Fortschritte in der Diagnostik und Therapie der weiblichen

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Ursula Peschers1
Katharina Jundt1
Ralf Tunn2
Zusammenfassung
Harninkontinenz ist bei Frauen ein weitverbreitetes medizinisches und soziales Problem. Die
Etablierung der Introitus- oder Perinealsonographie in der urogynäkologischen Diagnostik
hat die radiologischen Verfahren wie das laterale Cysturethrogramm weitgehend abgelöst. Innovative Operationstechniken zur Behandlung
der Belastungsinkontinenz, wie die Implantation von spannungsfrei gelegten Polypropylenbändern unter die mittlere Harnröhre, haben
das Behandlungsspektrum bei Belastungsinkontinenz deutlich erweitert. Neue Operationstechniken sollten nur unter Studienbedingungen erprobt werden, ehe eine weiterführende
klinische Einführung erfolgt. Neuere Anticholinergika mit günstigerem Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil kommen in der Behandlung der
Dranginkontinenz zum Einsatz.
Schlüsselwörter: Harninkontinenz, geschlechtsspezifische Gesundheitsversorgung, Diagnose,
Therapie, spannungsfreie Vaginalschlinge
Summary
Diagnosis and Treatment of Female Urinary
Incontinence – an Update
Female urinary incontinence is a problem with
a large prevalence and a high socio-economic
impact. The introduction of perineal or introital
ultrasound to monitor vesical neck mobility
has lead to a decrease in the use of x-ray techniques in urogynecology. Innovative surgical
methods such as the minimal invasive midurethral tension free implantion of polypropylene
tapes enlarged the spectrum of stress urinary
incontinence treatment. New surgical techniques should be evaluated in studies only.
New anticholinergic drugs with fewer side effects improve the treatment for patients with
urge incontinence.
Keywords: urinary incontinence, gender-specific medical treatment, diagnosis, therapy,
tension free vaginal tape
Fortschritte in der
Diagnostik und Therapie
der weiblichen
Harninkontinenz
H
arninkontinenz ist eine Erkrankung, die wesentlich mehr Frauen als Männer betrifft. Die Prävalenz bei Frauen wird mit 31 bis
63 Prozent angegeben, wobei postmenopausale Frauen häufiger betroffen
sind (13, 16). Die sozialen Folgen von
Harninkontinenz wirken sich auf tägliche Aktivitäten aus wie Einkaufen,
soziale Kontakte, Sport, Reisen und
die Kleiderauswahl (31, 11, 4). 20 Prozent der betroffenen Frauen geben
an, dass sie die Angst verspüren, unangenehm zu riechen und bei einer
von neun Frauen ist das Sexualleben durch die Inkontinenz beeinträchtigt (31).
Neben der sozialen und hygienischen Bedeutung für die einzelne Patientin werden durch Inkontinenz hohe
Kosten verursacht, die der Solidargemeinschaft aufgebürdet werden. Es
wird geschätzt, dass sich die durch
Harninkontinenz verursachten Kosten
in den USA auf 10 Milliarden USDollar pro Jahr belaufen (5). Neue
Entwicklungen in der Diagnostik und
Therapie können vielen Betroffenen
helfen.
Diagnostik
Zur Diagnostik der Harninkontinenz
bei Frauen gehören die gründliche
Anamneseerhebung, die die geburtshilfliche, gynäkologische und urologische Vorgeschichte der Patientin sowie die Art, Dauer und Schwere von
Harn- und Stuhlinkontinenzsympto1 I. Frauenklinik (Direktor: Prof. Dr. Klaus Friese) der Ludwig-Maximilians-Universität, München
2 Universitätsfrauenklinik (Direktor: Prof. Dr. med. Werner
Lichtenegger) der Humboldt-Universität zu Berlin, Campus Charité Mitte
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men umfassen soll. Weiterhin beinhaltet sie die gynäkologische Untersuchung, die Urindiagnostik und die
Restharnbestimmung.
Bei der urogynäkologischen Untersuchung soll vor allem auf eine Genitalatrophie, Scheideninfektionen, Deszensus und Prolaps und die Mobilität
des Blasenhalses geachtet werden. Die
Urindiagnostik dient dem Nachweis
oder Ausschluss eines Harnwegsinfektes. Drangsymptome sind oft Ausdruck
eines banales Harnwegsinfektes und
können durch die Behandlung desselben therapiert werden. Durch die
Restharnbestimmung, die am einfachsten sonographisch erfolgt, lässt sich
eine relevante Blasenentleerungsstörung oder Überlaufinkontinenz ausschließen.
