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Gemeinsame Pressemitteilung von
Universität Heidelberg und
Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Nr. 34
25. Juni 2012 (Küh)
Erst grün, dann rot – Timer-Farbstoff verrät das Alter von Proteinen
Bei vielen Krankheiten, von Infektionen bis zu Krebs, ist der Proteinaufbau und -abbau
in der Zelle gestört. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum
(DKFZ), dem Zentrum für Molekulare Biologie der Universität Heidelberg (ZMBH) und
dem Europäischen Laboratorium für Molekularbiologie (EMBL) haben nun eine
Methode entwickelt, mit der sie den Alterungsprozess von Proteinen in einer Zelle mit
bislang nicht da gewesener Genauigkeit beobachten können. Ihre Ergebnisse haben
sie aktuell in der Zeitschrift „Nature Biotechnology“ veröffentlicht.
Proteine sind wichtige Werkzeuge unseres Körpers: Sie verleihen ihm Struktur,
beschleunigen chemische Reaktionen, transportieren wichtige Stoffe, schützen vor
Krankheitserregern oder dienen im Notfall als Energielieferant. Wenn sich aber die Menge
eines Proteins stark erhöht oder reduziert, sind häufig Krankheiten die Folge. Wird
beispielsweise das Proteins p53, auch „Wächter des Genoms“ genannt, unkontrolliert
abgebaut, kann in der betroffenen Zelle weder ein Schaden an der DNA repariert, noch die
Zellteilung reguliert oder der Zelltod eingeleitet werden. Dadurch beginnt sich die fehlerhafte
Zelle unkontrolliert zu teilen, ein Tumor entsteht. Um beurteilen zu können, ob der
Proteinstoffwechsel einer Zelle gestört ist, haben Forscher um Prof. Michael Knop eine neue
Methode entwickelt: Sie bringen die Proteine zum Leuchten. Aber nicht – wie bisher üblich –
mithilfe nur eines Fluoreszenzfarbstoffs, sondern mit einem Komplex aus einem rot und
einem grün fluoreszierenden Marker. Dieser sogenannte Tandem-Fluoreszenzprotein-Timer
(tFT) wird schon während der Proteinentstehung an das Protein gekoppelt und gibt den
Forschern so Aufschluss über Menge, Aufenthaltsort und Alter der Moleküle.
Michael Knop, Leiter der Arbeitsgruppe Zellmorphogenese und Signalübermittlung in der
DKFZ-ZMBH-Allianz, erklärt, wie das neue Verfahren funktioniert: „Unmittelbar nachdem die
Zelle das Protein gebildet hat, beginnt der grüne Farbstoff – bestehend aus dem grün
fluoreszierenden Protein GFP – zu leuchten. Überall dort, wo es in der Zelle grün leuchtet, ist
das Molekül also zu finden. Anhand der Farbintensität ist es zudem möglich, die
Proteinmenge zu bestimmen.“ Aber auch auf das Alter der Moleküle können die
Wissenschaftler nun schließen. „Mit fortschreitender Zeit fängt auch das rot fluoreszierende
Protein zu leuchten an. Dadurch verfärben sich die Proteine von grün nach rot, je älter sie
werden“, erläutert Knop weiter. „Damit sind neu gebildete – grüne – von alten – roten –
Proteinen unterscheidbar. So können wir deren Lebensdauer berechnen und überprüfen, ob
ein Protein schneller oder langsamer als gewöhnlich abgebaut wird.“ Ein weiterer Pluspunkt:
Die tFTs fluoreszieren sehr hell, dadurch ist der Nachweis sehr empfindlich.
Mithilfe der neuen tFTs ist es möglich, das Alter von Proteinen in einem Zeitrahmen von
zehn Minuten bis zu mehreren Stunden zu bestimmen. Wird der grüne Farbstoff GFP mit
verschiedenen Fluoreszenzfarbstoffen kombiniert, können sogar über mehrere Tage
andauernde Abbauprozesse verfolgt werden. Als Modellorganismus wählten die
Wissenschaftler die Hefe. Der Grund: Der Einzeller ist unseren Zellen in vielen
grundlegenden Prozessen sehr ähnlich und daher als Model gut geeignet. Prof. Elmar
Schiebel, Leiter der Arbeitsgruppe Chromosomen Segregation in der Zellteilung in der
DKFZ-ZMBH-Allianz, hat mit seinen Mitarbeitern zudem gezeigt, dass dieses Verfahren auch
in menschlichen Zellen funktioniert. Dadurch eröffnen sich ganz neue Perspektiven für die
Untersuchung geschädigter Zellen und für die Entwicklung neuer Medikamente, um die
Proteinstabilität in kranken Zellen zu regulieren.
Anton Khmelinskii, Philipp J Keller, Anna Bartosik, Matthias Meurer, Joseph D Barry, Balca R Mardin,
Andreas Kaufmann, Susanne Trautmann, Malte Wachsmuth, Gislene Pereira, Wolfgang Huber, Elmar
Schiebel & Michael Knop: Tandem fluorescent protein timers for in vivo analysis of protein dynamics.
Nature Biotechnology, 2012, DOI: 10.1038/nbt.2281
Ein Bild zur Pressemitteilung steht im Internet zur Verfügung unter:
www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2012/images/farbstoff-timer.jpg
Bildunterschrift: Der neue Timer-Farbstoff macht sichtbar, dass die Mutterzelle die älteren Proteine
(rot) behält, die Tochterzelle dagegen neue Moleküle (grün) bildet.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 2.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die
größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen
Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Ansätze, mit denen
Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Gemeinsam mit dem
Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg
eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und
interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Das Zentrum wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der
Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
Diese Pressemitteilung ist abrufbar unter www.dkfz.de/pressemitteilungen
Dr. Stefanie Seltmann
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum
Im Neuenheimer Feld 280
D-69120 Heidelberg
T: +49 6221 42 2854
F: +49 6221 42 2968
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