Gutartige Prostatavergrößerung

Werbung
PDF-Version
Gutartige Prostatavergrößerung
Einleitung
Häufiger Harndrang, nächtliche Gänge zur Toilette und das Gefühl, dass die Blase nie ganz leer
wird: Das sind typische Beschwerden bei einer gutartig vergrößerten Prostata. Jeder fünfte Mann
im Alter von 50 bis 60 Jahren hat damit zu tun. Bei älteren Männern treten solche Symptome noch
häufiger auf.
Viele Männer stellen sich auf die Beschwerden ein und kommen ganz gut damit zurecht. Für einige
werden sie jedoch zu einer erheblichen Belastung: Sie müssen so oft zur Toilette, dass sie nachts
nicht mehr genug Schlaf bekommen und tagsüber erschöpft sind. Das kann zu persönlichen,
familiären und beruflichen Problemen führen.
Eine gutartige Vergrößerung der Prostata kann sehr lästig sein, ist aber meist harmlos. Falls eine
Behandlung nötig wird, besteht in der Regel kein Grund zur Eile. Vor der Entscheidung für eine
Behandlung kann man sich also in Ruhe über die Vor- und Nachteile der verschiedenen
Möglichkeiten informieren.
Symptome
Wenn die Prostata deutlich vergrößert ist, drückt sie auf die Blase und die Harnröhre. Dies kann zu
verschiedenen Beschwerden führen:
Der Harndrang ist häufiger und stärker als zuvor, besonders in der Nacht.
Es dauert eine Weile, bis der Urin kommt.
Der Harnstrahl ist schwächer und das Wasserlassen dauert länger als früher.
Nach dem Wasserlassen tropft Urin nach, und die Blase fühlt sich nicht richtig leer an.
Der medizinische Fachausdruck für diese Beschwerden lautet „Benignes Prostatasyndrom“ (BPS).
Oft wird auch von „Benigner Prostatahyperplasie“ (BPH) gesprochen. Damit ist die Vergrößerung
(Hyperplasie) der Prostata gemeint. Der Begriff „benigne“ bedeutet gutartig; gemeint ist, dass es
sich dabei nicht um Krebs handelt.
Zwischen der Größe der Prostata und der Stärke der Beschwerden besteht nicht immer ein direkter
Zusammenhang: Manche Männer mit stark vergrößerter Prostata haben nur wenige Beschwerden,
anderen bereitet eine nur leicht vergrößerte Prostata große Probleme.
Ursachen
Die Prostata befindet sich direkt unterhalb der Blase, zwischen Enddarm und Peniswurzel. Sie
umschließt einen Teil der Harnröhre, die den Urin von der Blase in den Penis und von dort aus
dem Körper transportiert. Wenn die Prostata wächst, kann sie auf die Blase und die Harnröhre
drücken. Dann kann schon Harndrang spürbar sein, wenn die Blase noch längst nicht gefüllt ist.
Außerdem werden die Muskeln an der Unterseite der Blase gereizt, sodass sie sich bereits
zusammenziehen, wenn sich nur eine geringe Urinmenge in der Blase befindet. Der ständige
Druck kann zudem die Blasenmuskeln schwächen und dazu führen, dass sich die Blase nicht
mehr vollständig entleeren kann. Dann bleibt immer ein bisschen Urin in der Blase zurück. Der
Druck der Prostata auf die Harnröhre kann gleichzeitig den Harnfluss behindern.
Während der Pubertät wächst die Prostata, bis sie in etwa die Größe und Form einer Walnuss hat.
Dies geschieht recht schnell. Ungefähr nach dem 25. Lebensjahr fängt sie dann wieder an zu
wachsen, allerdings sehr langsam. Dieses langsame Wachstum der Prostata ist ein normaler Teil
des Alterns.
Bei einigen Männern wächst die Prostata deutlich stärker als bei anderen. Warum das so ist, weiß
man nicht genau. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben mögliche Einflussfaktoren wie
das Rauchen, eine Sterilisation (Vasektomie), Übergewicht und einen hohen Alkoholkonsum
untersucht. Sie haben jedoch keine Belege dafür gefunden, dass diese Faktoren das Wachstum
der Prostata beeinflussen. Vermutlich gehört eine Prostatavergrößerung einfach zum Älterwerden
dazu.
