Vorlesung Wirtschaftsmathematik II SS 2017, 3/2 SWS Prof. Dr. M. Voigt 21. März 2017 II Inhaltsverzeichnis 5 Grundlagen 5.1 Funktionen einer Variablen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.2 Inverse Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.3 Bildungsvorschriften: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.4 Eigenschaften und Operationen . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 spezielle Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Potenz- und Wurzelfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.2 Exponential- und Logarithmusfunktionen . . . . . . . . . . 5.3 Komplexe Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.2 Algebraische Form komplexer Zahlen . . . . . . . . . . . . 5.3.3 Arithmetische Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.4 Gaußsche Zahlenebene, Betrag, konjugiert komplexe Zahl . 5.3.5 Trigonometrische und exponentielle Form komplexer Zahlen 5.3.6 Potenzen und Wurzeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.1 Polynome über R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.2 Hornerform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.3 Nullstellen und Faktorzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . 5.4.4 Polynome über C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Rationale Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6 Funktionen in der Wirtschaftsmathematik . . . . . . . . . . . . . 5.6.1 Angebots-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.2 Preis-Absatz-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.3 Erlös- bzw. Umsatz-Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.4 Kostenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.5 Stückkostenfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.6 variable Stückkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.7 Gewinnfunktion, Deckungsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . 5.6.8 Stückgewinnfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.6.9 Produktionsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III 1 1 1 2 2 3 5 5 6 7 7 7 8 8 9 9 10 10 11 11 12 13 15 15 15 15 15 16 17 17 18 18 IV INHALTSVERZEICHNIS 5.6.10 Materialverbrauchsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2017 18 Kapitel 5 Grundlagen 5.1 Funktionen einer Variablen 5.1.1 Grundlagen (a) Begriffe: Eine Funktion f ist eindeutig bestimmt durch die Angabe der folgenden drei Größen • A = D(f ): Menge, Definitionsbereich von f • B: Menge • f (a) = b: Bildungsvorschrift, die jedem Element a ∈ A eindeutig ein Element b ∈ B zuordnet (b) Bezeichnungen/ Schreibweisen: a∈A b = f (a) W (f ) = {f (a) | a ∈ A} Gf := {(x, y) ∈ D(f ) × W (f ) | y = f (x)} x 7→ f (x) f :A→B f : D(f ) ⊆ C → B