Englisch mit Handpuppe - Katholische Universität Eichstätt

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FTD.de - Intelligente Städte: Englisch mit Handpuppe - Forschung
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Intelligente Städte
Englisch mit Handpuppe
von Christian Gressner
Wie bringt man Sechsjährigen Fremdsprachen bei? Was haben Grundschüler schon gelernt, bevor sie
aufs Gymnasium kommen? Lehrer sind von Beruf auch Einzelkämpfer. Wie das Internet sie aus der
Isolation holt, sie weiterbildet und damit hilft, die Bildung in Zukunft zu verbessern
"Eine Unterrichtsstunde vorzubereiten ist wie Basteln", sagt Eva-Maria Schäffer. Nur dass es für sie
keine Anleitung gibt. Die 27-Jährige ist Referendarin für Biologie und Chemie am Kaspar-ZeußGymnasium im oberfränkischen Kronach. Doch wie vielen jungen Lehrern fehlt ihr das didaktische
Rüstzeug, um ihren Stoff für die Schüler aufzubereiten.
"Fachlich fühle ich mich durch das Studium sehr gut vorbereitet, doch wie breche ich zum Beispiel ein
Thema wie das menschliche Verdauungssystem für einen Zwölfjährigen herunter? Wie spreche ich die
verschiedenen Lerntypen in einer Klasse an? Wo finde ich geeignete Modellversuche, um den
Schülern zu erklären, wie die Leber funktioniert?"
Verbände fordern Internet-Foren
Schäffer weiß es nicht, und sie findet kaum jemanden, der es ihr sagen kann. Die älteren Kollegen
müssen gerade selbst von vorne anfangen, denn das achtstufige Gymnasium (G8) in Bayern stellt
auch sie plötzlich vor neue Aufgaben. Erfahrungen mit einer zehnten Klasse, wie Schäffer sie
unterrichtet, hat im G8 noch kein Lehrer gemacht. Hinzu kommt, dass es vormittags kaum Zeit für den
Austausch unter Kollegen gibt und nachmittags die meisten Lehrer alleine zuhause arbeiten.
So macht sich die Referendarin selbst auf die Suche: "Übungsaufgaben, Folien oder Arbeitsblätter sind
schon vorhanden, aber bis ich einen Überblick habe und mich entscheiden kann, was ich wie
verwende, sind 60 Prozent meiner Vorbereitungszeit vergangen." Das ist kein Einzelfall in
Deutschland. Deshalb mehren sich die Forderungen nach Lehrer-Netzwerken im Internet.
Zwei, die sich dafür einsetzen, sind Klaus Wenzel, der Präsident des Bayerischen Lehrer- und
Lehrerinnenverbandes (BLLV), und Udo Beckmann, der Bundesvorsitzende des Verbandes Bildung
und Erziehung (VBE). "Wir brauchen dringend eine Vernetzung aller, die mit Bildung zu tun haben, weil
man dann das Rad nicht mehr ständig neu erfinden muss", sagt Wenzel. Bislang seien die Strukturen
für den Austausch kaum vorhanden. Sie könnten jedoch "unendliche viele Chancen" bringen. "OnlineNetzwerke stecken bundesweit noch in den Anfängen", stimmt Beckmann zu.
Lernen vom Webcoach
Einen ersten Schritt hat der VBE-Landesverband Nordrhein-Westfalen zusammen mit dem
Düsseldorfer Bildungsministerium und der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt unternommen.
Seit Februar wird in dem Bundesland nicht mehr nur in der dritten und vierten, sondern auch in den
ersten und zweiten Klassen Englisch unterrichtet.
Die betroffenen Lehrer können sich mit dem "Okay-English-Webcoach" selbstständig fortbilden. Der
elektronische Trainer zeigt im Internet mehr als 100 Kurzfilme. Die zeigen unter anderem, wie ein
Lehrer mit einer Handpuppe seinen Schülern die Angst vor der fremden Sprache nimmt.
