Bericht der Ausstellungsorganisatorinnen aus

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Abschluss-Bericht zum Projekt
„Gemeinsam gegen
Genitalverstümmelung“ 22.03. –
02.04.2011 in der Citykirche Hildesheim
Unsere Projektgruppe „ Frauenrechte sind Menschenrechte“ setzt sich aus vier Frauen
zusammen: Andrea Schöps, Agnes Engelke, Annemarie Weber-Brockmann und Lisa
Hollenbach. Lisa Hollenbach konnte sich aufgrund ihrer Abiturarbeiten nur in geringerem
Maße einbringen. Kontakt für Erfahrungsaustausch und Fragen:
E-Mail: [email protected]
Foto: Hildesheimer Allgemeine Zeitung
Unsere Ziele:
1.)
Die Problematik und das Ausmaß der Genitalverstümmelung einer breiten
Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sachlich zu informieren, jenseits von
Verurteilung, Stigmatisierung, Besserwisserei und Voyeurismus.
2.)
Zwei Hilfsprojekte (Sierra Leone und Burkina Faso) zu unterstützen.
Vorplanung
Für die Umsetzung unseres Vorhabens konnten wir Mitte 2010 die Pastorin der
Citykirche St. Jakobi Hildesheim, Nora Steen gewinnen, die uns für unsere Aktion
die zentral gelegenen Kirche zur Verfügung stellte und uns mit Rat oft zur Seite stand.
Wir konnten uns als ein Arbeitskreis der Citykirche organisieren und waren von daher
berechtigt, als gemeinnützig für die Sponsoren Spendenbescheinigungen über unsere
Kontenführung beim Kirchenamt Hildesheim auszustellen.
Als einen zentralen Informationsträger wählten wir die sehr ausführliche und
sachkompetente große Ausstellung „Sie versprachen mir ein herrliches Fest“ von Terre
des Femmes, die auf grausame und reißerische Bilder und Texte verzichtet mit 24
Bilder-und Text-Tafeln und umfangreichem Info-Material wie Filme, Flyer, Broschüren.
Zahlreiche Treffen waren im Vorfeld nötig, um alle Aktionen sinnvoll zu koordinieren (seit
Anfang 2010), dabei konnte jede Frau ihre Stärken einbringen. Im Vorfeld wurden
bereits über 6.000 Arbeitsstunden geleistet. Wir arbeiteten einen Veranstaltungsplan für
12 Tage aus, während dieser Zeit sollten fachkompetente Referenten mit medizinischen,
juristischen und ethnologischen Schwerpunkten zu Wort kommen. Dafür war es nötig,
viele Kontakte zu knüpfen, wir bekamen etliche Impulse von Terre des Femmes
Tübingen (Frau Gruber), Tambacounda e.V. Hannover (A.K. Sane), Netzwerk Rafael e.V.,
Hildesheim (Herr Schnapauff), Bistum Hildesheim/missio (Herr Poddig) usw.. Ein Großteil
der Referenten / Musiker musste schon lange vor dem Termin angesprochen werden,
häufig mussten wir Alternativen finden, im Einzelfall wurde auch kurzfristiger abgesagt.
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Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, möglichst viele Menschengruppen zu erreichen, Frauen
und -ganz wichtig-auch Männer aller Altersgruppen, Konfessionen und politischen
Weltanschauungen, junge Menschen. Dazu kontaktierten wir alle Schulen (ab 5. Klasse)
im Landkreis, Fachschulen f. Soziales, Hebammen-und Krankenpflegeschulen. Es wurden
Flyer, Plakate und Werbeplanen entworfen. Texte und Fotos bedurften überwiegend der
Genehmigung der Urheber, was sich z. T. als sehr langwierig und mühsam erwies und
viel Durchhaltevermögen erforderte, manchmal musste auf Alternativen zurückgegriffen
werden. Unser ortsansässiger Radiosender „Radio Tonkuhle“ mit dem Frauenmagazin
„Antonia e.V.“ bot uns drei Sendetermine an. Der erste einstündige Sende-Termin lag
bereits im letzten Jahr, ein weiterer einstündiger Lifetermin unmittelbar vor Beginn der
Veranstaltung. Letzterer, mit 35 Minuten reiner Gesprächszeit, wurde von unserer
Pastorin, Frau Nora Steen im Rahmen der Sendereihe „Radio Tonkirche“ moderiert. Als
Veranstaltungs-Tipp wurde unsere Aktion ausstellungsbegleitend aktuell in Radio
Tonkuhle, Radio N-Joy, Radio Niedersachsen und im NDR aufgenommen.
Das Bistum Hildesheim drehte einen Kurzfilm, der im Anhang zu finden ist. Sogar der
NDR aus Hannover reiste zu einem Interview an, das noch in der gleichen Woche
gesendet wurde. Der ortsansässige Kinobetreiber erklärte sich bereit, den TdF-Info-Spot
in den 4 Hildesheimer Kinos jeweils vor dem Hauptfilm zu zeigen.
