Thieme: Mündliche Prüfung Innere Medizin

Werbung
Mündliche Prüfung
Innere Medizin
Silke Hellmich
Bernhard Hellmich
Georg Thieme Verlag
Stuttgart ∙ New York
Dr. Silke Hellmich
Prof. Dr. Bernhard Hellmich
Medizinische Klinik
Kreiskrankenhaus Plochingen
Am Aussichtsturm 5
73207 Plochingen
Dr. med Horst Gross
Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin
Freier Medizinautor
Weimarische Str. 4
10715 Berlin
[email protected]
Bibliografische Information
der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese
Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie;
detaillierte bibliographische Daten sind im Internet
über http://dnb.d-nb.de abrufbar
© 2011 Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14
D-70469 Stuttgart
Unsere Homepage: http://www.thieme.de
Printed in Germany
Grafiken: Karin Baum, Paphos, Zypern
Layout und Umschlaggestaltung: Thieme Verlagsgruppe
Satz: Mitterweger & Partner, 68723 Plankstadt
Druck: AZ Druck und Datentechnik, Kempten
ISBN 978-3-13-144791-3
123456
Wichtiger Hinweis: Wie jede Wissenschaft ist die Medizin
ständigen Entwicklungen unterworfen. Forschung und klinische Erfahrung erweitern unsere Erkenntnisse, insbesondere was Behandlung und medikamentöse Therapie anbelangt. Soweit in diesem Werk eine Dosierung oder eine Applikation erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen,
dass Autoren, Herausgeber und Verlag große Sorgfalt darauf
verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei
Fertigstellung des Werkes entspricht.
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch
sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die dort gegebene Empfehlung für
Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen
gegenüber der Angabe in diesem Buch abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten
Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht
worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt
auf eigene Gefahr des Benutzers. Autoren und Verlag appellieren an jeden Benutzer, ihm etwa auffallende Ungenauigkeiten dem Verlag mitzuteilen.
Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht
besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass
es sich um einen freien Warennamen handele.
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung
des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere
für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen
und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen
Systemen.
V
Vorwort
Liebe Medizinstudenten, liebe werdende Ärzte,
dieses Buch soll Ihnen zur Prüfungsvorbereitung im Fach
Innere Medizin dienen und dabei auch die Freude an
speziell diesem Fach sowie der Medizin im Allgemeinen
vermitteln.
Im Rahmen der redaktionellen Endfassung zu diesem
Buch hörte ich folgenden Satz „Du sollst leben, als wenn es
Dein letzter Tag wäre und lernen, als wenn Du ewig leben
würdest“. Ich finde, das ist ein gutes Leitwort für ein
Medizinerleben. Die Medizin ist ein so lebendiges Fach,
welches sich stetig weiterentwickelt, so dass man gezwungen wird, ständig zu lernen. Dabei sollte das Lernen
jedoch niemals eine Last sein, sondern als Herausforderung gesehen werden.
Dieses Buch ist als Ergänzung zum Fallbuch Innere Medizin gedacht und soll durch gezielte Fragen und kurze
Antworten auf die Prüfungssituation im mündlichen
Staatsexamen vorbereiten. Am einfachsten lernt man das
„Handwerk“ Medizin am Beispiel des Patienten, daher
wurde versucht, die Themen nicht nur an aktuellen
Prüfungsprotokollen zu orientieren, sondern auch, so
weit wie möglich, an Patientenbeispielen zu verdeutlichen. Insbesondere die Hörbuchversion scheint eine
spannende Ergänzung, da man mit mehreren Sinnen
bekanntlich am besten lernt. Von der ersten Idee zu
diesem Buch bis zur Endfassung sind mehrere Jahre
vergangen, es wurde versucht den Inhalt immer an den
neusten Leitlinien und Entwicklungen zu orientieren.
