zur
Altersmedizin sucht
Interdisziplinarität war
man im vorläufigen
und ist ein zentrales Thema
Programm weitgegeriatrischer Medizin.
hend erfolglos. Ein
einzelner Plenarvortrag, auch wenn es unser Präsident ist, der
dazu eingeladen wurde, reicht für einen Kongress, der das Schwerpunktthema „der ältere Patienten“ gewählt hat, nicht aus. Tempora mutantur – die Deutsche Gesellschaft
für Innere Medizin weniger.
Was uns – gewissermaßen die „Ur-Geriater“ – betrifft, heißt es, jetzt erst recht auf dem
beschrittenen Wege weiter zu gehen. Interdisziplinarität war und ist ein zentrales Thema geriatrischer Medizin. Dies zeigt sich
auch in diesem Geriatrie Journal. Die Verbindungen zur Gefäßchirurgie ebenso wie zur
Onkologie haben in der Geriatrie eine gute
Tradition und sind in diesem Heft mit Übersichtsarbeiten vertreten. Auch die Schmerztherapie ist seit langem ein Feld organisierter und fruchtbarer Kooperation. Eine fachliche Zusammenarbeit war noch immer die
beste Grundlage jeder berufspolitischen Betätigung, die ohnehin für sich ja isoliert gesehen vergleichsweise kurzfristige Erfolge,
wenn überhaupt, zeitigt.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien
ein gutes und erfolgreiches Jahr 2007 in Gesundheit.
Ihr
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb
Past-Präsident DGG
I N H A LT
EDITORIAL
Foto: Rob Bouwman – Fotolia
Überall Geriatrie?
Gerald F. Kolb, Lingen
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NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Wichtige Informationen in Kürze
Das Knochenmark älterer Patienten
weist eine verminderte Reserve an
stimulierbaren Stammzellen und
eine verminderte Aktivität der reifen
Granulozyten auf. Aus diesem Grund
bedürfen Ältere dringender der
Supportion mit Wachstumsfaktoren
als Jüngere.
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6
TA G U N G S B E R I C H T : J A H R ES KO N G R ESS
DER
DGG
Alter ist Vielfalt
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T A G U N G S B E R I C H T : 1 . S T A R N B E R G E R G E R I AT R I E - G E S P R Ä C H E
Biographisches Arbeiten
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Foto: Dmitriy Aseev – Fotolia
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Altersphysiologische Veränderungen
und Multimorbidität beeinflussen bei
geriatrischen Patienten Effektivität
und Sicherheit der Analgetika gemäß
des WHO-Stufenschemas. Auch
Kontraindikationen und Medikamenteninteraktionen schränken die
Anwendung von Nichtopioiden und
schwachwirksamen Opioiden ein.
Die Auswahl der Applikationsform
stark wirksamer Opioide sollte nach
pharmakokinetischen Erwägungen erfolgen.
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Erhöhtes Brustkrebsrisiko: Adipositas
Diabetiker (Typ 2): Erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen
vom Alzheimer Typ
Bisphosphonate bei metastasiertem Mammakarzinom:
Verhinderung von Frakturen bei Knochenmetastasen
Gerinnungsaktivierung durch Tumorwachstum:
D-Dimere als prognostische Marker bei kolorektalen Karzinomen
Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome: CHOP-14 deutlich
besser als CHOP-21
Höheres Alter und Strahlentherapie:
Stadium I bis II Endometriumkarzinome
Gute Nachricht für ältere Patientinnen mit Brustkrebs:
Axilladissektion in vielen Fällen verzichtbar
Brustkrebs: Lokalisation und Risikoprofil
Prognostik: Überlebens-Score?
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A K T U E L L : G K V-W E T T B E W E R B S S T Ä R K U N G S G E S E T Z
Forderungen für das GKV-WSG aus ärztlich-geriatrischer Sicht
Ingo Füsgen, Wuppertal
O N K O L O G I E : S I T U AT I O N
G E R I AT R I S C H E R
O N KO LO G I E : K N O C H E N M A R KS -
© absolut_100 – Fotolia
Wachstumsfaktoren in der Altersonkologie
Gerald F. Kolb, Lingen
UND
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P AT I E N T E N
Tumortherapie – Standard oder Sonderfall?
Werner Freier, Hildesheim
Titelbild
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G R A N U LOZ Y T E N F U N K T I O N
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GERIATRIE JOURNAL 6/06
Zeichnung: Autor
I N H A LT
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
Therapie von Tumorschmerzen
Stefan Wirz, Bonn
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A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
Geriatrische Gefäßchirurgie
S. Jonas, W. Berg und L. G. Claeys, Herne
ARTHROSE: PFLANZLICHE
NUTRITIVE
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T H E R A P I E - A LT E R N AT I V E
Schmerzreduktion und Entzündungshemmung durch Hagebuttenextrakt 41
Jens Bielenberg, Westerhorn
Geriatrische Gefäßchirurgie kann
dazu beitragen, die Lebensqualität
älterer Patienten zu verbessern. Der
Artikel diskutiert allgemeine Prinzipien der Diagnose- und Indikationsstellung, Wahl der Therapieverfahren
und Ergebnisse der geriatrischen
Gefäßchirurgie. Als Beispiele dienen
die Aneurysma-, Karotis und periphere Bypasschirurgie sowie der akute
Mesenterial-Gefäßverschluss.
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P U B L I K AT I O N E N : F A C H B Ü C H E R
Aktive Gesundheitsförderung im Alter
Älter werden wir jetzt – Lebenskunst statt Anti-Aging
Sicher wohnen: Wenn Alzheimer-Patienten weglaufen
Sicher leben auch im Alter – Sturzunfälle sind vermeidbar
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P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
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DIVERSES
Termine/Impressum
GERIATRIE JOURNAL 6/06
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Foto: Rolf Zapf – Fotolia
Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms:
Sorafenib verdoppelt das progressionsfreie Überleben
Orales Hydromorphon bei chronischen Schmerzen:
Neue Galenik ermöglicht 24-h-Wirkung
Ankylosierende Spondylitis: Zulassungserweiterung für Adalimumab
Insomnie: Gute Erfahrungen mit Chloralhydrat
Restless Legs Syndrom: Vier Kriterien für die korrekte Diagnose
Krebserkrankungen der Frau: Lymphödeme vermeiden
Behandlung des nicht-kleinzelligen Bonchialkarzinoms:
Klare Vorteile von Docetaxel
Arzneimittel- und Therapiesicherheit:
Neue Software erleichtert den Verordnungsprozess
Generalisierte Angststörungen: Pregabalin als neue Behandlungsoption
Bei der Suche nach neuen Strategien
zur Linderung degenerativer Prozesse der Arthrose ist das Arsenal von
Pflanzenstoffen durch ein standardisiertes Nahrungsergänzungsmittel
aus Hagebuttenpulver erweitert worden. Der Artikel gibt einen Überblick
über das zur Zeit vorliegende wissenschaftliche Erkenntnismaterial.
Seite
41
5
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Schlechte Blutzuckereinstellung
erhöht Demenz-Risiko
Insulin spielt nicht nur bei der Regulierung des Blutzuckers eine Schlüsselrolle,
sondern ist vermutlich auch an der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Alzheimer beteiligt, berichtet Ernährungswissenschaftlerin Irina Baumbach von der Gesellschaft für
Ernährungsmedizin und Diätetik e. V. in
Aachen. Ergebnisse mehrerer Untersuchungen lassen vermuten, dass zwischen
Diabetes mellitus Typ 2 und Morbus Alzheimer mehr Zusammenhänge bestehen,
als Wissenschaftler bislang vermuten. Um
diese aufzudecken, trafen sich Mitte Juli
2006 fünftausend Forscher auf der International Conference on Alzheimer´s Disease and Related Disorders (ICAD) in
Madrid. Sie diskutierten unter anderem
über mögliche Verkettungen zwischen
dem Insulinspiegel im Gehirn und dem
Auftreten von Morbus Alzheimer. Studien an Ratten zeigten, dass Insulin im
Gehirn eine wichtige Rolle als Wachstumsfaktor spielt. Nervenzellen produzieren die Wachstumsfaktoren insulinlike growth factor (IGF) vom Typ I und
II. Zu geringe Konzentrationen dieser
Botenstoffe führten bei den Versuchstie-
Telemedizin verbessert
Schlaganfallbehandlung
Patienten, die in einer ländlichen Region
leben und einen Schlaganfall erleiden, haben in der Regel schlechtere Chancen für
das Überleben oder ein unabhängiges Leben im Alltag als diejenigen, die in einer
größeren Stadt leben. Zu den Gründen dafür zählen die Stroke Units, die bislang
überwiegend in größeren Städten eingerichtet wurden. In Südostbayern ist die
Situation anders. Hier entstand vor drei
Jahren das „Telemedizinische Pilotprojekt
zur integrierten Schlaganfallversorgung“
(TEMPiS). Dabei wurden zwölf regionale Krankenhäuser im Aufbau einer Schlaganfall-Schwerpunktstation durch die beiden Schlaganfallzentren in München-Harlaching und Regensburg unterstützt.
Zusätzlich sind die Krankenhäuser rund
um die Uhr in der Lage, Schlaganfall-Patienten über eine High-Tech-Vernetzung
telemedizinisch den Experten in den
Schlaganfallzentren vorzustellen. Nach einer Untersuchung vor der Kamera und
einer Mitbeurteilung der Computertomographie- bzw. Kernspinaufnahmen wird
dann gemeinsam die weitere Diagnostik
und Therapie festgelegt.
Eine Projektanalyse mit fünf anderen
Krankenhäusern zeigte, dass weniger Patienten in den TEMPiS-Krankenhäusern
verstarben, ins Pflegeheim aufgenommen
6
wurden oder eine schwere Behinderung zurückbehielten. Auch bei der Behandlung
zeigten sich Unterschiede: Während in
TEMPiS 4,6% der Patienten eine Lysetherapie erhielten, waren es in der Kontrollgruppe nur 0,4%. Neben einer frühen
diagnostischen Abklärung wurden bei den
TEMPiS-Patienten auch signifikant häufiger rehabilitative Therapien durchge-
ren zum Untergang von Nervengewebe.
Die auf Grund dieser Beobachtungen
durchgeführte Analyse von Gehirngewebe verstorbener Diabetiker zeigte einen
deutlichen Mangel an IGF I und II. Rachel Whitmer vom Forschungszentrum
der Kaiser Permanente Krankenkasse in
Oakland sowie schwedische Wissenschaftler werteten Daten über zehn Jahre
von 23.000 Versicherten mit Diabetes
mellitus aus. Sie kamen zu dem Ergebnis,
dass Personen mit einer langfristigen
schlechten Blutzuckereinstellung ein um
bis zu 78% erhöhtes Risiko an Alzheimer
zu erkranken, aufwiesen.
Quelle: Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V.
führt. Trotz einer geringeren Verlegungsquote hatten die telemedizinisch unterstützten Kliniken eine kürzere akutstationäre Aufenthaltsdauer. Auf Grund der Ergebnisse wurde das Projekt in Bayern in
die Regelversorgung aufgenommen.
Ansprechpartner: Dr. med. Heinrich
Audebert, Städt. Krankenhaus MünchenHarlaching, Tel. 089/62 10-26 88-22 57;
Vertretung Dr. med. Johannes Schenkel,
Tel. 089/62 10-22 55
Quelle: Kompetenznetz Schlaganfall
Vertrag zur besseren Patientenbegleitung
Die Bosch Betriebskrankenkasse (BKK)
hat mit dem Ärzteverbund MEDI BadenWürttemberg, dem landesweit rund
6.000 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten angehören, einen Vertrag
über neue Versorgungsformen (§ 73 ff
SGB V) abgeschlossen. Dieser intensiviert die Betreuung von Patienten mit
akuten Erkrankungen wie Schlaganfall,
Herz- oder Krebserkrankungen. Darüber hinaus richten die Vertragspartner
ihr Augenmerk auf die über 75-jährigen
Versicherten: Sie werden künftig zu ihrer gesundheitlichen Situation umfassend
beraten, damit sie möglichst lange gesund bleiben und notwendig werdende
Pflegemaßnahmen rechtzeitig eingeleitet
werden können. Um die Überleitung aus
dem stationären in den ambulanten Bereich zu verbessern, wird die Bosch BKK
auch mit Krankenhäusern Vereinbarungen schließen.
Die neue Zusammenarbeit startet am
1. Januar 2007. Die Ärzte und die BKK
versprechen sich davon eine höhere Versorgungsqualität und eine größere Patientenzufriedenheit. Ein wichtiger Vorteil für Ärzte ist die unbürokratische Vorgehensweise und die extrabudgetäre
Vergütung.
Quelle: Bosch BKK
GERIATRIE JOURNAL 6/06
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Interdisziplinäre Ausbildung zum
zertifizierten Wundexperten
Die Versorgung chronischer Wunden ist
in Deutschland unzureichend, denn nur
jede 5. chronische Wunde wird richtig
versorgt. Würden Prophylaxe und Therapie zeitgemäß erfolgen,
könnten nach Angaben der
Initiative Chronische Wunden e.V. (ICW) bis zu 90%
der Druckgeschwüre, ein Teil
der jährlich ca. 28.000 Amputationen
diabetischer
Füße vermieden und bis
1,5 Mrd. Euro pro Jahr eingespart werden. Um die Versorgungssituation zu verbessern, entwickelte die ICW
ein interdisziplinäres Schulungskonzept für Ärzte, Pflegefachkräfte, Apotheker, Arzthelferinnen, Podologen und Diabetesberater, das bundesweit von zahlreichen Bildungseinrichtungen angeboten wird.
Die ICW wurde 1995 gegründet und
setzt sich seitdem für die Verbesserung
chronischer Wunden ein. Für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen
ist die Qualifikation zum Wundexperten
ICW e.V. mittlerweile wichtiger Qualitätsstandard. Vereinheitlichtes Arbeiten,
ständige Entwicklung und eine reibungslose Kommunikation sind ent-
scheidend für die Vermeidung von Versorgungsbrüchen, und dienen letztendlich der Qualität der Versorgung des Patienten. Auch der Deutsche Berufsver-
band für Pflegeberufe (DBfK) und
der Deutsche Pflegeverband
(DPV) unterstützen die ICW, die
seit April 2006 mit der TÜV
Rheinland Group eine gemeinsame Zertifizierungsstelle betreibt.
Dieses zusätzliche Qualitätskriterium haben inzwischen bundesweit 44
Bildungseinrichtungen erkannt. Im Jahr
2006 nutzten 1.480 Fachkräfte im Gesundheitsweisen (vor allem Pflegefachkräfte und Ärzte) das Angebot und ließen sich zum Wundexperten ICW e.V.
ausbilden. Für 2007 erwartet die Initivative über 4300 zertifizierte Wundexperten ICW e.V.
Nähere Informationen und Hinweise
zu anerkannten Einrichtungen gibt es
im Internet unter www.icwunden.de
Quelle: ICW e.V.
Modellprojekt zur besseren Versorgung
Demenzkranker vorgestellt
Am 27. Oktober wurde in Nürnberg das
Projekt „Initiative Demenzversorgung in
der Allgemeinmedizin“ (IDA, www.projekt-ida.de) vorgestellt. Ziel des Modellvorhabens ist es, die Versorgung von
Menschen mit Demenz stärker auf ihre
Bedürfnisse und ihr Lebensumfeld auszurichten. Betroffene sollen in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung bleiben
und durch verbesserte hausärztliche Betreuung mehr Lebensqualität erfahren.
Angehörige werden in das Betreuungskonzept einbezogen. Im Rahmen des
Modellvorhabens sollen unterstützende
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Angebote für Demenzpatienten und ihre Angehörigen entwickelt sowie Erkenntnisse darüber gewonnen werden,
welche nicht-medikamentösen Versorgungsangebote bei Demenzkranken besonders wirksam sind. Die Ergebnisse
werden im Jahr 2008 vorgestellt. Träger
des IDA-Projekts sind der AOK-Bundesverband, die AOK-Bayern sowie die beiden Pharmaunternehmen Eisai und Pfizer.
Quelle: Bundesministerium für
Gesundheit (BMG)
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
Zahnersatz statt Totalprothesen
Angesichts der demografischen Entwicklung werden in der modernen Zahnmedizin und -technik zunehmend individuelle Behandlungskonzepte für ältere
Patienten entwickelt oder auf diese abgestimmt. Generell ist das Älterwerden nicht
mit dem Verlust der Zähne verbunden,
denn gründliche häusliche Zahnpflege,
regelmäßige Kontrolluntersuchungen
beim Zahnarzt, zahngesunde Ernährung
und professionelle Zahnreinigung schützen auch im Alter vor Zahnverlust. Haben jedoch Karies, Parodontitis und
Zahnunfälle Spuren hinterlassen, gilt es,
entstandene Zahnlücken dauerhaft zu
schließen, um Folgeschäden zu vermeiden.
Eine Stunde Musik am Tag kann, wie eine Studie der amerikanischen Cleveland
Clinic Foundation, Ohio, herausfand,
chronische Schmerzen lindern. Sechzig
untersuchte Schmerzpatienten litten seit
mehr als sechs Jahren unter Arthrose, rheumatoider Arthritis, Bandscheibenproblemen oder anderen Gelenkerkrankungen.
Während des Versuchs führten die Teilnehmer ein Schmerztagebuch. Mit einer
Stunde Musik am Tag reduzierten sich die
Schmerzen um bis zu 21%. Dabei war es
egal, ob sie ihre eigene Lieblingsmusik
hörten oder die von den Forschern ausgewählten Entspannungsklänge. Weiterer
Foto: jh
Musik hören kann
chronische Schmerzen dämpfen
Pluspunkt der therapeutischen Töne: Die
Teilnehmer fühlten sich danach auffallend
weniger depressiv.
Quelle: Senioren Ratgeber
Risiko-Skala zur Vorhersage von
Demenz entwickelt
Eine neue Risiko-Skala zur Vorhersage von
Demenz soll es ermöglichen, betroffene
Personen früher und gezielter zu behandeln.
Ein schwedisches Forscherteam hat eine
neue Methode entwickelt, mit der sich einschätzen lässt, wie hoch das Risiko eines
Menschen ist, später einmal an Demenz zu
erkranken. Mithilfe des Scores sollen Betroffene gezielt Verhaltensempfehlungen
oder eine medikamentöse Therapie erhalten. Ziel ist, die Allgemeinheit aufzuklären
und möglichst früh Vorsorge- bzw. Therapiemaßnahmen ergreifen zu können. Die
Risiko-Skala für Demenz entwickelten Miia Kivipelto und Kollegen vom Karolinska-Institut in Stockholm auf der Daten-Basis von 1.409 Personen, die in mittleren Lebensjahren und 20 Jahre später untersucht
8
wurden. Grundlage der Bewertung bildeten der Blutdruck, der Body-Mass-Index,
Cholesterin-Werte, Rauchgewohnheiten
und körperliche Aktivität. Das Team kam
zu dem Ergebnis, dass Demenz häufig in
direktem Zusammenhang mit fortgeschrittenem Alter, geringer Bildung, Bluthochdruck, überhöhten Cholesterinwerten und Übergewicht steht. Für Personen,
die im mittleren Lebensalter mehrere dieser Risikofaktoren aufweisen, könnten Mediziner Therapien in die Wege leiten, um
die spätere Demenzgefahr zu minimieren.
Die Studienergebnisse sind der OnlineAusgabe von The Lancet Neurology veröffentlicht.
Quelle: Focus-Online
Denn: fehlende Zähne können bei älteren Menschen zu Fehl- oder Mangelernährung führen. Ein Patient, der seine
gewohnte Nahrung nicht mehr ausreichend zerkleinern kann, weicht gezwungenermaßen auf breiige, flüssige Speisen
aus und ernährt sich damit oft nicht mehr
ausgewogen und reichhaltig genug. Außerdem können Zahnlücken das komplette
Gebiss aus dem Takt bringen. Die restlichen Zähne wandern oder kippen in die
Lücken. Insbesondere Frontzahnlücken
verursachen älteren Menschen erhebliche
Sprechprobleme.
Früher war die Teil- oder Totalprothese bei mehreren Lücken die Lösung. Heute setzen Zahnmedizin und -technik auf
festsitzenden, insbesondere implantatgetragenen Zahnersatz. Dieser wird von den
meisten Patienten als sehr angenehm empfunden, kann auch leicht gereinigt werden und weist eine hohe Haltbarkeit auf.
Sind die Zähne wieder komplett, sind der
Einsatz des Patienten und auch die Aufmerksamkeit des Hausarztes gefragt. Neben der sorgfältigen Pflege sind halbjährliche Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt notwendig. Verbleiben sie, kann dies
für die Gesundheit des Patienten negative Folgen haben, denn Munderkrankungen stehen mit Allgemeinerkrankungen in
einem engen Zusammenhang.
Quelle: Initiative proDente e.V
Hausärzte für
Palliativgesetz
Die Deutsche Hospiz Stiftung und der
Deutsche Hausärzteverband haben sich
über die Inhalte eines Palliativleistungsgesetzes verständigt. Einen entsprechenden Entwurf hatte die Deutsche Hospiz
Stiftung im Mai 2006 vorgelegt.
Das Ziel des Gesetzentwurfs ist eine
flächendeckende palliative Versorgung
von Menschen, bei denen eine heilende
Behandlung ausgeschlossen ist. Damit
soll insbesondere der ambulante Leistungsbereich gestärkt werden. Die Hausärzte erhalten darin eine wichtige Rolle.
Weiterbildung und hausärztliche Fortbildung sichern die Kompetenz der VerGERIATRIE JOURNAL 6/06
NACHRICHTEN: TRENDS & THEMEN
sorgungsebene für die palliative Betreuung der lebensbegleitend versorgten Patienten. Darüber hinaus können erfahrene
und zusätzlich qualifizierte Hausärzte in
den Palliativdiensten tätig werden. Die
„Lotsenfunktion“ des Hausarztes kann –
falls von den Patienten gewünscht – durch
sog. Palliative-Care-Teams ergänzt werden. Sie sollen die hausärztliche Behandlung durch vertiefende palliativärztliche und -pflegerische Beratungen
und Leistungen in einem multiprofessionellen Team mit entsprechendem Fachwissen und Erfahrungen unterstützen.
Der Gesetzentwurf sieht einen Rechtsanspruch auf eine Versorgung mit ambulanten palliativen Leistungen vor, welcher im neuen § 37a SGB V definiert
wird.
Quelle: Deutsche Hospiz Stiftung
Vor drei Jahren wurde das Projekt
Schmerzfreies Krankenhaus, an dem 25
Kliniken beteiligt sind, ins Leben gerufen.
Durch Fragebögen, Interviews und Beobachtungen wurde der Ist-Zustand erfasst.
Ein Expertenteam befragte chirurgisch
und konservativ behandelte Patienten,
Pflegende sowie Ärzte aus verschiedenen
Disziplinen. Nach einer Erstevaluation erhielten die Krankenhäuser einen Ergebnisbereicht und ein individuelles Optimierungskonzept, das sich an den medizinischen und pflegerischen Qualitätsstandards
orientiert. Ab Sommer 2005 wurde die
Schmerztherapie in den ersten fünf Kliniken erneut begutachtet und in einem Ergebnisbericht zusammengefasst. „Unsere
Ausgangshypothese hat sich bestätigt. Die
Kompetenz in der Schmerztherapie war
bereits vorhanden, wurde aber nicht ausreichend umgesetzt“, berichtete Prof.
Christoph Maier von der Universitätskli-
Foto: Mundipharma Bildarchiv
Projekt „Schmerzfreies Krankenhaus“
erfolgreich
leiden und Diabetes oder nach Operationen erheblich unterschätzt. „Wir haben
neue Strukturen geschaffen, die ein effektives Schmerzmanagement sicherstellen“,
nik Bochum im Rahmen einer Presse- erläuterten Maier und sein Kollege Prof.
konferenz auf der Medica 2006 in Düs- Jürgen Osterbrink, beide wissenschaftliche
seldorf. Zu häufig wurden Schmerzen bei Leiter des von Mundipharma unterstützten
chronischen Erkrankungen wie Rücken- Projekts. So wurden zum Beispiel multiprofessionelle Arbeitsgruppen etabliert. Die
Ergebnisse: Ärzte und
Pflegende messen die
Schmerzen ihrer Patienten heute zu beinahe 100%. Mehr Patienten erhalten wirksame Schmerzmittel.
Sie werden regelmäßig
und nicht nur bei Bedarf verabreicht. Die
Patienten sind aktiver
geworden und teilen ihre Schmerzen mit. Die
Ein interprofessionelles Schmerzmanagement mit Ärzten,
optimierte SchmerzPflegenden und Patienten ist ein wesentlicher Pfeiler auf
therapie bedeutet für
dem Weg zum Schmerzfreien Krankenhaus.
die Patienten Lebensqualität, denn Essen,
Aufrichten oder Lagewechsel verursachen
keine Schmerzen mehr. Aktivitäten wie
Aufstehen, Spazierengehen oder Krankengymnastik werden dadurch erst ermöglicht. Kein Patient muss länger als 30 Min.
auf sein Schmerzmittel warten. Der erweiterte Zuständigkeitsbereich der Pflegenden
trägt nach Pflegewissenschaftler Osterbrink wesentlich zu diesen Fortschritten
bei. Doch nicht nur die Patienten sind zufriedener. Aus Sicht der Pflegenden haben sich Schmerzmessung um 98% und
die medikamentöse Schmerztherapie um
88% verbessert. Ärzte beurteilen das Funktionieren interdisziplinärer Absprachen
um 71% besser. Bei dem Projekt wurden
Daten von über 4.600 Patienten, 2.200
Pflegenden und mehr als 1.500 Ärzten
ausgewertet.
Professor Yang Yang von der Universität
Illinois in Urbana-Champaign (USA)
überprüfte in einer Studie mit durchschnittlich 80-jährigen Teilnehmern, ob
sich die asiatischen Bewegungs- und Meditationsübungen des Tai-Chi und Qigong positiv auf deren Gesundheit auswirkt. Das Ergebnis: Schon nach zwei
Monaten regelmäßigem Training verbesserten sich Gleichgewichtsgefühl, Standfestigkeit und Konzentrationsvermögen
der Senioren.
Quelle: Senioren Ratgeber
Foto: Maceo-Fotolia
Tai-Chi: Studie weist
positiven Einfluss auf Senioren nach
GERIATRIE JOURNAL 6/06
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TA G U N G S B E R I C H T : J A H R ES KO N G R ESS
DER
Alter ist Vielfalt
In Berlin fand der erste gemeinsame Jahreskongress der DGG und
ÖGGG statt. Über 500 Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, sich über
neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zu informieren.
V
mindern und über eine ausgewogende
Ernährung mit viel Antioxidantien in
den Körper gelangen. Protektiv wirken
weiterhin eine gute Schulbildung verbunden mit interaktiven Tätigkeiten bis
ins hohe Alter.
Wichtig ist auch die Schlaganfallvorbeugung, denn „der Schlaganfall trifft
besonders viele Menschen im höheren
Alter“, verdeutlichte Prof. Roland Hardt,
Schatzmeister der DGG. Angesichts der
demografischen Entwicklung wird sich
die Anzahl der Schlaganfälle erhöhen und
darum gilt es, auch bei alten Menschen
Foto: jh
om 16. bis 18. November 2006
veranstalteten die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG) und
die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (ÖGGG) ihren
ersten gemeinsamen Jahreskongress. Er
stand unter dem Motto „Alter ist Vielfalt“, denn „alte Menschen sind keine
homogene Gruppe und Altern ist ein individueller Prozess“, erläuterte Prim. Prof.
Franz Böhmer, Präsident der ÖGGG, im
Rahmen einer Pressekonferenz den Leitgedanken. Doch da Vielfalt auch ein Ziel
eines jeden Kongresses sein muss, war
Im Rahmen eines Pressegesprächs erläuterten DGG und ÖGGG die Inhalte und Schwerpunkte des Kongresses, von links: Prof. Wolfgang von Renteln-Kruse, Prof. Cornel
Sieber, Moderator Justin Westhoff, Prof. Roland Hardt und Prim. Prof. Franz Böhmer
das Programm trotz inhaltlicher Schwerpunkte breit gefächert.
„In Deutschland leidet heute schon
weit über eine Million Menschen an einer Demenz, weltweit sind es fast 30
Millionen. Angesichts der demografischen Entwicklung ist mit einer Verdopplung zu rechnen“, erklärte DGGPräsident Prof. Cornel Sieber und berichtete während des Pressegesprächs über
erste Versuche mit einem Impfstoff. Derzeit werden die Möglichkeiten, einer Demenz vorzubeugen, ausgelotet. Für das
pflanzliche Präparat Gingko biloba gibt
es einige Daten. Vielsprechend sind auch
Substanzen, die den oxidativen Stress ver-
10
die Möglichkeiten der Primärprophylaxe in verstärktem Maße zu nutzen. Dazu zählt neben Verhaltensänderungen wie
Raucherentwöhnung, mehr Bewegung
und gesündere Ernährung u.a. die konsequente Behandlung des Bluthochdrucks.
Ältere Menschen leiden an mehreren
Krankheiten und benötigen oft viele Medikamente. Prof. Wolfgang von RentelnKruse, Präsident elect der DGG, wies im
Rahmen des Pressegesprächs darauf hin,
dass „dies besonders häufig zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen führt.
Eine neuere deutsche Studie belegt, dass
ältere Menschen häufiger als jüngere des-
DGG
wegen in Notfallambulanzen und Krankenhäusern eingeliefert werden.“ Zu berücksichtigen ist unter anderem, dass sich
der Stoffwechsel mit zunehmendem Alter ändert und Medikamente anders bei
als jungen Menschen wirken können. Er
kritisierte, dass es noch immer zu wenig
Studien gibt, in die auch ältere Patienten
einbezogen werden und wies auf die angepasste, individualisierte Arzneimittelbehandlung hin, die gerade für Geriater
von großem Interesse ist.
Während etwa bis zum 65. Lebensjahr
das Übergewicht das größte ernährungsbedingte gesundheitsproblem darstellt,
leiden alte Menschen und insbesondere
Hochbetagte an Unterernährung. „Etwa
15% der Betagten, die zu Hause leben,
weisen eine Malnutrition auf. Diese Zahl
steigt auf 40-50% bei alten Menschen, die
akut ins Krankenhaus kommen. Noch
schlimmer ist die Situation bei Bewohnern in Langzeitpflege-Einrichtungen“,
berichtete Prof. C. Sieber. Unternährung
ist aber grundsätzlich mit einer erhöhten
Krankheitsrate und verfrühtem Tod verbunden.
