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Anfänge der Ausbildung von Militärärzten, Militärzahnärzten und Militärapothekern
Vorwort
Ausbildung von Feldscheren.
Die Feldscherschule.
Offiziersschule der Rückwärtigen Dienste
Die Studentenkompanie.
Ausbildung an der Militärmedizinischen Akademie „S. M. Kirow“ Leningrad
Anfänge der Ausbildung von Militärärzten, Militärzahnärzten und Militärapothekern
(P. Rausch)
Vorbemerkung an unsere Leser:
Im Folgenden verwenden wir für die Begriffe „Militärärzte, Militärzahnärzte und Militärapotheker“ synonym „militärmedizinische Hochschulkader.“
Die Ausbildung militärmedizinscher Hochschulkader für die bewaffneten Organe der Deutschen Demokratischen Republik nahm ihren Anfang im Krankenhaus der Deutschen Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch und an der Karl-Marx-Universität Leipzig. An der Universität
Leipzig waren seit 1950 die ersten Medizin- und Pharmaziestudenten der Volkspolizei immatrikuliert. Einige schlossen hier auch ihr Studium ab.
1950 wurden in der dem VP-Krankenhaus unterstellten Sanitätsschule zunächst 6 Qualifizierungslehrgänge für Sanitätsintrukteure durchgeführt. 1951 begann an dieser Schule die Feldscherausbildung(1), die an der am 22. November 1952 eröffneten Feldscherschule, später an
der Offiziersschule der Rückwärtigen Dienste, seit 1971 an der Offiziershochschule der
Landstreitkräfte „Ernst Thälmann“ fortgeführt wurde(2).
Im Sommer 1951 wurde in Leipzig die Studentenkompanie gebildet. Alle in Ausbildung befindlichen ABF-, Medizin- und Pharmaziestudenten der DVP wurden in dieser Einheit zusammengefasst.
In den Jahren 1953 bis 1959 studierten Angehörige der Kasernierten Volkspolizei an der
Miltärmedizinischen Akademie „S.M. Kirow“ Militärmedizin.
Vorwort
Im Juni 1945 erging an die Innenministerien der Länder in der sowjetischen Besatzungszone
der Befehl der Sowjetischen Militäradministration (SMAD), Polizeikräfte zu bilden und
dafür aus der Bevölkerung politisch unbelastete Bürger zu gewinnen. Hauptaufgabe der
Deutschen Volkspolizei in diesen ersten Jahren nach der Befreiung des Deutschen Volkes
vom Faschismus war es, die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu garantieren, die aus
Hunger und Not geborene, hohe Kriminalität zu bekämpfen und den Schwarzen Markt zu
unterbinden, der den Aufbau der am Boden liegenden Wirtschaft behinderte.
Nach der 1. Volkspolizeibereitschaft in Zwickau wurde am 15. August 1958 die 2. VPBereitschaft in Leipzig im Objekt Wiederitzsch aufgestellt(3). Insgesamt unterstanden der
Volkspolizei Hauptabteilung Grenzpolizei / Bereitschaften (HA GP/B) der Deutschen Verwaltung des Innern (DVdI) 40 kasernierte Bereitschaften. Damit verfügte die DVP erstmalig
auch über kasernierte Kräfte. Die Personalstärke der DVP-Bereitschaften betrug Ende 1949
etwa 35.000 Mann. Die VP-Bereitschaften waren in dieser Zeit spärlich ausgerüstete, nach
militärischen Prinzipien organisierte und geführte Einheiten der DVP.
Im Juni 1949 wurden die Bereitschaften aus der HA GP/B herausgelöst und in Verwaltung
für Schulung (VfS) umbenannt. Im Oktober 1949 wurde die Deutsche Demokratische Re1
publik gegründet, es entstanden neue Ministerien. Ab April 1950 wurde im Zuge der Strukturierung des Ministeriums des Innern die VfS in Hauptverwaltung Ausbildung (HVA) umbenannt, der Volkspolizei Bereitschaften und Volkspolizei Schulen zugeordnet waren.
Kommandeur der VP-Bereitschaften war Generalinspekteur Heinz Hoffmann.
Die medizinische Versorgung der VP-Angehörigen:
Nach der Zerschlagung des faschistischen deutschen Staates durch die alliierten Streitkräfte
herrschte als Folge des Krieges in allen vier Besatzungszonen ein akuter Mangel an Ärzten
und Pflegepersonal. Der Gesundheitszustand der Gesamtbevölkerung war beklagenswert.
Nur sehr langsam wurden die Schäden, die das Gesundheitswesen in personeller wie struktureller Hinsicht genommen hatte, beseitigt. Wie alle Bürger in der sowjetischen Besatzungszone wurden auch die Volkspolizisten durch niedergelassene Ärzte oder Zahnärzte medizinisch und stomatologisch versorgt.
Nach Gründung der Volkspolizei-Bereitschaften wurden ihre Angehörigen in Krankenrevieren durch Sanitätsinstrukteure, Sanitäter und Krankenschwestern entsprechend ihrer fachlichen Möglichkeiten medizinisch betreut. Leiter der Krankenreviere waren Sanitätsinspekteure im Dienstgrad VP-Meister.() Später, nachdem Feldschere in ausreichendem
Maße ausgebildet waren, wurden sie zu Leitern der Krankenreviere bzw. der Medizinischen
Punkte (Med. Punkte).
Um auch medizinische Behandlungen zu ermöglichen, zu denen die Sanitätsdienstgrade
oder Krankenschwestern fachlich nicht befähigt und auch nicht befugt waren, wurden sie
von niedergelassenen Ärzten und Ärzten des staatlichen Gesundheitswesens unterstützt, mit
denen Verträge vereinbart worden waren. Diese zivilen Vertragsärzte und Vertragszahnärzte
kamen in der Regel zweimal in der Woche für ein paar Stunden in das Krankenrevier und
absolvierten dort ihre Sprechstunden oder bestellten die Patienten in ihre stomatologische
Praxis.
Sie stellten sich auch bis in die späten 1980-er Jahre für die ärztliche Betreuung von Angehörigen der KVP und der Nationalen Volksarmee zur Verfügung(4).
Mit der wachsenden Zahl der VP-Dienststellen, der Bildung der kasernierten Bereitschaften
der Grenzpolizei 1948 und den Volkspolizei-Bereitschaften 1949 war eine halbwegs zufriedenstellende, medizinische Grundversorgung und eine zuverlässige medizinische Betreuung
der Angehörigen der bewaffneten Organe unter den neuen Bedingungen nicht mehr gesichert. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, sehr schnell zunächst mittleres medizinisches
Personal und in naher Zukunft auch medizinische Hochschulkader auszubilden
Die Ausbildung von Feldscheren
Qualifizierungslehrgänge für Sanitätsinstrukteure
Am 13. Oktober 1949 übergab der Leiter des Krankenreviers der 2. VP-Bereitschaft Leipzig
das Objekt in Leipzig-Wiederitzsch an den VP-Kommandeur Dr. med. Kurt Geiger zur Nutzung als Krankenhaus(5). Dr. med. K. Geiger war von 1949 bis 1952 dessen Leiter.
Dem Krankenhaus war eine Sanitätsschule angegliedert (6), in der bereits am 03. Januar
1950 der erste, dreiwöchige Qualifizierungslehrgang für Sanitätsinspekteure begann. Im
gleichen Jahr wurden noch 5 weitere Lehrgänge dieser Art wiederholt(7).
Die Weiterbildung der Sanitätsinspekteure führte zu einer qualitativen Verbesserung der medizinischen Versorgung in den Krankenrevieren.
2
Ausbildung von Feldscheren
Feldschere (http://de.wikipedia.org/wiki/Feldscher) sind medizinische Hilfskräfte. Sie verkörpern eine Berufsgruppe, deren Qualifikation etwa zwischen der eines Krankenpflegers
und eines Arztes einzuordnen ist.