Dennoch kann und soll dieses Buch sowohl vom Umfang
als auch vom Inhalt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
erheben. Ich bitte die Leser dieser Erstausgabe daher auch
um rege Rückmeldung, was fachliche Fehler und auch
formelle Verbesserungsvorschläge betrifft.
Viel Erfolg, aber vor allem Spaß in Ihrem Beruf und mit
Ihren Patienten wünsche ich Ihnen.
Danken möchte ich an der Stelle der Redaktion des Georg
Thieme Verlags v.a. Frau Dr. Andrea von Figura sowie
Frau Dr. Eva Stangler-Alpers für ihre geduldige, eifrige
und kreative Umsetzung des Projektes.
Mein persönlicher Dank gilt allen, die mich auf diesem
Medizinerweg begleitet haben. Besondere Impulse gaben
mir dabei mein lieber Mann und Seniorautor Prof. Dr.
Bernhard Hellmich, mein Doktorvater PD Dr. Wolfgang
Marek sowie meine klinischen Lehrer Prof. Dr. Bernd
Sanner, Dr. Christa Schatz, Dr. Ernst Müller, Dr. Frank
Eberhardt, Dr. Ute Lepp, Holger Brammer sowie Dr.
Martin Faehling.
Die besten Lehrer fürs Leben sind und bleiben jedoch
unser kleiner Sohn Julius und unsere kleine Tochter Zoé.
Plochingen, März 2011
Silke Hellmich
VII
Inhaltsverzeichnis
1
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
Kardiologie
Herzfehler
Perikarderkrankungen
Myokarderkrankungen
Endokarditis
Herzinsuffizienz
Pulmonale Hypertonie (Cor pulmonale)
Koronare Herzerkrankung (KHK) und
stabile Angina pectoris
Akutes Koronarsyndrom
Herzrhythmusstörungen
Arterielle Hypertonie
Schock
1
1
6
7
9
10
14
16
18
23
29
33
6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
6.8
6.9
Nephrologie
Akutes Nierenversagen
Chronische Niereninsuffizienz
Glomerulopathien
Tubulointerstitielle Nierenerkrankungen
Harnwegsinfektionen und Pyelonephritis
Nephro- und Urolithiasis
Zystische Nierenerkrankungen
Diabetische Nephropathie
Nierenzellkarzinom
7
Störungen des Wasser-, Elektrolytund Säure-Basen-Haushalts
Störungen des Wasser- und des
Natriumhaushalts
Störungen des Kaliumhaushalts
Störungen des Säure-Basen-Haushalts
7.1
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
Hämatologie
Anämien
Agranulozytose
Maligne Lymphome
Akute Leukämien
Chronische myeloproliferative Erkrankungen
Myelodysplastisches Syndrom (MDS)
Hämorrhagische Diathesen
34
34
41
41
48
51
55
55
3
3.1
3.2
Angiologie
Erkrankungen der Arterien
Erkrankungen der Venen
62
62
75
4
4.1
Pulmologie
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
(COPD)
Asthma bronchiale
Bronchiektasien
Schlafbezogene Atmungsstörungen
Pneumonien
Tuberkulose
Interstitielle Lungenerkrankungen
Bronchialkarzinom
Lungenembolie
ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome)
Pleuraerkrankungen
82
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
5
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
Gastroenterologie
Ösophaguserkrankungen
Magenerkrankungen
Gastrointestinale Blutung
Darmerkrankungen
Lebererkrankungen
Erkrankungen der Gallenblase und der
Gallenwege
Pankreaserkrankungen
82
88
93
94
95
98
102
107
111
113
114
118
118
122
129
132
144
161
164
7.2
7.3
8
8.1
8.2
8.3
171
171
173
176
182
183
185
188
188
189
191
191
194
196
198
198
203
8.4
