Verein der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker in der Region 10 Münzbergstr. 8/II 85049 Ingolstadt Tel: 0841/910 278 www.angehoerige-ingolstadt.de Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Behandlungsvereinbarung in der Psychiatrie Dr. Rolf Marschner, Rechtsanwalt Betroffene mit Psychiatrieerfahrung wünschen wie andere Patienten auch, selbstbestimmt über die Behandlung entscheiden zu können. Dies gilt insbesondere ihre Betroffene, die bereits Erfahrungen in psychiatrischen Krankenhäusern mit Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlung gemacht haben. Auch für den Fall, dass in einer akuten psychiatrischen Krise der Betroffene hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen nicht entscheidungsfähig ist, bestehen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Unterbringung und die Behandlung. Dies geschieht dadurch, dass der Betroffene zu einem Zeitpunkt, in dem er geschäfts- bzw. einwilligungsfähig ist, Entscheidungen für einen späteren Zeitpunkt trifft, in dem dies nicht der Fall ist. Es ist sinnvoll, einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung eine Bestätigung des behandelnden Psychiaters beizufügen, dass zum Zeitpunkt der Abfassung der Vorsorgevollmacht bzw. Patientenverfügung dieser hinsichtlich der jeweiligen Inhalte einwilligungs- und entscheidungsfähig ist. Vorsorgevollmacht In einer Vorsorgevollmacht wird von dem Betroffenen eine Person seines Vertrauens beauftragt, im Fall der Entscheidungsunfähigkeit bestimmte Angelegenheiten zu regeln. Dabei kann es sich um finanzielle Angelegenheiten handeln, aber auch um Fragen der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus sowie der ärztlichen Behandlung. In diesen Fällen muss die Vorsorgevollmacht schriftlich erteilt werden. Wird die Vorsorgevollmacht hinsichtlich bestimmter Angelegenheiten ohne weitere Einschränkung erteilt, kann der Bevollmächtigte für den Betroffenen, wenn dieser in einer akuten psychiatrischen Krise nicht einwilligungsfähig ist, alle erforderlichen Erklärungen abgeben. Dies beinhaltet sowohl die Ablehnung von Behandlungen als auch die Einwilligung in Behandlungen. Der Bevollmächtigte tritt praktisch an die Stelle des Betroffenen. Eine Betreuerbestellung ist in diesem Fall in der Regel nicht erforderlich, weil der Bevollmächtigte die entsprechenden Aufgaben wahrnimmt. Verein der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker in der Region 10 1.Vorsitzende Eva Straub, Bankverbindung: Bergstr. 29 Sparkasse Ingolstadt 85080 GAIMERSHEIM BLZ 721 500 00 Tel/Fax: 08406/631, [email protected] Konto: 384 099 Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband Patientenverfügung In einer Patientenverfügung wird die Selbstbestimmung des Betroffenen so ausgeübt, dass er für den späteren Fall, dass er in einer psychiatrischen Krise entscheidungs- und einwilligungsunfähig ist, Entscheidungen bereits zum Zeitpunkt der Verfassung der Patientenverfügung trifft. Es besteht die Möglichkeit, den Aufenthalt in einer bestimmten psychiatrischen Klinik oder auf einer bestimmten Station vorzuschlagen, die Einwilligung in bestimmte Medikamente (gegebenenfalls mit einer Höchstdosis) zu erteilen und/oder die Behandlung mit bestimmten Medikamenten ganz abzulehnen. Nach heutiger Gesetzeslage und Rechtsprechung sind die behandelnden Ärzte an den in der Patientenverfügung niedergelegten Willen gebunden. Eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung lassen sich auch verbinden. Dann ist der Bevollmächtigte in seinen Entscheidungen nicht frei, sondern - wie auch ein bestellter Betreuer - in der Regel an den Willen des Betroffenen gebunden, der in der Patientenverfügung niedergelegt ist. Allerdings liegen Gerichtsentscheidungen vor, dass in den Fällen, in denen der Bevollmächtigte angewiesen wird, jegliche Behandlung mit Psychopharmaka abzulehnen, bei akuter Behandlungsbedürftigkeit dennoch ein Betreuer mit dem Argument bestellt wird, dass die Angelegenheiten durch den Bevollmächtigten nicht ebenso gut wie durch einen Betreuer erledigt werden können. Insoweit empfehlen sich differenzierte Formulierungen in der Patientenverfügung. Betreuungsverfügung In eine Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung kann auch eine Betreuungsverfügung aufgenommen werden. In dieser wird für den Fall, dass trotz Vorliegens der Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung ein Betreuer bestellt werden sollte, eine Person des Vertrauens vorgeschlagen, die Betreuer werden soll. Dies kann auch der Bevollmächtigte sein. In der Betreuungsverfügung können auch Anweisungen an den dann zu bestellenden Betreuer wie in einer Patientenverfügung aufgenommen werden. Behandlungsvereinbarung Rechtlich handelt es sich auch bei der Behandlungsvereinbarung um eine Variante der Patientenverfügung. Allerdings besteht der Unterschied darin, dass eine Behandlungsvereinbarung nicht wie die Patientenverfügung einseitig formuliert wird, sondern mit den behandelnden Ärzten gemeinsam ausgehandelt und erstellt wird. Dies erhöht die Akzeptanz und Wahrscheinlichkeit, dass der Wille des Patienten im Krisenfall auch wirklich beachtet wird. Krisenpass In dem Krisenpass für Menschen mit Psychoseerfahrung werden bestimmte Informationen (Medikation, Vertrauens- und Kontaktpersonen, Wünsche für die Verein der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker in der Region 10 1.Vorsitzende Eva Straub, Bankverbindung: Bergstr. 29 Sparkasse Ingolstadt 85080 GAIMERSHEIM BLZ 721 500 00 Tel/Fax: 08406/631, [email protected] Konto: 384 099 Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband Behandlung im Krisenfall) eingetragen. Diese können von dem behandelnden Arzt bestätigt werden. Es handelt sich damit um eine Unterform der Patientenverfügung. Der Krisenpass kann auch mit einer Behandlungsvereinbarung verbunden werden. Bei allen vorstehenden schriftlichen Äußerungen der Betroffenen zur Wahrnehmung der Patientenautonomie im Fall einer psychiatrischen Krise ist es wichtig, dass diese Informationen im Krisenfall auch tatsächlich zur Verfügung stehen und aufgefunden werden. Es empfiehlt sich daher, nicht nur bei den persönlichen Unterlagen ein Exemplar der Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung bei sich zu tragen, sondern eine Kopie auch bei den behandelnden Ärzten, eventuell der Klinik des Vertrauens sowie bei anderen Vertrauenspersonen zu hinterlegen. Eine Vorsorgevollmacht kann auch bei der Bundesnotarkammer notiert werden. Das Erstellen einer Vorsorgevollmacht oder Patientenverfügung stellt keinen absoluten Schutz vor Unterbringung und Zwangsbehandlung dar. Nach allen Erfahrungen ist es aber dennoch das effektivste Mittel, Zwang in der Psychiatrie zu vermeiden. Rechtsanwalt Dr. Rolf Marschner Friedrichstraße 13, 80801 München Verein der Angehörigen und Freunde psychisch Kranker in der Region 10 1.Vorsitzende Eva Straub, Bankverbindung: Bergstr. 29 Sparkasse Ingolstadt 85080 GAIMERSHEIM BLZ 721 500 00 Tel/Fax: 08406/631, [email protected] Konto: 384 099 Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband