Klausur zur Vorlesung Spieltheorie

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Dr. Tone Arnold
Sommersemester 2007
Klausur zur Vorlesung Spieltheorie
Die Klausur besteht aus vier Vorfragen und drei Hauptfragen, von denen jeweils
zwei zu bearbeiten sind. Sie haben für die Klausur 90 Minuten Zeit. Für die Vorfragen sollten Sie insgesamt nicht mehr als 30 Minuten einplanen. Als Hilfsmittel ist
ein Taschenrechner zugelassen. Viel Erfolg!
Vorfragen
Aufgabe 1 Zwei Spieler, A und B, spielen folgendes Spiel:
• Auf einem Tisch liegen zwei verschlossene Briefumschläge, die Geld enthalten.
• Keiner der Spieler weiss, wieviel Geld in jedem Umschlag ist. Aber beide
wissen, dass der Geldbetrag in jedem Umschlage entweder 5, 10, 20, 40,
80, oder 160 e beträgt. Dies ist Common Knowledge.
• Common Knowledge ist auch, dass einer der beiden Umschläge doppelt
soviel Geld enthält wie der andere (aber nicht welcher das ist).
• Jeder Spieler zieht einen Umschlag, öffnet diesen und sieht den Geldbetrag im eigenen Umschlag, aber nicht den des anderen Spielers.
• Jetzt haben die Spieler die Möglichkeit, ihre Umschläge zu tauschen, wenn
beide einverstanden sind.
Angenommen, Sie sind Spieler A. Sie öffnen Ihren Umschlag und stellen fest,
dass er 20 e enthält. Nun macht Spieler B Ihnen das Angebot, die Umschläge
zu tauschen. Sollten Sie sich auf den Tausch einlassen? Begründen Sie Ihre
Antwort.
Hinweis: Argumentieren Sie mit Hilfe der rückwärtigen Induktion. Würden
Sie tauschen, wenn Sie 160 e im Umschlag hätten? Wenn Sie 80 hätten? Etc.
1
Aufgabe 2 Betrachten Sie das folgende Spiel:
L M R
T 3, 2 0, 0 5, 1
B 1, 5 2, 4 2, 3
a) Bestimmen Sie alle Nash Gleichgewichte des Spiels in reinen Strategien.
b) Angenommen, Spieler 2 erhält eine sog. Outside Option die ihm eine
Auszahlung von 3 garantiert. Erläutern Sie, wie diese Option dem Spieler
2 helfen kann, sein präferiertes Nash Gleichgewicht des obigen Spiels zu
erreichen.
c) Wäre dies auch möglich, wenn die Outside Option des Spielers 2 nur die
Auszahlung 3 garantieren würde? Begründen Sie ihre Antwort.
Aufgabe 3 Auf einer Auktion soll ein 100 e Schein versteigert werden. Jeder
beliebige Geldbetrag (in ganzen Cent) kann geboten werden. Der Bieter mit
dem höchsten Gebot gewinnt den Geldschein. Es handelt sich um eine All–
Pay Auction, d.h. jeder Bieter muss bezahlen, was er zuletzt geboten hat,
auch die Verlierer.
Beispiel: A bietet 5 Cent und B bietet 8 Cent. Dann gewinnt B und hat
einen Gewinn von 100 − 0.08 = 98.08. A hat einen Verlust von 5 Cent, und
der Auktionator erhält 5 + 8 = 13 Cent.
Man kann sein Gebot jederzeit erhöhen, aber nicht senken. Die Auktion läuft
solange, bis niemand mehr bietet. Dann zahlt jeder Bieter die Summe, die
er zuletzt geboten hat, und der Gewinner (i.e. der mit dem höchsten Gebot)
erhält den 100 e Schein.
Wie würden Sie sich bei dieser Auktion verhalten, i.e. wieviel würden Sie
bieten? Begründen Sie Ihre Antwort.
Hinweis: Überlegen Sie sich bei jedem möglichen Gebot die Konsequenzen,
i.e. den Gewinn bzw. Verlust bei einem Gebot von i.e. 1 Cent, 1 e, 10 e, 50
e.
Aufgabe 4 Was besagt das Folk–Theorem über unendlich oft wiederholte Spiele?
Beschreiben Sie die individuell rationalen erreichbaren Auszahlungen anhand
einer Grafik. Sie können das folgende Stufenspiel als Beispiel heranziehen:
V
S
V 18, 18 10, 20
S 20, 10 15, 15
2
Hauptfragen
Aufgabe 5 Ein Unternehmen sucht einen Übersetzer (vom deutschen ins chinesische) für einen Text von 50 Seiten. Es gibt gute und schlechte Übersetzer.
Das Unternehmen würde einem guten Übersetzer 100 e zahlen und einem
schlechten 60 e. Leider ist dem Unternehmen der Typ des Bewerbers (gut
oder schlecht) a priori nicht bekannt. Es ist aber bekannt, dass jeder Typ mit
der wahrscheinlichkeit 0.5 auftritt.