Die Themen, die während des Pressegesprächs erläutert wurden, bildeten auch
die Schwerpunkte, mit denen sich Referenten und Teilnehmer während des Kongresses befassten. Außerdem gab es Vorträge zur geriatrischen Onkologie, zur
palliativen und ambulanten Geriatrie sowie über die Leistungen des medizinischen Nachwuchses. Ergänzt wurde das
umfangreiche wissenschaftliche Programm mit inhaltlich darauf abgestimmten Satelliten-Symposien und eine
Industrie-Ausstellung, an der sich knapp
30 Firmen beteiligten.
Über 500 Teilnehmer waren nach Berlin gekommen, um sich über die vielfältigen Aspekte rund um die Geriatrie zu
informieren und in den Gesprächen
mischten sich die österreichischen Mundarten munter mit den deutschen Dialekten. Der 2. gemeinsame Jahreskongress
von DGG und ÖGGG findet vom 9.
bis 12. Mai 2007 in Wien statt und steht
unter dem Thema „Kreativität im Alter
– Kreativität für das Alter“. Es ist zu hoffen, dass sich dann die bundesdeutschen
Klänge recht zahlreich unter die österreichischen mischen.
jh
GERIATRIE JOURNAL 6/06
TA G U N G S B E R I C H T : 1 . STA R N B E R G E R
INTERDISZIPLINÄRE
Biographisches
Arbeiten
D
er menschliche Umgang mit alten
und kranken Menschen in ihrer
vertrauten Umgebung stellt in der
Regel eine große Herausforderung dar
und erfordert im Falle einer Pflege gravierende Veränderungen im Zusammenleben. Vor diesem Hintergrund hat sich
das Projekt „Humane Pflege im Alter“ u.a.
die Aufgabe gestellt,
@ Betroffene und Angehörige zu unterstützen, die vorhandenen Versorgungsstrukturen zu nutzen und die Lebensqualität älterer MitbürgerInnen auch
bei Pflegeabhängigkeit zu erhalten und
@ Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige in Fragen der Pflege und zu medizinischen Problemen im Alter zu sein.
Ein weiteres Ziel ist, Fortbildungsmöglichkeiten für Ärzte und Pflegende zu geriatrischen Fragestellungen anzubieten.
Aus diesem Grund fanden vom 22. bis
25. November 2006 die 1. Starnberger
interdisziplinären Geriatrie-Gespräche
statt, deren Konzept Prof. Helmut Lydtin, Vorsitzender des Stiftungsbeirates,
und Prof. Cornel Sieber, Nürnberg, entwickelt haben. „Die Gespräche sollen“,
wie Barbara Kieslich, Leiterin des Ilse
Kubaschewski Zentrums für Humane
Pflege im Alter, in ihrer Begrüßung erklärte, „einen engen Bezug zwischen täglicher klinischer Tätigkeit und wissenschaftstheoretischen Grundlagen herstellen.“ Die erste Veranstaltung widmete
sich dem Thema „Biografisches Arbeiten“.
Zu den Voraussetzungen für die Biografiearbeit zählt das Wissen um die
Funktionsweise des Gehirns, das „bei der
Geburt unreif ist und sich durch die sozialen und kulturellen Gegebenheiten
entwickelt“, wie Prof. Harald Welzer,
Witten/Herdecke, in seinem Vortrag erläuterte. Das menschliche Gehirn ist auf
Kommunikation und sozialen Austausch
angewiesen und daher nur innerhalb eines Netzwerkes, also im Kontakt mit anderen Gehirnen, entwicklungsfähig. Im
Laufe des Lebens erweitert sich das Gehirn, die Integration in das soziale Netzwerk wächst und der Mensch ist Mitglied seines Umfelds.
Über die Entstehung der Erinnerungskompetenz referierte Prof. Hans J. Mar-
Ilse Kubaschewski Stiftung
Ilse Kubaschewski war eine der großen
Persönlichkeiten des deutschen Films.
Sie wurde 1907 geboren und gründete
1949 die „Gloria-Film“, bis zum Verkauf
im Jahr 1974 eines der erfolgreichsten
deutschen Filmverleihunternehmen. In
den 1980er Jahren lebte sie am Starnberger See und gründete 1994 die Ilse
Kubaschewski Stiftung. 2001 verstarb
sie im Alter von 94 Jahren.
Ilse Kubaschewski hat schon zu
Lebzeiten Schauspieler finanziell unterstützt und immer wieder Projekte des
damaligen Kreiskrankenhauses Starnberg gefördert. Die damit verbundenen
Anliegen bildeten die Grundlage für
den Zweck der Stiftung. Die Ilse Kubaschewski Stiftung unterstützt zum
einen Darsteller, die im Alter keine
12
Beschäftigungsmöglichkeiten mehr
finden und dadurch in schwierige finanzielle Verhältnisse geraten. Zum
anderen war I. Kubaschewski zu der
Überzeugung gekommen, dass die
Zunahme medizinischer Möglichkeiten
mit ärztlicher und pflegerischer Überspezialisierung die humane und mitmenschliche Pflege in der Begleitung
alter Menschen in den Hintergrund
geraten lässt. Sie will mit der Stiftung
dabei helfen, dass die medizinische
Akutversorgung in eine besonders
humane und mitmenschliche Pflege
von alten Menschen eingebunden wird.
Im Rahmen dieses Stiftungszwecks
entwickelte die Stiftung gemeinsam
mit dem Klinikum Starnberg das Projekt „Humane Pflege im Alter“.
G E R I AT R I E - G E S P R Ä C H E
kowitsch, Bielefeld. Er wies darauf hin,
dass das Bewusstsein eine für den Menschen spezifische Eigenschaft ist und dass
Wahrnehmungen und ihre Interpretationen die Voraussetzungen für die Funktion des Gedächtnisses bilden „Das
menschliche Gehirn ist nicht mit einem
Computer vergleichbar, denn der Mensch
speichert Erlebnisse zustandsabhängig.
Wir vergessen wenig, haben aber Probleme, es aktuell abzurufen.“ Er erläuterte, dass in Kindheit und Jugend Erlebtes
im Gedächtnis verhaftet bleibt und sich
alte Menschen aus diesem Grund auch
gut an Ereignisse aus ihrer Kindheit erinnern können.
Mit den Auswirkungen, die diese Erinnerungen haben können, befasste sich
erläuterte Dr. Corinne Adler, Nürnberg,
in ihrem Vortrag mit dem Thema „Die
Kriegskinder werden alt“. Sie zeigte nicht
nur anhand einiger Fallbeispiele die Zusammenhänge zwischen traumatischen
Erfahrungen und der psychogenen Beeinträchtigung älterer Menschen auf,
sondern berichtete über die Erlebnisse der
Kriegsgeneration. Etwa 14 Millionen
Menschen flüchteten am Ende des 2.
Weltkriegs oder wurden vertrieben. Eine Studie mit Betroffenen ergab, dass
die Frauen damals zwischen 9 und 21
und die Männer zwischen 7 und 15 Jahre alt waren und heute im Mittel 69 Jahre sind. 82% der Betroffenen erlitten
während der durchschnittlich 13 Monate dauernden Flucht Hunger, 75%
den Verlust von Familienangehörigen,
70% erlebten durch Beschuss Todesängste und über 50% der Frauen wurden vergewaltigt. Nahezu die Hälfte der
Studienteilnehmer (43%) litt deutlich
unter psychischen Belastungen und körperlichen Erkrankungen. Bei 62% löste
die Erinnerung an die traumatischen Ereignisse reale Sinneseindrücke wie Bilder,
Geräusche und Gerüche aus. Die Lebensgeschichten alter Frauen weisen häufig sexuelle und körperliche Gewalterlebnisse auf. Schätzungen gehen davon
aus, dass 1,9 Millionen Frauen und Mädchen während und nach dem Krieg vergewaltigt wurden. 60 bis 70% der Frauen, die in Berlin lebten, wurden vergewaltigt, 40% von ihnen mehrfach. Viele
Frauen litten doppelt, denn viele EheGERIATRIE JOURNAL 6/06
TA G U N G S B E R I C H T : 1 . STA R N B E R G E R
männer fühlten sich durch die Vergewaltigung in ihrer Ehre verletzt. Im Laufe des Alternsprozesses kann sich, wie
Dr. C. Adler abschließend in ihrem Vortrag erläuterte, eine durch das Trauma
mitbedingte Symptomatik entwickeln,
die sich nicht selten in Form einer Depression zeigt.
„Depressionen verbunden mit einer
Reihe somatischer Erkrankungen werden im Jahr 2020 zu den wichtigsten
Krankheiten zählen“, berichtete Dr. Peter Bäuerle, Münsterlingen (Schweiz),
der in seinem Vortrag „Psychotherapie
im Alter – Was ist anders?“ darauf hinwies, dass sich bei älteren Menschen häufig körperliche und psychische Krankheiten mischen und dass eine Psychotherapie im Alter durchaus erfolgreich
ist. Spirituelle und religiöse Fragen spielen häufiger als bei jüngeren Patienten eine wichtige Rolle. Er empfahl u.a. einen
kollaborativen Behandlungsstil, den Gebrauch von Metaphern und Geschichten, die Einbeziehung der Erfahrungen
INTERDISZIPLINÄRE
G E R I AT R I E - G E S P R Ä C H E
des Patienten sowie häufiges Nachfragen
und Zusammenfassen.
Prof. Erwin Böhm, Breitenau (Österreich), machte deutlich, dass man zwischen der Gefühlsbiografie und der Datenbiografie unterscheiden müsse. Zu beachten seien weiterhin das soziale Milieu,
in dem Mensch gelebt habe, und seine Tagesbiografie. So hat beispielsweise ein Bäcker, der jahrzehntelang nachts aufgestanden ist, Probleme mit dem Tagesablauf in einem Pflegeheim.
Über die Möglichkeiten der Musiktherapie beim älteren Menschen berichtete Prof. David Aldrige, Witten/Herdecke. Er erläuterte, dass Musik soziale und
emotionale Fähigkeiten fördern und problematische Verhaltensweisen verringern
kann. Außerdem kann Musik ein Medium sein, mit dessen Hilfe Alzheimer Patienten kommunizieren und Zugang zu
ihren Erinnerungen finden können. Er
wies in diesem Zusammenhang auf eine
CD-Sammlung* hin, die über 70 verschiedene Musiktitel aus den Jahren 1930
bis 1956 enthält. Da es für das Erinnerungsvermögen wichtig ist, den ursprünglichen Klang zu hören, handelt es
sich bei den meisten Titeln um Aufnahmen mit den Originalkünstlern.
Weitere Vorträge befassten sich mit
„Tanz und Rhythmik mit dementen
Menschen“ (Prof. Reto Kressig, Basel)
sowie mit der „Inszenierung des Lebens
in der Krankheit“ (Prof. Annelie Keil,
Bremen). Auf reges Interesse stießen die
Workshops, in denen sich Referenten
und Teilnehmer mit der Umsetzung der
Vortragsinhalte in die Praxis befassten.
75 Ärzte, Psychologen, Psychiater und
leitende Pflegekräfte haben an der Veranstaltung teilgenommen und weil die 1.
Starnberger interdisziplinären GeriatrieGespräche viel positive Resonanz erhalten haben, ist geplant, in zwei Jahren die
nächste Tagung durchzuführen.
jh
* „Meine Musik Vol I; Schellack-Schlager, Klassische Meisterwerke, Sanfter Swing & Jazz, Hits zum Tanzen und Träumen“; Box mit vier CDs im Schelllack-Look; 19,95 Euro
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GERIATRIE JOURNAL 6/06
13
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Erhöhtes Brustkrebsrisiko
Adipositas
Auf der Suche nach Risikofaktoren für Brustkrebs sind neben den klassischen
Risiken wie Familienanamnese, Hormongaben, späte Schwangerschaft und
Stillverhalten auch andere Faktoren unter Verdacht. Gemutmaßt wurde seit
langem, dass erhebliches Übergewicht und körperliche Inaktivität eine Rolle
spielen könnten.
S
tudie: In einer groß angelegten FallKontrollstudie im Bundesstaat Los
Angeles wurde der Einfluss von Fettleibigkeit und andauernder, nahezu lebenslanger geringer körperlicher Aktivität auf
das Brustkrebsrisiko der postmonopausalen Frau untersucht. Berücksichtigt
wurden dabei klassische Risikofaktoren,
insbesondere natürlich auch Mammakarzinome in der Familie. Es wurden insgesamt 1.883 Brustkrebspatientinnen sowie 1.628 Frauen ohne Brustkrebs, die alters- und biometrisch vergleichbar waren
gegenübergestellt. Altersbereich: 55 bis 72
Jahre. Mittels strukturiertem Interview
wurden alle biometrisch relevanten Fakten, dazu Größe, Gewicht, körperliche
Aktivität im gesamten bisherigen Leben
sowie die Familienanamnese hinsichtlich
Brustkrebs und anderer bösartiger Tumore erfasst.
Ergebnisse: Während der Untersuchung fand sich ein signifikant erhöhtes
Risiko für Brustkrebs bei Frauen mit mindestens einem solchen Tumor bei weiblichen Verwandten ersten Grades. Dies
Ergebnis entsprach den Erwartungen:
Odds Ratio (OR) 1,68. Bei steigendem
Body-Mass-Index (BMI) stieg auch das
Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken. OR bei Übergewichtigen 1,14,
bei manifest Adipösen 1,22 im Vergleich
zu Frauen, die zum Zeitpunkt der Untersuchung normalgewichtig waren. Vermindert war das Krebsrisiko hingegen
bei den Frauen, die seit der Menarche eine körperliche Aktivität von durchschnittlich sog. 17,6 MET-Stunden pro
Woche auswiesen. Ein MET ist das metabolische Äquivalent der Sauerstoffaufnahme im Sitzen, also 3,5 ml/kg/min.
Die OR hierfür war 0,66. Besonders auffällig war der Zusammenhang mit der
familiären Brustkrebsbelastung. Bei Frauen mit positiver Familienanamnese hing
14
das Brustkrebsrisiko in erheblichem Maß
vom BMI (adjustiert hinsichtlich körperlicher Aktivität) ab. Diese Beziehung
war bei in der Familienanamnese nicht
belasteten Frauen kaum nachweisbar
(ebenfalls BMI-adjustiert).
Diskussion: Die Studie belegt eine Abhängigkeit eines Brustkrebsrisikos von
deutlich erhöhtem Körpergewicht und
mangelnder körperlicher Aktivität. Besonders ausgeprägt waren die Effekten
bei familiärer Vorbelastung mit Brustkrebs. Ursächlich dafür diskutiert wird die
Konversion von Androgenen (Androstendion) und ihren Vorstufen in Estron
im Fettgewebe. Dieser Effekt wird in der
Postmonopause bedeutsam, da der An-
teil des so produzierten Östrogens relativ zunimmt.
Kommentar: Neben den bekannten
günstigen Effekten in der Prävention von
Herz-Kreislauf-Erkrankungen kann nun
auch auf die günstige Wirkung zur Vorbeugung von Brustkrebs hingewiesen
werden. Dies ist insofern wichtig, da Frauen mit familiärer Vorbelastung ein Vorschlag zur selbst verantworteten Vorbeugung gemacht werden kann, der wissenschaftlich untermauert ist und zudem
noch viele andere weitreichende günstige Effekte hat.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Carpenter, Catherine L., Ross Ronald
L., Paganini-Hill A., Bernstein L.
Departement of Preventive Medicine,
USC/Norris Comprehensive Cancer
Center, Keck School of Medicine at
the University of Southern California,
Los Angeles, CA, USA. Effect of family
history; obesity and exercise on
breast cancer risk among postmenopausal women. Int. J. Cancer 2003;
106: 96-102
Diabetiker (Typ 2)
Erhöhtes Risiko für Demenzerkrankungen vom Alzheimer Typ
Demenzielle Erkrankungen speziell vom Alzheimertyp und Typ 2 Diabetiker sind
gegenseitig und risikoverwandt, sie treten komorbide auf; Mit zunehmendem
Alter häufiger, mit einer genetischen (familienanamnestischen) Prädisposition
und sie haben überdies pathophysiologisch ähnliche Muster im Hinblick auf
degenerative Veränderungen der pankreatischen Inselzellen und AmyloidAblagerungen im Hirngewebe.
S
tudie: Auf Grund der genannten epidemiologisch-pathophysiologischen
Gemeinsamkeiten wurde eine Fall-Kontrollstudie der Mayo Klinik initiiert, die
Patienten mit Diabetes Typ 2 in Komorbidität mit Alzheimer-Demenz und
als Kontrolle eine Gruppe mit Alzheimer-Demenz ohne Diabetes-Erkrankung
untersuchte. In Ergänzung dieser klinisch-epidemiologischen-Studie wurde
eine pathologische Untersuchung von
Autopsiefällen aus dem gleichen Unter-
suchungsraum initiiert, um zum evaluieren, ob eine erhöhte Prävalenz von Inselzell-Amyloid-Ablagerungen im Patienten mit Alzheimer-Demenz und Patienten mit Hirngewebe vom Diabetes
Typ 2 oder gestörter Glukosetoleranz
nachgewiesen werden kann.
Ergebnisse: Beide Fälle, sowohl Typ 2
Diabetiker (35% vs. 18%, p < 0,05) und
bei gestörter Glukosetoleranz (46% vs.
24%, P < 0,01) kamen deutlich häufiger
in der Demenzgruppe vor, als in der
GERIATRIE JOURNAL 6/06
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Nicht-Demenz-Kontrolle. 81% der Patienten mit Morbus Alzheimer hatten
entweder einen Typ 2 Diabetes oder eine gestörte Glukosetoleranz. Eine gestörte Glukosetoleranz war auch häufiger
in der Gruppe der Demenz-Erkrankten
als bei der Kontrollgruppe (p < 0,01).
Amyloid-Ablagerungen in den Inselzellen waren ebenfalls häufiger (p < 0,05)
bei Patienten mit Demenz als in der Kontrollgruppe. Dennoch, diffuse PlaqueFormationen und neuritische Plaques kamen bei den Diabetikern nicht häufiger
als in der Kontrollgruppe vor.
Diskussion: Die Daten unterstützen
eindeutig die Hypothese, dass Patienten
mit Morbus Alzheimer häufiger anfällig
sind für Typ 2 Diabetes und dass eine –
kausale – Verbindung besteht zwischen
der Pathophysiologie der Entwicklung
eines Typ 2 Diabetes und der Entwicklung einer Alzheimer Demenz. Beide Er-
krankungen sind gleichermaßen verantwortlich für die Degeneration und den
Verlust von neuronalem Gewebe als auch
von Pankreas Beta-Zellen.
Kommentar: Diese Studie knüpft insbesondere an hypothesenbildende biochemische Studien der frühen und mittleren 1980er Jahre an, die eine Verbindung
zwischen Fettstoffwechselstörungen, speziell der Apo-Lipoproteine, Adipositas
und Typ 2 Diabetes und der erhöhten Prävalenz von Beta-Amyloid-Ablagerungen
bei Demenzerkrankungen prognostizieren. Es ist sicherlich sinnvoll aus klinischer
Betrachtung Vorsorgeprogramme, wie sie
für Diabetes mellitus, metabolisches Syndrom und zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfohlen werden,
auch auf die Nützlichkeit zur Vorbeugung von demenziellen Erkrankungen
speziell bei familiär Belasteten im ArztPatienten-Beratungsgespräch hinzuwei-
Bisphosphonate bei metastasiertem Mammakarzinom
Verhinderung von Frakturen bei
Knochenmetastasen
Bereits in einigen früheren Studien
wurde der günstige Einfluss von
Bisphosphonaten auf das Auftreten
und Zunehmen von Knochenmetastasen hingewiesen. Unklar war jedoch
bisher, welche speziellen Patientengruppen und in welcher Dosierung
und wie lange man sie behandeln
sollte, um den besten progessionshemmenden Effekt zu erzielen.
S
tudie: In einer Meta-Analyse an 30
Studienteilnehmern wurde ermittelt,
welchen Effekt Bisphosphonate beim
Mammakarzinom aber auch beim multiplen Myelom haben. Es wurden unterschiedliche orale und intravenöse Bisphosphonatregime gegeneinander gestellt.
Ergebnisse: Wurden die Bisphosphonate zumindest über einen Zeitraum von
sechs Monaten appliziert, so fand sich
eine signifikante Risikoreduktion für
Frakturen (vertebrale und non-vertebrale Frakturen): Odds-Ratios (OR) naheGERIATRIE JOURNAL 6/06
zu 0,70 beim Ko-Infidenz-Intervall (CI)
von 0,57-0,84, Signifikanzniveau p <
0,0001. Im Hinblick auf das Risiko zur
Hyperkalzämie ergab sich ebenfalls ein
Vorteil: OR 0,54 bei CI 95% 0,36 bis
0,81, p = 0,0003. Hingegen konnten
Myelokompressionen, die zwar sehr selten auftraten und im Übrigen auch nicht
durch ossäre Metastasen verursacht werden, durch die Bisphosphonatgabe erwartungsgemäss nicht beeinflusst werden.
Wurde die Laufzeit der Bisphosphonatapplikation mit mehr als einem Jahr
angesetzt, so ergab sich zusätzlich zu den
oben bereits genannten Vorteilen, seltener die Notwendigkeit zu Operationen
im Vergleich zu Plazebo – OR 0,60 bei
einem CI von 0,39% bis 0,88, p = 0,009.
In allen untersuchten Gruppen ergab sich
kein Einfluss auf die Überlebenszeit. Der
Studienvergleich zeigte weiterhin, dass
die Erfolge am ehesten auf die intravenöse
Aminobisphosphonat-Applikation zu-
sen. Dies ist insofern bedeutsam, als Vorsorge-Empfehlungen zur Vorbeugung dementieller Syndrome ansonsten praktisch
nicht existieren.
Anmerkung: Vergleiche hierzu auch:
Carpenter, Catherine L., Ross Ronald L.,
Paganini-Hill A., Bernstein L. Departement of Preventive Medicine, USC/Norris Comprehensive Cancer Center, Keck
School of Medicine at the University of
Southern California, Los Angeles, CA,
USA. Effect of family history; obesity
and exercise on breast cancer risk among
postmenopausal women. Int. J. Cancer
2003; 106: 96-102
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Janson J., Laedtke T., Parisi J.E.,
O’Brien P., Petersen R.C., and Butler
P.C. Increased Risk of Type 2 Diabetes
in Alzheimer Disease. Diabetes 2004;
53: 474-481
rückgeführt werden konnte. Die Verträglichkeit, war sowohl bei der intravenösen als auch bei der oralen Gabe gut.
Diskussion: Insbesondere die gute Verträglichkeit der Bisphosphonate prädestiniert sie zur Langzeitbehandlung. Obwohl in den Studien nicht die Lebensqualität untersucht wurde, kann davon
ausgegangen werden, dass durch signifikantes Senken der Skelettmorbidität die
Lebensqualität verbessert wurde. Die
Überlebenszeit wurde hingegen durch
Bisphosphonate erwartungsgemäß nicht
eingeschränkt, da die letalen Komplikationen beim metastasierten Mammakarzinom in der Regel nicht von der Skelettmetastasierung ausgeht.
Kommentar: Die Studien-Metaanalyse führt zur klaren Empfehlung für eine
Langzeitbehandlung skelettmetastasierter Mammakarzinome mit Bisphosphonaten.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Ross J. R., Saunders Y., Edmonds P.
M., Patel S., Broadley K. E., Johnston
S.R.D. Systematic review of role of
bisphosphonates on skeletal
morbidity in metastatic cancer.
BMU 2003; 327: 469-474
15
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Gerinnungsaktivierung durch Tumorwachstum
D-Dimere als prognostische Marker bei
kolorektalen Karzinomen
Gerinnung und Fibrinolyse sind ein homöostatisches System, das sich im physiologischen Normalzustand in einem ausgewogenen Gleichgewicht befindet. Die
Gerinnungsvorgänge anzeigenden Fibrin-D-Dimere sind in diesem Zustand nur in
einem niedrigen Spiegel im Plasma nachweisbar. Zu stärkeren, teilweise ausgesprochen starken Anstiegen kommt es bekannterweise bei Thromboembolien,
Myokardinfarkten, aber auch bei einer Reihe von soliden Tumoren. In einer prospektiven, randomisierten Studie wurde nunmehr gezeigt, dass Fibrin-D-Dimere
auch als Marker für das Überleben und für Tumorwachstum gelten können.
S
tudie: Blackwell und Mitarbeiter haben in einer randomisierten PhaseII-Studie – durchgeführt bei Patienten
mit metastasierten, kolorektalen Karzinomen – untersucht, ob die F-D-DimerSpiegel als Surrogat Parameter für Tumorwachstum und/oder Neo-Angiogenese angesehen werden können. Die
Bestimmung der F-D-Dimere erfolgte
per Immunassay im Plasma der Patienten (n = 104) vor Beginn der Behandlung
(neoadjuvante Chemotherapie) vor jedem Therapiezyklus und am Studienende sowie bei klinischem Progress. Die
Patienten erhielten an Chemotherapie
entweder 5-Fluorouracil/Folinsäure (5FU/FS) oder 5-FU/FS plus zusätzlich Bevacizumab in der Dosierung 5 mg/kg
Körpergewicht. Der Antikörper Bevacizumab ist ein neuerer Angiogenesehemmer.
Weitere Laborparameter: Neben dem
F-D-Dimeren wurden das Karzinoembryogenale Antigen (CEA), Serumalbumin und als Erfolgsparameter das Ansprechen der Therapie in Bezug auf Metastasengröße und Überlebenszeit ermittelt.
Ergebnisse: Zu Beginn der Behandlung korrelierten die F-D-Dimere mit
CEA und Albuminspiegel (p = 0,002)
mit den subjektiv geschilderten Beschwerden durch den Tumor (p = 0,003)
und der Metastasenzahl (p = 0,004).
Weiters war der F-D-Dimer-Ausgangswert auch ein klarer Prognosefaktor für
das erwartete Gesamtüberleben (p =
0,008), nicht jedoch für das progressionsfreie Überleben. Zum Zeitpunkt der
Progression stiegen die Werte der F-DDimere im Vergleich zum Ausgangswert
16
bei 85% der Patienten auf ein Maximum,
während der CEA-Level „nur“ bei 71%
gleichartig, d.h. maximal erhöht war.
Bei der Gesamtauswertung der Studie
zeigte sich, dass als Prognosefaktor die
Therapie mit 5-FU/FS und Bevacizumab sowie der Ausgangswert des F-D-Dimer-Plasmaspiegel galt, zumindest was
das Gesamtüberleben betraf (p < 0,05).
Diskussion: In dieser Studie konnte bei
Patienten mit metastasiertem kolorekta-
len Karzinom erstmals bewiesen werden,
dass eine direkte Korrelation zwischen
den F-D-Dimer-Spiegeln und dem tumorrelevanten Gesamtüberleben besteht.
Kommentar: Sicherlich zeigt die Studie eindrucksvoll, dass die Gerinnungsaktivierung mithin der Fibrin-Turnover
ein wichtiger Aktivitäts-Parameter und
mithin prognostisches Merkmal bei kolorektalen Karzinomen und wahrscheinlich auch bei anderen Tumoren ist. Eine
besondere therapierelevante Bedeutung
bekommt dieser Parameter sicherlich immer dann, wenn eine Therapie mit Angiogeneseinhibitoren i.e. mit (Neo-)Angiogeneseinhibitoren ansteht.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Blackwell K., Hurwitz H., Lieberman G.,
Novotny W., Snyder St., Dewhirst M.,
Greenberg C. Circulatin D-Dimer Levesl
Are Better Predictors of Overall Survival and Disease Progression than
Carconoembryonic Antigen Levels in
Patients with Metastatic Colorectal
Carcinoma. Cancer 2004; 101: 77-82
Hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphome
CHOP-14 deutlich besser als CHOP-21
Patienten über 60 Jahre oder gar über 70 Jahre haben nach bisheriger Vorstellung eine ungünstige Prognose bei aggressiven (hochmalignen) Non-HodgkinLymphomen (NHL). Die übliche Langzeit-Überlebensrate beträgt fünf Jahre nach
Standardchemotherapie (CHOP-21) nunmehr rund 30 bis 40%, bezogen auf rezidiv freies Überleben bzw. frei von Krankheitszeichen. Dies war Grund genug, über
Alternativen nachzudenken, insbesondere bei älteren Patienten auch im Hinblick
auf die Verträglichkeit.
S
tudie: Die deutsche Studiengruppe
hochmaligne Non-Hodgkin-Lymphom (DSHNHL) stand vor der Aufgabe zum Erreichen des Ziels entweder die
Therapie zu intensivieren über eine Verkürzung der Behandlungsintervalle von
3 auf 2 Wochen (CHOP-21 zu CHOP14) oder über die zusätzliche Gabe von
Etoposid (100 mg/m2 Körperoberflächeanteil 1-3 CHOEP-21 bzw. CHOEP14). Unter diesen Prämissen wurden 689
Lymphompatienten im Alter zwischen
61 und 75 Jahren in vier Studienarme randomisiert. Die Patienten erhielten jeweils
sechs Zyklen CHOP-21, CHOP-14,
CHOEP-21 oder CHOEP-14. Alle Patienten mit Zwei-Wochen-Protokollen
erhielten zusätzlich eine unterstützende
Therapie mit Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor (G-CSF) Stellen mit
bulky disease mit, d.h. mit ausgedehnten
Tumormassen erhielten zusätzlich eine
extranondale Bestrahlung.
Ergebnisse: Komplette Remission unter CHOP-21 60% versus CHOP-14
76%, bei CHOP-21 70% versus
CHOEP-14 knapp oberhalb 70%. Im
Vergleich mit dem Standardregime
GERIATRIE JOURNAL 6/06
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
(CHOP-21) schnitt das verkürzte Zeitintervall des „Klassikers“ als CHOP-14
somit am besten ab. Nach fünf Jahren:
ereignisfreie Überlebensrate rund 44%,
die Gesamtüberlebensrate rund 53%. Im
Vergleich dazu CHOP-21 32,5% bzw.
40,6% und CHOEP-21 41% bzw. knapp
46%. CHOEP-14: rund 40 bzw. knapp
50%. Die Multivarianzanalyse ergab für
CHOP-14 eine relative Risikoreduktion
von 0,66 Betreff das ereignisfreie Überleben von 0,58 für das Gesamtüberleben
im Vergleich zu CHOP-21.
Diskussion: Bemerkenswert war, dass
CHOP-14 signifikant besser als das Standardprodukt (CHOP-21) ausfiel und
zwar bei gleicher Toxizität. Hinsichtlich
der zusätzlichen Gabe von Etoposid
(CHOEP) war im Hinblick auf die Wirksamkeit kein statistisch signifikanter Voroder Nachteil gegenüber CHOP-pur zu
verzeichnen, allerdings beim verkürzten,
14-tägigen Intervall (CHOEP-14) wurden toxische Probleme durch Etoposid
wahrnehmbar.
Kommentar: Ältere Patienten profitieren durchaus von einer Intensivierung, hier
von einer Intervall-verkürzten-Therapie.
Es ist sicherlich so, dass die Fortschritte in
der unterstützenden Therapie mit Wachstumsfaktoren (G-CSF) toxische Therapien
weniger toxisch und intensivierte Therapien
weniger toxisch haben werden lassen. Damit sind derartige Therapieregime für Ältere zugänglich geworden und – wirksam.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Pfreundschuh M., Trümper L., Kloess
M., Schmits R., Feller A. C., Rübe C.,
Rudolph C., Reiser M., Hossfeld D. K.,
Eimermacher H., Hasenclever D.,
Schmitz N. and Loeffler M., for the
German High-Grade Non-Hodgkin’s
Lymphoma Study Group (DSHNHL).
Two-weekly or 3-weekly CHOP chemotherapy with or without etoposide
for the treatment of elderly patients
with aggressive lymphomas: results
of the NHL-B2 trial of the DSHNHL.
Blood 2004; 104:634-641
Höheres Alter und Strahlentherapie
Stadium I bis II Endometriumkarzinome
Es gilt der Grundsatz, dass adjuvante Therapien, so optimal sie auch gestaltet
werden, suboptimales, chirurgisches Vorgehen nicht ausgleichen können.
