Skriptum Endo - Fassung 2010

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Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Scriptum Frauenheilkunde
Endokrinologie und Reproduktionsmedizin
Klinik für Gynäkologische Endokrinologie und
Reproduktionsmedizin
Department Frauenheilkunde
Universität Innsbruck
Ludwig Wildt
2010
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Physiologie des menstruellen Zyklus
Der Eintritt der uterinen Blutung zeigt den Beginn eines neuen Zyklus an. Die
zyklischen Veränderungen der uterinen Schleimhaut dienen der optimalen
Vorbereitung für die Einnistung der Blastocyste; sie sind Folge zyklischer
Veränderungen in der Funktion der Ovarien. Der Ablauf des ovariellen Zyklus
wird durch ein Kontrollsystem gesteuert, welches aus Hypothalamus,
Hypophyse und Ovar besteht. Die Funktionsweise dieses Kontrollsystem kann
wie folgt beschrieben werden:
1. Nervenzellen im Bereich des Nucleus arcuatus im mediobasalen
Hypothalamus synthetisieren Gonadotropin-Releasinghormon (GnRH) – ein
Dekapeptid – und geben es über Nervenendigungen in der Eminentia Mediana
im Abstand von 60 -90 Minuten in das hypophysäre Portalgefäßsystem ab,
dessen Blutfluss zum Hypophysenvorderlappen (HVL) gerichtet ist. Dieses
Sekretionsmuster wird als circhoral ( = etwa stündlich) bezeichnet.
2. Die GnRH- Pulse stimulieren die Produktion von LH und FSH in den
gonadotropen Zellen des HVL und induzieren die ebenfalls pulsatile
Freisetzung der beiden Glykoproteinhormone aus der Hypophyse.
Die intermittierende Stimulation mit circhoraler Frequenz stellt ein absolutes
Erfordernis für die normale Funktion
Stimulation
des HVL dar. Kontinuierliche
oder Stimulation mit mehr als 1 Puls pro Stunde an exogenem
GnRH führt zur Downregulation der GnRH- Rezeptoren und damit zu einem
Absinken der LH und FSH Konzentrationen im Serum.
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4. Der Verlauf der LH und FSH- Konzentrationen im Serum spiegelt die
pulsatile GnRH Sekretion wieder.
LH bindet an Rezeptoren in den
Thekazellen des Ovars und induziert die Produktion von Androgenen
(Testosteron und Androstendion) durch die Thekazellen des ovariellen
Follikels. Testosteron gelangt durch Diffusion in die
Granulosazellen des
Follikels und wird dort durch eine FSH- abhängige Aromatase zu Östradiol
metabolisiert und in das Blut abgegeben. Die ovarielle Sekretion von Östradiol
stellt die kombinierte Leistung von Theka und Granulosa-Zellen dar; sie ist
abhängig von der Feinabstimmung der LH und FSH Konzentrationen(ZweiZell Theorie der ovariellen Steroidbiosynthese).
5.Östradiolspiegel der frühen und mittleren Follikelphase hemmen die
Amplitude der pulsatilen LH und FSH Freisetzung (negativer Feedback).
Dadurch
wird
sichergestellt,
dass
im
normalen
Zyklus
eine
-
speziesspezifische- Anzahl von Follikeln heranreift. Täglich treten etwa 20
Follikel in die Wachstumsphase ein; bei der Frau gelangt jedoch während eines
Zyklus innerhalb von 4 Wochen meist nur ein Follikel zur präovulatorischen
Reife, alle anderen gehen durch Atresie zu Grunde.
Der steile Anstieg der Östradiolkonzentrationen im Serum während der finalen
Phase der Follikelreifung führt zur Stimulation der LH und FSH Sekretion aus
der Hypophyse und damit zur Auslösung des präovulatorischen LH Gipfels,
der die endgültige Ausreifung des Follikels, den Eisprung und die
Luteinisierung des gesprungenen Follikels induziert (positiver Feedback). Der
Eisprung erfolgt 36 – 42 Stunden nach Beginn des LH- Gipfels. Die ovarielle
Produktion von Östradiol stellt somit das Signal dar, durch den der Follikel
seine vollständige Ausreifung anzeigt.
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6. Das Corpus luteum produziert unter der Kontrolle von LH Progesteron,
dessen Konzentrationen in der Lutealphase ansteigen. Progesteron induziert die
sekretorische Transformation des Endometriums und bereitet den Uterus auf
die Implantation der Blastocyste vor. Die inhärente Lebensdauer des
Gelbkörpers beträgt 14 Tage, sofern keine Schwangerschaft eintritt. Die
Funktion des Gelbkörpers wird durch die Luteolyse beendet. Es kommt zum
abrupten Abfall von Progesteron im Serum und zur Auslösung der uterinen
Blutung.
7. Tritt eine Schwangerschaft ein, dann wird das Corpus luteum durch das von
der
implantierten
Blastocyste
an
die
Mutter
abgegebene
Humane
Choriongonadotropin (HCG) erneut stimuliert und zur Produktion von
Progesteron angeregt (Corpus luteum rescue).
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300
30
250
25
200
20
150
15
100
10
50
5
0
0
-14
-10
-6
-2
2
6
Tage vom LH- Peak
10
14
Estradiol (pg/ml)
LH (mIU/ml)
P (ng/ml)
Der Menstruelle Zyklus der Frau
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Transport von
Genitaltrakt
Bei
der
Ejakulation
Spermien,
gelangen
die
Eizelle
und
Spermatozoen
Blastocyste
in
das
im
hintere
Scheidengewölbe. Durch die Zunahme des Blutflusses im kleinen Becken der
Frau während der Kohabitation richtet sich der Uterus auf , so dass die Cervix
in das hintere Scheidengewölbe eintaucht. Die Spermien werden durch
Kontraktionen der Uterusmuskulatur und durch intrauterine Peristaltik aus dem
hinteren Scheidengewölbe in den oberen weiblichen Genitaltrakt transportiert.
Bereits 5 - 10 Minuten nach der Kohabitation sind Spermien im ampullären
Teil der Tube nachweisbar. Für diesen schnellen Transport sind ausschließlich
Muskelkontraktionen
von
Uterus
und
Tube
verantwortlich,
die
Eigenbeweglichkeit der Spermien spielt dabei keine Rolle.
Der Transport der Spermien in die Eileiter erfolgt nicht zufällig in beide
Richtungen(nach links und rechts), sondern bevorzugt in die Richtung der
Tube, die zu dem dominanten Follikel hinführt. Die kontralaterale Tube
erscheint funktionell verschlossen. Damit wird eine möglichst hohe
Konzentration von Spermatozoen an der Stelle garantiert, an der die Eizelle zu
erwarten ist.
Nach der Befruchtung im ampullären Teil der Tube gelangt die sich teilende
Blastocyste
innerhalb von wenigen Tagen in das Cavum uteri. Für den
Transport der Blastocyste scheinen ebenfalls Muskelkontraktionen der Tube
verantwortlich zu sein. Die Cilien der Tubenschleimhaut spielen dabei offenbar
nur eine sekundäre Rolle.
Die Stelle im Uterus, an der die Implantation der Blastocyste stattfindet ist
offenbar nicht zufällig: Blastocysten, die eine normale weitere Entwicklung
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zeigen, implantieren sich gehäuft ebenfalls auf der Seite des Uteruscavums, die
zum Follikel bzw Corpus luteum hingerichtet ist.
