Wegleitung zum SST-Standardmodell für Rückversicherer („StandRe“) Ausgabe vom 18. April 2017 Zweck Diese Wegleitung erläutert das SST-Standardmodell für Rückversicherer und Versicherungsunternehmen, die Rückversicherungsgeschäft zeichnen (im Folgenden „Rückversicherer“ genannt). Sie versteht sich als Arbeitshilfe und begründet keine Rechtsansprüche. I. Umfang des Modells Das SST-Standardmodell für Rückversicherer (StandRe) deckt die Nichtlebensversicherungsrisiken von Rückversicherern ab. Die Naturkatastrophenrisiken werden entweder ausserhalb von StandRe als partielles internes Modell oder in StandRe modelliert (vgl. Wegleitung „Behandlung der Naturkatastrophenrisiken im SST“ vom 31. März 2017). Ebenfalls Teil von StandRe ist die Aggregation der Nichtlebensversicherungsrisiken, einschliesslich der Naturkatastrophenrisiken. Die folgende Darstellung veranschaulicht den Umfang von StandRe innerhalb eines illustrativen SST-Modells eines Rückversicherers. Die Begriffe mit den Abkürzungen AG, AE, und IE sind StandRe-spezifisch und werden unten erklärt. „Nat cat events (NE)“ bezeichnet das allfällige partielle interne Modell für Naturkatastrophenrisiken. Laupenstrasse 27 3003 Bern Tel. +41 (0)31 327 91 00 Fax +41 (0)31 327 91 01 www.finma.ch Umfang von StandRe Zielkapital Abhängigkeiten und Aggregation zusätzliche Szenarien Nichtlebensversicherungsrisiko Mindestbetrag (MVM) Lebensversicherungsrisiko Non-life insurance risk aggregation (AG) Attritional events (AE) Individual events (IE) Kreditrisiko RetroKreditrisiko Nat cat events (NE) Marktrisiko Kredit risiko der Aktiven Abbildung 1: Umfang von StandRe innerhalb eines illustrativen SST-Modells eines Rückversicherers II. Spezifikation des StandRe-Modells Die FINMA spezifiziert StandRe durch die im Folgenden aufgeführten Dokumente und Dateien, die zusammengefasst in der ZIP-Datei „Standardmodell Rückversicherung“ auf der FINMA-Website zum Schweizer Solvabilitätstest (SST) verfügbar sind. II.1 Modellbeschreibung Das Dokument „SST Standard model for reinsurers (StandRe), Model description“ enthält die vollständige technische Beschreibung von StandRe. II.2 SST-Template (StandRe-Template) Die Excel-Datei „sst-template-StandRe“ wird für die Dokumentation der Input-Daten und der (Teil-)Ergebnisse und für gewisse im Template automatisierte Berechnungen verwendet. Andere Berechnungen werden ausserhalb des Templates mit vom Rückversicherer selber gewählten Tools durchgeführt (vgl. Abschnitt „IT implementation“ in 2/4 der Modellbeschreibung). Das ausgefüllte Template der SST-Berechnung ist der FINMA zusammen mit dem SST-Bericht einzureichen. II.3 Ergänzende Dokumente und Dateien: Reserve risk tool Verzeichnis (folder) „Reserve risk tool“: Zu Vergleichszwecken verwendet StandRe für einen Teil des Rückstellungsrisikos eine Standardmethode (benchmark method). Das Verzeichnis enthält eine Implementierung dieser Methode in Excel und Erläuterungen dazu. Zusammen mit dem SST-Bericht ist der FINMA für jedes in der Modellbeschreibung definierte Abwicklungsdreieck (Abschnitt „Mean and standard deviation for AER parameter segments“) eine Excel-Datei einzureichen. II.4 StandRe-Berechnungsdokumentation Das Word-Template „StandRe_calculation_documentation_template“ ist vom Versicherungsunternehmen für jede SST-Berechnung auszufüllen (wahlweise auf Deutsch, Französisch, Italienisch oder Englisch) und der FINMA mit dem SST-Bericht einzureichen. Darin