In der DDR wurde 1951 mit der Ausbildung von Feldscheren begonnen. Zunächst in zwei
Feldscherlehrgängen am VP-Krankenhaus Leipzig-Wiederitzsch, dann in der Feldscherschule im Leipziger Viertelsweg. Nach Verlegung auf die Zitadelle Petersberg in Erfurt zu
Beginn des Jahre 1956 wurde sie Teil der Schule für Rückwärtige Dienste der Nationalen
Volksarmee und unterstand fortan der Medizinischen Verwaltung des Ministeriums für Nationale Verteidigung. Auch nach Verlegung der Offiziersschule 1963 nach Zittau wurden
weiterhin Feldschere ausgebildet.
Feldschere sollten in Anlehnung an die Aufgaben der Feldschere in der Sowjetarmee in der
Lage sein, eine erste Wundversorgung vorzunehmen und einfache Wunden chirurgisch zu
versorgen. In späteren Jahren gehörte die Erste Vorärztliche Hilde (EVH) und die Behandlung des traumatischen Schocks zu ihren Aufgaben. Sie führten auch die Ausbildung in der
Ersten Hilfe für Soldaten, Unteroffiziere und Offiziere in ihren Einheiten durch. Obligatorisch waren in jedem Jahr einmonatige Lehrgänge in Lazaretten oder Krankenhäusern zur
persönlichen Weiterbildung. Nach Besuch von Qualifizierungslehrgängen für Impfärzte waren sie berechtigt, Impfungen gegen Pocken, Typhus, Influenza und Tetanus durchzuführen.
( http://de.wikipedia.org/wiki/Feldscher )
Der 1. Feldscherlehrgang
Bereits 1950 wurden alle Dienststellen der DeutschenVolkspolizei aufgefordert, VP-Angehörige zu melden, die daran interessiert sind, ein Medizinstudium aufzunehmen. Die Bewerber wurden auf dem Dienstwege gemeldet und nach kurzer Zeit nach Leipzig kommandiert, wo sie sich im Krankenhaus der Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch zu melden hatten.
Dort teilte ihnen der Leiter der Schule, VP-Inspekteur Dr. K. Geiger, zur Verwunderung der
Studienbewerber jedoch mit, dass sie keine Ärzte sondern Feldschere werden können. Trotz
dieser Enttäuschung entschieden sich etwa 40 Bewerber, an dieser Ausbildung teilzunehmen, sie bildeten den 1. Feldscherlehrgang(8). Dieser Lehrgang lief von Januar bis Juli
1951(9). Die Angehörigen des 1. Feldscherlehrgangs waren disziplinarisch dem Krankenhaus der Volkspolizei Leipzig-Wiederitzsch zugeordnet, Lehrgangsleiter war VPKommandeur Dr. K. Geiger, Zugführer VP-Kommissar Hans Tischer. Die Lehrgangsteilnehmer wohnten im sogenannten Wawilow-Haus (10), einer einstöckigen Steinbaracke, die
neben den Unterkunftsräumen auch über einen Hörsaal verfügte(11). Verpflegt wurden die
Schüler durch das VP-Krankenhaus Leipzig-Wiederitzsch. Während des Lehrgangs behielten die Lehrgangsteilnehmer den VP-Dienstgrad, mit dem sie nach Leipzig kommandiert
worden waren. Die Polit-Offiziere unter ihnen hatten Offiziersdienstgrade (VPOberkommissar R. Schwarzer, die VP-Kommissare H. Löhr, G. Spangenberg, H. Michel, G.
Rehwald), die meisten hatten den VP- Dienstgrad eines Unterführers bis zum VP-Meister.
Bei Beginn der Ausbildung besaßen die Teilnehmer sehr unterschiedliche bildungsmäßige
Voraussetzungen. Einige wenige besaßen das Abitur, einige hatten bereits Jahre zuvor einen
Beruf erlernt und konnten auf mehrere Jahre Berufserfahrung zurück blicken, wieder andere
hatten teilweise schon im jugendlichen Alter eine Tätigkeit im Bereich der politischen Arbeit begonnen. Allen gemeinsam aber war, dass keiner von ihnen so recht wusste, was ein
Feld scher ist(12). Der Einsatz von Feldscheren in den Krankenrevieren der kasernierten
Einheiten Anfang der 50-er Jahre sollte zu einer merklichen Verbesserung der medizinischen Betreuung und zur Entlastung der Vertragsärzte führen.
3
Die theoretische und praktische Ausbildung erfolgte zum Teil in Hörsälen der Universität,
überwiegend aber im VP-Krankenhaus durch Professoren und Dozenten der Medizinischen
Fakultät der Universität, ausnahmsweise auch durch uniformierte Medizinstudenten höherer
Semester(13). Unterrichtet wurde in allen klinischen, z.T. auch theoretischen Fächern, aber
stets sehr praxisorientiert. Für Durchführung der militärischen Grundausbildung, der Schießausbildung und den Dienstsport war VP-Unterkommissar Willi Krug verantwortlich. Am
Ende der Ausbildung, in den Monaten Juli bis August 1951, mussten die Teilnehmer des
Lehrgangs erworbenes Wissen und praktische Fertigkeiten in einer Abschlussprüfung, die
ausschließlich von zivilen Hochschullehrern abgenommen wurde, nachweisen.
Nach bestandenem Lehrgang wurden die Feldschere zum nächsthöheren Polizeidienstgrad
befördert. Die Mehrzahl der Feldschere (etwa 80%) entschied sich für einen Dienst in den
VP-Bereitschaften. Etwa 8 Feldschere, die noch kein Abitur besaßen, begannen ab Herbstsemester 1951 ein Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät, um die Hochschulreife zu
erlangen. Diejenigen, die den Feldscherlehrgang als Abiturienten begonnen hatten, nahmen
mit Beginn des Herbstsemesters 1951 ein Medizin- oder Pharmaziestudium an der KarlMarx-Universität Leipzig auf.
Der 2. Feldscherlehrgang
Der 2. Feldscherlehrgang begann Ende Januar 1952 und wurde Anfang Dezember 1952 beendet. Lehrgangsleiter war VP-Unterkommissar Willi Krug, der bereits als Feldwebel in der
großdeutschen Wehrmacht gedient hatte. Zum Lehrgang gehörten etwa 80 männlich und 4
weibliche VP-Angehörige. Der Lehrgang war in vier Züge gegliedert und wie der vorherige
1. Feldscherlehrgang im Wawilow-Haus kaserniert untergebracht. Sie wurden durch die Küche des Krankenhauses verpflegt. Die Lehrgangsangehörigen erhielten kurz nach Überführung der Feldscherschule in die KVP den militärischen Dienstgrad „Offiziersschüler“.
Die gegenüber dem 1. Feldscherlehrgang um 3 Monate verlängerte Ausbildungszeit eröffnete die Möglichkeit, vor allem die praktische Ausbildung intensiver zu gestalten. Die naturwissenschaftliche und ein Teil der klinischen Ausbildung wurden in der Universität durch
Hochschullehrer der medizinischen Fakultät der Universität wahrgenommen(14). Der
Hauptteil der medizinischen Ausbildung in Anatomie, Innere Medizin, Chirurgie, Hygiene
und Radiologie fand im VP-Krankenhaus statt. Zur Ausbildung gehörten auch Praktika auf
den Stationen des VP-Krankenhauses und in eingeschränktem Maße eine militärische Ausbildung.
Noch während des Lehrgangs wurden einige der leistungsstärksten Offiziersschüler in neu
aufgestellte Einheiten der KVP kommandiert, um dort ein Mindestmaß an medizinischer Betreuung zu sichern (13). Erst nach einigen Monaten kamen sie zurück zum Lehrgang, konnten aber den versäumten Stoff bis zur Abschlussprüfung aufholen.
Nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung, die von Hochschullehrern der medizinischen Fakultät der Universität Leipzig abgenommen wurde, wurden die Absolventen zum
Unterleutnant ernannt. Die meisten traten ihren Dienst als Feldschere in den zugewiesenen
Dienststellen an. Einige nahmen ein Medizinstudium auf und wurden in die Studentenkompanie eingegliedert.
Die Schwesternschule in Berlin-Biesdorf
Mit Befehl Nr.541/51 des Leiters der HVA war am 01. September 1951 in Berlin- Biesdorf
eine Schwesternschule mit dem Ziel gegründet worden, den Mangel an examinierten Krankenschwestern für die Krankenreviere der VP zu beheben. Die Ausbildung von Krankenschwestern begann bereits am 15.September des gleichen Jahres (15). Einige Schwesternschülerinnen erhielten die Möglichkeit, ihre Ausbildung als Angehörige des 2. Feldscherlehrgangs fortzusetzen und die Qualifikation eines Feldschers zu erlangen.
4
Literatur:
(1) Richter, W., Die Ausbildung von Feldscheren und Offizieren der materiell-medizinischen Sicherstellung, in Referate
anlässlich des Workshops des Arbeitskreises Geschichte der Wehrmedizin vom 20.-21.04.2004 in Leipzig, ElbeDnjepr-Verlag, ISBN 3-933395-86-0, S.48
(2) Ebenda, S. 54ff
(3) Eube, H. (Hrsg.) Lazarett Leipzig. Eine kurze Geschichte, 1949 – 1989, Leipzig 1989, S.11
(4) Zeitzeugenaussage Scheibe,
(5) Eube, H. a.a.O., S.7
(6) Im Dienst am Menschen. Erinnerungen an den Aufbau eines sozialistischen Gesundheitswesens, Hrsg. Karl Seidel,
1. Auflage Dietz Verlag Berlin 1989, Darin Generalmajor OMR Prof. Dr. Karlheinz. Kelch, „Arzt in Reih und
Glied“: S.177: „ Die Sanitätsschule und das VP-Krankenhaus Leipzig Wiederitzsch wurden zu ersten zentralen medizinischen Einrichtungen der DVP und später der Kasernierten Volkspolizei, von denen bedeutende Impulse für die
Organisation der medizinische Betreuung der Angehörigen der bewaffneten Organe ausgingen“. Sh. auch S. 182:
„Gemeinsam mit verdienstvollen Offizieren, zu denen …. Dr. rer. nat. Gerhard Fuchs, Prof. Dr. sc.med. Günter
Jäschke, Prof. Dr. sc.med. Gerhard Schmidt und Prof. Dr. sc.med. Klaus Schumacher gehörten, wurden die völlig
neuen Aufgaben angepackt
(7) Eube, H., a.a.O., S.23
(8) Zeitzeugenaussagen H. Hüller, F. Lemmens, W. Richter
(9) Richter, W., a.a.O., S.48
(10) Eube, H. a.a.O., S.25. Der Namensgeber für das Gebäude war der sowjetische Militärarzt Wawilow. Die Steinbaracke
wurde 1950 auf freiem Feld errichtet, um die Forderung nach Unterkünften für die stark wachsende Zahl der Teilnehmer an den Feldscherlehrgängen zu erfüllen..
(11) Richter, W., a.a.O. S.49
(12) Zeitzeugenaussagen H. Hüller
(13) Zeitzeugenaussage F.-L. Lemmens
(14) Richter, W. a.a.O., S.50
(15) Eube, H., a.a.O., S.29
Die Feldscherschule
Nach der Gründung der Kasernierten Volkspolizei am 1. Juli 1952 nahm die Zahl der in kurzer Zeit neu aufgestellten Truppenteile und Verbände in der KVP deutlich zu. Um die anwachsenden Anforderungen an den medizinischen Dienst zu bewältigen, waren auch in diesem Bereich strukturelle und personelle Veränderungen unvermeidbar. Es entstanden Sanitätsbataillone und in deren Strukturen Med. Punkte mit Bettenstationen, die im Durchschnitt
mit 80 Betten ausgestattet waren. Auf der Grundlage des Befehls Nr. 72/52 des Ministers
des Innern wurde am 22. November 1952 die Feldscherschule eröffnet (16). Sie war nicht
dem VP-Krankenhaus angegliedert, sondern der KVP-Dienststelle in der Leipziger Olbrichtstraße (17).
Der Schule wurde ein aus dem 19. Jahrhundert stammender Kasernenkomplex im Viertelsweg in Leipzig-Gohlis zugewiesen. Hier wurden die Offiziersschüler kaserniert untergebracht und auch ganztägig verpflegt. Der erste Lehrgang an der Feldscherschule begann Anfang 1953 und umfasste etwa 50 Offiziersschüler.
Erster Kommandeur der Feldscherschule war Hauptmann Dr. Stäps, sein Stellvertreter war
Dr. Kelch. In der Funktion des Schulleiters folgten ihm die Ärzte Dr. Geiger, Dr. Kelch und
Dr. Krenz. (18) Gegliedert war der Lehrgang in 4 Kompanien, darunter eine Kompanie, die
sich nur aus weiblichen Offiziersschülern zusammensetzte. Einige Offiziersschüler besaßen
bereits das Abitur, drei weitere legten in einer Sonderreifeprüfung das Abitur ab (R. Hetmanek, L. Peter und H. Schneider). Sie verließen die Feldscherschule vorzeitig, wurden zur
Studentenkompanie versetzt und begannen 1953 ein Studium an der Leipziger Universität.
Die nun vertiefte Ausbildung zum Feldscher (19) begann im Januar 1953 und dauerte 3 Jahre. Um den gewachsenen Anforderungen an die Ausbildung zu entsprechen, sah der Stellen5
plan der Feldscherschule die Funktion eines Stellvertreters des Kommandeurs und Leiters
für Ausbildung vor. Ihm zur Seite standen Lehrstuhlleiter und Fachlehrer. Die Lehrkräfte
der Feldscherschule wurden bis zur Gründung der NVA in ihrer Lehrtätigkeit durch zwei
Militärärzte der Sowjetarmee unterstützt.
Die Ausbildung umfasste die Bereiche medizinische, militärische, gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung und Ausbildung in russischer Sprache. Der hohe Anspruch an die
Feldscherausbildung kommt in ihren Ausbildungsinhalten zum Ausdruck.
Besonderer Wert wurde in der medizinischen Ausbildung auf die fundierte theoretische und
klinisch-praktische Ausbildung gelegt, die wie schon im ersten und zweiten Feldscherlehrgang durch Hochschullehrer der medizinischen Fakultät der Leipziger Universität wahrgenommen wurde. Sie umfasste die Fächer Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Feldchirurgie, Krankheitslehre und Innere Militärmedizin, Infektionslehre und Epidemiologie, Hygiene und Truppenhygiene, Arzneimittellehre und Toxikologie, Feldsanitätsausrüstung und
Organisation und Taktik des Medizinischen Dienstes.
Die Kompaniechefs waren zusammen mit den Zug- und Gruppenführern für die militärische
Ausbildung verantwortlich, auf die nun deutlich mehr Gewicht gelegt wurde als in den Jahren zuvor.
Die gesellschaftswissenschaftliche Ausbildung wurde obligatorischer Bestandteil der Feldscherausbildung. Sie umfasste Lektionen und Seminare und wurde durch Fachlehrer des
Lehrstuhls für Gesellschaftswissenschaften gewährleistet.
Die Lehrgangsteilnehmer wurden nach erfolgreich bestandener Abschlussprüfung zum Unterleutnant ernannt. Die Mehrzahl der Absolventen trat danach den Dienst in der Truppe an.
