6 Zusammenfassung Ambulante Messung physischer Aktivität bei Patienten mit chronischen Schmerzen nach Bandscheibenoperation: zum Zusammenhang zwischen Schmerz, Disability und objektiver Aktivitätsmessung Hintergrund. Bei Patienten, die an einem chronischen Lumbalsyndrom leiden, ist der Zusammenhang zwischen dem subjektiv empfundenen Schmerz sowie der objektiv erfassbaren körperlichen Aktivität ungeklärt. Sollen die Patienten subjektiv ihre in einem umschriebenen Zeitraum geleist ete physische Aktivität beurteilen, so korrelieren diese Angaben negativ mit der entsprechend angegebenen empfundenen Schmerzstärke der Patienten; unterliegt die physische Aktivität der Patienten jedoch einer objektiven Beobachtung etwa durch ein Aktometer, so ist diese negative Korrelation nicht mehr gegeben. Kognitiv-behaviorale Modelle zur Chronifizierung von Schmerzen liefern in dieser Hinsicht vermutlich Hinweise auf das Vorliegen von Patienten-Untergruppen mit physischer Über- oder Minderaktivität. Zielsetzung . Untersucht werden soll, ob Patienten, die sich vor 6 Monaten erstmalig einer Bandscheibenoperation unterzogen haben, Unterschiede in ihrer Schmerzverarbeitung im Hinblick auf empfundenen Schmerz, selbst beobachtete physische Aktivität und objektiv erfasste physische Aktivität aufweisen. Zugrunde gelegt werden dabei Schmerzverarbeitungsformen, die einem schmerz-abhängig angepassten (Adaptive Coping AC), einem durchhaltenden (Endurance Coping EC) oder einem aus-Angst-vermeidenden (Fear-Avoidance Coping FAC) physischen Aktivitätsniveau entsprechen. Methodik . Hierzu füllen 24 Patienten einen Fragebogen aus, der sich aus dem Von-Korff-Chronic-Pain-Grade (CPG), dem Kieler Schmerz-Inventar (KSI) und dem Funktionsfragebogen Hannover-Rücken (FFbH-R) zusammensetzt. Weiterhin unterziehen sich die Patienten einer achtstündigen Aktivitätsmessung zur objektiven Erfassung der Aktivitäten des täglichen Lebens. Quantifiziert wird die physische Aktivität über den Parameter Physical Activity Level (PAL) sowie die Anzahl konstanter Körperpositionen (CP = constant postures). Unter Median-Splitting unterscheidet der KSI zwischen Adaptive Coping (AC) (N=8), Fear-Avoidance Coping (FAC) (N=2) und Endurance Coping (EC) (N=14). Ergebnisse . In der gesamten untersuchten Patientengruppe besteht eine negative Korrelation zwischen der empfundenen Schmerzstärke und der subjektiv eingeschätzten körperlichen Aktivität. Erfolgt jedoch eine objektive Beobachtung und Messung der physischen Aktivität anhand des PAL sowie der Anzahl an CP mit Hilfe des Aktometers, so kann eine Korrelation mit der Schmerzstärke nicht mehr beobachtet werden. Die Patienten mit einem durchhaltenden Schmerzverhalten (EC) zeigen im Vergleich zu den Patienten mit adaptivem Verhalten (AC) neben signifikant höheren Schmerzintensitäten und einer subjektiv geringer eingeschätzten körperlichen Aktivität auch eine signifikant höhere Anzahl an CPs in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Im PAL hingegen unterscheiden sich diese beiden Gruppen nur tendenziell. Die visuelle Beobachtung der FAC-Patienten zeigte bei hohen Schmerzintensitäten eine reduzierte physische Aktivität. Schlussfolgerungen . Die nähere Betrachtung des schmerzbezogenen Coping-Verhaltens bei CLBP-Patienten 6 Monate nach einer Bandscheiben-Operation füh rt zu der wichtigen Unterscheidung von Untergruppen im Schmerzverhalten. So zeigen Patienten mit einem durchhaltenden Schmerzverhalten (EC) im Gegensatz zu dem adaptiven Patienten (AC) Zeichen von deutlich vermehrten Belastungshaltungen (CP), trotz Ihrer Schmerzen aber auch eine vergleichbare Aktivität in den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL). Patienten mit einer ausgeprägten Angst vor Schmerz (FAC) hingegen lassen eine Tendenz zu einer verminderten physischen Aktivität erkennen. 62