Bernd Greiner Zwischen »Totalem Krieg« und »Kleinen Kriegen« Überlegungen zum historischen Ort des Kalten Krieges* Mittelweg 36 2/ 2003 Von den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bis zum Untergang der Sowjetunion: Die Rede ist von einer historischen Epoche mit dem Charme des Chamäleons. Täuschung und Wahrheit, Drohung und Bluff, Offenheit und Geheimnis, Kalkül und Abenteurertum – Übergänge fließend und Wechsel unberechenbar zu machen, geriet zur Essenz des Politischen. Zwei hochgerüstete Machtblöcke propagierten den Frieden und bereiteten die Bühne für den beiderseitigen Untergang, nahmen sich wechselseitig in atomare Geiselhaft und ließen es an Ausbruchsversuchen nicht fehlen, einigten sich auf einen Waffenstillstand in den Metropolen und führten Krieg an der Peripherie, mobilisierten Verbündete und Öffentlichkeit und entmündigten sie zugleich, verschwendeten Ressourcen im großen Stil und schufen Reichtümer in ungeahnter Fülle, verteufelten und vertrugen sich. Und das Wörterbuch der Politik wurde mit neuen Einträgen wie »Gleichgewicht des Schreckens«, »atomare Diplomatie« oder »kontrollierte Aufrüstung« versehen – als Fortschreibung der obsolet gewordenen Vorstellungen von Interessenausgleich, Machtbalance oder Abrüstung. Daß das Paradoxe zur Norm und die Normalität paradox geworden war, spiegelt sich nicht zuletzt in der Erinnerung der Zeitgenossen. Was den einen als »Dark Age« dünkt, erscheint den anderen als »Goldenes Zeitalter«. Jeder Versuch, dem Phänomen einen griffigen Namen zu geben, strandet daher im ungefähren. Genauer gesagt: bei einem entschiedenen »Sowohl-Als-auch«. »Kalter Krieg« klingt nach einem kantigen Profil, gäbe es nicht die Unentschiedenheit in der Betonung: Liegt der Akzent auf dem »Kalten« oder doch mehr auf dem »Kriegerischen«? Oder ist eine Mischung mit sich ständig ändernden Anteilen gemeint? Wäre es in diesem Fall nicht von vornherein klüger, einer anderen Bezeichnung den Vorzug zu geben? »Ost-West-Konflikt« scheint auf den ersten Blick gegen diese definitorischen Fallen gefeit. Doch wie tauglich ist ein Begriff, der zwar zu Recht die Abwesenheit von Krieg auf der nördlichen Halbkugel betont, aber zumindest semantisch ignoriert, daß der Konflikt zwischen Ost und West in die letzten Winkel des * Vortrag gehalten anläßlich der Eröffnung der internationalen Konferenz »War der Kalte Krieg ein Krieg? Kriegs- und Kriegerbilder im Wandel«, Hamburger Institut für Sozialforschung, 26. Februar – 1. März 2003. Diese Konferenz bildete den Auftakt zu einer auf mehrere Jahre konzipierten Tagungsreihe, deren Schwerpunkte und erkenntnisleitenden Fragestellungen in diesem Aufsatz vorgestellt werden. 3 Thema Mittelweg 36 2/ 2003 Globus vordrang und mit Lateinamerika oder dem südlich der Sahara gelegenen Afrika Gegenden erfaßte, die selbst vom Zweiten Weltkrieg verschont geblieben waren? Wenn auch nicht jeder der 160 Kriege, die zwischen 1945 und 1991 in der Dritten Welt geführt wurden, in das von Moskau und Washington definierte Koordinatensystem der Weltpolitik passte – allzuoft war es doch der Fall. Und die damit einhergehenden Gemetzel unter dem Rubrum »Konflikt« zu fassen, verbietet sich von selbst. Als letztmögliche Wahl bleibt die Rede von der »Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Kapitalismus«. Sie kann ihre Herkunft aus dem Fundus politischer Kampfbegriffe nicht verleugnen. Womit auch der wesentliche Einwand formuliert wäre: Wer sich dieser Wendung bedient, reduziert das Farbenspektrum des Chamäleons auf schwarz und weiß. Folglich ist »Kalter Krieg« die beste Wahl aus einem durchweg unbefriedigenden Angebot begrifflicher Verallgemeinerungen. Daß die historische Forschung über den Kalten Krieg nach der unerwarteten Öffnung zahlreicher Archive in der ehemaligen Sowjetunion und in Osteuropa, in China und selbst in Kuba einen neuerlichen Aufschwung nehmen würde, war zu erwarten. Nicht jedoch, daß die weitaus größte Zahl dieser Arbeiten in einem bereits in den 60er Jahren definierten Horizont traditioneller Fragen und Methoden verharren würde. Wie ehedem streiten sich die mit neuem Personal besetzten alten Schulen – Traditionalisten, Revisionisten und Postrevisionisten auf der Seite der Historiker, Realisten und Neorealisten auf der Seite der Politikwissenschaftler – um die adäquate Deutung von Diplomatie-, Ereignis- und Ideengeschichte, prüfen die Ursprünge der Konfrontation noch einmal hinsichtlich der schuldhaften Anteile in Ost wie West oder verhaken sich im Streit um die norm- und stilbildende Kraft von Ideen auf der einen, Interessen und Machtressourcen auf der anderen Seite. Mitunter fühlt man sich an die »Kriegsschulddebatte« der 20er Jahre erinnert und die damals dokumentierte Neigung gewisser Zeithistoriker, ihre wissenschaftlichen Befunde als politische Handreichung zu verpacken. Vielleicht ist es aber auch nur Zufall, daß Condoleezza Rice ihr Bedauern über einen ausgebliebenen Präventivkrieg gegen Stalin mit den Aussagen des Historikers John Lewis Gaddis begründen kann. Wie dem auch sei: Melyvn P. Leffler beklagt zu Recht eine analytische Regression. Je größer, so scheint es, die Zahl der Einzelstudien, desto mehr gerät der Kalte Krieg als Epoche aus dem Blickfeld, desto undeutlicher wird der Zusammenhang zwischen Prozeß und Struktur und die Korrelation von historischem Raum und Zeit.1 1 Vgl. Melvyn P. Leffler, »Bringing it Together. The Parts and the Whole«, in: Odd Arne Westad, Ed., Reviewing the Cold War. Approaches, Interpretations, Theory, London, Portland 2000, S. 43 – 63; Geir Lundestad, »How (Not) to Study the Origins of the Cold War«, in: Ebenda, S. 64 – 80. 