Literatur
(16) Eube, H., a.a.O., S.35
(17) Zeiteugenaussage H. Hüller
(18) Richter, W., a.a.O., S.51
(19) Ebenda , S.51
Offiziersschule der Rückwärtigen Dienste
Mit dem Gesetz über die Schaffung der Nationalen Volksarmee und des Ministeriums für
Nationale Verteidigung vom 18. Januar 1956, das am 24. Januar 1956 in Kraft trat, (hier
Link einfügen http://www.verfassungen.de/de/ddr/nvagesetz56.htm) reagierte die Regierung
der DDR auf die zuvor am 15.Mai 1955 erfolgte Schaffung der Bundeswehr.
Im Gefolge dieses Gesetzes wurden alle Einheiten, Truppenteile und Einrichtungen der KVP
in die NVA überführt. Die damit verbundenen personellen und strukturellen Veränderungen
blieben auch für die Feldscherschule nicht ohne Folgen.
Nach Beendigung des Studienjahres 1956/1957 wurde die Feldscherschule aufgelöst und als
Lehrstuhl Militärmedizin in die Schule der Rückwärtigen Dienste eingefügt. Heimstatt für
die Schule der Rückwärtigen Dienste der NVA wurde die Zitadelle auf dem Petersberg in
Erfurt(20).
Die Offiziersschule RD war nach Lehrstühlen strukturiert. Feldschere wurden fortan am
„Lehrstuhl Militärmedizin“ ausgebildet. Erster Lehrstuhlleiter wurde der letzte Kommandeur der Feldscherschule Oberstleutnant Dr. Krenz. Ihm folgten Dr. König, danach Dr. Hippe (21), Absolvent der Militärmedizinischen Akademie „S.M. Kirow“ Leningrad. Der Lehrstuhl unterstand nun direkt der Medizinischen Verwaltung des Ministeriums für Nationale
Verteidigung.
6
In den Jahren 1961 bis 1963 wurden verschiedene Offiziersschulen einzelner Teilstreitkräfte
der NVA zur „Offiziersschule der Landstreitkräfte zusammengefasst. 1963 wurde die Offiziersschule RD von Erfurt an den Standort Zittau verlegt(22).
Der neue Unterbringungsort war eine ehemalige Artilleriekaserne, die Mandaukaserne in
Zittau. Der ehemalige Lehrstuhl Militärmedizin der Offiziersschule der Rückwärtigen
Dienste wurde unter 10 Fachrichtungen als VII. Fachrichtung (RD) in die Offiziersschule
der Landstreitkräfte eingegliedert(23). Damit änderten sich auch Umfang und Inhalt der
Feldscherausbildung erheblich. Die Ausbildungszeit wurde von 3 auf 4 Jahre verlängert.
Am 03. Februar 1971 verlieh Minister für Hoch- und Fachschulwesen der Offiziersschule
der Landstreitkräfte den Status einer Hochschule. Sie wurde in Offiziershochschule der
Landstreitkräfte „Ernst Thälmann“ umbenannt und erhielt 1982 das Recht zur Verleihung
des ersten akademischen Grades, des Diploms.
Die Hochschule wurde in 12 Sektionen gegliedert. Die ehemalige VII. Fachrichtung der Offiziersschule RD wurde nach der Umstrukturierung zur IX. Sektion Rückwärtige Dienste,
der ehemalige Lehrstuhl Militärmedizin zum Lehrstuhl Materiell-medizinische Sicherstellung.
Seit 1982 beendeten die Offiziersschüler am Lehrstuhl für Materiell-medizinische Sicherstellung ihr Studium mit der Berufsbezeichnung „Sanitätszugführer/Offizier für materiellmedizinische Sicherstellung“.
Literatur
(20)
(21)
(22)
(23)
Richter, W., a.a.O., S. 55
Ebenda, S. 56
Ebenda, S. 58
Ebenda, S. 58-59
Die Studentenkompanie Leipzig
Im Sommer 1951 wurden in Leipzig alle Studenten der DVP, die ABF-Studenten, die Medizin- und die Pharmaziestudenten der Karl-Marx-Universität, zur Studentenkompanie zusammengefasst.
Zur Kompanie gehörten im Einzelnen:
1. Medizin- oder Pharmaziestudenten, die für die VP geworben wurden oder als VPAngehörige ein Studium aufgenommen hatten. Die Zahl der ehemals zivilen, für die VP
bzw. KVP geworbenen Studenten stieg in den Jahren nach Gründung der Kasernierten
Volkspolizei deutlich an.
2. Absolventen des 1. und 2. Feldscherlehrgangs, die die Hochschulreife besaßen und
(1951 bzw. 1953) nach Abschluss des Lehrgangs ein Studium aufnahmen.
3. Studenten der ABF, die im Sommer 1951 und im Dezember 1952 einen Feldscherlehrgang absolviert und 1953 bzw. 1954 die Hochschulreife erlangt hatten. Einige VP-Angehörige hatten die Hochschulreife über eine Sonderreifeprüfung erworben (F. Gelbke, R.
Hetmanek, L. Peter, R. Rehe und H. Schneider).
4. Oberschüler, die 1953 und 1954 die Hochschulreife erlangt und sich zum Dienst in der
KVP verpflichtet hatten.
5. Im Sommer 1955 wurden die gesamte Studentenkompanie zur Dienststelle III der KVP
in Greifswald, der späteren Militärmedizinischen Sektion kommandiert. Danach wurde
sie aufgelöst.
Die Studentenkompanie hatte zu Beginn eine Stärke von etwa 25 VP-Angehörigen, sie hatte
zu keiner Zeit die Personalstärke einer Kompanie und war anfangs auch nicht militärisch
7
strukturiert. Die Studenten trugen die damals in der DVP verwendete dunkelblaue Uniform
mit dunkelblauem Hemd und rotem Schlips.
Am 16. Juni 1952 wurden die Einrichtungen der HVA in Einrichtungen der Kasernierte
Volkspolizei überführt. Damit verbunden war die Einführung der neuen, khakifarbenen Uniform der KVP. Die Polizeidienstgrade wurden in militärischer Dienstgrade umgewandelt der
Kommissar wurde zum Unterleutnant, der Oberkommissar zum Leutnant. Sie unterstanden
nun dem Minister des Innern, Willy Stoph. Chef der KVP wurde am 01. Juli 1952 Heinz
Hoffmann, als Chef des Medizinischen Dienstes der KVP wurde Dr. Karl Gelbke eingesetzt.
(24)
Auf dem IV. Parlament der Freien Deutschen Jugend (FDJ), das vom 27. bis 30. Mai 1952
in Leipzig stattfand, übernahm die FDJ die Patenschaft über die Volkspolizei. Angesichts
der zunehmenden Aufrüstung in der Bundesrepublik verpflichteten sich Tausende FDJ-ler
für den Dienst in den bewaffneten Organen. Diesem Aufruf folgten in den folgenden Jahren
viele Jugendliche, darunter auch zahlreiche Abiturienten aus der gesamten Republik. Etliche
begannen als Offiziersschüler der KVP ein Medizin- oder ein Pharmaziestudium an der Universität Leipzig. Sie wurden der Studentenkompanie zugeordnet. Die ehemaligen ABFStudenten und die Abiturienten des Jahrgangs 1953 bildeten den Stamm des späteren 3.
Lehrgangs der Militärmedizinischen Sektion.
Militärischer Vorgesetzter der Studentenkompanie war VP-Oberkommissar Lesche, ihm
folgte VP-Kommissarin Eckardt, eine ehemalige Oberlehrerin, von den Studenten „Mutter“,
von einigen auch „Muhme“ Eckardt genannt. Sie führte ein strenges Regiment, „rauchte wie
ein Schlot“ und legte großen Wert auf vernünftiges Benehmen. Als Leutnant Eckardt übernahm sie Mitte 1954 eine andere Funktion, weshalb als neuer Kompaniechef Oberleutnant
Sehmisch eingesetzt wurde. Die monatlichen Dienstbezüge der Studenten betrugen in Abhängigkeit vom Dienstgrad bis etwa 300 Mark.