8.5
8.6
8.7
8.8
Endokrinologie und Stoffwechsel
Hypophysenerkrankungen
Schilddrüsenerkrankungen
Erkrankungen der Nebenschilddrüse und
metabolische Knochenerkrankungen
Nebennierenerkrankungen
Diabetes mellitus
Hyperurikämie und Gicht
Adipositas und metabolisches Syndrom
Hyperlipoproteinämie (Hyperlipidämien)
9
9.1
9.2
9.3
9.4
9.5
Rheumatologie
Rheumatoide Arthritis
Spondyloarthritiden
Kollagenosen
Primäre Vaskulitiden
Fibromyalgiesyndrom
234
234
238
247
254
260
10
10.1
10.2
10.3
10.4
10.5
10.6
Infektiologie
Influenza
Diphtherie
Infektiöse Durchfallerkrankungen
Lyme-Borreliose
HIV-Infektion und AIDS
Malaria
261
261
262
262
265
267
270
209
215
220
229
230
231
Quellenverzeichnis
272
Sachverzeichnis
275
VIII
Infoboxverzeichnis
1
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
1.6
1.7
1.8
1.9
1.10
1.11
1.12
1.13
1.14
1.15
1.16
1.17
1.18
Kardiologie
Endokarditisprophylaxe
Einteilung der Herzfehler
Ätiologie der akuten Perikarditis
Primäre Kardiomyopathien
Infektiöse Endokarditis: Duke-Kriterien
Linksherzinsuffizienz: Stadieneinteilung
Herzinsuffizienz: Symptomatik
Herzinsuffizienz: Kompensationsmechanismen
Herzinsuffizienz: Stufentherapie
Pulmonal-arterielle Hypertonie: Klassifikation
KHK: Ergometrie
Akuter Thoraxschmerz
Myokardinfarkt: EKG
Herzschrittmacher
Vorhofflimmern: Ätiopathogenese
Arterielle Hypertonie: Stadieneinteilung
Arterielle Hypertonie: Therapieindikationen und Folgeerkankungen
Antihypertensiva der 1. Wahl
2
5
7
8
10
11
12
12
14
15
17
19
21
23
27
30
31
32
2
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
Hämatologie
Anämien: Systematik
Hodgkin-Lymphom: Histologische Einteilung
Hodgkin- und Non-Hodgkin-Lymphome: Klassifikation
Chronisch lymphatische Leukämie: Klassifikation
Plasmozytom: Stadieneinteilung
Akute myeloische Leukämie: Klassifikation
Polycythaemia vera: Diagnosekriterien
Hämophilie: Klinische Einteilung
Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC)
Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ I und II (HIT I und II)
40
42
42
45
48
50
54
57
60
61
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
3.10
3.11
3.12
3.13
Angiologie
Stadieneinteilung der pAVK
Knöchel-Arm-Index
Therapie der pAVK
Akuter peripherer Arterienverschluss: Ätiologie
Akuter peripherer Arterienverschluss: Diagnostik und Therapie
Abdominelle arterielle Verschlusskrankheit
Aortendissektion: Klassifikation
Bauchaortenaneurysma: Komplikationen
Raynaud-Syndrom
Phlebothrombose: Pathogenese
Orale Antikoagulation
Thrombophiliediagnostik
Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI): Stadieneinteilung
62
63
65
66
67
70
71
73
74
76
78
78
79
Infoboxverzeichnis
4
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
4.12
4.13
4.14
4.15
4.16
4.17
4.18
Pulmologie
COPD: Phänotypen
COPD: Pathogenese
COPD: Medikamentöse Therapie
Asthma bronchiale: Typen
Asthma bronchiale: Peak-Flow-Messung
Asthma bronchiale: Klassifikation
Asthma bronchiale: Stufentherapie
Akuter Asthmaanfall: Differenzialdiagnostik
Ambulant erworbene Pneumonie: Therapie
Tuberkulose: Diagnostik
Tuberkulose: Medikamentöse Therapie