Studien in der Vergangenheit an einer großen Zahl der Patienten haben deshalb
übereinstimmend gezeigt, dass die adjuvante perkukante Strahlentherapie bei
suboptimal im Sinne von nicht radikal operierten Endometriumkarzinomen
Stadium I zwar die lokale Tumorkontrolle verbessert, aber dies zum Preis einer
erheblich erhöhten Toxizität. Eine Verbesserung des Gesamtüberlebens wird
durch die Bestrahlung in diesen Fällen jedoch nicht erreicht.
S
tudie: Die Untersuchung von Citron und Mitarbeitern, ausgelegt
als eine retrospektive Analyse an Krankenakten von 79 älteren Patientinnen
(>75 Jahre, Stadium I bis IIB Endometriumkarzinom, Erfassungszeitraum
1980 bis 2001) untersucht die Rolle
der Strahlung aufs Neue. Das Sensationelle an der Studie war, dass als unterstellter Vorteil angenommen wurde, dass
ältere Patientinnen auf Grund schlechterer Verträglichkeit besser von einer
adjuvanten Strahlentherapie ausgenommen würden.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
@ Datensatz: Zwei Jahrzehnte Klinikum
der Universität von Chicago, Alter der
Patientinnen über 75 Jahre.
@ Therapie: Totale Hysterektomie mit
bilateraler Entfernung von Ovarien und
Eierstöcken (Salpingo-Oophorektomie
inklusive pritonealer Biopsie zur Zytologie). Paraaortale Lymphknoten sowie Beckenlymphknoten wurden explorativ bei 39 bzw. 29% dieser Frauen entnommen.
@ Risikoeinteilung: Stadium IB bis IIB =
Hochrisiko, 46 Patientinnen fielen in
diese Kategorie.
Ergebnisse: Trotz des Vorliegens einer
Indikation (Hochrisiko) wurden nur 31
der 46 Patientinnen, die potentiell in Frage dafür kamen (67%) adjuvant bestrahlt.
Nach den Aufzeichnungen der Krankenakten wurde die Radiatio bis auf akute, übliche Nebenwirkungen in der Bestrahlungsphase selbst gut vertragen.
Während der Dokumentationszeit
(median 33,5 Monate) wurden 19 Tumorrezidive dokumentiert. Zehn Patientinnen (neun davon lediglich operiert)
erlitten einen Rezidiv im Beckenbereich.
Die 5-Jahres-Überlebensrate ohne Tumorrezidiv betrug nach adjuvanter Radiotherapie 97% versus 73% ohne. Für
die Hoch-Risikogruppe betrug der Vergleich 97% versus 47% (p = 0,0001).
Diskussion: Angesichts der deutlichen
Verbesserung der Prognose bei akzeptabler, da auf die akut in der Bestrahlungsphase beschränkte Toxizität, empfehlen
die Autoren insbesondere für Hochrisikopatienten in dem Stadium I und II unabhängig vom Alter, d.h. auch im höheren Lebensalter bei Endometriumkarzinomen die Radiatio.
Kommentar: Diese retrospektive Analyse hat sicherlich nachvollziehbar und begründet Widerspruch hervorgerufen. Die
meisten Fachgesellschaften empfehlen
heute einen risikoadaptierten Einsatz der
perkutanen, adjuvanten Strahlentherapie, d.h. bei nachgewiesenen Lymphknoten- und/oder Zervixbefall sowie beim
Vorliegen einer High-Risk-Histologie. Es
wird zudem von Experten kritisch bemerkt, dass die in die retrospektive Analyse aufgenommenen Patienten kollektiv hinsichtlich des Lymphknotenstatus
nicht eindeutig exploriert war. Bei adäquatem, d.h. optimalem operativen Staging und interoperativem Vorgehen, wie
bei der pNo-Situation wird hingegen die
alleinige Brachytherapie als ausreichend
angesehen.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb,
Lingen (Ems)
Citron J. R., Sutton H., Yamada S. D.,
Mehta N., Mundt A. J. Pathologic
Stage I-II Endometrial carcinoma in
the elderly: Radiotherapy indications
and outcome. Int J Radiation Oncology Biol Phys 2004; 59: 1432-1438
17
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
Gute Nachricht für ältere Patientinnen mit Brustkrebs
Axilladissektion in vielen Fällen
verzichtbar
Die Bereitschaft sich der Vorsorge oder auch einer Therapie zu unterziehen,
hängt nicht unentscheidend davon ab, ob und wie invasiv und damit belastend
die chirurgische Primärbehandlung ausfällt. Das Mammakarzinom der älteren
Frau weist im Vergleich zu den jüngeren Patientinnen die günstigeren prognostischen Determinanten auf. Damit lag die Frage nahe, ob man in der Postmenopause bei fehlendem Lymphknotenbefall nicht evtl. auf eine Axilladissektion verzichten könne, speziell um die unangenehmen Komplikationen und damit die
Lebensqualitäteinschränkungen postoperativ zu reduzieren.
S
tudie: Von 1993 bis 2002 hat die
Internationale Brustkrebsstudiengruppe (International Breast Cancer Study Group) 473 postmenopausale Frauen
über 60 Jahre in einer Studie ausgewertet. Bei allen war ein operables, unilaterales Mammakarzinom ohne klinischen
Lymphknotenbefund diagnostiziert worden. Es folgte die Operation in zwei Studienarmen: brusterhaltend (Lumpektomie) oder totale Mastektomie. Anschließend erfolgte eine weitere Randomisation
nach Axilladissektion und Verzicht darauf. Alle erhielten fünf Jahre lang 20 mg
Tamoxifen. Studienziele/Endpunkte waren Lebensqualität und Therapieeffektivität, d.h. Überlebensraten.
Lebensqualität: Die größte Einschränkung der selbst berichteten und
durch den behandelnden Arzt beschriebenen Lebensqualität fand sich zwischen
Operation und dem ersten Nachsorgetermin. Danach litten unter eingeschränkter Beweglichkeit des Armes 39%
der Patientinnen mit Axilladissektion,
aber nur 15% ohne Lymphknotenausräumung der Axilla. Armschmerzen 23%
vs. 7%.
Ergebnisse: Nach einem halben Jahr,
spätestens nach zwölf Monaten waren
die Unterschiede nicht mehr signifikant.
Hinsichtlich des Überlebens (Todesfälle
durch Karzinomrezidiv oder Gesamttodesfälle) bestand kein signifikanter Unterschied: 66% bzw. 73% Lumpektomie
resp. totale Mastektomie ohne Dissektion vs. 67% bzw. 75% mit Axilladissektion. Es wurde eine Auswertung der
Daten nach dem Hormonrezeptorstatus
(80% Rezeptor positiv vs. 20% negativ)
18
vorgenommen, dabei ergaben sich ebenfalls keine Unterschiede.
Diskussion: Nach dieser Studie kann
bei Patientinnen mit Brustkrebs über 60
Jahre und ohne klinischen Lymphknotenbefall auf die Axilladissektion verzichtet
werden. Damit dürfte die Akzeptanz für
alle Maßnahmen, die mit Diagnostik und
Therapie des Mammakarzinoms zusammen hängen bei älteren Frauen steigen,
zumal die unmittelbaren postoperativen
Beschwerden minimiert werden. Zukünftige Entscheidungskriterien für oder gegen eine Axilladissektion sind sicherlich
der Hormonrezeptorstatus, der Ersttumor, das Alter und die Menopause.
Kommentar: Nachdem nunmehr Belastungen, die immerhin bei einem Großteil der Frauen zumindest in der unmittelbaren postoperativen Phase durch
die Axilladissektion auftreten, vermieden werden können, dürfte in Zukunft
vermehrt auf die Akzeptanz und die Bewerbung von Früherkennungsmaßnahmen, sprich Brustkrebsscreening bei der
älteren Frau der Schwerpunkt gelegt werden. Es ist nicht einzusehen, dass viele
nationale Screeningprogramme eine Alters-Obergrenze haben. Diese Daten sollten schnellstmöglich in die Beratung der
Frauen durch ihre Ärzte Eingang finden.
Eine offensive Werbung für die regelmäßige Vorsorge bei älteren Frauen ist erforderlich.
Prof. Dr. Dr. Gerald G. Kolb, Lingen (Ems)
International Breast Cancer Study
Group. Randomized trial comparing
axillary clearance versus no axillary
clearance in older patients with breast cancer: First results of International Breast Cancer Study Group trial
10-93. J Clin Oncol 2006; 24: 337-344
Brustkrebs
Lokalisation und Risikoprofil
Die Lokalisation des Mammakarzinom-Primärtumors bestimmt die Prognose.
Mediane Lokalisationen gelten prognostisch als eher ungünstig. Für die Wahl der
adjuvanten Therapie jedoch spielt die Lokalisation durchweg keine Rolle. Die Analyse einer großen Zahl von Patienten, die in einer internationalen Brustkrebsstudie
(International Breast Cancer Study Group) 1978-1999 eingingen, wurden analysiert
hinsichtlich Lokalisation, Überlebensdaten und durchgeführten Therapien.
S
tudie: 8.422 Patientinnen waren seinerzeit mit langer Nachbeobachtung
(median 11 Jahre) in die Brustkrebsstudie eingeschlossen worden. Davon wiesen
1.622 Patientinnen (19%) eine mediane
Tumorlokalisation auf; 6.800 (81%) der
Tumoren lagen lateral, zentral oder anders.
Ergebnisse: Das krankheitsfreie Intervall der Patientinnen mit medianer Tumorlokalisation betrug 46% gegenüber
48% der anderen Lokalisation. Die 10jährige Überlebensrate betrug 59 gegen-
über 61%, was sich bei der großen Patientenzahl als signifikant schlechter erwies. Wurden andere prognostisch wichtige Faktoren mit in die Auswertung hinzugezogen, wurde der Unterschied
deutlicher. Dabei war die Subgruppe mit
mittlerer Tumorlokalisation ohne Nachweis eines axillären Lymphknotenbefalls
mit einer besonders schlechten Prognose
behaftet (n = 2.931); bei dieser Gruppe
betrug das krankheitsfreie 10-Jahres-Überleben 61% gegenüber 67% bei PatienGERIATRIE JOURNAL 6/06
L I T E R AT U R O N K O L O G I E -S P E Z I A L : R E F E R I E R T & K O M M E N T I E R T
tinnen mit anderen Primärtumorlokalisationen, entsprechend unterschied sich
das Gesamtüberleben mit 73% gegenüber 80%.
Diskussion: Als Erklärung für das
schlechtere Überleben insbesondere bei
der Subgruppe ohne axillären Lymphknotenbefall-Nachweis wird eine weniger
effektive adjuvante Therapie als Ursache
diskutiert. Auch für Patientinnen mit größeren Tumoren (> 2 cm) waren die Unterschiede deutlich, d. h. auch hier war die
mediane Tumorlokalisation prognostisch
ungünstiger als eine laterale Lokalisation.
Kommentar: Die Lokalisation des Tumors hat eine Auswirkung auf die Prognose, speziell bei Patienten ohne Nachweis eines axillären Lymphknotenbefalls
bei größeren Tumoren im Zusammenhang
mit einer medianen Primärtumorlokalisation. Bislang wird dieser Umstand bei der
Auswahl der Art der adjuvanten Therapie
nicht berücksichtigt. Offensichtlich reicht
bei medianer Tumorlokalisation die axilläre Lymphknoten-Exploration nicht aus,
um die optimale adjuvante Therapie festzulegen. Zu überlegen ist eine Veränderung des Staging bei diesen Patientinnen
Prognostik
schließlich Brustkrebs-Patientinnen mit
gutem Allgemeinzustand und ohne visPrognostischer Faktor
Punkte
zerale Metastasen gefunden wurden.
Karnofsky-Index
2
Diskussion: Spinale Metastasen ha@ 80-100
ben eine ungünstige Prognose. Grö1
@ 50-70
ßere, invasive, operative Maßnahmen,
0
@ 20-40
die prophylaktisch geplant sind, sollPrimärtumor
Brust
3
@
ten daher nur nach strenger Abwägung
Prostata
2
@
zum Einsatz kommen. Die StrahlenLunge
1
@
behandlung ist hingegen eine sichere,
0
@ Andere
nicht-invasive und nach wie vor efViszerale Metastasen @ Nein
1
fektive Therapieoption, insbesondere
0
@ Ja
im Hinblick auf die SchmerzbekämpGesamtpunktzahl
@ Gruppe A 0-3
fung. Evtl. kann das neue Scoring-Sys@ Gruppe B 4-5
tem, das von der niederländischen Ar@ Gruppe C 6
beitsgruppe vorgestellt wurde in ZuLebenserwartung bei spinalen Metastasen:
kunft dazu beitragen, die Patienten
Ein Punktesystem
auszuwählen, die lange genug leben
und dadurch von einer radikalen Bespinales Kompressionssyndrom. Die me- handlung profitieren
diane Gesamtüberlebenszeit betrug nur
Kommentar: Kritisch anzumerken
sieben Monate.
bleibt, ob nicht überhaupt eine StratifikaSignifikante Vorhersagefaktoren (Prädik- tion nach dem Primärtumor ausreichend
toren) für das Überleben waren der Kar- erscheint, zumindest beim Mammakarzinofsky-Index, aber auch die Art des Primär- nom scheint dieses zuzutreffen. Für die
tumors und die An- oder Abwesenheit von anderen untersuchten Tumore ist wahrviszeralen Metastasen. Andere Faktoren scheinlich die Zahl zu klein, d.h. aber auch,
schienen keinen signifikanten Vorhersage- dass die Vorteile nicht so klar statistisch erwert zu haben. Gut ein Drittel der Patien- fasst sein können und daher die Situation
ten mit 0-3 Punkten (Gruppe A) lebte individueller zu betrachten ist.
durchschnittlich (median) noch drei Mo- Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
nate. Rund die Hälfte der Patienten mit 4
bis 5 Punkten (Gruppe B) lebte im Medi- Van der Linden,Y., Dijkstra S. D. S.,
an noch neun Monate und lediglich 18% Vonk E. J. A., Marijnen C. A. M., Leer J.
der Patienten, die 6 Punkte erreichten W. H., for The Dutch Bone Metastasis
(Gruppe C) hatten eine länge Lebenser- Study Group. Prediction of Survival in
wartung von im Median 19 Monaten. Auf- Patients with Metastases in the Spinal
fällig war, dass in dieser Gruppe aus- Column. Cancer 2005; 103: 320-328
Überlebens-Score?
Seit Hippokrates von Kos ist die Prognostik die heikelste und gleichzeitig
effektvollste Seite der ärztlichen Kunst.
Besonders bei Tumorerkrankungen ist
die Frage der zu erwartenden Überlebenszeit nicht unentscheidend für die
Wahl der Therapie – besonders im Alter.
Eine niederländische Arbeitsgruppe hat
ein Punktesystem vorgestellt, mit dem
sie die Lebenserwartung von Patienten
mit spinalen Metastasen vorhersagen
kann.
S
tudie: 342 Patienten mit schmerzhaften Spinalstenosen, jedoch ohne
neurologische Funktionsstörungen, wurden
in die Studie eingeschlossen. Datengrundlage war eine Datenbank der Dutch Bone
Metastasis Study. Vorausgehend waren alle Patienten konservativ im Rahmen einer
randomisierten, prospektiven Radio-Therapie-Studie behandelt. Als Bewertungsgrundlage-System wurde schlicht der Karnofsky-Index kombiniert mit Fragen zum
Primärtumor (Kategorien: Brust, Prostata,
Lunge, andere) und das Vorhandensein
viszeraler Metastasen (ja/nein). Aus diesen
Daten wurden ein wichtiges Score-System
erstellt (Tab.) und eine Unterscheidung in
drei Gruppen nach der Gesamtpunktzahl
vorgenommen.
Ergebnisse: 73% der Patienten sprachen auf die Radio-Therapie an, 3% erlitten nach im Durchschnitt 3,5 Monaten ein
GERIATRIE JOURNAL 6/06
mit Einschluss z. B. der Mammaria-interna-Sentinellymphknoten-Biopsie.
Prof. Dr. Dr. Gerald F. Kolb, Lingen (Ems)
Colleoni, M., Zahrieh D., Gelber R. D.,
Holmberg S. B., Mattsson J. E.,
Rudenstam C-M., Lindtner J., Erzen D.,
Snyder R., Collins J., Fey M. F., Catiglione-Gertsch M., Coates A. S., Price
K., and Goldhirsch A. Site of Primary
Tumor Has a Prognostic Role in Operable Breast Cancer: The International
Breast Cancer Study Group Experience. J Clin Oncol 2005; 23: 1390-1400
Tabelle:
19
A K T U E L L : G K V-W E T T B E W E R B S S T Ä R K U N G S G E S E T Z
Forderungen für das GKV-WSG
aus ärztlich-geriatrischer Sicht
Ingo Füsgen, Wuppertal
Mit der Gesundheitsreform 2006 und der darauf folgenden Reform
der Pflegeversicherung sollte man alle Möglichkeiten, die Ressourcen
von chronisch kranken Menschen zu erhalten, damit Leiden zu
mindern und letztlich auch Kosten zu senken, bewusster aufgreifen
und umsetzen. Der Beitrag präzisiert die Forderungen an die Reform
der Kranken- und Pflegeversicherung aus ärztlich-geriatrischer
Sicht am Beispiel der Demenz.
D
20
nen. Dazu habe ich mir folgende Frage
gestellt: „Welche Bedeutung hat die Demenzerkrankung für die Medizin und
welche Konsequenzen ergeben sich daraus?“ Aus den Antworten auf diese Frage ergibt sich natürlich die nächste Frage: „Welche gesundheitspolitischen Änderungen sind für eine erfolgreiche
Medizin dann wichtig, wenn man die
Konsequenzen für eine erfolgreichere
Diagnostik und Behandlung des Krank-
© Philippe Devanne/Fotolia
ie Vorstellungen der Koalitionsregierung zu einer Gesundheitsreform liegen nun in 542 Seiten
vor und beschäftigen alle am Gesundheitswesen Beteiligten. Dieses GKVWettbewerbsstärkungsgesetz (GKVWSG) betrifft direkt und indirekt natürlich auch die medizinische Versorgung
von Demenzkranken, wenn man beispielhaft an die weitere Budgetierung
der Ärztehonorare oder an die festgelegten Beiträge zur Krankenkasse denkt.
Bei aller Kritik an den bestehenden gesundheitspolitischen Entscheidungen
der Regierung ergeben sich aber auch einige positive Zukunftsaspekte. Hier
seien nur die geriatrische Rehabilitation als Pflichtleistung oder die integrierten Modelle mit Einbezug von pflegerischen Maßnahmen genannt. Auch
die Verlängerung der Behandlungspflege in der Pflegeversicherung muss aus
Sicht der Betreuung Demenzkranker
als sinnvoll angesehen werden. Zu hoffen ist auch, dass die anstehende Reform
der Pflegeversicherung eine Erweiterung des Pflegebegriffes insbesondere
auch im Hinblick auf den psychischen
Bereich bringt und vielleicht sogar auch
die Rehabilitation mit einschließt.
Es ist Zeit, einmal grundsätzlich darüber nachzudenken, wie wir besser die
älteren chronisch Kranken, beispielhaft
hierfür die Demenzkranken, in unserer
Gesellschaft medizinisch versorgen kön-
heitsbildes Demenz auch gesundheitspolitisch erfolgreich umsetzen will?“
Eine solch grundsätzliche Diskussion
erscheint mir momentan wichtig, wenn
ich an die kurze Halbwertszeit der verschiedenen Gesundheitsreformen denke. Beispielhaft seien dafür die Regelungen des ArzneimittelversorgungsWirtschaftlichkeitsgesetzes vom Mai
2006 genannt. Sie sind noch nicht vollständig umgesetzt und schon stehen mit
der geplanten Gesundheitsreform neue
Veränderungen ins Haus. Hier ist es
wichtiger, nicht nur daran zu arbeiten,
wie man im Gesundheitswesen Kosten
einsparen kann, sondern wie man die
inhaltlichen Schwerpunkte zur Bewältigung eines für die Gesellschaft so bedeutsamen Krankheitsbildes wie die
Demenz zentraler in den Vordergrund
rücken lässt und dies unabhängig von
GERIATRIE JOURNAL 6/06
A K T U E L L : G K V-W E T T B E W E R B S S T Ä R K U N G S G E S E T Z
der gerade anstehenden Reform des Gesundheitswesens.
die Unsicherheit, Angehörige und Be- nischen Krankheiten besondere Bedeutroffene mit der Diagnose zu konfron- tung in unserem Gesundheitssystem
tieren. Wahrscheinlich kommt aber gewinnen und auch entsprechend geauch noch bei vielen Ärzten eine unzu- sundheitspolitisch verankert werden.
Welche Bedeutung hat die DemenzerDiese Enttabuisierung muss von einer
reichende Kompetenz im Hinblick auf
krankung für die Medizin und welche
dieses Krankheitsbild hinzu. Der Satz Strukturanpassung begleitet werden.
Konsequenzen ergeben sich daraus?
„Das ist halt im Alter so!“ wird zu häu- Aufeinander abgestimmte Präven„Demenz“ ist trotz ihrer Verbreitung fig benutzt. Nicht vergessen darf man tions-, Diagnostik- und Behandlungsund auch der zwischenzeitlich erfolgten sicherlich die Skepsis gegenüber dem angebote müssen definiert werden. Es
öffentlichen Thematisierung nach wie Nutzen einer Behandlung.
kann nicht sein, dass Betroffene und
vor noch ein weitgehendes Tabuthema
Man kann zusammenfassen, dass die Angehörige auf der Suche nach Inforin unserer Gesellschaft und das bezieht medizinische Versorgung der Dementen mation und Beratung sich eines in der
auch die Ärzteschaft und hier speziell die und hier insgesamt geriatrischer Pa- Regel unüberschaubaren Angebots
Hausärzte mit ein. Sie
tienten noch unbefrie- gegenüber sehen, das meist noch durch
sind es, die in erster Lidigend ist und auch verschiedene Leistungssysteme geprägt
Zu hoffen ist auch,
nie mit dem Krankdie pflegerische Be- ist. Obwohl insbesondere in städtischen
dass die Reform der
heitsbild konfrontiert
treuung noch Hand- Regionen eine große Zahl an ambulanPflegeversicherung
werden. Die neuropsylungsbedarf hat. Dafür ten pflegerischen Diensten ihre Leiseine Erweiterung
chologischen Testververantwortlich ist si- tungen anbietet, lässt sich nur in Ausfahren sind meist nicht
cherlich ein hoher nahmefällen ein Dienst mit einem
des Pflegebegriffes
vorrätig. Die TheraGrad an Tabuisierung, spezifischen geronto-psychiatrischen
bringt und die Rehabilipieleitlinien sind häuder durchbrochen wer- Leistungsprofil finden, das geronto-psytation mit einschließt
fig nicht bekannt und
den muss. Für die Me- chiatrische Pflegekompetenz, zeitliche
in 40 bis 60% der Fäldizin bedeutet dies Flexibilität, zusätzliche Betreuungsanle wird vom Hausarzt das Krankheits- Aus- und Weiterbildung, um die nöti- gebote und enge Zusammenarbeit mit
bild der Demenz nicht richtig einge- ge Kompetenz für den Umgang mit den Fachärzten miteinander verbindet. Hier
schätzt. So werden nur 30% der zu Krankheitsbildern geriatrischer Patien- sind passgenaue, flexible Versorgung
Hause lebenden Demenzkranker kon- ten bzw. der Demenz zu erwerben. und Hilfe gefordert. Das System muss
tinuierlich behandelt.
Natürlich spielt hier auch die entspre- sich alltagskompatibel für den von DeObwohl die Langzeitbehandlung in chende Leistungsfinanzierung eine gro- menz Betroffenen und seinen Angehöder Regel beim Hausarzt liegt, verrin- ße Rolle, die zur Zeit noch nicht vor- rigen darstellen und möglichst wenig
gert sich die Konsultationsrate von 15 liegt.
Schnittstellen haben. Der immer wieKontakten bei Patienten mit leichter
der geforderte Ansprechpartner („CaseDemenz auf einen Kontakt von PatienManager“) gerade für den Bereich des
Welche gesundheitspolitischen Änten mit schwerer Demenz. Nur jeder
geriatrischen Patienten müsste umge8. Demenzkranke wird fachärztlich be- derungen sind für eine erfolgreiche
setzt werden.
treut bzw. mitbetreut. Antidementiva Medizin wichtig?
Eine wichtige Forderung betrifft die
erhalten in Alten- und Pflegeheimen Auf Grund der geschichtlichen Ent- Anpassung der Finanzierungsstruktunur 10% der Demenzkranken, aber wicklung ist es sicherlich nicht mög- ren. Es muss endlich gelingen, finan50% werden mit Neuroleptika mehr lich, radikale Strukturänderungen in zielle Anreizstrukturen für die Behandoder weniger „ruhiggestellt“. Diese in unserem Gesundheitslung von Demenz einNur jeder
der Literatur genannten Zahlen konn- system umzusetzen. Dies
zuführen. Es kann
ten wir auch gerade in einer eigenen ändert jedoch nichts dar8. Demenzkranke wird nicht sein, dass die ärztUntersuchung an Altenheimbewohnern an, dass man versuchen
lichen und pflegerifachärztlich betreut
im Raum Wuppertal/Velbert nachwei- muss, dem bestehenden
schen Leistungen in fibzw. mitbetreut
sen. Neben der nicht bedarfsgerechten Bedarf mit einer Zunahnanzieller Sicht sich
Diagnostik und Therapie von haus- me chronischer Kranknicht am Erfolg orienärztlicher Seite scheint auch die pflege- heiten, z.B. der Demenz, besser gerecht tieren. Dies hat in hohem Maße mit
rische Versorgung noch große Lücken zu werden. Drei Punkte sind hier aus unzureichenden Präventions- und Reaufzuweisen, wie die Ergebnisse des Me- meiner Sicht vorrangig anzusprechen.
habilitationsleistungen zu tun. Das von
Die Enttabuisierung des Themas, hier gesetzlicher Kranken- und gesetzlicher
dizinischen Dienstes der Krankenkassen
sowohl im ambulanten als auch im sta- am Beispiel der „Demenz“ ist nicht nur Pflegeversicherung geprägte soziale Siwichtig für den Bereich der Ärzteschaft, cherungssystem schafft eine spezifische
tionären Pflegebereich aufweisen.
Ein Grund für das unzureichende sondern betrifft die gesamte Gesell- Schnittstellenproblematik für den Menhausärztliche Engagement ist sicherlich schaft. Entsprechend müssen diese chro- schen mit Demenz, die letztlich zu
GERIATRIE JOURNAL 6/06
21
A K T U E L L : G K V-W E T T B E W E R B S S T Ä R K U N G S G E S E T Z
einem Verschiebebahnhof und nicht zu
einer erfolgreichen Behandlung führt
(Tab. 1 und 2): Während der Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung je nach Krankenkasse zwischen
13 und 15% liegt und unter beachtlichem Wettbewerbsdruck steht, ist der
Beitragssatz in der Pflegeversicherung
mit 1,7% bundeseinheitlich und starr.
Da jede Krankenkasse auch eine Pflegekasse einrichten muss, deren Defizite aus einem gemeinsamen Topf aller
Pflegekassen bedient werden und in den
auch die möglichen Überschüsse abgeführt werden, ist das GKV-System nicht
motiviert, Kosten in der Pflegekasse zu
vermeiden, sondern eher motiviert, Kos-
Tabelle 1:
Gesetzliche Krankenversicherung
(GKV)
@ bei jeder Gesetzlichen Krankenkasse besteht auch eine Gesetzliche Pflegekasse
@ Beitragssatz steht unter Wettbewerbsdruck (13-15%)
@ Beitragssatzveränderungen sind
zu 90% Grund für einen Krankenkassenwechsel (es wechseln fast
nur relativ junge und gesunde
Versicherte)
nach Sauerbrey 2006
@ Krankenkassen vermeiden Kosten
im Sinne der Beitragssatzorientierung
@ Einnahmen und Ausgaben müssen
ausgeglichen sein
ten in der gesetzlichen Krankenversi- um ein Ausufern der finanziellen Koscherung zu verhindern und Defizite in ten zu verhindern. Gleichzeitig wird
der Pflegekasse durch den gemeinsa- man die Möglichkeiten für Leistungsmen Topf bedienen zu lassen. Vor die- erbringer zur eigenverantwortlichen
sem Hintergrund fordert
und flexiblen Mittelver50% der Demenzder Sachverständigenrat
wendung stärken müskranken werden
die Anerkennung der Pflesen.
gekassen als RehabilitaDie Ressourcen chromit Neuroleptika
tionsträger, um auf diese
nisch kranker Menschen
mehr oder weniger
Weise die Trennung zwizu erhalten, ist aus hu„ruhiggestellt“
schen den finanziellen Lasmanen und ökonomiten und dem Erfolgsinteschen Gründen geboten.
resse (z.B. bei der geriatrischen Reha- Allerdings muss sowohl die Ärzteschaft
bilitation) aufzuheben. Hier wird man als auch die Gesundheitspolitik erkensicherlich eine Festlegung der benötig- nen, dass man mit den jetzigen Strukten Fachlichkeit für die Erbringung be- turen und Abläufen diesem nicht gestimmter Leistungen festlegen müssen, recht wird. Gerade mit Blick auf die
Gesundheitsreform 2006 und die darauf folgende Reform der Pflegeversicherung sollte man die pflegerischen,
Gesetzliche Pflegeversicherung
medizinischen, institutionellen und ge(GPV)
setzlichen Möglichkeiten, Ressourcen
@ Bundeseinheitlicher Beitragssatz
sowohl der Demenzkranken als auch
über alle Pflegekassen (1,7%)
der betreuenden Angehörigen zu erhalten, das Leiden zu mindern und letzt@ Wegen der Leistungen der Pflegekasse wird nur selten die Krankenlich auch Kosten im Gesundheitswesen
kasse gewechselt
zu senken, bewusster aufgreifen und
umsetzen. Wir sollten mithelfen, den
@ Krankenkassen verschieben gerne
Kosten in die Pflegekasse
Betroffenen und Angehörigen eine Zukunftsperspektive bei ihrem lebensqua@ Defizite werden aus dem gemeinsamen Topf aller Pflegekassen belitätsvermindernden Krankheitsbild zu
dient, in den auch die Überschüsse
geben und ihnen bei der Eigeninitiatiabgeführt werden
ve zu helfen, wie sie anlässlich der Seniorenmesse 2006 in Velbert von einem
Betroffenen formuliert wurde „Ich werde anstreben, länger im Leben zu bleiben“.
Ursachen für die Schnittstellen-Probleme in der Versorgung Demenzkranker
zwischen GKV und GPV.
Tabelle 2:
@ die Pflegekassen erstatten ihren
jeweiligen Krankenkassen die Verwaltungskosten pauschal (3,5% des
Mittelwertes aus Leistungsausgaben
und Beitragseinnahmen)
[s. §46 SDB XI]
➛ d.h. je höher der Pflegeaufwand
und die Pflegeausgaben in der
Pflegekasse sind, umso mehr Geld
fließt in die Krankenkasse!!
Prof. Dr. med. Ingo Füsgen,
Ärztlicher Direktor des Zentrums
für Geriatrie,
Lehrstuhl für Geriatrie der
Universität Witten-Herdecke,
Carnaperstr. 60,
42283 Wuppertal
@ im derzeitigen System in Deutschland ➛ gesundheitsökonomische Daten,
nach Sauerbrey 2006
finden gesundheitsökonomische
Daten ein umso höheres Interesse,
wenn die Effekte der jeweiligen
Krankenkasse zugute kommen
die die Pflegekassen entlasten,
werden erst Interesse finden,
wenn das Finanzpolster der Pflegeversicherung aufgebraucht ist.