4 Thema Will sie nicht in den Geruch des Wohlfeilen geraten, muß eine so vorgetragene Kritik ihrerseits dem Einwand begegnen, das Bemühen um eine in systematischer Absicht betriebene Gesamtschau auf den Kalten Krieg werde am Gegenstand selbst scheitern. In der Tat: Die schiere Zahl der Akteure, die örtliche und thematische Geschiedenheit der Schauplätze, der ständige Themenwechsel, die unterschiedlichen, von atmosphärischen wie substantiellen Schwankungen unterlegten Verlaufskurven und vor allem die Tatsache, daß die Konfrontation zwischen Gesellschaften ausgetragen wurde, die ob ihrer grundsätzlichen Verschiedenheit jeden Vergleich von vornherein schwierig, wenn nicht aussichtslos machen – dergleichen setzt einer holistischen Betrachtung Grenzen. Und jeder Versuch, dieselben zu relativieren, wäre töricht. Dennoch bleibt festzuhalten: Hinter der von Brüchen und Diskontinuitäten gestalteten Geschichte des Kalten Krieges liegt ein Zusammenhalt und Struktur stiftendes Muster von Konflikten. Sie standen in den 40er wie in den 80er Jahren im Zentrum öffentlichen Interesses und politischer Entscheidungsfindung, sie bilden die konturierende Achse in einem fast fünf Dekaden währenden Geschehen. Gemeint ist erstens die diskursive De- und Relegitimierung einer Strategie des »Totalen Krieges«; zweitens die politisch instrumentelle Eskalation und Deeskalation von Krisen; drittens die rüstungspolitisch überformte Vernichtung und Akkumulation gesellschaftlicher Ressourcen; viertens der Konflikt um den Zugang zu den Ressourcen der Macht, um Partizipation und Ausschluß, Kontrolle und Öffentlichkeit; und fünftens schließlich die für Strategiebildung wie Komposition der Streitkräfte gleichermaßen relevante Spannung zwischen regionalisiertem Frieden und globalisiertem Krieg. Öffentlicher Diskurs, Außenpolitik, Wirtschaftsentwicklung, politisches System und Militär – die begrifflichen Kürzel bilden auf ihre Weise die strategische Vorgabe der Politik des Kalten Krieges ab. Im Verständnis ihrer Auguren in Ost wie West handelte es sich nämlich um »Totale Politik« – um ein Konzept des Politischen also, das die Grenzen zwischen den traditionellen Ressorts Innen und Außen, vornehmlich aber zwischen Zivil und Militär, verflüssigt. Daß diese »Verflüssigung« des Gegenstandes jeder Systematisierung, zumal einer auf das Gesamte gerichteten, als sperrige Herausforderung gegenübertritt, liegt auf der Hand. Sie anzunehmen, weil von der Sache selbst diktiert, nicht minder.2 De- und Relegitimierung der Strategie des »Totalen Krieges« Mittelweg 36 2/ 2003 »Ist der Krieg noch zu retten?« lautete der Titel einer in der Bundesrepublik Mitte der 60er Jahre populären Sammlung von Auf2 Zur Definition des Begriffs »Totale Politik« im Memorandum Nr. 68 des Nationalen Sicherheitsrates der USA aus dem Jahr 1950 vgl.: Bernd Greiner, »How the Cold War was Played«, in: Englisch-Amerikanische Studien, 4, 1979, S. 580 – 592. 5 Thema Mittelweg 36 2/ 2003 sätzen, deren Autoren sich zu einem Klub der Unverträglichen zusammengefunden hatten: Bertrand Russell neben Robert Straus-Hupe, Hermann Kahn neben Golo Mann, Edward Teller neben Niels Bohr, um nur einige Namen zu nennen. Wieder einmal wurden Kriegsszenarien – atomarer und konventioneller Natur – durchgespielt, wieder einmal das moralische Für und Wider des Krieges an sich und vor allem die Dilemmata einer Politik erörtert, die Frieden schaffen wollte und zu diesem Zweck immer zerstörerische Waffen akkumulierte. Die Argumente sind ebenso bekannt wie überholt und daher nur noch von akademischem Interesse. Bleibenden Wert hat das Buch aus einem anderen Grund. Es kann als Dokument für die Präsenz des Militärischen im öffentlichen Diskurs gedeutet werden. Nicht daß das Undenkbare zum Nachdenken herausforderte, ist die Botschaft. Bemerkenswert ist vielmehr die Popularisierung von Kriegsbildern und Kriegsszenarien – ein in Ost wie West und gleichermaßen für den gesamten Zeitraum des Kalten Krieges zu beobachtendes Phänomen. Im Westen trugen Zeitungen und Publikumszeitschriften das ihre dazu bei, meistens auf eigene Verantwortung, bisweilen aber auch als Multiplikatoren im Auftrag staatlicher Stellen. Letzteres gilt zum Beispiel für die opulente Darstellung eines atomaren Angriffs auf die UdSSR, mit dem die Illustrierte »Collier’s« im Jahr 1950 für Furore sorgte. Im Osten war derlei staatlich orchestriertes »Impression Management« die Regel. Zwar hatte sich die öffentliche atomare Prahlerei eines Nikita Chruschtschow mit dessen Ablösung aus dem Amt des Regierungschefs erschöpft. Aber Paraden zum 1. Mai, zum Tag der Roten Armee oder zu den Jahrestagen der Oktoberrevolution standen bis zum Ende der Sowjetunion im Zeichen waffenstarrender Selbstinszenierungen. Wenn überhaupt, wird man nur wenige andere Zeiten zitieren können, in denen mitten im Frieden der Krieg in den Köpfen derart allgegenwärtig war.3 Was Stärke und Entschlußkraft dokumentieren sollte, war im Grunde ein Ausweis von Ratlosigkeit und Unsicherheit. In anderen Worten: Dieser Teil der Geschichte handelt von gravierenden Legitimationsproblemen. Um ihnen zu entgehen, hatten die USA und die UdSSR im ersten Nachkriegsjahrzehnt ihre konventionellen Streitkräfte drastisch reduziert – von 3 Helmut Lindemann (Hrsg.), Ist der Krieg noch zu retten? Eine Anthologie militärpolitischer Meinungen, Frankfurt am Main 1965. Vgl. »Russia’s Defeat and Occupation, 1952 –1960. Preview of the War We Do Not Want«, in: Collier’s, 27.10.1951, S. 6 –118; »Präventivkrieg?«, in: Stern, 29, 18.7.1959, S. 18 – 23, 48. 6 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 8 Millionen auf 554 000 Mann im einen, von 13 Millionen auf 2,4 Millionen und damit auf das niedrigste Niveau seit 1938 im anderen Fall. Die politisch durchsetzbare, weil zugleich finanziell günstigste Lösung war bekanntlich für beide Seiten der »New Look«. Doch die Fixierung auf atomare Waffen und eine die Tradition des »totalen Luftkrieges« radikalisierende Doktrin war, von den Schwierigkeiten öffentlicher Akzeptanz abgesehen, auf andere Weise untauglich. Der Krieg schien nicht mehr zu retten, um mit den Autoren des eingangs zitierten Sammelbandes zu sprechen – es sei denn, man handelte aus der Perspektive eines Selbstmörders. Dessen eingedenk mäßigte sogar der jahrelang das Image des nuklearen Rambos pflegende Mao Zedong seine Rhetorik. So wurde die längste Zeit des Kalten Krieges auf die Suche nach praktikablen Strategien der Kriegsführung verwendet. »Flexible response« und »SDI« bzw. »Raketenabwehr« markieren den Beginn und das vorläufige Ende der Diskussion. Sie mutet wie eine Reproduktion des Immergleichen an. Sich aus der einen Legitimationsfalle zu lösen, war nur um den Preis möglich, in eine andere hineinzutappen. Die vom Kalten Krieg generierte politische Kultur spiegelt das Dilemma auf ihre Weise. Einerseits findet sich die Heroisierung von Ikonen des Atomzeitalters: Die mit taillierten