Im letzten Monat vor Ausstellungsbeginn verteilten wir persönlich das Infomaterial an alle
örtlichen kulturellen, medizinischen und pädagogischen Einrichtungen, sowie bei einer
möglichst großen Palette von Einzelhandelsgeschäften (soweit es vom Thema her
passend war), Arztpraxen und Apotheken, sowie an wichtigen Stellen im Bereich
Hannover, Braunschweig, Peine, Springe, Alfeld, Göttingen, Wolfsburg. Allein 11.000
Flyer wurden verteilt, 500 Plakate weitergeleitet bzw. aufgehängt.
Die Möglichkeit, mit der Presse zusammen zu arbeiten, bzw. diese als Multiplikatoren
einzubinden, wurde, soweit möglich, genutzt. Manche Redaktionen zeigten sich doch
zurückhaltend bis ablehnend zu dem Thema, zusätzliche Gespräche konnten manchmal
etwas bewirken. Sehr viel lieber wurden aktuelle Ankündigungen in Zusammenhang mit
unserem musikalischen Programm aufgenommen. Die Hildesheimer Allgemeine Zeitung
(HAZ) erklärte sich bereit, täglich einen Hinweis auf unser aktuelles Tagesprogramm zu
veröffentlichen, nachdem Frau Engelke Artikel-Vorschläge zugesandt hatte. Ein besonders
ausführlicher Artikel (fast eine halbe Seite) erschien zu unserer Eröffnungsveranstaltung.
Regelmäßig aktuell wurde vom laufenden Programm informiert:
-Hildesheimer und Hannoversche Allgemeine Zeitung,
-Huckup,
-Kehrwieder am Sonntag,
-Radio Tonkuhle,
-NDR I und II,
-Antenne Radio Niedersachsen,
-Christliches Rundfunkreferat
Rechtzeitig vor Beginn unserer Veranstaltung wurden Einladungen zu allen
Kirchengemeinden, Ärzten, Sponsoren, VIPs und Multiplikatoren verschickt (über 250
persönliche Einladungen, über 150 Einladungen mit der Bitte um Flyer-Verteilung und
Aufhängen eines Plakates).
Ohne die finanzielle Unterstützung von Sponsoren hätten wir unser Vorhaben natürlich
nicht verwirklichen können. Zum Finden von Sponsoren wurden Institutionen im Bereich
Kirche, Politik, Wirtschaft und mittelständische Betriebe angesprochen. Wir erfuhren
hierbei Ablehnung, Zuhaltung, Vorbehalte, aber erstaunlicherweise auch viel Interesse an
diesem Thema und Zustimmung. Als sehr zeitaufwändig und oft fast unverständlich
bürokratisch empfanden wir zum Teil die Anträge der Sponsoren, aber meist konnten wir
Unklarheiten durch zahlreiche Telefonate aus der Welt räumen. Als problematisch erwies
sich das Vorgehen vieler Sponsoren im Hinblick auf den Zeitpunkt der Geldüberweisung.
Viele Zusagen kamen erst so spät, dass finanzielle Planungen eine Zitterpartie wurden.
Die Gelder wurden z. T. erst nach Abschluss der Veranstaltung überwiesen, bzw. nach
Vorlage eines Berichts und erneuten Formularen. Da es sich bei den Mitgliedern unserer
kleinen Projektgruppe um Privatpersonen handelt, waren wir nicht glücklich über den
Ansatz, die doch hohen Kosten erstmals aus eigener Tasche verauslagen zu müssen und
keine Sicherheit zu haben, ob diese Gelder auch nach Vorlage der Unterlagen
übernommen werden.
Ausstellungszeit
Für die Zeit der Ausstellung nahm jede Frau einen Teil ihres Jahresurlaubs, um eine
ständige Präsenz in der Kirche gewährleisten zu können. Ohne diese Maßnahme wäre
die Durchführung des Projekts nicht möglich gewesen. Nicht selten war eine von uns
über 13 Stunden in der Kirche, die lediglich auf knapp 16°C hochgeheizt war.
Als Höhepunkt unserer Ausstellung muss der Vortrag von Fadumo Korn genannt
werden. Frau Korn, selbst Betroffene aus Somalia, Buchautorin, Dolmetscherin und
Aktivistin, las in der Eröffnungsveranstaltung in der voll besetzten Kirche aus ihren
Büchern, berichtete sehr eindrucksvoll und anrührend und stand für Fragen zur
Verfügung.
Foto: Hildesheimer allgemeine Zeitung
Den Vortrag zum Ärztetag übernahm der Gynäkologe Herr Dr. med. Zerm aus Herdecke,
nachdem Dr. med. W. Stein aus Göttingen aus beruflichen Gründen absagen musste.