Beispiele: Funktionen, Bezeichnungen • f : R → R, f (x) = x2 • f : D(f ) ⊆ R → R+ , f (x) = √ x √ • f : D(f ) ⊆ R → R : f (x) = ± 1 − x2 1 Argument von f Bild von a, Funktionswert von f an der Stelle a. Wertebereich von f Graph der Funktion f . x wird nach f (x) abgebildet f bildet ab von A nach B f ist eine Abbildung aus C nach B 2 1.2.2017 (c) Weitere Definitionen Bezeichnung Injektion Bijektion Bedeutung: symbolisch zu jedem b ∈ B gibt es höchstens ein a ∈ A mit f (a) = b, d.h. a1 6= a2 ⇒ f (a1 ) 6= f (a2 ) zu jedem b ∈ B gibt es genau ein a ∈ A mit f (a) = b Erklärung f ist eine eineindeutige Abbildung, d.h. zu verschiedenen Argumenten gehören verschiedene Bilder f ist eine eineindeutige Abbildung auf B Beispiele: Eigenschaften von Funktionen • f : R → R, f (x) = x2 • f : D(f ) ⊆ R → R+ , f (x) = 5.1.2 √ x Inverse Abbildung Falls f : A → B bijektiv ist, so existiert die inverse Abbildung g = f −1 : B → A mit g(b) = a ⇔ f (a) = b ⇒ ∀a ∈ A (f −1 (f (a)) = a (a) Ermittlung der inversen Abbildung: Umstellen der Zuordnung nach x, eventuell Variablentausch (b) Beispiele: inverse Abbildung • f : D(f ) ⊆ R → R+ , y = f (x) = √ x x • f : R → (0, ∞) : y = f (x) = e (c) Bemerkung: Der Definitionsbereich D(f ) ist gleich dem Wertebereich W (g) der inversen Funktion und der Wertebereich W (f ) ist gleich dem Definitionsbereich D(g) der inversen Funktion. 5.1.3 Bildungsvorschriften: implizit gegebene Funktion F (x, y) = 0 die Bildungsvorschrift ist in Form einer Gleichung gegeben, die nicht nach der abhängigen Variablen aufgelöst ist explizit gegebene y = f (x) die Bildungsvorschrift ist in Form eiFunktion ner Gleichung gegeben, die nach der abhängigen Variablen aufgelöst ist 100 0 ≤ x ≤ 50 x + 50 50 < x ≤ 550 zusammengesetzte Funktion ist ab- z.B. f (x) = Funktion schnittsweise defi600 550 < x < ∞ niert 3 1.2.2017 y y 3 3 y = f (x) = e x y = f (x) = e x 2 2 -1 1 -3 -2 -1 x = f (y) = ln y 1 2 3 1 x -3 -2 -1 1 -1 -1 -2 -2 -3 -3 y =f 2 -1 3 x (x) = ln x Abbildung 5.1: Die Exponentialfunktion y = f (x) = ex und ihre Umkehrfunktion x = f −1 (y) = ln(y) und rechts deren Bild y = ln(x) nach Vertauschen der Variablen Beispiel: Darstellung von Funktionen • f : D(f ) ⊆ R+ → R+ : y = f (x) mit x2 + y 2 − 1 = 0 5.1.4 Eigenschaften und Operationen (a) Monotonie von Funktionen: I ⊆ D(f ) f monoton wachsend auf I, f streng monoton wachsend auf I, ∀x1 , x2 ∈ I gilt: f monoton fallend auf I, aus x1 < x2 folgt f streng monoton fallend auf I, f (x1 ) ≤ f (x2 ) f (x1 ) < f (x2 ) f (x1 ) ≥ f (x2 ) f (x1 ) > f (x2 ) (b) Krümmung von Funktionen: x1 < x2 , I = [x1 , x2 ] ⊆ D(f ) f f f f konvex, streng konvex, konkav, streng konkav, f (x) ≤ sf (x1 ) + (1 − s)f (x2 ) f (x) < sf (x1 ) + (1 − s)f (x2 ) ∀s ∈ [0, 1] und f (x) ≥ sf (x1 ) + (1 − s)f (x2 ) x = sx1 +(1−s)x2 , f (x) > sf (x1 ) + (1 − s)f (x2 ) gilt: (c) Progressiv und degressiv steigende bzw. fallende Funktionen: f f f f progressiv steigend degressiv steigend progressiv fallend degressiv fallend ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ f f f f monoton monoton monoton monoton steigend und konvex steigend und konkav fallend und konkav fallend und konvex 4 1.2.2017 y y f konvex f konkav x x1 x x1 x2 x2 Abbildung 5.2: Konvexe und konkave Funktionen y y f degressiv wachsend f degressiv fallend f progressiv fallend f progressiv wachsend x1 x2 x3 x x1 x2 x3 x Abbildung 5.3: Wachstumseigenschaften von Funktionen 5 1.2.2017 (d) Operationen: Gleichheit f ist Einschränkung von g auf D(f ), g ist Erweiterung von f auf D(g) verkettete, mittelbare Funktion f =g D(f ) = D(g) ∧ f (x) = g(x) ∀x ∈ D(f )) D(f ) ⊂ D(g) ∧ f (x) = g(x) ∀x ∈ D(f )) h=g◦f Nullstellen von f xi Translation, Verschiebung Streckung y = f (x − a) + b h(x) = g(f (x)), wobei W (f ) ⊂ D(g) ⇒ D(h) = D(f ) f heißt innere Funktion, g heißt äußere Funktion; Lösungen der Gleichung f (x) = 0, (xi ∈ D(f )) Verschiebung des Graphen von y = f (x) um den Vektor (a, b)T Streckung des Graphen von y = f (x) um den Faktor a parallel zur x-Achse und den Faktor b parallel zur y-Achse Streckung mit |a| < 1 und/oder |b| < 1 Streckung mit a < 0 und/oder b < 0 y = b · f ( xa ) Stauchung Spiegelung Beispiele: Operationen • g : R → R, g(x) = x2 f : R+ → R, f (x) = x2 • f : R → (0, ∞), f (x) = ex , g : R → R, g(x) = x2 + 1 5.2 5.2.1 spezielle Funktionen Potenz- und Wurzelfunktionen Potenzfunktionen n f (x) = x , n ∈ {2, 3, ...} √ f (x) = n x, n ∈ {2, 3, ...} Df = R, Wf = R+ n gerade R n ungerade Df = R+ , Wf = R+ sind die Umkehrfunktionen zu den Potenzfunktionen, wenn bei diesen der Definitionsbereich auf R+ eingeschränkt wird! √ (Es ist nicht zwingend notwendig, die Wurzelfunktionen f (x) = n x mit ungeradem n nur für nichtnegative x zu definieren, man kann diese Funktionen auch Wurzelfunktionen 6 1.2.2017 für beliebige x ∈ R definieren. Die Einschränkung auf nichtnegative Argumente bringt aber eine Reihe von wünschenswerten Eigenschaften.) Es gilt damit: 1 y = f1 (x) = x 3 , 2 y = f2 (x) = x 6 = √ 6 2 √ 6 x 2 x2 , y = f3 (x) = x 6 = Definition: • f : D(f ) ⊆ R → R heißt gerade Funktion, sofern f (x) = f (−x) für alle x ∈ D(f ) gilt. • f : D(f ) ⊆ R → R heißt ungerade Funktion, sofern f (x) = −f (−x) für alle x ∈ D(f ) gilt. 5.2.2 Exponential- und Logarithmusfunktionen Exponentialfunktion f (x) = ax (a > 0) Logarithmusfunktion f (x) = loga (x) y y=e 9 Df = R, Wf = (0, ∞) Df = (0, ∞), Wf = R Umkehrfunktion zur Exponentialfkt. y 3x y = ln x 2 y=e -2x 7 y= 1 5 y=e 3 _1 3 ln x x 0 1 1 -2 -1 0 1 2 3 5 7 9 x x -1 y= - _1 2 ln x -2 Abbildung 5.4: Exponential- und Logarithmusfunktion e−Funktion natürlicher Logarithmus f (x) = ex , f (x) = ln(x) e = 2.718 281 828 459 . . . Umkehrfunktion zur e−Funktion. Es gilt y = ex ⇐⇒ x = ln(y) . 