Erfahrungsbericht von Daniel Fleischmann über den Forschungsaufenthalt an der Cornell University in Ithaca, NY (USA) Warum ein Forschungspraktikum im Ausland? Während meines Pharmazie-Studiums in Regensburg habe ich die vielen Facetten der Pharmazie kennengelernt. Von Pharmazeutischer Biologie über Medizinischer Chemie bis hin zu Pharmakologie oder Technologie erhielten wir einen Einblick in die vielfältigen Teilbereiche dieses Studiengangs. Zum Ende des Hauptstudiums stand die Frage im Raum, wie ich mein Praktisches Jahr gestalten sollte. Da ein Auslandsaufenthalt während des Pharmazie-Studiums nicht so einfach in den bereits sehr vollen Zeitplan zu integrieren ist wie bei normalen Bachelor-/Master-Studiengängen (schwierige Anerkennung der Leistungen aus dem Ausland, längere Studienzeit etc…), war für mich relativ früh klar, dass ich mein Praktisches Jahr zur Hälfte im Ausland verbringen möchte, um wie viele befreundete Studenten aus anderen Studiengängen auch die tolle Erfahrung eines Auslandsaufenthaltes machen zu können. Da ich nach meinem Studium gerne noch promovieren möchte, war mir außerdem wichtig, ein forschungsbezogenes Praktikum zu finden, um dort bereits einen Einblick in diesen Bereich zu erhalten und meine praktischen Fähigkeiten zu verbessern. Praktikum im Ausland, aber wo? Zu Beginn meiner Suche nach einer geeigneten Praktikumsstelle stand die Frage, in welchem Land diese sein sollte. Da ich nur in Englisch ausreichende Kenntnisse hatte, konzentrierte ich mich vor allem auf die USA, Großbritannien und Australien. Die Erfahrungsberichte der BLAK gaben mir eine erste Orientierung, wo überall Praktika möglich sind. Da ich bereits bei einem Forschungspraktikum während des Studiums gute Erfahrungen am Lehrstuhl der Pharmazeutischen Technologie bei Herrn Prof. Göpferich sammeln konnte, kontaktierte ich Ihn mit der Frage nach möglichen Stellen im englischsprachigen Ausland. Generell kann ich diese Vorgehensweise nur empfehlen, da die Professoren an der eigenen Universität oftmals viele Kontakte im Ausland besitzen (vor Allem wenn sie selbst Zeit dort verbracht haben) und meist gerne bei der Stellenvermittlung behilflich sind. Außerdem fällt dann oftmals die Bewerbung leichter, da man mit einer Empfehlung seines Professors rechnen kann. In meinem Fall bat mir Prof. Göpferich sofort an, verschiedene ihm bekannte Professoren in den USA zu kontaktieren und schließlich war der Kontakt zu Frau Prof. Fischbach-Teschl in Ithaca in den USA hergestellt. Wir vereinbarten ein Telefongespräch, an dessen Ende ich glücklicherweise sofort die Einladung an die Cornell University bekam. Stelle gefunden, und jetzt? Ich hatte bereits im 7. Semester begonnen, nach einer Praktikumsstelle zu suchen und kann generell nur empfehlen, so früh wie möglich damit zu beginnen. Da der Vorgesetzte approbierter Apotheker sein muss, um das Praktikum anerkannt zu bekommen, fallen viele mögliche Stellen schon im Vorhinein weg, sodass die Anzahl an Stellen nur begrenzt ist. Nach der Zusage für mein Praktikum in den USA begann ich mit den Reisevorbereitungen. Am wichtigsten dabei war zunächst das Visum in den Vereinigten Staaten. Der ausländische Arbeitgeber – in meinem Fall die Cornell University – muss zunächst das Formular DS-2019 ausstellen. Mit diesem Formular kann man sich dann bei dem zuständigen Konsulat – in meinem Fall das amerikanische Konsulat in München – für ein J-1 Visum bewerben. Das Vorgehen sieht dann wie folgt aus: 1. 2. 3. 4. Interview-Termin beim Konsulat beantragen (online) Visumsformular DS-160 ausfüllen (online) Visaantragsgebühr bezahlen SEVIS-Gebühr bezahlen 5. Beim Termin mitbringen: Formular DS-2019 Formular DS-160 Gültiger Reisepass Zahlungsbeleg für Visa-/SEVIS-Gebühr Biometrisches Passfoto Frankierter Rückumschlag Im Idealfall erhält man dann nach wenigen Wochen seinen Reisepass mit dem entsprechenden Visum per Post. In meinem Fall standen dazwischen noch einige Probleme: Aufgrund einer Gesetzesänderung konnte ich nicht wie andere Praktikanten zuvor unter der Kategorie „short-term scholar“ beschäftigt werden, sondern wurde nur als „non-degree student“ zugelassen. Dies hatte zur Folge, dass ich aufgrund der in den USA bestehenden Studiengebühren ein Stipendium der Cornell University beantragen musste, sodass sich der ganze Prozess über insgesamt 4 Monate hinzog. Da die Kommunikation mit der ausländischen Universität und insbesondere dem Konsulat immer sehr viel Wartezeit mit sich bringt, kann ich nur empfehlen, sich mindestens 6 Monate vor Reisebeginn mit dem Visum zu beschäftigen. Parallel zum Visum habe ich nach Unterkünften in Ithaca gesucht. Die Mietpreise in den USA sind generell sehr hoch, besonders in Studentengegenden ist mit mindestens 600 Dollar pro Monat zu rechnen. Empfehlenswert hierbei sind die Website craigslist.org oder diverse Facebook-Gruppen für Studentenwohnungen in Ithaca. Hinzu kamen generelle Reisevorbereitungen wie Flug, Auslandskrankenversicherung (die Deutsche Ärztefinanz bietet hierzu ein Paket aus Kranken- und Unfallversicherung für Pharmazeuten im Ausland an). Das Auslandsabenteuer startet In Ithaca angekommen, wurde ich bereits an meinem ersten Tag von den Laborkollegen zum gemeinsamen Abendessen eingeladen und sofort sehr herzlich aufgenommen. Im Labor arbeiteten 6 Doktoranden, zwei PostDocs sowie eine portugiesische Austausch-Doktorandin. Ich wurde von einer deutschen Postdoc betreut, was die Eingewöhnung in den Arbeitsalltag sehr erleichterte. Aber auch mit dem Rest des Teams klappte die Zusammenarbeit reibungslos. Die Arbeitsgruppe von Prof. Fischbach-Teschl beschäftigt sich mit Tumorforschung und untersucht dabei zum Beispiel TumorStroma Interaktionen im Brustgewebe oder entwickelt in-vitro Modelle von Tumoren. Mein Projekt beschäftigte sich mit dem Einfluss der Tumor-Umgebung auf die Entwicklung und Prognose von Brustkrebs bei übergewichtigen Patienten. Dabei arbeitete ich mit verschiedenen in-vitro Zellmodellen, die die Unterschiede im Brustgewebe bei Normal- und Übergewicht widerspiegeln sollten. Kernaufgaben waren hierbei die Zellkultur von adiposen Stammzellen und bösartigen Brustkrebszellen sowie verschiedene Immuno-Färbungen relevanter Matrixproteine. Durch die tägliche Arbeit mit den Zellen und die Durchführung und Auswertung der verschiedenen Färbungen konnte ich meine praktischen Fähigkeiten in diesem Bereich sehr verbessern. Das Labor von Prof. Fischbach-Teschl befindet sich in Weill Hall, einem der neuesten Gebäude auf dem rießigen Cornell Campus. Die Arbeitsräume und Büros sind hell und einladend, sodass die tägliche Arbeit sehr viel Spaß bereitete. Generell ist die Cornell University ein beeindruckender Ort voller Geschichte und mit tollen historischen Gebäuden. Als Mitglied der renommierten Ivy League (Harvard, Yale, …) genießt sie sowohl inner- als auch außerhalb der USA einen ausgezeichneten Ruf, sodass sich ein Praktikum hier auch für die Zukunft lohnt. Arbeit- und sonst? Neben der täglichen Arbeit im Labor bietet die Universität auch zahlreiche Freizeitaktivitäten. Vom Chinesisch-Sprachkurs über das Kajak-Einsteigerseminar bis zum Wein-Sommelier Kurs ist nahezu alles geboten und fast täglich gibt es irgendwo auf dem Campus Feste, Grillfeiern oder Sportereignisse, die man besuchen kann. Generell herrscht an der Cornell University eine tolle Atmosphäre, es geht unglaublich international und offen zu und neue Menschen kennenzulernen fällt sehr leicht. So groß die Cornell University auch ist, so beschaulich ist Ithaca selbst. Mit nur 30000 Einwohnern ist die Stadt am Cayuga Lake im Vergleich zu Studentenstädten in Deutschland doch recht verschlafen. Während des Semesters geben sich alle Studenten jedoch große Mühe, das zu ändern. Vor allem am Wochenende wimmelt es vor allem in Collegetown nur so von Haus- oder Fraternity-Parties, sodass es nie langweilig wird. In den Semesterferien ist die Stadt dann aber fast wie ausgestorben, was allerdings kein großes Problem ist, da – vor allem im Sommer – die Gegend um Ithaca wirklich malerisch ist und zu Wanderungen, Fahrradtrips, Weintouren und Tagesausflügen zu den zahlreichen Wasserfällen einlädt. Ein weiterer Vorteil Ithacas ist die Lage: Zu den atemberaubenden Niagarafällen sind es nur 3 Stunden Autofahrt und auch die Ostküstenmetropolen Boston, New York, Philadelphia und Washington sind leicht und innerhalb weniger Stunden erreichbar. Besonders New York liegt nur eine 4-stündige Busfahrt entfernt, sodass ich viele Wochenenden im Big Apple verbracht habe. Hinzu kommt, dass Flüge in den USA relativ günstig sind, sodass auch weiter entfernte Ziele wie Chicago oder Montreal leicht anzufliegen sind. Das Angebt an Attraktionen, Natur, Kultur und tollen Orten in den USA ist schier grenzenlos und auch die amerikanische Kultur ist – entgegen aller Vorbehalte, die auch ich zu Beginn hatte- herzlich, offen und einladend. Vor allem in der Vorbereitung auf mein Praktikum hatte ich oft Zweifel, ob sich der Aufwand lohnen würde und ich all die Herausforderungen meistern würde. Auch die finanzielle Belastung ist nicht unerheblich. Ich arbeitete ohne Bezahlung und mit Mietkosten, Ausgaben für Verpflegung und Reisen kostete der Aufenthalt ca. 7500 Euro. Alles in allem würde ich das Praktikum im Ausland aber jederzeit wieder machen, weil es eine einmalige Erfahrung war und ich neben meinen besseren Kenntnissen in Englisch und den praktischen Erfahrungen im Labor viele Erlebnisse und neue Freunde mit nach Deutschland genommen habe. Auch die Arbeitsgruppe von Prof. Fischbach-Teschl und die Cornell University kann ich dabei ausdrücklich empfehlen. Hiermit erkläre ich mein Einverständnis, dass sich Interessenten für gleichartige Projekte mit Fragen unter folgender Kontaktadresse an mich wenden können. Daniel Fleischmann Lerchenstrasse 30 93437 Furth im Wald Email: [email protected] Furth im Wald, den 22.08.2016 Daniel Fleischmann