Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 $Id: implizit.tex,v 1.4 2012/10/26 14:06:01 hk Exp hk $ §1 Umkehrfunktionen und implizite Funktionen 1.1 Der Umkehrsatz Am Ende der letzten Sitzung hatten wir uns vorgenommen den sogenannten Umkehrsatz zu beweisen, d.h. sind U ⊆ Rn offen, f : U → Rn eine stetig differenzierbare Abbildung und x0 ∈ U so, dass die Ableitung f 0 (x0 ) invertierbar ist, so existieren offene Mengen V, W ⊆ Rn mit x0 ∈ V ⊆ U für die die Einschränkung f |V : V → W bijektiv mit stetig differenzierbarer Umkehrfunktion (f |V )−1 ist. Dass f |V : V → W bijektiv ist bedeutet konkret das die Gleichung f (x) = y für jede rechte Seite y ∈ W eindeutig nach x ∈ V auflösbar ist, beim Umkehrsatz handelt es sich also im wesentlichen um einen Satz über die Lösbarkeit gewisser Gleichungen. Da wir die Funktion f nicht konkret kennen, brauchen wir als Hilfsmittel einen abstrakten Lösungssatz und hierfür werden wir den sogenannten Banachschen Fixpunktsatz verwenden. Unter einem Fixpunkt einer Funktion T : M → M versteht man dabei einen Punkt x ∈ M mit T (x) = x und als Fixpunktsätze“ bezeichnet man Aussagen die unter geeigneten ” Voraussetzungen an die Abbildung T und die Menge M die Existenz solcher Fixpunkte garantieren. Unsere Gleichung f (x) = y ist zwar keine solche Fixpunktgleichung, läßt sich aber wegen f (x) = y ⇐⇒ y + x − f (x) = x als Fixpunktgleichung für die Hilfsfunktion T (x) := y + x − f (x) interpretieren. Ein Verfahren zur Konstruktion von Fixpunkten ist die sogenannte Fixpunktiteration, man startet mit einem beliebigen Element x ∈ M und wendet auf dieses immer wieder die Funktion T an, d.h. man bildet die Folge x0 := x, x1 := T (x), x2 := T (x1 ) = T (T (x)), x3 := T (x2 ) = T (T (T (x))), . . . , xn := T (xn−1 ) = T (T (. . . T ( x) . . .)) =: T n (x) | {z } n mal und hofft das diese in irgendeinem Sinne gegen ein z ∈ M konvergiert. Dieser Grenzwert z hat dann gute Chancen ein Fixpunkt von T zu sein. Wir wollen uns hierfür erst einmal ein konkretes Beispiel anschauen. Wir wollen einen Fixpunkt des Cosinus bestimmen, d.h. wir suchen ein x ∈ R mit cos x = x. Für 0 ≤ x ≤ π/3 ist 1 π π = cos ≤ cos x ≤ 1 < , 2 3 3 also können wir den Cosinus als Funktion h πi h πi cos : 0, → 0, 3 3 0< 2-1 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 auffassen. Wir schauen uns einmal die mit x0 := 0 startende Fixpunktiteration an x1 = 1, x2 = 0.54030230 . . . , x3 = 0.85755321 . . . , x4 = 0.65428979 . . . , x5 = 0.79348035 . . . , x6 = 0.70136877 . . . , x7 = 0.76395968 . . . , x8 = 0.72210242 . . . , x9 = 0.75041776 . . . , x10 = 0.73140404 . . . , x11 = 0.74423735 . . . , x12 = 0.73560474 . . . , x13 = 0.74142508 . . . , x14 = 0.73750689 . . . , x15 = 0.74014733 . . . , x16 = 0.73836920 . . . , x17 = 0.73956720 . . . , x18 = 0.73876031 . . . , x19 = 0.73930389 . . . , x20 = 0.73893775 . . . , x21 = 0.73918439 . . . . Die Fixpunktiteration (xn )n∈N scheint also gegen einen Wert x ≈ 0.73 zu konvergieren. Wenn wir dies für den Moment einmal annehmen, so muss dieser Grenzwert x tatsächlich ein Fixpunkt der Cosinusfunktion sein, denn es gilt cos x = cos lim xn = lim cos(xn ) = lim xn+1 = x. n→∞ n→∞ n→∞ Dass die Folge (xn )n∈N tatsächlich konvergiert ist jetzt eine Konsequenz des nun zu beweisenden Banachschen Fixpunktsatzes. Dieser wird uns zusätzlich auch eine Apriori Abschätzung für den Approximationsfehler liefern. Satz 1.1 (Banachscher Fixpunktsatz) Seien E ein Banachraum, ∅ = 6 M ⊆ E eine abgeschlossene Teilmenge und T : M → M eine Abbildung. Es gebe eine Konstante 0 ≤ q < 1 mit ||T x − T y|| ≤ q||x − y|| für alle x, y ∈ M . Dann existiert genau ein z ∈ M mit T z = z. Für jedes x ∈ M gilt dabei z = lim T n x und ||T n x − z|| ≤ n→∞ qn ||T x − x|| 1−q für alle n ∈ N. Beweis: Beachte das es höchstens einen Fixpunkt von T geben kann, denn sind z, z 0 ∈ M mit T z = z und T z 0 = z 0 , so haben wir ||z − z 0 || = ||T z − T z 0 || ≤ q||z − z 0 ||, also wegen q < 1 auch ||z − z 0 || = 0 und somit ist z = z 0 . Es sind also nur die Existenz eines Fixpunkts und die angegebene Abschätzung zu beweisen. Zunächst beachte das urch iterierte Anwendung der Kontraktionsbedingung auch ||T n x − T n y|| ≤ q n ||x − y|| für alle x, y ∈ M , n ∈ N folgt. Sei nun x ∈ M gegeben. Für alle n ∈ N, m ≥ 1 haben wir dann m−1 X n+k+1 n+m n n+k ||T x − T x|| = (T x−T x) k=0 ≤ m−1 X k=0 2-2 q n+k ||T x − x|| = q n (1 − q m ) ||T x − x||. 1−q Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 Insbesondere gilt für alle n, m ∈ N mit m > n auch ||T m x − T n x|| ≤ qn ||T x − x|| 1−q und wegen q < 1 ist (T n x)n∈N damit eine Cauchyfolge in M . Da E vollständig und M ⊆ E abgeschlossen sind, existiert somit der Grenzwert z := lim T n x ∈ M. n→∞ Für jedes n ∈ N haben wir dabei ||T n x − z|| = lim ||T m x − T n x|| ≤ m→∞ qn ||T x − x||. 1−q Schließlich gilt T z = lim T n+1 x = lim T n x = z, n→∞ n→∞ d.h. z ist ein Fixpunkt von T . Da es nur einen Fixpunkt von T geben kann, ist z dabei auch unabhängig vom speziell gewählten Startwert x ∈ M . Wie schon erwähnt bezeichnet man die Voraussetzung ∀(x, y ∈ M ) : ||T x − T y|| ≤ q||x − y|| mit q < 1 auch als Kontraktionsbedingung“ und T heißt entsprechend eine Kontrak” tion. Schauen wir uns dies einmal im Beispiel des Cosinus cos : [0, π/3] → [0, π/3] an. Sind 0 ≤ x < y ≤ π/3, so gibt es nach dem Mittelwertsatz I.§14.Satz 10 ein ξ ∈ (x, y) mit cos y − cos x = − sin(ξ) · (y − x) √ und wegen 0 < sin(ξ) < sin(π/3) = 3/2 folgt √ 3 | cos y − cos x| = | sin ξ| · |y − x| < |y − x|. 2 √ Die Kontraktionsbedingung ist hier also mit q = 3/2 erfüllt. Für den Startwert x0 = 0 konvergiert die durch xn+1 := cos(xn ) für n ∈ N definierte Fixpunktiteration also tatsächlich gegen das z ∈ [0, π/3] mit cos z = z. Oben haben wir den Wert x21 = 0.73918439 . . . berechnet und fragen uns nun wie gut diese Näherung an z eigentlich ist. Die a-priori Abschätzung des Banachschen Fixpunktsatzes ist direkt angewendet nicht besonders hilfreich und liefert nur eine nutzlose Fehlerschranke |z − x21 | ≤ 0.36401628 . . .. Wir können die Abschätzung aber auch geschickter anwenden, die weiteren Glieder der Fixpunktiteration sind genau diejenigen der mit dem Startwert x00 = x21 startendenn Iteration, also gilt auch |z − x21 | ≤ | cos(x21 ) − x21 | = 0.00124006 . . . , 1−q 2-3 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 d.h. wir haben im wesentlichen die ersten beiden Nachkommastellen von z bestimmt. Nun wollen wir mit dem Beweis des Umkehrsatzes beginnen und der Übersichtlichkeit halber teilen wir diesen in einige Lemmata auf. Das erste solche Lemma ist dabei der technische Kern des ganzen Umkehrsatzes und behandelt einen leicht normierten Spezialfall. Wir nehmen an das unser Punkt x = 0 ist und das f (0) = 0 und f 0 (0) = 1 gelten. Dabei ist mit 1“ die Identität auf dem Rn gemeint, wann immer an ” einer Stelle an der eine lineare Abbildung oder eine Matrix stehen müsste ein Skalar auftaucht, so ist mit diesem das entsprechende Vielfache der Identität der der Einheitsmatrix gemeint. Auf dem Rn verwenden wir eine beliebige Norm || ||, es muss sich nicht unbedingt um die euklidische Norm handeln. Lemma 1.2 (Injektivität auf Kugeln, normierte Version) Seien n ∈ N mit n ≥ 1, U ⊆ Rn offen und f : U → Rn eine stetig differenzierbare Funktion. Es gelte 0 ∈ U , f (0) = 0 und f 0 (0) = 1. Weiter seien 0 < < 1 und r > 0 mit B r (0) ⊆ U gegeben und für jedes x ∈ B r (0) sei ||f 0 (x) − 1|| ≤ . Dann gelten: (a) Die Einschränkung f |B r (0) ist injektiv. (b) Es gilt B (1−)r (0) ⊆ f (B r (0)) ⊆ B (1+)r (0). (c) Die Umkehrfunktion g := (f |B r (0))−1 |B(1−)r (0) ist in 0 differenzierbar mit der Ableitung g 0 (0) = 1. Beweis: Wir betrachten die Hilfsfunktion h : U → Rn ; x 7→ f (x) − x. Dann ist h stetig differenzierbar mit h(0) = 0, h0 (0) = 0 und für jedes x ∈ B r (0) gelten f (x) = x + h(x) und ||h0 (x)|| = ||f 0 (x) − 1|| ≤ . Da die Kugel B r (0) ⊆ U konvex ist, folgt mit der Mittelwertungleichung II.§8.Lemma 21 auch ! ||h(y) − h(x)|| ≤ sup ||h0 (ξ)|| · ||y − x|| ≤ ||y − x|| ξ∈[x,y] für alle x, y ∈ B r (0). Für x, y ∈ B r (0) folgt hieraus weiter ||f (y) − f (x)|| = ||y − x + h(y) − h(x)|| ≥ ||y − x|| − ||h(y) − h(x)|| ≥ (1 − )||y − x||, und da 1 − > 0 ist, ist f |B r (0) insbesondere injektiv. Für jedes x ∈ B r (0) ergeben sich wegen h(0) = 0 weiter ||h(x)|| = ||h(x) − h(0)|| ≤ ||x|| und ||f (x)|| ≤ ||x|| + ||h(x)|| ≤ (1 + )||x|| ≤ (1 + )r, d.h. es ist f (x) ∈ B (1+)r (0). Dies beweist die Inklusion f (B r (0)) ⊆ B (1+)r (0). Der Nachweis der anderen Inklusion in (b) ist komplizierter und hier kommt der Banachsche 2-4 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 Fixpunktsatz zum Tragen. Sei y ∈ B (1−)r (0) gegeben. Wir müssen zeigen das es dann ein x ∈ B r (0) mit f (x) = y gibt, und hierfür betrachten wir die Hilfsabbildung T : B r (0) → Rn ; x 7→ y + x − f (x) = y − h(x). Beachte das für x ∈ B r (0) genau dann f (x) = y gilt wenn T (x) = x ist, wir müssen also einsehen das die Abbildung T einen Fixpunkt hat. Für jedes x ∈ B r (0) gilt ||T (x) − y|| = ||h(x)|| ≤ ||x|| ≤ r also auch ||T (x)|| ≤ ||T (x) − y|| + ||y|| ≤ r + (1 − )r = r, d.h. wir haben T (x) ∈ B r (0). Damit ist T eine Abbildung T : B r (0) → B r (0). Weiter gilt für alle x, x0 ∈ B r (0) stets die Kontraktionsbedingung ||T (x) − T (x0 )|| = ||h(x0 ) − h(x)|| ≤ ||x − x0 ||. Wegen < 1 ist der Banachsche Fixpunktsatz Satz 1 anwendbar und liefert die Existenz eines x ∈ B r (0) mit T (x) = x, also mit f (x) = y. Damit haben wir B (1−)r (0) ⊆ f (B r (0)) eingesehen. Es verbleibt nur noch die Differenzierbarkeitsaussage über die Umkehrfunktion g zu beweisen. Zunächst beachte das die Abbildung g nach (a) und (b) überhaupt wohldefiniert ist. Sei y ∈ B(1−)r (0) und setze x := g(y) ∈ B r (0). Dann ist y = f (x) = x + h(x) = g(y) + h(g(y)), also haben wir mit τ (y) := −h(g(y)) auch g(y) = y − h(g(y)) = g(0) + y + τ (y). Wir müssen einsehen das limy→0 ||τ (y)||/||y|| = 0 gilt. Sei also α > 0 gegeben. Wegen h(0) = 0 und h0 (0) = 0 gibt es dann ein β > 0 so, dass für alle x ∈ U mit ||x|| < β stets ||h(x)|| ≤ (1 − )α||x|| gilt. Sei jetzt y ∈ B(1−)r (0) mit ||y|| < (1 − )β und setze x := g(y) ∈ B r (0). Dann gilt ||y|| = ||f (x)|| = ||f (x) − f (0)|| ≥ (1 − )||x|| = (1 − )||g(y)||, also ist auch ||g(y)|| ≤ ||y|| <β 1− und somit folgt ||τ (y)|| = ||h(g(y))|| ≤ (1 − )α||g(y)|| ≤ α||y||. Dies beweist das g in 0 mit der Ableitung g 0 (0) = 1 differenzierbar ist. 2-5 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 Dieses Lemma ist bereits im wesentlichen der Umkehrsatz, die spezielle Situation f (0) = 0, f 0 (0) = 1 läßt sich leicht durch eine affine Koordinatentransformation herstellen, wie wir nun einsehen wollen. Es ist hilfreich sich zuvor zwei kleine Eigenschaften der Norm linearer Abbildungen zu überlegen. Seien also E, F zwei normierte Räume und T : E → F eine stetige lineare Abbildung. Wie schon erwähnt ist die Norm von T definiert als ||T || = inf{C ≥ 0|∀(u ∈ E) : ||T u|| ≤ C||u||}, d.h. es gilt ||T u|| ≤ ||T || · ||u|| für alle u ∈ E. Seien x ∈ E und r > 0 gegeben. Für jedes u ∈ B r (x) gilt ||u − x|| ≤ r, also ist auch ||T u − T x|| = ||T (u − x)|| ≤ ||T || · ||u − x|| ≤ ||T || · r, d.h. T u ∈ B ||T ||r (T x). Diese Überlegung zeigt T (B r (x)) ⊆ B ||T ||r (T x). Nehme jetzt weiter an das T bijektiv mit wieder stetiger Umkehrabbildung T −1 ist und das E 6= 0 gilt, also insbesondere T −1 6= 0. Unsere eben angestellte Überlegung angewandt auf T −1 liefert dann r r T −1 B ||T −1 (T x) ⊆ B r (x), also auch B ||T −1 (T x) ⊆ T (B r (x)). || || Im Fall T 6= 0 gelten diese beiden Aussagen mit demselben Beweis auch für offene Kugeln. Für die zweite Beobachtung seien G ein weiterer normierter Raum und S : F → G eine stetige lineare Abbildung. Für jedes u ∈ E haben wir dann ||ST u|| ≤ ||S|| · ||T u|| ≤ ||S|| · ||T || · ||u||, d.h. es ist ||ST || ≤ ||S|| · ||T ||. Damit sind wir jetzt in der Lage auf die Normierungen f (0) = 0, f 0 (0) = 1 im Injektivitätslemma zu verzichten. Lemma 1.3 (Injektivität auf Kugeln, allgemeine Version) Seien n ∈ N mit n ≥ 1, U ⊆ Rn offen und f : U → Rn eine stetig differenzierbare Funktion. Weiter sei x0 ∈ U , die Ableitung T := f 0 (x0 ) sei invertierbar und schließlich seien r, > 0 mit < 1/||T −1 ||, B r (x0 ) ⊆ U und ||f 0 (x) − T || ≤ für alle x ∈ B(x0 ) gegeben. Dann gelten: (a) Die Einschränkung f |B r (0) ist injektiv. (b) Es gilt B (||T −1 ||−1 −)·r (f (x0 )) ⊆ f (B r (x0 )) ⊆ B ||T ||(1+||T −1 ||)·r (f (x0 )). (c) Die Umkehrfunktion g := (f |B r (x0 ))−1 |B(||T −1 ||−1 −)·r (f (x0 )) ist in f (x0 ) differenzierbar mit g 0 (f (x0 )) = T −1 . Beweis: Wir betrachten die stetig differenzierbare Hilfsfunktion h : U − x0 → Rn ; x 7→ T −1 f (x + x0 ) − T −1 f (x0 ) 2-6 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 mit h0 (x) = T −1 f 0 (x + x0 ) für alle x ∈ U − x0 . Dann haben wir 0 ∈ U − x0 , B r (0) = B r (x0 ) − x0 ⊆ U − x0 , h(0) = T −1 f (x0 ) − T −1 f (x0 ) = 0, h0 (0) = T −1 f 0 (x0 ) = 1 und für jedes x ∈ B r (0) ist x + x0 ∈ B r (x0 ) und somit ||h0 (x) − 1|| = ||T −1 f 0 (x + x0 ) − T −1 T || ≤ ||T −1 || · ||f 0 (x + x0 ) − T || ≤ ||T −1 || < 1. Damit können wir auf h die normierte Form Lemma 2 des Injektivitätslemmas anwenden und erhalten das h|B r (0) injektiv ist, das B (1−||T −1 ||)r (0) ⊆ h(B r (0)) ⊆ B (1+||T −1 ||)r (0) gilt und das schließlich ge := (h|B r (0))−1 |B(1−||T −1 ||)r (0) in 0 differenzierbar ist mit ge 0 (0) = 1. Für jedes x ∈ U gilt f (x) = T h(x − x0 ) + f (x0 ), also ist auch f |B r (x0 ) = B r (0) + x0 injektiv und es gilt B (||T −1 ||−1 −)·r (f (x0 )) ⊆ T B (1−||T −1 ||)r (0) + f (x0 ) ⊆ T (h(B r (0))) + f (x0 ) = f (B r (x0 )) ⊆ T B (1+||T −1 ||)r (0) + f (x0 ) ⊆ B ||T ||(1+||T −1 ||)r (f (x0 )). Schließlich behaupten wir das für alle y ∈ B(||T −1 ||−1 −)r (f (x0 )) stets g(y) = ge(T −1 (y − f (x0 ))) + x0 gilt. Sei nämlich y ∈ B(||T −1 ||−1 −)r (f (x0 )) gegeben. Dann ist y − f (x0 ) ∈ B(||T −1 ||−1 −)r (0) ⊆ T (B(1−||T −1 ||)r (0)), also haben wir auch T −1 (y −f (x0 )) ∈ B(1−||T −1 ||)r (0) und somit ist ge(T −1 (y −f (x0 ))) ∈ B r (0) wohldefiniert und es gilt h(e g (T −1 (y − f (x0 )))) = T −1 (y − f (x0 )). Damit ist −1 g (T −1 (y − f (x0 )))) + schließlich x := ge(T (y − f (x0 ))) + x0 ∈ B r (x0 ) mit f (x) = T h(e f (x0 ) = T T −1 (y − f (x0 )) + f (x0 ) = y, und dies bedeutet g(y) = x wie behauptet. Damit ist diese Hilfsbehauptung bewiesen und nach der Kettenregel II.§8.Satz 17 ist g in f (x0 ) differenzierbar mit der Ableitung g 0 (f (x0 )) = ge 0 (0)T −1 = T −1 . Für den vollen Umkehrsatz fehlt aber noch eine wesentliche Zutat. Das Injektivitätslemma liefert uns direkt nur die Differenzierbarkeit der Umkehrfunktion in einem einzelnen Punkt, um auch die Differenzierbarkeit in anderen Punkten einzusehen benötigen wir das f 0 (x) auch für alle x ausreichend nahe bei x0 invertierbar bleibt. Um zu sehen wie wir dieses Problem angehen können erinnern wir uns zunächst an eine wichtige Aussage des vorigen Semesters. Angenommen wir haben zwei normierte Räume E, F , eine offene Teilmenge U ⊆ E von E und eine stetige Funktion f : U → F . Dann ist für jede in F offene Menge V ⊆ F auch das Urbild f −1 (V ) ⊆ U in E offen. Dies hatten wir zum Beispiel in II.§4 eingesehen, dies war Beispiel 3 im Anschluß an die Definition 2-7 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 offener Teilmengen eines normierten Raums. Im gleich folgenden Lemma werden wir diese Beobachtung benutzen, um zu beweisen das die Menge GLn R aller invertierbaren n × n-Matrizen offen in der Menge Rn×n aller n × n-Matrizen ist. Wenn wir dies einmal eingesehen haben, können wir für unsere stetig differenzierbare Funktion f : U → Rn folgern das die Menge {x ∈ U |f 0 (x) ist invertierbar} = {x ∈ U |f 0 (x) ∈ GLn R} = (f 0 )−1 (GLn R) aller Punkte x ∈ U in denen f 0 (x) invertierbar ist als Urbild der offenen Menge GLn R unter der stetigen Funktion f 0 selbst wieder offen. Ist also f 0 (x) für ein x ∈ U invertierbar, so trifft dies auch auf alle x0 ∈ U nahe bei x zu. Lemma 1.4 (Differenzierbarkeit der Matrixinversion) Sei n ∈ N mit n ≥ 1 gegeben. Dann gelten: (a) Die Menge GLn R := {A ∈ Rn×n |A ist invertierbar} der invertierbaren reellen n × n-Matrizen ist offen in Rn×n . (b) Die Determinante det : Rn×n → R ist eine unendlich oft differenzierbare Funktion. (c) Die Abbildung −1 : GLn R → Rn×n ; A 7→ A−1 ist unendlich oft differenzierbar. Beweis: (b) Für jede Matrix A = (aij )1≤i,j≤n ∈ Rn×n besagt die sogenannte Leipnitzsche Determinantenformel aus der linearen Algebra das X (−1)π a1π(1) · . . . · anπ(n) , det A = π∈Sn in I.§10.2 hatten wir dies sogar als die Definition der Determinante verwendet. Die Determinante ist also ein Polynom von Grad n in den Einträgen der Matrix und insbesondere ist die Determinantenfunktion unendlich oft differenzierbar. (a) Eine n × n-Matrix A ∈ Rn×n ist nach I.