IP/07/850 Brüssel, den 19. Juni 2007 Für einen Europäischen Tag des Kampfes gegen die Todesstrafe Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Ministerrat den Vorschlag für eine gemeinsame, auch vom Europarat zu verabschiedende Erklärung vor, derzufolge künftig der 10. Oktober als Europäischer Tag des Kampfes gegen die Todesstrafe begangen werden soll. Kommissar Frattini sagte dazu folgendes: Die Todesstrafe ist ein Verstoß gegen das Recht auf Leben, dem fundamentalsten aller Menschenrechte. Die Todesstrafe lässt sich durch nichts rechtfertigen, und es ist fraglich, ob durch sie die Kriminalität tatsächlich bekämpft werden kann. Die Todesstrafe ist aus moralischen Gründen abzulehnen, sie ist grausam, juristisch unhaltbar und führt nur allzu oft dazu, dass ihr Unschuldige zum Opfer fallen, ohne dass die Möglichkeit bestünde, den Irrtum zu korrigieren. Es wächst die Zahl der Staaten, die die Todesstrafe abschaffen. Die Teilnahme an der Montagskonferenz “Africa for Life”, zu der sich afrikanische Justizminister in der Gemeinde von Sant'Egidio zusammenfinden, war für mich ein bewegendes Erlebnis, hat mir Hoffnung gegeben und mich darin bestärkt, den Kampf gegen die Todesstrafe mit Eifer fortzusetzen. Mit der Einführung eines Europäischen Tages des Kampfes gegen die Todesstrafe zeigen wir mit aller Deutlichkeit unsere Entschlossenheit nicht zu rasten, bis diese Praxis von der Erdoberfläche getilgt ist.” Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner fügte hinzu: "Die Tatsache, dass die Todesstrafe in vielen Teilen der Welt nach wie vor praktiziert wird, erfüllt uns mit brennender Sorge. Ihre Abschaffung steht deshalb in unseren Beziehungen zu Drittstaaten und bei unserer Arbeit in internationalen Foren wie den Vereinten Nationen an vornehmster Stelle unserer Prioritäten im Bereich der Menschenrechte. Wir Europäer stehen als Verfechter der universellen Abschaffung der Todesstrafe weltweit in vorderster Reihe, und wir geben nicht Rast noch Ruh bis die Todesstrafe in sämtlichen Staaten dieser Erde der Vergangenheit angehört." Es ist vorgesehen, dass das Europäische Parlament, der EU-Vorsitz, die Europäische Kommission und der Europarat die Gemeinsame Erklärung anlässlich einer für den 9. Oktober in Lissabon anberaumten internationalen Konferenz unterzeichnen, um so ein Votum für die universelle Abschaffung der Todesstrafe abzugeben. Seit 1997 hat es in keinem der 47 Staaten – eingeschlossen die EU-Mitgliedstaaten – des Europarats eine Vollstreckung der Todesstrafe gegeben. Die Abschaffung der Todesstrafe gilt zudem als normale Vorbedingung für eine Mitgliedschaft sowohl in der EU als auch im Europarat. Was den Europarat angeht, so verfügt Protokoll 6 zur Europäischen Menschenrechtskonvention die bedingungslose Abschaffung der Todesstrafe in Friedenszeiten. Sämtliche 27 Mitglieder der Europäischen Union haben dieses Protokoll 6 ratifiziert. Protokoll 13 der genannten Konvention verbietet die Todesstrafe generell, ohne Ansehen der Umstände. 22 EU-Mitgliedstaaten haben auch das Protokoll 13 ratifiziert, und 5 Mitgliedstaaten – Frankreich, Italien, Lettland, Polen und Spanien – haben das Protokoll zwar unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Dementsprechend verbietet Artikel 2 Absatz 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union die Todesstrafe, wenn es dort heißt: “Niemand kann zum Tode verurteilt und hingerichtet werden”. Die EU bemüht sich in ihrem Kampf gegen die Todesstrafe mit weltumspannenden Aktivitäten darum, die öffentliche Debatte in Gang zu setzen, die öffentliche Ablehnung der Todesstrafe zu stärken und die Staaten unter Druck zu setzen, die nach wie vor auf der Todesstrafe beharren. Dem politischen Engagement der EU entspricht eine substanzielle finanzielle Unterstützung konkreter Projekte im Rahmen der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte, zu deren Prioritäten die Abschaffung der Todesstrafe gehört. Seit 1994 wurden mehr als 11 Mio. € für die Förderung zivilgesellschaftlicher Projekte bereitgestellt, bei denen es darum ging, durch Bildungsveranstaltungen, Kampagnen der Öffentlichkeitsarbeit, Studien über die Einhaltung internationaler Mindeststandards in Staaten, die die Todesstrafe kennen, Information über Methoden zur Ablösung der Todesstrafe durch andere