Fertilität:
Die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Schwangerschaft bei jungen
Paaren mit normalem andrologischem Befund und bei normalem Zyklus der
Frau beträgt maximal 30 % pro Zyklus. Von diesen Schwangerschaften sind
etwa 50 % nicht intakt und enden mit einem Abort.
Die effektive
Schwangerschaftsrate pro Zyklus (= Schwangerschaften, bei denen ein
lebendes Kind geboren wird) beträgt demnach höchstens 15 %.
Die kumulative Schwangerschaftsrate gibt an, wieviele Prozent eines
Kollektivs zu einem gegebenen Zeitpunkt schwanger geworden sind. Aus der
kumulativen Schwangerschaftsrate ergibt sich, dass innerhalb eines Jahres über
90% der im Prinzip fertilen Paare schwanger sind. Die restlichen Paare sind
steril.
Kumulative Schwangerschaftsrate - Normalkollektiv
100% __
80
__
60
__
40
__
20
__
_____|______|_____|_____|_____|_____|_____|_____|_____|
1
2
3
4
Zyklus
5
6
7
8
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Sterilität:
Von Sterilität sprechen wir, wenn bei regelmäßigem ungeschütztem Verkehr
innerhalb eines Jahres keine Schwangerschaft eingetreten ist.
Infertilität:
Von Infertilität sprechen wir, wenn Schwangerschaften eintreten, aber nicht
ausgetragen werden können. ( z.B bei habituellen Aborten , d.h. bei > 2
Aborten in Serie).
Prävalenz: in der BRD sind ca 15 % aller Paare im fortpflanzungsfähigen Alter
ungewollt kinderlos,
die Zahl der Betroffenen liegt zwischen 1 und 2 Millionen. Damit gehört die
ungewollte Kinderlosigkeit zu den häufigsten Erkrankungen.
Ovarialinsuffizienz:
Definition:
Ovarialfunktionsstörung mit Veränderungen der Hormonsek-
retion und Störungen der Follikel- und Eizellreifung.
Zur Ätiologie, Diagnostik und Therapie siehe Schema.
Die Ovarialinsuffizienz stellt unabhängig von der Ätiologie ein pathophysiologisches Kontinuum
dar, welches sich von der Corpus luteum
Insuffizienz über den anovulatorischen Zyklus bis zur Amenorrhoe erstreckt.
Zyklusstörungen sind Folge einer Ovarialinsuffizienz und damit Ausdruck
einer schweren endokrinen Funktionsstörung.
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Ermittlung des Schweregrades:
a.)
bei Patientinnen mit Spontanblutungen durch Messung der Basaltem-
peratur oder durch Zykluskontrolle mit Sonographie und Bestimmung von LH,
Östradiol und Progesteron ab Tag 10 des Zyklus.
b.)
Corpus luteum Insuffizienz: Mittelwert von Progesteron aus drei
Bestimmungen im Abstand von je 3 Tagen < 10 ng/ml.
c.)
Amenorrhoe (keine Blutung > 6 Monate) durch Gestagentest und
Clomiphentest.
Durchführung: Gestagentest: 10 mg Medroxyprogesteronacetat täglich für 10
Tage. Wenn danach eine Blutung eintritt ist der Test positiv; bei Blutung: 100
mg Clomiphen ab 5. Tag der Blutung für 5 Tage und Nachweis der Ovulation
durch BTK oder Hormon- und Ultraschallkontrolle.
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Ovarialinsuffizienz
- Pathophysiologisches Kontinuum Normaler Zyklus
Corpus luteum Insuffizienz
Anovulatorischer Zyklus
Oligomenorrhoe
Amenorrhoe
Clomiphen-positiv
Gestagen-positiv
Geatagen-negativ
Corpus luteum Insuffizienz, anovulatorischer Zyklus, Oligomenorrhoe und
Amenorrhoe sind Symptome einer Ovarialinsuffizienz. Hinweise auf die
Ätiologie ergeben sich daraus nicht. Ätiologisch lassen sich 4 Hauptursachen
einer Ovarialinsuffizienz unterscheiden:
Primär Hypothalamisch
Hyperprolaktinämisch
Hyperandrogenämisch
Diagnostik zur Ermittlung der Ätiologie
Die Anamnese trägt erheblich zur Diagnosestellung bei. Wichtige Fragen sind:
waren Spontanblutungen vorhanden oder nicht? Wie war die Blutung bisher ?
Ist die Blutung schmerzhaft ? Gehen ein Gewichtsverlust (Anorexie) oder eine
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Zunahme des Gewichts voraus? War die Gewichtsabnahme beabsichtigt? Wie
schätzt die Patientin ihr Gewicht selbst ein? Bestehen Belastungssituationen?
Wie ist das Geruchsvermögen? Besteht zunehmende Behaarung, Haarausfall,
Galaktorrhoe?
Werden Hitzewallungen beobachtet ?
Bestehen Gesichtsfeldausfälle?
Labor- Diagnostik:
Hormonbasisdiagnostik:
Für die Differentialdiagnose einer Ovarialinsuffizienz von Bedeutung sind die
Bestimmung von LH, FSH, Prolaktin, Testosteron, DHEAS, [SHBG, freies
Testosteron]; Schilddrüsenhormone (fT3, fT4, TSH)
Die Blutprobe muss bei Patientinnen mit Spontanblutungen in der
Follikelphase vor Nachweis eins Follikels > 10 mm Durchmesser (meist Tag 4
– 9 des Zyklus) entnommen werden. Bei Patientinnen ohne Spontanblutung zu
beliebigem Zeitpunkt.
Allgemeine Prinzipien der Sterilitätsbehandlung
Die Behandlung der Ovarialinsuffizienz
Die schwereren Grade der Ovarialinsuffizienz (Oligo-Amenorrhoe) stellen
nicht nur bei Frauen mit Kinderwunsch
eine behandlungsbedürftige
Erkrankung dar. Die Indikation zur Therapie ergibt sich aus folgenden
Tatsachen:
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1. Erniedrigte Östrogenspiegel
führen auch bei jungen Frauen zu einer
Beschleunigung des Knochenabbaues und zu einer Verringerung der PeakBone-Mass, das Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose steigt an.
2. Die nicht durch Gestagene antagonisierte Wirkung von Östrogenen am
Endometrium
führt
zu
einem
Anstieg
des
Risikos
eines
Endometriumkarzinoms.
3. Die Symptome Bei Hyperandrogenämie: symptomatische Behandlung von
Akne, Hirsutismus, Seborrhoe, Alopezie und Verhinderung von polycystischen
Veränderungen der Ovarien.
4. Veränderungen an den Schleimhäuten des Genitales können zu Dyspareunie
und Störungen der Sexualfunktion führen.
Grundsätzlich stellt die Normalisierung der gestörten Ovarialfunktion das Ziel
der Behandlung einer Ovarialinsuffizienz dar. Eine Notwendigkeit dazu besteht
aber nur bei Frauen mit Kinderwunsch. Bei Frauen, die nicht schwanger
werden wollen ist eine Normalisierung der Ovarialfunktion häufig nicht
erwünscht. Die Behandlung kann dann entweder durch Gabe eines
hormonellen Kontrazeptivums (immer dann, wenn das Eintreten einer
Schwangerschaft in keinem Fall gewünscht wird) oder durch Gabe von
natürlichen Östrogenen in Kombination mit einem Gestagen erfolgen.
