Physiologie, Biologie, Anatomie u. Morphologie. 113 zusammengesetzt; bei Einwirkung von Schwefelsäure entsteht Frucht­ zucker. Die Secalose zeigt grosse Aehnlichkeit mit dem I r i s in (aus den Knollen von I r i s P s e u d a c o r u s und P h l e u m ) , dem T r i t i c i n (aus der Wurzel von T r i t i c u m r e p e n s ) und S i n i s t r i n (aus der Meer­ zwiebel, U r g i n e a S c i l l a Steinh.), kann aber nicht als identisch mit einem dieser Kohlehydrate angesehen werden. Quantitative Bestimmungen des Rohrzuckers in den untersuchten Pflanzen konnten deswegen nicht ausgeführt werden, weil bei Auwendung der üblichen Methode die Gegenwart anderer, durch verdünnte Säuren in Glucose überführbarer Substanzen die Resultate der Bestimmungen erheb­ lich beeinflusst. Ergebniss der Untersuchungen ist, dass Rohrzucker in Pflanzen sehr verbreitet ist und in den verschiedenartigsten Theilen (Blättern, Stengeln, Wurzeln, Blüten, Früchten, Samen etc.) auftritt. An Rohrzucker reiche Pflanzen resp. Pflanzenorgane sind allerdings selten; ausser den bekannten Materialien für die Rohrzuckerfabrikation sind zu nennen der Blütenstaub von C o r y l u s A v e l l a n a und von P i n u s s i l v e s t r i s . Die bekannte Annahme, dass Rohrzucker in den entwickelten Pflanzen als Reservestoff fungirt, erweitern die Verff. auch auf den von ihnen in Samen gefundenen Rohrzucker. Danach ist die Function des Rohr­ zuckers in den Samen, dem Keimpflänzchen in der ersten Zeit seiner Entwickelung als stickstofffreie Nahrung zu dienen. Gestützt wird diese An­ schauung durch das Vorkommen von Rohrzucker in den Keimen von G r a m i n e e n - und L e g u m i n o s e n - S a m e n , in Verbindung mit der schon von S a c h s 1862 gemachten Beobachtung, dass Embryone von G r a m i ­ n e e n und L e g u m i n o s e n auch nach Abtrennung des Endosperms resp. der Cotyledonen sich zu entwickeln vermögen. Die Verff. zeigten auch durch Untersuchungen ungekeimter Samen und etiolirter Keimpflanzen von L u p i n u s l u t e u s , H e l i a n t h u s etc., dass die Reservestoffe des Endosperms oder der Cotyledonen ( L u p e o s e oder / ? - G a l a c t a n im Lupinensamen) beim Keimen schwinden, während der Rohrzuckergehalt in den Keimen zunimmt; sie glauben, dass bei dem Keimprocess der Rohr­ zucker aus Stärkemehl, bei L u p i n u s wahrscheinlich aus Lupeose (wobei als Zwischenproduct vielleicht zunächst Stärkemehl auftritt) entsteht. Die Beobachtungen der Verff. stimmen mit der von M ü l l e r - T h u r g a u (Landw. Jahrb. Bd. X I . p. 774. Bd. X I V . p. 863) ausgesprochenen An­ sieht zusammen, dass beim Uebergang von Stärkemehl in Glucose der Rohrzucker ein Zwischenproduct ist. Aus dem häufigen Vorkommen be­ trächtlicher Mengen von Rohrzucker in den Pflanzen (z. B. bei G r a m i n e e n in den Halmen, bei L e g u m i n o s e n in den Hülsen) kurz vor der Samen­ reife kann aber weiter geschlossen werden, dass Rohrzucker wiederum leicht in Stärke umgewandelt werden kann. Die Wanderung des Rohr­ zuckers durch die Plasmamembran, welche bekanntlich für Rohrzucker wenig durchlässig ist, wird zwar vielleicht erst nach vorheriger Umwand­ lung in Glucose oder in ein anderes leicht diffundirendes Product vor sich gehen, das nach dem Durchdringen der Membran wieder in Rohr­ zucker übergeht. Die Verff. nennen in dieser Weise wandernden Rohr­ zucker t r a n s i t o r i s c h e n R o h r z u c k e r , und sehen ihn als eine Wanderungsform des Stärkemehls an; sie begründen diese Annahme durch eine Anzahl von Beobachtungen, deren Wiedergabe hier unterbleiben Beiheft H/m. Bot. Centralbl. 1896. 8