Erfahrungsbericht zum Auslandsstudium in Groningen WS 09/10 Die Stadt Groningen ist eine lebhafte Stadt im Norden der Niederlande, die vom studentischen Flair stark geprägt ist und in der es auf keinen Fall langweilig wird. Groningen ist zum studieren eine der besten Adressen in Holland. Die Universität in der Innenstadt, das Akademiegebouw, ist sehr sehenswert. Sie wurde vom gleichen Architekten wie das Bremer Rathaus gebaut. Außerdem gibt es den 97 m hohen Martiniturm, erbaut zwischen 1469 und 1482 aus Bentheimer Sandstein (Bad Bentheim) und die dazugehörende Kirche am „Grote Markt“. Ebenfalls herausragend ist das 1994 eingeweihte und von dem Designer Alessandro Mendini entworfene „Groninger Museum“. Sein eigenwilliges Design und die interessante Lage – nämlich im Wasser- sorgten für internationales Aufsehen. Gezeigt werden, neben wechselnden Ausstellungen, auch Exponate der Vor- und Frühgeschichte der Provinz Groningen und die sehenswerte Sammlung chinesischen Prozellans. Groningen hat circa 45000 Studenten an der RUG und der Hanze Universität, davon sind ungefähr 7000 internationale Studenten aus der ganzen Welt was den Charakter Groningens als lebhafte Studentenstadt unterstreicht. Die Rijksuniversiteit Groningen (kurz RUG) ist eine der ältesten Universitäten in Europa. Sie wurde am 23. August 1614 in der niederländischen Stadt Groningen gegründet. Bis 1876 war die Unterrichtssprache Latein. Heute sind mehr als 20000 Studenten an der Universität in den Bachelor- und Masterstudiengängen der zehn Fakultäten eingeschrieben. Die Universität Groningen ist damit nach den Universitäten in Amsterdam und Utrecht die drittgrößte Universität der Niederlande. An der HANZE- Universität, die ungefähr der FH in Deutschland entspricht, sind auch mehr als 20000 Studenten eingeschrieben. Der meiste Verkehr wird in Groningen mit dem Fahrrad zurückgelegt. Laut einer Studie des VCÖ ist Groningen der Spitzenreiter, was den Anteil des Fahrrads am Verkehr betrifft. Etwa 50 Prozent der Wege werden hier mit dem Rad zurückgelegt, verglichen mit Amsterdam und Bremen (22 %) oder München (15 %) und Berlin (10 %). Mit dem Fahrrad zu fahren ist in dieser Stadt ist die schnellste und einfachste Art von A nach B zu bekommen. Die Holländer lieben ihr Fahrrad so sehr, dass sie sich auf keinen Fall von Regen, Wind und Schnee davon abhalten lassen mit dem Rad zu fahren. Wohnen In Groningen ist es in der Tat nicht einfach eine Unterkunft wegen dem hohen Studentenanteil in der Stadt (ca. 45000) zu finden, wobei die Mietpreise auch wesentlich höher liegen als in Deutschland. Meine Unterkunft habe ich über das „ Housingoffice“(www.housingoffice.nl) erhalten. Zuerst musste eine Vermittlungsgebühr von 300 Euro überwiesen werden, bei der ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass die Gebühr auf jeden Fall einbehalten wird, selbst wenn kein Zimmer vermittelt wurde. Was durchaus vorkommen kann, wenn man mit der Bewerbung für ein Zimmer etwas zu spät dran ist. Man kann ein favorisiertes Wohnheim angeben, in das man einziehen will. Falls ein Zimmer frei ist, wird das Zimmer dann vom Housingoffice zugeteilt. Das Housingoffice verfügt über 13 Wohnheime für internationale Studenten. Mein Zimmer habe ich dem Wohnheim in der Plutolaan erhalten, das ca. 5 Minuten mit dem Fahrrad vom Zernikekomplex im Norden der Stadt entfernt lag und die Miete 403 Euro/ Monat betrug. Die Küche wurde mit allen 28 Mitbewohnern auf dem Stockwerk geteilt. Ein großer Vorteil in diesem Wohnheim ist, dass jedes Zimmer eine eigene Toilette besitzt, lediglich die Duschen mussten geteilt werden, die allerdings sehr renovierungsbedürftig waren. Ein großer Vorteil der internationalen Wohnheime ist, dass man mit Studenten aus der ganzen Welt schnell in Kontakt kommt und sich mit ihnen austauschen kann. Eine andere Möglichkeit ein Zimmer zu finden ist die Internetseite www.kamernet.nl, falls man die Zeit hat, um Besichtigungstermine vor Ort wahrzunehmen. Freizeit Das Freizeitangebot in Groningen ist vielfältig. So hat die Stadt einige interessante Museen zu bieten. Neben dem oben erwähnten „Groninger Museum“ können das „Natuurmuseum“, das „Noordelijke Scheepvaartmuseum“ mit Tabakmuseum, und das „Universiteitsmuseum“ besucht werden. Ein besonderer Höhepunkt ist auch das „Nederlandse Stripmuseum“ - das Niederländische Comic-Museum. Jedes Jahr