Die gesetzlich geregelten Beziehungen zwischen Krankenkasse und Pflegekasse
verhindern wirtschaftliches Denken der Verantwortlichen.
22
GERIATRIE JOURNAL 6/06
O N K O L O G I E : S I T U AT I O N
G E R I AT R I S C H E R
P AT I E N T E N
Tumortherapie –
Standard oder Sonderfall?
Werner Freier, Hildesheim
Jeder 2. an Krebs Erkrankte ist über 65 Jahre. Damit ist Krebs eine
Erkrankung des Alters, doch viele geriatrische Patienten werden nicht
angemessen behandelt. Zu den Gründen zählen fehlende wissenschaftliche Grundlagen und Irrtümer hinsichtlich einer medikamentösen
Therapie.
D
ie Diskussion um die medikamentöse (chemotherapeutische)
Behandlung betagter Tumor-Patienten ist noch immer von einer Reihe von
Missverständnissen und Irrtümern gekennzeichnet. Einerseits unterschätzen
Nicht-Onkologen das therapeutische Repertoire und überschätzen die Toxizität
der Therapien. Andererseits überschätzen
Onkologen häufig den Faktor Lebensalter und unterschätzen die Möglichkeiten,
die darin liegen, geriatrische Patienten
über funktionelle Parameter (Assessments)
zu definieren.
Therapiesituationen
Medikamentöse Tumortherapie findet in
vier therapeutischen Situationen statt.
@ Die „prophylaktische“ Anwendung
einer Chemotherapie nach erfolgreicher
Operation wird als adjuvante Situation
bezeichnet. Diese Behandlung ist indiziert, um das Rezidivrisiko zu senken
und die Überlebenswahrscheinlichkeit
durch Reduktion der Metastasierung zu
verbessern.
@ Kurative, auf Heilung ausgelegte Therapien, sind in der Onkologie nur bei wenigen Tumorentitäten (z.B. Hoden CA)
oder bei Lymphomen anzutreffen.
@ Die weitaus größte Anzahl der onkologischen Patienten wird in palliativer Situation behandelt. Palliativ bedeutet,
dass das Therapieziel in Lebensverlängerung oder Symptomlinderung besteht.
Auf Heilung besteht bei diesen Patienten keine Aussicht.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
In palliativer Therapieindikation wird
meist anders begründet, um eine tumorspezifische Therapie zu verwerfen.
Irrtum 2: Chemotherapie muss im
Alter dosisreduziert werden. Ohne Zweifel gibt es einen engen Zusammenhang
@ Die Supportivtherapie ist meist keine zwischen der Therapiesituation (adjuvant
tumorspezifische medikamentöse The- oder palliativ) und der vom Therapeuten
rapie. Hier wird mit nicht zytotoxischen zugemuteten und vom Patienten akzepMedikamenten behandelt, um Symp- tierten Toxizität einer Behandlung. Je stärtome wie z.B. Schmerzen zu lindern.
ker der Erfolg einer Therapie von der applizierten Dosisdichte abzuhängen scheint,
Irrtum 1: Therapie hat keinen Sinn desto mehr Therapietoxizität wird akzepmehr, denn der Patient ist zu alt. In der tiert. Das betrifft sowohl kurative als auch
Vergangenheit herrschte bei Patienten jen- adjuvante Therapiesituationen, in denen
seits der 70 Jahre oft ein therapeutischer eine Reduktion der Dosisdichte entweder
Nihilismus. Eine Chemotherapie zur Sen- den kurativen Ansatz der Behandlung oder
kung des Rezidiv- oder Metastasierungs- die Reduktion des Metastasierungsrisikos
risikos – also die adjuvante Therapie – in Frage stellen würde.
wurde mit Hinweis auf die (kurze) verDie am häufigsten adjuvant behandelbleibende Lebenszeit abgelehnt [2]. Die ten Tumoren sind das Mammakarzinom
prospektive altersbezogene Lebenserwar- und das Kolonkarzinom. Die Behandlung
tung eines betagten Patienten wird jedoch des Kolonkarzinoms ist dabei viel wenioft unterschätzt. Ein Blick in die alters- ger hämatotoxisch als die des Mammabezogenen Sterbetafeln lehrt, dass die Le- karzinoms. Hämatotoxizität ist bei älteren
benserwartung mit der
Patienten insofern proDie Lebenserwartung
Anzahl der bereits überblematisch, als der Pool
lebten Jahre wächst. Wähan hämatopoetischen
eines betagten
rend die durchschnittliche
Stammzellen im Alter
Patienten wird oft
Lebenserwartung männdeutlich abnimmt. Der
unterschätzt.
licher Neugeborener heutLeukozytennadir einer
zutage fast 76 Jahre beadjuvanten Chemotheraträgt, steigt die Lebenserwartung eines pie bei Mammakarzinom sinkt daher bei
heute 75-Jährigen um weitere elf Jahre, die Älteren im Fortschritt der Therapiezyklen
eines 85-jährigen um weitere fünf Jahre [5]. viel stärker ab als bei Jüngeren, was zur FolAus diesem Grund wurde die Altersgren- ge hat, dass seltener die vorgesehene Doze zur Indikation einer adjuvanten The- sisdichte erreicht wird [4]. Andererseits
rapie bei kolorektalem Karzinom in den finden sich in der Literatur auch Berichaktualisierten Leitlinien aufgegeben [1]. Bei te über identische Toxizitäten von Cheder Planung einer adjuvanten Therapie motherapien in den Altersstufen über bzw.
muss also sorgfältig zwischen altersbezo- unter 70 Jahren [3]. Die Datenlage ist hier
gener Lebenserwartung und Überlebens- zu dünn, um eine allgemeine Dosisrewahrscheinlichkeit ohne adjuvante The- duktionsrichtlinie, wie gelegentlich vorrapie abgewogen werden.
geschlagen [6], zu unterstützen.
23
O N K O L O G I E : S I T U AT I O N
G E R I AT R I S C H E R
P AT I E N T E N
Tab. 1: Toxizität der Chemotherapeutika
In palliativer Therapiesituation werden Kompromisse in der Dosierung im Allgemeinen leichter akzeptiert.
Eine Abwägung zwischen Toxizität und therapeutischem
Nutzen ist hier auch bei jüngeren Patienten angebracht,
um den Erhalt der Lebensqualität – das therapeutische
Hauptziel – nicht zu gefährden. Kürzlich konnte gezeigt
werden, dass selbst in fortgeschrittener Therapielinie
die Toxizität der Therapie bei
Älteren (> 70) überraschenderweise nicht höher liegt als
bei Jüngeren [7].
Studiengruppe (D-CLLSG) stratifizierten die abgeschlossenen Studien
CLL-4 und CLL-5 die Patienten anhand ihres Lebensalters. Es wurde deutlich, dass diese Einteilung
dazu führte, dass fitte PaNSCLC* Gemcitabine
Ifophamid
tienten, die das 65. LeVinorelbine
Cisplatin
bensjahr überschritten hatCisplatin
Etoposid
ten, möglicherweise unterIfosphamid
Vinorelbine
therapiert wurden. In der
Nachfolgestudie (CLL-9)
Etoposid
Gemzitabine
wurde daher ein EinKolon
FOLFOX
Bolus 5-FU
teilungsvorschlag nach
FOLFIRI
FOLFIRI
Balducci in den StratifiInfus. 5-FU/Capecitabine FOLFOX
zierungsalgorithmus aufBolus 5-FU
Infus. 5-FU/Capecitabine
genommen. Danach werden Patienten ohne schwe* nicht kleinzelliges
■ höchste Effektivität
■ höchste Toxizität
Bronchialkarzinom
■ niedrigste Effektivität ■ niedrigste Toxizität
Irrtum 3: Chemotherare Komorbiditäten (go-go)
pie ist immer schlecht verintensiver therapiert. Die
träglich. In der Bevölkerung, aber auch gen im Allgemeinen über eine große the- intermediäre Gruppe (slow-go) wird mit
bei großen Teilen der nicht mit Tumor- rapeutische Breite. Die Grenzziehung mittlerer Intensität behandelt, und die
therapie vertrauten Mediziner, herrscht zwischen palliativer Tumortherapie und Gruppe der deutlich gehandicapten Panoch immer die Ansicht, dass Chemo- palliativmedizinischer, symptomorien- tienten (no go) erhält keine zytostatische
therapie immer mit belastenden Symp- terter Therapie verschiebt sich dadurch Therapie (Abb. 2).
tomen (Alopezie, Nausea, Emesis usw.) immer weiter zugunsten der Möglichkeit
verknüpft ist. Wahrscheinlich ist diese der tumorspezifischen (onkologischen)
Geriatrische Onkologie in der DGHO
Meinung deswegen so weit verbreitet, Therapie (Abb. 1).
Krebs ist eine Erkrankung des Alters.
weil in der adjuvanten Chemotherapie des
Mammakarzinoms auch heute noch stark
Irrtum 4: Die Therapiefähigkeit ei- Schon heute ist jeder zweite Betroffene
nebenwirkungsbehaftete Medikamente nes Patienten ist durch sein Lebensal- älter als 65 Jahre. Doch während die Zahl
Verwendung finden (Tab. 1). Die große ter definiert. Tumorerkrankungen des älterer und sehr alter Krebspatienten seit
Zahl der so behandelten Frauen steht höheren Lebensalters machen eine diffe- Jahren steigt, sind die behandelnden Ärzmitten im Leben und kommuniziert die renziertere Betrachtung des geriatrischen te bei ihrer Therapieentscheidung weitNebenwirkungen im sozialen Umfeld.
Patienten notwendig. Zum Beispiel im gehend auf sich allein gestellt. Weil älteChemotherapeutische Innovationen, Fall der Chronisch Lymphatischen Leu- re Tumorpatienten in klinischen Studien
bei denen das Toxizitätsprofil deutlich kämie (CLL). Die CLL ist eine Erkran- stark unterrepräsentiert sind, fehlt die
verbessert wurde, die allerdings oftmals kung, die oftmals erst in einem höheren Grundlage für wissenschaftlich fundiernoch nicht Eingang breite adjuvante The- Lebensalter in ein therapiebedürftiges te Therapieentscheidungen. Die Folge:
rapie gefunden haben, werden in der Öf- Stadium übergeht. In der Deutschen CLL Viele Patienten können nicht angemesfentlichkeit viel weniger wahrgenommen.
So kann etwa die Therapie des nicht kleinAbbildung 1: Therapeutischer Index
zelligen Bronchialkarzinoms heutzutage
Überlebenszeit
mit sehr gut verträglichen Substanzen
Zeit bis Prozess
durchgeführt werden (Tab. 1).
Symptomverbesserung
In diesem Kontext kommt dem Begriff des therapeutischen Index besondeSystemische Therapie
re Bedeutung zu. Symptomverbesserung,
Verlängerung der progressionsfreien Zeit
und Verbesserung des Gesamtüberlebens
stehen dabei den Nebenwirkungen der
Therapie gegenüber. Moderne Zytostatika, Therapien mit monoklonalen AntiNebenwirkungen
körpern oder Enzyminhibitoren verfüToxizität
Anthracycline
Docetaxel
Vinorelbine
Paclitaxel
Capecitabine
nach Possinger 2005
Effektivität
Mamma Anthracycline
Docetacel
Capecitabine
Paclitaxel
Vinorelbine
24
GERIATRIE JOURNAL 6/06
O N K O L O G I E : S I T U AT I O N
sen behandelt werden. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, hat die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und
Onkologie (DGHO) vor einigen Jahren
die Arbeitsgruppe Geriatrische Onkologie gegründet.
Initiative Geriatrische Hämatologie
und Onkologie
Eine weitere wichtige Aktivität ist die von
der Fa. Ortho-Biotec unterstützte „Initiative Geriatrische Hämatologie und Onkologie – IN-GHO®“. Sie setzt sich dafür
ein, die medizinische Versorgung geriatrischer Krebspatienten durch Informationsangebote sowie durch Forschungsförderung und Fortbildung zu verbessern.
Auf der Internetseite www.in-gho.de
bietet sich für den Interessierten ein Por-
G E R I AT R I S C H E R
P AT I E N T E N
tal zur Informationsgewinnung. Es
können darüber hinaus webbasiert zertifizierte CME-Fortbildungsmodule durchgeführt werden. Das IN-GHO-Patientenregister sammelt seit ca. einem Jahr
Daten, die die gegenwärtige Versorgungsrealität geriatrischer Patienten in onkologischen Therapieeinrichtungen abbilden, wobei parallel eine Auswahl geriatrischer Basis-Assessments miterhoben
wird (Tab. 2).
Implementierung geriatrischer Assessments in eine onkologische Praxis.
Bereits in der Pilotphase des IN-GHOPatientenregisters nahm meine Praxis an
dieser Untersuchung teil. Zugegebenermaßen war die Implementierung der geriatrischen Assessments für eine hämatologische Praxis überaus ungewohnt. Aller-
Abbildung 2:
Geriatrisches Assessment
Gruppe 1
go go
Gruppe 2
slow go
Gruppe 3
no go
(Unabhängig und ohne
schwere Komorbidität)
(Abhängig in 1-2 iADL ±
1-2 Komorbidität)
(Abhängig in ≥ 1 ADL,
≥ 3 Komorbidität)
Lebenserwartung
Limitiert durch
Tumorerkrankung
Limitiert durch
Komorbidität
Erwartete
Erträglichkeit
Gut
Tumorspezifische
Therapie
Schlecht
Zusammenfassung
In der Tumortherapie geriatrischer Patienten können Geriater und Onkologen voneinander lernen. Geriater müssen
lernen, dass Chemotherapie in toxizitätsund dosisadaptierter Form auch betagten
Patienten angeboten werden kann. Onkologen müssen lernen, dass sich betagte Patienten weniger über ihr Lebensalter, als durch Funktionsparameter definieren. Geriatrische Assessments können
in der onkologischen Therapiefindung
hilfreich sein. Die Initiative Geriatrische
Hämatologie und Onkologie IN-GHO
bietet hierbei sowohl für Geriater als auch
für Onkologen eine gute Plattform.
Literatur
Symptomorientierte
Therapie
(best supportive care)
Management of Cancer in the Older Person: A Practical Approach, Balducci L, Extermann M. The Oncologist 2000, 5, 224-237
Mit der Stratifizierung der Patienten mittels eines geriatrischen Assessments stellt die
CLL-9-Studie zurzeit einen Meilenstein in der deutschen hämatologischen Studienlandschaft dar.
Tab. 2: Geriatrische Assessments im IN-GHO Patientenregister
@ iADL – instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens
@ Timed-Up & Go-Test
@ ADL – Aktivitäten des täglichen Lebens
@ Charlson-Komorbiditätsindex
@ MMSE-Test (Mini-Mental State Examination)
@ Zwei Fragen aus SKID (Strukturiertes Klinisches Interview nach DSM-IV)
GERIATRIE JOURNAL 6/06
dings wurde rasch eine gewisse Routine
entwickelt.
Mittlerweile wird der Patient bereits
beim Einlesen seiner Versichertenkarte
für das Patientenregister gescreent. Erteilt
der Patient sein Einverständnis, liegen die
Daten der Assessments bereits vor, wenn
der Patient das Sprechzimmer betritt.
Nach anfänglicher Skepsis ist die Akzeptanz geriatrischer Assessments sowohl
bei weiteren teilnehmenden Praxen und
Kliniken als auch auf Seiten der Patienten sehr gut. Für eine detaillierte Auswertung ist es noch zu früh und es muss
sich zeigen, ob die gewählten geriatrischen Assessments für die onkologische
Therapieentscheidung hilfreich sein können.
1. AWMF Leitlinien-Register Nr. 032/011;
Stand 01/2004
2. Ayanian, J.; JCO 2003; 21; 7: 1293-1300
3. Cascinu, Am. J. Clin. Oncol., 1996; 19: 371-374
4. Dees E, Cancer Invest. 2000; 18: 521-529
5. Oeppen, J., Vaupel, JW., Sience 2002; 296: 10291031
6. Schmoll, HJ; Kompendium internistische Onkologie;
Springer 2004
7. Weiss, GJ; J Clin Oncol. 2006 Sep 20; 24 (27):
4405-4411
Dr. Werner Freier,
Onkologische Schwerpunktpraxis
für Hämatologie und internistische
Onkologie Hildesheim und Mitglied
Wissenschaftlicher Beirat der
Initiative Geriatrische Hämatologie
und Onkologie – IN-GHO®.
25
O N KO LO G I E : K N O C H E N M A R KS -
UND
G R A N U LOZ Y T E N F U N K T I O N
Wachstumsfaktoren in der
Altersonkologie
Gerald F. Kolb, Lingen
Das Knochenmark älterer Patienten weist eine verminderte Reserve an
stimulierbaren Stammzellen und eine verminderte Aktivität der reifen
Granulozyten auf. Aus diesem Grund bedürfen Ältere dringender der
Supportion mit Wachstumsfaktoren als Jüngere.
B
Foto: Rob Bouwman – Fotolia
is vor kurzem haben ältere Tumorpatienten nicht im gleichen Ausmaß wie jüngere Patienten von den
aktuellen Entwicklungen der medikamentösen Tumortherapie profitiert, da
zum einen Risiken und mögliche Erfolge
einer Chemotherapie in dieser Altergruppe nur wenig untersucht waren und zum
anderen höheres Lebensalter, eingeschränkter Allgemeinzustand oder Komorbidität häufig Ausschlusskriterien klinischer Studien darstellten. Interdisziplinäre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
„Geriatrischen Onkologie“ hat zur Erarbeitung aus Therapieempfehlungen zur
Tumortherapie bei älteren Patienten geführt, sowie die klinisch-wissenschaftliche
Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Tumortherapie im höheren Lebensalter stimuliert [5, 35]. Die interdis-
Optimierte Tumortherapie beginnt
bereits bei der Auswahl der in Frage
kommenden Substanz(en)
26
Abhängigkeit) sowie ihrer Gemütslage
erfahren, insbesondere wenn es zum Auftreten schwerer Toxizitäten kommt. Auf
der anderen Seite erleben ältere Patienten, die eine effektive Therapie erhalten
und keine schweren Nebenwirkungen erziplinäre Arbeitsgruppe „Geriatrische On- leiden, eine messbare Verbesserung ihres
kologie“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinzustands [10]. Im fortgeGeriatrie und der Deutschen Gesellschaft schrittenen Alter ist somit eine sorgfältifür Hämatologie und Onkologie hat in ei- ge Nutzen-Risiko-Abwägung besonders
ner Reihe von Übersichtswichtig [17]. Optimierte
… erleben ältere
arbeiten zu einzelnen TuTumortherapie beginnt
morentitäten sowie zu Patienten eine mess- bereits bei der Auswahl
Aspekten der Supportivder in Frage kommenden
bare Verbesserung
therapie, insbesondere
Substanz(en) unter Beihres Allgemeindem Einsatz hämatopoerücksichtigung der indizustands
tischer Wachstumsfaktoviduellen Risikosituation
ren, den derzeitigen Stand
des Patienten. Weitere
der klinisch-wissenschaftlichen Forschung Komponenten einer auf Patientensizusammengefasst und Therapieempfeh- cherheit bedachten Therapie sind ein inlungen ausgesprochen [8, 20, 26, 49].
tensiviertes Monitoring von Patienten
mit erhöhtem Toxizitätsrisiko und Maßnahmen, um eine adäquate BegleittheChemotherapie und Toxizität bei
rapie sowie eine frühzeitige Detektion
älteren Tumorpatienten
von schwerwiegender Toxizität sicherzuIn vielen Fällen wird bei älteren Tumor- stellen (Tab. 1). Aus diesen Gründen gepatienten auf Grund physiologischer, kog- hört die Tumortherapie älterer Patienten
nitiver, emotionaler und sozio-ökono- in die Hände eines speziell geschulten
mischer Veränderungen auf die Durch- Personals mit Erfahrung im Umgang mit
führung einer zytostatischen Therapie diesen Behandlungen, die zum Teil unverzichtet. So weisen viele Chemothera- versehens letale Risiken bergen können.
peutika eine geringe therapeutische Brei- So muss bei älteren Patienten mit einer
te auf und es kann bei einer Verminde- höheren Inzidenz folgender Toxizitäten
rung der hepatischen und renalen Clea- unter Chemotherapie gerechnet werden:
rance zu einer gefährlichen Kumulation Schleimhauttoxizität (Mukositis und
der Substanzen oder ihrer Metaboliten Diarrhöe), Kardiotoxizität, Neurotoxikommen. Altersbedingte Änderungen zität, Myelosuppression und schwere Inpharmakokinetischer Parameter können fektionen. Als Ursache hierfür werden
somit bei der Wahl der Arzneimitteldo- verschiedene Mechanismen diskutiert:
sis bedeutsam werden [4, 7, 36]. Ältere @ Abnahme des Stammzell-Pools, aus
dem eine Regeneration insbesondere
Patienten können unter einer Chemoschnell profilferierender Gewebe ertherapie eine signifikante Verschlechtefolgt;
rung ihres Allgemeinzustands, der Bewältigung instrumentellen Aktivitäten @ reduziert Verstoffwechselung und Ausscheidung zytotoxischer Substanzen;
des täglichen Lebens (und somit ihrer
GERIATRIE JOURNAL 6/06
O N KO LO G I E : K N O C H E N M A R KS -
@ verringerte
Reparaturmechanismen
nach Zellschädigung;
@ kritische Reduktion des funktionellen
Gewebes, potentiell mit der Folge, dass
zusätzliche Zellschädigung zu Organversagen führen kann.
Veränderungen biologischer
Funktionen im Alter
Tab. 2 bietet eine Übersicht über eine
Reihe von biologischen Veränderungen
im Alter. Diese können mit einer großen
interindividuellen Variabilität bei älteren
Menschen angetroffen werden und haben
bei starker Ausprägung Konsequenzen
für eine medikamentöse Tumortherapie.
Mit zunehmendem Alter kommt es unter anderem zu einer Einschränkung der
Organfunktionen von Nieren (Abnahme der GFR), Leber (Abnahme der Phase-I-Stoffwechselvorgänge und verminderter hepatischer Blutfluss), Lunge
(Abnahme der Elastizität und der Gasaustauschfläche), Herz (Verlust an kardialem Muskelgewebe) und Knochenmark (abnehmende Plastizität und reduzierte Kompensationsfähigkeit in
Situationen erhöhten Bedarfs wie unter
einer Chemotherapie). Möglicherweise
auf Grund einer reduzierten Aktivität der
neutrophilen Granulozyten und einer
eingeschränkten Lymphozytenfunktion
ist außerdem eine Abnahme der Infektabwehr im Alter postuliert worden. Diese
können neben der bei älteren Patienten
gehäuft auftretenden Myelosuppression
ein Grund für septische Komplikationen
in der Neutropenie sein.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
G R A N U LOZ Y T E N F U N K T I O N
chenmarksgewebe, das sog. Stroma er- Sinne einer Sepsisepisode, aber auch im
fährt im Alter einen deutlichen Umbau Rahmen einer Chemotherapie zunächst
mit Vermehrung von Fasern und Fett- auf eine gegenüber Jüngeren nicht vermarksanteilen. Die
minderte Anzahl von
Zu den wichtigsten
Zahl der hämatopluripotenten hämapoetischen Stammtopoetischen StammInnovationen in der Alterszellen hingegen fällt
zellen (PHSC) trifft.
onkologie zählen neuere
gegenüber den jünWir wissen aber auch,
nebenwirkungsärmere antigeren Individuen zudass Sepsisepisoden
tumoröse Substanzen
nächst nicht signifiund auch Chemokant ab. Gleichwohl
therapie die Zahl der
lässt die Kompensationsfähigkeit gegen- funktionellen Stammzellen bei den älteüber „hämatopoetischem Stress“ nach, ren mindern [39].
insbesondere wenn dieser Stress anhaltend
Granulozytenzahl und Granulozytenoder repetitiv auftritt [45]. Wir wissen funktion spielen eine zentrale Rolle soheute, dass hämatopoetischer Stress im wohl hinsichtlich des Erfolges aber auch
Tab. 1:
Organsystem
Nieren
Herz
Gastrointestinaltrakt
Myelotoxizität und Granulozytenfunktion im Alter
Ein besonderes Problem im Alter stellt die
Hämatotoxizität vieler antitumoröser
Therapien dar. Die Veränderungen oder
Nichtveränderungen, die das hämatopoetische Organ im Laufe des Alterns
aufweist, sind seit längerem Gegenstand
einer kontrovers geführten Debatte [38].
Es fällt auf, dass die Zahl aplastischer und
dysplastischer Störungen exponentiell mit
dem Alter anwächst, wobei der eigentliche Anstieg deutlich jenseits des 75. Lebensjahres liegt. Das funktionelle Kno-
UND
Nervensystem
Supportive Maßnahmen und Monitoring
@ Regelmäßige Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR),
@ Sicherstellung der Diurese durch Hyperhydratation und Flüssigkeitsbilanzierung,
@ Vermeidung der gleichzeitigen Gabe nephrotoxischer Substanzen unter Chemotherapie (cave nicht-steroidale Antiphlogistika!)
@ Nephroprotektion mit Theophyllin oder Amifostin, insbesondere
bei platinhaltiger Therapie
@ Echokardiographische Bestimmung der linksventrikulären Auswurffraktion, eventuell Bestimmung von Troponin vor und unter
Antrazyklintherapie
@ Verlängerte Infusionsdauer von Anthrazyklinen,
@ Beachtung der kumulativen Gesamtdosis,
@ Einsatz liposomaler Anthrazykline,
@ Organprotektive Pharmaka (Dexrazoxan) zur Prävention der
Antrhazyklin-induzierten Kardiomyopathie
@ Beachtung von Therapiekontrollen mit geringerem Toxizitätsprofil: z.B. Dauerinfusion statt Bolusgabe von 5-FU, dreiwöchentliche statt wöchentlicher Gabe von Irinotecan,
@ Monitoring der Stuhlfrequenz, Einsatz von Loperamid in der
Frühphase bei Irinotecan-induzierter Diarrhoe, aggressiver
Ausgleich von Wasserhaushalts- und Elektrolytstörungen bei
schwerer Diarrhoe,
@ Muskositisprophylaxe mit Eiswürfeln bei 5-FU Bolusgaben,
penible orale Hygiene und topischer Einsatz von Antimykotika,
@ Möglicherweise intravenöser Einsatz von Keratiozyten-Wachstumsfaktor bei 5-FU induzierter Mukositis
@ Klinische Untersuchung auf Anzeichen einer zunehmenden Polyneuropathie vor und während einer potentiell neurotoxischen
Therapie und frühes Aussetzen bei Anzeichen von Neurotoxizität,
@ Limitierung der Gesamtdosis von Vinvristin auf 2 mg absolut
alle 14 Tage, Verlängerung der Applikationsdauer von Vinkaalkaoiden,
@ Ileusprophylaxe bei Neigung zu Vinkaalkaoid-induzierter
Obstipation,
@ Versuch einer Prophylaxe mit Amifostin bei platinhaltiger
Therapie
Möglichkeiten zur supportiven Therapie und der frühen Detektion von Toxizitäten
bei der Chemotherapie älterer Patienten.
27
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der Komplikationsträchtigkeit einer zytoreduktiven Tumortherapie. Von Wichtigkeit ist daher die Frage, ob altersbedingte Veränderungen existieren und ob
sie entsprechend kompensiert werden
können. Betrachtet man die Reaktion
des Knochenmarkes auf „hämatopoetischen Stress“ wie etwa eine Sepsis oder
jede ausgeprägte zytoreduktive Chemotherapie, so findet man bei den Älteren
im Vergleich zu den Jüngeren eine reduzierte Stammzellenzahl [39]. Diese
UND
G R A N U LOZ Y T E N F U N K T I O N
Veränderungen sind relevant etwa ab
dem 70. Lebensjahr und somit Ausdruck
einer verminderten Kompensationsfähigkeit zum Ausgleich solcher Stresszustände.
Daneben finden sich aber auch Störungen der eigentlichen Granulozytenfunktion i.e. Phagozytose und Bakterizidie, oxydativer Metabolismus und
intrazelluläre Kalziumkonzentration sowie Hexosemonophosphatshunt aber
auch Chemotaxis und Chemokinese. In
Tab. 2:
Parameter
Veränderung beim
alten Patienten
Renale
Abnahme der Anzahl funktioFunktion
neller Nephrone, glomeruläre
Filtrationsrate geht zurück
Leberfunktion
Reduzierter hepatischer Blutfluss, quantitativ verminderte
te Phase-I-Reaktion der Metabolisierung von Substanzen
Lungenfunktion Abnahme der Lungenkapazität auf Grund Abnahme von
Elastizität und Gasaustauschfläche der Lunge
Herzfunktion
Herabgesetzte Überleitungsgeschwindigkeit der Reizleitung, Abnahme der Myozytenzahl, Lipidablagerungen interamyokardial und in Arterien
Knochenmark
Verringerte Plastizität der Blutbildung, Abnahme der hämatopoetischen Reservekapazität
Immunsystem
Gastrointestinaltrakt
Fettanteil
Gesamtkörperwasser
Serumalbumin
Abnahme der zellulären und
humoralen Immunantwort,
reduzierte Aktivität von
Granulozyten
Reduktion der intestinalen
Mukosoberfläche, reduzierte Regenerationsfähigkeit der
Mukosa nach Schädigung
Zunahme des Fettanteils
an der Gesamtkörpermasse
Abnahme des Gesamtkörperwassers
Abnahme der Serumalbuminkonzentration
Auswirkungen für eine
zytostatische Therapie
Verlängerte Halbwertzeit und
Gefahr derAkkumulation renal
eliminierter Substanzen
Nur bei ausgeprägter Leberfunktionsstörung unmittelbare
Auswirkungen auf ZytostatikaGabe
Gefahr einer kritischen Lungenschädigung durch potentiell
pulmotoxische Zytostatika
Erhöhte Ischämiegefahr und
gesteigertes Risiko einer
Kardiomyopathie durch potentiell kardiotoxische Zytostatika
Potentiell schwere Neutrooder Thrombopenie, höheres
Anämierisiko unter Chemotherapie
Erhöhtes Infektrisiko unter
Chemotherapie
Verringerte orale Bioverfügbarkeit bestimmter Pharmaka,
höheres Risiko für Schleimhauttoxität (Diarrhoe, Obstipation)
Verlängerte Halbwertzeit und
Gefahr der Akkumulation lipophiler Substanzen auf Grund
des größeren Verteilungsvolumens
Abnahme des Verteilungsvolumens hydrophiler Wirkstoffe
Zunahme frei verfügbarer Zytostatika mit hoher Plasmaeiweißbildung
Veränderungen körperlicher Funktonen im Alter mit möglicher Relevanz bei Durchführung einer Chemotherapie
28
jüngsten Untersuchungen konnte gezeigt
werden, dass Phagozytose aber auch der
Hexosemonophospattransport signififkant in Abhängigkeit vom Lebensalter
verändert, d.h. im Alter reduziert sind.