Einige Studenten der höheren Semester waren verheiratet und hatten eine eigene Wohnung,
einige wohnten auch noch bei den Eltern. Sie waren Außenschläfer und Selbstversorger.
Die meisten Angehörigen der Studentenkompanie waren jedoch kaserniert untergebracht.
Ein militärisch organisierter Tagesablauf war unter den Bedingungen einer dislozierten Unterbringung der Angehörigen und der Spezifik eines Universitätsstudiums nicht möglich.
Die Heimleiter als militärische Vorgesetzte hatten viel Verständnis für die Studenten, jeder
konnte sein Studium individuell regeln. Die militärische Ausbildung beschränkte sich auf
gelegentliche Dienstversammlungen und auf Elemente der militärischen Grundausbildung,
Schießausbildung und auf den Dienstsport. Lediglich an staatlichen Feiertagen, wie dem 1.
Mai, marschierte die Studentenkompanie in Kolonne innerhalb des Demonstrationszuges
durch Wiederitzsch. Auch von der Unterkunft zur Endstation der Straßenbahn in Wiederitzsch wurde in Formation marschiert. Von dort brachte ein Sonderzug der Straßenbahnlinie
16, der für die Studenten gechartert wurde, die Studenten zu den Lehrveranstaltungen ins
Zentrum der Stadt.
Bereits 1950 wurde unter den Medizin- und Pharmaziestudenten an der Karl-MarxUniversität Leipzig und an den Universitäten in Jena und Rostock für die Volkspolizei geworben. Die Bereitschaft, Angehöriger der Volkspolizei zu werden, war zu dieser Zeit unter
den zivilen Studenten nicht sehr ausgeprägt. Es waren zunächst nur etwas mehr als 10 Studenten, die nach dem Eintritt in die Volkspolizei ihr Studium ohne Unterbrechung fortsetzten. So berichtet Manfred Schad in einem Brief an Rolf Rehe (25), dass im August 1950 die
Studenten der Medizin Harald Hunger, Harry Hartmann, Rolf Gläsel, alle im 5. Semester,
und er selbst als cand. med. im 7. Semester durch VP Oberkommissar Karl-Heinz Kelch für
die Deutsche Volkspolizei geworben wurden. Auf einem Treffen im VP-Krankenhaus
Leipzig unterschrieben sie in Gegenwart von VP-Inspekteur Dr. Mehlmack und VP-Oberrat
Dr. Geiger einen Vertrag, in dem sie sich zu 10 Jahren Dienst in der VP verpflichteten. Zu
8
den ersten Studenten, die in den Jahren 1950 und 1951 für einen Dienst in der Deutschen
Volkspolizei geworben wurden, gehörten außer Manfred Schad, Harald Hunger, Harry
Hartmann und Rolf Gläsel auch Wilhelm Goetzel, Kurt Hergert, Alfred Krause, Walter Poessel, Gerhard Schmeißer und Edgar Steiner. (26) Diese Studenten setzten ihr Medizin- oder
Pharmaziestudium als Angehörige der VP fort, einige schlossen ihr Studium noch vor Versetzung der Kompanie nach Greifswald im Jahre 1955 ab.
Die Absolventen des 1. Feldscherlehrgangs, die das Abitur besaßen, nahmen nach Abschluss
des Lehrgangs mit Beginn des Herbstsemesters 1951 ein Medizin- bzw. Pharmaziestudium
an der Karl-Marx-Universität auf. Zu ihnen gehörten u.a. Kurt König, Werner König, Axel
Zeuner.
Einige Absolventen des 1. Feldscherlehrgangs besaßen kein Abitur und begannen ein Studium an der Arbeiter- und Bauernfakultät, um die Hochschulreife zu erlangen. Nach bestandener Abiturprüfung im Sommer 1953 nahmen sie mit Beginn des Herbstsemesters 1953 ein
Medizin- oder Pharmaziestudium an der Leipziger Universität auf. (Hansgeorg Hüller, Hannsgeorg Löhr u.a.). Analog begannen einige Absolventen des 2. Feldscherlehrgangs ein Studium an der ABF. Nach erfolgreich bestandenem Abitur nahmen sie 1954 in Leipzig ein
Studium auf.
Einige Angehörige der Kompanie begannen 1953 bzw. 1954 ein Studium an der Militärmedizinischen Akademie „S.M. Kirow in Leningrad“ (W. Götzel, K. Hergert, F. Hippe, E. Kallenbach, W. Kempf, W. Krause, H. Michel, R. Rehe, G. Rehwald, G. Schmeißer, R.
Schwarzer, E. Steiner) Acht Studenten schlossen das Medizinstudium in Leningrad erfolgreich ab, 6 von ihnen mussten das Studium aus unterschiedlichen Gründen vorzeitig beenden
und kehrten ohne Staatsexamen in die DDR zurück.
Nach Beendigung der Ausbildung des 1. Feldscherlehrgangs im Sommer 1951 mussten alle
Feldschere das Wawilow-Haus verlassen. Der neu gegründeten Studentenkompanie wurde
eine gut eingerichtete Villa in der Graefestraße zugewiesen. Ein Nachteil war, dass sie im
Winter oft nicht geheizt werden konnte. Entweder war die Heizung defekt oder es gab keinen Koks. Der einzige beheizbare Raum war ein großes schönes Bad mit einem Gasbadeofen. Deshalb wurde das Bad nach einem Belegungsplan als Schreibraum genutzt, weil man
in den anderen Räumen im Winter wegen der Kälte nicht schreiben konnte. Sechs bis zehn
Männer schliefen in einem Zimmer, es gab keine Spinde, die Sachen wurden auf Haken oder
Nägeln an den Wänden aufgehängt. Nachts deckten sie sich mit den Uniformmänteln zu.
Vom Krankenhaus Wiederitzsch bekamen sie täglich ein Thermosgefäß mit heißem Kaffee,
für seine Verpflegung war jeder Student selbst verantwortlich.
In den Jahren 1951 und 1952 kamen aus den Bereitschaften der Volkspolizei noch ungefähr
10 bis 20 Studenten zur Studentenkompanie hinzu. Danach hatte die Studentenkompanie
eine Stärke von etwa 60-70 Studenten. (26)
Weil die Unterkunft in der Graefestraße nun zu klein geworden war, wurde der Studentenkompanie eine neue Unterkunft in der Döllnitzer Straße zugewiesen, eine geräumige, sehr
gut ausgestattete Villa, die zuvor einem reichen Leipziger Pelzhändler gehört hatte. Die Studenten wohnten zu zweit oder zu dritt in einem Zimmer. Im Unterschied zur Graefestraße
gab es in diesem Wohnheim auch eine Küche, in der eine sehr gute Köchin („Mutter Boblitz“) dafür sorgte, dass die Studenten morgens, mittags und abends etwas Ordentliches zum
Essen bekamen.
Nach Zuführung von Abiturienten aus den Oberschulen im Sommer 1953 reichte auch der
Wohnraum in der Döllnitzer Straße nicht mehr aus. In einem Wohnhaus auf dem Gelände
des Mitteldeutschen Rundfunks in der Springerstraße wurde ein zusätzliches Wohnheim für
die neuen Angehörigen der Studentenkompanie eingerichtet.
Die Versorgung der Studenten wurde in einem kleineren Gebäude in der Richterstraße Nr.3,
die über eine Küche und einen Speisesaal verfügte, sichergestellt. Hier hatten zudem auch
die Studentinnen und einige wenige Studenten (Klaus Langbein u.a.) Unterkunft gefunden.
9
Die Richterstraße war eine Nebenstraße der Springerstraße und von den Studenten, die in
der Springerstraße wohnten, in wenigen Minuten erreichbar.
