Institut für Angewandte Physik Universität Bern IAP LABORKURS MODERNE PHYSIK Halleffekt 1 Ziele des Praktikumsversuchs Der vorliegende Praktikumsversuch soll mit den wichtigsten Anwendungen des Halleffektes vertraut machen. Es werden zwei verschiedene HalbleiterHallsonden untersucht und miteinander verglichen. Mit einer geeichten Hallsonde können unbekannte Magnetfelder gemessen werden. Umgekehrt können bei bekannter Magnetfeldstärke verschiedene physikalische Eigenschaften von elektrisch leitfähigen Festkörperproben bestimmt werden. Insbesondere sollen Hallkonstante, Ladungsträgerdichte und Beweglichkeit der Ladungsträger gemessen werden. Zudem wird im Rahmen dieses Versuches mit Hilfe des Halleffektes die mittlere Geschwindigkeit der Elektronen in Kupfer (als typischer Vertreter eines gut leitenden Metalles) direkt gemessen. 2 2.1 Theorie Allgemeine Grundlagen Für das Studium der allgemeinen Theorie des Halleffektes wird auf die am Schluss dieser Versuchsanleitung zitierte Literatur verwiesen. Insbesondere sollen die Grundlagen des Halleffektes, das Drude-Modell, die Bändertheorie der Halbleiter sowie Elektronen- und Löcherleitung studiert werden. 2.2 Messung von Magnetfeldern mit dem Halleffekt Wird eine elektrisch leitende Festkörperprobe der Dicke d in der Längsrichtung von einem Strom IS (Steuerstrom) duchflossen und zusätzlich von einem Magnetfeld mit der Flussdichte B durchsetzt, dann entsteht durch die Kraftwirkung auf die Elektronen (Lorentzkraft) senkrecht zur Strom- und Magnetfeldrichtung eine Spannung UH (Hallspannung). 1 RH I S B (1) d RH wird als Hallkonstante bezeichnet und ist vom jeweiligen Probenmaterial abhängig. Eine Herleitung dieser Gleichung findet sich in den meisten Physik-Lehrbüchern. Der Halleffekt ermöglicht also aufgrund dieses Zusammenhangs eine Messung des Magnetfeldes durch eine Spannungsmessung zu realisieren. Die Proportionalitätskonstante wird in der Praxis durch eine Eichung der Hallsonden bestimmt. Um über einen weiten Messbereich eine genügend gute Proportionalität zu haben, ist es notwendig, die Hallsonde mit einem geeigneten Lastwiderstand abzuschliessen, der von der jeweils benutzten Sonde abhängt. Da die Hallelektroden sich bei den Praktikumssonden nicht auf derselben Aequipotentiallinie befinden, tritt auch bei verschwindendem Magnetfeld stets ein rein ohmscher Spannungsanteil auf. Diese ohmsche Nullkomponente wird mit Hilfe der Umpolungsmethode (Stromrichtung bzw. Magnetfeldrichtung) beseitigt. UH = 3 3.1 Geräte Spule für die Eichung der Sonden Die Hallsonden werden im berechneten Magnetfeld einer Luftspule bei verschiedenen Steuerströmen geeicht. Zur Verfügung steht eine einlagige Luftspule mit folgenden Kenndaten: Länge: L = 38,32 cm Radius: r = 40,5 mm Windungszahl: n = 179 Strom: max 15 A Die Spule weist in der Mitte einen Spalt auf, durch den die Hallsonde bis zur Spulenachse eingeführt werden kann. Als Stromquelle dient das 20VNetzgerät. 3.2 Magnetspule mit Eisenkern Kenndaten: Länge: L = 2 x 99 mm Radius: r = 22 mm 2 Windungszahl: n = 2 x 271 Spaltbreite d = 4,4 mm Strom: max 5 A Als Stromquelle dient das 20V-Netzgerät. Achtung: Magnetspule nicht zu warm werden lassen! 