Prof. S. Krauter Kombinatorik. WS-05-06. Blatt05_Lsg.doc Mengenpartitionen und surjektive Abbildungen: 1. a) Wann nennt man eine Abbildung aus einer Menge A in eine Menge B injektiv und wann surjektiv? Geben Sie jeweils eine genaue Definition sowie je ein Beispiel und ein Gegenbeispiel. Geben Sie auch Beispiele für Abbildungen an, die weder injektiv noch surjektiv sind. b) Was kann man bei endlichen Mengen A und B über deren Anzahlen folgern, wenn es eine injektive bzw. eine surjektive Abbildung von A in B gibt? Begründen Sie Ihre Antwort. 2. Wie viele verschiedene surjektive Abbildungen einer Menge A in eine Menge B gibt es, wenn a) ⏐A⏐ = n und ⏐B⏐= 2 ist? c) ⏐A⏐ = 4 und ⏐B⏐ = 3 ist? b) ⏐A⏐ = 3 und ⏐B⏐ = 3 ist? d) ⏐A⏐ = 5 und ⏐B⏐ = 3 ist? 3. Wie viele verschiedene Abbildungen von einer n-Menge A in eine s-Menge B gibt es? Wie viele davon sind injektiv? 4. a) Zeigen Sie, dass mit jeder surjektiven Abbildung einer n-Menge A auf eine s-Menge B eine s-Partition von A verbunden ist. b) Wie viele verschiedene surjektive Abbildungen von A auf B erzeugen auf A dieselbe Partition in Klassen bildgleicher Elemente? c) Welche Beziehung besteht nach a) und b) zwischen der Anzahl S(n, s) der möglichen Klasseneinteilungen von A in s Klassen und der Anzahl Surj(n, s) der verschiedenen surjektiven Abbildungen von A auf B? d) Bestätigen Sie an den Beispielen aus Aufgabe 2 die Beziehung: Die Anzahl aller surjektiven Abbildungen einer n-Menge auf eine s-Menge ist Surj(n, s) = s! * S(n, s). e) Wir wählen n = s. Wie viele surjektive Abbildungen von A auf B gibt es dann? Welche Beziehung ergibt sich damit aus der Formel von d)? 5. a) Begründen Sie die folgende Rekursion für die Stirling-Zahlen 2. Art: n -1 S(n, r) = ∑ C(n - 1, i) * S(i, r − 1) . Ist es wesentlich, ob man mit i = 0 oder 1 beginnt? i =1 Benutzen Sie dazu die Methode, die wir bei der Rekursion für die Bell’schen Zahlen B(n) verwendet haben. Verwenden Sie die bekannten Randwerte. b) Schreiben Sie ein Programm zur Berechnung der S(n, r) mit Hilfe dieser Rekursion. Berechnen Sie einige Werte. Vergleichen Sie mit bekannten Werten. 6. Berechnen Sie ohne Zuhilfenahme einer Rekursion durch direkte kombinatorische Überlegungen den Wert von S(n, n-2). Hinweis: Typisierung der Fälle hilft. 7. Aufgabe aus der Staatsprüfung R im Frühjahr 2004: Teil 1: Von 6 verschiedenen Sorten von Pralinen sind jeweils 8 Stück vorhanden. Vier Personen dürfen diese 48 Pralinen völlig beliebig unter sich aufteilen, also z.B. auch alle Pralinen an eine einzige Person. Wie viele verschiedene Verteilungen sind möglich? Teil 2: a) Zählen Sie alle geordneten (die Reihenfolge der Summanden ist zu beachten!) Zerlegungen der Zahl 7 in genau drei Summanden von natürlichen Zahlen auf. b) Beweisen Sie: Die Anzahl der geordneten Zahlpartitionen der natürlichen Zahl n in ⎛ n − 1⎞ ⎟⎟ . genau s Summanden ist C(n-1, s-1) = ⎜⎜ ⎝ s − 1⎠ c) Zählen Sie alle ungeordneten Zerlegungen der Zahl 7 in genau drei Summanden aus natürlichen Zahlen auf. d) Für die Anzahl P(n, s) der ungeordneten Zahlpartitionen der natürlichen Zahl n in