Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Filled Skutterudites – Physics and Chemistry of Iron-Antimonides of Alkali, Alkaline-Earth, and Rare-Earth Metals Leithe-Jasper, Andreas; Schnelle, Walter; Rosner, Helge; W irth, Steffen; Sichelschmidt, Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe, Dresden Korrespondierender Autor E-Mail: [email protected] Zusammenfassung Neuartige ternäre intermetallische Verbindungen von Eisen und Antimon, in deren Kristallstruktur große, mit elektropositiven Elementen besetzbare Hohlräume existieren, zeigen ungew öhnliche magnetische und thermische Eigenschaften. Eine Untersuchung der chemischen Bindung und der Struktur-EigenschaftsBeziehungen w ird vorgestellt. Summary Novel ternary intermetallic compounds of iron and antimony w ith a crystal structure containing large cavities, w hich can be filled by an electropositive element, show unusual magnetic and thermal properties. A study of the chemical bonding and of the structure-properties relationship is presented. Einleitung Verbindungen mit der vom Skutterudit-Typ abgeleiteten Kristallstruktur sind in den letzten Jahren intensiv untersucht w orden [1]. Diese Klasse von Substanzen leitet sich vom schon 1827 beschriebenen Kobalterz Skutterudit CoAs 3 ab. Binäre Verbindungen dieses Typs haben die allgemeine chemische Formel TX3 , w obei T = Co, Rh, Ir ein Übergangsmetall aus der neunten Gruppe des Periodensystems und X = P, As, Sb ein Pnictid ist. Mit Eisen, Ruthenium und Osmium (achte Gruppe des Periodensystems) konnten keine binären Vertreter des Skutterudit-Typs unter Gleichgew ichtbedingungen dargestellt w erden, offensichtlich w egen bindungselektronischer Inkompatibilitäten. Um in diesem Fall nun die Skutterudit-Struktur zu stabilisieren, benötigt man als dritte Komponente ein elektropositives Element, w as zur allgemeinen Formel MyT4 X12 führt („gefüllte Skutterudite“). Mittlerw eile w urden Verbindungen mit Seltenerd-, Erdalkali-Metallen sow ie Thallium, Uran und © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 1/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Thorium als Kation M synthetisiert. In den gefüllten Skutteruditen können sich die stabilisierenden M-Atome nur in großen Leerräumen des [T4 X12 ]-Gerüstes aufhalten (Abb. 1). Der Füllgrad y kann bis hin zur vollständigen Besetzung (y = 1) variieren. Die genauen Ursachen, die bei manchen Kationen M („Gast“) zu einer Unterbesetzung (y T4 X12 ] führen, sind jedoch bisher nicht hinreichend verstanden. Die kubisch-innenzentrierte Kristallstruktur der gefüllten Skutterudite ist anhand der Verbindung NaFe 4 Sb 12 in Abbildung 1 dargestellt. An ihren Ecken verknüpfte, verkippte FeSb 6 -Oktaeder bilden ein dreidimensionales Netzw erk, in dem unterschiedlich große Hohlräume auffallen. Die größten, die ikosaedrischen Hohlräume (im Ursprung der Elementarzelle), w elche bei den binären Skutteruditen leer bleiben, sind bei den ternären Verbindungen mit dem jew eiligen Kation gefüllt. Kleinere Hohlräume w erden durch nahezu quadratische, planare Sb 4 -Gruppen gefüllt. Eine Vielzahl von interessanten physikalischen Eigenschaften konnte bisher hauptsächlich in Skutteruditen mit Seltenerd-Metallen als Kation beobachtet w erden. Zu nennen sind hier Metall-Isolator-Übergänge, komplexe magnetische und quadrupolare Ordnungsphänomene, konventionelle und nicht-konventionelle Supraleitung, Schw eres-Fermionen- oder Nicht-Fermi-Flüssigkeits-Verhalten sow ie fluktuierende Valenzzustände. Weiterhin w ird das Interesse an Skutterudit-Abkömmlingen