dokumentiert der Rückversicherer die spezifische Anwendung von StandRe für die SST-Berechnung, einschliesslich Erklärungen zu den verwendeten Annahmen, Vereinfachungen und Experteneinschätzungen. Die SST-Ergebnisse selbst und ihre Kommentierung finden sich dagegen im SST-Bericht. III. Aufbau von StandRe StandRe basiert auf „information events“, kurz „info events“. Darunter werden Ereignisse verstanden, deren Auftreten/Bekanntwerden in der Einjahresperiode ab SST-Stichtag eine Auswirkung auf das risikotragende Kapital am Ende der Einjahresperiode hat. Für StandRe geht es dabei spezifisch um info events in Bezug auf Nichtlebensversicherungsrisiko. Info events entsprechen den Ursachen von Risiken im SST. Bei geeigneter Wahl lassen sich damit Abhängigkeiten direkt über Ereignisse modellieren anstatt über Abhängigkeitsannahmen/Copulas. Beispiele von info events sind eine Industriekatastrophe mit Auswirkungen auf mehreren Rückversicherungsverträgen und Versicherungsbranchen oder ein Gerichtsurteil, durch das die Verpflichtungen im Haftpflichtbereich verändert werden. Wie durch das zweite Beispiel illustriert, sind info events von der Ereignisdefinition in Rückversicherungsverträgen zu unterscheiden. 3/4 Die info events im Umfang von StandRe werden in zwei disjunkte Komponenten aufgeteilt: • Attritional events sind normalerweise häufig und von geringer Schadenhöhe und werden gesamthaft durch Lognormalverteilungen modelliert. Diese werden aus Teilmodellen in vorgeschriebener Segmentierung nach Kombinationen von Branchen, geografischer Lage und Vertragsarten hergeleitet. • Die individual events werden mit frequency-severity-Modellen modelliert, die durch die Berechnung von Szenarien kalibriert werden. Szenarien in StandRe entsprechen gewissen info events und sind vom Szenariobegriff, der normalerweise im SST-Kontext ausserhalb des StandRe-Modells verwendet wird, zu unterscheiden. Es gibt vier Arten solcher Szenarien für individual events: 1. Erfahrungsszenarien werden von den grossen historischen Schadenfällen des Rückversicherers abgeleitet; 2. Portfoliostruktur-Szenarien werden über das eigene Rückversicherungsportfolio definiert (ein Beispiel ist der maximal mögliche Schaden aus einem bestimmten Rückversicherungsprogramm); 3. Ereigniszenarien werden durch konkrete, von der FINMA vorgegebene info events definiert (zum Beispiel Explosion in Industriekomplex, Gerichtsurteil mit Auswirkung auf Verpflichtungen im Haftpflichtbereich); 4. Eigene Szenarien werden durch den Rückversicherer selbst aufgrund seiner spezifischen Risikosituation definiert. Grundsätzlich sind als Vereinfachung die Outputs von attritional events und individual events über alle Branchen, geografische Lagen und Vertragsarten aggregiert. Für die Abbildung von ausgehender Retrozession kann eine feinere Granularität und eine etwas allgemeinere Modellstruktur nötig sein. Die Outputs von attritional events, individual events und nat cat events werden (in der Komponente non-life insurance risk aggregation) in einer stochastischen Simulation unter Berücksichtigung von Abhängigkeiten aggregiert, mit Einbezug des erwarteten Nichtlebensversicherungsergebnisses und gegebenenfalls der Abbildung von ausgehender Retrozession. Das Ergebnis der Aggregation ist die Verteilung des Nichtlebensversicherungsrisikos, genauer die Einjahresänderung des risikotragenden Kapitals aufgrund von Nichtlebensversicherungsrisiko. 4/4