Außerdem bietet der Webcoach Studienbriefe und Hinweise zu weiterführender Literatur. Im
Hintergrund zählt der Server die Zeit, die der eingeloggte Lehrer in dem System verbringt. Nach drei
Stunden stellt der VBE oder die Universität Eichstätt-Ingolstadt ein Weiterbildungs-Zertifikat aus. "Das
ist ein virtuelles Praktikum, das dringend nötig war", sagt Heiner Böttger, Eichstätter Professor für
Didaktik der Englischen Sprache und Literatur. Er betreut das Projekt wissenschaftlich. Finanziert wird
es von der Stiftung Lernen.
In einer Studie hat Böttger festgestellt, dass die Englischlehrer der fünften Klassen an Realschulen und
Gymnasien nicht wissen, was ihre Kollegen im gleichen Fach in der Grundschule unterrichten. "Mehr
als 80 Prozent der Lehrer haben gesagt, sie fangen in Englisch in der fünften Klasse ganz von vorne
an", berichtet Böttger. "Das ist eine Ohrfeige für die nordrhein-westfälischen Grundschullehrer."
Am Ende waren die Lehrer an beiden Schularten, aber auch die Schüler frustriert - "weil jeder gemerkt
hat, dass die Arbeit doppelt gemacht wird". Das soll der Webcoach nun verhindern, denn dort können
auch die Realschul- und Gymnasiallehrer sehen, was in der Grundschule auf dem Lehrplan steht. Eine
http://www.ftd.de/forschung_bildung/forschung/:Intelligente-St%E4dte-Englisch-mit-... 12.06.2009
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solche Plattform mit Lehranleitungen wäre genau das, was sich auch Referendarin Schäffer wünscht.
Doch damit sind noch nicht alle Probleme im Bildungssektor gelöst. Die Zahl der Hauptschüler sinkt
bundesweit, weil der Abschluss in der Gesellschaft nichts mehr gilt. Allein in Bayern werden es im
neuen Schuljahr 10.000 weniger sein als im Vorjahr.
In den nächsten zehn Jahren könnte ihre Zahl auf 183.000 sinken, befürchtet das Münchner
Kultusministerium. Dadurch und durch eine zunehmende Landflucht wird es vor allem in ländlichen
Bereichen weniger Hauptschulen geben. Die verbleibenden Lehrer müssen sich über immer größere
Entfernungen hinweg austauschen.
Neue Methoden empfehlen
Im Flächenland Brandenburg hat das Bildungsministerium daher bis 2008 mit IBM an einem
Wissensnetzwerk gearbeitet. Mehr als 1000 registrierte Nutzer haben in Blogs, Chats und
gemeinsamen Online-Lexika neue Lehrmethoden ausgetauscht. "Lehrer stehen üblicherweise alleine
vor einer Klasse und finden dabei ihre eigenen Lehrmethoden.
Hier finden sie Übungen zu Rechenschwächen oder Organisationsbeispiele für Mathe- und
Physikwettbewerbe, ohne das Rad neu zu erfinden", berichtet Peter Kusterer. Er hat das Projekt bei
IBM mitverantwortet. Langfristig werde sich durch die neuen Medien unsere Vorstellung von Lernen
verändern, sagt Kusterer. Die Schule wird nicht mehr der einzige Ort sein, an dem gelernt wird, der
Lehrer wird nicht mehr der Einzige sein, der Wissen weitergibt.
So wie an der Ludwig-Maximilians-Universität. Dort will sich der Informatik-Professor François Bry bald
von seinen Studenten leiten lassen. Einer seiner Doktoranden untersucht derzeit, wie man die
Studenten so vernetzen kann, dass sie während der Vorlesung abstimmen können, ob ein bestimmter
Teil des Vortrags noch mal erklärt werden soll, weil ihn die Mehrheit nicht verstanden hat.
Das Ergebnis der Abstimmung soll für den Dozenten noch während der laufenden Vorlesung auf
einem Bildschirm sichtbar werden, sodass er sich danach richten kann. Das mag bei Informatikern
leichter gehen als bei Lehrern, die ihren Beruf derzeit zwangsläufig als Einzelkämpfer ausüben. Doch
Bry kann Schäffer und ihren Kollegen Hoffnung machen: Die Zunahme der Netzwerke sei
unaufhaltsam, "weil man so die Isolation des Einzelnen durchbricht".
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FTD.de, 10.06.2009
© 2009 Financial Times Deutschland
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