durch ihre viel versprechenden thermoelektrischen Eigenschaften stimuliert: Anw endungen dieser Materialien zur direkten Umw andlung von W ärme in elektrische Energie und in einer umw eltfreundlichen Kühltechnologie w erden derzeit w eltw eit erforscht. Die Grundlagen hierzu sind allerdings noch nicht vollständig verstanden. Zahlreiche Studien deuten aber darauf hin, dass die physikalischen Eigenschaften gefüllter Skutterudite durch ein subtiles Zusammenw irken der Gast-Kationen mit der Übergangsmetall-Pnictogen-W irtsstruktur bestimmt w erden. Krista llstruk tur von Eise n-Antim onide n ge füllte n Sk utte rudite ist a nha nd de r Ve rbindung MFe 4Sb 12. Die da rge ste llte Einhe itsze lle e nthä lt zwe i Form e le inhe ite n (W e iße Kuge ln: M = Alk a li-, Erda lk a li-, bzw. Se lte ne rd-Me ta ll; rote Kuge ln: Eise n; bla ue Kuge ln: Antim on). © MP I-C he m ische P hysik fe ste r Stoffe Um ein besseres Verständnis dieser Wechselw irkungen zu erhalten, muss man gefüllte Skutterudite ohne magnetische Kationen untersuchen. Dazu w urden neue Alkalimetall-stabilisierte Eisen-Antimonide mit Natrium und Kalium synthetisiert [2,3]. Zusammen mit dem Erdalkalimetallen sind diese Kationen relativ unproblematische Gäste, die ausschließlich s-Elektronen beisteuern. Daher sind diese Verbindungen gut geeignet, den Einfluss der d-Elektronen auf die Strukturchemie und die physikalischen Eigenschaften der © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 2/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle gefüllten Skutterudite zu untersuchen. Synthese und chemische Bindung Die Verbindungen NaFe 4 Sb 12 und KFe 4 Sb 12 [2,3] mit den einw ertigen Alkalimetallen Natrium und Kalium w erden aus den Zw ischenprodukten NaSb (bzw . KSb), FeSb 2 und metallischem Antimon bei einer relativ niedrigen Temperatur von 400°C pulvermetallurgisch unter Argon-Schutzgas synthetisiert. Es entstehen silbrig-graue, an Luft stabile polykristalline Materialien. Durch Züchtung in flüssigem Antimon konnten auch größere Kristalle von Yb yFe 4 Sb 12 [4] und La yFe 4 Sb 12 dargestellt w erden. Durch Röntgendiffraktometrie und andere Methoden (z.B. Mikrosonden-Analyse an metallographischen Schliffen) ließ sich die vollständige Besetzung (y = 1) der kristallographischen Positionen der Gast-Atome in den Na-, K- und Ca-Verbindungen MyFe 4 Sb 12 nachw eisen. In den Lanthan- und Ytterbium-Verbindungen ist der ikosaedrische Hohlraum dagegen nicht vollständig besetzt (La 0.79 Fe 4 Sb 12 und Yb 0.95 Fe 4 Sb 12 ). Da der ikosaedrische Käfig relativ groß ist, zeigen alle Gast-Kationen bei Raumtemperatur eine große, durch die W ärmebew egung getriebene Oszillation um die Ruhelage im Mittelpunkt des Hohlraumes, die durch so genannte Auslenkungsparameter beschrieben w erden kann. Mithilfe von Röntgen- bzw . NeutronenbeugungsExperimenten konnte gezeigt w erden, dass nur die Auslenkungsparameter der Kationen stark temperaturabhängig sind. Bei der tiefsten Temperatur von 2 K sind die Auslenkungsparameter aller drei Atomsorten etw a gleich und nahezu Null. Zusammen mit der relativ geringen thermischen Ausdehnung der Struktur ergibt sich das Bild eines oszillierenden Gast-Atoms in einem starren Käfig aus Antimonatomen, das durch das Modell eines einzelnen Einstein-Oszillators recht gut beschrieben w erden kann. © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 3/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Ele k trone n-Lok a lie rungs-Funk tion für Na Fe 4Sb 12. Die Isoflä che n illustrie re n die k ova le nte Bindung zwische