THEMENSPECIAL - REINIGUNGSTECHNIK Technische Sauberkeit von Drehteilen Die CleanControlling GmbH und der Verband der Deutschen Drehteile-Industrie (FMI) konnten am 22. Juli mehr als 40 Gäste zur ersten Fachtagung „Technische Sauberkeit in der Drehteile-Industrie“ in Stuttgart, im schönen Ambiente des Mövenpick Hotels, begrüßen. Bild 1: Volker Burger bei der Eröffnung der Tagung Um die Funktionssicherheit von Fahrzeugsystemen erhöhen zu können, muss das Augenmerk mehr und mehr auf die Oberflächensauberkeit der einzelnen Bauteile gerichtet werden. Hierbei reicht es nicht aus, angelagerte Partikel auszuzählen und zu cha- rakterisieren, sondern die Bauteilfertigung muss entsprechend angepasst und weitere, mögliche Verschmutzungsquellen erkannt und reduziert bzw. eliminiert werden. Es gilt die bisherigen Reinigungsanlagen und Verfahrensweisen zu validieren und zu überwachen. So wird es möglich, den Ursprung von Partikeln mit den für solche Anwendungen kritischen Größen von 200 - 1.000 µm zu lokalisieren und zu dezimieren. Mit den Vorträgen wurde den interessierten Unternehmen die komplette Bandbreite der Einflussgrößen auf die Technische Sauberkeit vermittelt. In Bild 3 ist ein typischer Produktionsablauf in der Drehteile-Industrie dargestellt. Die gelben und roten Blitze zeigen die „Brennpunkte“ auf, an denen die Technische Sauberkeit erheblich beeinflusst wird und die deshalb einer genaueren Betrachtung unterzogen werden sollten. Volker Burger, Geschäftsführer der CleanControlling GmbH, eröffnete Bild 2: Erfahrungsaustausch und Networking der Teilnehmer im Pausenraum 200 DREHTEIL + DREHMASCHINE 5/2013 die Tagung (Bild 1), erläuterte anschließend die Motivation für Technische Sauberkeit in der Drehteile-Industrie und definierte den Begriff Restschmutz. Die für eine Messung notwendige Technik wurde von Yasemin Müller, Laborleiterin im Haus CleanControlling, aufgezeigt. Die relevanten Partikelgrößen und Partikelarten sind in Regelwerken festgelegt. Weiterhin führte sie die bei einer Restschmutzanalyse notwendigen Schritte aus und zeigte die Grenzen sowie die typischen Problemstellungen des Prüfverfahrens in Bezug auf die Drehteile auf. Auf eine reinheitsgerechte Baufeilfertigung ging Junior Professorin Dr.-Ing. Tina Eyrisch vom Fachbereich Maschinenbau und Verfahrenstechnik der TU Kaiserslautern ein. Als Partikelquellen kommen der Urform-, der Umform-, der Formgebungs- und der Fügeprozess in Frage. Maßgeblich beeinflusst wird die Partikelzahl in der Regel durch den span- und gratbildenden Formgebungsprozess. Werden die Schnittbedingungen Drehzahl, Schnitttiefe, Vorschubgeschwindigkeit, Kühlung etc. auf die Eigenschaften des zu bearbeitenden Materials abgestimmt und angepasst, so lassen sich Partikelund Gratbildung deutlich minimieren. Einen Überblick über die Verfahren zur Reinigung von Drehteilen, deren vielfältige Aufgaben in Bezug auf Verschmutzungsart und Bauteilgeometrie, sowie ihre Grenzen gab Dipl.