Lederjacken und RayBan-Brillen ausgestatteten »Mega-Death-Dealer« der Kampfjets oder die Kosmonauten, die den Weltraum eroberten und dabei auch dokumentierten, daß der neue sowjetische Mensch sich zum Herren über eine dem Imperialismus überlegene Raketentechnik aufgeschwungen hatte. Andererseits erfreuten sich die in unterschiedlichem Gewand auftretenden »Abschreckungskrieger« nicht minderer Popularität. Sie erlernten das Handwerk des Krieges mit dem erklärten Vorsatz, es nie oder allenfalls zur Abwehr des Äußersten praktizieren zu müssen. Dieser Kriegertyp residierte nicht auf dem Feld, sondern hinter dem Schreibtisch. Oder er arbeitete als Agent in einer von Ian Fleming und Julian Simyonov ausgestatteten Schattenwelt, in der nur Blut floß, wenn es galt, das große Blutvergießen zu verhindern. In anderen Worten: Die Konkurrenz unterschiedlicher und doch reziprok aufeinander bezogener Deutungsangebote scheint die eigentliche Signatur des Kalten Krieges zu sein. Sie beschreibt eine fortlaufende Überblendung von Akklamation, Skepsis und Opposition, von verunsichertem Bellizismus und labilem Pazifismus. Davon zeugen auch die einschlägigen Analysen politischer Debatten und Bewegungen. Einseitig festgelegte Kategorien wie »Militarisierung« versagen daher jeden analy7 Thema tischen Gewinn – gleichgültig, ob sich der Blick nach Osten oder nach Westen richtet. Den kulturellen, sozialen und politischen Ort des Militärs im Kalten Krieg zu bestimmen, gehört zu den größten Herausforderungen an die zeithistorische Forschung. Die Kategorien Delegitimierung und Relegitimierung bieten sich als heuristische Instrumente an, um Fragen nach der symbolischen Präsenz, der sozialen Akzeptanz und des gesellschaftlichen Prestiges von Streitkräften zu reflektieren. An den Befunden wird sich ablesen lassen, ob und mit welcher Strahlkraft das Erbe der in der ersten Jahrhunderthälfte geführten »Totalen Kriege« in die Zeit nach 1945 hineinwirkte. Vor allem aber können sie als Indikator für die Art und Weise gedeutet werden, wie unterschiedliche Gesellschaften mit Gewaltpotentialen und Institutionen der Gewalt umgingen, die selbst das »Zeitalter der Extreme« vor 1945 in den Schatten stellten. Mittelweg 36 2/ 2003 Eskalation und Deeskalation von Krisen Die Bändigung des Krieges war zur Zeit der Blockkonfrontation nur um den Preis einer ständigen Abfolge von Krisen möglich. Deren Entschlüsselung gehört zu den am gründlichsten erforschten Teilgebieten der Zeit. Von der Berlin-Krise des Jahres 1948 bis zur Konfrontation anläßlich der sowjetischen Intervention in Afghanistan liegen ungezählte Studien vor, die vor Augen führen, welche Bedingungen einer Eskalation förderlich waren und unter welchen Voraussetzungen Konflikte deeskaliert werden konnten. Wir haben es mit einem Panorama unterschiedlicher Faktoren zu tun, die kaum auf einen Nenner zu bringen sind. Dennoch fällt ein allen Fällen gemeinsames Motiv auf: die obsessive Angst der Akteure. Ob in Washington, Moskau, Beijing, Hanoi, Phnom Penh, London oder Havanna: Diplomaten, Staatschefs und Militärs verhielten sich ein um das andere Mal wie Getriebene. Interne Memoranden und öffentliche Stellungnahmen künden von der Sorge um Prestige, nationale Erniedrigung und Kontrollverlust, von der Demütigung, Schwäche zu zeigen oder als schwach wahrgenommen zu werden. Dergleichen ist aus der Geschichte der Diplomatie wohlbekannt. Der Kalte Krieg freilich scheint wie ein Treibhaus zur hypertrophen Züchtung solcher Empfindungen gewirkt zu haben. Darauf deutet die Virulenz von Kastrationsängsten und Impotenzphantasien hin, ferner eine sexualisierte Rhetorik, die Lyndon B. Johnson und Josef Stalin zu sprachlich ebenbürtigen Konkurrenten machte. Sich selbst immer wieder der eigenen Stärke zu vergewissern und gegenüber anderen Entschlußkraft und Glaubwürdigkeit demonstrieren zu wollen, ist eine naheliegende Konsequenz. Daß dieses Bestreben allerdings zwanghafte Züge annahm und fortwährend zu einer Verwechslung von Entschiedenheit mit Draufgängertum Anlaß gab, geht auf das emotional überzogene Konto des Kalten Krieges. 8 Thema Mittelweg 36 2/ 2003 »Wir werden unsere Stärke bündeln und wieder der erste sein. Nicht der erste, falls. Nicht der erste, aber. Nicht der erste, wenn. Sondern der erste. Punkt.« Wer hinter dieser Diktion nicht sofort die Handschrift von John F. Kennedys Redenschreiber entdeckt, könnte das Zitat auch einem Chruschtschow, Breschnew oder Mao zuschreiben. Es kündet von einer politischen Haltung, die der Welt anläßlich der Raketenkrise um Kuba beinahe zum Verhängnis geworden wäre und auch jenseits dieser Extremsituation nachhaltig genug war, um eine Politik der Entspannung immer wieder in Frage zu stellen.4 Die Verunsicherung der politischen Klasse ist das eine; Ängste politisch auszuschlachten und gelegentlich in apokalyptische Bedrohungsszenarien umzudeuten, etwas anderes und in der Sache nicht unbedingt Begründetes. Jedem Kabinett und Politbüro gehörten zu jeder Zeit einflußreiche Stichwortgeber an, die wie einst Senator Arthur Vandenberg dazu rieten, das Urteilsvermögen der eigenen Bevölkerung durch Emotionen zu trüben: »Scare the hell out of them.« Nikita Chruschtschows dubiose Qualitäten auf diesem Feld bedürfen keiner näheren Ausführung. Und in allen westlichen Ländern sind Politiker und Parteien Legion, die ihre Karrieren oder parlamentarischen Mehrheiten der virtuosen Nutzung dieses Mittels verdanken. Während des Koreakrieges drohte das Spiel mit der Angst in den USA auf ihre Urheber zurückzufallen – weshalb die Regierung Truman den Einsatz sowjetischer Kampfflugzeuge in der Gegend des Yalu-Flußes samt der in der Folge zu beklagenden Verluste in den eigenen Reihen wie ein Staatsgeheimnis behandelte. Derlei Beispiele sind aber zu selten, als daß aus ihnen tatsächlich ein Einwand gegen die grundsätzliche These formuliert werden könnte: Mit der Beschwörung des Ausnahmezustandes Politik zu machen, wurde während des Kalten Krieges zu einer Regel des Politischen. Nicht durchgängig und in allen Gesellschaften gleich, aber hinreichend häufig, um von einer auf soziale Disziplinierung und politische Integration zielenden Absicht zu sprechen.5 Dahinter ausschließlich Manipulation und sinistre Absichten der Eliten zu vermuten, käme einer Verharmlosung des Problems gleich. Regierungen, die sich derartiger Instrumente bedienten, durften in der Regel einer populistisch eingefärbten Zustimmung gewiß sein. So hatte sich in China seit dem Opiumkrieg der 1830er Jahre eine Phobie vor ausländischer Unterdrückung und Überfremdung eingefressen – eine Grundstimmung, die angesichts des japanischen Auftretens im Zweiten Weltkrieg gegen jeden Zweifel gefeit war. Daß die Erfahrungen des Weltkrieges in der Sowjetunion ebenfalls kulturell tiefverwurzelte Ein4 John F. Kennedy, zit. nach Martin Walker, The Cold War. A History, New York 1994, S. 132. Vgl. Shu Guang Zhang, »China’s Strategic Culture and Cold War Confrontations«, in: Westad, Reviewing, S. 258 – 277. 