So haben die Granulozyten eines 80-Jährigen nunmehr etwa die Hälfte der phagozytischen Kompetenz wie die eines jugendlichen, etwa 20-jährigen Menschen
[48]. Der intrazelluläre Kalziumgehalt,
von dem ein negativer Effekt auf die phagozytische Aktivität bekannt ist, steigt
hingegen in Abhängigkeit vom Lebensalter kontinuierlich an. Andere Funktionen wie die Chemotaxis zeigen ebenfalls eine Altersabhängigkeit, jedoch mit
geringerer statistischer Signifikanz. Ähnliches gilt für die Bakteriezidie (i.e. bacterial killing). Die geschilderten Veränderungen zeigen durchaus Parallelen zu
Befunden, wie man sie in früheren Untersuchungen bei Patienten mit Diabetes
mellitus und/oder chronischer Niereninsuffizienz unter Hämodialysebehandlung messen konnte [32]. Die klinische Relevanz dieser Ex-vivo-Daten,
d.h. im Sinne einer zunehmenden Sepsisgefährdung während einer Chemotherapie, ist bislang nicht bewiesen, aber
evidenz-trächtig, zumal speziell im Fall
der chronischen Hämodialyse bekannt
ist, dass repetetive Stimulation kompromittierter Granulozyten sowohl mit akuten Komplikationen im Sinne einer
„Schocklunge“ [31, 33] u.a. als auch mit
einem schlechten klinischen Ausgang
korreliert sind. Es ist daher überlegenswert, ob neben den proliferationsfördernden, auch die funktionsstimulierenden Eigenschaften von Wachstumsfaktoren im Fall der älteren Patienten
wirken.
Für die Praxis. Ältere bedürfen dringender der Supportion mit Wachstumsfaktoren als Jüngere, da ihr Knochenmark eine verminderte Reserve an stimulierbaren Stammzellen aufweist [9].
Insgesamt resultiert für Patienten ab dem
70./75. Lebensjahr die Empfehlung, zumindest in den ersten beiden Zyklen Chemotherapeutika vorsichtig zu dosieren.
Insbesondere bei einer mehrzyklischen
und kombinierten Zytostatikabehandlung gilt der Grundsatz: „start low, go
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UND
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slow“, anders ausgedrückt ist es die Auf- der Schädigung korreliert mit der kuforderung zur Nadir-adaptierten Che- mulativen Gesamtdosis von Doxorubicin.
motherapie.
Mitoxantrone ist als synthetisches AnaZusammengefasst: Granulozytenzahl logon den klassischen Anthrazyklinen
und Granulozytenfunktion spielen eine verwandt, aber geringer kardiotoxisch als
zentrale Rolle sowohl hinsichtlich des Er- Doxorubicin [23, 43]; ein Vorteil bei der
folges aber auch der Komplikations- Behandlung von älteren, kardial komträchtigkeit einer zytorepromittierten Patienten
Granulozytenzahl
duktiven Tumortherapie.
z.B. mit Akuter MyeloiDiese Veränderungen sind
scher Leukämie (AML)
und Granulozytenrelevant etwa ab dem 70. funktion spielen eine wird propagiert [14].
Lebensjahr und somit
Die Neurotoxizität ist
zentrale Rolle
Ausdruck einer verminein Problem vieler Zytoderten Kompensationsfästatika, wobei außer bei
higkeit zum Ausgleich hämatologischer Hochdosisbehandlung mit Cytarabin bisStresszustände, von Wichtigkeit ist daher lang keine Aussagen über ein spezielles
die Frage, ob sie entsprechend kompen- neurotoxisches Risiko bei älteren Patiensiert werden können.
ten vorliegen [22]. Neuroprotektiv wirkt
eine Beimedikation mit Glutaminsäure,
Resultierende Therapieempfehlung. der Effekt ist allerdings auf das Vinca-AlDie aktuelle ASCO-Empfehlungen emp- kaloid Vincristin beschränkt [27].
fehlen den prophylaktischen Einsatz von
Granulozyten-stimulierenden WachsAdditive Therapien. Additive Theratumsfaktoren bei Patienten >70; wenn ei- pien z.B. Bisphosphonate werden im Alne Hämatotoxizität von ≥ 40% erwartet ter seltener angewandt, obwohl sie im
wird.
Alter wesentlich häufiger als bei jüngeren
Patienten benötigt würden [6]. Ähnliches gilt für den Einsatz von hämatoTherapeutische Alternativen,
poetischen Wachstumsfaktoren. Dabei
supportive und additive Therapien
wird das oben beschriebene besondere
und Maßnahmen
Problem der Hämatotoxizität von CheZu den wichtigsten Innovationen in der motherapie im Alter durch den Einsatz
Altersonkologie zählen neben Antidots von granulopoetischen Wachstumsfakund Antibiotika, neuere nebenwirkungs- toren gemildert. Inwieweit diese Faktoärmere antitumoröse Substanzen. Anti- ren (Granulozyten-Kolonie-stimulierenkörper werden derzeit bei einer Reihe der Faktor = G-CSF und Granulozytenvon soliden Tumoren, besonders aber bei Makrophagen-Kolonie-stimulierender
Lymphomen erprobt, eine allgemeine Faktor = GM-CSF) ihrerseits als hämaEmpfehlung kann dabei noch nicht ge- tologischer Stress, insbesondere bei regeben werden [42]. Grundsätzlich ist die- petitiver Anwendung im Alter die Knose praktisch untoxische Option jedoch chenmarksreserve reduzieren, ist bislang
gerade für die Gruppe der älteren Pa- nicht untersucht. Gesichert ist ein Vortienten interessant, da neben den An- teil des Einsatzes von Wachstumsfaktothrazyklinen auch für 5-Fluorouracil (5- ren bei Patienten ab einem Alter von 60
FU) ein kardiotoxischer Effekt bekannt Jahren mit AML [17, 24, 46, 47]. Empist. Insbesondere bei vorbestehender fohlen wird die Gabe von G(M)-CSF,
ischämischer koronarer Herzerkrankung wenn eine Granulozytopenie von <1.000
ist bei 5-FU Vorsicht geboten [12, 40]. Granulozyten/µl erwartet wird.
Die Kardiotoxizität von Doxorubicin hinDie medikamentöse Unterdrückung
gegen basiert auf einer Schädigung myo- von Nausea und Erbrechen als Nebenkardialer Sarkolemme [41] durch freie wirkung von Chemotherapie erfordert
Radikale, die über eine Reaktion des Me- bei älteren keine besonderen, von den
dikaments mit sarkolemmalen Eisenionen Behandlungen jüngerer Patienten abentstehen, was klinisch zu dilatativen weichenden Richtlinien und MaßnahHerzerkrankungen führt. Das Ausmaß men [13]. Wichtig für die Compliance
GERIATRIE JOURNAL 6/06
ist, dass die Behandlung konsequent und
prophylaktisch gehandhabt wird.
Supportive Maßnahmen. Zu den supportiven Maßnahmen gehört die antibiotische Therapie bei einer therapie-induzierten Granulozytopenie mit Sepsis.
Diese erfolgt nach Stufenplan, wobei
idealerweise die lokale Resistenzsituation
Berücksichtigung findet. Inwieweit eine
hin und wieder propagierte prophylaktische Antibiotikagabe einen Vorteil für ältere Patienten bringt, muss sehr kritisch
hinterfragt werden. Wichtig hingegen
und viel zuwenig beachtet ist eine optimierte Ernährung als Infektionsprophylaxe gerade für ältere Tumorpatienten
[15].
Zur Supportion zählt aber auch ein regelmäßig zu wiederholendes geriatrisches
Funktionsassessment [19]. Letzteres ist in
einem Beitrag von L. Balducci im Schwerpunktheft Geriatrische Onkologie des
European Journal of Geriatrics [4] ausführlich dargelegt und bedarf daher hier
keiner weiteren Erläuterung.
Wer soll die geriatrischen
Tumorpatienten behandeln?
Bislang völlig unterentwickelt ist die Zusammenarbeit zwischen Onkologen und
Geriatern. Dabei ist aus amerikanischen
Untersuchungen bekannt, dass ein interdisziplinäres Training beider Fachgruppen
die rechtzeitige Diagnosestellung, die
Therapieentscheidung und den Behandlungserfolg nachhaltig beeinflussen [21,
29, 30]. Interdisziplinarität und Wissenstransfer von Geriatrie zur Onkologie
und vice versa sind gefragt [44]. Trotz erster Ansätze für ein derartiges, standardisiertes geriatrisch-onkologisches Training [11] bleibt festzustellen, dass die
klassische Onkologie sich nur viel zu selten mit geriatrischen Tumorpatienten beschäftigt. Die Gründe hierfür sind vielfältiger Natur. Jedenfalls ist die systematische Erarbeitung von Therapiestandards
anhand klinischer Studien bei jüngeren
Patienten Routine, bei älteren die rare
Ausnahme. Im Endergebnis führt die
mangelhafte Datenlage, die aus der weitgehenden Unterrepräsentanz von älteren
Tumorpatienten in klinischen Studien
29
O N KO LO G I E : K N O C H E N M A R KS -
UND
G R A N U LOZ Y T E N F U N K T I O N
herrührt dazu, dass es keine für höhere schlechter aus, als sie es unter günstigen
Lebensalter spezifische Diagnose- und Bedingungen müssten. Die defizitäre SiBehandlungsstandards gibt.
tuation und der daraus resultierende AufAus diesem Grunde hat sich eine inter- trag sind hingegen klar. Wollen wir erdisziplinäre Arbeitsgruppe* aus den Be- folgreiche Sachwalter unserer älteren Tureichen Onkologie und Geriatrie for- morpatienten sein, so müssen wir die
miert, die Ende 1999 offiziell durch die Datenlage zur Wirksamkeit und Effektibeiden wissenschaftlichen Gesellschaf- vität der Tumorbehandlung älterer Paten, Deutsche Gesellschaft für Geriatrie tienten verbessern. Dies wird in Zukunft
und Deutsche Gesellschaft für Hämato- der beste Schutz vor einem scheinbar geOnkologie, autorisiert
sundheits-ökonomisch,
Additive Therapien
wurden. Selbstgesetzte
in Wirklichkeit aber
Aufgaben dieser Ar- werden im Alter seltener monetär begründeten
beitsgruppe sind Sichethischen Utilarismus
angewandt, obwohl
tung und Auswertung
[1, 28] sein. Der beste
sie wesentlich häufiger
der aktuellen DatenlaWeg, hin zu einer gebenötigt würden
ge hinsichtlich Aussasundheitspolitisch und
gefähigkeit bezüglich
ethisch gleichermaßen
älterer Krebspatienten [7, 26, 34, 37] vertretbaren Behandlung älterer Tumorund daraus abgeleitet die Feststellung patienten, führt deshalb unabdingbar
von Defiziten und eine aktuelle Darle- über kontrollierte prospektive Studien
gung des klinischen Forschungsbedarfs. zur Wirksamkeit und Effizienz der DiaIn Zusammenarbeit mit der deutschen gnose- und Behandlungsmaßnahmen
Krebsgesellschaft ist es die Formulierung beim älteren Tumorpatienten.
von Empfehlungen für die zukünftige
Ausgestaltung klinisch-onkologischer Literatur
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Studien durch Aufnahme einer ausreithe elderly. Cancer 80: 1348-1350
chenden Zahl von älteren Patienten,
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wann immer es möglich ist und die AusOncol Clin Noth Am 14: 193-212
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tuation der alten Tumorpatienten; weiters
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ziell auch der jungen, nachrückenden
1218-1225
Ärztegeneration [50].
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Supportive Maßnahmen bei der Chemotherapie
Es bleibt zu hoffen, dass der geriatrischälterer Patienten. Arzneimitteltherapie 16: 140-146
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young and elderly adult volunteers. Blood 84: 29232929
Behandlungsversuche im Alter fallen
* Mitglieder der Arbeitsgruppe „Geriatrische Onkologie“
DGG/DGHO:
C. Bokemeyer, Hamburg; T. Beinert, Wartenberg; C. Friedrich,
Bochum; M. Freund, Rostock; M. Görner, Bielefeld; M.
Graubner, Schotten; K.P. Hellriegel, Berlin; F. Honecker,
Hamburg; K.-M. Koeppen, Berlin; G. Kolb, Lingen (Ems);
J. Meran, Wien; H.-G. Mergenthaler, Stuttgart; L. Pientka,
Bochum; H. Schmidt, Hameln; S. Schmitz, Köln; Schröder
M, Duisburg; E. Spät-Schwalbe, Berlin; R. Stauder, Innsbruck; U. Wedding, Jena; G. Wendt, Jena;
30
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GERIATRIE JOURNAL 6/06
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
O N KO LO G I E
Prof. Dr. med. Dr. rer. physiol.
G. F. Kolb,
St. Bonifatius-Hospital Lingen,
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Medizinischen Hochschule Hannover,
Abteilung Innere Medizin,
Fachbereich Geriatrie,
Wilhelmstr. 13, 49808 Lingen, eMail:
[email protected]
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Therapie von
Tumorschmerzen
Stefan Wirz, Bonn
Altersphysiologische Veränderungen und Multimorbidität beeinflussen bei
geriatrischen Patienten Effektivität und Sicherheit der Analgetika gemäß
des WHO-Stufenschemas. Auch Kontraindikationen und Medikamenteninteraktionen schränken die Anwendung von Nichtopioiden und schwachwirksamen Opioiden ein. Die Auswahl der Applikationsform stark wirksamer Opioide sollte nach pharmakokinetischen Erwägungen erfolgen.
E
pidemiologische Daten zu Tumorschmerzen in der deutschen Bevölkerung basieren hauptsächlich auf
Hochrechnungen und nicht auf direkten
epidemiologischen Erhebungen. Man geht
in Deutschland von einer Prävalenz von
672.200 Tumorerkrankungen, einer Inzidenz von 336.100 und einer Mortalität
von 212.913 Fällen aus [10]. Unter der Annahme, dass ca. 30-50% aller Tumorerkrankten, die sich dem Versuch einer kurativen Behandlung unterziehen, und ca.
70-90% der Patienten in fortgeschrittenen
Tumorstadien unter schweren Schmerzzuständen leiden, müsste demnach die
Zahl der Tumorschmerzpatienten ca.
220.000 bis 530.000 betragen [12, 23,
32, 37, 41, 67].
verändern das Verteilungsvolumen von
Pharmaka. Bei Analgetika mit einer hohen
Plasmaproteinbindung kann ein pathologisch erniedrigter Plasmaeiweißgehalt zu
Wirkverstärkungen in einem unkalkulierbaren Ausmaß führen. Durch Verminderung des Herzzeitvolumens, der Leber- und Nierenperfusion, welche regelhaft
mit einer Einschränkung der hepatischen
Metabolisierungskapazität und renalen
Eliminationseinschränkung einhergeht,
kommt es zu einer verzögerten Rückverteilung und Metabolisierung verschiedener Pharmaka mit der Folge einer Verlängerung der Halbwertszeit [16, 17, 18, 25,
57, 60, 65, 72, 73, 86].
Schmerzen
Schmerzen durch tumorbedingte direkte
Gewebeschädigung nehmen den Hauptanteil (60-90%) therapiebedürftiger
Alters„physiologische“
Veränderungen
Der Umbau der Körpergewebe und die
Veränderungen der Perfusion führen zu einer Einschränkung physiologischer Kompensationsmechanismen. So ist im Alter
die enterale Resorption von Analgetika
beeinträchtigt. Insbesondere bei Medikamenten in nicht retardierter Galenik besteht hierbei die Gefahr einer Überdosierung, weil diese Resorptionsverzögerung
als unzureichende Dosierung fehlinterpretiert werden kann und deshalb zu frühzeitig erneute Applikationen erfolgen. Die
Zunahme des Fettgehaltes am Körpergewicht, die Verringerung der Muskelmasse und des intrazellulären Wassergehalts
Foto: Dmitriy Aseev - Fotolia
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50. Wilsede Schule für Onkologie und Hämatologie
(2001) 33. Seminar der Wilsede Schule 21.03.24.03.2001. Teil I: Geriatrische Onkologie. Reader
erhältlich über Prof. Dr. Illiger, Klinik für Innere
Medizin II, Städt. Kliniken Oldenburg, Dr. EdenStr. 10, 26133 Oldenburg
Bis zu 67% der Tumorschmerzpatienten
sind unzureichend analgetisch versorgt.
31
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
Symptome
Symptome müssen hinsichtlich ihrer Ätiologie nach tumorbedingten oder therapiebedingten unterschieden werden. Die
Inzidenz verschiedener Symptome beträgt
bei Tumorpatienten bis zu 70%. Eine unzureichende Symptomkontrolle kann zum
Abbruch einer Schmerztherapie führen.
Gerade geriatrische Tumorpatienten stellen eine Risikogruppe bezüglich zentralnervöser oder gastrointestinaler Symptome dar.
Beim Auftreten von zentralen Nebenwirkungen – wie der einer Sedation, Halluzinationen, Verwirrtheit, Pseudodemenz
– sollte nach Ausschluss tumorassoziierter
Ursachen (z.B. zerebrale Metastase, Hyperkalziämie) zunächst eine abgestufte Dosisreduktion zentral wirksamer Analgetika
in Abhängigkeit von der Schmerzausprägung erfolgen. Im Falle einer ausbleibenden Linderung dieser zentralen Symptome
stellt die Technik der Opioidrotation eine
Alternative dar. Dabei wird zunächst die
morphinäquivalente Dosis des Ursprungsopioids errechnet. Die Dosis des Folge-
32
opioids sollte zunächst zwei Drittel dieser
morphinäquivalenten Dosis betragen und
dann gemäß Schmerzniveau und dem Auftreten von Nebenwirkungen titrierend „einjustiert“ werden. Als Faustformel für die
Dosierung bei der Behandlung von
Schmerzspitzen sollte man 1/6 der Tagesdosis wählen (Abb. 2) [19, 55].
Häufig sind Medikamenteninteraktionen Ursachen von „opioidartigen“ Neben-
wirksame Laxanzien eingesetzt werden,
welche bei ggf. ausbleibenden Erfolg höher dosiert werden können und durch propulsiv wirksame Laxanzien ergänzt werden
können. Ein abgestuftes Vorgehen nach einem festgelegten Schema ist empfehlenswert [88].
Bei der Symptomkontrolle von Nausea
und Emesis ist bei geriatrischen Patienten
nicht nur die Verwendung von Neuro-
Abb. 2: Technik der Opioidrotation
Tagesdosis des Ursprungsopioids (mg/d)
➡ ➡ ➡ ➡
Schmerzen ein. Organisch begründete
Schmerzursachen werden bei vielen Patienten durch psychosoziale Faktoren verstärkt oder unterhalten [35].
Tumorschmerzen sollten nach Topographie, Schmerzqualität und Schmerzmechanismus klassifiziert werden, um eine dem neurophysiologischen Korrelat gemäße Therapie einleiten zu können. So
bedingt ein nozizeptiver Schmerz eine
Therapie mit Nicht-Opioiden (saure und
nicht-saure) und Opioiden, während neuropathische Schmerzen zunächst mit Antidepressiva und Antiepileptika behandelt
werden [42].
Durchbruchschmerzen, die als „breakthrough pain“ zusätzlich zu einem stabilen Ruheschmerz auftreten, oder Belastungsschmerzen („incident pain“), die bei
Bewegungen oder anderen Patientenaktionen, wie Schlucken, Wasserlassen oder
Husten entstehen, komplizieren die
Schmerzsymptomatik. Diese Schmerzen
erfordern eine schnell wirksame Bedarfsmedikation neben einer ausreichenden
Basisanalgesie (Opioid, Nicht-Opioid, Koanalgetikum) [81].
Umrechnung in morphinäquivalente Tagesdosis (mg/d)
Reduktion auf 66%
Umrechnung auf Zielopioid (mg/d)
Aufteilung in zwei Tagesdosen (orale Retardopioide)
+
Zusätzliche Bedarfsmedikation (1/6 der Tagesdosis)Autor:
wirkungen. Zentralwirksame Substanzen
wie Benzoediazepine, Barbiturate, Neuroleptika, MAO-Inhibitoren, Antiepileptika oder trizyklische Antidepressiva intensivieren die sedierenden Effekte von
Opioiden. Weitere Wirkverstärkungen von
zentralen Effekten unter einer Opioidtherapie treten unter Kalziumantagonisten,
alpha1-Blockern, H1/H2-Inhibitoren und
Antiemetika auf [18, 56, 76, 83].
Der Beginn einer Opioidtherapie verlangt eine konsequente Prophylaxe und
Therapie der gastrointestinalen Symptome Nausea, Emesis und Obstipation durch
den Einsatz von Antiemetika und Laxanzien. Gerade der immobile und exsikkierte
Patient unter einer Polymedikation ist hinsichtlich des Auftretens einer Obstipation
stark gefährdet. Butylscopolamin, Antidepressiva, Neuroleptika, Anticholinergika, Antihistaminika, Kalziumantagonisten oder Diuretika begünstigen ihrerseits
eine Obstipation [26].
Neben (oft schwierig durchführbaren)
Basismaßnahmen, wie dem Versuch einer
Mobilisation oder der Flüssigkeitszufuhr,
sollten prophylaktisch Laxanzien verabreicht werden. Nach physiologischen Gesichtspunkten sollten zunächst osmotisch
leptika (Haloperidol, Promethazin, etc.)
problematisch, sondern auch von Antiemetika vom Typ des Metoclopramid, da
diese Substanzen ein Parkinson-Syndrom
auslösen oder verstärken können.
WHO-Stufenschema
Hauptprinzip des von der World Health
Organisation (WHO) empfohlenen Stufenplans zur Therapie von Tumorschmerzen, heutzutage Standard der Schmerztherapie überhaupt, ist die Gewährleistung eines konstanten Blutspiegels der
Analgetika über eine nicht invasive (oral
oder transdermal) regelmäßige Einnahme
nach einem zeitlich festgelegten Schema.
Die Wirkdauer bestimmt das Dosisintervall. Entsprechend des therapeutischen
Erfolges kommen die Analgetika in eskalierender Weise gemäß einem vorgegebenen Stufenplan zum Einsatz. Die Stufe I
beinhaltet die Anwendung von Nichtopioiden, die bei unzureichender Wirkung in der Stufe II mit schwachwirksamen Opioiden ergänzt wird. Stufe III bedeutet den Austausch dieser schwach
wirksamen durch stark wirksame Opioide. Ko-Analgetika, symptomkontrollieGERIATRIE JOURNAL 6/06
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
rende Medikamente und Minimal-invasive Maßnahmen sind auf jeder Stufe möglich (Tab. 1) [6, 42, 43, 81, 89].
Trotz dieses eingängigen Konzeptes bereitet die praktische Umsetzung des
WHO-Schemas große Probleme. Bis zu
67% der Tumorschmerzpatienten sind unzureichend analgetisch versorgt. Die Gründe dafür liegen in Wissens- und Ausbildungsdefiziten von Ärzten, aber auch in
ringeres gastrointestinales Risiko auf, dem
gegenüber steht aber eine erhöhte Inzidenz von kardiovaskulären und zerebrovaskulären Komplikationen. Zudem besteht für die Therapie von Tumorschmerzen keine offizielle Indikation von
Coxiben.
Neuere Publikationen weisen darauf
hin, dass auch die unselektiven ein den selektiven Zyklooxygenase-Inhibitoren et-
Tab. 1: WHO Stufenschema
Stufe 1
Nicht-Opioide
Stufe 2
Schwach wirksame Opioide
+
Nicht-Opioide
Stufe 3
Stark wirksame Opioide
(Ersatz der schwach wirksamen Opioide)
+
Nicht-Opioide
Auf jeder Stufe möglich: Ko-Analgetika, Adjuvanzien, minimalinvasive Verfahren
Anwendungs- und Complianceproblemen
von Patienten. Oft werden Opioide wegen
vermeintlicher Obergrenzen nur unzureichend dosiert [40, 46, 50].
Stufe I – Nicht-Opioide
Die hohe Wirksamkeit der NSAR bei Tumorschmerzen, insbesondere bei Knochenmetastasen, ist gut belegt [3, 59]. Dabei ist die Effektivität der einzelnen NSAR
vergleichbar [22, 85]. Für die Therapie
mit Zyklooxygenasehemmern im Alter
stellt das häufigere Auftreten von gastrointestinalen und renalen Nebenwirkungen eine gravierende Einschränkung dar.
Gerade ältere Patienten sind als Risikogruppe für das Auftreten solcher Komplikationen anzusehen [8, 27, 29, 83]. Einschränkungen der renalen Funktion
werden regelmäßig bei selektiven und
nicht-selektiven Zyklooxygenasehemmern
gesehen. Für Deutschland wird die Rate
von NSAR-bedingten Ulkuskomplikationen mit letalem Ausgang auf 2.200 geschätzt [15]. Deshalb sollte eine NSARTherapie ausschließlich unter einer Prophylaxe mit Magenschutztherapeutika
vom Typ der Protonenpumpeninhibitoren
erfolgen [90].
Die Therapie mit „selektiven“ Zyklooxygenase-II-Hemmern weist zwar ein geGERIATRIE JOURNAL 6/06
wa gleichwertiges kardiovaskuläres Risiko
aufweisen. Damit ist die Einsetzbarkeit
dieser Medikamente bei der Risikogruppe „Geriatrischer Patient“ mit einer erhöhten Inzidenz alterstypischer Befunde
wie der einer arteriellen Hypertonie oder
einer koronaren Herzerkrankung eingeschränkt. Dennoch sollte im Einzelfall eine Kosten-Nutzen-Risiko-Analyse erfolgen. In Einzelfallentscheidungen kann bei
inkurablen Erkrankungen mit infauster
Prognose, begrenzter Lebenserwartung
und starken, anders nicht zu behandelnden Schmerzen das erhöhte kardiovaskuläre Risiko von Zyklooxygenase-Inhibitoren vernachlässigt werden, wenn dies mit
Patienten und deren Angehörigen besprochen wird [9, 38, 39, 61].
Metamizol und Paracetamol weisen ein
niedriges Gastropathierisiko auf. Allerdings ist die therapeutische Breite von oral
appliziertem Paracetamol eng, so dass die
Gefahr hepatotoxischer Effekte besteht.
Deshalb ist eine Dosisreduktion von Paracetamol bei malnutritierten, alten Patienten angezeigt.
Metamizol besitzt gute analgetische Eigenschaften. Wegen seiner spasmolytischen Potenz ist insbesondere der viszerale nozizeptive Schmerz Hauptindikation.
Der Beipackzettel von Metamizol führt
die besonders strenge Indikationsstellung
bei Nieren- oder Leberinsuffzienz an, dennoch ist die Anwendung unter Überwachung der entsprechenden Laborparameter möglich. Die entsprechende Inzidenz
der Nebenwirkung Agranulozytose wird
zurzeit kontrovers diskutiert. Eine in
Schweden durchgeführte Studie ergab ein
erhöhtes Risiko für diese nach Absetzen zumeist reversible Komplikation. Aus Sicherheitsgründen sollten regelmäßig Blutbildkontrollen erfolgen [10, 35, 36, 45, 54,
69, 85]. Insgesamt ist somit die WHOStufe I bei älteren Tumorschmerzpatienten nur bedingt anwendbar [9, 66].
Opioide – pharmakokinetische
Aspekte und Applikationsformen
Im Gegensatz zu den Nichtopioiden zeigen Opioide keine organtoxischen Effekte. Grundsätzlich sollten Schmerzpatienten Retardpräparate erhalten, um konstante Blutspiegel zu erreichen. Dennoch
sollte die Steuerbarkeit erhalten bleiben,
damit auch kurzfristige Dosisanpassungen möglich sind. Schmerzspitzen sollten
mit kurzwirksamen Formulierungen der
gewählten Retardopioide therapiert werden, ohne dass verschiedene Opioide gemischt werden.
Opioide mit einer langen Eliminationshalbwertszeit, wie z.B. Methadon
oder die langwirksame Matrixpflasterapplikationen von Buprenorphin und Fentanyl sind wegen der erhöhten Kumulationsgefahren bei geriatrischen Patienten
wenig vorteilhaft. Insbesondere opioidnaive Patienten sind bei der Gabe dieser
Zubereitungen für gravierende Nebenwirkungen, wie einer Sedation oder respiratorische Depression, prädisponiert.
Dadurch wird gerade bei geriatrischen Patienten mit einer vorbestehenden oralen
Polymedikation der Vorteil der technisch
einfachen transdermalen Opioidapplikation konterkariert. Dennoch bleibt die
transdermale Opioidapplikation bei Patienten mit Schwierigkeiten der oralen
Aufnahme, z.B. bei ausgedehnten oropharyngealen Tumoren oder enteralen
Resorptionsstörungen, oft die einzige
Möglichkeit einer suffizienten Schmerztherapie. Umrechnungsfaktoren der verschiedenen Opioidzubereitungen finden
sich in Tabelle 2 [13, 24, 25, 57, 60, 84].
33
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
Stufe II – schwach wirksame Opioide
mit anderen Antidepressiva [1, 28, 51,
56].
Ein weiteres Interaktionspotential im
Sinne einer Wirkabschwächung besteht
auch bei der gleichzeitigen Anwendung
von Antiemetika, wie dem Ondansetron,
und der emetogen Substanz Tramadol [7].
Tilidin unterliegt in der Kombination
mit dem Opioid-Antagonisten Naloxon
nicht der Betäubungsmittelverordnung.
Tilidin ist ein Prodrug mit einem hohen
First-Pass-Effekt, welches zu Nortilidin
metabolisiert wird. Bei leberinsuffizienten Patienten reduziert sich der First-PassEffekt, so dass unbedingt eine Dosisreduktion erfolgen sollte. Da bei niereninsuffizienten Patienten die plasmatische
Konzentration von Nortilidin unverändert bleibt, scheint dahingegen eine Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz nicht
erforderlich [82].
Insgesamt sind Opioide der WHO-Stufe II in der Anwendung bei multimorbiden älteren Patienten eher problematisch,
obwohl die Tatsache, dass sie in Deutschland nicht der Betäubungsmittelverordnung unterliegen, das Gegenteil suggeriert.
Diese Medikamente unterliegen in
Deutschland nicht der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BTMVV),
was dazu geführt hat, dass sie in Deutschland zu den am häufigsten verschriebenen Opioiden zählen. Dabei birgt im Alter die Einschränkung der hepatischen
Aktivität bzw. des Cytochrom P450 die
Gefahr einer verminderten Metabolisierung der Opioide Tramadol, Codein und
Dihydrocodein in sich. Diese WHO-Stufe-II-Opioide werden in diesem Fall in
nicht ausreichender Menge in ihren analgetisch wirksamen Metaboliten (Tramadol
> M1 ((+)O-Desmethyl-Tramadol), Codein > Morphin) überführt, so dass klinisch
eine verminderte Wirksamkeit dieser Substanzen resultiert. Ca. 10% der Bevölkerung Europas sind zudem als „poor metabolizers“ mit einer Defizienz des Cytochrom 4502D6 Systems auf Grund eines
genetischen Polymorphismus anzusehen.
Bei dieser Bevölkerungsgruppe muss man
also per se mit einer reduzierten analgetischen Wirksamkeit rechnen. Die gleichzeitige Kumulation aktiver Metabolite erzeugt bei renaler Einschränkung gravierende Nebenwirkungen [25, 31, 49, 79].
Zusätzlich zeigt der µ-Agonist Tramadol
über die Wiederaufnahmehemmung von
Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt einen dualen Wirkmechanismus. Damit besitzt dieser Stoff nicht nur
die Eigenschaften trizyklischer Antidepressiva, sondern auch deren Nebenwirkungsprofil mit der Gefahr der Interaktion
Stufe III – stark wirksame Opioide
Auch das stark wirksame Opioid Morphin bildet beim Abbau aktive Metabolite, die ihrerseits analgetisch effektiv sind
und Nebenwirkungen erzeugen können.