Terre des Femmes vermittelte uns den Ersatzreferenten. Herr Zerm hielt einen brillanten
Vortrag mit medizinischem Schwerpunkt. Er fährt sehr regelmäßig nach Eritrea,
engagiert sich dort im Rahmen eines Hilfsprojektes gegen Genitalverstümmelung
politisch und medizinisch mit umwerfendem Erfolg. Zu Beginn seiner Tätigkeit war noch
fast jede Frau betroffen, inzwischen hofft er, das Ende dieser Praktik in Eritrea noch
erleben zu können.
Ein weiterer Höhepunkt war der Vortrag von Herrn Schnapauff, Vorstandsmitglied von
Netzwerk Rafael, das sich in Tansania engagiert. Herr Schnapauff besucht regelmäßig
das Projekt und konnte von daher sehr anschaulich anhand von eigenen
Fotos und Kurzvideos erzählen. Neben der Abendveranstaltung referierte Herr
Schnaupauff auch an zwei Vormittagen vor Schulklassen. Herr Poddig vom Bistum
Hildesheim Referat Weltkirche/missio berichtete von dem Missio-Projekt in Kenia, wo die
Ordensschwester Ephigenie sehr erfolgreich arbeitet. In Kenia wird versucht, den
Genitalverstümmelungs-Ritus durch einen anderen, christlichen Initiations-Ritus zu
ersetzen. Frau Abeer Will, Inhaberin einer Bauchtanzschule, geborene Ägypterin, jetzt
wohnhaft in Hildesheim, berichtete wie sie selbst nur knapp der Beschneidung
entgangen ist.
Alle Referenten erfüllten gänzlich unsere Vorstellungen, was Sachkompetenz und
Aufklärung, Behutsamkeit und Respekt gegenüber den Betroffen betrifft. Mit Hilfe eines
Beamers wurden Fotos gezeigt, dabei achteten alle Beteiligten darauf, dass keine Scham
verletzenden oder grausamen Bilder gewählt wurden.
Örtliche Beratungsstellen wie die Opferhilfe, das Präventionsteam der Polizei und das
Frauenhaus konnten sich während der Ausstellung vorstellen.
Um einen Ausgleich zu dem ernsten Thema „Genitalverstümmelung“ zu haben, um
afrikanische Lebensfreude in die Citykirche zu holen und somit weiteres Publikum in die
Kirche zu locken, planten wir täglich die Sinne ansprechende Angebote: Trommeln,
Mitmach-Trommeln, Percussion, Gospel-Chöre, afrikanischer Darstellungs-Tanz,
afrikanische Geige, Bauchtanz, Kinder-Ballett. Außerdem boten wir regelmäßig
afrikanische Tees und Fingerfood. Am Mitmachtag wurden nach afrikanischer Tradition
verschiedene typische Speisen und Getränke vorgestellt und angeboten, die von einem
Koch aus Nigeria zubereitet worden waren.
Wie aus unserem beiliegenden Aktionsplan hervor geht, zeigten wir Filme wie „Die
Wüstenblume“ von Waris Dirie und „Maimouna“ (Vorstellung des erfolgreichen Projekts
in Burkina Faso).
Die Veranstaltungen waren gut, bzw. durchschnittlich besucht (30 – 200 Besucher).
Was uns sehr am Herzen lag, war die Beteiligung der Schulen. Die Sensibilisierung junger
Menschen ist eine Investition in die Zukunft. Täglich besuchten angemeldete Klassen
unsere Ausstellung. Den einführenden Vortrag nahmen die Schüler sehr interessiert auf,
es kam fast immer zu lebendigen Gesprächen und aktiver Auseinandersetzung. Eine
Schule präsentierte von den Schülern und ihren Lehrkräften selbst einstudierte
Theaterstücke zu dem Thema. Die morgendlichen Termine waren schnell ausgebucht.
Insgesamt konnten weit über 400 Schülerbesuche verzeichnet werden.
Für uns persönlich bedeuteten diese Tage eine sehr arbeits-und energie-aufwändige
Zeit, jedoch auch eine große Bereicherung. Zufrieden blicken wir auf die erfolgreiche
Aktion, wir haben unsere Ziele mehr als erreicht: Über 1700 Besucher konnten wir
umfassend in der Kirche informieren, über Medien haben wir mit Sicherheit ein
Vielfaches dieser Zahl erreichen können, im Landkreis dürfte es kaum jemanden geben,
der nicht durch diese Aktion irgendwie von dem Thema erfahren hat.
Die positive Atmosphäre in der Citykirche, die Hilfsbereitschaft der vielen Ehrenamtlichen
und nicht zuletzt der unverzichtbare Einsatz technischer Helfer trug zum reibungslosen
Ablauf der Wochen bei. Für die Projekte von Terre des Femmes nach Burkina Faso
(„Bangr Nooma“) und Sierra Leone („AIM“) konnten wir einen beträchtlichen
Spendenbeitrag überweisen.
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