5 Vgl. Walker, Cold War, S. 76 ff. 9 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 kreisungsängste nebst Mißtrauen gegenüber dem Westen mobilisiert hatten, ist bekannt und wiederholt als politisch verfestigte Paranoia interpretiert worden. Weniger bekannt, aber gleichermaßen relevant sind die frappierenden Parallelen in der Kulturgeschichte der USA. Genauer gesagt: die verbreitete Neigung, die in der Neuen Welt errungenen Freiheiten als ungefestigt und dauerhaft von verschwörerischen Usurpatoren, »Armies of the night«, bedroht zu sehen, die ob ihrer wechselnden Gestalt und ihrer Ortlosigkeit nicht dingfest zu machen sind. In der Phobie des »Freedom Under Siege« befangen, druckten amerikanische Zeitschriften noch in den 70er Jahren Weltkarten, die das Land in einer dem Erstickungstod nahen Umklammerung durch die Roten zeigten. Welcher Beispiele aus welchen Gesellschaften man sich auch bedienen mag, sie illustrieren allesamt ein dichotomisches und für das Verlangen nach »bedingungsloser Kapitulation« der Gegenseite empfängliches Weltbild. Die zwischen Eskalation und Deeskalation oszillierende Politik des Kalten Krieges gründet mithin in einer »Culture of Fear«. Gemeint ist ein Zustand von Politik, in dem vorsätzliche Dramatisierung und die Bereitschaft, sich skandalisieren zu lassen, eine schwer zu differenzierende Melange eingehen; oder eine für die Macht des Gerüchts, für Unterstellungen jeder Art und in der Folge auch für Panikreaktionen anfällige psychische Verfassung. Die möglichen Konsequenzen sind in den diplomatischen Annalen festgehalten. Zu ihnen zählen politische Selbstfesselungen, die ein Handeln wider besseres Wissen und wider bessere Einsicht als alternativlos erscheinen lassen – wie im Falle der USA in Vietnam und der UdSSR in Afghanistan. Zu ihnen zählen Fehlperzeptionen, die trotz offenkundiger Abstrusität für das getreue Abbild der Realität gehalten werden – wie im Falle der NATO-Übung »Able Archer« im Jahr 1983, als die sowjetische Abwehr die intensivierte und zugleich verschlüsselte Kommunikation westlicher Militärstäbe als Indiz eines bevorstehenden Nuklearangriffs auf ihr Land wertete und deshalb einen Teil der atomwaffenfähigen Bomberflotte aktivierte. Und zu ihnen zählen Drohgebärden, die als schamanenhafter Selbstschutz gemeint sind, aber eher einen gegenteiligen Effekt provozieren – wie im Falle des öffentlichen Nachdenkens über einen Präventivkrieg gegen die UdSSR im Vorfeld der Kubakrise. Was aber folgt daraus für die Selbstbilder politischer Kollektive? Welche psychologischen und politischen Prozesse kommen in Gang, wenn Gesellschaften über fünf Jahrzehnte hinweg nicht nur schwer kalkulierbaren Risiken ausgesetzt sind, sondern wiederholt die Erfah10 Thema rung machen müssen, von diesen Risiken intellektuell und emotional überfordert zu werden? Im Rückblick muten die Chiffren dieser Überforderung grotesk an: Auf der einen Seite Offizielle, die noch in den 80er Jahren dazu aufriefen, sich mit Jodpackungen und Gartenschaufeln gegen nuklearen Fallout zu schützen. Auf der anderen Seite Oppositionelle, die das Spiel mit der Angst unter umgekehrten Vorzeichen betrieben und eine Rückkehr zur Rationalität mit der Wucht von Emotionen einklagten. So gesehen, bezeichnet »Culture of Fear« auch einen Prozeß politischer Regression – einen Rückfall in selbstgewählte und selbstverschuldete Unmündigkeit, die das im 20. Jahrhundert ohnehin ramponierte Erbe aufgeklärter Politik auf ihre Weise zur Disposition stellt. Um so unbefriedigender erscheint die Neigung von Zeithistorikern und Politikwissenschaftlern, einer in weiten Teilen von Emotionen dynamisierten Epoche analytisch mit dem Besteck der Theorie »rationalen Handelns« und der Konstruktion des »rational actor« zu Leibe zu rücken.6 Mittelweg 36 2/ 2003 Vernichtung und Akkumulation von Ressourcen Die im Kalten Krieg entwickelte Rezeptur gegen Zukunftsangst und Panik ist unter dem Namen »Permanent Preparedness« bekannt. Diese auch im Russischen geläufige Wortschöpfung aus dem Pentagon klingt gefälliger als »totale Mobilisierung«, meint aber dasselbe – nämlich eine umfassende Indienstnahme wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und technologischer Ressourcen zum Zwecke der militärischen Abschreckung und des Aufbaus einer im Zweifelsfall kriegstauglichen, weil überlegenen Militärmaschinerie. Im Grunde handelte es sich um das wirtschafts- und rüstungspolitische Pendant zur Diplomatie des »brinkmanship«. War letztere dazu aufgerufen, in Krisen bis zum Rande des Abgrunds zu gehen und dennoch schwindelfrei das Äußerste zu verhindern, mußte erstere die prekäre Balance zwischen Akkumulation und Vernichtung gesellschaftlichen Reichtums halten. Sowenig am Vorsatz optimal und für alle Szenarien ausgestatteter Streitkräfte gezweifelt wurde, so sehr mußten die gesamtwirtschaftlichen Belastungen von Rüstungsbudgets im Auge behalten werden. Sie zu überdehnen, war nur um den Preis politischer Instabilität möglich und hätte das Gespenst der Niederlage im Ringen mit dem Systemkonkurrenten zum Tanz auf einer anderen Bühne geladen. Zu der an Paradoxien reichen Geschichte des Kalten Krieges gehört auch, daß die jahrzehntelange Hochrüstung nicht nur vorhandene Ressourcen verschliß, sondern zugleich auch neue schuf. Sie war Akkumulation und Vernichtung in einem, trug zur Stabilisierung der Ökonomie bei und setzte destabilisierende Dynamiken frei. Insofern 6 Vgl. William C. Wohlforth, »A Certain Idea of Science. How International Relations Theory Avoids Reviewing the Cold War«, in: Westad, Reviewing, S. 126 –145. 