Erfahrungsbericht Poznań University of Economics WS 2007/2008 Cem Gömek Meine Entscheidung für ein Auslandssemester kam sehr spontan und der wichtigste Grund dafür war mein Englisch zu verbessern. Also bewarb ich mich und bekam einige Wochen später eine überraschende Antwort: Wir freuen uns dir mitteilen zu dürfen … POZNAN! Der erste Gedanke, den ich hatte, war: Oh nein, bitte nicht Polen. Doch nach einiger Zeit und vielen Recherchen später, fing mir der Gedanke an zu gefallen. So packte ich meine Sachen, buchte mein Busticket und war gespannt und gleichsam voller Hoffnung, dass Polen nicht so schlimm werden würde. ANKUNFT Am frühen Morgen, so gegen fünf Uhr, stand ich am Busbahnhof in Poznań und wartete auf meinen Buddy (so nennt man die polnischen Kommilitoninnen, die die Erasmus Studenten betreuen). Allerdings hatte sie Verspätung und ich jede Menge Zeit den anfänglichen Kulturschock zu verarbeiten. Und jetzt kann ich schon allen zukünftigen Erasmus Studenten, die nach Polen gehen, raten: Lernt polnisch! Denn nur wenige sprechen Englisch und deswegen ist es mit der Kommunikation auch sehr schwierig, vor allem wenn man niemanden kennt, der die Sprache beherrscht. Doch glücklicherweise hat mein Buddy mich nicht hängen gelassen. Sie war gut gelaunt und fuhr mich in ihrem Jeep ins Wohnheim. Die Betreuung durch die Buddys ist sehr gut organisiert und sie sind fast immer da, wenn man sie braucht. WOHNHEIM Angekommen im Wohnheim ist es sehr unkompliziert und man kann sofort einziehen. Die Miete beträgt ca. 90€ pro Monat und ist damit sehr günstig. Das blöde ist nur, dass keiner vom Personal dort Englisch spricht. Aber da man den Buddy hat, ist das auch kein Problem. Und falls keine Hilfe zur Stelle ist, kommt man mit einem Lächeln und der Zeichensprache ebenfalls weiter. Die Zimmer sind sauber und teilweise schöner als die Studentenwohnheime in Hannover. Gewöhnungsbedürftig ist, dass man sich ein Zimmer mit einem anderen Studenten teilen muss. Die Privatsphäre kann man sich also schnell abschminken. Wobei positiv zu erwähnen ist, das man sich ein Bad nur mit max. 4 Personen (2 Zimmer) teilen muss und wenn man ein bisschen Glück hat, bekommt man ein Zimmer, welches ein eigenes Bad hat. Jeder Flur hat 2 große Küchen mit 4 Herdplatten und einem Ofen. Darüberhinaus hat das Wohnheim 2 Waschmaschinen, die man kostenlos nutzen darf. Kleiner Tipp: Man sollte sich immer rechtzeitig zum Wäsche waschen an der Administration eintragen. Weiterhin verfügt das Wohnheim über ein altes Fitnessstudio und genau gegenüber ist eine Sporthalle, die Sportkurse anbietet z.B. Basketball, Fußball, Aerobic etc. Im Gesellschaftsraum kann man sich Tag und Nacht aufhalten, ob zum Lernen, zum Pokern oder zum Stricken. Nur die Anmeldung ist Pflicht. Nebenbei ist das Leben mit den polnischen Studenten locker und witzig. Ich kann jedem nur raten einfach kontaktfreudig zu sein und die Jungs und Mädels anzuquatschen. Oft hat man am Abend die Gelegenheit dazu, wenn viele nach dem Essen in den Fluren sitzen und sich bei einem Bier oder einem Wodka nett unterhalten. Alles in allem macht es sehr viel Spaß in dem Wohnheim zu wohnen. Dort lernt man fast alle Erasmus Studenten kennen und knüpft die zukünftigen Freundschaften. Wer das nicht möchte und seine abendliche Privatsphäre bevorzugt, kann sich auch selbstverständlich ein Zimmer in der Stadt mieten. UNIVERSITÄT Am ersten Tag wurden wir herzlich begrüßt und bekamen jede Menge Geschenke. Im Anschluss machten wir einen Rundgang durch die Universität und waren dann gemeinsam Essen. Als wir dabei das Vorlesungsverzeichnis sahen, gab es traurige Gesichter, weil einige Kurse nicht zu Stande gekommen waren. Dennoch fand jeder seine Kurse, mit denen er schließlich glücklich wurde. An dieser Stelle ist es wichtig zu erwähnen, dass egal wo Ihr hingehen solltet, überlegt euch sehr gut welche Kurse ihr machen wollt und was alles angerechnet