Verlauf der Knochendichte bei Eintreten der natürlichen Menopause und bei
Amenorrhoe
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20
40
60
Alter
Primäre Ovarialinsuffizienz:
Sind die FSH- Werte auch bei wiederholten Bestimmungen erhöht besteht eine
primäre Ovarialinsuffizienz. Ursache: 1.)Verlust der ovariellen Follikel
entweder durch beschleunigten Verbrauch (idiopathisch oder in Folge von
Chemotherapie oder Bestrahlung), erniedrigte Zahl der intrauterin angelegten
Follikel 2.) Resistenz der Ovarien gegen Gonadotropine (Resistant ovary
Syndrome)
oder
3.)
Gonadendysgenesien
mit
oder
ohne
Chromosomenanomalien. Die differentialdiagnostische Abklärung von 1
gegen 2 und 3 erfordert eine Ovarialbiopsie mit histologischer Untersuchung.
Bei Frauen mit primärer Ovarialinsuffizienz im Alter unter 35 muss eine
Chromosomenanalyse zum Ausschluß einer X0 Gonadendysgenesie sowie
Biopsie erfolgen.
Therapie: Keine Kausale Therapie bekannt, daher nur symptomatische
Behandlung durch Substitution. Ggf. Versuch einer hochdosierten
Stimulation mit Gonadotropinen.
Hypothalamische Ovarialinsuffizienz
Ursache der hypothalamischen Ovarialinsuffizienz ist ein mehr oder weniger
ausgeprägter Mangel an hypophysärer Stimulation durch GnRH. Als Folge
davon sind die Gonadotropinkonzentrationen im Serum erniedrigt. Ursache des
GnRH- mangels können genetische Defekte in der Biosynthese, anatomische
Veränderungen im Bereich des Hypothalamus/ Eminentia mediana (z.B. durch
Tumoren) oder eine funktionelle Reduktion der GnRH- Sekretion durch Stress
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darstellen. Die Tabelle führt die wichtigsten Ursachen der hypothalamischen
Ovarialinsuffizienz auf:
Ätiologie der hypothalamischen Ovarialinsuffizienz
Primäre Amenorrhoe
SekundäreAmenorrhoe
Kallmann- Syndrom
Perinatale Insulte
Kraniopharyngeom
Tumor im Hypothalamus HVL
Anorexia nervosa
Anorektische Reaktion
Leistungssport
Konsumierende
Erkrankung
Stress
Die Diagnose einer hypothalamischen Ovarialinsuffizienz wird gestellt, wenn
FSH, Testosteron und Prolaktin nicht erhöht sind, stellt also eine
Ausschlussdiagnose dar. Bei Amenorrhoe erfolgt die Bestimmung des
Schweregrades durch Gestagen- und Clomiphentest, bei negativem
Gestagentest durch den GnRH- Test. Je nach Testausfall wird nach Grad
1,2,3a,3b und 3c unterschieden.
Therapie:
Therapie der Wahl bei hypothalamischer Amenorrhoe stellt die pulsatile
GnRH- Therapie mit Hilfe einer computergesteuerten Pumpe dar, die im
Abstand von 90 Minuten GnRH infundiert. Fehlendes Ansprechen auf die
pulsatile GnRH- Applikation spricht für das Vorliegen eines SheehanSyndroms bzw. den vollständigen Verlust von gonadotropinproduzierendem
Hypophysenzellen. Die Schwangerschaftsrate unter pulsatiler GnRH- Therapie
entspricht der in einer Normalbevölkerung, sofern keine sonstigen
Sterilitätsursachen vorliegen.
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Bei Verdacht auf stressinduzierte hypothalamische Ovarialinsuffizienz kann
unter der Vorstellung eines erhöhten endogenen Opiattonus eine Behandlung
mit dem Opiatantagonisten Naltrexon durchgeführt werden.
Bei geringgradigen Störungen kommt auch eine Therapie mit Antiöstrogenen
in Betracht.
Die hyperprolaktinämische Ovarialinsuffizienz:
Eine Hyperprolaktinämie führt über eine Bremsung der hypothalamischen
GnRH- Sekretion zur Ovarialinsuffizienz. Ursache einer Hyperprolaktinämie
können Hypophysentumoren (Prolaktinome), Kraniopharyngeome oder die
einnahme antidopaminerger Medikamente darstellen. Bei den Tumoren wird
zwischen Mikro (Durchmesser < 0.5 cm)- und Makroprolaktinomen (> 0.5 cm)
unterschieden.
Differentialdiagnostische Kriterien stellen der erhöhte Prolaktinwert im Serum
(> 25 ng/ml) und MRT der Hypophyse dar. Andere bildgebende Verfahren (
CT oder Röntgenaufnahme des Schädels) sind unempfindlicher im Nachweis
von kleineren Tumoren. Galaktorrhoe kann, muss aber nicht bestehen.
Der Ausschluss eines Tumors mit bildgebenden Verfahren ist absolut
erforderlich, da auch z.B. ein Kraniopharyngeom eine Hyperprolaktinämie
verursachen kann. Diese lässt sich ebenfalls mit Dopaminagonisten behandeln,
der Tumor wächst dann aber bei normalisierten Prolaktinspiegeln weiter.
Die Therapie der Hyperprolaktinämie besteht in der Gabe von
Dopaminagonisten wie Bromergocryptin, Cabergolin, Liserdol u.ä. oder der
neurochirurgischen Entfernung im Falle eines Tumors und Nichtansprechen
auf die Therapie. Eine Behandlung mit Dopaminagonisten darf nicht
durchgeführt werden, wenn die Ursache der Hyperprolaktinämie eine
Behandlung mit z.B. Haloperidol oder ähnlichen neuroaktiven Pharmaka ist.
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Ovarialinsuffizienz
- Differentialdiagnose FSH LH
LH/FSH - Ratio
Androgene
(Testo, DHEAS)
Prolaktin
Primär
Hypothalamisch
Hyperprolaktinämisch
Hirsutismus, Akne
Hitzewallungen
Y- Chromosom ?
Ausschluß Mosaik
Chromosomenanalyse
Laparoskopie mit
Ovarialbiopsie
Ovarialantikörper
Galaktosebelastung
Hyperandrogenämisch
Tumorausschluß
Ultraschall
Tumorausschluß
(Kraniopharyngeom)
Ausschluß
Kallmann-Syndrom
CT / NMR
Olfaktometrie
CT / NMR
Medikamente
-Psychopharmaka
Hyper/Hypothyreose
Geburtstrauma
Anorektische Reaktion
Resorptionsstörung
Streß / Leistungssport
Gewichtsverlust
Clonidin-Test
Polycystische Ovarien
Tumorausschluß
(Nebenniere, Ovar)
Enzymdefekt
(Heterozygotes AGS)
Insulinresistenz
Doping
Exogene
Androgene
Die hyperandrogenämische Ovarialinsuffizienz:
Die Symptome der Hyperandrogenämie sind Folge der erhöhten
Androgenaktivität. Biologisch wirksam ist nur das freie Testosteron, nicht das
an SHBG (sexualhormon-bindendes Globulin) gebundene Testosteron. Auch
bei normalen Testosteronkonzentrationen kann bei erniedrigtem SHBG eine
Hyperandrogenämie vorliegen.