Die Bewerber haben die Möglichkeit, in eine Zusatzausbildung a zu investieren. Die Kosten der Ausbildung sind 10a für den guten Typ und 30a für den
schlechten.
a) Beschreiben Sie die Vermutungen des Unternehmens und die Strategien der Übersetzer–Typen in einem separierenden Gleichgewicht. Welche
Bedingungen muss a in einem separierenden Gleichgewicht erfüllen?
b) Berechnen Sie den Wert von a sowie die Auszahlung beider Typen von
Übersetzer im Least–Cost Gleichgewicht.
c) Beschreiben Sie die Vermutungen des Unternehmens, die Strategien der
beiden Typen von Übersetzer sowie ihre Auszahlungen im Pooling Gleichgewicht.
d) Ist das intuitive Kriterium auf dieses Pooling Gleichgewicht anwendbar?
Wenn ja, erläutern Sie dies. Wenn nein, begründen Sie Ihre Antwort.
e) In einer anderen Stadt ist die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des
guten Typs 0.8 und für den schlechten 0.2. Sonst ist alles gleich. Bestimmen Sie das Pooling Gleichgewicht (Vermutungen und strategien) sowie
die Auszahlungen der beiden Typen im Pooling Gleichgewicht.
Ist das intuitive Kriterium auf dieses Pooling Gleichgewicht anwendbar?
Wenn ja, erläutern Sie dies. Wenn nein, begründen Sie Ihre Antwort.
Zusatzfrage: Könnte man sich eine Situation (bezüglich Wahrscheinlichkeiten
der Typen und Kosten der Ausbildung) vorstellen, in der beide Typen von
Übersetzer das separierende Least–Cost gleichgewicht gegenüber dem Pooling
Gleichgewicht präferieren? Wenn ja, erläutern Sie dies an einem Beispiel. Wenn
nein, begründen Sie Ihre Antwort.
3
Aufgabe 6 Betrachten Sie das folgende Spiel in Extensivform.
1
R
r
@
@
(3, 3)
@
@
@M
@
@
L
@
2r
L’
(2, 4)
@r2
@
@
@
@ R’
@
@
@
L’
(1, 1)
(1, 1)
@
@ R’
@
@
@
(4, 2)
a) Bestimmen Sie alle Nash Gleichgewichte des Spiels in reinen Strategien.
b) Welches dieser Nash Gleichgewichte ist teilspiel perfekt? Begründen Sie
Ihre Antwort.
c) Jetzt nehmen Sie an, die beiden Entscheidungsknoten des Spielers 2 befinden sich in einer Informationsmenge, i.e. Spieler 2 kann die Aktion des
Spielers 1 nicht beobachten. Bestimmen Sie alle teilspiel perfekten Nash
Gleichgewichte des neuen Spiels. Gibt es hier ein Nash Gleichgewicht, das
nicht teilspiel perfekt ist? Begründen Sie Ihre Antwort.
d) Jetzt entfällt die Strategie R des Spielers 1, aber die Informationsmenge bleibt. D.h., wir betrachten das simultane Spiel in dem beide Spieler
jeweils entweder A oder Z spielen können. Dieses Spiel besitzt ein Nash
Gleichgewicht in echt gemischten Strategien. Berechnen Sie dieses Gleichgewicht sowie den erwarteten Gewinn jedes Spielers in diesem Gleichgewicht.
Zusatzfrage zu d): Vergleichen Sie die Auszahlungen im gemischten
Gleichgewicht mit denen in den beiden Gleichgewichten in reinen Strategien. Wie lässt es sich erklären, dass die Auszahlungen im gemischten
Gleichgewicht für beide Spieler niedriger sind als in jedem der Gleichgewichte in reinen Strategien?
4
Aufgabe 7 Zwei Unternehmen A und B befinden sich im Preiswettbewerb. Jedes
Unternehmen kann zwischen drei Preisen wählen: hoch (H), mittel (M), und
niedrig (N). Die Gewinne sind in der folgenden Auszahlungsmatrix dargestellt.
H
M
N
H 10, 10 0, 12 0, 8
M 12, 0 9, 9 0, 8
N
8, 0
8, 0 2, 2
a) Bestimmen Sie die Nash Gleichgewichte des Spiels in reinen Strategien.
b) Welche Strategiekombination maximiert den Gesamtgewinn für beide Spieler, i.e. die Summe der Gewinne?
c) Angenommen das Spiel wird unendlich oft wiederholt. Der Diskontfaktor ist δ ∈ [0, 1]. Wie hoch muss δ mindestens sein, damit ein Paar von
Trigger Strategien ein Nash Gleichgewicht des wiederholten Spiels darstellt?
d) Jetzt nehmen Sie an, das Spiel wird nur zweimal hintereinander gespielt.
Entwerfen Sie ein Paar von Strategien, die ein Nash Gleichgewicht des
wiederholten Spiels darstellen, und bei denen in der ersten Periode (H, H)
gespielt wird.
Zusatzfrage zu d) Angenommen, das Spiel wird n mal hintereinander
gespielt, wobei n eine positive ganze Zahl ist. Entwerfen Sie ein Paar von
Strategien, die ein Nash Gleichgewicht des wiederholten Spiels darstellen,
und bei denen in den ersten (n − 1) Perioden (H, H) gespielt wird.
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