3.3 Hallsonden und Kupferplatten Die Kenndaten der beiden Hallsonden (KSY 14 und SBV 604) sind den beiliegenden Datenblättern zu entnehmen. Am Hallsonden-Speisegerät lassen sich verschiedene Lastwiderstände (von 10 Ω bis ∞) einstellen. Man verwende das Spezialkabel und beachte die jeweiligen Farben an den Steckern. Man beachte die maximalen Steuerströme der Hallsonden: KSY 14 (GaAs): max 5 mA SBV 604(InAs): max 50 mA Die beiden Kupferplatten werden an das Powertronic-Netzgerät angeschlossen. Obwohl beim Betrieb bis zu 50 A fliessen ist dieser Strom aufgrund der geringen Spannung für den Menschen ungefährlich - Schweissübungen irgendwelcher Art sind jedoch auf alle Fälle zu unterlassen! Da die erzeugbaren Hallspannungen für die zur Verfügung stehenden Messgeräte zu gering sind, steht ein 1000-fach Verstärker zur Verfügung (verstärkt IN(H)-IN(L)). Mit dem Digital Multimeter kann die verstärkte Spannung schlussendlich ausgelesen werden. 4 Aufgaben 4.1 Theoretische Vorbereitung 1. Studium der Theorie des Halleffekts und der Funktionsweise einer Hallsonde anhand der Literatur. 2. Berechnung des Magnetfeldes in der Mitte einer langen, zylindrischen und einlagigen Luftspule. 3. Herleitung der Zusammenhänge von Magnetfeld, Hallspannung, Sondenstrom, Dicke und Widerstand bzw. Leitfähigkeit der Probe mit Dichte, Geschwindigkeit und Beweglichkeit der Ladungsträger. Welche Grössen sind materialspezifisch und welche hängen von den Versuchsbedingungen ab? Welche Grössen ändern sich empfindlich mit der Pro- 3 bentemperatur? Gibt es charakteristische Unterschiede bei Metallen und Halbleitern? 4.2 Experimente 1. Eichung und Vergleich der beiden Hallsonden bezüglich der Linearität bei verschiedenen Lastwiderständen. Um die weiteren Messungen so genau wie möglich zu machen, verwende man den hierzu geeignetsten Lastwiderstand (Begründung?). 2. Messung der spezifischen Leitfähigkeit und der Hallkoeffizienten der beiden Hallsonden sowie der Kupferplatten. 3. Bestimmen der Dichte und der Hallbeweglichkeit der Ladungsträger in den beiden Hallsonden und in Kupfer. 4. Messung der Hysteresiskurve der Eisenkernspule mit einer der beiden Hallsonden. Wie gross sind Remanenz und Koerzitivfeldstärke? 5. Direkte Messung der Geschwindigkeit der Ladungsträger in Kupfer (verschiedene Methoden möglich). Welche Geschwindigkeit ergibt sich bei den beiden Hallsonden und in Kupfer rein rechnerisch aus den Messdaten? Die Messresultate sollen nach Möglichkeit mit Literaturwerten verglichen werden. Man diskutiere mögliche Fehlerquellen und schätze deren Einfluss auf die Resultate ab. Hinweis: Berechne erst theoretisch die verlangten Grössen und beginne dann mit den Versuchen. Dadurch wird klar welche Parameter beim Experimentieren notiert werden müssen und ein allfälliges Nachmessen kann verhindert werden. 5 Bericht Grundsätzlich soll mehr Gewicht auf die experimentelle Arbeit als auf die theoretische Beschreibung gelegt werden. Entsprechend kann der Theorieteil im Bericht kurz gehalten werden. Die wichtigsten Zusammenhänge und die benötigten Formeln sollen hier nachvollziehbar zusammengestellt werden, auf Quellenverweise ist zu achten. Es wird Wert gelegt auf übersichtliche Darstellung und klare Formulierung. Um einen möglichst direkten Eindruck von der experimentellen Arbeitsweise 4 zu erhalten, sollte im Anhang des Versuchsberichts auch eine Kopie des Laborjournals enthalten sein. Eine erste Version des Berichts kann lose zum Korrigieren gegeben werden, die endgültige Version (nach gemeinsamer Besprechung und allfälligen Änderungen/Korrekturen) sollte gebunden oder geheftet sein. A Einführende Literatur zum Halleffekt Alle Bücher sind in der ExWi-Bibliothek zu