Döllnitzer Straße, Springerstraße und Richterstraße blieben bis zu ihrer Auflösung der Studentenkompanie im Jahre 1955 Wohnheime. Die Döllnitzer Straße war das Zentrum für die
Studentenkompanie, hier befand sich die Leitung der Kompanie, hier wurden alle Versammlungen durchgeführt und hier wohnten bis zum Sommer 1955 auch weiterhin Studenten.
Kompaniechef war bis (etwa 1953) Oberleutnant Lesche, anschließend Oberleutnant „Mutter“ Eckardt.
Die Ausbildung an der Universität unterschied sich nicht von der der Zivilstudenten. Vorphysikum nach 2 Semestern, nach dem 4. Semester wurde das Physikum abgelegt, nach 10
Semestern das Staatsexamen. Famulaturen wurden hauptsächlich in den Semesterferien absolviert. Nach dem Staatsexamen musste die einjährige Pflichtassistenz abgeleistet werden,
danach wurde die Approbation erteilt, d.h. die staatliche Genehmigung zur Ausübung einer
Tätigkeit als Arzt oder Apotheker.
Während des Deutschlandtreffens der Jugend aus der DDR und der BRD 1950 in Berlin
wurden sie zur Unterstützung der Ärzte bei der medizinischen Sicherstellung eingesetzt. Die
Feldschere unter den Studenten wurden während des Studiums auch zu Nachtdiensten im
Krankenhaus Leipzig-Wiederitzsch, ab 1952 Lazarett Leipzig, eingesetzt.
Im Sommer 1955 wurde die Studentenkompanie nach Greifswald versetzt, wo die Angehörigen der Kompanie ihr Studium an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität fortsetzten.
Literatur
(24) Lemmens, F.-J., Karl Gelbke. Biographie eines antifaschistischen Arztes, Gesundheitspolitikers, Militärarztes und Hochschullehrers, Dissertation A zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie, Leipzig, 07.05.1984, S.118-120
Kurzbiografie Oberst OMR Prof.Dr.Karl Gelbke (1899-1965)
Karl Gelbke wurde am 09.07.1899 geboren und entstammte einer alteingesessenen Arztfamilie aus Rochlitz/Sa.
Nach seiner Teilnahme am I. Weltkrieg studierte er in Leipzig Medizin, wurde dort auch promoviert und
führte ab 1928 im Leipziger Norden eine sehr große kassenärztliche Praxis. Deren Lage und Beschaffenheit machte es ihm möglich, ab 1933 am antifaschistischen Widerstand teilzunehmen. Trotz der 25 Verhöre und Haussuchungen durch die Gestapo gelang es ihm, die von ihm geleitete Widerstandsgruppe ohne menschliche Verluste erfolgreich bis zum Ende der Zeit des NS zu führen. In enger Zusammenarbeit
mit dem Leipziger Dominikanerpater Aurelius Arkenau („Gerechter unter den Völkern“) rettete er viele
der von diesem in der Pfarrei Versteckten, durch die Bereitstellung von Geld und durch seine ärztliche
Hilfe.
In der Nacht vor dem Überfall auf die Sowjetunion entwickelte er, zusammen mit anderen Leipziger Ärzten jene Vorstellungen für ein demokratisches Gesundheitswesen, die nach dem Kriege in Leipzig weitgehend realisiert werden konnten, als er dort zum Stadtrat für das Gesundheitswesen berufen worden war.
Zu diesen Ärzten gehörte auch sein künftiger Schwiegersohn, der spätere Oberst OMR Prof. Dr. Kurt
Steude(1914-2000), Leiter des Instituts für Luftfahrtmedizin der NVA in Königsbrück.
Ab 1948 wurde er stellvertretender Minister für Arbeit und Sozialfürsorge der Landesregierung Sachsen,
bis er 1952 zum Professor mit Lehrauftrag und Direktor des Institutes für Sozialhygiene an die Universität Leipzig berufen wurde. Er zählt zu den Vätern der Sozialhygiene in der DDR.
Als Oberst trat er am 01.04.1955 seinen Dienst als Chef der Medizinischen Verwaltung der KVP an.
Nach einem Dienstunfall musste er diesen aufgeben und wurde am 15.09.1958 in die Reserve versetzt.
Am 16.09.1958 wurde er zum Ärztlichen Direktor der Medizinischen Fakultät der „Karl-MarxUniversität“ Leipzig berufen und am 01.09.1964 emeritiert.
Immer noch mit der Universität verbunden, erlag er am 27.01.1965 auf dem Weg dorthin einem Herzinfarkt.
Ihm zu Ehren wurde per Ratsbeschluss 1968 die Münsterstraße in Gelbkestrasse umbenannt in das Straßenverzeichnis aufgenommen. Am 14.07.1999 beschloss die Ratsversammlung im Ergebnis kontroverser
Diskussionen um die Person Gelbkes die Straße umzubenennen, ohne sofort einen Namen festzulegen.
Erst am 12.07.2000 wurde sie in Kippenbergstraße, nach Prof. Dr. A. Kippenberg, einem Leipziger Verleger, umbenannt. (In den Sachbüchern zur Strassengeschichte wird das Unverständnis für dieses Vorgehen benannt.
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(25) im Besitz des Autors
(26) Diese Darstellung ist im Wesentlichen Ergebnis einer Vielzahl von Telefoninterviews des Autors mit Prof.
Dr. med. habil. Hannsgeorg Hüller, Dr. rer. nat. Hannsgeorg Löhr, Dr. med. Heinz Schneider, und Dr.
med. Hermann Herzog
(26) Zeitzeugenaussage Hüller, H.
Das Medizinstudium an der Militärmedizinischen Akademie „S. M. Kirow“
in Leningrad (1953-1959)
von Rolf Rehe
VP-Kommissar Rolf Rehe
Ein wichtiges Kapitel beim Aufbau des medizinischen Dienstes der NVA stellte die Ausbildung
von militärmedizinischen Hochschulkadern dar. Diese erfolgte neben dem Medizinstudium an
der Universität Leipzig und später an der Militärmedizinischen Sektion der EMAU Greifswald
auch an der mit dem Leninorden ausgezeichneten Militärmedizinischen Akademie "S. M. Kirow“ (
VMOLA ) in Leningrad.
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Kirow-Akademie
Dazu wurde eine Gruppe von Feldscheren sowie Studenten an der Leipziger Universität und
der Leipziger ABF nach einem mir unbekannten Auswahlverfahren zusammengestellt und zum
Medizinstudium nach Leningrad delegiert. Wir waren die ersten und einzigen Studenten mit
einem vollen bzw. kompletten Ausbildungsprogramm. Wir kannten uns zuvor zum Teil gar
nicht und trafen uns das erste Mal bei der Verabschiedung aller Militärstudenten der KVP durch
Armeegeneral Stoph, Minister des Inneren. am 5. Dezember 1952 in Berlin-Adlershof, im späteren Fernsehzentrum der DDR.
Diese Reise in eine hoffnungsvolle Zukunft traten nach der Verabschiedung an
- die Feldschere Willi Henning, Fred Hippe, Erich Kallenbach, Wilfried Kempf und Reinhold
Pitzuch;
- die ABF-Studenten Hermann Michel, Gerhard Rehwald und Rudolf Schwarzer, die Studenten
an der Leipziger Universität Rolf Rehe und Gerhard Schmeißer,
Für alle Aufgeführten, außer Hippe und Rehe, war das militärmedizinische Studium festgelegt.
Letztere (Hippe Drogist, Rehe Pharmaziestudent) sollten anfänglich das militärpharmazeutische
Studium aufnehmen. Aufgrund der kurz zuvor erfolgten Schließung der militärpharmazeutischen Bildungseinrichtung erklärten sich dann beide zur Aufnahme des Medizinstudiums in
Leningrad bereit.