§10.Korollar 10 genau dann invertierbar wenn det A 6= 0 gilt, d.h. wir haben GLn R = {A ∈ Rn×n | det A 6= 0} = det−1 (R\{0}). Da det : Rn×n → R nach (b) insbesondere stetig ist, ist GLn R = det−1 (R\{0}) damit offen in Rn×n . (c) Sind A ∈ Rn×n und 1 ≤ i, j ≤ n so bezeichne Aij die (n − 1) × (n − 1)-Matrix die aus A durch Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte entsteht. Nach der Cramerschen Regel für die inverse Matrix I.§10.Korollar 10 ist für jede invertierbare Matrix A ∈ GLn R und alle 1 ≤ i, j ≤ n der (i, j)-te Eintrag der inversen Matrix 2-8 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 A−1 gegeben als (−1)i+j det Aji / det A und dies ist nach Teil (b) als Quotient zweier unendlich oft differenzierbarer Funktionen wieder unendlich oft differenzierbar. Den verbleibenden Teil dieses Skripts haben wir zwar in der Vorlesung nicht mehr geschafft, da dieser aber teilweise schon in den Übungsaufgaben vorkommt wird er hier trotzdem mit aufgeführt. Wir werden diese Teile etwas ausführlicher in der nächsten Sitzung behandeln. Satz 1.5 (Satz über Umkehrfunktionen) Seien n ∈ N mit n ≥ 1 und U ⊆ Rn offen. Weiter sei f : U → Rn eine stetig differenzierbare Funktion und es sei x0 ∈ U ein Punkt so, dass die Ableitung f 0 (x0 ) invertierbar ist. Dann existieren offene Mengen V, W ⊆ Rn mit x0 ∈ V ⊆ U so, dass f |V : V → W bijektiv mit stetig differenzierbarer Umkehrfunktion (f |V )−1 : W → Rn ist. Weiter ist f 0 (x) für jedes x ∈ V invertierbar und es gilt für jedes x ∈ W stets 0 (f |V )−1 (x) = f 0 ((f |V )−1 (x))−1 . Beweis: Dies folgt durch Kombination von Lemma 3 und Lemma 4. Im Skript zur nächsten Sitzung wird dies genauer behandelt werden. Bevor wir zu einem kleinen Beispiel kommen, wollen wir erst einmal einige unmittelbare Korollare des Umkehrsatzes festhalten. Korollar 1.6 (Höhere Differenzierbarkeit von Umkehrfunktionen) Seien n ∈ N, q ∈ N ∪ {∞} mit n, q ≥ 1 und U ⊆ Rn offen. Weiter sei f : U → Rn eine q-fach stetig differenzierbare Funktion und es sei x0 ∈ U ein Punkt so, dass die Ableitung f 0 (x0 ) invertierbar ist. Dann existieren offene Mengen V, W ⊆ Rn mit x0 ∈ V ⊆ U so, dass f |V : V → W bijektiv mit q-fach stetig differenzierbarer Umkehrfunktion (f |V )−1 : W → Rn ist. Beweis: Klar nach Satz 5 und Lemma 4.(c). Definition 1.1: Seien U, V ⊆ Rn offen und q ∈ N ∪ {∞} mit q ≥ 1. Ein C q Diffeomorphismus f : U → V ist eine bijektive, q-fach stetig differenzierbare Abbildung f : U → V so, dass auch die Umkehrabbildung f −1 : V → U wieder q-fach stetig differenzierbar ist. Korollar 1.7 (Kriterium für C q -Diffeomorphismen) Seien n ∈ N, q ∈ N ∪ {∞} mit n, q ≥ 1, U ⊆ Rn offen und f : U → Rn eine q-fach stetig differenzierbare Abbildung. Schreibe V := f (U ) ⊆ Rn . Dann gelten: 2-9 Mathematik für Physiker III, WS 2012/2013 Freitag 26.10 (a) Ist f 0 (x) für jedes x ∈ U invertierbar, so ist das V offen im Rn . (b) Genau dann ist V ⊆ Rn offen und f : U → V ein C q -Diffeomorphismus wenn f injektiv ist und f 0 (x) für jedes x ∈ U invertierbar ist. Beweis: Dies ist Aufgabe (4). 2-10