n Fe und Sb (η = 0.53; he llgrün) sowie zwische n de n Sb-Atom e n im Sb 4-Vie re ck (η= 0.56; grün). Die Isoflä che für η = 0.72 (ora nge ) ze igt e ine Struk turie rung de r dritte n Ele k trone nscha le de r Fe -Atom e und da m it e ine Be te iligung de r d-Ele k trone n a n de r che m ische n Bindung. Je de r Bindung wird e ine Ele k trone na nza hl zuge ordne t. © MP I-C he m ische P hysik fe ste r Stoffe Diese experimentellen Befunde w erfen nun Fragen zur chemischen Bindung in dieser Klasse von Verbindungen auf. Dazu ist die Analyse der chemischen Bindung im Ortsraum mit der Elektronen-Lokalisierungs-Funktion (ELF, η) besonders hilfreich. Die Methode und ihr Nutzen w urde u.a. im Jahrbuch der MPG 2001 beschrieben. Die ausgew ählten Isoflächen der ELF visualisieren die w ichtigsten Atomw echselw irkungen (Abb. 2). Kovalente Wechselw irkungen sind zw ischen je zw ei Sb-Atomen der planaren Sb 4 -Gruppe sow ie zw ischen den Fe- und Sb-Atomen im Oktaeder FeSb 6 zu finden [3]. Bemerkensw ert ist, dass bei dieser Analyse eine ionische Bindung zw ischen dem Kation (Na +) und dem W irtsgitter [Fe 4 Sb 12 ]– gefunden w urde. Die w eitere Analyse zeigt, dass da s s-Elektron des Alkalimetalls vollständig an die anionische W irtsstruktur abgegeben w ird. Der größte Teil dieser Ladung w ird in das Sb 4 -Viereck transferiert. Der Bindungsanalyse folgend kann die NaFe 4 Sb 12 -Struktur als ein dreidimensionales, kovalent gebundenes Polyanion aus Fe- und Sb-Atomen mit eingebetteten Na +Kationen beschrieben w erden. Dieses Szenario ist auch in Übereinstimmung mit der beobachteten großen Steifigkeit der Struktur. So ändert sich zum Beispiel der Gitterparameter der kubischen Struktur nur sehr w enig mit den verschiedenen Kationen. Magnetische Eigenschaften Überraschenderw eise zeigte sich, dass die neuen Na- und K-gefüllten Fe-Sb Skutterudite unterhalb von 85 K ferromagnetisch ordnen [2]. W ird mehr als ein Elektron an das W irtsgitter abgegeben, w ie im Falle von Ca 2+, © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 4/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Sr2+, Ba 2+ oder Yb 2+ als Kation, kann bis zu den tiefsten Temperaturen keine ferromagnetische Ordnung nachgew iesen w erden, d.h. die Materialien bleiben paramagnetisch. Dies ist in Abbildung 3 dargestellt. Durch Röntgen-Absorptionsspektroskopie im HASYLAB am DESY in Hamburg w urde gezeigt, dass Ytterbium (Yb) in Yb yFe 4 Sb 12 chemisch zw eiw ertig ist und damit kein magnetisches Moment besitzt. Das Seltenerd-Ion Ytterbium in Yb yFe 4 Sb 12 verhält sich also sehr ähnlich dem Kalzium-Ion [4]. Isothe rm e Ma gne tisie rungsk urve n be i T = 1.8 K und in Ma gne tfe lde rn bis zu 14 T für fe rrom a gne tische s Na Fe 4Sb 12 und pa ra m a gne tische s 4Sb 12. (rot, grün: SQ UID-Me ssunge n, bla u, schwa rz: Ex tra k tions-Me thode ). © MP I-C he m ische P hysik fe ste r Stoffe Das temperaturabhängige Verhalten der Magnetisierung oberhalb der magnetischen Ordnungstemperatur kann mit einem einfachen Curie-Weiss-Gesetz beschrieben w erden. Diese typische Temperaturabhängigkeit der Magnetisierung w ird in den Skutteruditen aber nicht durch an den Gitteratomen lokalisierte magnetische Momente, sondern durch Spinfluktuationen von itineranten (bew eglichen), vom Fe stammenden 3d-Elektronen, hervorgerufen. Das paramagnetische Moment ist für die Alkali- und Erdalkali-Verbindungen etw a gleich groß (1.5 bis 1.7 μ B/Fe-Atom) [3]. Für die ferromagnetischen Skutterudite ist – w ie erw artet – die W eiss-Temperatur Θ positiv und nahezu identisch