Die Metabolite Morphin-3- und Morphin-6-Glucuronid wirken gegensätzlich,
da Morphin-6-Glucuronid analgetische
Potenz besitzt, während Morphin-3-Glucuronid sogar algetisch wirkt. Bei einer
renalen Funktionseinschränkung besteht
für Morphin-6-Glucuronid Kumulationsgefahr [20, 65, 77].
Eine geringe Plasmaeiweißbindung bei
nur geringer Bildung aktiver Metabolite
zeigen die Substanzen Hydromorphon
und Oxycodon. Insofern könnte der Einsatz dieser Opioide gerade bei geriatrischen Patienten vorteilhaft sein. Möglicherweise besitzen Oxycodon und
Hydromorphon gegenüber Morphin ein
geringeres Potential von Opioidnebenwirkungen. Obwohl prinzipiell bei beiden Substanzen eine vorsichtige Dosierung für die Anwendung bei geriatrischen
Patienten angezeigt ist, scheint bei oralem
Hydromorphon seltener eine Dosisreduktion notwendig zu sein. Für Hydromorphon bestehen Hinweise auf eine potentielle Differentialindikation bei renaler
Insuffizienz [20, 33, 52, 55, 71].
Da beim Abbau von Methadon keine
aktiven Metabolite entstehen, könnte diese Substanz bei renaler Insuffizienz vorteilhaft sein, aber eine lange Halbwertszeit
schränkt den Einsatz unter dem Aspekt von
Steuerbarkeit und Sicherheit bei alten Patienten ein [20, 48].
Bei geriatrischen Patienten kann die
transdermale Applikation von Fentanyl
zu Kumulation führen. Obwohl häufig
ein günstigeres Nebenwirkungsspektrum
für die transdermale Applikation von Fentanyl angenommen wird, ergeben Unter-
Tab. 2: Äquivalenzdosen von Opioiden – Anhaltswerte
nach [40]
Substanz
Tramadol ret. (oral) mg
Tilidin/Naloxon ret. (oral) mg
Dihydrocodein* ret. (oral) mg
Morphin (oral) mg
Morphin parenteral (i.v., s.c.)
Oxycodon (oral) mg
L-Methadon (oral) mg
Hydromorphon ret. (oral) mg
Buprenorphin sublingual mg
Buprenorphin transdermal (µg/h)
Fentanyl transdermal (µg/h)
34
Tagesdosis
200
300
200
300
120
240
20
30
5
10
10
15
7,5
4
0,4
0,6
–
–
–
–
600
600
480
720
60
90
120
20
30
40
30
60
60
Individuelle Titration
8
12
16
0,8
1,2
1,6
35
52,5
70
25
1
50
180
60
90
300
100
200
480
160
240
600
200
900
300
24
40
64
80
120
2,4
3,2
3,6
4
105
höhere Dosierungen nicht
empfohlen
75
125
200
250
375
Faktor
0,1
0,1
0,15
1
2-3
2
4
(5-) 7,5
75
100
GERIATRIE JOURNAL 6/06
A LG ES I O LO G I E : T U M O R S C H M E R Z E N
suchungen zur Lebensqualität im Vergleich zu einer oralen Opioidmedikation
keine Hinweise auf Vorteile, sondern beschreiben im Gegenteil höhere Therapieabbruchraten von Patienten mit transdermalem Fentanyl. Die Interpretation von
Studien, die geringere Inzidenzen und
Schweregrade einer opioidvermittelten
Obstipation beschreiben, führt zu teilweise widersprüchlichen Ergebnissen. Für
die Therapie von Schmerzen, die in ihrer
Intensität stark schwanken, ist die alleinige transdermale Applikationsform nicht
geeignet. Der transmukosal-bukkale Applikationsweg stellt eine sinnvolle Ergänzung zur Behandlung von Durchbruchsschmerzen dar, könnte aber bei alten Patienten zu Handhabungsproblemen
führen. Zurzeit liegen allerdings dazu keine Untersuchungen bei geriatrischen Patienten vor [2, 4, 5, 49, 53, 68, 78].
Für die transdermale Gabe von Buprenorphin bestehen prinzipiell die gleichen
Einschränkungen wie für die von transdermalen Fentanyl. Für die Therapie von
Schmerzspitzen steht zusätzlich die sublinguale Applikationsform zur Verfügung.
Publikationen zur Pharmakokinetik von
transdermalem Buprenorphin finden sich
nicht, wohl aber zur sublingualen Anwendung bei geriatrischen Patienten. In
Anwendungsbeobachtungen fällt ein hoher Anteil des Beigebrauchs weiterer
Opioidsubstanzen auf. Der Äquipotenzfaktor zum transdermalen Fentanyl und die
Höhe der Dosis, bei dem der Ceiling-Effekt eintritt, sind umstritten. Bei Patienten mit renaler Funktionseinschränkung
ist die Gabe von Buprenorphin sicher, obwohl der Anstieg der Plasmakonzentration von Metaboliten beschrieben wird.
Der Metabolit Norbuprenorphin besitzt
allerdings eine zehnmal stärkere atemdepressive Potenz als die Muttersubstanz [14,
34, 44, 58, 62, 63, 75, 76, 80, 87].
Ko-Analgetika
Auf jeder Stufe des WHO Schemas sind
die so genannten Koanalgetika anwendbar. Trizyklische Antidepressiva, wie Amitryptilin oder Doxepin, und Antiepileptika, wie Gabapentin oder Pregabalin, dienen klassischerweise zur Behandlung von
neuropathischen Schmerzen. Auch BisGERIATRIE JOURNAL 6/06
rungen mit einer erhöhten Gefahr von
Nebenwirkungen bei geringer individueller Vorhersehbarkeit. Dies erfordert ein
spezifisches Vorgehen entsprechend des
Schweregrades der jeweiligen Organdysfunktion. Bei Patienten mit altersbedingten Einschränkungen der Organfunktion
ist die Anwendung der Nichtopioide und
Weitere Verfahren
schwach wirksamen Opioide häufig
Beispiele für minimalinvasive oder anäs- kontraindiziert oder unvorteilhaft. Desthesiologische Verfahren sind die Anwen- wegen stellt sich bei dieser Klientel die
dung von Peridural- oder Spinalkathetern Frage nach der generellen Indikation für
entsprechend dem Dermatom der die Medikamente der Stufe I und II und
Schmerzlokalisation, die Zöliakusblocka- damit für die Anwendbarkeit des WHOde bei Oberbauchtumoren,
Stufenschemas insgeIm Alter ist die
Blockaden des Ganglion
samt.
stellatum bei TumorinfiltraFür geriatrische Paenterale Resorption
tion des Plexus brachialis,
tienten
könnte der folvon Analgetika
Blockaden des lumbalen
gende Alternativvorbeeinträchtigt
Grenzstrangs bei Tumoren
schlag praktikabel sein:
des kleinen Beckens oder
Bei gegebener Indikation
auch die Chordotomie als ultima ratio bei erfolgt ein primärer Behandlungsversuch
begrenzter Lebenserwartung. Insbeson- mit Koanalgetika. Hierbei beschränkt sich
dere bei stärksten Schmerzen, starken oder die Therapie zunächst auf die Gabe von
nur schwierig behandelbaren Nebenwir- Antidepressiva, Antiepileptika, Bisphoskungen einer systemischen Therapie oder phonaten und Kortikosteroiden. Die zweidem Eintritt in die Terminalphase sind te Stufe beinhaltet die Entscheidung zwiminimalinvasive Techniken effektiv. Dem schen zwei unterschiedlichen Therapiescheinbaren Nachteil der Invasivität steht verfahren, entweder einer Opioidtherapie
der immense Vorteil geringerer systemi- oder eines minimalinvasiven Verfahrens.
scher Nebenwirkungen und fehlender kog- Stark wirksame Opioide werden eingangs
nitiver Beeinträchtigung gegenüber. Bei niedrig dosiert und in kurzer Zeit individer Durchführung eines minimalinvasiven duell entsprechend der Schmerzstärke
Verfahrens unter laufender Opioidthera- hochtitriert. Dies setzt eine gute Steuerpie ist allerdings eine engmaschige Über- barkeit dieser Opioide voraus. Die Effekwachung der Vitalfunktionen notwendig, tivität einer solchen Opioidtherapie muss
denn durch den abrupten Wegfall nozi- frühzeitig überprüft werden. Sollte sie nur
zeptiver Afferenzen kann es zu einer opioid- eine unzureichende Schmerzreduktion erbedingten Atemdepression kommen. Trotz zielen, sollte es frühzeitig durch ein minimangelhafter Studienlage sollte dieser Be- malinvasives Verfahren ergänzt oder erstandteil der Schmerztherapie bei multi- setzt werden.
morbiden und geriatrischen Patienten häufiger und frühzeitiger erfolgen. Wegen un- Literatur beim Verfasser.
nötiger bürokratischer Hindernisse durch
die Kostenträger sind invasive schmerz- Dr. med. Stefan Wirz,
therapeutische Eingriffe in Deutschland Sprecher des Arbeitskreises Tumormittlerweile deutlich seltener als im be- schmerz der DGSS (Deutsche Gesellnachbarten europäischen Ausland [6, 70, schaft zum Studium des Schmerzes),
Klinik und Poliklinik für Anästhesio73, 74, 81].
logie und Operative Intensivmedizin,
Rheinische Friedrich-WilhelmsFazit – Schlussfolgerung
Universität,
Aus den altersphysiologischen Verände- Sigmund-Freud-Str. 25, 53105 Bonn,
rungen geriatrischer Tumorpatienten re- eMail: [email protected];
sultieren pharmakokinetische Verände- [email protected]
phosphonate stellen sinnvolle Koanalgetika bei osteolytischen Metastasen dar.
Kortikosteroide haben ihre Indikation in
der Therapie eines perineuralen Ödems
oder eines Leberkapselspannungsschmerzes [6, 67].
35
A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
Geriatrische Gefäßchirurgie
S. Jonas, W. Berg und L. G. Claeys, Herne
Geriatrische Gefäßchirurgie kann dazu beitragen, die Lebensqualität
älterer Patienten zu verbessern. Der Artikel diskutiert allgemeine Prinzipien der Diagnose- und Indikationsstellung, Wahl der Therapieverfahren
und Ergebnisse der geriatrischen Gefäßchirurgie. Als Beispiele dienen
die Aneurysma-, Karotis und periphere Bypasschirurgie sowie der akute
Mesenterial-Gefäßverschluss.
Ä
Chirurgische Therapie des infrarenalen Bauchaortenaneurysmas
Mit zunehmendem Lebensalter steigt die
Prävalenz des infrarenalen Aortenaneurysmas von 2,6% bei 60 bis 56-Jährigen
bis auf 9% bei > 75-Jährigen an. Die Inzidenz liegt bei 38 pro 100.000 Einwohner. Die Chirurgie abdominaler Aortenaneurysmen hat auf Grund einer verbesserten Frühdiagnostik mittels Sonographie
und Computertomographie (Abb. 1, 2)
sowie einer sehr niedrigen Operationsle-
Fotos: Autor
ltere Menschen weisen – verglichen des geriatrischen Patienten zu gewährleismit jüngeren Menschen – andere ten und Risiken auf Grund seiner GefäßErkrankungen, Krankheitsverläufe erkrankung zu beseitigen.
sowie Risikofaktoren auf. Heutzutage sind
Das erhöhte Operationsrisiko bei beknapp 50% aller Todesfälle auf Folgeer- grenzter Lebenserwartung erfordert eine
scheinungen der Arteriosklerose zurück- besonders kritische Indikationsstellung zur
zuführen. Neben den Hauptrisikofakto- Intervention bzw. Operation, vor allem bei
ren Nikotinabusus, Hyperlipoproteinämie prophylaktischen Eingriffen. Eine sorgfälund Hypertonie ist der Ritige Anamnese, Fremdsikofaktor „Alter“ insofern Das erhöhte Operations- anamnese und körperlivon Bedeutung, als das Alche Untersuchung sorisiko erfordert
ter einer Person die Daueine besonders kritische wie eine exakte, nicht
er der individuellen Exbelastende und aussageIndikationsstellung
position für bestimmte Rikräftige Diagnostik in
sikofaktoren widerspiegelt.
interdisziplinärer ZuAbzugrenzen hiervon sind Veränderungen sammenarbeit sind notwendig, um die
der körperlichen Funktionen sowie der sinnvollste Therapie festzulegen. In die BeOrgansystemen die durch das „normale“ trachtung des Risikos müssen neben der
Altern an sich entstehen.
persönlichen Situation auch der mentale
Der grundsätzliche Wunsch des älteren Status des alten Patienten sowie die noch
Gefäßpatienten besteht – neben dem un- vorhandene und zu erwartende Leisbeschadeten Überleben des Eingriffs – in tungsfähigkeit eingehen. Dagegen abzuder Minderung seiner Beschwerden, ei- wägen sind die individuellen Ergebnisse
nem Zugewinn an körperlicher Leis- des Chirurgen-Teams. In der Regel sollten
tungsfähigkeit und Lebensqualität sowie in große Eingriffe, wie zum Beispiel die Ereiner verlängerten Lebensdauer. Mittels öffnung der Körperhöhlen, vermieden werinterventioneller und chirurgischer Maßnahmen kann grundsätzlich die Lebensqualität des Gefäßpatienten erhöht werden.
Auf Grund des systemischen Charakters der
Arteriosklerose sind diese Eingriffe jedoch
selten heilend, sondern nur fakultativ lebensverlängernd. Vor diesem Hintergrund
ist es notwendig, mit äußerster Sorgfalt Indikation und Belastbarkeit des älteren Patienten zu überdenken, das Sinnvolle und
nicht das rein technisch Machbare anzustreben. Die Gefäßchirurgie hat somit die Abb. 1: Sonographie eines asymptoAufgabe, neben Erhaltung bzw. Verbesse- matischen infrarenalen Aortenrung der Organfunktionen, die Mobilität aneurysma.
den. Dagegen sind die minimal-invasiven
Therapieverfahren in einer engen interdiszipinären Zusammenarbeit auszuschöpfen. Die Grenze zwischen Indikation
und Kontraindikation liegt in der Abwägung zwischen effektiver Nützlichkeit und
zumutbarer Belastbarkeit für den Patienten. Kontraindikationen für jegliche Intervention bzw. Operation sind die bewusste
Verweigerung des kranken Patienten und
der unaufhaltsame Ausfall vitaler Organfunktionen.
Allgemeine Prinzipien der Diagnoseund Indikationsstellung, Wahl der Therapieverfahren und Ergebnisse der geriatrischen Gefäßchirurgie werden diskutiert.
Dies geschieht am Beispiel der Aneurysma-, Karotis und periphere Bypasschirurgie sowie des akuten Mesenterial-Gefäßverschlusses.
36
Abb. 2: Computertomographie eines
asymptomatischen infrarenalen Aneurysma.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
talität bei elektiven Eingriffen die letzten
Jahrzehnte einen bedeutenden Wandel
durchgemacht. Alternativ zur offenen Aneurysmaausschaltung eröffnet die endoluminale Aneurysma-Behandlung neue
Perspektiven.
niedrigen Wachstumsrate (0,2 cm/Jahr)
gering (< 5%). Bei Aneurysmen größer als
5-6 cm und mehr beträgt die jährliche
Rupturrate 15 bis 30% [10]. Aus diesem
Grund können Aneurysmen kleiner als
5 cm bei älteren Patienten mit eingeschränkter Lebenserwartung oder einem
erhöhten Operationsrisiko sonographischen zunächst 3- und später 6-monatlichen Kontrollen unterzogen werden.
Operationsindikation. Die Indikation
beim symptomatischen und rupturierten
Aneurysma ist, bis auf wenige Ausnahmen, absolut und unbestritten. Die Ruptur bedarf einer sofortigen Notoperation,
Operationstechnik. Allgemein durchdas symptomatische Aneurysma einer gesetzt hat sich die Technik der Aneurysdringlichen Operation. Die Prognose im maausschaltungsoperation mit nachfolFall einer Aneurysmarupgender Tubegraft- oder
In der Regel
tur ist beim älteren PatienBifukationsprotheseninten sehr schlecht, und die sollten große Eingriffe terposition in der InkluMortalitätsrate steigt deutsionstechnik (Abb. 3). Es
vermieden werden
lich mit zunehmenden Alist heute noch nicht mögter oder/und Schweregrad
lich, das transfemorale
der Begleitrisikofaktoren an [6, 8]. Die endovaskuläre Stentgraftverfahren als stanIndikation beim asymptomatischen An- dardisiert zu bezeichnen (Abb. 4). Bei ereurysma ist abhängig von Aneurysma- füllten Indikationskriterien, vorhandenem
durchmesser, Morphologie und Wachs- technischen Know-how und entspretumsgeschwindigkeit sowie von beste- chender interdisziplinärer Erfahrung kann
henden Risikofaktoren bzw. Begleiter- dieses Verfahren bei gut selektierten Pakrankungen, dem biologischen Alter des tienten als Alternativverfahren zur AnPatienten, Allgemeinzustand und Organ- wendung kommen [12].
funktionsparametern.
Kontraindikationen sind gegeben, wenn
Ergebnisse. Beim infrarenalen Aortenbei Patienten über 75 Jahren schwerwie- aneurysma ist es durch eine verbesserte
gende Krankheiten vorlegen wie z.B. ein Frühdiagnose, Standardisierung der Opepostapoplektischer Zustand, eine schwe- rationstechniken, Entwicklung von neure Herzinsuffizienz oder koronare Herz- en Gefäßersatzmaterialien sowie durch
krankheit, eine ausgeprägte zerebrovasku- interdisziplinäre Kooperation mit Anäsläre Insuffizienz oder eine kurze Lebens- thesisten und Intensivmedizinern gelunerwartung.
gen, die Ergebnisse signifikant zu verbesDie Rupturgefahr ist bei einem Durch- sern. Die postoperative 30-Tage-Mortalität
messer von weniger als 5-6 cm und einer nach offener elektiver Ausschaltungsope-
Abb. 3: Operationstechnik der offenen
Aneurysmaausschaltung mit Implantation einer Bifurkationsprothese.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Abb. 4: Operationstechnik der transfemoralen endovaskulären Stentgraftimplantation.
ration beträgt bei Patienten zwischen 70
und 80 Jahren ± 3%. Nach transfemoraler endovaskulärer Implantation einer
Stentgraftprothese beträgt die Mortalitätsrate ebenfalls ± 3%. Bei über 80-Jährigen liegt die Mortalität des offenen Eingriffes zwischen 6-15%, lässt sich jedoch
mittels endovaskulärer Verfahren auf 5%
senken [15]. Verbesserung von Transportsystemen und Logistik von NotfallAufnahmeeinheiten sowie Intensivstationen haben dazu beigetragen, die operative Letalität von Patienten mit Ruptur und
Schock auf etwa 50-60% zu reduzieren.
Bei über 80-Jährigen ist die Prognose nach
Ruptur sehr schlecht, die Letalität beläuft
sich auf 80% und mehr [15].
Chirurgische Therapie der
Arteria carotis-Stenose
Diagnostik – Operationsindikation. Die
Farbduplexsonographie besitzt eine hohe
Sensitivität und Spezifität und ist die Methode der ersten Wahl zur Diagnosestellung. Sie ermöglicht sowohl die Berechnung des Stenosegrads als auch eine detaillierte Studie der Plaque-Oberfläche.
Ergänzende Untersuchungen sind die transkranielle Dopplersonographie, Magnetresonanz-Angiographie oder CT-Angiographie. Die intraarterielle digitale Subtraktionsangiographie ist mit dem Risiko eines
permanenten neurologischen Defizits von
0,3% bis 1,2% für die selektive Form belastet und sollte nur im Ausnahmefall
durchgeführt werden. Die native kraniale
Computertomographie ist bei symptomatischen Patienten präoperativ obligat.
Zur korrekten Indikationsstellung gehört an erster Stelle die Einschätzung des
Operationsrisikos, und bei jedem Patienten geht der Operation eine gründliche
internistisch-kardiologische sowie neurologische Evaluierung voraus. Die Operationsindikation ist von der Lokalisation,
Ausdehnung und Morphologie des Verschlussprozesses sowie vom Schweregrad
der Ischämie abhängig (Abb. 5). Schwere
Begleiterkrankungen, wie z.B. kardiale Erkrankungen (NYHA Stadium IV oder instabile Angina pectoris) oder Systemerkrankungen mit kurzer Lebenserwartung,
sind als Kontraindikation für diesen Eingriff zu werten.
37
A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
Operationstechnik. Die offene Thrombendarteriektomie mit Erweiterungsplastik stellt nach wie vor das häufigste angewandte Verfahren dar. Die Diskrepanz der
Meinungen konzentriert sich u.a. auf die
Verwendung eines Shunts und die Notwendigkeit eines Neuromonitorings
(Abb. 6, 7).
Abb. 5: Farbduplexsonographische
Aufnahme einer hochgradigen Stenose
der Arteria carotis interna.
@ Stadium I: Bei Patienten mit asymptomatischer hochgradiger Stenose (mehr
als 70%) der A. carotis interna konnte
die ACST-Studie belegen, dass durch
die TEA bei asymptomatischen Patienten das Schlaganfallrisiko im weiteren
Verlauf siginifikant gesenkt werden kann,
vorausgesetzt die perioperative Morbidität bzw. Mortalität übersteigen 2%
nicht [13]. Zurzeit lassen sich folgende
Indikationen aufstellen: eine höchstgradige Stenose beidseitig oder einseitig
mit kontralateralem Verschluss, eine
hochgradige progrediente Stenose und
exulzerierende, stenosierende Plaques.
@ Stadium II: Die NASCET- und ECSTStudien konnten die Überlegenheit der
Operation über eine alleinige medikamentöse Behandlung nachweisen [2, 1].
Das symptomatische Stadium einer zerebrovaskulären Insuffizienz entweder
als transitorisch ischämische Attacke
(Stadium II a) oder als prolongiertes, reversibles, ischämisches, neurologisches
Defizit (Stadium II b), gilt dann auch
in internationaler Übereinstimmung als
eine gesicherte Operationsindikation.
@ Stadium III: Im Stadium des akuten frischen Schlaganfalls ist eine Operationsindikation selten gegeben. Bei fehlender
Bewusstlosigkeit und Operation innerhalb von sechs Stunden ist eine Rückbildung der neurologischen Ausfälle in
50% der Patienten zu beobachten. Die
Mortalität einer Notfall-Carotisoperation ist jedoch mit knapp 10% hoch.
@ Stadium IV: Im Endstadium des ischämischen Infarktes kann die Indikation
zur Operation bei Patienten, bei denen
sich die neurologischen Ausfälle weitgehend zurückgebildet haben, diskutiert werden.
38
Ergebnisse. Bei erfüllten Indikationskriterien sowie entsprechender gefäßchirurgischer Erfahrung sind heutzutage exzellente Ergebnisse zu erzielen, mit perioperativen Mortalitätsraten zwischen 0%
und 1% und einem Schlaganfallrisiko um
1% [3].
Chirurgische Therapie des akuten
peripheren Gefäßverschlusses
Operationsindikation. Akute Gefäßverschlüsse bedeuten immer eine medizinische Notfallsituation. Die Ätiologie kann
häufig schon durch gezielte Anamnese
und klinische Untersuchung geklärt werden. Eine akute Ischämie auf Grund einer
Thrombembolie ist eine absolute und dringende Operationsindikation. Bei einer vorbestehenden arteriellen Verschlusskrankheit wird nur bei einem kompletten Ischämiesyndrom operiert. Ansonsten erfolgt
die Wiederherstellung der Strombahn im
Intervall.
kutaner transluminaler Angioplastie, ermöglichen heute, im Fall einer akuten Extremitätenischämie auf Grund einer arteriellen Thrombose, ein funktionell gutes
Ergebnis zu erzielen. Abhängig von Ausmaß und Dauer der Ischämie ist u.U. eine Fasziotomie notwendig. Im Fall eines
drohenden Tourniquet-Syndrom ist eine
intensivmedizinische Therapie indiziert.
Bei einer schweren Ischämie von deutlich
mehr als sechs Stunden ist ggf. eine primäre Amputation zu diskutieren [7].
Ergebnisse. Die Prognose quoad vitam
ist abhängig vom Alter des Patienten, Begleitrisikofaktoren, Sitz des Verschlusses
und von Zeitpunkt und Art der Behandlung. Ältere Patienten sowie Herzkranke
haben eine signifikant schlechtere Prognose. Zentrale Verschlüsse sowie Verschlüsse lebenswichtiger Organarterien
sind mit einer Sterblichkeit von 55-90%
belastet. Die Prognose quoad functionem
wird durch die Schwere der Ischämie und
den Zeitpunkt des Behandlungsbeginns
bestimmt.
Chirurgische Therapie der
chronischen pAVK
Operationstechnik. Seit der Entwicklung des Ballonkatheters wird fast ausschließlich die so genannte Fernembolektomie, meist in Lokal- bzw. Regionalanästhesie, durchgeführt [14] Kombinierte
Verfahren, bestehend aus Lyse und per-
Die untere Extremität ist der Hauptlokalisationsort für die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Die Inzidenz
der arteriellen Verschlusskrankheit beträgt
bei über 70-Jährigen 20%. Die Lebenserwartung bei pAVK-Patienten ist im Durchschnitt um zehn Jahre verkürzt, mehr als
die Hälfte der Betroffenen stirbt am Myokardinfarkt und etwas mehr als 10% an
einem akuten zerebrovaskulären Ereignis.
Abb. 6: Operationstechnik der Carotisthrombendarteriektomie
Abb. 7: Operationspräparat nach Carotisthrombendarteriektomie.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
Operationsindikation. Die Beschränkung der Operationsindikation ergibt sich
aus den Kriterien der allgemeinen Operabilität. Risikofaktoren, wie pulmonale
Erkrankungen, Niereninsuffizienz, zerebrale Durchblutungsstörungen, koronare
Herzerkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus und Adipositas, mahnen zur
Zurückhaltung vor großen transperitonealen Rekonstruktionsverfahren. Grundsätzlich besteht eine Indikation zur Intervention bzw. Operation im Stadium II b
nach Fontaine nur bei stark eingeschränkter Gehstrecke und im Stadium
III und IV (Abb. 8). Der Gefäßchirurg hat
sich bei seinen therapeutischen Überlegungen drei Fragen zu stellen:
fahrung des Teams beeinflusst. Die Resultate kruraler bzw. pedaler Rekonstruktionen rechtfertigen eine chirurgische Revaskularisation bei Patienten mit kritischer
Beinischämie auf Grund einer pAVK oder
diabetischen Gangrän [16, 4] (Abb. 10).
Eine Amputation sollte möglichst erst
nach Erreichen einer maximalen Revaskularisation sowie nach Abklingen eines
eventuellen Begleitinfektes vorgenommen
werden. Von zentraler Bedeutung ist beim
alten Menschen aus Gründen der Rehabilitation eine Verschiebung der Amputationsgrenze in die Peripherie. Oft sind
auch interventionelle Eingriffe in der Lage, das Amputationsergebnis abzusichern
und Teile der Extremität zu erhalten.
Abb. 9: Angiographische Darstellung
eines femorofemoralen Cross-over Bypass von rechts nach links.
Abb. 8: Trockene Gangrän.
@ Soll operiert werden? Eine absolute Indikation besteht bei Bedrohung der Extremität im Stadium III und IV (kritische Beinischämie).
@ Darf operiert werden? Ist die Operationsindikation klinisch gegeben, so müssen
allgemeine Operabilität und Spontanprognose des Patienten abgeklärt werden.
@ Kann operiert werden? Sind klinische Indikation und allgemeine Operabilität
gegeben, so wird die technische Operabilität mittels Farbduplexsonographie/
Angiographie (MR-Angiographie – digitale Subtraktionsangiographie) abgeklärt.
Operationstechnische Überlegung. Weniger belastende Operationen, wie z.B.
der femoro-femorale oder ilio-femorale
Crossover-Bypass oder die axillo-femorale oder bi-femorale Rekonstruktion, die
den zentralen Eingriff nach peripher verlagern, stellen hier eine äußerst sinnvolle
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Alternative zum transperitonealen Eingriff dar. Der Crossover-Bypass mit einer
5-jährigen Durchgängigkeitsrate von 85%
ist dann auch beim älteren Patienten zu bevorzugen [9] (Abb. 9). Auch die kombinierte zentrale, perkutane transluminale
Angioplastie (PTA) und die anschließende periphere Rekonstruktion ist ein geeignetes Konzept, um bei älteren Patienten die periphere Durchblutung risikoarm zu verbessern. Interventionelle
Verfahren sind in enger Zusammenarbeit
mit Angiologen und interventionell tätigen Radiologen auszuschöpfen.
Die invasiven, interventionellen und
operativen Behandlungsmaßnahmen müssen getrennt nach verschiedenen Lokalisationen betrachtet werden. Als operative
Therapiemöglichkeit stehen die verschiedenen Bypass-Verfahren mit Kunststoffprothesen oder autologem Venenmaterial
zur Verfügung. Es ist zu berücksichtigen,
dass die chirurgische Gefäßrekonstruktion in der Gliedmaßenperipherie ein
weitaus geringeres Risiko quoad vitam einschließt, als beispielsweise wiederherstellende Eingriffe an der großen Bauchschlagader. Andererseits ist das Risiko
quoad functionem wesentlich größer. Der
klinische Erfolg wird einerseits vom Kaliber der distalen Empfängerarterie, vom
Strömungswiderstand sowie von Durchflussgröße und Bypassmaterial und nicht
zuletzt auch von der gefäßchirurgischen Er-
Ergebnisse. Früh- und Spätergebnisse
der Eingriffe iliakaler Gefäßabschnitte variieren in Abhängigkeit von der Ausdehnung des Gefäßprozesses und der Existenz der Begleiterkrankungen. Die Operationsletalität liegt heute zwischen 1%
Abb. 10: Periphere Revaskularisation
im Sinne eines femoropoplitealen und
cruropedalen Venenbypass.
39
A N G I O LO G I E : C H I R U R G I S C H E M A ß N A H M E N
und 3%. Nach fünf Jahren sind durch- werden zwecks Beurteilung bewusst zuschnittlich noch 95% der rekonstruierten rückgelassener fraglich vitaler DarmabGefäße funktionstüchtig. Die Sterberate schnitte, bei Neuauftreten peritonitischer
beträgt nach fünf Jahren 20-25%. Für die Symptome, pathologischer Serum-LakSpätletalität stehen kardiale Ursachen, Ma- tat-Spiegel, und beim nachgewiesenen Melignome und zerebrovaskuläre Komplika- senterial-Arterienreverschluss.
tionen an den ersten Stellen.
Die Langzeitergebnisse der perkutanen
Ergebnisse. Die Operationsletalität zeigt
transluminalen Angioplastie im femoro- im Laufe der letzten zehn Jahre einen deutpoplitealen Gefäßabschnitt sind bei älte- lichen Rückgang [15]. Hierfür sind zum
ren Patienten praktisch gleich günstig wie einen die Fortschritte in der radiologibei den jüngeren Geschen und laborchemiMinimal-invasive
fäßpatienten. Für den
schen Diagnostik, zum
femoro-popliteo-kruraanderen auch die AusTherapieverfahren sind
len Abschnitt sind die
in enger interdiszipinärer schöpfung der chirurgiautologen Wiederherschen Therapie, sowie
Zusammenarbeit
stellungs-Verfahren als
die Fortschritte auf dem
auszuschöpfen
die Methode der Wahl
Gebiet der Anästhesie
anzusehen. Die Operaund Intensivmedizin
tionsletalität beträgt ca. 4%. Die Lebens- verantwortlich. Wesentlich ist jedoch das
erwartung, abhängig vom biologischen „Darandenken“, wodurch das Zeitintervall
Alter der Patienten und seiner Risikofak- zwischen Krankheitsbeginn und Operatoren, liegt bei 50% nach fünf Jahren.
tion verkürzt werden kann [5, 11].