11 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 sollte der Begriff des »dual use«, gemeinhin gemünzt auf die sowohl zivil als auch militärisch nutzbaren Qualitäten moderner Technologie, erweitert werden. Allerdings steht eine Bilanz der im Zeichen von »Permanent Preparedness« getätigten Investitionen noch immer aus – im Sinne einer nach Soll und Haben differenzierten gesellschaftlichen Buchführung, die über die Wachstum fördernden Faktoren ebenso Auskunft gibt wie die von Rüstung verschuldeten Hemmnisse beim Namen nennt. Solange eine solche Bilanz nicht vorliegt, können wir uns auch keine angemessene Vorstellung von der politischen Ökonomie des Kalten Krieges machen. Bis dato liegt eine unübersichtliche Masse nichtkorrelierter Daten und Statistiken vor. Einerseits steht eine historisch beispiellose Umwidmung staatlicher Mittel zu Buche. Am steilsten wies die Ausgabenkurve nach oben, wenn die politischen Spannungen am geringsten und die Aussichten auf eine Bändigung der Blockkonkurrenz scheinbar am günstigsten waren – in den Jahren 1953–55, 1963–65, 1969–76, 1983–89. Wie viele Gelder im Westen aufgewendet wurden, ist hinreichend dokumentiert. Für die UdSSR liegen mangels verläßlicher Zahlen nur Schätzungen zweifelhaften Werts vor. Für die 80er Jahre zum Beispiel beziffern manche Ökonomen die Kosten der Rüstung mit 10 Prozent des Bruttosozialprodukts, andere sprechen von bis zu 70 Prozent. Für Mutmaßungen über vertane Chancen beim Ausbau des Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesens gibt es mithin gute Gründe. Sie wurden an westlichen Beispielen ebenfalls zur Genüge dekliniert. Andererseits bleibt zu fragen, wie die im Rahmen der »Permanent Preparedness« auf den Weg gebrachten Großprojekte unter dem Gesichtspunkt gesellschaftlicher Modernisierung zu bewerten sind: das »Interstate Highway System« in den USA, die Anlage von Staudämmen in der UdSSR nebst der infrastrukturellen Erschließung unterentwickelter Territorien, der im Rahmen des »National Defense Education Act« von 1958 jährlich um zwei Milliarden Dollar aufgestockte Bildungsetat in den USA – um nur die bekanntesten Beispiele zu nennen. Nicht zuletzt verdient der Begriff des »military remapping« in diesem Zusammenhang Aufmerksamkeit: Aus nationalökonomischer Perspektive verbirgt sich dahinter die durch Rüstung exorbitant forcierte Entwicklung ganzer Regionen – der Westküste und des Südwestens in den USA oder des südlichen Englands, aber auch Japans, das seinen wirtschaftlichen Wiederaufstieg der vom Krieg in Korea und Vietnam geschaffenen Nachfrage verdankt. In anderen Worten: Die Dynamisierung des westlichen Wirtschaftsraums nach 1945 ist offensichtlich mit der Politik der »Permanent Preparedness« verquickt. Ob sie sich ohne diese Impulse langsamer, in anderer Gestalt oder möglicherweise mit höherem Gewinn durchgesetzt hätte, sei so lange dahingestellt, wie die zeithistorische Forschung mit Ergebnissen auf sich warten läßt. Daß die 12 Thema »Permanent Preparedness« einen sozial erheblichen Integrationsgewinn abwarf, steht allerdings außer Frage.7 Die politische Ökonomie der »Permanent Preparedness« gibt nicht zuletzt Anlaß, über das Verhältnis von staatlicher Mobilisierung und privater Selbstmobilisierung nachzudenken. Genauer gesagt: über eine Neukonfiguration politischer und sozialer Interessen an Rüstung. Die damit angesprochene Entwicklung war in den USA und der UdSSR besonders ausgeprägt, doch keineswegs auf die beiden Impulsgeber des Kalten Krieges beschränkt. Sie handelt von der Genese, dem Aufstieg und dem Behauptungswillen professioneller Eliten wie sozialer Milieus, die sich für den Erhalt, wenn nicht den Ausbau rüstungsgeleiteter Investitionen eigenständig, mithin jenseits staatlicher Vorgaben engagieren. In den USA ist seit den 60er Jahren eine stetige Dynamisierung dieses Engagements zu beobachten – parallel zu der Umschichtung von Investitionen für militärische Forschung und Entwicklung. Kamen bis zu diesem Zeitpunkt noch gut 60 Prozent der zur Verfügung gestellten Gelder aus der Staatskasse, so kehrten sich die Verhältnisse in den 70er Jahren um. Seither bestimmen die von Privatunternehmen und Universitäten akquirierten Mittel das Entwicklungstempo militärisch relevanter Hochtechnologie. Damit ist der Staat nicht aus dem Spiel. Aber die von oben verordnete Mobilisierung kriegstauglicher Ressourcen wird durch die Selbstmobilisierung der Privaten zu einem Mischsystem ausgebaut, einem »System of disorderly diversity«. Ein vergleichbarer Prozeß spielte sich in der UdSSR ab. Zwar hielt dort die staatliche Bürokratie das Heft bis zum Ende in der Hand. Aber im Laufe des Kalten Krieges ist eine deutliche Statusaufwertung von Wissenschaftlern und Technikern zu beobachten. Aus ihrer Mitte, der sogenannten »BreschnewGeneration«, machten viele in Verwaltung und Politik Karriere. Wie ihre amerikanischen Kollegen mußten sie zur Kooperation nicht angehalten oder gar zwangsverpflichtet werden. Im Gegenteil. Von Aufstiegserwartungen und politischen Machtinteressen motiviert, effektivierten sie die Produktion und Reproduktion einer Ökonomie der Gewalt.8 Ungeachtet der erheblichen Forschungsdefizite in diesem Bereich kann von einem neuen Typ der Rüstungs- und Kriegswirtschaft gesprochen werden. Er zeichnet sich durch zähe Nachhaltigkeit aus und Mittelweg 36 2/ 2003 7 Vgl. Walker, Cold War, S. 79, 188 ff., 215, 280; Anne Markusen et.al., The Rise of the Gunbelt. The Military Remapping of Industrial America, New York 1991; D. MacKenzie, Inventing Accuracy. A Historical Sociology of Nuclear Missile Guidance, Cambridge, Mass. 1990; R. W. Lotchin, Fortress California 1910 –1961. From Warfare to Welfare, New York 1992. 8 Vgl. Aaron L. Friedberg, »The United States and the Cold War Arms Race«, in: Westad, Reviewing, S. 207 – 231; Sheela Fitzpatrick, The Cultural Front. Power and Culture in Revolutionary Russia, Ithaca 1992; Dietrich Beyrau, Intelligenz und Dissens. Die russischen Bildungsschichten in der Sowjetunion 1917 bis 1985, Göttingen 1993. 