mit der ferromagnetischen Ordnungstemperatur. In den paramagnetischen Verbindungen sind die Werte von Θ kleiner, aber immer noch positiv. Es gibt experimentelle Hinw eise dafür, dass die paramagnetischen Verbindungen – speziell von Ca und Yb – sich nahe an einer ferromagnetischen Instabilität befinden, das heißt, möglicherw eise durch Anw enden von hinreichend hohem Druck in einen ferromagnetisch geordneten Zustand getrieben w erden können. Ein ferromagnetischer Zustand lässt sich ebenfalls bei Anlegen genügend hoher Magnetfelder erw arten (metamagnetischer Übergang). Nur La yFe 4 Sb 12 m i t y = 0.79 (gefüllt mit dreiw ertigem Lanthan, d.h. maximal 2.37 transferierten Elektronen) zeigt ein signifikant kleineres paramagnetisches Moment (1.2 μ B/Fe-Atom) und antiferromagnetische Korrelationen (Θ = –50 K). Die elektronische Bandstruktur von NaFe 4 Sb 12 w urde durch FPLO-Rechnungen (full potential local density) untersucht [3]. Eine minimale Energie w ird durch eine Polarisierung der Elektronenzustände erreicht, w elche eine ferromagnetische Ordnung des Materials impliziert. Entsprechend ist in Abbildung 4a die elektronische Zustandsdichte in Abhängigkeit von der Energie des Elektrons für die beiden Spinrichtungen (auf, ab) getrennt aufgetragen. Im Besonderen fällt auf, dass im Spin-ab-Band an der Fermienergie (hier Null auf der Energieskala) eine Lücke in der Zustandsdichte vorhanden ist. Das bedeutet, dass der Spin der Leitungselektronen – also eben jener Elektronen mit der Fermienergie – fast nur aufw ärts zeigen kann. Ein © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 5/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle elektrischer Strom im ferromagnetischen NaFe 4 Sb 12 besteht daher fast ausschließlich aus Elektronen einer Spinrichtung. Ein solches Material w ird auch als „ferromagnetisches Halbmetall“ bezeichnet. Derartige Stoffe w erden auf die Eignung für eine völlig neuartige Elektronik, die zusätzlich zur Elektronenladung auch auf der Kontrolle des Elektronenspins basiert (Spintronics), derzeit intensiv untersucht [5]. Die theoretische Vorhersage einer hohen Spinpolarisation in NaFe 4 Sb 12 findet ihre Bestätigung in Experimenten mit supraleitenden Punktkontakten (Andreev-Reflektions-Spektroskopie) [6]. Dazu w erden scharfe Spitzen aus einem supraleitendem Metall auf das polierte Skutterudit-Material aufgesetzt. Die StromSpannungs-Kennlinie der Anordnung hängt nun vom Grad der Spinpolarisation im ferromagnetischen Halbmetall ab. Die aus diesen Messungen bestimmte Spinpolarisation beträgt 60% für NaFe 4 Sb 12 und 67% für KFe 4 Sb 12 . Dies ist zw ar w eniger als der theoretisch erw artete Wert. Es sind insbesondere die starken Spinfluktuationen, die den Grad der Spinpolarisation reduzieren. Dennoch gehören die beiden genannten Skutterudite damit zu der kleinen Gruppe von Materialien mit vergleichbarem Spinpolarisationsgrad. Einzig CrO 2 zeigt eine höhere Spinpolarisation bei entsprechend höherer magnetischer Ordnungstemperatur. Die Stabilität der ferromagnetischen Ordnung in gefüllten Skutteruditen mit [Fe 4 Sb 12 ]-W irtsgitter w urde theoretisch mit der Methode der eingefrorenen magnetischen Momente untersucht [3]. Damit w ird die Gesamtenergie der elektronischen Struktur für ein vorgegebenes magnetisches Moment berechnet. Für M = Na, K (Abb. 4b, untere Kurven) ergibt die Berechnung einen Energiegew inn für ferromagnetische Ordnung. Dieser ist groß genug, um die starken Fluktuationen des magnetischen Moments zu überw inden. Für M = Yb, Ca, Ba und La ist der Energiegew