genau s Summanden gelten folgende Aussagen: P(n, s ) = 0 falls s > n 1 falls s = n oder s = 1 oder s = n-1 n 2 falls s = 2 und n gerade n −1 2 falls s = 2 und n ungerade P(n-1, s-1) + P(n-s, s) bzw. P(n-s, 1) + P(n-s, 2) + P(n-s, 3) + … + P(n-s, s) sonst. Begründen Sie jede einzelne dieser Aussagen. Es genügt, eine der beiden Rekursionen zu begründen. e) Eine Baufirma beschäftigt 7 Mitarbeiter. Der Chef teilt seine 7 Mitarbeiter am Morgen in genau 3 Bautrupps für 3 verschiedene Baustellen ein. Warum wird die Anzahl der möglichen Einteilungen nicht durch die Zahl P(7, 3) beschrieben? Welcher kombinatorische Zählkoeffizient beschreibt diese Anzahl? Berechnen Sie diese Anzahl direkt durch Abzählen der möglichen Typen. Lösungen: 1. a) Surjektiv: Zu jedem y aus B gibt es mindestens ein x aus A mit f(x) = y, d.h. auf jedem Element von B landet mindestens ein Pfeil. Injektiv: Zu jedem y aus B gibt es höchstens ein x aus A mit f(x) = y, d.h. auf jedem Element von B landet höchstens ein Pfeil. Bijektiv: Zu jedem y aus B gibt es genau ein x aus A mit f(x) = y, d.h. auf jedem Element von landet genau ein Pfeil. b) Wenn es eine injektive Abbildung von A in B gibt, dann gilt ⏐A⏐≤⏐B⏐. Wenn es eine surjektive Abbildung von A in B gibt, dann gilt ⏐A⏐≥⏐B⏐. Wenn es eine bijektive Abbildung von A in B gibt, dann gilt ⏐A⏐=⏐B⏐. 2. a) Jede surjektive Abbildung zerlegt die Menge A in zwei verschiedene Klassen bildgleicher Elemente. Es gibt 2n-1 solcher Zerlegungen. Jede Zerlegung ergibt zwei surjektive Abbildungen. Also hat man 2n – 2 surjektive Abbildungen. b) In diesem Fall sind die injektiven zugleich die surjektiven und die bijektiven Abbildungen, also 3! = 6. c) Bei jeder solchen Abbildung werden 2 Elemente von A auf dasselbe Element von B abgebildet. Dafür gibt es 3 * C(4,2) * 2! = 3 * 6 *2 = 36 Möglichkeiten. d) Wir müssen nun verschiedene Fälle unterscheiden: • Auf ein Element von B werden 3, auf die 2 anderen jeweils 1 Element abgebildet. Dafür gibt es 3 * C(5,3) * 2 = 3 * 10 *2 = 60 Möglichkeiten. • Auf je zwei Elemente von B werden je 2, auf das dritte nur 1 Element abgebildet. Dafür gibt es 3*5*C(4,2) = 15*6 = 90 Möglichkeiten. • Insgesamt erhalten wir daher 150 Möglichkeiten. 3. Es gibt insgesamt sn Abbildungen, davon sind s! injektiv, letzteres sofern s≥n. (s − n )! 4. a) Zu jeder Abbildung f: A → B lässt sich in A eine Äquivalenzrelation angeben: „x und y aus A stehen in Relation zueinander gdw. f(x) = f(y) gilt“. Warum ist dies mit Sicherheit eine Äquivalenzrelation? Die zugehörige Klasseneinteilung sind die „Klassen bildgleicher Elemente“. Da B genau s Elemente enthält gibt es genau s verschiedene Klassen. b) Zu jeder s-Partition von A kann man s! verschiedene surjektive Abbildungen auf B angeben. c) Daher gibt es s!-mal so viele surjektive Abbildungen wie s-Partitionen. d) Also kann man folgern: Surj (n, s) = s! * S(n, s) Die Überprüfung ergibt in jedem der Fälle von Aufgabe 2 das angegebene Resultat. e) Für s=n ist die Anzahl der surjektiven Abbildungen gleich der der injektiven also aller Permutationen und es gilt: n! = Surj (n, n) = n! S(n, n) = n! * 1. 