Chirurgische Therapie des akuten
Mesenterialgefäßverschlusses
Die akute mesenteriale Ischämie, der am
häufigsten eine Embolie bzw. Thrombose der Arteria mesenterica superior zugrunde liegt, manifestiert sich mit anfangs klinisch unspezifischen, wechselnden abdominellen Symptomen, wodurch die
korrekte Diagnose meist erst spät gestellt
wird. Diese Verzögerung in der Diagnosestellung erhöht die Mortalität sehr [5].
Operationsindikation. Bei akutem Abdomen und embolischem Streuherd ist
die akute mesenteriale Ischämie immer in
die Differentialdiagnostik einzubeziehen.
Im Zweifelsfall besteht stets die Indikation
zur notfallmäßigen Laparatomie.
Operationstechnik. Folgende Verfahren kommen in Betracht: Embolektomie,
Thrombendateriektomie, Bypass oder
Reinsertion der A. mesenterica superior,
Darmresektion oder Kombinationseingriffe im Sinne von Gefäßrekonstruktion
und Darmresektion. Die venöse Thrombektomie kommt zum Einsatz, wenn eine
venöse Thrombose ursächlich für die akute Mesenterialischämie ist. Die Secondlook-Operation sollte nur durchgeführt
40
Schlussfolgerung
Ziel ist eine menschlich ethische Medizin
bzw. Chirurgie mit zurückhaltender, sinnvoller Operationsindikation unter Abwägung der Durchführbarkeit, des Risikos
und der Alternativen einzelner Verfahren,
unter dem Primat der geringsten Invasivität und größtmöglicher Schonung des
Patienten. Dieses Vorgehen geschieht idealerweise in einer engen, interdisziplinären
Zusammenarbeit zwischen Angiologen,
interventionellen Radiologen und Gefäßchirurgen, um mit dem kleinsten Aufwand die Organfunktion, Extremitäten
und Integrität des Patienten für möglichst
lange Zeit zu erhalten. Die Entwicklung
und Anwendung neuer Techniken und
Therapien sind im interdisziplinären Konzept am sinnvollsten und effizientesten. Ein
gefäßchirurgisches Zentrum ist heute in
der Lage, bei allen Altersgruppen eine adäquate Behandlung mit möglichst geringer
Mortalität und Morbidität zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für unsere hochbetagten Patienten und Hochrisikopatienten.
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for recently symptomatic carotid stenosis: final
results of the MRC European Carotid Surgery Trial
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Korrespondenzadresse:
Dr. L.G. Claeys,
ltd. Arzt der Abteilung für Gefäßchirurgie, Marienhospital Herne,
Klinikum der Ruhr-Universität
Bochum, Hölkeskampring 40,
44625 Herne, eMail: Luc.Claeys@
ruhr-uni-bochum.de
GERIATRIE JOURNAL 6/06
ARTHROSE: PFLANZLICHE
NUTRITIVE
T H E R A P I E - A LT E R N AT I V E
Schmerzreduktion und Entzündungshemmung durch Hagebuttenextrakt
Jens Bielenberg, Westerhorn
Bei der Suche nach neuen Strategien zur Linderung degenerativer Prozesse der Arthrose ist das Arsenal von Pflanzenstoffen durch ein standardisiertes Nahrungsergänzungsmittel aus Hagebuttenpulver erweitert
worden. Der Artikel gibt einen Überblick über das zur Zeit vorliegende
wissenschaftliche Erkenntnismaterial.
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Foto: Rolf Zapf – FOTOLIA
A
rthrose ist eine der häufigsten Ge- tamin C, E und Selen genutzt. Klinische
lenkerkrankungen überhaupt und Studien haben gezeigt, dass das nach den
sie kann jeden treffen. Die Ursa- bisherigen Erkenntnissen gut verträglichen sind zahlreich, z.B. das Älterwerden. che standardisierte Pulver aus dem Samen
Über viele Jahre und
und der Schale der
Nach bisherigen
Jahrzehnte hinweg wird
Früchte der Hagebutte,
Erkenntnissen hemmt
die schützende Knoreines Subtyps von Rosa
pelschicht im Gelenk
canina, bestimmte Funkdas Pulver bestimmte
täglich beansprucht.
tionen der Leukozyten,
Funktionen der
Elastizität und Widerdie bei der Arthrose zu
Leukozyten, die bei
standskraft des KnorEntzündungen und Geder Arthrose zu
pelgewebes gehen im
webeschädigungen fühLaufe der Zeit verloren.
ren können, hemmt. FerEntzündungen und
Der Knorpel wird dünGewebeschädigungen ner weisen die Studien
ner und raut auf. Dies ist
darauf hin, dass das Pulführen können
einer der Gründe, waver schützend auf Zellrum die Arthrose bei älmembranen und damit
teren Menschen so häufig ist. Ab 60 ist den Aufbau und den Zerfall des Knorfast jeder vom Gelenkverschleiß betrof- pelgewebes wirkt.
fen (Abb. 1). Dies bedeutet aber nicht,
dass jeder ältere Mensch zwangsläufig
Anwendung der Hagebutte
und im Wortsinne unter Arthrose leidet. Zu welchem Zeitpunkt der Ge- In Nord- und Mitteleuropa steht die Anlenkverschleiß schmerzhaft und damit wendung von Hagebutte gegen Erkälwirklich krankhaft wird, ist individuell tungserkrankungen im Vordergrund. In
der Türkei wird Rosa canina L traditiosehr verschieden.
Diätetische Maßnahmen gehören ge- nell als Magentee aufgrund der gastronau wie physikalische Therapien zum protektiven Eigenschaften angewendet.
Präventions- und Behandlungskonzept
bei Beschwerden des Bewegungsapparates. Der Zusammenhang zwischen entzündlichen Prozessen – speziell bei Erkrankungen der Gelenke – und der Ernährung ist seit langem bekannt. In der
Ernährungstherapie werden z.B. die Effekte der Omega-3-Fettsäuren auf die
Prostaglandin- und Leukotrienbildung
sowie die antioxidativen Effekte von Vi-
Studien weisen darauf hin, dass das
Pulver der Hagebutte schützend gegenüber dem Zerfall des Knorpelgewebes
wirkt.
Eine Untersuchung am Institut für Pharmakognosie der Universität Ankara, Türkei, ergab, dass die frischen Früchte von
Rosa canina einen statistisch signifikanten gastroprotektiven Effekt haben, der
stärker als der der Referenzsubstanz Misoprostol war [6].
Dioscurides empfahl die getrockneten
Früchte bei Darmkatarrh. Bock beschrieb
die stopfenden Eigenschaften, Matthiolus verwendete die Beeren gegen Ruhr, die
Kerne gegen Steinleiden [1]. Im Mittelalter wurde die Hagebutte in der tradi-
Abb. 1: Elastizität
und Widerstandskraft des Knorpelgewebes gehen
im Laufe der Zeit
verloren.
41
ARTHROSE: PFLANZLICHE
tionellen europäischen Medizin zum Ausschwemmen angewendet [3].
Hagebutten werden frisch, getrocknet
oder als Lebensmittelzubereitung in Form
von Suppen, Likören, Gelee oder Marmelade verzehrt oder als Früchtetee angeboten. Bekannt ist der hohe Gehalt an
Vitamin C. Die Hagebutte liefert darüber hinaus aber auch Ballaststoffe, ein
breites Spektrum an Vitaminen und Spurenelementen sowie sekundären Pflanzenstoffen wie z.B. Lycopin.
Inhaltsstoffe und
Wirkungsweise
Klinische Studien haben gezeigt, dass
standardisiertes GOPO®-Hagebuttenpulver die Symptome der Arthrose deutlich reduzieren kann. Die Patienten
berichten von einer Linderung der
Schmerzen und einer Zunahme der Beweglichkeit der Gelenke. Schmerzmittel
können durch die Ernährungstherapie
eingespart werden. Die aktiven Inhaltsstoffe der Hagebutte sind hitzelabil und
dürfen nicht über 40 °C erhitzt werden,
so dass die Zubereitung durch ein schonendes Verfahren erfolgen muss. In Hagebuttentee oder -marmelade ist die ernährungsphysiologisch wichtige aber hitzelabile Komponente nur in geringen
NUTRITIVE
T H E R A P I E - A LT E R N AT I V E
Mengen enthalten ist. Die Haupteffekte
der Hagebutte sind:
@ Hemmung der Chemotaxis von
Leukozyten
@ Senkung der Menge an C-reaktiven
Protein
@ Antioxidative Wirkung
Weiße Blukörperchen (Leukozyten) wie
polymorphkernige Leukozyten sind an
Entzündungen beteiligt, indem sie in
dem von der Arthrose betroffenen Gelenk
Gewebsschäden und Schmerzen auslösen. Sie schädigen das Gelenk, indem sie
abbauende Enzyme sowie toxische, freie
Radikale freisetzen. Die Leukozyten werden ins Entzündungsgebiet gelockt (Chemotaxis) und zeigen eine amöboide Be-
weglichkeit, die es ihnen ermöglicht,
durch Zellwände hindurchzutreten und
ins Bindegewebe zu wandern, wo sie Gewebetrümmer, Fremdmaterial sowie
Krankheitserreger phagozytieren. Bei Aktivierung setzen sie Leukotriene und reaktive Sauerstoffspezies, die am Entzündungsgeschehen beteiligt sind und Target etablierter Antiphlogistika sind.
Hagebuttenpulver bremst die Anlockung,
so dass weniger Leukozyten in das geschädigte Gelenk einwandern und der
Entzündungsprozess unterbrochen wird.
Zusätzlich wirkt GOPO-Hagebuttenpulver antioxidativ und neutralisiert die
reaktiven Sauerstoffspezies, die knorpelabbauend wirken. Im Laboratoire de
Abb 2. Chemotaxis von Leukozyten
Der Enzündungsprozess
CRP
42
GOPO®:
ein Galaktolipid
Abb. 3: Ergebnisse der dänischen Studie
100
Studienbeginn
mit Litozin®
80
-50%
-44%
60
%
Das C-reaktive Protein ist ein sehr
empfindlicher Laborwert für krankhafte Veränderungen, besonders für
Entzündungen und speziell bei bakteriellen und viralen Infektionen sowie
bei rheumatisch und immunologisch
bedingten Entzündungen. CRP ist bei
folgenden Erkrankungen deutlich
erhöht: bei allen akuten Arthritiden,
Löfgren Syndrom, infektreaktiven
Arthritiden, M. Reiter, rheumatischem
Fieber, juveniler chronischer Arthrits,
M. Bechterew und Psoriasisarthritis.
In der Rheumatologie ermöglicht das
C-reaktive Protein zum einen eine
Unterscheidung zwischen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen
und nicht entzündlich-rheumatischen
Erkrankungen, andererseits ist es ein
wichtiger Laborwert für die Verlaufskontrolle von Erkrankungen und die
Therapiekontrolle.
40
20
0
Schmerzen
Schmerzmittel*
GERIATRIE JOURNAL 6/06
ARTHROSE: PFLANZLICHE
NUTRITIVE
T H E R A P I E - A LT E R N AT I V E
Pharmacologie et Pharmacie in Lille,
Frankreich, konnte ein Forscherteam belegen, dass die antioxidativen Effekte von
Rosa canina nicht nur auf Ascorbinsäure zurückzuführen sind, sondern ebenfalls
auf die in der Pflanze vorkommenden
Phenole, wie Proanthocyanidine und Flavonoide [5].
Die positiven ernährungsphysiologischen Effekte bei Arthrose werden jedoch
einem anderen Inhaltsstoff zugeschrieben. In einer Gemeinschaftsstudie dreier
Forschungseinrichtungen in Dänemark –
des dänischen Instituts für Landwirtschaft, des Kopenhagener Universitätskrankenhauses und dem Institut für Pharmazie – konnte mit GOPO, einem
Galaktolipid, der aktive Inhaltsstoff identifiziert und mittels eines komplizierten
Fraktionierungsverfahrens isoliert wer-
Anzahl Patienten (%)
den. Das Galaktolipid wurde in Verbin- und fanden beim Crotonöl-induzierten
dung mit dem speziellen Herstellungs- Ohrödem der Maus dosis-abhängig eine
verfahren patentiert. Es konnte in vitro stärker entzündungshemmende Eigennachgewiesen werden,
schaft als die VergleichsStudien zeigten
dass GOPO die Migrasubstanz Bethametason.
eine Verbesserung
tion polymorphkerniger
Beim Carragenin induLeukozyten hemmt und der Gelenkschmerzen zierten Pfotenödem der
in vivo die Serum-konMaus zeigte Monogalaknach 3-4 Monaten
zentrationen an C-reaktosyldiacylglycerol sogar
tiven Protein senkt [10].
eine stärker entzünIn einer klinischen Studie mit GOPO dungshemmende Wirkung als Indosank der CRP-Wert bereits nach zehn methacin bei erheblich geringerer ToxiTagen um durchschnittlich 39% [7] zität.
(Abb. 2).
Die Wirksamkeit von GOPO beruht
Ein italienisches Forscherteam unter- nicht auf einer Blockade des Cyclooxysuchte verschiedene Galaktolipide (Mo- genase-Weges im Arachidonsäurestoffnogalaktosyldiacylglycerol, Digalak- wechsel, wie durch andere nichtsteroitosyldiacylglycerol und Sulphoquino- dale Antiphlogistika. Die Thrombozyvosyldiacylglycerol) auf ihre in vivo ent- tenaggregation wird durch hohe Dosen
zündungs-hemmenden Eigenschaften GOPO nicht beeinflusst. Winther konnte in einer Untersuchung eine Interaktion
zwischen Hagebutten und Warfarin hinAbb. 4: Ergebnisse der norwegischen Studie
sichtlich Effekten auf die Blutkoagulation
25
und die Plättchenaggregation ausschlie®
Litozin
Plazebo
signifikant mit p = 0,035
ßen [11] (Abb. 3).
20
15
Wirksamkeitsnachweis
10
Chrubasik und Mitarbeiter sichteten in
einer weltweiten Datenbankrecherche zurück bis 1985 Studien zu Rosa canina.
Insgesamt wurden 88 Zitate geprüft und
vier randomisierte kontrollierte Studien
[8, 9] identifiziert sowie zwei Untergruppenanalysen [7] berücksichtigt. Alle Studien wurden mit einem Pulver aus
den Samen und der Schale der Früchte
eines Subtypes von Rosa canina L bei Patienten mit Osteoarthritis durchgeführt.
Die zwei großen Studien waren von hoher Qualität und zeigten eine Verbesserung der Gelenkschmerzen nach 3-4 Monaten. Die Ernährungstherapie mit 5 g
Pulver war in beiden Studien signifikant
gegen Plazebo (n = 112, p < 0,01; n = 100,
p < 0,05). Die Aktivitäten des täglichen
Lebens fielen den Probanden leichter, die
Begleitmedikation konnte deutlich reduziert werden [4] (Abb. 4 und 5).
5
0
starke Schmerzreduktion
fast völlige Schmerzfreiheit
Patienten mit starker Schmerzreduktion und fast völliger Schmerzfreiheit nach vier
Monaten Behandlung.
Abb. 5: Ergebnisse der norwegischen Studie
Verbesserung mit
@ Litozin®
@ Plazebo
Passive Beweglichkeit der Hüfte
GERIATRIE JOURNAL 6/06
Streckung
40,0%
6,7%
Innenrotation
35,0%
24,0%
Außenrotation
17,1%
10,0%
Fazit
Der Hagebuttenextrakt GOPO bzw. die
entsprechenden Nahrungsergänzungsmittel erweitern das Arsenal von Thera-
43
ARTHROSE
piestrategien zur Behandlung der Arthritis um eine interessante nutritive
Komponente. In Grundlagenstudien
wurde eine Hemmung der Lipid-Oxidation sowie der Leukozyteneinwanderung
in das Entzündungsgeschehen nachgewiesen. GOPO konnte den Serumspiegel des C-reaktiven Proteins deutlich senken. Die Symptome der Patienten, wie
Schmerzen und Morgensteifigkeit, erfuhren bei einer guten Verträglichkeit eine signifikante Besserung. Der Schmerzmittelverbrauch konnte deutlich reduziert werden.
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in der tradiotionellen Medizin Kooperation
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has no impact on coagulation platelet function
and fibrinolysis. In: Proceedings of the Third
international Exhibition and conference on
Nutraceuticals and Food for Vitality Geneve, May
2000 Switzerland
Apotheker Jens Bielenberg,
Bahnhofstr. 53,
25364 Westerhorn
44
P U B L I K AT I O N E N : F A C H B Ü C H E R
Aktive Gesundheitsförderung
im Alter
Gerade ist die zweite aktualisierte und
erweiterte Auflage des Präventionsprogrammes für Ältere aus dem AlbertinenHaus erschienen. Unter der Leitung von
Professor Dr. H. P. Meier-Baumgartner
hat das Team am Albertinen-Haus ein
Programm zur aktiven Gesundheitsförderung im Alter entworfen und auch
auf den Weg gebracht. Hier wird das
für die Geriatrie so wichtige Thema Prävention in einer einfachen und überzeugenden Anleitung zur Erarbeitung
und Umsetzung eines individuellen Präventionskonzeptes angeboten. Es ist auf
die Bedürfnisse von Durchschnittsbürgern zugeschnitten und baut auf Eigenverantwortung. Ein spannendes und
wichtiges Buch für jeden in der Geriatrie Tätigen. In diesem Sinne ist auch
nicht verwunderlich, dass dieses Präventionsprogramm den Deutschen Präventionspreis 2005 erhielt. Die erste
Auflage von 2004 war schnell vergriffen,
denn das Programm „Aktive Gesundheitsförderung im Alter“ ist für uns alle wichtig. Im Vorwort wird darauf hingewiesen, dass alle gesetzlichen Krankenkassen inzwischen ihre Bereitschaft
zur Kostenübernahme gemäß der jeweiligen Satzung erklärt haben. So ist eine wichtige Voraussetzung geschaffen,
dass das Präventionsprogramm tatsächlich breitenwirksam umgesetzt werden
kann.
Aktive Gesundheitsförderung im
Alter – Ein neuartiges Präventionsprogramm für Senioren.
Von Hans Peter Meier-Baumgartner,
Ulrike Dapp, Jennifer Anders.
2. aktualisierte und erweiterte
Auflage,
Kohlhammer Verlag 2006,
183 Seiten, Format 23,5 cm,
ISBN 3-17-019327-9,
Euro 29,00
Älter werden wir jetzt –
Lebenskunst statt Anti-Aging
Die Wissenschaftsjournalisten Eva Tenzer (Die
Zeit, Bild der Wissenschaft, Geo, Psychologie
heute) wirft mit diesem
niveauvollen und leicht
lesbaren Ratgeber einen
positiven und wohwollenden Blick auf das Älterwerden. Unter dem
Motto „Lebenskunst
statt Anti-Aging“ trägt
sie wissenschaftliche Erkenntnisse aus vielen verschiedenen Fachdisziplinen von Geriatrie und Alternsforschung
über Sport- und Ernährungswissenschaften sowie Psychologie zusammen
und präsentiert die Ergebnisse dieser
Studien unterhaltsam und sachlich auf
den Punkt gebracht im Reportage-Stil.
Eva Tenzer zeigt unter anderem anhand
von Lebensgeschichten
und Experteninterviews
auf, wie erfülltes und erfolgreiches Älterwerden
konkret aussehen kann
und auf was es dabei ankommt.
Im Unterschied zu vielen anderen populären
Ratgebern auf diesem
Gebiet, setzt die Autorin
nicht auf Euphemismen
und Verdrängungsstrategien, sondern auf eine
realistische, selbstbewusste Grundhaltung im Alter. Sie beschreibt, wie Menschen ihre physischen
und psychischen Ressourcen optimal
nützen können, um im Alter glücklich
zu leben. Das Buch vermittelt vielfältige Strategien, die das Wohlbefinden fördern. Für den schnellen Leser sind die
GERIATRIE JOURNAL 6/06
P U B L I K AT I O N E N : F A C H B Ü C H E R
wichtigsten Punkte am Ende der Kapitel in Listen mit jeweils zehn konkreten Tipps zusammengefasst. Viele dieser Ratschläge können auch Ärzte mit
wenigen Worten regelmäßig in die Beratung ihrer älteren Patienten einfließen
lassen, denn so manche medizinische
Therapie wird durch eine stabilisierte
Psyche sicher noch effektiver. Das Buch
sollte deshalb nicht nur im Wartezimmer ausliegen …
isi
Älter werden wir jetzt –
Happy Aging statt Forever Young.
Eva Tenzer. Krüger Verlag,
Frankfurt a. M., 2005,
broschiert: 284 Seiten,
ISBN 3-8105-2022-5,
Euro 13,90.
Sicher wohnen:
Wenn Alzheimer-Patienten weglaufen
Zu den typischen
Verhaltensmustern
von Alzheimer-Patienten gehören die
Ruhelosigkeit und das
Weglaufen. Sie stellen
für die Pflegenden ein besonderes Problem dar, da
der Patient durch den Verlust seiner Orientierungsfähigkeit oft nicht mehr nach
Hause findet. Deshalb ist ein
Erkrankter, der alleine unterwegs
ist, in Gefahr. Besonders im mittleren Stadium der Krankheit ist es
enorm wichtig, Schutzmaßnahmen zu
treffen, die dem Weglaufen vorbeugen.
Auch ist es hilfreich zu wissen, was zu
tun ist, wenn der Alzheimer-Kranke
vermisst wird.
Die Broschüre „Wenn Alzheimer-Patienten weglaufen“ gibt Hinweise, warum ein Patient weglaufen will und wie
man dem vorbeugen kann. Da es fast
unmöglich ist, den Erkrankten immer
im Auge zu haben, sollten Vorkehrun-
Sicher leben auch im Alter –
Sturzunfälle sind vermeidbar
Im Jahr 2005 sind in
Deutschland rund 5.600
Senioren durch einen
Haushaltsunfall gestorben, rund 4.800 von ihnen durch einen Sturz.
Die Zahl der Verletzten
und Schwerverletzten lässt
sich nur schätzen, misst
sich aber nach Hunderttausenden. Tipps, wie Senioren einen Sturzunfall
vermeiden können, gibt
die aktualisierte Neuauflage der Broschüre „Sicher leben auch
im Alter. Sturzunfälle sind vermeidbar“
der Aktion Das sichere Haus (DSH),
Hamburg. Auf 32 Seiten geht es etwa
um Stolperfallen wie hochstehende TepGERIATRIE JOURNAL 6/06
pichkanten, lose Badezimmermatten und lange Telefonkabel, und
gutes Licht auf Treppen
oder um riskante Steighilfen (Bierkästen, Telefonbücher, Sofalehnen) anstelle der sicheren Haushaltsleiter. Auf
aktuellem Stand sind
Ratschläge, Literatur
und Adressen für
Wohnraumanpassung
und selbst bestimmtes
Wohnen im Alter.
Viele Sturzunfälle von Senioren haben
nur bedingt äußere Ursachen. Deshalb
geht die Broschüre auch auf gesunde
Ernährung, Osteoporose oder sportliche
gen getroffen werden, die das Verlassen der Wohnung oder des
Hauses verhindern.
Aber selbst alle Sicherheitsmaßnahmen können nicht
garantieren, dass ein Alzheimer-Kranker nicht
doch unbemerkt das
Haus verlassen kann.
Dann ist sofort die
Polizei zu informieren, denn ein vermisster Alzheimer-Patient sollte immer wie ein Notfall behandelt werden. Welche Schritte
darüber hinaus helfen, den Kranken so
schnell wie möglich zu finden, werden
ebenfalls erklärt.
Die Broschüre „Sicher wohnen:
Wenn Alzheimer-Patienten weglaufen“ kann bei der
Alzheimer Forschung Initiative eV.,
Grabenstraße 5,
40213 Düsseldorf,
kostenfrei angefordert werden.
Bewegung für Senioren ein, um Kraft
und Reaktionsvermögen zu stärken. Ein
weiterer Abschnitt richtet sich an pflegende Angehörige. Ob Hautschutz,
rückenschonendes Heben und Tragen,
der manchmal nötige „gesunde“ Egoismus oder die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die Broschüre „Sicher leben
auch im Alter – Sturzunfälle sind
vermeidbar“ gibt es bei der
Aktion DSH,
Stichwort „Senioren“,
Holsteinischer Kamp 62,
22081 Hamburg.
45
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms
Sorafenib verdoppelt das
progressionsfreie Überleben
Das neue Nierenkrebsmedikament Sorafenib (Nexavar®) ist nun auch in
Deutschland erhältlich. Die Zulassung
erfolgte für die Therapie des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms bei Patienten, bei denen eine Behandlung mit
Interferon-alpha oder Interleukin 2 erfolglos blieb bzw. die für eine solche Therapie nicht geeignet sind. Damit steht
für das fortgeschrittene Nierenzellkarzinom eine neue und effektive Therapieoption für diesen aggressiven Tumor zur
Verfügung, denn Sorafenib verdoppelt
die progressionsfreie Überlebenszeit.
Dies belegen die Ergebnisse der Plazebo-kontrollierten Phase-III-Studie TARGETs (Treatment Approaches in Renal
Cancer Global Evaluation Trial) an insgesamt 905 Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom. Die progres-
sionsfreie Überlebensrate konnte unter
Sorafenib signifikant verlängert werden
(24 Wochen versus 12 Wochen unter Plazebo). Auch die Gesamtüberlebensrate
konnte signifikant verbessert werden, erläuterte Priv.-Doz. Dr. med. D. Strumberg aus Herne anlässlich eines PresseWorkshops in Köln. Auf Grund dieser
Daten wurde die Plazebo-Gabe gestoppt
und alle Patienten erhielten Sorafenib.
Die Verlaufsuntersuchung ergab auch bei
den zuvor mit Plazebo-behandelten Patienten ähnlich gute Ergebnisse hinsichtlich der objektiven Remission, progressionsfreien Überlebenszeit und Gesamtüberlebenszeit. Derzeit laufen
Studien, in denen die Wirksamkeit von
Sorafenib bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom ohne Vorbehandlung geprüft wird.
Orales Hydromorphon bei chronischen Schmerzen
Neue Galenik ermöglicht 24-h-Wirkung
Während die meisten oralen Opioide eine Wirkdauer von acht bis zwölf Stunden haben, vereinfacht das Stufe-IIIOpioid Hydromorphon unter dem
Handelsnamen Jurnista® das Management chronischer Schmerzen: Bei einer
einmal täglichen Einnahme hat es eine
Wirkdauer von 24 Stunden. Bei dem
Präparat handelt es sich um ein osmotisch aktives System, das auf der
OROS®-Technologie basiert und das
Prinzip der Osmose nutzt, wie Prof. Dr.
R. Gröning aus Münster anlässlich einer Pressekonferenz in München erläuterte.
Dieses Hightech-Arzneimittel besteht
aus einer semipermeablen Außenhülle
aus Zelluloseacetat, überzogen von einer
dünnen Ummantelung. Im Inneren befinden sich ein Quellkörper und der
Wirkstoff. Nach Einnahme des Präparates dringt Wasser ins Innere (Pull-
46
Komponente), der Quellkörper dehnt
sich aus und gibt kontinuierlich über
24 Stunden Hydromorphon nach außen
ab (Push-Komponente). Auf diese Weise
wird ein gleichmäßiger Plasmaspiegel
erreicht, der von der Nahrungsaufnahme nahezu unabhängig ist.
Die analgetische Wirksamkeit von
Hydromorphon wurde in zahlreichen
Studien nachgewiesen. Schmerzfreiheit
bedeutet auch eine bessere Schlafqualität,
wie Priv.-Doz. Dr. R. Sabatowski aus
Köln erläuterte. Dies zeigte eine Studie
an 140 Patienten mit Arthroseschmerzen. Die Scorewerte des Medical Outcomes Study (MOS) Sleep Problem Index I wurden unter Jurnista deutlich
stärker reduziert als in der Vergleichsgruppe unter retardiertem Oxycodon.
Mit anderen Worten: Der Nachtschlaf
konnte verbessert und damit die Tagesschläfrigkeit reduziert werden.
Sorafenib eröffnet neue Wege in der Tumortherapie und stellt eine neue Behandlungsstrategie dar. Als MultikinaseInhibitor hemmt Sorafenib sowohl die
Proliferation der Tumorzellen als auch die
Tumorangiogenese – zwei Prozesse, die
das Tumorwachstum ermöglichen. Damit
wirkt Sorafenib gezielt auf die Tumorzelle ein, während die konventionellen Chemotherapeutika unspezifisch alle Körperzellen angreifen. Zudem bietet Sorafenib
den Vorteil, dass es auch in Tablettenform
eingenommen werden kann. Dadurch
wird die gezielte ambulante Therapie möglich – ein eindeutiger Fortschritt, so Dr.
A. Tsamaloukas, niedergelassener Onkologe in Hilden. Denn die Darreichungsform vereinfacht die Behandlung und ist
weniger belastend für die Patienten als Injektionen oder Infusionen.
RM
Presse-Workshop „Neue Entwicklungen in der Therapie des Nierenzellkarzinoms“, 6. Juli 2006 in Köln,
Bayer HealthCare, Leverkusen;
www.bayerhealthcare.com
Schmerzfreiheit und erholsamer
Schlaf sind zwei Faktoren, die für den
Patienten mit chronischen Schmerzen
besonders wichtig sind, damit sie ihren
üblichen Alltagsaktivitäten nachkommen und aktiv am Leben teilnehmen
können, betonte Dr. J. Horlemann aus
Kevelaer. Die einmal tägliche Einnahme des Präparates fördert zudem die
Compliance der Patienten. Die Tageseinteilung wird für die Betroffenen flexibler.
Fazit: Jurnista vereinfacht die Therapie bei chronischen Schmerzen. Es erfüllt die geforderten Ziele an ein modernes Analgetikum wie lang andauernde Schmerzfreiheit, Erhalt der
täglichen Aktivität, Einfachheit der
Durchführung und Verbesserung der
Schlafqualität.
RM
Pressekonferenz „Jurnista –
Eine neue Klasse in der Schmerztherapie“, 9. August 2006 in
München, Janssen-Cilag, GmbH,
Neuss; http://www.janssen-cilag.de
GERIATRIE JOURNAL 6/06
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Ankylosierende Spondylitis
Zulassungserweiterung für Adalimumab
Adalimumab (Humira®), ein TNF-alphaBlocker, wird bereits bei der aktiven rheumatoiden Arthritis und der Psoriasis-Arthritis erfolgreich eingesetzt. Mittlerweile wurde Adalimumab für eine weitere
Autoimmunerkrankung zugelassen, nämlich zur Behandlung der ankylosierenden Spondylitis (AS, Morbus Bechterew).
Die Zulassungserweiterung stellt eine
neue Therapieoption dar, von der die Betroffenen in hohem Maße profitieren
können, so das Fazit einer Pressekonferenz in Frankfurt. Denn Adalimumab
führt nicht nur zur Symptombesserung
der artikulären und extrartikulären Ma-
nifestationen, sondern auch zur Hemmung der Progression der Erkrankung.