inn deutlich kleiner (Abb. 4b, mittlere Kurven). Desw egen können die starken ferromagnetischen Spinfluktuationen die magnetische Ausrichtung der Spins in diesen Verbindungen behindern bzw . vollständig unterdrücken. Ein externes magnetisches Feld dämpft genau diese Fluktuationen. Dies ist an einem langsamen Ansteigen der Magnetisierung von NaFe 4 Sb 12 mit dem äußeren Magnetfeld zu beobachten (Abb. 3). Bei 14 Tesla ist die Magnetisierung nur noch w enig geringer als die von der Bandstruktur-Rechnung vorhergesagte. a ) Ele k tronische Zusta ndsdichte für Spin-a uf- und Spin-a bEle k trone n in Na Fe 4Sb 12. b) R e la tive Ene rgie da rge ste llt ge ge n da s (vorge ge be ne ) m a gne tische Mom e nt pro Fe -Atom a us Ba ndstruk tur-R e chnunge n für ve rschie de ne ge füllte Sk utte rudite MFe 4Sb 12 (M = Na , K, C a , Ba , La , Yb; 1 Ha rtre e 27.2 e V). © MP I-C he m ische P hysik fe ste r Stoffe Thermische Eigenschaften — elektronische und strukturelle Beiträge W ie bereits oben erw ähnt, zeigen die Kationen in gefüllten Skutteruditen anomal große thermische Auslenkungsparameter, d.h. eine thermisch angeregte Vibrationsbew egung, die man auch als „rattling“ („rasseln“ oder „klappern“) bezeichnet. Die © 2006 Max-Planck-Gesellschaft W ärmeleitfähigkeit w w w .mpg.de gefüllter Skutterudite ist etw a eine 6/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Größenordnung geringer als die der äquivalenten ungefüllten Verbindungen. In Skutteruditen w ird W ärme hauptsächlich durch Gitterschw ingungen (Phononen) transportiert. Diese Phononen w erden durch die lokalen Schw ingungen der Kationen gestreut, w omit die W ärmeleitfähigkeit drastisch herabgesetzt w ird. Da nun gefüllte Skutterudite mit sehr unterschiedlichen Kationenmassen vorhanden sind, eröffnet sich so die Möglichkeit, mehr Informationen über den Einfluss des „rattling“ auf die elektronischen und thermischen Eigenschaften zu gew innen. Mit der molaren W ärme CP(T) w erden die Beiträge aller thermischen Anregungen des Festkörpers gemessen. Daher ist eine Analyse von CP(T) notw endig, um diese verschiedenen Beiträge zu separieren (Abb. 5). Bei tiefen Temperaturen folgen die Beiträge der Phononen des [Fe 4 Sb 12 ]-W irtsgitters der Debyeschen Näherung: CW irt = βT3 + δT5 . Der Beitrag der Leitungselektronen in einem Metall führt zu einem Term mit linearer Temperaturabhängigkeit: Ce le k tr. = γT. Diese zw ei Anteile reichen zur Beschreibung von CP(T) eines einfachen Metalls aus. Bei den gefüllten Skutteruditen treten aber zusätzlich die starken Vibrationen der Kationen auf. Sie können mit dem bereits erw ähnten Einstein-Modell beschrieben w erden. Die Einstein-Temperatur ΘE gibt dabei die typische Energieskala der Schw ingung des Kations an. In Abbildung 5 ist exemplarisch eine Analyse von CP(T) von CaFe 4 Sb 12 gezeigt. Mola re W ä rm e CP(T)/T von C a Fe 4Sb 12 (rote Kre ise ) und a nge pa sste s Mode ll (grüne Linie ). Die ve rschie de ne n Be iträ ge zur CP(T) sind da rge ste llt (sie he Te x t). © MP I-C he m ische P hysik fe ste r Stoffe Der Sommerfeld-Koeffizient γ der elektronischen molaren W ärme für die Na-, K-, Ca- und Ba-Verbindungen beträgt zw ischen 98 und 116 mJ mol–1 K–2 , und auch Yb 1–xFe 4 Sb 12 mit dem Seltenerd-Kation Ytterbium besitzt einen Wert dieser Größe [4], konsistent mit den großen Ähnlichkeiten der verschiedenen gefüllten Skutterudite in der elektronischen Zustandsdichte (DOS) an der Fermikante. Der Koeffizient β der Phononenbeiträge des W irtsgitters sinkt von M = Na über K und Ca zu La hin ab und