5. a) Wir überlegen, wie man ein bestimmtes Element x in die s Klassen platzieren kann: • Wir stecken x alleine in 1 Klasse, den Rest in r-1 Klassen: C(n-1, 0) * S(n-1, r1). • Wir stecken x mit 1 weiteren der n-1 Elemente in 1 Klasse, die restlichen n-2 Elemente in r-1 Klassen: C(n-1, 1) * S(n-2, r-1). • Wir stecken x mit 2 weiteren der n-1 Elemente in 1 Klasse, die restlichen n-3 Elemente in r-1 Klassen: C(n-1, 2) * S(n-3, r-1). • … • Wir stecken x mit k weiteren der n-1 Elemente in 1 Klasse, die restlichen n-k1 Elemente in r-1 Klassen: C(n-1, k) * S(n-1-k, r-1). … Also erhalten wir insgesamt: S(n, r) = C(n-1, 0) * S(n-1, r-1) + C(n-1, 1) * S(n-2, r-1) +…+ C(n-1, k) * S(n-1-k, r-1) = C(n-1, n-1) * S(n-1, r-1) + C(n-1, n-2) * S(n-2, r-1)+..+C(n-1,n-1-k) * S(n-1-k,r-1) n −1 = ∑ C(n − 1, i )* S(i, r − 1) . i =0 b) Erstellung eines MAPLE-Programms gemäß der angegebenen Rekursion: > S:=proc(n,r) if n<r then 0 elif n=r then 1 elif r=0 then 0 elif r=1 then 1 else sum('binomial(n-1,i)*S(i,r-1)','i'=0..n-1) end if; end proc; S := proc (n, r) if n < r then 0 else sum( 'binomial( n − 1, i )×S( i , r − 1 )', 'i ' = 0 .. n − 1 ) elif n = r then 1 end if elif r = 0 then 0 end proc elif r = 1 then 1 > S(5,3); 25 Stirling-Zahlen 2. Art berechnet mit Hilfe der Rekursion S(n,r) = Summe C(n-1, i) * S(i, r-1) von i=0 bis n-1 1 A n−r B 1 C 2 D 3 E 4 F 5 G 6 H 7 I 8 J 9 K 10 L 11 M 12 2 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 2 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 4 3 1 3 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 5 4 1 7 6 1 0 0 0 0 0 0 0 0 6 5 1 15 25 10 1 0 0 0 0 0 0 0 7 6 1 31 90 65 15 1 0 0 0 0 0 0 8 7 1 63 301 350 140 21 1 0 0 0 0 0 9 8 1 127 966 1701 1050 266 28 1 0 0 0 0 10 9 1 255 3025 7770 6951 2646 462 36 1 0 0 0 11 10 1 511 9330 34105 42525 22827 5880 750 45 1 0 0 12 11 1 1023 28501 145750 246730 179487 63987 11880 1155 55 1 0 13 12 1 2047 86526 611501 1379400 1323652 627396 159027 22275 1705 66 1 6. Wir müssen n verschiedene Objekte in n-2 nicht unterscheidbare Schubladen legen. Dabei gibt es zwei Fälle: • Eine Schublade enthält 3 Objekte, alle anderen n-1 Schubladen dagegen nur je 1 Objekt. Davon gibt es C(n, 3) Fälle, weil man die 3 Objekte auf so viele verschiedene Weisen aus n aussuchen kann. • Zwei Schubladen enthalten je 2 Objekte, alle anderen n-2 Schubladen dagegen nur je 1 Objekt. Die beiden 2-Schubladen lassen sich auf C(n, 2) * C(n-2, 2)/2 verschiedene Weisen füllen, weil sie nicht unterscheidbar sind. • Insgesamt erhalten wir daher S(n, n-2) = C(n, 3) + C(n, 2) * C(n-2, 2)/2 Zahlenwerte (mit MAPLE berechnet): n 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 S(n,n-2) 1 7 25 65 140 266 462 750 1155 1705 Man überprüft die Richtigkeit der Werte an Hand der obigen Tabelle für S(n, r) . 