Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS 2017 Übung 3 Ausgabe 06.03.2017 Abgabe 13.03.2017 1 Diffusion von Saccharose in Wasser Eine konzentrierte Saccharose-Lösung (10 g Saccharose in 15 ml Wasser) befindet sich in einem zylinderförmigen Kolben mit einem Durchmesser von 4 cm. Es werden langsam 0.985 l Wasser zugegeben, wobei die unten liegende Saccharoselösung nicht aufgewirbelt wird. Im Folgenden werden nur Diffusionsprozesse betrachtet und Effekte aufgrund der g Schwerkraft vernachlässigt. Die molare Masse von Saccharose beträgt 342 mol und der cm2 6 Diffusionskoeffizient von Saccharose in Wasser ist D = 5.21 · 10 s . Aufgabe 1. Berechnen Sie die Saccharose-Konzentration in der Wasserschicht 1.0 cm über der ursprünglichen Saccharose-Lösung nach a) 30 Sekunden b) 30 Tagen c) 3 Jahren Hinweis: Die Abhängigkeit der Konzentration von Zeit und Strecke (hier liegt ein begrenzter, asymmetrischer, eindimensionaler Diffusionsprozess vor) kann durch die Gleichung c(x, t) = n0 2A(⇡Dt) 1 2 e x2 4Dt (I.6) im Skript nicht korrekt beschrieben werden. Die Gleichung (I.6) ist eine Lösung für das 2. Fick’sche Gesetz mit den Bedingungen, dass die Moleküle in beide Richtungen unbegrenzt und von einem einzigen Punkt (x = 0) aus startend diffundieren können. Die zuletzt genannten Bedingungen trifft man in der Realität aber nie an. Diese Übung beschreibt eine andere Situation: Es sind zwei Lösungen von unterschiedlich grossem Volumen, in welchen sich der grösste Anteil des gelösten Stoffes nur in eine Richtung und für eine begrenzte Strecke bewegen kann. Für diese Situation gibt es keine einfache Lösung des 2. Fick’schen Gesetzes, trotzdem kann man für einen gewissen Zeitrahmen Annäherungen zur Lösung finden. Wir werden das 1 Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS 2017 Problem unterschiedlich betrachten, abhängig von der Diffusionslänge (Distanz der Bewegung eines durchschnittlichen Moleküles) verglichen mit den Längen L und L1 im zylindrischen p p Kolben. (siehe Abb.1). Berechne zuerst die Diffusionslänge Ldi↵ = hR2 i = 2Dt. Dann bestimme, welche Gleichung geeignet ist für die Aufgabe. Abbildung 1: c(0) = 0 Wasser L - L1 c(0) = C0 Ursprüngliche Saccharose-Lösung • Für Ldi↵ c(x) L p1 2 2 = L1 brauche: 8 > > < > > : C0 ⇣ 1 2 C0 ⇣ 1 2 sin p x 2Ldiff 0 ⌘⌘ falls p falls x 2 ⇡Ldiff 2 falls x p 2 ⇡Ldiff 2 p diff < x < 2 ⇡L 2 p 2 ⇡Ldiff 2 (1) Achtung: x = 0 ist die ursprüngliche Saccharoselösung/Wasser-Grenzfläche • Für p 2 L1 Ldi↵ L pL1 2 2 brauche: ⇣ ⌘2 1 x 2 C0 L1 c(x) = p e 2 Ldi↵ (2) 2⇡ Ldi↵ Achtung: x = 0 ist der Boden des Behälters (Weitere Bedingungen und genauere Erklärungen sind auf dem Lösungsblatt.) 1. Wie hoch ist die Saccharose-Konzentration auf der ursprünglichen Saccharoselösung/Wasser-Grenzfläche bei t = 1? 2. Wieso sind keine der gegebenen Gleichungen nützlich für die Berechnung der Aufgabe 3.2? 3. Warum ist Gleichung (2) der Gleichung (I.6) ähnlich? 