werden kann. Denn dann hat man auch die nötige Motivation um dort zu lernen. Die Vorlesungen sind teilweise anspruchsvoll, wobei manche sehr einfach sind. Eine allgemeine Aussage, ob es nun einfacher oder schwieriger ist als in Deutschland, kann man nicht treffen. Es ist wie hier auch, vom Stoff und vom Professor abhängig. Oft kommt es vor, dass man wöchentlich Präsentationen halten muss. Doch keine Angst, diese sind häufig nicht so umfangreich. Und da die Dozenten nicht alle perfekt Englisch sprechen, konnte ich mit meinem Survival-Englisch glänzen. Allenfalls ist es eine tolle Erfahrung, an einer fremden Universität, in international gemischten Gruppen zu arbeiten, wobei Englisch die Basissprache ist. Während meines Aufenthaltes war die Betreuung durch das International Office sehr gut. Jeder dort spricht Englisch und man bekommt stets Hilfe. Die Klausuren werden Mitte Januar geschrieben, wobei viele Projektarbeiten bzw. Präsentationen schon Anfang Januar stattfinden. Kurz nach den Klausuren muss man mit einem Vordruck des International Office zu jedem Dozenten hingehen und sich seine Note abholen. Diesen Zettel sollte man dann schnellst möglich beim International Office wieder abgeben, um das Transcript of Records auch in Deutschland zu erhalten. Die Universität bietet einen PolnischSprachkurs für Anfänger an, welcher empfehlenswert ist. Dieser ist sehr nützlich für den Alltag und hilft dabei die Kultur und das Leben in Polen besser zu verstehen. Abschließend kann ich sagen, dass die Universität nicht den Standards einer Eliteuniversität entspricht, nicht Top in der Forschung ist, und auch nicht solange Öffnungszeiten hat wie einige unserer Bibliotheken. Jedoch sitzt man dort aber in der Vorlesung mit nur 10 bis 15 Kommilitonen, kann in Gruppen arbeiten und man hat die Möglichkeit relativ früh sich mit Präsentationen auseinanderzusetzen wobei der Dozent oder Professor einen persönlich betreut. LAND LEUTE PARTY Wir haben immer versucht unsere freie Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich spreche natürlich gerade vom Wochenende. Das Reisen mit dem Zug in Polen ist sehr günstig und die Zugverbindungen sind ok. So ergab es sich, dass wir uns oft in der Woche organisierten und uns eine Stadt aussuchten, die wir dann besichtigten. So begannen die Wochenenden, die wir in Danzig, Sopot, Warschau, Torun, Krakau, Breslau, Ausschwitz, etc. verbrachten. Sightseeing und Party standen auf dem Programm und das führte dazu, dass man Land und Leute sehr gut kennen lernen konnte. Aber aufgepasst, viele Polen sprechen kein Englisch, der Service lässt zu wünschen übrig und das Essen ist nicht gerade für Feinschmecker geeignet. Aber die historischen Städte, die Kultur, die günstigen Lebenshaltungskosten, die Cafes, die Partys und die Ladenöffnungszeiten sprechen für sich. Polen kann voller Überraschungen sein, wenn man sich darauf einlässt und bereit ist, das Leben dort zu entdecken. Die modernen Shopping Center sind sehr beeindruckend und bieten alles was das Herz begehrt. (Kino, Internetcafé, Bowling, Bars, Zara, H&M, etc.). Die Stadt hat ein exzellentes Nachtleben. Ich war beeindruckt dass Poznań mehr zu bieten hat als Hannover. Man kann fast jeden Tag feiern außer Sonntags. Es gibt zahlreiche Diskotheken, Pubs, Bars und Cafés, die das Leben in Poznań nicht langweilig werden lassen. Aber Achtung: zu viel Alkohol schadet der Leber ☺ FAZIT Ich bin sehr froh nach Polen gegangen zu sein. Denn in erster Linie habe ich tolle Menschen kennen gelernt, viele Freundschaften geschlossen, mein Englisch verbessert und die Fähigkeit entwickelt im Team mit unterschiedlichen Kulturen zu arbeiten. Ich empfehle jedem der die Möglichkeit hat ein Auslandssemester zu machen: DO IT! Und für alle die nach Polen wollen, vergesst die Vorurteile und freut euch auf eine tolle Zeit. P.S: Dennoch kann ich euch nicht empfehlen mit dem Auto anzureisen! ☺ Cem Gömek