7. Staatsexamensaufgabe Frühjahr 2004: Teil 1: Man kann sich die 6 Haufen nacheinander mit Hilfe des Kugel-Trennstrich-Modells auf die 4 Personen (Schubladen) aufgeteilt denken. Für jeden Haufen ist die Anzahl der Verteilungen durch 8 Kugeln (Nullen; die 8 Pralinen einer Sorte) und 3 Trennstriche ⎛11⎞ (Einsen) für die vier Schubladen (Personen) charakterisiert, es gibt also ⎜⎜ ⎟⎟ = 165 ⎝3⎠ Möglichkeiten. Zu jeder Möglichkeit, den ersten Haufen zu verteilen, gibt es genau so viele für den zweiten usf. Insgesamt gibt es also ⎛11⎞ 6 ⎜⎜ ⎟⎟ = 1656 = 20 179 187 015 625, d.h. mehr als 20 Billionen Möglichkeiten. ⎝3⎠ Teil 2: a) 7 = 1+1+5 (3x) = 1+2+4 (6x) = 1+3+3 (3x) = 2+2+3 (3x) . Gesamtanzahl: 15. b) Es geht darum, n gleiche Kugeln (die n Einer, aus denen die Zahl besteht) in s verschiedene Schubladen zu legen, wobei keine der Schubladen leer sein darf. Wir legen deshalb zuerst in jede der s Schubladen eine Kugel und verteilen die restlichen n-s Kugeln beliebige nach dem Kugel-Trennstrich-Modell auf die s Schubladen. Man hat n-s Nullen (Kugeln) und s-1 Trennstriche, also insgesamt ⎛ n − 1⎞ ⎟⎟ Möglichkeiten. n-1 Zeichen. Dafür gibt es aber genau C(n-s, s-1) = ⎜⎜ ⎝ s − 1⎠ Im Beispiel aus a) erhalten wir C(6, 2) = 15 Möglichkeiten. c) Ungeordnete Partitionen von 7 in genau drei Summanden siehe a): 4 Stück. d) (1) P(n, s) = 0 falls s>n. Da nur Summanden ≥1 vorkommen können, ist die Summe der s Summanden ≥ s. Es muss also n≥s sein, sonst , d.h. wenn s>n, gibt es keine Partition. (2) s=n: Jeder Summand ist 1. Dafür gibt es nur eine Möglichkeit. s=1: Es gibt nur einen Summanden n, also nur eine Möglichkeit. s=n-1: Alle Summanden – außer einem – haben den Wert 1, einer hat den Wert 2. Da die Reihenfolge gleichgültig ist, gibt es nur 1 Möglichkeit. s=2: Ist n gerade, so hat man alle Paare (k, n-k) von k=1 bis k=n/2 also n/2. Ist dagegen n ungerade, so hat man nur die Paare (k, n-k) von k=1 bis (n1)/2. (3) P(n, s) = P(n-1, s-1) + P(n-s, s) Wir denken uns alle P(n, s) Partitionen von n in genau s Summanden notiert. Wir trennen in zwei Klassen: Solche die den Summanden 1 enthalten und solche die ihn nicht enthalten. Summand 1 vorhanden: Wir streichen den Summanden 1 beim erstmaligen Auftreten. Dann bleiben alle Partitionen von n-1 in genau s-1 Summanden übrig: P(n-1, s-1). Summand 1 nicht vorhanden: Wir subtrahieren 1 von jedem Summanden. Dabei verschwindet keiner der Summanden, weil alle größer als 1 sind. Übrig bleiben Partitionen von n-s mit genau s Summanden, und zwar alle P(n-s, s). Damit ist die erste Rekursion bewiesen. (4) P(n, s) = P(n-s, 1) + P(n-s, 2) + P(n-s, 3) + … + P(n-s, s) Wieder denken wir uns alle P(n, s) Partitionen von n in genau s Summanden notiert. Wir ziehen von jedem Summanden 1 ab. Übrig bleiben alle Partitionen von n-s mit höchstens s Summanden, da ja beim Subtrahieren Summanden 1 verschwinden können. Also haben wir die obige Rekursion. e) Bei den Bauarbeitern handelt es sich um unterscheidbare Individuen. Dort sind es also Mengenpartitionen an Stelle von Zahlpartitionen. Deren Anzahl wird durch die Stirlingzahl 2. Art S(n, k) beschrieben. Wir bestimmen die Anzahl der Möglichkeiten durch Abzählen der einzelnen Typen: Typ: 1-1-5: 7*3 = 21 Typ: 1-2-4: 7*15 = 105 Typ: 1-3-3: 7*20/2 = 70 Typ: 2-2-3: 35*3 = 105 Summe: 301 = S(7, 3), wobei S(n, r) die Stirling-Zahl 2. Ordnung ist.