7 1.2.2017 ln(x) genügt es, sich mit der e−Funktion und ihrer Umkehrln(a) funktion zu beschäftigen. Wegen loga (x) = Es gelten: 5.3 5.3.1 Potenz-Gesetze: Logarithmen-Gesetze: ex+y = ex−y = ln(x · y) = ln xy = exy = ex · ey ex ey (ex )y ln(xy ) = ln(x) + ln(y) ln(x) − ln y y · ln(x) Komplexe Zahlen Einführung Gauß (18./19. Jahrhundert) N: x + a = 0 keine Lösung (a 6= 0) Z: x + a = 0 ⇔ x = −a x · a = 1 keine Lösung a 6= 1 Q: x · a = 1 ⇔ x = 1/a (a 6= 0) x2 = 2 keine Lösung √ R: x2 = a ⇔ x = ± a (a ≥ 0) x2 =√−1 keine Lösung C: i := −1, i2 = −1 √ x2 − 4x + 13 = 0 ⇔ x = 2 ± −9 = 2 ± 3i 5.3.2 Algebraische Form komplexer Zahlen Komplexe Zahlen sind Zahlen der Form z = x + i · y mit x, y ∈ R und i = √ −1 Bezeichnungen: • x = Re(z): Realteil von z • y = Im(z): Imaginärteil von z • i: imaginäre Einheit, i2 = −1 • C := {z = x + iy | x, y ∈ R} Dann gilt für z ∈ C : z ∈ R ⇔ Im(z) = 0 ⇔ z = x + i · 0 = x 8 1.2.2017 5.3.3 Arithmetische Operationen für z = a + ib = rz eiϕz und w = c + id = rw eϕw gilt: Gleichheit Addition/Subtraktion Multiplikation Division z = w d.h. a + ib = c + id ⇔ a = c ∧ b = d z ± w = (a + ib) ± (c + id) = (a ± c) + i(b ± d) z · w = (a + ib) · (c + id) = (ac − bd) + i(ad + bc) (a+ib)(c−id) z a+ib −ad+bc = c+id = (c+id)(c−id) = cac+bd 2 +d2 + i c2 +d2 w Beispiele komplexe Zahlen 5.3.4 Gaußsche Zahlenebene, Betrag, konjugiert komplexe Zahl • Die komplexe Zahl z = x + iy entspricht dem Punkt (x, y) in der Ebene p • r = |z| = x2 + y 2 entspricht dem Abstand von z zum Ursprung =0 und wird Betrag von z genannt. • z̄ := x − iy: heisst konjugiert komplexe Zahl von z. Beispiel: M = {z ∈ C | |z| = 2} Regeln (R1) z · z̄ = (x + iy)(x − iy) = x2 + y 2 = |z|2 (R2) Re(z̄) = Re(z), Im(z̄) = −Im(z) (R3) |z̄| = |z|, |z| = 0 ⇔ z = 0 (R4) |z · w| = |z| · |w| ∀z, w ∈ C 9 1.2.2017 5.3.5 Trigonometrische und exponentielle Form komplexer Zahlen Die komplexe Zahl z = x + iy ist auch eindeutig bestimmt durch • Betrag: |z| – Länge der Strecke von z zum Ursprung und das • Argument: arg(z) = ϕ – Winkel zwischen positiver reeller Achse und Strahl von 0 nach z. Bemerkung: ϕ ist nicht eindeutig, der Hauptwert von arg z liegt in [−π, π) (a) algebraische Form: z = x + iy (b) trigonometrische Form: z = r(cos ϕ + i sin ϕ) (c) exponentielle Form: Mit der Formel von Euler eiϕ := cos ϕ + i sin ϕ erhalten wir die exponentielle Form z = reiϕ (d) Umrechnungen: • trigonometrisch/exponentiell → algebraisch Gegeben: |z| = r, arg(z) = ϕ ⇒ a = Re(z) = r cos ϕ b = Im(z) = r sin ϕ • algebraisch → trigonometrisch/exponentiell Gegeben: √ Re(z) = a, Im(z) = b ⇒ r = |z| = a2 + b2 ϕ = arg(z) bestimmbar aus: cos ϕ = a/r, sin ϕ = b/r, ϕ ∈ (−π, π] (e) Beispiele: π • z = 2ei 4 √ √ • z = 2−i 2 5.3.6 Potenzen und Wurzeln (a) Die Formeln von De Moivre -) eiϕ eiψ = ei(ϕ+ψ) , -) (eiϕ )n = einϕ (n ∈ N) 10 1.2.2017 (b) Multiplikation und Division Für z = |z|eiϕ , w = |w|eiψ gilt: • zw = |z||w|ei(ϕ+ψ) • z n = |z|n einϕ |z| • wz = |w| ei(ϕ−ψ) Beispiele: z = √1 2 + √1 i, 2 w = − √12 + √1 i 2 (c) n-te Wurzel Gegeben: a ∈ C Gesucht: z ∈ C mit z n = a Lösung: • Darstellung von a in exponentieller Form a = |a|eiϕ = |a|ei(ϕ+2kπ) k ∈ Z • n Lösungen: p (ϕ+2kπ) zk = n |a|ei n k = 0, . . . , n − 1 Beispiele: z 3 = 1 + i, z 4 = −2 − 2i 5.4 Polynome 5.4.1 Polynome über R (a) Definition: Eine Funktion p : R → R heißt Polynom vom Grade n, wenn es Zahlen a0 , . . . , an ∈ R, an = 6 0 derart gibt, daß p(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + · · · + an xn = n P ak xk k=0 für alle x ∈ R gilt. (b) Bezeichnungen: ak für k = 0, . . . , n: n: Koeffizienten des Polynoms Grad des Polynoms (c) Regeln: -) Addition und Subtraction n X k=0 k ak x ± n X k=0 k bk x = n X k=0 (ak ± bk )xk 11 1.2.2017 -) Koeffizientenvergleich n X k ak x = n X k=0 k=0 bk xk ⇔ ak = bk (0 ≤ k ≤ n) (d) einfache Polynome: lineare Funktionen, quadratische Funktionen 5.4.2 Hornerform Ziel: vereinfachte Funktionswertberechnung (a) Hornerform eines Polynoms f (x) = n P ak xk (W.G.Horner, 1756-1837): k=0 f (x) = (. . . (( an x + an−1 )x + an−2 )x + · · · + a1 )x + a0 | {z } n−1 Beispiel: f (x) = 2x3 − 3x2 + x − 5 (b) Hornerschema zur Funktionswertberechnung an der Stelle x = b an an−1 cn b + ·b cn = an ր cn−1 an−2 cn−1 b ր cn−2 ... ... ր a1 c2 b ր c1 a0 c1 b ր f (b) (c) weitere Anwendung: Division von f (x) durch x − b f (x) = (x − b)(cn xn−1 + cn−1 xn−2 + · · · + c2 x + c1 ) + f (b) (d) Bemerkung: Ist b Nullstelle von f (x), so gilt f (x) = (x − b) · g(x) ∀x ∈ R wobei g(x) wieder ein Polynom ist. 5.4.3 Nullstellen und Faktorzerlegung (a) Definitionen: Als Nullstelle einer Funktion f : D(f ) ⊆ R → R bezeichnet man jede Lösung der Gleichung f (x) = 0, x ∈ D(f ). Betrachten Polynom p : R → R • b ∈ R ist Nullstelle von p(x) ⇔ es existiert ein Polynom h(x) mit p(x) = (x − b)h(x). 12 1.2.2017 • b ∈ R heißt ℓ-fache Nullstelle von p(x), sofern ein Polynom g(x) existiert mit p(x) = (x − b)ℓ g(x). • ℓ heißt dann die Vielfachheit von b. (b) reelle Faktorzerlegung: Für jedes Polynom p : R → R existiert die Faktorzerlegung p(x) = an (x − b1 )l1 . . . (x − br )lr (x2 + c1 x + d1 )k1 . . . (x2 + cs x + ds )ks mit den reellen Nullstellen bi der Vielfachheit li (i = 1, . . . , r) und den quadratischen Polynomen x2 + ci x + di der Vielfachheit ki (i = 1, . . . , s), die in R keine Nullstelle haben. (c) Bemerkung: Kennt man eine Nullstelle b des Polynoms p(x), so bestimmt man h(x) mit p(x) = (x − b)a h(x), z.B. durch wiederholte Anwendung des Hornerschemas (erweitertes Hornerschema) und versucht dann Nullstellen von h(x) zu ermitteln. Beispiel reelle Faktorzerlegung: p(x) = x4 − 6x3 + 14x2 − 14x + 5 5.4.4 Polynome über C (a) Definition: Eine Funktion p : C → C heißt Polynom vom Grade n, wenn es Zahlen a0 , . . . , an ∈ C, an = 6 0 derart gibt, daß p(z) = a0 + a1 z + a2 z 2 + · · · + an z n = n P ak z k k=0 für alle z ∈ C gilt. Die Regeln für Polynome über C sind analog den Regeln für Polynome über R. (b) Fundamentalsatz der Algebra: Jedes komplexe Polynom p(z) = n P ak z k besitzt die Faktorisierung k=0 p(z) = an (z − w1 )ℓ1 (z − w2 )ℓ2 . . . (z − wk )ℓk mit den verschiedenen Nullstellen wi ∈ C der Vielfachheit ℓi (i = 1, . . . , k) und ℓ1 + ℓ2 + · · · + ℓk = n. Ein Polynom vom Grade n ≥ 1 besitzt also genau n Nullstellen in C, wobei jede Nullstelle so oft gezählt wird, wie ihre Vielfachheit angibt. Beispiel komplexe Faktorzerlegung: p(x) = x4 − 6x3 + 14x2 − 14x + 5 13 1.2.2017 (c) Bemerkung: Jedes Polynom über R kann als Polynom über C aufgefaßt werden. (d) Satz: Mit jeder Nullstelle w eines Polynoms p mit reellen Koeffizienten ist auch die konjugiert komplexe Zahl w̄ eine Nullstelle von p, d.h. die nicht reellen Nullstellen von p treten stets als konjugierte Paare w und w̄ auf. Beispiel Nullstellen reeller Polynome: p(x) = x4 + 1. 5.5 Rationale Funktionen (a) Definition: Seien p(x) und q(x) Polynome über R. heißt gebrochen rationale Funktion. f (x) = p(x) q(x) (b) Satz: Jede rationale Funktion f (x) = p(x) q(x) r(x) q(x) mit Zählergrad ≥ Nennergrad = h(x) + mit einem Polynom h(x) und läßt sich darstellen als p(x) q(x) einem Restpolynom r(x) mit Grad (r) < Grad (q) (echt gebrochen rationale Funktion). Beispiel Polynomdividion: p(x) = x3 − 1, q(x) = x − 1 y y x x Abbildung 5.5: Polstellen gerader (links, ohne Vorzeichenwechsel ...) und ungerader Ordnung (rechts, mit Vorzeichenwechsel in den Funktionswerten) (c) Polstellen, Asymptoten und Lücken Eine Polstelle einer Funktion liegt vor, wenn die Beträge der Werte der Funktion in der Umgebung dieser Stelle beliebig groß werden, d.h. die Werte der Funktion streben gegen +∞ oder −∞. Der Graph der Funktion besitzt an dieser Stelle eine vertikale Asymptote. 14 1.2.2017 Für rationale Funktionen f (x) = p(x) q(x) gilt • Nullstellen der Funktion y = f (x) sind alle Nullstellen des Zähler-Polynoms p(x) im Definitionsbereich D(f ) • Polstellen und Lücken (hebbare Unstetigkeits-Stellen) der Funktion y = f (x) sind alle Nullstellen des Nenner-Polynoms. Wenn xj eine kn -fache Nullstelle des Nenner-Polynoms q(x) (kn > 0) und eine kz -fache Nullstelle des Zähler-Polynoms p(x) ist, dann gilt: kz ≥ kn =⇒ xj ist eine Lücke, und kn > kz =⇒ xj ist eine Polstelle (kn − kz )-ter Ordnung. Beispiele Polstellen/Lücken: • f (x) = 1/(x − 2) • f (x) = 1/(x − 2)2 • f (x) = (x−2)2 (x+1)2 (x−2) 15 1.2.2017 5.6 5.6.1 Funktionen in der Wirtschaftsmathematik Angebots-Funktion x = x(p), p ∈ D(x) = R+ Bedeutung: (gewinnmaximierende) Angebots-Menge in Abhängigkeit vom erzielbaren Preis (bei vollkommener Konkurrenz); Eigenschaften: positiv, monoton steigend, i.a. mit Sättigungswert; Beispiel: Bemerkung: 5.6.2 2−p x(p) = 10 · (1 − e 3 ), p ∈ D(x) = [2, ∞); s. Folie ökonomisch nur sinnvoll für x ≥ 0 Preis-Absatz-Funktion x = x(p), p ∈ D(x) = {p ∈ R+ ∧ x(p) ≥ 0} p = p(x), x ∈ D(p) = {x ∈ R+ ∧ p(x) ≥ 0} Bedeutung: Absatzmenge in Abhängigkeit vom Preis bzw. erzielbarer Preis in Abhängigkeit von der abzusetzenden Menge; Eigenschaften: beide Funktionen sind monoton fallend und zueinander invers (Umkehrfunktionen); Beispiel: x(p) = 250 − 2.5p ⇐⇒ p(x) = 100 − 0.4x; p ∈ D(x) = [0, 100], x ∈ D(p) = [0, 250]; 5.6.3 Erlös- bzw. Umsatz-Funktion E(x) = x · p(x), E(p) = p · x(p), D(E(x)) = D(p) D(E(p)) = D(x) Bedeutung: Erlös/Umsatz in Abhängigkeit vom Absatz oder vom Preis; Eigenschaften: im monopolistischen Fall degressiv steigend bis zum ErlösMaximum, dann progressiv fallend; im polypolistischen Fall (p konstant) linear steigend; Beispiel: E(x) = 100x − 0.4x2 , x ∈ D(E(x)) = [0, 250], s. Folie E(p) = 250p − 2.5p2 , p ∈ D(E(p)) = [0, 100], 5.6.4 Kostenfunktion K(x) = Kf + Kv (x), x ∈ D(K) = R+ , Kf ≥ 0 : Fixkosten, Kv (x) : variable Kosten 16 1.2.2017 E p 6000 E = E(x) 100 x 4000 10 50 x = x(p) 2000 5 p = p(x) 1 5 10 15 20 p 50 100 150 200 250 x Abbildung 5.6: Graph einer Angebotsfunktion (links) sowie einer Preis-AbsatzFunktion und der zugehörigen Erlösfunktion eines monopol. Unternehmens (rechts) Bedeutung: Produktionskosten in Abhängigkeit von der Produktionsmenge; Eigenschaften: positiv, monoton steigend; Eine Kostenfunktion heißt ertragsgesetzlich, wenn sie auf [0, xS ] degressiv und auf [xS , ∞) progressiv steigend ist, xS heißt dann Schwelle des Ertragsgesetzes; , Beispiel: K(x) = 0.01x3 − x2 + 60x + 800, x ∈ D(K) = R+ , xS = 100 3 Kf = 800; Kv (x) = 0.01x3 − x2 + 60x; s. Folie 5.6.5 Stückkostenfunktion k(x) = Bedeutung: K(x) , x x ∈ D(k) = (0, ∞) Produktionskosten je Mengeneinheit in Abhängigkeit von der Produktionsmenge; Eigenschaften: positiv, monoton fallend auf (0, xo ], monoton steigend auf [xo , ∞), das Minimum kmin = k(xo ) = po der Stückkosten wird beim Output xo angenommen und heißt Betriebsoptimum, es stellt (langfristig) die untere Schranke po für den Abgabepreis des Produktes dar, nur oberhalb dieser Schranke kann langfristig ohne Verlust produziert werden. 