Durch den Hustenstresstest bei
voller Blase im Liegen und im Stehen
kann eine Belastungsinkontinenz demonstriert werden. Um den Schweregrad einer Belastungsinkontinenz zu
verifizieren, kann beispielsweise ein
Vorlagenwiegetest hilfreich sein. Dabei wird eine Binde gewogen. Die Patientin führt dann möglichst mit standardisierter Blasenfüllung eine Reihe
von Übungen durch (Husten, Hüpfen,
Stufensteigen, Kniebeugen oder ähnliches), danach wird die Binde wieder
gewogen.
Die Sonographie hat die radiologischen Techniken als bildgebendes
Verfahren zur Beurteilung der Blasenhalsmobilität und der Trichterbildung
in der urogynäkologischen Diagnostik
weitgehend ersetzt. Die Perinealsonographie kann in ihrer Aussagekraft
mit dem lateralen Zysturethrogramm
verglichen werden. Die Reproduzierbarkeit der Blasenhalsmobilität beim
Pressen und Husten wurde nachgewiesen (24, 20).
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Abbildung 1: Mobilität des Blasenhalses in der Perinealsonographie.
Die Symphyse (ventral) ist rechts im Bild. Bei Kontraktion wird der
Blasenhals (Pfeil) nach ventral und cranial angehoben. Beim Pressen
Zur Untersuchung kann entweder
ein Abdominalschallkopf verwendet
werden (am besten geeignet sind curved-linear-array Sonden mit 5 MHz),
der auf das Perineum aufgesetzt wird
(Perinealsonographie) oder ein Vaginalschallkopf (Sektorschallkopf), der
auf dem Introitus plaziert wird (Introitussonographie).
Der Blasenhals kann auch von vaginal oder rektal dargestellt werden,
dabei ist die Blasenhalsmobilität aber
mechanisch durch den Schallkopf eingeschränkt, eine rektale Ultraschalluntersuchung wird von vielen Patientinnen zudem als sehr unangenehm
empfunden.
Die Untersuchung soll bei 200 bis
300 mL Blasenfüllung erfolgen. Beurteilt werden:
> die Position des Blasenhals in Relation zur Symphyse als Bezugsebene in Ruhe, beim Pressen und
bei Kontraktion,
> die Mobilität des Blasenhalses
beim Husten, Pressen und bei
Kontraktion (Abbildung 1),
> eine eventuelle Trichterbildung
des Blasenhalses beim Husten
und Pressen,
> das Vorhandensein von Urethradivertikeln,
> die postoperative Lage eines Polypropylenbandes unter der Urethra
(Abbildung 2)
Die Vorteile der sonographischen
Techniken liegen auf der Hand. Sie sind
nichtinvasiv und haben keine Strahlenbelastung. Geeignete Ultraschallgeräte stehen in den meisten gynäkologischen und urologischen Praxen und
deszendiert der Blasenhals nach dorsal und caudal, außerdem öffnet
sich der Blasenhals im Sinne einer Trichterbildung. (Abbildung 1 bis 3:
Priv.-Doz. Dr.med Ursula Peschers, München)
durchgeführt und ausgewertet (1).
Ziel der Untersuchungen ist die Unterscheidung zwischen Belastungsund Dranginkontinenz und die Beurteilung von Blasenentleerungstörungen.
Behandlung der
Belastungsinkontinenz
Abbildung 2: Darstellung des TVT-Bandes in
der Perinealsonographie. Das Band (Pfeilspitze) ist als echodicher Bezirk sichtbar
und liegt regelrecht weit vom Blasenhals
(Pfeil) entfernt.
Kliniken zur Verfügung. Von Nachteil
ist, dass bei ausgeprägtem Prolaps die
Ultraschallsonde durch den Prolaps
verdrängt wird.
Während eine konservative Therapie bei offensichtlicher Symptomatik
und entsprechender klinischer Untersuchung durchaus auch ohne vorhergehende Urodynamik erfolgen kann,
ist eine urodynamische Untersuchung
vor einer operativen Intervention zwingend notwendig.
Ziel der urodynamischen Abklärung sind die Untersuchung der Harnröhrenfunktion (Urethradruckprofil),
der Speicherfunktion der Blase (Cystometrie) und der Entleerungsfunktion der Blase (Uroflow und Miktiometrie).