Häufigkeit
Bis zum 40. Lebensjahr haben Männer nur äußerst selten mit einer gutartigen
Prostatavergrößerung zu tun. Im Alter von 50 bis 59 sind etwa 20 von 100 Männern betroffen. Im
höheren Lebensalter treten die Symptome dann immer häufiger auf: Vermutlich haben 70 von 100
Männern über 70 Jahre Prostata-Beschwerden.
Folgen
Eine Prostatavergrößerung führt gelegentlich dazu, dass ein Mann plötzlich kaum noch oder gar
nicht mehr urinieren kann. Ein solcher Harnverhalt ist ein Notfall und erfordert sofortiges Handeln.
Zunächst wird die Harnblase durch einen Katheter entlastet. Einige Tage danach wird in der Regel
eine Prostata-Operation durchgeführt, um den normalen Harnfluss wieder herzustellen. Zu einem
Harnverhalt kommt es allerdings relativ selten. Innerhalb von fünf Jahren tritt er bei 1 bis 3 von 100
Männern mit einer gutartigen Prostatavergrößerung auf. Bei Männern mit einer stark vergrößerten
Prostata ist das Risiko höher.
Diagnose
Eine gutartige Prostatavergrößerung ist zwar der häufigste Grund für Beschwerden beim
Wasserlassen, es gibt aber noch andere mögliche Ursachen. Um herauszufinden, was die
Symptome verursacht und wie groß die Prostata ist, kommen eine Reihe von Untersuchungen
infrage.
Die Ärztin oder der Arzt fragt zunächst nach den Beschwerden, unter anderem danach, wie oft ein
Mann Wasser lassen muss. Das ist für viele gar nicht so leicht zu sagen. Deshalb kann es hilfreich
sein, ein oder zwei Tage vor dem Arztbesuch eine Strichliste zu führen. Eine weitere Frage ist,
welche Medikamente jemand nimmt, da Harnwegsbeschwerden auch eine Nebenwirkung
mancher Arzneimittel sein können.
Im Rahmen der körperlichen Untersuchung wird zuerst die Prostata untersucht. Dazu zieht die
Ärztin oder der Arzt Einweghandschuhe an und tastet die Prostata über den Enddarm mit einem
Finger ab, um ihre Größe und Struktur zu bestimmen (rektale Untersuchung).
Eine Urinprobe hilft dabei, Anzeichen für eine Prostata-Infektion (Prostatitis) zu erkennen. Eine
Prostatitis kann ähnliche Symptome verursachen wie eine gutartige Prostatavergrößerung.
Darüber hinaus kann der Urin auf einige andere Erkrankungen hin untersucht werden.
Mit einer Blutuntersuchung wird häufig der sogenannte PSA-Wert bestimmt. Dieser gibt an, wie viel
eines bestimmten Eiweißstoffes in der Prostata produziert wird (PSA = Prostataspezifisches
Antigen). Die Prostata bildet mehr PSA, wenn sie vergrößert ist. Um zu prüfen, ob sich die Prostata
nach einer Behandlung verkleinert hat, kann der PSA-Wert jeweils vor und nach der Behandlung
bestimmt werden. Der PSA-Test wird auch gemacht, um einen Prostatakrebs auszuschließen. Er
ist jedoch nicht sehr zuverlässig.
Mit einer Harnstrahlmessung wird geprüft, wie viel Urin pro Sekunde ausgeschieden wird. Bei der
Untersuchung uriniert man in ein spezielles Gerät, das die Fließgeschwindigkeit des Urins misst.
Normalerweise liegt der Wert bei über 15 Milliliter pro Sekunde. Für diese Untersuchung muss die
Blase möglichst voll sein. Eine Ultraschalluntersuchung zeigt, wie stark die Prostata vergrößert ist.
Außerdem kann man auf einem Ultraschallbild erkennen, wie viel Urin sich nach dem
Wasserlassen noch in der Blase befindet (Restharnbestimmung).
Behandlung
Welche Behandlung bei einer gutartig vergrößerten Prostata infrage kommt, hängt vor allem davon
ab, wie stark die Beschwerden sind, wie sehr sie den Alltag stören und wie groß das Risiko für
Komplikationen wie einen Harnverhalt ist. Die meisten Männer haben leichte bis mittelschwere
Beschwerden, mit denen sie sich recht gut arrangieren können. Manchmal bessern sich die
Symptome von selbst oder verschwinden wieder. In der Regel nehmen sie allerdings über die
Jahre zu, wenn auch sehr langsam. Es kann einige Zeit dauern, bis klar wird, ob sich die
Symptome auf einem Niveau einpendeln, mit dem es sich leben lässt, oder ob sie zu einem
größeren Problem werden.