13 Thema relativiert den Spielraum einer auf Korrekturen bedachten Politik. Daß der Niedergang der Sowjetunion damit in Zusammenhang gebracht werden muß, legen einschlägige Erfahrungen seit den späten 50er Jahren nahe – von Chruschtschow über Kossygin bis hin zu Gorbatschow reicht die Geschichte gescheiterter Bemühungen, die Investitionspolitik stärker auf die Bedürfnisse der primär zivilwirtschaftlichen Sektoren umzustellen. Die Anreize zur Perpetuierung der Kriegsökonomie waren allemal lukrativer. In den USA verhinderte das Zusammenspiel von offener Gesellschaft und marktflexibler Wirtschaft eine autodestruktive Selbstblockade. Aber das Scheitern der seit 1990 auf den Weg gebrachten Initiativen zum Rückbau militärischer Forschung und Produktion verweist auf eine der gravierendsten Hinterlassenschaften des Kalten Krieges – auf die Existenz eigendynamischer Systeme, die nach Interessen und Logiken jenseits der Tagespolitik funktionieren. Mittelweg 36 2/ 2003 Partizipation und Ausschluß im politischen System Daß »Permanent Preparedness« auch den Prozeß politischer Meinungsbildung und Entscheidungsfindung veränderte, wird gemeinhin übersehen – mit der Konsequenz, daß eines der wichtigsten Kapitel der politischen Geschichte des Kalten Krieges auf das Format einer historischen Fußnote schrumpft. Es geht um die Art und Weise, wie Institutionen der Gewalt – Amalgame aus Militär, Geheimdiensten und beratenden »Think tanks« – auf politische Systeme einwirken und sie transformieren. Am amerikanischen Beispiel kann das Problem wie unter einem Brennspiegel studiert werden. War es am Ende des Ersten Weltkrieges noch gelungen, mit den Truppen auch das Militär als Institution zu demobilisieren, so scheiterten die Versuche einer Demobilisierung der Apparate nach 1945 kläglich an der vom Kalten Krieg gesetzten Agenda. Mit der Verabschiedung des »National Security Act« im Jahr 1947 war dieses Scheitern aktenkundig und offiziell legitimiert: »Permanent Preparedness« duldet keine Abrüstung der Staatsorgane. Die Folgen waren in den zeitgleichen Beratungen über den »Atomic Energy Act« zu besichtigen. Hinter den tagespolitischen Rangeleien um die Zuständigkeit für nukleare Sprengköpfe und atomwaffenfähiges Material verbarg sich ein Konflikt, der vom Beginn bis zum Ende des Kalten Krieges schwelen und zuweilen offen ausbrechen sollte. Die Rede ist vom Streit um politische Deutungsmacht: Wer ist Herr über den Ausnahmezustand? Wer wägt die Bedrohungen für die »nationale Sicherheit« ab? Wer entscheidet über Gegenmaßnahmen? Die tradierten Regularien taugten für einen an mehreren Fronten zugleich geführten Kalten Krieg wenig und blieben hinter den Herausforderungen des Atomzeitalters erst recht zurück. Selbst in der totalitär verfaßten UdSSR stand dergleichen auf der Tagesordnung – abzulesen an Chruschtschows Bemühen, die Aufsicht des Zentralkomitees auf Armee und Marine aus14 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 zuweiten, oder an den chronischen Zerwürfnissen über Konfliktherde in der Dritten Welt. Jenseits der Systemgrenze gab die Mobilisierung des Kalten Krieges also Fragen auf, die für sich genommen zwar keine historischen Unikate waren. Denen aber gleichwohl eine besondere Brisanz eignet – denn selten, wenn überhaupt, blieben sie über einen derart langen Zeitraum virulent. Und nie mußten sie vor dem Hintergrund eines auch nur vergleichbaren Potentials von Vernichtungskraft beantwortet werden: Wie weit reicht die Kompetenz des Militärs? Wo ist politische Kontrolle gefragt? Wer partizipiert, wer wird ausgeschlossen? Und vor allem: Wer kontrolliert die Kontrolleure? Mit gutem Grund wird das Ergebnis der in den späten 40er Jahren angestoßenen Entwicklung als »Culture of Secrecy« bezeichnet. Gemeint ist eine Veränderung der politischen Spielregeln, eine neue Justierung des Verhältnisses von Teilhabe und Exklusion. Um Mißverständnissen vorzubeugen: »Culture of Secrecy« hat mit der von jeder Regierung zu jeder Zeit gepflegten und gerade in der Welt der Diplomatie unvermeidlichen Geheimhaltung nichts zu tun. Nicht von dem »Modell Westminster« mit seinen verschwiegenen Kabinetten ist die Rede, sondern vom »Modell Manhattan« oder vom »Modell Pokrovskoe-Streshnevo«, nicht von einer Politik, die vereinzelt Informationen zurückhält, sondern von einem System, das sich aus prinzipiellen Gründen nach außen abschottet und im Dienste der Abschottung auch intern alles zum Geheimnis erklärt – analog zu den in den USA und der UdSSR bewährten Verfahren nuklearer Großforschung und in der Erwartung, die Politik der »Permanent Preparedness« auf diesem Weg zu perfektionieren. Je weniger der Gegner über die eigenen Potentiale, Absichten und Vorhaben in Erfahrung bringen konnte, desto größer die Konkurrenzvorteile. Ob dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt war, sei dahingestellt. Kaum zweifelhaft ist hingegen, welche Folgen die zum Prinzip erklärte »Overclassification« von Informationen für den außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungsprozeß hatte. Sie leistete einer Hegemonie der Sicherheitseliten Vorschub, jenem kleinen Kreis ziviler und militärischer Experten, die über die zur Entscheidung stehenden Themen befinden, die dazu gebotenen Informationen nach eigenem Gutdünken filtern und vor allem die Teilhabe- und Mitspracherechte definieren. Die Annalen des Kalten Krieges lesen sich deshalb zum Teil wie Auszüge aus Joseph Hellers »Catch-22«: Je wichtiger ein Thema ist, desto weniger Personen dürfen eingeweiht werden. Je geringer aber die Zahl der Eingeweihten, desto schwerer fällt es, in den Bergen relevanten Materials das thematisch wirklich Wichtige zu entdecken. In der UdSSR verlor zeitweilig selbst das Verteidigungsministerium die Übersicht über die eigenen Rüstungsausgaben und konsultierte deshalb einschlägige Publikationen der CIA – die ihrerseits aus Gründen der Geheimhaltung von Quellen manipuliert waren. Hinter dem Chaos und 15 Thema Mittelweg 36 2/ 2003 der mangelnden Effizienz einer hypertrophen Bürokratie von Geheimniskrämern verbirgt sich das eigentliche Problem: daß der Prozeß politischer Willensbildung im Kalten Krieg systemimmanente Korrekturen erschwerte und für interessierte Dritte von außen kaum zugänglich war. Im Grunde geht es um eine schleichende Entmachtung der Zivilgesellschaft. In anderen Worten: Unter den Bedingungen einer »Culture of Secrecy« wird die Bewahrung von Sicherheit und mithin der Kernbereich des Politischen zur »Off-limits-area«.9 Welche