Wir gehörten zur „Sonderfakultät für Auslandsstudenten“, der 5. Fakultät an der VMOLA, in der
ebenfalls die Militärstudenten und Militärärzte aller anderen sozialistischen Staaten und später
auch aus Ländern der 3. Welt vertreten waren. Wir waren gemeinsam in einem Wohnheim
untergebracht und hatten ein sehr gutes Verhältnis zu den anderen ausländischen Studenten
aus Albanien, Bulgarien, China, der CSSR, der Mongolei, aus Polen, Rumänien, Ungarn und Vietnam.
Für uns Studenten begann nun eine schwere Zeit. In Vorbereitung auf das Studium mussten
große Unterschiede in den Kenntnissen der russischen Sprache überwunden und allgemeine
Wissenslücken ausgeglichen werden. Die Feldschere hatten erst einmal das Abitur nachzuholen; dazu kam das unterschiedliche Wissensniveau der Studenten der ABF und der Universität.
Michel, Rehe, Rehwald, Schmeißer und Schwarzer kamen aus der Studentenkompanie der KVP.
Henning, Hippe, Kallenbach, Kempf und Pitzuch waren bereits als Feldschere in den bewaffneten Kräften der DDR tätig gewesen. Die erste und wichtigste Aufgabe, die mehr oder weniger
intensiv angegangen wurde, war das Erlernen der russischen Sprache, denn der gesamte spätere Unterricht (Vorlesungen, Seminare und Konsultationen) erfolgte nur in Russisch. Deshalb
wurde auch großer Wert auf den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung gelegt. Am Anfang
verstanden wir alle fast gar nichts (waren meist nur mit Schulkenntnissen der russischen Spra12
che ausgestattet). Lediglich Kallenbach kamen seine Sprachkenntnisse aus der Kriegsgefangenschaft zugute.
Der wohlgemeinte Rat und die Empfehlung des sowjetischen „Betreuungspersonals“ (Lehrer
wie neue militärische Vorgesetzte), sich auch außerhalb des Unterrichtes, besonders aber während der Vorbereitungszeit auf das Studium in der Landessprache zu unterhalten, wurde von
uns erst viel später richtig verstanden, aber nie konsequent befolgt. Um uns den Eintritt in ein
völlig neues Umfeld zu erleichtern und uns einen besseren Überblick über die auf uns einstürmenden ungewohnten Alltagsprobleme zu verschaffen, hatte ein polnischer Militärarzt in den
ersten 14 Tagen unsere „Betreuung" übernommen.
Die Dienstgrade unserer Studenten waren nach außen hin nicht erkennbar.
Vorbereitungszeit 1953
Im ersten Jahr trugen wir eine neutrale Uniform ohne Kokarde bzw. Nationalitätenkennzeichnung und ohne Schulterstücke, später dann die Uniform der KVP und ab 1956 die der NVA. Letztere hat uns manche Unannehmlichkeiten, besonders bei der Jugend eingebracht. Hinzu kam
noch, daß alles, zumindest die Vorbereitungszeit auf das eigentliche Studium, streng geheim
gehalten wurde. Wir bekamen für den Briefwechsel mit unseren Verwandten und Bekannten
eine zentrale Anschrift in Berlin, und diese war auch gleichzeitig unser Absender. Der Postverkehr wurde über einen zentralen Kurierdienst reguliert und die Privatpost der Studenten im
öffentlichen Leben ganz exakt überwacht und kontrolliert. Die Betreuung bzw. Kontrolle in
Leningrad oblag dem Militärattaché der DDR in Moskau, Oberst Loberger, während in der
Heimat dies durch Major Dr. Maria Lobe aus der Medizinischen Verwaltung im Ministerium des
Inneren wahrgenommen wurde.
Nach Abschluss der neunmonatigen Vorbereitungszeit auf das Studium ergaben sich folgende
Veränderungen:
- Die beiden Feldschere Henning und Pitzuch erkannten ihre Bildungs- bzw. Wissensgrenzen
(das geforderte Bildungsniveau war für sie zu hoch) und sagten das Studium ab.
 Hermann Michel musste aus gesundheitlichen Gründen Leningrad noch vor Beginn des Studi ums wieder verlassen.
 Gerhard Schmeißer durchlief die Vorbereitungsperiode sehr erfolgreich (besonders im Er
lernen der russischen Sprache), stieg 1953 sofort in das 4. Studienjahr ein und bestand
ebenso erfolgreich bereits 1956 das Staatsexamen an der VMOLA. Der Sprung in ein höheres
Studien
jahr hatte allerdings zur Folge, daß Schmeißer zwei Lehrfächer nicht nachweisen
konnte, die in der DDR bis zum Ende des 3. Studienjahres nicht gelesen wurden, an der VMOLA
jedoch schon im einem früheren Studienjahr im Ausbildungsprogramm standen. Diese mußten durch ihn nach Rückkehr in die DDR dort nachgeholt werden.
Das medizinische Studium dauerte 6 Jahre. Es begann für uns Studenten im September 1953
und endete im Juni 1959. Die Gruppe bestand jetzt aus 6 Studenten (Hippe, Kallenbach, Kempf,
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Rehe, Rehwald, Schwarzer). Die Dienstgrade hatten sich nicht geändert. Während des gesamten
Studiums gehörte noch ein albanischer Militärstudent zu unserer Gruppe. Während der Vorlesungen saßen wir überall immer in der ersten Reihe, um alles in Russisch möglichst gut verstehen zu können, wir waren damit aber auch immer unter Kontrolle.
Das Studium umfasste den vollständigen Studienplan für Medizinstudenten (analog zu den zivilen medizinischen Bildungseinrichtungen) und zusätzlich die militärmedizinischen Disziplinen
(36 Examen und 19 Prüfungen oder Testate, darunter das auf OTMD ausgerichtete 3-wöchige
Truppenpraktikum mit Ausbildung im Feldlager
Im Feldlager Krasnoje Selo
insgesamt ein umfassenderes Medizinstudium als in der DDR an zivilen Bildungseinrichtungen,
aber vergleichbar mit der Ausbildung an der Militärmedizinischen Sektion in Greifswald. Die
Prüfungen wurden sofort nach Abschluß des jeweiligen Lehrfaches abgelegt. Nach Absolvierung des Medizinstudiums, nach Ablegung aller Prüfungen, Testate und Examen und nach
Erfüllung des klinischen Praktikums in Innerer Medizin und Chirurgie mit Traumatologie zu je
einem Semester bestand das Saatsexamen nur noch aus 4 Examina: Geschichte der KPdSU,
Chirurgie und Feldchirurgie, Innere Medizin und Innere Militärmedizin sowie OTMD. Hinzu
kam in der zweiten Hälfte des Studiums noch ein 4-wöchiges Truppenpraktikum in der DDR in
Truppenteilen und Einheiten der NVA.
Während unseres Studiums kamen 4 weitere deutsche Studenten hinzu: die Leutnante Wilhelm Götzel, Kurt Hergert, Werner Krause und Edgar Steiner. Sie hatten bereits in der DDR das
Medizinstudium begonnen und gelangten nach einem gemeinsamen Vorbereitungslehrgang in
der DDR 1954 zu uns. Hergert und Steiner stiegen in das 3. Studienjahr ein, wurden 1956 zum
Oberleutnant befördert und legten im Juni 1958 ihr Staatsexamen an der VMOLA erfolgreich ab.
Götzel und Krause kamen zu Beginn des 2. Studienjahres in unsere Studentengruppe und wurden mit uns 1956 ebenfalls Oberleutnante.