finden, die jeweiligen Signaturen sind in Klammern angegeben. • Kittel: Festkörperphysik (VAZ 161) • Ibach/Lüth: Festkörperphysik (VAZ 180, 196) • Ibach/Lüth: Solid State Physics (VAZ 206) • Bergmann/Schäfer: Experimentalphysik - Aufbau der Materie, Band IV.1 (ODA 114 v4.1) • Grimsehl: Struktur der Materie (ODA 204) • Spenke: Elektronische Halbleiter (VNA 119,123) • Seiler: Physik und Technik der Halbleiter (VNA 123) • Hannay: Semiconductors (VNA 117) • Weissmantel/Hamann: Grundlagen der Festkörperphysik (VAZ 126) B Materialliste • Netzgerät (36 V, 50 A) Kepco Power Supply • Netzgerät (16 V, 50 A) Powertronic Power Supply LAB1650D (AP 70022.0) • Hallsondespeisegerät mit Integrator und Anschlusskabel (AP 2098 E 205) • Luftspule (AP 842 ED) 5 • Spule mit Eisenkern (AP 201 ED) • Ga-As Hallsonde KSY14 • In-As Hallsonde SBV604 • 2 Kupferplatten mit Anschlussbuchsen • Handmultimeter MX515 • Triple Power Supply HM 8040 / Digital Multimeter HM 8011-3 (AP 70027.0) • Diverse Kabel (FZ, 2008) 6 Hall Sensor KSY 14 Features • • • • • • • • • High sensitivity High operating temperature Small linearity error Low offset voltage Low TC of sensitivity and internal resistance Ultra-flat plastic miniature package Low inductive zero component Package thickness 0.7 mm Connections from one side of the package Typical applications • Current and power measurement • Magnetic field measurement • Control of brushless DC motors • Rotation and position sensing • Measurement of diaphragm • Movement for pressure sensing Dimensions in mm Type Marking Ordering Code KSY 14 14 Q62705-K227 The KSY 14 is an ion-implanted Hall sensor generator in a mono-crystalline GaAs material, built into an extremely flat plastic package (SOH). It is outstanding for a high magnetic sensitivity and low temperature coefficients. The 0.35 × 0.35 mm2 chip is mounted onto a non-magnetic leadframe. Semiconductor Group 1 07.96 KSY 14 Maximum ratings Parameter Symbol Value Unit Operating temperature TA Tstg I1 GthA GthC – 40…+ 175 °C – 50…+ 180 °C 7 mA ≥ 1.5 ≥ 2.2 mW/K mW/K 5 mA Open-circuit sensitivity I1N KB0 190…260 V/AT Open-circuit Hall voltage V20 95…130 mV Ohmic offset voltage I1 = I1N, B = 0 T VR0 ≤ ± 20 mV Linearity of Hall voltage B = 0…0.5 T B = 0…1 T FL ≤ ± 0.2 ≤ ± 0.7 % % R10 R20 TCV20 900…1200 Ω 900…1200 Ω ∼ – 0.03…– 0.07 %/K Temperature coefficient of the internal resistance B=0 T TCR10, R20 ∼ 0.1…0.18 %/K Change of offset voltage within the temperature range ∆VR01) ≤2 mV Inductive zero component I1N = 0 A2 2) 0.16 cm2 Noise figure F ∼ 10 dB Storage temperature Supply current Thermal conductivity soldered, in air Characteristics (TA = 25 °C) Nominal supply current I1 = I1N, B = 0.1 T Input resistance Output resistance B=0 T B=0 T Temperature coefficient of the open-circuit Hall voltage I1 = I1N, B = 0.1 T 1) AQL: 0.65 2) With time varying induction there exists an inductive voltage Vind between the Hall voltage terminals (supply current I1 = 0): Vind = A2 × dB/dt × 10-4 with V(V), A2 (cm2), B(T), t(s) Semiconductor Group 2 KSY 14 Connection of a Hall sensor with a power source Since the voltage on the component must not exceed 10 V, the connection to the constant current supply should only be done via a short circuit by-pass. The by-pass circuit-breaker shall not be opened before turning on the power source, in order to avoid damage to the Hall sensor due to power peaks. Polarity of Hall voltage Semiconductor Group 3