-Ing. (FH) Martin Bilz von der Fraunhofer-Allianz Reinigungstechnik, Berlin. Weiterhin stellte er den Teilnehmern eine neuerschienene Markt- und Trendanalyse in der industriellen Teilereinigung vor. In der Studie wurden unter anderem die Anteile der in DIN 8592 klassifizierten Reinigungsverfahren und ihre Marktdurchdringung erfasst. Dies ermöglichte den anwesenden Zuhörern einen Einblick in die derzeit in den Unternehmen häufig eingesetzten Reinigungsmethoden. Die Einsatzgebiete von Anlagensystemen zur Nassreinigung von Bauteilen mit wässrigen oder lösemittelhaltigen Reinigungsmedien stellte Herr Klabuschnig von der Karl Roll GmbH, Mühlacker, vor. Wie wichtig die Badüberwachung und eine Sauberkeitskontrolle für die Prozesssicherheit sind, führte Daniel Schümann von der SITA Messtechnik GmbH, Dresden, aus. Kontrolliert werden muss zum einen die Teileoberfläche auf filmischen Restschmutz und zum anderen die Qualität des Reinigungsbades. Hierbei ist es sehr wichtig, die Builder Anteile mittels Titration zu ermitteln und dieses Ergebnis durch die Bestimmung der freien Tenside zu untermauern. Der Tensidgehalt kann mit Hilfe der Blasendruckmethode erfasst werden. Wie eine Prozessführung nach ökologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgt, war ebenfalls Bestandteil des Vortrages. In seinem zweiten Beitrag erläuterte Herr Burger die Produktionssauberkeit nach VDA 19 Teil 2. Dieses Regelwerk (Bild 4) hilft dem Anwender bei •der Festlegung des Raum-, Personal- und Logistikkonzeptes, •der Auslegung der Produktionsprozesse und -einrichtungen, •der Verifizierung der Maßnahmen mit Hilfe des Partikelmonitoring. Abgerundet wurde die Vortragsreihe durch einen Erfahrungsbericht eines Mitgliedsunternehmens des Drehteileverbandes. Die Räuchle GmbH & Co. KG, Dietenheim, produziert unter anderem komplexe Kaltfließpressteile und fertigt Bild 3 mit CNC-Mehrspindelautomaten anspruchsvolle Metallbauteile. Die Vortragenden gaben die Erfahrungen des Unternehmens in Bezug auf die Machbarkeitsprüfung von Sauberkeitsspezifikationen an das Auditorium sehr praxisnah und authentisch weiter. So stellte Herr Bischof in seinem Teil des Vortrages die Einführung und die Umsetzung eines Sauberkeitsmanagementsystems im Unternehmen dar. Er schilderte die dafür notwendigen Rahmenbedingungen und die Anlaufhürden, die beim Aufbau und Betrieb eines internen Prüflabors genommen werden mussten. Weiterhin galt es, die für das Prüfergebnis entscheidenden Parameter festzulegen und zu dokumentieren. Herr König präsentierte an verschie- Bild 4: Technische Sauberkeit geregelt in VDA 19 Teil 2 (Werkbilder: CleanControlling GmbH, Emmingen-Liptingen) denen Produktionsbeispielen die durchgeführten Optimierungen an den Reinigungsanlagen und -prozessen. Anhand der transparent dargestellten Untersuchungsergebnisse war es den Teilnehmern möglich, die erzielten Erfolge den durchgeführten Maßnahmen zuzuordnen. Die angeregten Diskussionen im Anschluss an die Vorträge und in den Pausen (Bild 2) zeigten deutlich, dass das Thema Technische Sauberkeit die Drehteile-Industrie stark bewegt. Die Unternehmen sind bestrebt, den steigenden Anforderungen seitens ihrer Kunden gerecht zu werden. Es ist jedoch nicht nur wichtig die theoretischen Anforderungen zu kennen, sondern sich mit anderen Unternehmen der Branche auszutauschen und zu vernetzen. Diese Möglichkeit nutzten die Anwesenden in den Pausen gerne und rege. Die Tagung wurde von den Teilnehmern in den FeedbackBögen durchweg positiv und empfehlenswert beurteilt. Herr Tino Roth von der ETO MAGNETICH GmbH, Stockach, fasste aus der Sicht als Teilnehmer die Tagung mit folgenden Worten zusammen: „Sehr gute Veranstaltung mit einer optimal abgestimmten Auswahl der Vorträge.“ Am 4. November 2013 findet in Wuppertal eine zweite Veranstaltung zu dieser aktuellen Thematik statt. DREHTEIL + DREHMASCHINE 5/2013 201