Urodynamische Untersuchungen
werden nach den Kriterien der International Continence Society (ICS)
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Bevor eine Operation erwogen wird,
sollte grundsätzlich ein konservativer
Behandlungsversuch erfolgen. Im
Vordergrund steht dabei die so genannte Beckenbodengymnastik. Der
Erfolg einer konservativen Therapie
liegt bei 50 bis 70 Prozent Besserung,
beziehungsweise Heilung (7).
Bevor die Überweisung zum
Beckenbodentraining erfolgt, ist die
Untersuchung der Beckenbodenfunktion obligat. Ob die Patientin den
Beckenboden anspannen kann, wird
durch die Palpation oder zusammen mit einem intravaginalen Oberflächen-EMG oder einer intravaginalen Druckmessung untersucht (21).
Wenn die Patientin nicht willkürlich
anspannen kann, was bei bis zu 30
Prozent der Patientinnen der Fall ist,
soll eine Elektrostimulationsbehandlung, vorgeschaltet werden, damit die
Patientin die Willkürkontraktion erlernt. Eine zusätzliche Methode ist
der Einsatz von Biofeedbackgeräten,
bei denen mittels einer intravaginalen
Sonde, die entweder Druck misst oder
ein Oberflächen-EMG erfasst, die
Kontraktion und die Entspannung visuell dargestellt wird.
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Zusätzlich kann die Anwendung
von intravaginalen Hilfsmitteln, die
den Blasenhals bei Belastung stabilisieren, sinnvoll sein. Dabei wird vor
allem das Urethrapessar nach Arabin verwendet (Abbildung 3). Manchmal genügt schon ein großes Tampon,
oder es muss ein spezielles Inkontinenztampon verordnet werden. Vorteil dieser Hilfsmittel ist, dass sie von
der Patientin gezielt in bestimmten Situationen, zum Beispiel beim Sport
angewendet werden können. Die Patientinnen sollten in der Lage sein, das
Pessar selbständig einzulegen und zu
entfernen.
Es gibt zahlreiche operative Verfahren zur Behandlung der Belastungsinkontinenz. Dies ist ein Zeichen dafür, dass keine der Operationen in 100 Prozent der Fälle zum Erfolg führt.
Weder die Kolporraphia anterior,
noch die Nadelsuspensionsverfahren
(nach Raz, Stamey et cetera) haben
ausreichend gute Langzeitergebnisse,
um ihren Einsatz als Inkontinenzoperation zu rechtfertigen. Eine prospektiv randomisierte Studie von Elia und
Mitarbeitern konnte zeigen, dass nach
fünf Jahren lediglich 37 Prozent der
Patienten nach Kolporrhaphia anterior und 43 Prozent der Patienten nach
Nadelsuspension geheilt waren, während 82 Prozent der Patienten durch
eine Kolposuspension nach Burch geheilt waren (3).
Standardverfahren zur operativen
Behandlung der Belastungsinkontinenz stellen die retropubischen Kolposuspension, die Faszienzügelplastik
und zunehmend auch die spannungsfreie Einlage von Polypropylenbändern dar.
Die Kolposuspension nach Burch
ist die am besten dokumentierte Inkontinenzoperation. Dabei wird über
einen retropubischen Zugang das
Gewebe neben dem Blasenhals mit
nicht resorbierbaren Nähten gefasst
und an das Ligamentum ileopectineum (Coopersches Ligament) eleviert.
Während in der Originalpublikation
die Elevation bis an das Ligamentum
ileopectineum empfohlen wurde, wird
in den Modifikationen nur eine Elevation auf 1 bis 2 cm empfohlen, um eine
Überkorrektur zu vermeiden. Damit
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kann die Rate an Blasenentleerungstörungen gesenkt werden. Es liegen
Langzeitbeobachtungsdaten bis zu 20
Jahren vor. Die Erfolgsraten nehmen
in den ersten Jahren nach der Operation ständig etwas ab und pendeln
sich dann auf etwa 70 Prozent für
Erstoperationen und 50 Prozent für
Rezidivoperationen ein (2).
Drangbeschwerden treten nach dieser Operation bei bis zu 17 Prozent der
Patientinnen auf (12). Die laparoskopische Kolposuspension ist im Vergleich zur offenen nur unzureichend
dokumentiert. Es gibt Anzeichen dafür, dass die Ergebnisse beim laparoskopischen Vorgehen etwas schlechter
sind (18).
ringem Umfang präpariert. Die Einlage des Bandes ist in Lokalanästhesie
plus Analgosedierung möglich. Im
Jahr 2001 wurden die Fünfjahresergebnisse der TVT-Plastik nach Ulmsten (Tension free vaginal tape, Gynecare, Norderstedt) erstmals publiziert. Beim TVT-Verfahren wird das
Band von vaginal aus mit einer gebogenen Führungsnadel lateral der mittleren Harnröhre streng hinter der
Symphyse durch die Haut geführt
(Abbildung 4). Es wird locker unter
die Harnröhre gelegt. Dies ist sehr
wichtig, damit Überkorrekturen vermieden werden.