zeigt eine steigende Steifigkeit des W irtsgitters [Fe 4 Sb 12 ] mit zunehmender Ladung des Kations M an. Offensichtlich w erden die kovalenten Bindungen zunehmend stärker. Für die Einstein-Temperatur ΘE der Vibration der Kationen ergeben sich W erte zw ischen 62 K und 104 K. Pseudo-Bandlücke von Eisen-Zuständen © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 7/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle Ein einfaches Metall reflektiert auftreffende elektromagnetische Strahlung in einem w eiten Frequenz- bzw . Energiebereich. Metalle mit stark korrelierten Elektronen, hauptsächlich Seltenerd-Verbindungen mit 4 fElektronen, können gravierende Abw eichungen von diesem Reflektionsverhalten zeigen. Durch den so genannten Kondo-Effekt kann es zu einem Minimum im Spektrum der optischen Reflektion bei niedrigen Energien und bei tiefen Temperaturen kommen (Pseudolücke im „Kondo-Isolator“). Bei Yb yFe 4 Sb 12 w urde eine solche Pseudolücke im infraroten Frequenzbereich kürzlich beobachtet. Sie verschw indet bei Temperaturen oberhalb von etw a 80 K. Da aber Ytterbium in Yb yFe 4 Sb 12 sich in einem ionischen Zustand (Elektronenkonfiguration 4f14 , Yb 2+) befindet, der keine „magnetisch aktiven“ f-Elektronen besitzt, kann der Kondo-Effekt als Ursache der Pseudolücke ausgeschlossen w erden [4,7]. Neue Messungen haben gezeigt, dass auch in CaFe 4 Sb 12 und der homologen Ba-Verbindung eine sehr ähnliche Pseudolücke existiert, die ebenfalls bei Temperaturen oberhalb von ca. 80 K verschw indet [7]. Tatsächlich kann das Auftreten dieser Pseudolücke in der optischen Reflektivität durch eine spezielle Eigenschaft der elektronischen Bandstruktur der genannten Skutterudite erklärt w erden [7]: Besonders hoch auflösende und sehr genaue LDA-Berechnungen (local density approximation) der Bandstruktur ergeben ein ausgeprägtes schmales Maximum dicht oberhalb der Fermienergie, das von Eisen-3d-Zuständen dominiert w ird. Das Schließen der Pseudolücke bei hohen Temperaturen lässt sich für eine solche Struktur durch einfache thermische Verbreiterung erklären. Originalveröffentlichungen Nach Erw eiterungen suchenBilderw eiterungChanneltickerDateilisteHTML- Erw eiterungJobtickerKalendererw eiterungLinkerw eiterungMPG.PuRe-ReferenzMitarbeiter (Employee Editor)Personenerw eiterungPublikationserw eiterungTeaser mit BildTextblockerw eiterungVeranstaltungstickererw eiterungVideoerw eiterungVideolistenerw eiterungYouTubeErw eiterung [1] Sales, B. 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Physical Review B 70, 214418 (2004). © 2006 Max-Planck-Gesellschaft w w w .mpg.de 8/9 Jörg; Baenitz, Michael; Gippius, Andrei (Moscow State University, Moskau, Russland); Rabis, Annegrit; Raychaudhuri, Pratap (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Sheet, Goutam (Tata Institute of Fundamental Research, Mumbai, Indien); Burkhardt, Ulrich; Borrmann, Horst; Ramlau, Reiner; Mydosh, John A.; Steglich, Frank; Grin, Juri | Gefüllte Skutterudite – Physik und Chemie von Eisen-Antimoniden der Alkali-, Erdalkali- und Seltenerd-Metalle [4] Schnelle, W., A. Leithe-Jasper, M. Schmidt, H. Rosner, H. Borrmann, U. Burkhardt, J. A. Mydosh and Y . Grin: Itinerant iron magnetism in filled skutterudites CaFe4Sb12 and Y bFe4Sb12: Stable divalent state of ytterbium. Physical Review B 72, 020402(R) (2005) [5] Coey, J. M. D. and S. Sanvito: Magnetic semiconductors and half-metals. Journal of Physics D: Applied Physics 37, 988-990 (2004). [6] Sheet, G., H. Rosner, S. Wirth, A. 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