Dies belegen u.a. die Ergebnisse der
ATLAS-Studie (Adalimumab Trial Evaluating Long-Term Efficacy and Safety in
AS), einer doppelblinden, plazebokontrollierten Phase-III-Studie an insgesamt
315 Patienten mit ankylosierender Spondylitis. Wie Prof. Dr. med. J. Sieper aus
Berlin ausführte, erhielten die Patienten
alle 14 Tage Adalimumab über einen Zeitraum von 24 Wochen. Bereits zwölf Wochen nach Therapiebeginn erreichten
58% der Patienten unter Adalimumab
(Plazebo 21%) den primären Endpunkt
Insomnie
Gute Erfahrungen mit Chloralhydrat
Es gibt Erholungsfunktionen, die ausschließlich im Schlaf stattfinden. Tiefschlaf
in den ersten 4-5 Stunden sei z.B. wichtig für ein intaktes Immunsystem, erklärte Prof. Dr. Jürgen Zulley im Rahmen eines Satelliten-Symposiums, das anlässlich
14. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin (DGSM) in Regensburg stattfand. Entscheidende Funktionen brauchen Ruhe, so auch die Verdauung. Nachtarbeiter haben häufiger
Magen-Darm-Erkrankungen. Trotz bedrohlicher Einschränkungen wird gestörter Schlaf oft nicht ernst genommen, doch
die Folgen sind erheblich. 50% der Schlafgestörten haben mehr Gesundheitsprobleme als Normalschläfer und zusätzlich
ein erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen, die auch Einfluss auf die Mortalität haben. Insomnie kann eine Vorstufe
der Depression sein und eine Insomniebehandlung dient der Prävention. Die Gesundheitskosten bei Patienten mit Insomnie sind doppelt so hoch wie ohne.
Bei der Diagnose der Insomnie sind
organische Ursachen, eine gestörte Schilddrüsenfunktion und andere Schlafstörungen, wie die Schlafapnoe, das Restless-Legs-Syndrom, exogene oder psychiGERIATRIE JOURNAL 6/06
atrische Ursachen abzugrenzen. Die Erkrankung ist gekennzeichnet durch Müdigkeit oder Mattigkeit am Tage. Insomnie lässt sich durch Schlafhygiene
und/oder medikamentös behandeln. Die
Schlafqualität kann aber durch Schlafmittel auch abnehmen. Sie ermöglichen
zwar das Einschlafen, aber Benzodiazepine beeinträchtigen den Tiefschlaf oder
Antidepressiva verändern den REMSchlaf. Viele Schlafmittel führen also zum
Schlaf, aber nicht zu einem erholsamen.
Das Behandlungsziel lautet: Verbesserung
der Befindlichkeit und Leistungsfähigkeit
am Tag.
Die Frage des Arztes an den Patienten,
so Prof. Dr. Göran Hajak, Regensburg,
müsse darauf abgestimmt sein, sie dürfe
nicht lauten „Wie haben sie geschlafen?“
sondern „Wie haben sie den Tag verbracht?“. Den Nachtschlaf verlängern verschiedene Schlafmittel etwa gleich und
auch unter Plazebo ist eine deutliche Verlängerung der Schlafdauer erkennbar. Bei
Messung der Tagesbefindlichkeit sind jedoch Unterschiede sichtbar. Zopiclon
schneidet dabei z.B. besser ab, als ein Benzodiazepin, wie z.B. Flunitrazepam. Dessen Einfluss auf die Tagesbefindlichkeit ist
der Studie (ASAS20-Ansprechen in Woche 12). Eine partielle Remission konnte nach 24 Wochen unter Adalimumab
bei 22,1% erzielt werden (5,6% unter
Plazebo). Weiterhin wurde eine im Vergleich zu Plazebo signifikante Reduktion
der Krankheitsaktivität sowie der Sehnenentzündungen nachgewiesen. Mit der
Zulassungserweiterung von Adalimumab steht ein hochwirksamer TNF-alphaBlocker zur Verfügung, der Schmerzen
und Entzündungen lindern und zu einer
partiellen Remission führen kann. RM
Launch-Pressekonferenz „Humira® –
neue Therapieoption bei ankylosierender Spondylitis“, 11. Juli 2006 in
Frankfurt, Abbott GmbH & Co. KG,
Wiesbaden; www.abbott.de
nicht größer als der von Plazebo. Neuroleptika sind in Bezug auf die Insomnie wenig dokumentiert. Eine Überraschung
sah Prof. Hajak im Chloralhydrat: Chloralhydrat mache Schlaf und zwar tatsächlich ein physiologisches Schlafprofil.
Das machten die Antidepressiva nicht,
die Neuroleptika nicht, die Benzodiazepine nicht. Tiefschlaf, Non-REM 3 + 4
werden vermehrt, REM normalisiert. Es
gebe keinen REM-Rebound, kein Hangover, keine muskelrelaxierende Wirkung
wie bei den Benzodiazepinen. Er konkretisierte dies mit einem Datenpool von
4.000 Patienten, die in einer groß angelegten Untersuchung mit Schulnoten ihre morgendlich erreichte Erholung benotet hatten. Unter der Therapie mit
Chloraldurat® sei sichtbar: Fast alle Patienten bewerteten ihre morgendliche Erholung als gut bis sehr gut, ein kleinerer
Teil mit 3 bis 4, man „shiftet“, verschiebt
zu perfekter Schlafqualität hin.
Die Verhaltenstherapie hat die gleiche
Berechtigung wie die medikamentöse
Therapie. Aber bei drei Minuten Beratungszeit in der Allgemeinpraxis sah Prof.
Hajak dort keine Chance. Doch der Arzt
solle aus dem Spektrum der verhaltenstherapeutischen Möglichkeiten dem Patienten stets mind. einen Tipp mit nach
Hause geben. Dann hat der Patient das
Gefühl, dass er mitarbeitet und nicht in
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P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
der Schublade landet, er bräuchte nur ein
Schlafmittel zu schlucken und alles wird
besser.
Prof. Dr. Jörg Schulz, Berlin, skizzierte die geriatrische Situation. Der Anteil der
über 65-Jährigen in der Bevölkerung
nimmt zu. 30% werden davon behandlungsbedürftig, davon die Hälfte pflegebedürftig sein. Der alte Patient ist multimorbid und hat zusätzlich noch eine
Schlafstörung. Die Schlaffähigkeit nimmt
ab, die Schlafdauer ist um bis zu 1,5 Stunden reduziert. Dagegen ist die benötigte
Erholungszeit verlängert. Die Schlafstörung bedeutet eine Einschränkung der
Lebensqualität, das treibt ihn bis zur Depression. Gerade in Pflegeheimen wird
durch den falschen Rhythmus, z.B. infolge
Schichtwechsel, ein Circulus vitiosus ausgelöst. Schwestern sollen einem festen Tagesablauf folgen. Der Pflegebedürftige
liegt im Bett, wenn er noch nicht müde
ist. Die Schlafumgebung spielt oft eine
entscheidende Rolle, denn durch die Nähe zur S-Bahn oder ohne genügende Ab-
dunklung von Verkehrslicht ist kein Schlaf
möglich. Schlafhygiene und nichtmedikamentöse Therapie, das bleibt unter praktischen Bedingungen offen.
In der Geriatrie gibt es häufig 6-8 verschiedene Medikamente pro Patient und
die Frage der Wechselwirkungen ist unübersichtlich. Für die Compliance helfen
feste Zeit und Dosis, generell wird an die
niedrigste Dosierung angepasst. Theoretisch sind pflanzliche Schlafmittel einzubeziehen, dies ist aber unrealistisch, sie sind
in der Klinik oft überhaupt nicht vorhanden. Prof. Schulz verwies auf seine
persönlichen Erfahrungen in der Geriatrie. Nachdem er früher bereits mit Chloralhydrat gearbeitet habe, seien neuere
Mittel gekommen, die ihn aber wegen
Nachteilen gerade für ältere Patienten
nicht überzeugt hätten. Vor allem gebe es
paradoxe Reaktionen mit Verwirrtheit
und muskelrelaxierenden Wirkungen dies ist ein Problem, da die Patienten ohnehin Gangstörungen haben und gefährdet sind für Stürze mit Frakturen. Prof.
Restless Legs Syndrom
Vier Kriterien für die korrekte Diagnose
Das Restless Legs Syndrom (RLS) gehört
neben der Migräne zu den häufigsten neurologischen Krankheitsbildern. Dennoch
werden lediglich 13% der Patienten korrekt diagnostiziert. Dies liegt auch daran,
dass die konsultierten Ärzte mit dem
Krankheitsbild nicht genügend vertraut
sind. Hinzu kommt, dass die Patienten
Probleme haben, die Symptome präzise in
Worte zu fassen. Diese reichen von Missempfindungen in den Beinen über Kribbeln bis hin zu quälenden Schmerzen. Die
Folgen sind Fehldiagnosen wie Durchblutungsstörungen, Arthritis oder Rückenschmerzen. Am häufigsten erfolgt der
Arztbesuch auf Grund von Schlafstörungen. Sie können zu Tagesmüdigkeit, Leistungsverlust, Problemen am Arbeitsplatz
und in häufigen Fällen zu sekundären Erkrankungen wie Depressionen führen, so
PD Dr. Ilonka Eisensehr, Fachärztin für
Neurologie in München, anlässlich eines
Journalisten-Workshops.
48
Dabei lässt sich die klinische Diagnose
anhand von vier essentiellen Kriterien verifizieren, aufgestellt von der International Restless Legs Syndrome Study Group:
@ Bewegungsdrang der Beine mit unangenehmen Missempfindungen,
@ Verschlechterung der Symptome in Ruhe oder bei Inaktivität,
@ Besserung der Symptome bei Bewegung und
@ stärkere Ausprägung der Symptome
nachts oder am Abend.
Diese Minimalkriterien sind obligat für
ein RLS. Im zweiten Schritt erfolgt der
Ausschluss eines sekundären RLS, etwa
durch Eisenmangel, Schilddrüsen- oder
Nierenerkrankungen, bei dem zunächst
eine Behandlung der Grunderkrankungen erfolgt. Mittel der ersten Wahl beim
idiopathischen RLS sind Dopaminagonisten wie Pramipexol (Sifrol®). Es ist seit
April 2006 zur symptomatischen Therapie bei mittelschwerem bis schwerem
Schulz betonte, dass jetzt wieder Chloralhydrat eingesetzt wird, bei fast jeder
Schlafstörung und bisher ohne negative
Erfahrung, als Kapsel, wegen der schnellen Wirkung und wenig Nebenwirkungen
sowie der erhaltenen Gangfähigkeit. Auf
die Frage zur Relation zu Zolpidem und
Zopiclon berichtete Prof. Schulz von Toleranzentwicklung und paradoxen Nebenwirkungen. Die Unruhezustände, das
nächtliche Aufwachen hätten ihn am meisten gestört. Chloralhydrat gebe er auch bei
Übereregbarkeit und bei zerebral bedingten Unruhezuständen. Seine Erfahrungen mit Chloraldurat® in der Geriatrie seien gut und er habe gute Erfahrungen mit 250 mg gemacht.
Satelliten-Symposium auf der 14.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) am 7. Oktober 2006
in Regensburg, G. Pohl-Boskamp
GmbH & Co. KG, Hohenlockstedt;
www.pohl-boskamp.de
idiopathischen RLS zugelassen. Die Substanz, die seit 1997 zur Behandlung des
Morbus Parkinson zur Verfügung steht,
zeigte in Studien eine rasche Wirksamkeit bei RLS. Die Beschwerden besserten
sich bereits nach einer Behandlungswoche. Bei einer nur einmal täglichen (in der
Regel abends) notwendigen Einnahme
sorgt Pramipexol, nach Erreichen der vollen Wirkung, für eine ungestörte Nachtruhe. Die Folgen der massiven Ein- und
Durchschlafstörungen beim RLS wie Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwäche
bis hin zu schweren Depressionen werden verhindert beziehungsweise bilden
sich zurück. Die damit verbundene Beeinträchtigung der Leistungsfähig wird
im besten Fall vollkommen aufgehoben
und die Lebensqualität deutlich verbessert.
RM
Journalisten-Workshop „Wenn die
Nacht zum Tag wird: Restless Legs
Syndrom“, 25.Oktober 2006 in Hamburg, Boehringer Ingelheim International GmbH, Ingelheim am Rhein;
www.boehringer-ingelheim.de
GERIATRIE JOURNAL 6/06
P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Krebserkrankungen der Frau
Lymphödeme vermeiden
Die operative Therapie bei Krebserkrankungen der Frau hat oft Lymphödeme als
Folge. In einem Vortrag erläuterte Oberarzt Dr. med. Hermann Hertel vom Zentrum für Frauenheilkunde in der Medizinischen Hochschule Hannover das Sentinelkonzept bei Mamma-, Vulva- und
Zervixkarzinomen.
Speziell beim Mammakarzinom wird
das postoperative Lymphödem zum Problem. Mit dem Sentinelkonzept werden
Lymphbahnen und -knoten im operativen Eingriffsbereich (Schulter/Achsel) mit
Patentblau™ und/oder minimal radioaktiven Eiweiß (Technetium) markiert. Der
Operateur kann so deren Beschädigungen
zum ganz großen Teil vermeiden.
Im Standardverfahren des Sentinelkonzeptes bei Tumoren von 2-3 cm und freien
axilliären Lymphknoten können rund 80%
des örtlichen Lymphsystems lokalisiert werden. Dadurch schnitt im Vergleich beim
Mammakarzinom die Sentineltechnik mit
5% Lymphödem-Entstehung besser ab als
die Axilladissektion mit 13% [2]. Hier sollte die postoperative Therapie klassisch in
der Kombination Hautpflege, manuelle
Lymphdrainage, Bewegungs- und Kompressionstherapie sowie der Komplexen
Physikalischen Entstauungstherapie (KPE)
gestaltet werden, so Dr. Hertel.
Beim Vulvakarzinom stellt die Lymphabflussstörung der unteren Extremitäten ein
häufiges Problem dar. Auch hier gibt es
durch die modifizierte Vulvektomie gute
Ergebnisse. Entsteht bei der radikalen
Vulvektomie in rund 48% der Fälle ein
Lymphödem, so sind es bei der modifizierten Vulvektomie nur 12% [1].
Beim Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) zeigten Beobachtungen, dass 514% der Patientinnen postoperativ Lymphödeme erlitten. Bei der Anwendung des
Sentinelkonzepts soll die Reduktion der
Morbidität durch Verzicht der kompletten
Lymphonodektomie bei SLN-negativen
Patientinnen das Ziel sein. Zurzeit wird –
gefördert von der Deutschen Krebshilfe –
Behandlung des nicht-kleinzelligen Bonchialkarzinoms
Klare Vorteile von Docetaxel
Die Metaanalyse von sieben klinischen Studien an Patienten mit fortgeschrittenem
nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom
(NSCLC) zeigte folgendes: Patienten, die
mit Docetaxel (Taxotere®) behandelt wurden, zeigten längere Überlebensraten und
entwickelten seltener eine Granulozytopenie und febrile Neutropenien als Patienten,
die mit Vinca-Alkaloiden behandelt wurden. Im Rahmen der Metaanalyse, die erstmals bei der 42. Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO)
in Atlanta vorgestellt wurde, wurden Studien berücksichtigt, in denen Patienten
mit Docetaxel und Vinca-Alkaloiden allein
und in Kombination als Firstline-Therapie behandelt wurden.
Der Vergleich der sieben randomisierten
Studien an insgesamt 2.867 Patienten mit
NSCLC ergab unter Docetaxel (1.638 PaGERIATRIE JOURNAL 6/06
tienten) eine signifikant längere Überlebensrate gegenüber Vinca-Alkaloiden
(1.229 Patienten). Die Neutropenie, ein
häufiges unerwünschtes Ereignis in den
Studien, trat unter Docetaxel signifikant seltener auf, so Prof. Dr. Frank Griesinger,
Göttingen, anlässlich einer Pressekonferenz. Wurden nur die Studien berücksichtigt, in denen Patienten Docetaxel oder
Vinca-Alkaloide als Firstline-Therapie erhielten, ergab die Auswertung ebenfalls
signifikante Vorteile für Docetaxel.
Dieses Ergebnis entspricht der TAX 326Studie, die als Grundlage für die Zulassung
von Docetaxel als Firstline-Therapie bei
NSCLC durchgeführt wurde. In der TAX
326-Studie erhielten die NSCLC-Patienten entweder die Kombination Docetaxel/Cisplatin bzw. Docetaxel/Carboplatin
oder Vinorelbin/Cisplatin. Unter der Kom-
eine prospektive, klinische Multicenterstudie zur Detektion des Sentinellymphknotens bei Patientinnen zur Operation
des Zervixkarzinoms durchgeführt. Bisher
schneidet die kombinierte Markierungsmethode Technetium mit Patentblau u.a.
in den Bereichen Detektion und Sensitivität am Besten ab.
Am Ende der Veranstaltung zog Dr. Hertel ein positives Fazit. „Durch Anwendung
des Sentinelkonzepts kann die mit der
Lymphonodektomie verbundene Morbidität beim Mammakarzinom reduziert
werden. Die Reduktion der Rate an
Lymphödemen kann erwartet werden.
Trotzdem werden weiterhin Patientinnen
mit postoperativen Lymphödemen konfrontiert und müssen einer adäquaten
(komplexen) Entstauungstherapie zugeführt werden“.
Literatur
1. Leminen el al., Eur Obstet Gynecol Reprod Biol,
Dez., 2000
2. Mansel et al., ALMANAC Trail, J Natl. Cancer Inst,
May, 2006
Vortragsreihe des Brandes & Diesing
Vital-Centrums, Hannover
bination Docetaxel/Cisplatin wurde eine
signifikante Verbesserung der 2-JahresÜberlebensrate um 21% (14% in der Vergleichsgruppe) erzielt. Auch die Verträglichkeit war in der Docetaxel/CisplatinGruppe besser als in der Vergleichsgruppe.
Die neueren Daten der Metaanalyse belegen ebenfalls den Nutzen der Kombinationstherapie Docetaxel/Cisplatin in der
Firstline-Behandlung des NSCLC. Das
nicht-kleinzellige Karzinom hat mit einer
5-Jahres-Überlebensrate von ca. 10% ohnehin eine schlechte Prognose. Mit potenten Therapien können die Überlebensrate, die Symptomkontrolle und
schließlich die Lebensqualität deutlich gebessert werden.
RM
Pressekonferenz „Post-ASCO: Aktuelle
Therapie des NSCLC – Status Quo und
Ausblick 2006“ 8./9. 06. 2006,
Timmendorfer Strand, Sanofi-Aventis
Deutschland GmbH;
www.sanofi-aventis.de
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P H A R M A : S Y M P O S I E N & P R A X I S I N F O R M AT I O N E N
Arzneimittel- und Therapiesicherheit
der Erhaltungstherapie als effektiv. Unter Pregabalin konnte eine signifikante
Symptombesserung innerhalb der ersten
Behandlungswoche erzielt werden. Diese hielt während des ganzen Beobachtungszeitraumes an. Vor allem das schnelle Ansprechen und die gute Kombinierbarkeit machen Pregabalin interessant für
die Praxis, so Prof. Dr. T. R. Tölle aus
München. Pregabalin hat sich mittlerweile in der Therapie neuropathischer
Schmerzen etabliert. Die guten Erfahrungen stellen eine solide Basis für die Behandlung von generalisierten Angststörungen mit Pregabalin dar.
RM
rungsversion wird kostenlos angeboten.
Die Nutzungsmöglichkeiten werden kontinuierlich ausgebaut, sagte Horn. Geplant
ist die Einbeziehung patientenindividueller Daten wie z.B. Alter, BMI, Suchtverhalten, Allergie-Check sowie ein Dosiermanager, der neben Alter und BMI-Wert auch
Laborwerte berücksichtigt.
Die Vorteile des Sicherheitsmoduls i:fox
bestätigte Dr. med. H. Stanik, niedergelassener Arzt in Starnberg. Er hatte die Möglichkeit, das System zu testen und beschrieb
die Anwendung als unproblematisch, die
Bedienung als einfach. i:fox erfüllt alle Anforderungen eines interaktiven Sicherheitschecks und ist ein unverzichtbares Hilfsmittel für die ärztliche Praxis, sagte Stanik.
Angesichts der Todesfälle auf Grund unerwünschter Arzneimittelwirkungen – die
Zahl liegt in Deutschland bei etwa 35.000
– ist die Risikoreduktion ein Muss. Wie
Prof. Dr. med. habil. J. C. Frölich, Institut für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Hannover, erläuterte, ist das Wissen über die Arzneimitteltherapie in den letzten Jahrzehnten so umfangreich und komplex geworden, dass
man es dem Arzt nicht aufbürden kann.
Zudem werden immer mehr Medikamente
gleichzeitig verordnet. Dies liegt an der
Zunahme älterer, multimorbider Patienten
sowie an der Vielzahl von Indikationen, bei
denen eine Kombinationstherapie erforderlich ist. Fort- und Weiterbildung bilden
zwar die Basis der täglichen Praxisarbeit,
dennoch ist eine elektronische Unterstützung zu empfehlen. Arzneimittel-Sicherheits-Systeme können die Therapiesicherheit verbessern, die Kosten für Arzneimittel, Folgebehandlungen sowie ggf. für
Krankenhauseinweisungen senken und reduzieren den Zeitaufwand für Recherchen
im Rahmen des Verordnungsprozesses.
Den zusätzlichen Zeitgewinn kann der
Arzt für die Beratung der Patienten nutzen. Die elektronische Unterstützung der
Rezeptierung ist eine gute Möglichkeit,
die Zuverlässigkeit und Sicherheit in der
Arzneimitteltherapie zu steigern.
RM
Pressekonferenz „Neue Behandlungsoption in der GAD – Zulassungserweiterung für Pregabalin“, 23. Juni 2006
in Frankfurt, Pfizer Pharma GmbH,
Karlsruhe; www.pfizer.de
Einführungspressekonferenz
„i:fox® Arzneimittel-Sicherheits-Check
– Sicherheit ist das beste Rezept“,
1. August 2006 in Berlin, ifap GmbH,
München; www.ifap.de
Neue Software erleichtert den
Verordnungsprozess
Das neue Sicherheitsmodul i:fox® des Praxis-Software-Spezialisten ifap in München
eröffnet eine neue Dimension im Bereich
Arzneimittelsicherheit. Mit Hilfe der Software kann der behandelnde Arzt alle Interaktionen und Kontraindikationen der aktuellen Rezeptierung sofort überprüfen,
basierend auf den patientenindividuellen
Diagnosen nach ICD-10 Code.
Auch Interaktionen mit Lebensmitteln
werden gecheckt und bestehende Dauermedikationen des Patienten berücksichtigt. Bei Vorhandensein von eventuellen
Interaktionen zeigt unmittelbar nach Dateneingabe eine Rückmeldung mögliche
Probleme auf. Zur weiteren Information
kann der Arzt zusätzliche Daten des betreffenden Medikamentes einsehen, z.B.
Basisinformationen, pharmakologische Effekte und Wirkmechanismen. Zudem bietet i:fox alternative Wirkstoffe an.
Wie E. Horn, technischer Leiter des Projektes bei der ifap GmbH, anlässlich einer
Pressekonferenz betonte, lässt sich das Sicherheitsmodul leicht in die EDV-Praxis
integrieren: Der Austausch aller patientenindividuellen Daten zwischen i:fox und
der Praxis-EDV erfolgt automatisch. Isolierte Abfragen außerhalb der EDV-Praxis entfallen damit. Zudem ermöglicht die Anbindung an einen Server für Arzneimittelsicherheit, dass der Arzt stets die aktuellsten
Informationen erhält, so beispielsweise über
neue Studienergebnisse, Fachinformationen, Meldungen des Bundesinstituts für
Arzneimittel etc. Online-Updates erfolgen
alle 14 Tage und i:fox wird alle drei Monate per CD aktualisiert. Damit erhält der
Arzt stets die neuesten Informationen.
Die Bedienung des Sicherheitsmoduls
i:fox ist einfach und basiert auf dem bekannten Microsoft-Office-Stil. Die Einfüh-
Generalisierte Angststörungen
Pregabalin als neue Behandlungsoption
Pregabalin wird seit zwei Jahren zur Therapie peripherer neuropathischer Schmerzen und als Zusatzmedikation bei fokalen Epilepsien erfolgreich eingesetzt. Seit
März 2006 ist Pregabalin (Lyrica®) auf
Grund seines starken anxiolytischen Effektes auch zur Behandlung von generalisierten Angststörungen zugelassen.
Die Ergebnisse der Studien zur Wirksamkeit von Pregabalin bei generalisierten Angststörungen stellte Prof. Dr. H.J. Möller aus München anlässlich einer
Pressekonferenz vor. Dabei zeigen die
Daten zur Akutwirksamkeit, dass Pregabalin – wie die Benzodiazepine – einen
raschen Wirkungseintritt, aber einen geringeren sedierenden Effekt aufweist. Initiale Angstzunahmen fehlen, wie sie bei
serotonergen Substanzen auftreten. Ebenso kommt es zu keinen sexuellen Funktionsstörungen. Pregabalin erwies auch in
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GERIATRIE JOURNAL 6/06
IMPRESSUM/TERMINE
Impressum
Termine 2007
Herausgeber:
@ 17. Januar 2007, Coburg
Prof. Dr. Dr. med. G. Kolb, Lingen;
Prof. Dr. med. I. Füsgen, Wuppertal;
Prof. Dr. med. C. Sieber, Nürnberg;
Prof. Dr. med. B. Höltmann, Grevenbroich;
Prof. Dr. R. Hardt, Trier;
PD Dr. M. Haupt, Düsseldorf;
Dr. D. Lüttje, Osnabrück
Betreuungsrecht
Redaktion: Jola Horschig (Ltd. Redakteurin, presserecht-
Therapie der Demenz vom Alzheimer-Typ
Informationen: Fachklinik für Rehabilitation & Geriatrie,
Klinikum Coburg gGmbH, Ketschendorfer Str. 33, 96450 Coburg,
Tel. 0 95 61 / 22 73 68, Fax 0 95 61 / 22 73 03
@ 14. Februar 2007, Coburg
lich verantwortlich), Im Kampe 9, 31832 Springe,
Telefon: 0 50 41 / 98 90 58, Telefax: 0 50 41/ 98 90 59,
e-Mail: [email protected]
Herstellung: Sabine Löffler (verantwortlich)
Informationen: Fachklinik für Rehabilitation & Geriatrie,
Klinikum Coburg gGmbH, Ketschendorfer Str. 33, 96450 Coburg,
Tel. 0 95 61 / 22 73 68, Fax 0 95 61 / 22 73 03
Grafik: Sabine Löffler (verantwortlich)
@ 16. Februar 2007, Wien
Verlag: gerikomm Media, Kampstr. 7, 30629 Hannover
Verlagsleiter: Uwe Wegner, Telefon: 05 11 / 58 15 84,
Telefax: 05 11 / 58 32 84, e-Mail: [email protected]
Anzeigen: Uwe Wegner, Telefon: 05 11 / 58 15 84,
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Anzeigenschluss: 3 Wochen vor Erscheinen
Rechte: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Bei-
Die Rolle der Geriatrie im Akutkrankenhaus
Informationen: Abteilung für Akutgeriatrie des Krankenhauses Hietzing,
Elvira Kochtik, Tel. 00 43 / 1 / 801 10 / 33 42,
eMail: [email protected]
@ 27./28. Februar 2007, Nürnberg
Herausforderung Demenz – Bewältigungsstrategien für
die Zukunft
träge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine
Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Dies
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Fotokopie verpflichtet nach Paragraph 54 (2) UrhRG zur
Gebührenzahlung an die VG Wort, Abt. Wissenschaft,
Goethestr. 49, 80336 München, von der die Modalitäten
zu erfragen sind.
Informationen: Diakonie Neuendettelsau, Internationale Akademie
DiaLog, Christa Heubeck, Wilhelm-Löhe-Str. 23, 91564 Neuendettelsau,
Tel. 0 98 74 / 8-26 73, Fax 0 98 74 / 8-26 74,
eMail: [email protected], www.akademiedialog.de
Hinweise: Die in dieser Zeitschrift angegebenen Dosie-
Heidelberger Basiskurs Palliativmedizin/Palliative Geriatrie
rungen vor allem von Neuzulassungen sollten in jedem
Fall mit den Beipackzetteln der verwendeten Medikamente verglichen werden. Alle Informationen werden nach
bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für die Richtigkeit
gegeben.
Vertrieb: gerikomm Media, Heike Niemann,
@ 3. März 2007, Ulm
12. Ulmer Tagung für Alter(n)sfragen (UTA) „Häufige Fragen in
der Behandlung älterer Patienten“
Informationen: Bethesda Geriatrische Klinik Ulm gGmbH, Veranstaltungssekretariat Regine Faul, Tel. 07 31 / 1 87-1 85, Fax 07 31 / 1 87-3 89,
eMail: [email protected]
@ 5.- 9. März 2007, Heidelberg
Informationen: Agaplesion Akademie Heidelberg, Sekretariat/Organisation, Rohrbacher Str. 149, 69126 Heidelberg, Tel. 0 62 21 / 3 19-16 31,
Fax 0 62 21 / 3 19-16 35, eMail: [email protected],
www.agaplesion-akademie.de
Telefon: 05 11 / 58 15 84, Telefax: 05 11 / 58 32 84
@ 23. März 2007
Bezugspreise: Jahresbezugspreise für 6 Ausgaben
Geriatrie-Forum „Umgang mit verwirrten älteren Menschen“
inkl. Versandkosten:
Inland: Euro 42,–
Ausland: Euro 46,–
Studenten/AiP (gegen Vorlage einer Bescheinigung):
Inland: Euro 28,–
Studenten/AiP (gegen Vorlage einer Bescheinigung):
Ausland: Euro 32,–
Institutionen: Euro 62,–
Einzelheft: Euro 12,–
Für Mitglieder der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie
ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten.
Gerichtsstand und Erfüllungsort: Hannover.
Druck: Verlag Gödicke Druck & Consulting, Hannover
© gerikomm Media 2006
Druckauflage: 5.500 Exemplare
GERIATRIE JOURNAL 6/06
ISSN 1439-1139
IV. Quartal 2006
4 Punkte bei der LÄK Hessen beantragt
Informationen: Chefarzt PD Dr. Rupert Püllen, Medizinisch-Geriatrische
Klinik der Frankfurter Diakonie-Kliniken, Diakonissen-Krankenhaus,
Markus-Krankenhaus, Holzhausenstr. 72-92, 60322 Frankfurt/M.,
Tel. 0 69 / 9 59 37-53 11, Fax 0 69 / 9 59 37-53 12.
@ 24. März 2007, Heidelberg
SGS – Strukturierte Schulung von geriatrischen Patienten mit
Diabetes mellitus, Train the Trainer Seminar
Gemeinsame Teilnahme von einem Arzt/einer Ärztin und einer 2. Person
mit Schulungserfahrung (z.B. Diabetesassistent/in bzw. -berater/in) ist
erforderlich.
Informationen: Agaplesion Akademie Heidelberg, Sekretariat/Organisation, Rohrbacher Str. 149, 69126 Heidelberg, Tel. 0 62 21 / 3 19-16 31,
Fax 0 62 21 / 3 19-16 35, eMail: [email protected],
www.agaplesion-akademie.de
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