Zu den Kardinalsymptomen gehören die Zeichen der Androgenisierung
(Hirsutismus, Akne, Seborrhoe), die prinzipiell reversibel sind und die
Zeichen der Virilisierung (Klitorishypertrophie, tiefe Stimme und maskuliner
Körperbau), die irreversibel sind. Die Symptome können sich in Abhängigkeit
vom ausmaß und der Dauer der Androgenisierung mit sehr unterschiedlicher
Geschwindigkeit entwickeln; meist zeigen sich die ersten Anzeichen in der
Pubertät perimenarchial.
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Kennzeichen der Hyperandrogenämie ist die Progredienz ohne Tendenz zur
Spontanremission.
Ursache
einer
Hyperandrogenämie
können
neben
seltenen
androgenproduzierenden Tumoren homo- oder heterozygote Enzymdefekt der
Steroidbiosynthese, Schilddrüsenfunktionsstörungen oder die exogene Zufuhr
von Androgenen darstellen. Von praktischer Bedeutung ist zunächst der
Ausschluß eines Tumors oder eines homozygoten Enzymdefektes als Ursache.
Als tumorverdächtig gelten Testosteronkonzentrationen von mehr als 2 ng/ml
und DHEAS von mehr als 10000 ng/ml. Die weitere Tumordiagnostik muss
unter
Einbeziehung
bildgebender
Verfahren
und
ggf.
einer
Organvenenblutentnahme erfolgen. Homozygote Enzymdefekte können meist
an den Basalwerten der Androgene und 17Hydroxyprogesteron erkannt
werden, ggf. ist ein ACTH- Stimulationstest durchzuführen.
Typisches Symptom sind die polycystisch veränderten Ovarien, die aus
zahlreichen randständigen Follikeln mit Durchmessern von bis zu 1 cm
bestehen. „PCO- Syndrom“ ist keine Krankheitsbezeichnung, das PCO ist
eines von vielen Symptomen der Hyperandrogenämie. Die Sonographie der
Ovarien ist in der Diagnostik obligat.
Bei ca 40 % der Frauen mit Hyperandrogenämie werden die Zeichen einer
Insulinresistenz gefunden: im oGTT erfolgt bei normalem Glucoseverlauf ein
überschiessender Anstieg von Insulin. Welche Bedeutung die Insulinresistenz
für die Entwicklung einer Hyperandrogenämie hat (kausal oder nur begleitend)
ist nicht klar.
Therapie:
Die Therapie der hyperandrogenämischen Ovarialinsuffizienz erfordert
Vorsicht und Geduld. Die Behandlung erfolgt abgestuft mit zunehmender
Intensität. Bei Frauen ohne Kinderwunsch steht die Behandlung der
Androgenisierungserscheinungen
im
Vordergrund.
Dazu
werden
Antiandrogene eingesetzt. (Cyproteronazetat oder Flutamid in Kombination
mit einem Östrogen). Bei Frauen mit Kinderwunsch erfolgt zunächst eine
Suppressionsbehandlung mit einem oralen Kontrazeptivum und der
abendlichen Einnahme von Prednisolon über drei Monate, danach nur mit
Prednisolon. Führt dies nicht zur Ovulation kann zusätzlich abgestuft mit
Antiöstrogenen oder Gonadotropinen therapiert werden. Jede Stimulation darf
nur unter laufender Kontrolle endokriner und ultrasonographischer Parameter
erfolgen, da die Gefahr der Entwicklung multipler Follikel mit Risiko der
Mehrlingsschwangerschaft und / oder eines Überstimulationssyndroms mit
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massiver Vergrößerung der
Gerinnungsstörungen besteht.
Ovarien,
Aszites,
Pleuraergüssen
und
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Diagnostik und Therapie der Sterilität:
Sterilitäts-Basisdiagnostik -Serologie:
Röteln-Titer, Toxoplasmose, Blutgruppe, irreguläre Antikörper, Luesreaktion,
Hepatitis, HIV-Test, Gerinnung (APC- Resistenz).
Tubendiagnostik
Hysterosalpingographie (HSG)
Hysterosalpingosonographie (HSU)
Mechanische Durchgängigkeit
Laparoskopie (LSK)
Hysterosalpingoszintigraphie (HSS)
Transportfunktion
Hysteroskopie (HSK)
Intrauterine Faktoren
Zyklusfunktionsdiagnostik:
Follikelreifung ?
Ab
Tag
10
Ultraschall
und
Bestimmung von LH/E2
Ovulation ?
LH-
Peak,
Anstieg
von
aus
drei
Progesteron
Lutealphase normal ?
Mittelwert
Progesteron
-
Bestimmungen im Abstand
von ~ 3 Tagen > 10 ng/ml
)
Cervixfaktoren:
Postcoitaltest. Spermien im
Cervikalsekret?
Beweglichkeit?
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Anatomische Faktoren:
Laparoskopie:
Endometriose ? Myome,
Hysteroskopie:
Uterusmissbildungen?
Andrologische Diagnostik:
Spermiogramm Minimal: Anzahl, Konzentration, Beweglichkeit Morphologie
Therapie der Sterilität:
Anzustreben ist eine kausale Therapie durch Normalisierung der gestörten
Funktion,
z.B.
Normalisierung
Transportstörungen
durch
der
Ovarialfunktion,
Insemination,
Behebung
Wiederherstellung
von
der
Tubendurchgängigkeit.
Bei normalem oder durch die Therapie normalisiertem Zyklus werden – in
Abhängigkeit
vom
andrologischen
Befund
und
dem
Resultat
des
Postkoitaltestes entweder der Verkehr zum Konzeptionsoptimum oder die
intrauterine Insemination mit aufbereiteten Spermien durchgeführt.
Der optimale Zeitpunkt für eine Konzeption ist unmittelbar vor der Ovulation,
d.h. etwa 24 Stunden nach Beginn des LH- Peaks.
Die Insemination erfolgt etwa 24 Stunden nach Beginn des LH- Peaks. Die
Spermienaufbereitung erfolgt durch Zentrifugation und waschen mit Medium.
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Die Spermien werden in Medium aufgeschwemmt und mit einem dünnen
Katheter in die Gebärmutter eingebracht. Das Waschen der Spermien ist
notwendig, um die Seminalflüssigkeit zu entfernen. Bei Insemination mit
Seminalflüssigkeit kann es zu erheblichen Kreislaufreaktionen kommen.
Nach ca 6 maliger erfolgloser Insemination kann eine diagnostische in vitro
Fertilisierung durchgeführt werden, um zu überprüfen, ob eine Befruchtung der
Eizelle stattfinden kann.
Die Methoden der sogenannte assistierten Reproduktion sind eingreifender und
aufwendiger:
dazu
intracytoplasmatische
gehören
die
In
Spermieninjektion
vitro
Fertilisation
(ICSI),
ggf.
nach
und
die
operativer
Gewinnung der Spermien. Dabei wird wie folgt vorgegangen:
1. Zur Gewinnung einer möglichst großen Zahl von Eizellen erfolgt eine
Stimulation der Ovarien mit exogenen Gonadotropinen.
2. Bei einer sonographisch gemessenen Follikelgröße von 18 –20 mm und
ausreichendem E2- Anstieg (ca 300 pg/ml /Follikel) wird die Ovulation
durch Gabe von HCG ausgelöst.