Strafmaßnahmen und deren Förderung, sowie durch Bemühungen, zum Tode verurteilten Häftlingen Zugang zu adäquatem Rechtsbeistand und juristischer Ausbildung zu verschaffen, die öffentliche Wahrnehmung des Problems in den für die Beibehaltung der Todesstrafe eintretenden Staaten zu schärfen. Hintergrund Mehr als die Hälfte aller Staaten der Erde haben inzwischen die Todesstrafe aus ihrem Strafrecht bzw. aus ihrer Vollzugspraxis gestrichen: • 89 Staaten und Gebiete haben die Todesstrafe für sämtliche Straftaten abgeschafft; • 10 Staaten haben die Todesstrafe für sämtliche Straftaten ausgenommen außergewöhnliche Straftaten wie Kriegsverbrechen abgeschafft; • bei 30 Staaten kann davon ausgegangen werden, dass sie die Todesstrafe aus ihrer Vollzugspraxis gestrichen haben. In ihrem Strafrecht existiert die Todesstrafe zwar nach wie vor, doch seit 10 Jahren oder länger wurde die Todesstrafe nicht mehr vollstreckt; es kann angenommen werden, dass diese Staaten sich in ihrer Politik bzw. in ihrer Vollzugspraxis darauf verlegt haben, die Todesstrafe nicht zu vollstrecken. Mithin sind es bereits 129 Staaten, die die Todesstrafe aus ihrem Strafrecht bzw. ihrer Vollzugspraxis gestrichen haben. Dennoch ist die Zahl der Exekutionen in aller Welt nach wie vor Anlass zu ernster Sorge. 2006 wurden in 25 Staaten mindestens 1.591 Menschen hingerichtet und in 55 Staaten mindestens 3.861 Personen zum Tode verurteilt. Das Handeln der EU als weltweit größter Verfechter der Abschaffung der Todesstrafe ist mithin nach wie vor eine dringende Notwendigkeit. Zusätzliche Informationen: http://ec.europa.eu/justice_home/fsj/rights/fsj_rights_intro_en.htm http://ec.europa.eu/external_relations/human_rights/adp/index.htm 2 ENTWURF GEMEINSAME ERKLÄRUNG DER EUROPÄISCHEN UNION UND DES EUROPARATES ZUR AUSRUFUNG EINES "EUROPÄISCHEN TAGES GEGEN DIE TODESSTRAFE" am 10. Oktober 2007 Die Europäische Union und der Europarat, eingedenk dessen, dass die Todesstrafe gegen die Grundrechte verstößt, auf denen die Europäische Union und der Europarat gründen, und dass die Abschaffung der Todesstrafe in den Protokollen Nr. 6 und Nr. 13 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist und in Artikel 2 der Grundrechtecharta der Europäischen Union ihren Niederschlag findet, eingedenk dessen, dass es seit 1997 im gesamten Hoheitsgebiet der 47 Mitgliedstaaten des Europarates und damit auch in den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union keine Hinrichtung mehr gegeben hat, unter Hinweis darauf, dass die Abschaffung der Todesstrafe eine Bedingung für die Mitgliedschaft im Europarat und in der Europäischen Union ist, in dem Bestreben, dass die Mitgliedstaaten des Europarates und der Europäischen Union auch künftig auf die große Bedeutung hinweisen, die die Abschaffung der Todesstrafe in Europa für die Wahrung der Menschenwürde hat, eingedenk der zentralen Rolle, die die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, durch die die Todesstrafe in Friedenszeiten bzw. grundsätzlich abgeschafft wird, im europäischen System der Menschenrechte einnehmen, und unter Hinweis auf die Notwendigkeit ihrer Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten des Europarates, eingedenk der Bedeutung, die der Ratifizierung und Verbreitung des zweiten Fakultativprotokolls zum internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte als dem wichtigsten weltweiten Instrument zur Abschaffung der Todesstrafe zukommt, unter Hinweis darauf, dass es wichtig ist, die Maßnahmen zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe durch Einwirken auf Drittstaaten, entsprechendes Handeln im multinationalen Rahmen und Förderung der diesbezüglichen Aktionen der Zivilgesellschaft unvermindert fortzusetzen, entschlossen, auf die europäischen Bürger einzuwirken, damit sie ihre Unterstützung für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe bekunden, um so das Grundrecht auf Wahrung der Menschenwürde zu fördern, in dem Wissen um die Bedeutung des "Welttages gegen die Todesstrafe“, der seit 2003 an jedem 10. Oktober stattfindet, und die Bedeutung einer Stärkung dieser von Nichtregierungsorganisationen getragenen Initiative durch das Engagement der europäischen Institutionen, billigen die Ausrufung eines "Europäischen Tages gegen die Todesstrafe" am 10. Oktober eines jeden Jahres.