2 Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS 2017 2 Die Brown’sche Molekularbewegung Als Brown’sche Molekularbewegung wird die vom schottischen Botaniker Robert Brown (1773-1858) im Jahr 1827 entdeckte Wärmebewegung von Teilchen in Flüssigkeiten und Gasen bezeichnet. Bei seinen Untersuchungen von Pollenkörnern unter dem Lichtmikroskop beobachtete er, dass die Pollenkörner eine unaufhörliche und unregelmässige ZickZack-Bewegung machten. Die unter dem Mikroskop sichtbaren Partikel werden ständig von den viel kleineren Molekülen der Flüssigkeit bzw. des Gases angestossen und so gewissermassen "herumgeschubst". Anzahl, Stärke und Richtung der stossenden Moleküle ändern sich ständig, sodass eine beobachtete zufällige Zick-Zack-Bewegung entsteht. Der amerikanische Mathematiker Norbert Wiener (1893–1964) beschrieb diesen stochastischen Prozess ("Wiener Prozess") mathematisch. Erklären Sie qualitativ, wie die Brown’sche Molekularbewegung von Teilchen in einem flüssigen Medium beinflusst wird, wenn 1. die Temperatur des flüssigen Mediums erhöht wird. 2. anstatt einer wässrigen Lösung Dichlormethan verwendet wird. 3. kleinere und leichtere Teilchen in der Lösung gelöst sind. 3 Die Wärmeleitfähigkeiten von Wasserdampf und Ammoniak Die Wärmeleitfähigkeit von Wasserdampf bei einer Temperatur von T = 373 K und mW einem Druck von p = 1 bar beträgt = 18.5 K·m . Die Viskosität von Wasserdampf unter entsprechenden Bedinungen ist ⌘ = 12.4 µPa · s. 1. Vergleichen Sie die Wärmeleitfähigkeiten von Wasserdampf bei einem Druck von p = 1 atm und p = 0.1 atm und erklären Sie das Ergebnis. 2. Berechnen Sie aus der Wärmeleitfähigkeit und der Viskosität von Wasserdampf die Boltzmannkonstante. Warum ist der ermittelte Wert nicht exakt? p 3. Der Molekülradius von Wasser ist um den Faktor 2 ⇡ 1.41 kleiner als der Molekülradius von Ammoniak (NH3 ). Wie gross ist die Wärmeleitfähigkeit von Ammoniak? 3 Physikalische Chemie II (für Biol./Pharm. Wiss.) FS 2017 4 Ostwald-Viskosimeter Das Ostwald-Viskosimeter (Abb. 2) ist ein Messgerät zur Bestimmung der Viskosität (Zähigkeit) einer Flüssigkeit. Es wurde von Wolfgang Ostwald entwickelt. Damit misst man den Fluss der zu messenden Flüssigkeit durch ein dünnes Rohr. Ein festgelegtes Flüssigkeitsvolumen V läuft unter Druck p durch eine Kapillare mit der Länge L und dem Radius R. Gemessen wird die Zeit t, die das Flüssigkeitsniveau braucht, um von A nach B zu fallen. Die (dynamische) Viskosität ergibt sich dann aus dem Gesetz von HagenPoiseuille: V ⇡R4 p ⇡R4 @p = = . t 8⌘ L 8⌘ @z Die Variablen sind wie folgt definiert: I= 3 I Volumenstrom durch die Kapillare [ ms ] R Innenradius [m] L Länge der Kapillare [m] ⌘ dynamische Viskosität der strömenden Flüssigkeit [Pa · s] Abbildung 2: p Druckdifferenz zwischen Anfang und Ende der Kapillare [Pa] z Flussrichtung. Die Gleichung von Hagen-Poiseuille sagt aus, dass jedes Viskosimeter auf Grund seiner spezifischen Form eine eigene Viskosimeterkonstante besitzt. Der Wert dieser Konstante resultiert aus der Beziehung zwischen drei messbaren Variabeln einer Flüssigkeit: der Viskosität, der Dichte und der Zeit t. 1. Geben Sie die Viskosimeterkonstante als Funktion der drei Variabeln ⇢, ⌘ und t an. Hinweis: p ist das Produkt der Dichte der Flüssigkeit, der Flüssigkeitshöhe über der Kapillare und der Gravitationskonstante (⇢ · h · g). Die Durchlaufzeit für Wasser in einem Ostwald-Viskosimeter wird bei tw = 427 s bestimmt. Mit einem anderen Lösungsmittel ergibt sich eine Durchlaufzeit tL = 340 s. Folgende Werte sind gegeben (achten Sie auf die Einheiten!): ⌘w = 1.0 · 10 3 kg m 1 s 1 ⇢w = 0.998 g cm 3 ⇢L = 1.135 g cm 3 2. Wie gross ist die Viskosimeterkonstante? 3. Berechnen Sie die Viskosität ⌘L des Lösungsmittels. 4