800 Beispiel: k(x) = 0.01x2 − x + 60 + , x ∈ D(k) = (0, ∞) x xo = 60.8152, po = k(xo ) = 49.3243 ist langfr. Preisminimum. 17 1.2.2017 K k 14000 14000 12000 700 10000 K = K(x) 10000 K = K(x) 600 500 8000 400 6000 6000 E = E(x) 300 4000 k = k(x) 200 2000 2000 0 50 100 150 200 250 x 50 100 150 200 250 x -2000 -4000 G = G(x) Abbildung 5.7: Graph einer ertragsgesetzlichen Kostenfunktion und der zugehörigen Stückkostenfunktion (links) sowie Graph einer Kostenfunktion, einer Erlösfunktion und der zugehörigen Gewinnfunktion (rechts) 5.6.6 variable Stückkosten kv (x) = Kv (x) , x x ∈ D(k) = (0, ∞) Bedeutung: variabler Teil der Produktionskosten, bezogen auf eine Mengeneinheit des Outputs, in Abhängigkeit von der Produktionsmenge; Eigenschaften: positiv, monoton fallend auf (0, xm ], monoton steigend auf [xm , ∞), das Minimum kvmin = kv (xm ) = pm der variablen Stückkosten heißt Betriebsminimum, es stellt (kurzfristig) die untere Schranke pm für den Abgabepreis des Produktes dar, nur oberhalb dieser Schranke können zumindest noch die laufenden Kosten der Produktion gedeckt werden. Beispiel: kv (x) = 0.01x2 − x + 60, x ∈ D(k) = (0, ∞), xm = 50, pm = kv (xm ) = 35 ist kurzfristiges Preisminimum, bei dem nur noch die laufenden Kosten gedeckt werden! 5.6.7 Gewinnfunktion, Deckungsbeitrag Gewinnfunktion G(x) = E(x) − K(x), x ∈ D(G) = D(p), Deckungsbeitrag D(x) = E(x) − Kv (x) = G(x) + Kf , x ∈ D(D) = D(p) 18 1.2.2017 Bedeutung: Gewinn (Deckungsbeitrag) in Abhängigkeit vom Output Eigenschaften: monoton steigend bis zum Output xGmax = xDmax mit maximalem Gewinn/Deckungsbeitrag, danach progressiv fallend; die Nullstellen x1 und x2 der Gewinnfunktion heißen untere/obere Gewinnschwelle, wenn gilt G(x) ≥ 0 ⇐⇒ x ∈ [x1 , x2 ]; Beispiel: G(x) = −0.01x3 + 0.6x2 + 40x − 800, x ∈ D(G) = [0, 250] xGmax = 61.63332, Gmax = 1603.28843, Dmax = 2403.28843, x1 = 16.9174, x2 = 93.6029, s. Folie 5.6.8 Stückgewinnfunktion G(x) = p(x) − k(x), x ∈ D(g) = D(p) \ {0} x Bedeutung: Gewinn je Mengeneinheit in Abhängigkeit vom Output Eigenschaften: monoton steigend bis zum Output xgmax mit maxmalem Stückgewinn, danach progressiv fallend , x ∈ D(g) = (0, 250] Beispiel: g(x) = −0.01x2 + 0.6x + 40 − 800 x xgmax = 47.6311, gmax = 29.0957 g(x) = 5.6.9 Produktionsfunktion x(r), x ∈ D(x(r)) = (0, ∞) Bedeutung: Output in Abhängigkeit vom Input r Eigenschaften: monoton steigend, meist bis zu einer Sättigungsgrenze xmax Beispiel: x(r) = 1 1− 1 2 , r ∈ (0, ∞), x ∈ Wf = (0, 4), s. Folie 2 5.6.10 +r 2 Materialverbrauchsfunktion r(x), Bedeutung: x ∈ D(r) = [0, xmax ) Verbrauch des Inputfaktors r in Abhängigkeit vom Output x Umkehrfunktion der Produktionsfunktion Eigenschaften: monoton steigend √ 2 , x ∈ D(r) = (0, 4) Beispiel: r(x) = (2−4x x)