Konsequenzen sich daraus für die innere Verfassung westlicher Demokratien ergaben, wurde bis dato kaum erforscht. Die Diskussion ist über eine Formulierung von Hypothesen noch nicht hinausgekommen – ein erstaunlicher Befund, der angesichts des Vermuteten unglaublich klingt. Die Rede ist nämlich von einer Beschädigung des demokratischen Prinzips. Demnach werden nicht nur die legitimen Ansprüche der Zivilgesellschaft – vertreten durch parlamentarische Repräsentanten, politische Parteien oder Bürgerorganisationen – desavouiert. Vielmehr vollzog sich unter dem Regime des Kalten Krieges eine Umwidmung politischer Werte: Die Forderung nach Loyalität und Gefolgschaft ersetzt das Recht auf Partizipation und Mitsprache, das aus Gründen der Geheimhaltung nicht Begründete und Begründbare nimmt den Platz kritischen Prüfens und abwägenden Urteilens ein. Im Rückblick erscheint die von Präsident Truman erstmals inszenierte Loyalitätskampagne des Weißen Hauses wie die ideologische Umgründung einer originär im Mißtrauen gegenüber Macht und Mächtigen verankerten Republik. Zweifellos war der Kalte Krieg keine durchweg bleierne Zeit – die Protestbewegungen im Westen und die unterdrückte, aber seit 1953 nie mundtote Opposition im Osten schrieben eigenständig Geschichte. Dessenungeachtet diagnostizieren Meinungsumfragen und Studien zu politischen Einstellungsmustern seit den 70er Jahren einen offenbar nachhaltigen Trend. Demnach ist – zumindest in führenden Industriegesellschaften des Westens – das Vertrauen in politische Eliten und deren Handeln ebenso rückläufig wie das Vertrauen in Institutionen. Auf der anderen Seite greift ein für Verdacht und Unterstellungen anfälliges Denken Raum: Wer den Gewählten alles zutraut, hält nichts für unmöglich. Dafür ausschließlich die »Culture of Secrecy« verant19 Vgl. Morton H. Halperin, Daniel N. Hoffman, Top Secret. National Security and the Right to Know, Washington, D.C. 1977; Athan G. Theoharis, Ed., A Culture of Secrecy. The Government Versus the People’s Right to Know, Lawrence, Ka. 1998. 16 Thema wortlich zu machen, ginge zu weit. Eine Untertreibung freilich wäre es, dieses Erbe des Kalten Krieges aus den Überlegungen auszuklammern.10 Regionalisierter Frieden und globalisierter Krieg Warum die »Culture of Secrecy« von Historikern und Politikwissenschaftlern so wenig beachtet wurde, hängt mit deren leitenden Fragestellungen zusammen. Mehrheitlich gilt ihr Interesse der Frage, welche Konstellationen und Prozesse den Kalten Krieg strukturell stabilisierten und den Ausbruch eines heißen Krieges zwischen den Supermächten verhinderten. Der transatlantische Friede ist vor dem Hintergrund der ersten Jahrhunderthälfte in der Tat keine Selbstverständlichkeit. Erst recht nicht, wenn man die nach 1945 wiederholt auftretenden Konflikte um Berlin, Ungarn oder die Tschechoslowakei in Rechnung stellt. Insofern liegt die Versuchung nahe, das Sollkonto des Kalten Krieges und die dort vermerkte Destabilisierung als vergleichsweise nachrangig zu behandeln. In der Theorie des »Long Peace« hat dieser Blick seinen nachhaltigsten, um nicht zu sagen schulbildenden Ausdruck gefunden. Ohne die Verdienste dieser Arbeiten in Abrede stellen zu wollen, bleibt dennoch festzuhalten: Es handelt sich um eine eurozentristische Perspektive in der Tradition des Historismus. Was zählt, ist die unmittelbare Begegnung der Hegemonialen und deren untereinander gepflegte Kommunikation.11 Der regionale Frieden war freilich nur um den Preis eines globalisierten Krieges zu haben. Mehr noch: Je stabiler der Friede in den Metropolen war, desto heftiger tobte der Krieg an der Peripherie. In die erste Entspannungsphase zwischen 1963 und 1965 fiel der Krieg in Vietnam, während der Detente der 70er Jahre eskalierten die Stellvertreterkriege in Afrika, Lateinamerika und Asien, bis schließlich die sowjetische Intervention in Afghanistan den Boden für eine neuerliche Eiszeit in den Ost-West-Beziehungen bereitete. Dieser Dualismus war keine Koinzidenz, sondern im ideologischen Drehbuch des Kalten Krieges niedergelegt. Die einschlägigen Belege reichen von der ersten Konferenz des »Kommunistischen Informationsbüros« im September 1946 über Kennedys und Chruschtschows Grundsatzreden bis hin zum Iran-Contra-Skandal der 80er Jahre, nicht zu vergessen die chinesische, auf die Bekämpfung des imperialistischen Hauptfeindes und des Mittelweg 36 2/ 2003 10 Vgl. Victor Marchetti, John D. Marks, The CIA and the Cult of Intelligence, New York 1974; Robert S. Robins, Jerrold M. Post, Political Paranoia. The Psychopolitics of Hatred, New Haven, Conn. 1997; Carole Pateman, Participation and Democratic Theory, Cambridge, Mass. 1970. 11 Vgl. John Lewis Gaddis, We Now Know. Rethinking Cold War History, New York 1997; John Mearsheimer, »Why We Will Soon Miss the Cold War«, in: The Atlantic Monthly, August 1990, S. 35 – 50. 17 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 revisionistischen Todfeindes ausgelegte Doppelstrategie. In allen Fällen ging es um das Bemühen, die Bastion des weltpolitischen Konkurrenten von den Rändern her zu untergraben und möglicherweise zu Fall zu bringen. Im Grunde wurde die südliche Halbkugel zum militärischen Spielball der Großmächte. Dorthin exportierten sie massenhaft Rüstung und kriegstaugliche Technologie, dort mischten sie sich in lokale Auseinandersetzungen ein, dort rekrutierten sie Bundesgenossen für ihre Sache oder orchestrierten »Stellvertreterkriege« – ein für alle Beteiligten kostspieliges Unterfangen. 