Mittlerweile sind noch zahlreiche
weitere vaginale Schlingenplastiksysteme auf den Markt gekommen, unter anderem IVS (Intravaginal Sling Plasty, Autosuture, Tycohealthcare, Viersen), AMS SPARC (American Medical Systems, AMS
Deutschland, Berlin), Uretex
Sup (Sofradim, Trévoux,
Frankreich). Alternativ gibt
es auch Verfahren, bei denen
das Band nicht klassisch retrosymphysär gelegt wird,
sondern von der mittleren
Abbildung 3: Urethrapessar nach Arabin mit Östriolcre- Suburethralregion beidseits
me. Das Pessar wird so eingeführt, dass die Verdickung lateral um den Ramus desunter dem Blasenhals liegt. Die Patientin appliziert und
cendens des Os pubis herum
entfernt das Pessar täglich selber.
dorsal durch das Foramen
obturatum geführt wird, zum
Die „traditionellen“ Schlingenpla- Beispiel das System Uratape (Porges,
stiken werden in verschiedenen Modi- Hallbergmoos, Deutschland). Auch
fikationen beschrieben. Grundsätzlich die Firma AMS bietet ein entsprewird dabei eine Schlinge (entweder chendes System an. Zu diesen Alteraus körpereigenem Material, zum Bei- nativen gibt es aber bislang nur wenispiel Rectusfaszie, oder aus Fremd- ge oder gar keine Studienergebnisse
material) unter den Blasenhals ap- (22). Sie unterscheiden sich sowohl im
pliziert. Die durch diese Operation zu Hinblick auf die Applikationstechnik
erzielenden Kontinenzraten sind gut als auch auf das verwendete Polypro(61–92 Prozent) (29, 6). Allerdings pylenband. Andere Techniken versind Miktionsstörungen, die in bis zu wenden statt eine Kunststoffbandes
fünf Prozent den dauerhaften inter- biokompatibles Material (zum Beimittierenden Selbstkatherismus erfor- spiel Pelvicol).
dern, nicht selten (30, 15).
Fünf Jahre nach TVT-Band-EinlaIn den letzten fünf Jahre hat sich ge liegen die Heilungsraten (n = 147)
die spannungsfreie Implantation von bei 85 bis 95 Prozent (19,9). Die
Polypropylenbändern weltweit ver- Erfolgsrate bei hypotoner Urethra
breitet. Im Gegensatz zu den her- scheint nach median sieben Monaten
kömmlichen Schlingenplastiken wird mit 85 Prozent Heilung/Besserung
dabei das Band unter die mittlere (n = 43) nicht wesentlich schlechter zu
Harnröhre gelegt. Die Technik ist mi- sein als bei normotoner Urethra
nimalinvasiv, es wird nur in ganz ge- (n = 276) mit 87 Prozent (10). Diese
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sehr hohen Heilungsraten konnten führt werden, um als Voraussetzung für
von anderen Arbeitsgruppen aber ihre breite Anwendung in der Praxis
nicht bestätigt werden. In einer pro- wissenschaftliche Aussagen zu Heilungsspektiv randomisierten Studie (TVT raten und Komplikationen zu erhalversus Kolposuspension nach Burch) ten. Noch liegen lediglich Fünf-Jahresfand man sechs Monate postoperativ ergebnisse zur TVT-Plastik vor. Ob die
nach einer Studie der UK and Ireland guten Ergebnisse von Dauer sind, und
TVT Study Group keine Unterschiede ob es nicht doch nach Jahren noch zu
in Bezug auf die objektiven Heilungs- Spätkomplikationen durch das Fremd/Besserungsraten zwischen den beiden material kommt, lässt sich noch nicht
Verfahren (TVT: 68 Prozent, Burch: 66 mit letzter Sicherheit beantworten. DarProzent) (28). Eigenen Untersuchun- über müssen Patientinnen präoperagen zufolge liegt die Heilungsbesse- tiv auch aufgeklärt werden. Insbesonrungsrate nach zwei Jahren
bei etwa 80 Prozent.