Die Behandlungsmöglichkeiten bei einer gutartigen Prostatavergrößerung sind:
Aktives Beobachten der Symptome: Nach einer ersten Untersuchung erklärt die Ärztin oder
der Arzt, worauf zu achten ist und gibt Tipps, wie man mit den Beschwerden umgehen kann.
Außerdem wird die Prostata regelmäßig untersucht und geprüft, wie sich die Beschwerden
entwickeln (in der Regel jährlich). Diese Möglichkeit wählen die meisten Männer, bei denen
nichts auf einen Harnverhalt hindeutet und bei denen die Beschwerden den Alltag und das
Wohlbefinden nicht zu stark beeinträchtigen. Bei etwa 30 von 100 Männern, die wegen einer
vergrößerten Prostata ärztlichen Rat einholen, reicht diese beobachtende Strategie aus.
Beckenbodentraining: Ein Beckenbodentraining umfasst Übungen, die den Beckenboden
kräftigen sollen. Der Beckenboden ist ein stabiles Muskelgeflecht, das sich beim Wasserlassen
entspannt.
Pflanzliche Arzneimittel: Es gibt verschiedene pflanzliche Mittel, die BPS-Symptome lindern
sollen und rezeptfrei erhältlich sind. Die meisten dieser Mittel sind nicht gut untersucht.
Medikamente: Etwa 70 von 100 Männern, die wegen ihrer Beschwerden eine Ärztin oder einen
Arzt aufsuchen, entscheiden sich für eine medikamentöse Behandlung. Das am häufigsten
eingesetzte Medikament ist Tamsulosin. Es enspannt die Muskulatur der unteren Harnwege und
kann auf diese Weise gegen die Probleme beim Wasserlassen helfen.
Operationen zur Verkleinerung der Prostata: Es gibt verschiedene Operationstechniken, mit
denen Prostatagewebe entfernt oder zerstört werden kann. Eine Operation ist nur bei
Komplikationen nötig, oder wenn sich starke Beschwerden anders nicht lindern lassen.
Jede Behandlung hat bestimmte Vor- und Nachteile.
Nebenwirkungen unterscheiden sich deutlich voneinander.
Insbesondere
die
möglichen
In der Regel entwickeln sich Prostatabeschwerden allmählich im Laufe von Jahren. Wenn die
Veränderungen langsam voranschreiten, fällt es vermutlich leichter, sich darauf einzustellen.
Trotzdem empfinden es viele Männer als unangenehm und peinlich, wenn sie immer häufiger zur
Toilette müssen und Schwierigkeiten haben, die mit ihren Geschlechtsorganen zusammenhängen.
Die Beschwerden bedeuten aber nicht, dass das Liebesleben der betroffenen Männer und ihrer
Partnerinnen oder Partner nicht mehr erfüllend sein kann. Und vielleicht gelingt es mit der Zeit
besser, über die altersbedingten Veränderungen offen zu reden und sich mit ihnen zu arrangieren.
Quellen
Kiviniemi K, Suominen T. 'Going to the bathroom four or five times a night...': seven men talk about
their experiences of benign prostatic hyperplasia and the perioperative period. J Clin Nurs 1999;
8(5): 542-549.
National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE). Lower urinary tract symptoms.
05.2010. (NICE Clinical Guidelines; Band 97).
van Exel NJ, Koopmanschap MA, McDonnell J, Chapple CR, Berges R, Rutten FF et al. Medical
consumption and costs during a one-year follow-up of patients with LUTS suggestive of BPH in six
european countries: report of the TRIUMPH study. Eur Urol 2006; 49(1): 92-102.
Verhamme KM, Dieleman JP, Bleumink GS, van der Lei J, Sturkenboom MC, Artibani W et al.
Incidence and prevalence of lower urinary tract symptoms suggestive of benign prostatic
hyperplasia in primary care - the Triumph project. Eur Urol 2002; 42(4): 323-328.
Wilt TJ, N'Dow J. Benign prostatic hyperplasia. Part 1 Diagnosis. BMJ 2008; 336(7636): 146-149.
Wilt TJ, N'Dow J. Benign prostatic hyperplasia. Part 2 Management. BMJ 2008; 336(7637): 206210.
IQWiG-Gesundheitsinformationen
sollen
helfen,
Vorund Nachteile
wichtiger
Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen.
Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im
Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Wir bieten keine individuelle Beratung.
Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem
T e a m aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten
außerhalb d e s IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten,
beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden.
Herunterladen