1964 waren mehr britische Truppen östlich von Suez stationiert als an der NATO-Zentralfront in Europa, 54 000 Soldaten davon allein in Südostasien. Und wie es scheint, war weniger die erfolgreiche Eindämmung der UdSSR für deren Niedergang verantwortlich, sondern ein »imperial overstretch« in der Dritten Welt mit aus dem Ruder laufenden Belastungen. Wie viele Menschen in kleinen Kriegen ihr Leben hergeben mußten, auf daß der große Krieg verhindert würde, kann allenfalls geschätzt werden. Wahrscheinlich waren es Millionen. In jedem Fall zählt dieser 50jährige Krieg an der Peripherie zu den blutigsten Kapiteln der Neuzeit.12 Man könnte auch von einer Fortsetzung der seit dem späten 17. Jahrhundert bekannten Kolonialkriege sprechen. Diese waren – zwar nicht durchgängig, aber in hohem Maße – mit exzessiver Gewalt geführte Kriege jenseits aller Regeln und Normen des Kriegsvölkerrechts, geprägt von vorsätzlichem Terror gegen Zivilisten, Vertreibungen und einer Strategie der verbrannten Erde. Daß der Kalte Krieg seinerseits die Entgrenzung von Gewalt beförderte, steht im Lichte historischer Erfahrungen zu vermuten. Sobald nicht nur wirtschaftliche oder strategische Interessen im Spiel sind, sondern Prestige, Glaubwürdigkeit, Demonstration von Macht und Selbstvergewisserung, werden Kriege in der Regel mit besonderer Entschiedenheit geführt. Die Macht der Symbole aber war im Kalten Krieg besonders ausgeprägt, sie trieb die Gewinne des Sieges und die Kosten der Niederlage gleichermaßen in die Höhe. Aus diesem Grund eskalierten die USA den Vietnamkrieg just zu dem Zeitpunkt, als sie eingesehen hatten, daß er nicht mehr zu gewinnen war; aus diesem Grund wollten die Russen einen längst verlorenen Krieg in Afghanistan nicht vorzeitig beenden. Verbündete in der Dritten Welt nutzten die Selbstfesselung der Metropolen auf ihre Weise. In vielen Fällen reichte die bloße Drohung, ein ideologisches Lager zu verlassen oder die Schutzmacht als unzuverlässig bloßzustellen, zur Sabotage eines möglichen Friedensschlusses – Chiang Kai-shek, Kim Il Sung, Ngo Dinh Diem, Ho Chi-minh oder Hafizullah Amin waren die Vorreiter einer Politik, die zu Recht als 12 Vgl. Klaus Jürgen Gantzel und Torsten Schwinghammer, Die Kriege nach dem Zweiten Weltkrieg. 1945 bis 1992. Daten und Tendenzen, Münster 1995. 18 Thema 2/ 2003 Mittelweg 36 »Tyrannei der Schwachen« bezeichnet wird. Obwohl die einschlägigen Forschungen erst am Anfang stehen, sollte die These vom disziplinierenden Einfluß der Hegemonialmächte bereits heute revidiert werden. Sie verklärt mehr als sie erklärt. Ohnehin hätte sie in einer vergleichenden, die Kolonialkriege alten Musters zum Maßstab nehmenden Betrachtung nie Platz finden können. Welche Rückwirkungen aber hatte die Gewalt der »Kleinen Kriege« auf die Krieg führenden Gesellschaften? Sich dieser Frage nicht gestellt zu haben, gehört zu den größten Versäumnissen zeithistorischer Forschung. Von den menschlichen Opfern ganz zu schweigen, waren die materiellen Schäden – großflächige Umweltvernichtungen eingeschlossen – in der Dritten Welt exorbitant. Letztere zu beseitigen, ist vergleichsweise unaufwendig. Wesentlich schwerer wiegen die psychischen Schäden, zumal dort, wo über Generationen hinweg Kriege und Bürgerkriege tobten. In diesen Gesellschaften eine tragfähige soziale Ordnung aufzubauen, scheitert oft an dem Umstand, daß ihre im Krieg sozialisierten Eliten sich an die Gewalt als Lebensform, mitunter auch als Quelle materieller Reproduktion, gewöhnt haben. Überdies gibt es kaum Beispiele für eine gelungene Integration nichtstaatlicher Kampfverbände – Milizen, Guerillas oder tribalistische Formationen – in demokratische Strukturen. Daß die Art und Weise, wie alte Kriege verarbeitet werden, großen Anteil daran hat, ob und wie neue Kriege geführt werden, ist eine Binsenweisheit. Daß sie von hinreichenden wissenschaftlichen Befunden gestützt wird, kann allerdings nicht behauptet werden – auch nicht mit Blick auf die Metropolen. Entsprechend dürftig fallen die Antworten aus, wenn gefragt wird, wie die in der Dritten Welt gemachten Kriegserfahrungen sich in der Ausbildung, der Doktrin oder der personellen und materiellen Ausstattung von Streitkräften großer Mächte niedergeschlagen haben. Oder wie sich das Bild des Krieges und die Konstruktion von Kriegerbildern im Gefolge der »kleinen Kriege« darstellten. Oder ob das Selbstbild einer auf das Kriegsvölkerrecht verpflichteten Zivilisation zur Problematisierung der an der Peripherie geübten Praktiken Anlaß gab. Der Katalog der Fragen ließe sich mühelos erweitern. Doch das zugrunde liegende Problem bleibt dasselbe: die Geschichtsschreibung des Kalten Krieges so zu betreiben, daß erkennbar wird, welche Spuren die Androhung von Gewalt, die Produktion von Gewaltpotentialen und letztlich die Ausübung von Gewalt im kollektiven Zusammenleben von Menschen hinterlassen haben – herauszufinden, wo es sich um vorübergehende Phänomene handelt und inwieweit von einer nachhaltigen Transformation gesprochen werden kann. Darauf zielen die Stichworte »Culture of Fear«, »Selbstmobilisierung« und »Culture of Secrecy«, darum geht es bei der Betrachtung von Kriegsvisionen und Kriegserfahrungen. Wer aber nach dem Erbe fragt, thematisiert die Zukunft gleich 19 Thema mit – oder geht zumindest von der Unterstellung aus, daß die Grenzen zwischen Zeitgeschichte und Diagnose der eigenen Zeit fließend sind. Summary This contribution on the historical locus of the Cold War examines how and with what consequences the political, military, and intellectual confrontation between the Eastern and Western blocs transformed the societies involved in this conflict. A further aim of this analysis is to probe the lasting effects of the changes which shaped these societies in the course of five decades. What is the heritage of the Cold War for 21st century politics? The approach taken in addressing these questions is a comparative analysis of social transformation processes in various states and regions worldwide. Autoren Bernd Greiner, PD. Dr. phil., geb.1952, Hamburger Institut für Sozialforschung, Privatdozent am Fachbereich Geschichtswissenschaft der Universität Hamburg Manfred Hettling, Prof. Dr. phil., geb. 1956, Professor für Neuere Geschichte an der Martin-Luther-Universität, Halle -Wittenberg Mittelweg 36 2/ 2003 Reinhart Koselleck, Prof. Dr. phil., Dr. h.c., geb. 1923, Professor em. für Theorie der Geschichte an der Universität Bielefeld Wolfgang Kraushaar, Dr. phil., geb. 1948, Hamburger Institut für Sozialforschung, Gastprofessur an der Beijing Normal University 20 Thema; Autoren Mark Mazower, Ph. D., geb. 1958, Professor für Geschichte am Birkbeck College der University of London Peter Schöttler, Prof. Dr. phil., geb. 1950, Dozent am Centre Marc Bloch und am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin Bernd Ulrich, Dr. phil., geb. 1956, Hamburger Institut für Sozialforschung Michael Wildt, PD. Dr. phil., geb. 1954, Hamburger Institut für Sozialforschung, Privatdozent für Neuere Geschichte an der Universität Hannover