Komplikationsstatistiken
an größeren Fallzahlen liegen bislang nur zur TVT-Plastik nach Ulmsten vor. Blasenperforationen durch die
Führungsnadel treten bei
der Polypropylenbandeinlage in 2 bis 5 Prozent der Fälle auf, dies hat aber in der
Regel keine längerfristigen
Folgen, sondern wird lediglich durch eine Harnableitung von zwei bis drei Tagen
behandelt (27, 19). Schwerwiegende Blutungskompli- Abbildung 4: Tension free vaginal tape (TVT): Spannungskationen werden in 0,8 Pro- freie Einlage eines Polypropylenbandes unter die mittlezent der Operationen be- re Harnröhre zur Behandlung der weiblichen Stressharninkontinenz
schrieben (27, 19). In Fallberichten wurden unter anderem Irritationen des N. obturatorius dere sehr jungen Frauen sollte die be(17), Darmverletzungen (17, 27) und währte und gut nachuntersuchte Kolpoeine Erosion des Bandmaterials in die suspension nach Burch alternativ empUrethra (14) beschrieben. Insgesamt fohlen werden. Mit dieser Operation
scheint die Rate an schweren Kompli- kann zusätzlich ein ausgeprägter laterakationen aber selten zu sein. Rardin et ler Aufhängungsdefekt der Vagina koral. berichten über 1,9 Prozent persi- rigiert werden, was durch eine Bandeinstierende postoperative Blasenentlee- lage nicht möglich ist. Bislang liegen
rungsstörungen bei 1 175 Patienten noch keine Studien vor, durch die die
nach TVT-Operation, die eine opera- Indikation zum einen oder anderen
tive Durchtrennung des Bandes erfor- Vorgehen getestet wurde. Diesbezügderlich machten (23).
lich können deshalb noch keine EmpZusammenfassend wurde des Spek- fehlungen gegeben werden.
trum der Stressinkontinenzchirurgie
durch die Einführung der Prolenebandschlingen erweitert. Während über die Behandlung der
TVT-Plastik nach Ulmsten bereits zahl- Dranginkontinenz
reiche Publikationen vorliegen, ist die
Datenlage über die anderen Techniken Die Behandlung der Dranginkontinenz
noch spärlich. Alternativverfahren zur ist immer noch eine Domäne der mediTVT-Plastik zeigen bezüglich des ver- kamentösen anticholinergen Therapie.
wendeten Materials und der Operati- Dabei kommen mehrere Wirkstoffonstechnik innovative Züge. Sie sollten gruppen zum Einsatz. Der am längunter Studienbedingungen durchge- sten eingesetzte Wirkstoff, Oxybuti Jg. 100
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Werkfoto: Gynecare Deutschland, Norderstedt
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nin, hatte wegen zahlreichen Nebenwirkungen (vor allem Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen, Müdigkeit) eine schlechte Compliance der
Patientinnen zur Folge. Neuere Wirkstoffe wie Trospiumchlorid, Propiverin
und Tolterodine weisen ein günstigeres Wirkungs-/Nebenwirkungsprofil
auf, insbesondere als Retardpräparate. Die Applikation von Oxybutinin ist
auch lokal in die Blase möglich.
Unterstützend zur anticholinergen
Therapie werden verhaltenstherapeutische Maßnahmen (Blasendrill), die
lokale Östrogenisierung und die vaginale Elektrostimulationsbehandlung
eingesetzt. Bei Fällen von schwerer
Dranginkontinenz kann auch die Injektion von Botulinum-A-Toxin transvesikal in den Detrusormuskel erfolgen (25). Dadurch kann es zu einer
temporären Akontraktilität des Detrusormuskels kommen. Die Patientin muss dann die Blase durch intermittierenden Selbstkatherismus entleeren.
In therapieresistenten Fällen kann
auch die sakrale Nervenstimulation
durch Implantation eines Neuromodulators erwogen werden (26, 8). Dieses Verfahren kommt aber nur in wenigen spezialisierten urologischen Kliniken zum Einsatz. Die Erfolgsraten
sind mit bis zu 70 Prozent Besserung
bei diesen konservativ austherapierten Patientinnen recht hoch.
Manuskript eingereicht: 16. 7. 2003, revidierte Fassung
angenommen: 22. 9. 2003
❚ Zitierweise dieses Beitrags:
Dtsch Arztebl 2003; 100: A 3322–3325 [Heft 50]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das beim Verfasser erhältlich oder im Internet
unter www.aerzteblatt.de/lit5003 abrufbar ist.
Anschrift für die Verfasser:
Priv.-Doz. Dr. med. Ursula Peschers
I. Frauenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität
Maistraße 11
80337 München
E-Mail: [email protected]
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