locken das Popfestival „Noorderslag“ und das Theaterfestival „Noorderzon“ Tausende von Besuchern. In der verkehrsberuhigten Innenstadt mit ihren vielen Fußgängerzonen und Straßencafés lässt es sich angenehm einkaufen. Groningen bietet außerdem ein sehr lebhaftes Nachtleben mit unzähligen Bars. Im „Osterpoort“ und in der „Stadsschouwburg“ kommen Konzert- und Theaterbegeisterte auf ihre Kosten. Des Weiteren ist in der Nähe des „Osterpoort“ das neue Stadion die Heimspielstätte des in der Fußball Ehrensdivision spielenden FC GRONINGEN. Das Holland Casino betreibt in Groningen eine seiner zwölf Filialen in der an einem Tag in der Woche freier Eintritt ist. Die Universität bietet mit dem ACLO, das Sportzentrum der Universität, ein äußerst vielfältiges Sportangebot, bei dem jeder auf seine Kosten kommt. Ich selbst hab in Groningen in der Eishockeystudentenmannschaft „Bulldogs“ Eishockey gespielt und die holländische Studentenmeisterschaft gewonnen. Unterschiede zum Studium in Würzburg Für mich war der deutlichste Unterschied zum Studium in Würzburg, dass das Semester in zwei Blöcke unterteilt ist. Am Ende eines Blocks werden Klausuren in den Kursen geschrieben, die man besucht hat. So besucht man im in jedem Block des Semesters, der ca. 10 Wochen dauert, drei Kurse. Im folgenden Block wieder 3 Kurse. Falls man eine Klausur nicht bestanden hat kann man die jeweilige Klausur in der nächsten Prüfungsphase des nächsten Blocks nachholen. Dadurch hat man nicht zu viele Klausuren am Ende des Semesters und die Kurse können intensiver verfolgt werden, da man sich auf weniger Kurse pro Block konzentrieren muss. Des Weiteren wird in den Niederlanden Gruppenarbeit in den Vordergrund gestellt. In benahe jedem Kurs werden Tutoriumsgruppen gebildet (ca. 4-6 Studenten), in denen während des Semesters im Team verschiedene Aufgaben bearbeitet werden müssen, die in die Endnote des Kurses einfließen. Ein anderer wesentlicher Unterschied ist auch, dass die Bearbeitungszeit in Groningen für die Prüfungen wesentlich länger ist. Die Bearbeitungszeit betrug 3 volle Zeitstunden, wobei eine Klausur für eine Bearbeitungszeit von ca. 90 Minuten konzipiert war. Dadurch wurde Wissen abgefragt und nicht die Geschwindigkeit in der man ein Klausur schreiben kann. Wenn man in Würzburg für eine Klausur mit 5 ECTS Punkten nur 60 Minuten Zeit hat, kann man es sich aus Zeitgründen nicht erlauben über eine Aufgabenstellung sorgfältig nachzudenken. In den Niederlanden ist mir auch aufgefallen, dass in den Kursen mehr Wert auf Softskills gelegt wird. Zum Beispiel Aufgaben in Gruppenarbeit gelöst werden. Zum anderen gibt es Kurse wie „Projectmanagement“, „Organizational Change“, „Business and Entrepreneurship“ und „History of Economics“, um nur einige wenige zu nennen. Es wäre wünschenswert, wenn in meinem Bachelorprogramm für Wirtschaftswissenschaften in Würzburg mehr Wert auf Softskills gelegt würde. Die Rijksunversität Groningen hat zudem Bachelorprogramme die komplett auf Englisch angeboten werden. Es gab ca. 50 Fächer allein an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, die auf Englisch gehalten werden. Die Kurse, die ich besucht habe, waren ebenfalls alle auf Englisch. In Würzburg dagegen werden leider nur sehr wenige Kurse auf Englisch angeboten. Zudem war das Kursangebot größer, was zu niedrigeren Teilnehmerzahlen in den Kursen geführt hat. Dadurch wurde auch die Betreuung der Studenten durch die Dozenten einfacher und besser. Dozenten konnten leicht erreicht werden und E-Mails wurden zügig beantwortet. Abschließend bleibt zu sagen, dass mein Auslandsemester in Groningen sehr viel Spaß gemacht hat und sehr lehrreich war. Die Offenheit der Niederländer habe ich sehr zu schätzen gelernt und durch die vielen internationalen Studenten in Groningen konnte ich Freundschaften zu Studenten aus der ganzen Welt schließen. Dadurch konnte ich auch oft eine andere Sicht auf die Dinge kennen lernen. Die Kommunikation mit Niederländern fand meist auf Englisch statt, da beinahe alle Niederländer sehr gut Englisch sprechen. Man konnte sogar die Busfahrer ganz normal auf Englisch ansprechen. Für ein Auslandssemester kann ich die Niederlande und besonders Groningen wärmstens empfehlen und würde mich jederzeit wieder für Groningen entscheiden. Für weitere Fragen stehe ich sehr gerne zur Verfügung ([email protected]) Benedikt Simon