3. 34- 36 Stunden nach dem Auslösen, also unmittelbar vor der Ovulation,
werden die Follikel unter sonographischer Kontrolle punktiert.
4. IVF: Die Eizellen werden in vitro mit Spermien inkubiert; maximal 3
Embryonen werden transferiert, die restlichen befruchteten Eizellen
werden im Vorkernstadium, eingefroren und können in den folgenden
Zyklen transferiert werden.
5. Bei der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) wird ein
einzelnes Spermium in eine Mikromanipulatorpipette aufgezogen und
in
die Eizelle injiziert.
Damit
werden
auch
bei
schlechten
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Spermiogrammbefunden
(wenige,
unbewegliche
Spermien)
Fertilisationsraten bis zu 80 % erzielt.
6. Die Schwangerschaftsraten, die durch die assistierte Reproduktion
erzielt werden können liegen um 20 %.
Es dürfen nicht mehr als drei Embryonen transferiert werden, Werden mehr als
drei Eizellen befruchtet, können diese im Vorkernstadium kryokonserviert
werden und stehen dann für spätere Transfers zur Verfügung. Das Einfrieren
von Embryonen ist technisch einfacher, in Deutschland aber nicht erlaubt.
Risiken der assistierten Reproduktion sind: a.) die Überstimulation mit
massiver Vergrößerung der Ovarien nach der Auslösung des Eisprungs bzw.
der
Punktion,
Aszites,
Pleuraergüssen.
Diese
Komplikation
kann
lebensbedrohlich werden.
b.) die Mehrlingsgravidität mit erhöhter mütterlicher und kindlicher Morbidität
und Mortalität.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Klimakterium und Postmenopause
Definitionen:
Menopause: Letzte Spontane Regelblutung
Perimenopause: + - 1 Jahr von der Menopause
Alter bei Menopause: Im Mittel 50 Jahre (Keine Veränderung in den letzten
Jahrzehnten wie bei der Menarche). Frühe Menarche meist mit später
Menopause verbunden.
Klimakterium
präcox=
Menopause
vor
dem
35.
Lebensjahr
(abklärungsbedürftiger Befund)
Familiäre Komponente beim Menarchen- und Menopausenalter.
Physiologie:
Grund für das Eintreten der Menopause ist die limitierte Zahl ovarieller
Follikel. Deren Anzahl ist bereits intrauterin festgelegt.
Bei Geburt: 1.4 Millionen
Menarche: 400 000
Davon kommen maximal 400 zur Ovulation, der Rest wird atretisch. Wenn alle
Follikel aufgebraucht sind, tritt die Menopause ein. Menopausealter ist also
abhängig von der Zahl der angelegten Follikel und von der Geschwindigkeit,
mit der Follikel in das Wachstum eintreten.
Eine Menopause gibt es nur beim Menschen und den höheren Primaten.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Endokrinologie:
Die Postmenopause entspricht einer Primären Ovarialinsuffzienz mit hohem
FSH und LH und niedrigem Östradiol.
Das Stroma des postmenopausalen Ovars produziert unter dem Einfluss von
LH Androgene,
(Androstendion, Testosteron), die im Fettgewebe zu
Östrogenen (Östron, Östradiol) aromatisiert werden. Die endogen gebildeten
Östrogene sind deshalb umso höher, je mehr Fettgewebe vorhanden ist.
Deshalb leiden adipöse Frauen im allgemeinen weniger unter klimakterischen
Beschwerden und seltener unter Osteoporose.
Hormonbestimmungen zur Feststellungen des Menopausenstatus: FSH im
Serum. Wenn die FSH-Konzentrationen > 15 mIU/ml betragen weist dies auf
eine beginnende Erschöpfung des Vorrates an Follikeln hin.
Symptome des Östrogenmangels:
Akute
Folgen
des
Östrogenmangels
sind
klimakterische
Ausfallser-
scheinungen; sie können bereits einige Jahre vor der Menopause beginnen;
nach chirurgischer Kastration treten klimakterische Ausfallserscheinungen
innerhalb von wenigen Tagen auf; sie halten ca 2 – 5 Jahre an.
Chronische Folgen des Östrogenmangels sind Osteoporose, Atherosklerose,
Veränderungen der Blutdruckregulation, Blasenfunktionsstörungen etc.
Klimakterische Ausfallserscheinungen: Kardinalsymptom: Hitzewallung
Hitzewallung = Akuten Herabsetzung des Sollwertes für die Körperkerntemperatur im Hypothalamus führt zur Wärmeabfuhr zur Angleichung der aktuellen
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Temperatur an den Sollwert. Wärmeabfuhr erfolgt durch
Schwitzen +
verstärkte Durchblutung der Peripherie, vor allem im oberen Körperabschnitt
(Ausbreitungsgebiet des Sympathikus)
Abrupt einsetzendes Gefühl der Hitze mit Pulsanstieg, Schweißausbruch, Flush
Das Auftreten von Hitzewallungen wird durch den Abfall der Östrogenkonzentrationen im Serum ausgelöst. Ohne Östrogenabfall gibt es keine
klimakterischen Ausfallserscheinungen.
Hitzewallungen treten im Abstand von 60-90 Minuten auf, sie erfolgen zeitgleich mit den LH- Pulsen; während des Schlafes unmittelbar vor den REMPhasen, die durch das Aufwachen unterbrochen werden.
Folge der Schlafunterbrechung sind: Nervosität, Reizbarkeit, Depression,
abnehmende Leistungsfähigkeit...
d.h.: Hitzewallungen und die damit verbundenen chronischen Schlafstörungen,
und nicht psychische Veränderungen, stellen den wichtigsten Faktor in der
Ätiologie und Pathogenese klimakterischer Ausfallserscheinungen und des
„klimakterische Syndroms“ dar.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Klimakterisches Syndrom
Hitzewallung
Sollwert der
Kerntemperatur
Schweiß
ausbruch
Tachycardie
Aufwachen
Slow wave / REM Schlaf
Aufdecken
Häufig Erkältung
Schlafentzug
Müdigkeit
Leistungsabfall
Nervosität
Gereiztheit
Depressive
Verstimmung
Zyklus:
Am Beginn der Perimenopause sind die Zyklen meist verkürzt, die Ovulation
erfolgt früher (6 – 10 Zyklustag), Lutealinsuffizienz ist häufig. Später
Übergang zu irregulären, meist anovulatorischen Blutungen bis zur
Menopause.
Weitere Folgen des Östrogenmangels: Gelenkschmerzen, Trockene Scheide,
Nachlassen des Tonus des Beckenbodens, Inkontinenz
Chronische Folge des Östrogenmangels:
Osteoporose (
ca.
15
Jahre),
Gefäßveränderungen
im
Sinne
Atherosklerose, Zunahme des Infarktrisikos, „Altern“ (z.B.: Hautturgor)
einer
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Osteoporose Diagnostik:
Knochendichte: Bestimmung durch Röntgen, CT, DEXA, Ultraschall.
Goldstandard = quantitatives CT;
Knochendichte nimmt nach Erreichen der Peak bone Mass (PBM) mit 25 – 35
Lj. Kontinuierlich ab. In der Postmenopause erfolgt zunächst ein rascher Abfall
bei einem Teil der Patientinnen (Fast Looser) . Der Absolutwert, der die Frakturgefährdung bestimmt, ist abhängig von der Ausgangs- Knochendichte.