Leider absolvierten nicht alle Studenten das Studium an der VMOLA in Leningrad bis zum
Staatsexamen. Götzel, Kallenbach und Krause mußten im 5. Studienjahr aus disziplinarischen
Gründen das Studium abbrechen und in die DDR zurückkehren. Götzel übernahm nach Abschluss des Studiums an der MMS eine militärärztliche Aufgabe im medizinischen Dienst der
NVA, während Kallenbach und Krause dieses Studienangebot ablehnten und das Medizinstudium an einer zivilen Bildungseinrichtung erfolgreich beendeten. Sie nahmen, so wie auch
Michel, ihre ärztliche Tätigkeit im zivilen Bereich auf.
Nach dem Staatsexamen kehrten Hippe, Kempf, Rehe mit dem Dienstgrad Hauptmann und
Rehwald und Schwarzer als Majore in die DDR zurück.
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G. Rehwald, R. Schwarzer, W. Kempf, F. Hippe, Betreuerin, R. Rehe (von li.nks)
Das Medizinstudium an der VMOLA endete mit dem Diplom als Arzt, die Approbation erteilte
das Ministerium für Gesundheitswesen der DDR.
Abschließend müssen noch drei außergewöhnliche Leistungen erwähnt werden. Wilfried
Kempf war im Wissenschaftlichen Zirkel an der VMOLA tätig und bereitete sich in den letzten
beiden Jahren in der Klinik im Lehrstuhl für Feldchirurgie unter Leitung von Oberst Prof. Dr. Berkutow auf seine Promotion zum Thema "Marknagelung von Unterschenkelschaftbrüchen" vor. Rolf
Rehe konzipierte im 5. und 6. Studienjahr an der Klinik für Innere Militärmedizin unter Leitung von Oberst Prof. Dr. Iwanowski seine Promotionsarbeit in russischer Sprache als Ergebnis
einer tierexperimentellen Arbeit zur akuten Strahlenkrankheit, während Rudolf Schwarzer
seit dem 8. Semester sehr intensiv tierexperimentell im Lehrstuhl für Feldchirurgie der Klinik
zum Therna " Die mechanische Blutgefäßnaht" gearbeitet und darüber ebenfalls eine Dissertationsschrift in russischer Sprache vorgelegt hatte. Mit den ins Deutsche übersetzten Arbeiten
promovierten alle drei Studenten erfolgreich, Schwarzer 1959 und Rehe 1961 an der KarlMarx-Universität Leipzig, Kempf an der Humboldt-Universität zu Berlin. Schwarzer schuf mit
seiner Arbeit wichtige Voraussetzungen für seine spätere fachärztliche Ausbildung in der DDR.
Die Betreuung durch die Leitung der 5. Fakultät (Fahrt zum Ladogasee, Besuch einer Schokoladenfabrik, des Kriminalmuseums in Leningrad sowie die Nutzung der mannigfaltigen Möglichkeiten der Leningrader Kulturszene wie Theateraufführungen, Konzerte, Museen, Ausstellungen, Kinoveranstaltungen u.v.a.m.) stellten ein wichtiges kulturelles Gegengewicht zum
anstrengenden Studium dar.
Zudem heirateten 4 Studenten in dieser .Zeit in Leningrad.
W. Krause, E. Kallenbach, W. Götzel, G. Rehwald. Chef der 3. Fakultät Garde-Oberst Dr. Polywjanow, W. Kempf, F. Hippe Angehöriger der 3. Fakultät, R. Rehe, K. Hergert . (von links)
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Neben dem Medizinstudium an der VMOLA gab es noch so genannte Höhere Akademische
Kurse (HAK) zur Weiterbildung militärmedizinischer Hochschulkader. Die ersten Militärärzte,
die einen derartigen Kurs in der Zeit unseres Studiums absolvierten, waren
- Oberst Dr. Kurt Fiedler und Oberst Dr. Kurt Steude
(1956 – 1958, 2 Jahre),
- Oberst Dr. Kurt Geiger und Oberst Dr. Karlheinz Kelch
(1957 – 1958, 1 Jahr) sowie
- Oberstleutnant Dr. Heinz Fritze und Major Werner Lewa (1958 – 1960, 2 Jahre).
In den Jahren nach 1959 wurden noch weitere Militärärzte der NVA zum HAK und zu kurzfristigen militärmedizinischen Weiterbildungslehrgängen an die VMOLA in Leningrad delegiert.
Diese Weiterbildungsmaßnahmen unterschieden sich in der Dauer der Ausbildung.
Die Dreimonatslehrgänge wurden durch die Verwaltung Medizinischer Dienst im MfNV für
leitende Offiziere des medizinischen Dienstes der Truppe und medizinischer Einrichtungen organisiert.
Die Vorbereitung von Weiterbildungslehrgängen mit 6-, 8- oder 12-monatiger Dauer, und die
Betreuung der Teilnehmer lagen in Händen der MMS.
Der HAK war vorgesehen für alle Militärärzte ab Ebene Divisionsarzt und für leitende Militärärzte im MfNV, in den Teilstreitkräften, den Militärbezirken und in den zentralen medizinischen
Einrichtungen der NVA (Militärmedizinische Sektion, Institut für Luftfahrtmedizin, Marinemedizinisches Zentrum, Zentrales Lazarett).
Die Weiterbildung ist ein anderes Thema, und bedarf einer gesonderten Bearbeitung, sollte
aber hier kurz mit erwähnt werden.
Eine zweite Gruppe von 11 Studenten der NVA wurde 1987/88 zum Medizinstudium nach Leningrad delegiert. Sie musste allerdings mit der Wende ihr Studium abbrechen und kehrte
1990 nach Deutschland zurück. Die Teilnehmer setzten ihr Studium nach einem Kurzaufenthalt an der MMS teils als Angehörige der Bundeswehr in Ulm oder nach Ausscheiden aus den
bewaffneten Kräften im zivilen Bereich fort.
Zusammenfasssung:
Studium der Militärmedizinischen Fakultät „S.M. Kirow “ in Leningrad
1. September 1953 bis Juni 1959
als Studenten der ABF Leipzig:
Hermann Michel
Leutnant
(schied aus gesundheitlichen Gründen vor Beginn
des Studiums aus)
Gerhard Rehwald
Oberleutnant
Rudolf Schwarzer
Oberleutnant
als Studenten der Universität Leipzig:
Rolf Rehe
Leutnant
Gerhard Schmeißer
Unterleutnant
als Feldschere:
Willy Henning
Leutnant
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Reinhold Pitzuch
Fred Hippe
Erich Kallenbach
Wilfried Kempf
(Studium nach der Vorbereitungszeit abgebrochen)
Leutnant
(Studium nach der Vorbereitungszeit abgebrochen)
Leutnant
Leutnant
Leutnant
2. 1954 bis 1959
als Studenten der Universität Leipzig
Götzel, Wilhelm
Hergert, Kurt
Krause, Werner
Steiner, Edgar
3. Höhere akademische Kurse (HAK)
1956-1958:
Oberst Dr. Ernst Fiedler, Oberst Dr. Kurt Steude,
1957-1958:
Oberst Dr. Kurt Geiger, Oberst Dr. Karl-Heinz Kelch
1958-1960:
Oberstleutnant Dr. Heinz Fritze, Major Werner Lewa
Ab 1959
Vierteljahreslehrgänge für leitende Offiziere des Medizinischen Diens
tes der NVA, zentral organisiert,
Weiterbildungslehrgänge von 6-, 8-, und 12-monatiger Dauer.
Die Organisation, Vorbereitung und Betreuung der Teilnehmer oblag
der MMS
1978 bis 1984 Immatrikulation von11 Kursanten zum Vollstudium an die Akademie
„S.M. Kirow.“
1987
10 Offiziersbewerber werden zum Vollstudium Medizin an die Militär
medizinische Akademie „S.M. Kirow“ in Leningrad delegiert.
Aufgrund der politischen Veränderungen in der Sowjetunion und in
der
DDR erfolgte der vorzeitige Abbruch des Studiums. Die Studenten
kehrten in die Heimat zurück und setzten ihr Studium an Universitäten der
BRD fort.
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