Verlauf der Knochendichte
Menopauseeffekt
Frakturschwelle
20
40
60
Das Risiko für Frakturen der Wirbel und der Röhrenknochen, vor allem des
Schenkelhalses, steigt an.
Frakturen und deren Folgen stellen die häufigste Todesursache bei Frauen < 65
Jahren dar.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Weitere chronische Folgen des Östrogenmangels: Nachlassen der zentralnervösen Leistungsfähigkeit, RR- Anstieg, Risiko für M. Alzheimer steigt;
Bewegungskoordination wird schlechter,
Therapie:
Ziele der Hormonersatz-Therapie in der Postmenopause sind die Behebung von
klimakterischen Ausfallserscheinungen und die Prophylaxe von Osteoporose
und kardiovaskulären Erkrankungen.
Alle Beschwerden der Peri- und Postmenopause können grundsätzlich durch
Substitution der fehlenden Östrogene behoben bzw. vermieden werden.
Problem: Mit den zur Verfügung stehenden Medikamenten kann keine echte
Substitution erreicht werden (Plasmaspiegel zu stark schwankend, zu hoch oder
zu niedrig, verändertes Spektrum von Metaboliten bei enteraler vs parenteraler
Applikation.
Es gibt (Rote Liste 2000) über 100
Arzneimittelspezialitäten mit der
Indikation „Hormonbehandlung im Klimakterium“. In ihrer Wirkung
unterscheiden sie sich nicht grundsätzlich, sondern nur graduell
Diese
graduellen Unterschiede sind jedoch für die Verträglichkeit von entscheidender
Bedeutung.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Substitution mit Hormonen
Östrogene
Gestagene
Progesteron
Östradiol
Mikronisiert
Ester
Implantate
- mikronisiert
Medroxyprog.acetat
Chlormadinonacetat
Medrogeston
Konjugierte Östrogene
Dydrogeston
- (equine Östrogene)
Levonorgestrel
Norethisteronacetat*
Östriol
Cyproteronacetat
* Wird zu Ethinylestradiol metabolisiert
Effektivdosis (knochenerhaltend)
von Östrogenen
Östradiol oral
1.5 – 2 mg
Östradiolvalerat oral
1.5 – 2 mg
Konjugierte equine
Östrogene
oral
0.625 mg
Östradiol-Creme
1.5 – 3 mg
Transdermales E2
50 µg
Ethinylöstradiol
25 µg
Norethisteron*
0.7 mg
*Norethisteron wird zum Teil zu Ethinylöstradiol metabolisiert.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Selective Estrogen-Receptor Modulators (SERM)
Substanzen, die sich in Abhängigkeit vom Erfolgsorgan, als Östrogene oder
Antiöstrogene verhalten. Z.B. Tamoxifen wirkt am Hypothalamus und HVL
und an der Brust als Antiöstrogen, am Knochen und Endometrium als
Östrogen. Raloxifen hat ein ähnliches Wirkungsprofil, wirkt aber am
Endometrium als Antiöstrogen.
Nachteile: Starke Hitzewallungen
Tibolon:
Präparat zur Substitutionsbehandlung, dessen Wirkungsspektrum durch seine
unterschiedliche Metabolisierung im Zielorgan wird. Der im Uterus
entstehende Metabolit wirkt z.B. gestagen und androgen, der Lebermetabolit
androgen, im ZNS und HVL androgene und östrogene Wirkung.
Es hat
deshalb günstige Auswirkungen auf Hitzewallungen, Libido und
auf die
Gebärmutterschleimhaut, aber ungünstige androgene Wirkungen auf den
Stoffwechsel.
Phytoöstrogene sind biologisch ebenfalls Östrogene mit allen Wirkungen und
Nebenwirkungen, chemisch unterscheiden sie sich jedoch von den Östrogenen
des Menschen oder der anderen Säuger.
Östriol ist zur Behandlung von Hitzewallungen geeignet, hat jedoch keinen
wesentlichen Effekt am Knochen.
Ethinylestradiol ist zur Substitution nicht geeignet, da zu stark wirksam.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Frauen mit vorhandener Gebärmutter müssen kombiniert mit Östrogenen
und Gestagenen
behandelt werden (Gefahr der Entwicklung eines
Endometriums-Karzinoms bei reiner Östrogentherapie). Die alleinige
Dauerbehandlung mit Östrogenen ist ein Kunstfehler
Entweder: normozyklisch (2 Wochen Östrogene, 2 Wochen Östrogene
kombiniert mit Gestagen)
Oder:
2 – 8 – 12 Wochen Östrogene, dann zusätzlich 2 Wochen Gestagene zum
Abbluten.
Verabreichungsmodus:
-
Oral (Tabletten, alkoholische Lösung)
Parenteral:
-
Nasal
-
Intramuskulär
-
Transdermal (Pflaster oder Creme)
-
Implantate
-
Vaginal oder Rectal
Dosierung:
Die Dosierung muss individuell ermittelt werden, Reduktion bei Anzeichen der
Überdosierung (Brustspannen)
Hormonbestimmungen sind nur in Ausnahmefällen zur
geeignet.
Dosis-Ermittlung
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Kontraindikationen und Risiken der Substitutionstherapie
Relative Kontraindikationen einer Hormontherapie können darstellen: APCResistenz, Protein-S,C- Mangel, ATII Defekt, Thrombosen oder Embolien in
der Anamnese, Z. n. Mammakarzinom oder Endometriumskarzinom, Z. nach
Endometriose.
Thromboembolische Komplikationen
Ausgehend von der Beobachtung eines erhöhten Risikos für Thromboembolien
unter Einnahme oraler Kontrazeptiva wurde früher angenommen, dass auch die
Substitutionstherapie in der Postmenopause zu einer deutlichen Zunahme
thromboembolischer Komplikationen führen würde. Diese Annahme wird
jedoch durch die verfügbaren Daten nicht gestützt, die lediglich eine geringe
Steigerung des Risikos thromboembolischer Komplikationen ergeben haben.
Die natürlichen Östrogene Östradiol, Östron und Östriol haben keinen
signifikanten Einfluss auf die relevanten Gerinnungsparameter. Unter der
Einnahme konjugierter Östrogene kann es jedoch zu einer Zunahme der
Konzentrationen einzelner Gerinnungsfaktoren kommen. Bei Vorliegen einer
heterozygoten Mutation des Faktor V Leiden scheint es ebenfalls unter
Einnahme von Östrogenen zu einer geringen, aber signifikanten Zunahme des
Thromboembolie-Risikos zu kommen
Hormonsubstitution und Karzinomrisiko
Es ist unbestritten, dass die nicht sachgerechte Monotherapie mit Östrogenen
bei nicht hysterektomierten Frauen zu einer signifikanten Zunahme des
Endometriumkarzinoms führt. Ebenso unbestritten
Kombination mit Gestagenen und die
ist, dass durch die
regelmäßige Induktion einer
Abbruchblutung das Risiko auf das unbehandelter Kontrollen oder sogar darunter gesenkt werden kann.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Hinsichtlich des Mammakarzinoms ist die Datenlage weniger eindeutig: Die
Resultate
verschiedener Fall-Kontroll-Studien zeigen keine einheitliche
Tendenz: während in einigen Studien eine leichte Zunahme des relativen
Risikos beobachtet wurde, fand sich in anderen Studien sogar eine deutliche
Senkung des relativen Risikos für ein Mamma-Karzinom. Metaanalysen einer
großen Zahl von Studien ergaben, wie auch die Nurses Health Study, eine
zwar zum Teil statistisch signifikante, letztlich aber nur geringe Zunahme des
relativen Risikos. Die Tabelle 3 zeigt die von der Collaborative Group on
Hormonal Factors in Breast Cancer 1997 zusammengefassten Resultate aus 51
epidemiologischen Studien. Angegeben sind die Zahlen für 1000 Frauen für
einen Zeitraum von 20 Jahren.
Zunahme der Prävalenz des MammaCarcinoms durch die HRT
Hormonsubstitution
keine
5 Jahre lang
10 Jahre lang
15 Jahre lang
Prävalenz*
47
49
53
59
* pro 1000 Frauen im Alter von 50-70 Jahren
Die Mehrzahl der Studien stimmt darin überein, dass Mamma-Carcinome, die
während oder unmittelbar nach Beendigung der HRT diagnostiziert werden
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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eine geringere Aggressivität aufweisen und mit einer erniedrigten Mortalität
einhergehen.
Letztlich muss der Entscheidung, ob eine Hormonersatz-Therapie in der
Postmenopause durchgeführt wird oder nicht eine Risiko-Nutzen-Abwägung
vorangehen. Einige Aspekte, die dabei berücksichtigt werden sollen zeigt die
folgende Tabelle.
Während einer sachgerechten HRT bei 1000
Frauen über 10 Jahre treten als Folge der
HRT auf:
• 6 Mammakarzinome zusätzlich
• 3 Thrombosen und 1 Lungenembolie
zusätzlich
• 70 Oberschenkelhalsbrüche weniger
• 60 Myokardinfarkte weniger
• 30 Todesfälle durch Myokardinfarkt und
plötzlichen Herztod weniger
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Hormonersatztherapie mit
Östrogenen (und ggf. Gestagenen) sicher zu einer Behebung klimakterischer
Ausfallserscheinungen, wahrscheinlich zu einer Verminderung von Frakturen
und kardiovaskulären Ereignissen und wahrscheinlich nicht zu einer Zunahme
des Risikos für ein Mamma-Ca führt.
Zusammenfassung:
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Die
Postmenopause
entspricht
endokrinologisch
einer
primären
Ovarialinsuffizienz. Sie stellt damit eine Störung der Funktion einer
endokrinen Drüse dar.
Der damit einhergehende Östrogenmangel führt zu akuten und
chronischen Mangelzuständen. Akute Folgen des Östrogenmangels sind
Störungen
der
vegetativen
Regulation,
vor
allem
der
Temperaturregulation, die sich als Hitzewallungen manifestieren.
Chronische Folgen sind die Osteoporose
und kardiovaskuläre
Erkrankungen sowie Veränderungen an zahlreichen Organsystemen.
Durch Substitution der fehlenden Hormone können die Folgen des
Östrogenmangels weitgehend vermieden werden.
Die Substitution mit Östrogenen in der Postmenopause ist daher
medizinisch indiziert.
Die Tatsache, dass alle Frauen eine Menopause haben und an mehr
oder weniger ausgeprägten Ausfallserscheinungen leiden bedeutet
nicht, dass das Klimakterium und die Postmenopause natürliche
Vorgänge ohne Krankheitswert darstellen.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Kontrazeption
Unter Kontrazeption wird die Verhinderung
einer Schwangerschaft
verstanden. Kontragestion = Verhinderung der Weiterentwicklung einer frühen
implantierten Schwangerschaft.
Mehr oder weniger erfolgreiche kontrazeptive Methoden wurden bereits im
Alten Testament beschrieben. Der Beginn der modernen Kontrazeption lässt
sich zeitlich auf die Entwicklung von Vulkanisierungsverfahren für Gummi
festlegen (Voraussetzung für „industrielle“ Kondomherstellung). Der Beginn
der Verminderung der Reproduktionsrate lässt sich in Mitteleuropa bereits
etliche Jahzehnte früher nachweisen. Kontrazeption als Verhütung einer
Schwangerschaft wird meist als Kulturprodukt angesehen; dies ist jedoch nur
bedingt richtig. Auch unter natürlichen Bedingungen werden – sowohl beim
Menschen als auch bei Tieren – Schwangerschaften verhindert, wenn die
metabolische Belastung der Mutter so hoch ist, dass eine erneute
Schwangerschaft das Leben der Mutter und des vorhandenen Kindes bedrohen
würde (Laktationsamenorrhoe).
Beurteilung kontrazeptiver Methoden:
Zur Ermittlung der Sicherheit einer kontrazeptiven Methoden werden heute
sogenannte Life-Table Statistics verwendet. Der früher verwendete Pearl-Index
ist zwar weniger genau, aber anschaulicher. Der Pearl Index gibt an: Die Zahl
der Schwangerschaften, die eintreten, wenn 100 Frauen eine Methode über 1
Jahr anwenden. Auch Anwendungsfehler müssen in die Berechnung eingehen.
Der Pearl-Index ohne Anwendung kontrazeptiver Methoden beträgt etwa 90 –
110. (Zahlen über 100 entstehen dadurch, dass ca 25 % der Frauen einen Abort
haben
und
ein
zweites
Mal
schwanger
werden
können).
Die
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Schwangerschaft im normalen
Zyklus beträgt maximal 30 %.
Methoden der Kontrazeption
1. Zeitwahl Methoden
Knaus-Ogino
BTK , Symptothermale Methoden
LH und E2 im Urin
2. Mechanische Methoden
IUD, Kondom Diaphragma
3. Chemische Methoden
Spermizide Substanzen
4. Hormonelle Methoden
Orale Kontrazeptiva
Depot-Präparate
5. Kontragestion
Andere Methoden
Tubenligatur
Coitus Interruptus, Reservatus
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Natürliche Familienplanung
Zeitwahlmethoden und andere Methoden der sogenannten Natürlichen
Familienplanung beruhen auf der Tatsache, dass die fertile Phase im normalen
Zyklus nur 5 – 6 Tage beträgt und dass diese Phase durch das Auftreten
bestimmter Symptome erkannt werden kann. Grundlage der Zeitwahlmethoden
ist die mehr oder weniger genaue Bestimmung dieses Zeitraums.
Zeitwahl nach Knaus-Ogino
Berechnung der fertilen Zyklusphase
Kürzester Zyklus: -18 Tage
Längster Zyklus: -11 Tage
Basaltemperatur
Messung der Basaltemperatur (Elektr. Thermometer, Computer gestützte
Auswertung). Beruht auf der thermogenetischen Wirkung von Progesteron, d.h.
die basale Körpertemperatur steigt unter dem Einfluss von Progesteron um 0.5
bis
1
°C
an.
Die
thermogenetische
Schwelle
liegt
bei
Progesteronkonzentrationen im Serum um 1.5 ng/ml. Der Anstieg von
Progesteron beginnt kurz vor der Ovulation. Mit Hilfe der BTK kann nur die
stattgehabte Ovulation festgestellt werden.
Symptothermale Methoden erlauben durch zusätzliche Bestimmung z.B. der
Menge und Spinnbarkeit oder des Kristallisationsmusters des Cervixschleims
auch die ungefähre Festlegung des Beginns der fertilen Phase.
Biochemische Methoden
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Messung der Konzentration von LH und von E2- Glucuronid im Urin. LHPeak ~ 24 h vor der Ovulation, E2 Peak etwas früher. Berechnung erfolgt über
einen Algorithmus (Persona- Geräte).
Endexspiratorisch pCO2 Abfall 4-5 Tage vor Ovulation (Hyperventilation)
Pearl-Index: 0,5-3
Vorteile: keine Medikamente
Nachteile: bei unregelmäßigem Zyklus oder
Tagesrhythmus nur bedingt verwertbar,
sexuelle Disziplin erforderlich.
Mechanische Methoden:
Prinzip: Verhinderung der SpermienAszension
Diaphragma: Mechanische Blockade der Spermienaszension
Erfordert anatomische Anpassung an betroffene Frau, geringer Einsatz in
Europa.
Pearl Index in Kombination mit spermiziden Substanzen annähernd wie bei der
Pille.
Kondom:
Pearl-Index wird sehr unterschiedlich angegeben. Unter anderem abhängig von
der mechanischen Stabilität und Belastung. Die Verwendung des Kondoms hat
mit der Zunahme sexuell übertragener Erkrankungen, insbesondere AIDS,.
zugenommen.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Kondom für die Frau:
Entwicklung im Auftrag der WHO, primär zur Verhinderung von Infektionen.
Das Material hat die unangenehme Eigenschaft, zu knistern.
Pearl-Index der meachanischen Methoden: 2-25
Vorteile: Anwendung ad hoc Schutz vor Infektion
Nachteile: Manipulation Mechanische Probleme
Intrauterinpessar
Wirkungsmechanismus noch nicht aufgeklärt, evtl. lokale Entzündung
Unzählige Formen, heute v.a. T-förmig
Lage-Kontrolle, und ob Uterusfehlbildung
Prinzip: Störung von Gametentransport und Nidation
Pearl-Index 0,8-6
Vorteile: keine Medikamente
Nachteile: Expulsion möglich, Infektionsgefahr (früher überschätzt)
Früher nicht bei nullipara, jetzt nicht mehr gültig
Chemische Methoden:
Spermizide Substanzen werden vor dem Verkehr in die Scheide eingebracht.
Diese Substanzen werden sehr gut über die Vaginalschleimhaut resorbiert und
finden sich in hohen Konzentrationen im Serum.
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Hormonelle Kontrazeptiva
L. Haberlandt, Pharmakologe in Inssbruck, stellte am Kaninchen fest, dass der
Gelbkörper vor einer Schwangerschaft schützte. Die Entwicklung hormoneller
Kontrazeptiva wurde einerseits durch die Strukturaufklärung und Biosynthese
der
Sexualsteroide,
die
Entwicklung
oral
applizierbarer
Östrogene
(Ethinylestradiol) und Gestagene sowie durch ein vertieftes Verständnis der
Physiologie, andererseits durch den Druck von Frauen (M. Sanger) ermöglicht.
Die Pionierarbeiten mit Ermittlung der Dosierung und Verabreichungsformen
in Feldversuchen wurden durch Chen/Pincus / Rock Anfang der 50er Jahre
geleistet.
Hormonelle Kontrazeptiva bewirken durch Hemmung der hypophysären LH
und FSH Sekretion eine Hemmung der Follikelreifung und damit der
Ovulation. Alle anderen Mechanismen z.B. Wirkung am Cervixschleim, sind
dagegen sekundär.
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Hormonelle Kontrazeption:
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Methoden
1. Östrogen-
Gestagen Präparat monophasisch
(Pincus-Pille). Zwei-
/Dreiphasen-Präp
2. Minipille (Gestagene niedrig dosiert)
3. Depot-Präparate (Dreimonatsspritze)
4. Antigestagene (Kontragestivum, z.B. RU486 → vorzeitiges Einsetzen
der Regelblutung/Geburtseinleitung)
Östrogene
Gestagene
Ethinylestradiol
Nortestosteron-Derivate
Mestranol
Levonorgestrel
-androgene Partialwirkung
Lynestrenol
Norethisteronazetat
Dienogest (verringerte Androgenpartialwirkung)
Progesteron-Derivate
Medroxyprogesteronazetat
antiandrogene Wirkung
Chlormadinonazetat
Cyproteronazetat -
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Unerwünschte Wirkungen:
Soforttyp
Spättyp
Kardiovaskuläres System
Zyklusfunktion (fraglich)
Stoffwechsel
-post-pill-Amenorrhoe
Gastrointestinaltrakt
-Fertilität
Endokrines System
Herzinfarkt?
Leber?(Geringe Zunahme)
Bei Verordnung einer Pille sollten folgende Basisdaten erhoben werden:
Anamnese:
Thrombosen? Hypertonus? Dauermedikation?
Raucher? Chron. Erkr.? Chirurg. Behandlung geplant
Befund:
Größe, Gewicht?, MBI, RR
Gynäkol. Befund
Gerinnung (AT II Mangel, Protein C oder S Mangel, APC-Resistenz)
Vor Verordnung eines OC muss der Blutdruckgemessen werden und nach
Thrombosen in der Vorgeschichte und der Familie gefragt werden.
Wirkungsbeeinträchtigung
Resorptionsstörungen, beschleunigte Passage bei Diarrhoe: Abhilfe: Vaginale
Applikation
Fettreiche Nahrung (Steroide sind fettlöslich)
Beschleunigter
Abbau
durch
z.B.
Antibiotika,
Antiepileptika
(Enzyminduktion): Abhilfe durch Dosiserhöhung
Verstärkte Elimination durch Schwitzen, Sauna Abhilfe: Ggf häufigere
Einnahme , oder z.B vaginale = parenterale Applikation)
Endokrinologie & Reproduktionsmedizin
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Postkoital-Pille
Anwendung bis zu 48 Stunden post coitum
Präparate:
Hochdosiert Östrogene für 5 Tage (heute obsolet)
Östrogen-Gestagenkombination (z.B. 2xtgl. 0,05 mg EE2 + 0,25 L-Norgestrel
für zwei Tage), entspricht z.B 2 Tabletten Neogynon.
Kontragestion:
Beendigung einer frühen Schwangerschaft durch Gabe eines Anti-Gestagens
(z.B. RU-486) oder Prostaglandins oder eines Vasopressin-Analogs (führt zur
Vasokonstriktion).
Menstrual Extraction= Kürettage noch vor der Implantation
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Zusamenfassung
Hormonelle Kontrazeptiva gehören zu den an Nebenwirkungen ärmsten und
effektivsten Arzneimitteln mit gut dokumentiertem Wirkungsspektrum. Sie
haben neben ihrer kontrazeptiven Wirkung therapeutische Eigenschaften bei
einer ganzen Reihe gynäkologischer Erkrankungen, z.B. Endometriose,
Dysmenorrhoe,
Endometriumskarzinom.
Die
leichte
Erhöhung
des
Thromboembolierisikos stellt die gravierendste Nebenwirkung dar. Für die
Wahl
einer
Kontrazeptiven
Methode
ausschlaggebend:
•
Familienplanung abgeschlossen?
•
Therapie mit Sexualsteroiden?
•
Lebensweise (Schichtdienst)?
•
Infektionsprophylaxe?
•
Kontraindikation (Vorerkrankungen)?
•
Einstellung des Partners?
sind
folgende
Überlegungen
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