Sarkoidose: Radiologische Einteilung nach Scadding
Kleinzelliges Bronchialkarzinom
Bronchialkarzinom: TNM-Stadien
Lungenembolie: Diagnostik
Lungenembolie: Stadieneinteilung
Pleuraerguss: Differenzialdiagnostik
Parapneumonischer Pleuraerguss
85
86
86
89
89
90
92
92
97
100
102
104
109
110
111
113
115
116
5
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
5.9
5.10
5.11
5.12
5.13
5.14
5.15
5.16
5.17
5.18
5.19
5.20
5.21
5.22
5.23
5.24
5.25
Gastroenterologie
Refluxkrankheit: Stadieneinteilung
Chronische Gastritis
Helicobacter pylori-Eradikationstherapie
Magenkarzinom: Histologische Klassifikation
Ulkusblutung: Klassifikation der Blutungsaktivität
Gastrointestinalblutung: Diagnostik
Obere und untere Gastrointestinalblutung
Malassimilationssyndrom
Morbus Crohn: Krankheitsaktivität
Morbus Crohn: Therapie
Colitis ulcerosa: Therapie
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Differenzialdiagnostik
Kolorektales Karzinom: Stadieneinteilung und Therapie
Hepatitis B: Verlaufsformen und Serologie
Virushepatitis: Erreger
Leberzirrhose: Ätiologie
Leberzirrhose: Komplikationen
Ikterus
Aszites: Differenzialdiagnostik
Hepatische Enzephalopathie
Leberzirrhose: Schweregradeinteilung
Cholezystolithiasis: Komplikationen
Akutes Abdomen
Akute Pankreatitis: Komplikationen
Multiple endokrine Neoplasien (MEN)
120
123
125
128
130
131
132
132
136
137
138
139
143
146
149
150
151
151
154
155
157
162
164
167
170
6
6.1
6.2
6.3
6.4
6.5
6.6
6.7
Nephrologie
Chronische Niereninsuffizienz: Stadieneinteilung
Chronische Niereninsuffizienz: Komplikationen
Proteinurie
Hämaturie
Glomerulonephritis (GN)
Harnsteine
Diabetische Nephropathie
173
175
177
178
180
187
189
IX
X
Infoboxverzeichnis
7
7.1
7.2
7.3
Störungen des Wasser- und Elektrolyt- und des Säure-Basen-Haushalts
Dehydratation: Schweregrade und Symptome
Abweichungen des Natriumspiegels
Störungen des Säure-Basen-Haushalts
192
194
197
8
8.1
8.2
8.3
8.4
8.5
8.6
8.7
8.8
8.9
8.10
8.11
8.12
8.13
8.14
8.15
8.16
8.17
8.18
Endokrinologie
Hypophyseninsuffizienz: Symptome
Prolaktinome
Diabetes insipidus
Struma: Stadieneinteilung
Endokrine Orbitopathie: Stadieneinteilung
Schilddrüsenkarzinome
Osteoporose: Stadieneinteilung
Osteoporose: Knochenspezifische Therapie
Cushing-Syndrom: Labordiagnostische Differenzierung
Blutzuckergrenzwerte
Diabetische Neuropathie
Diabetisches Fußsyndrom
Insulinpräparate
Insulintherapie
Orale Antidiabetika
Diabetes mellitus Typ 1 und 2
Body-Mass-Index (BMI)
Hyperlipidämien: Medikamentöse Therapie
199
200
202
204
205
208
212
213
217
220
222
222
223
225
226
228
230
233
9
9.1
9.2
9.3
9.4
9.5
9.6
9.7
9.8
9.9
Rheumatologie
Rheumatoide Arthritis: Klassifikationskriterien
Rheumatoide Arthritis: Therapie
Spondyloarthritiden: Klassifikationskriterien
Sakroiliitis: Radiologische Charakteristika
Rheumatisches Fieber: Jones-Kriterien
SLE: Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR)
Differenzialdiagnosen bei Muskelschwäche und Myalgien
Sklerodermie: Verlaufsformen
Primäre Vaskulitiden: Klassifikation
236
238
239
240
245
248
251
253
259
10
10.1
10.2
10.3
Infektiologie
Borreliose
HIV/AIDS: Klassifikation
Malaria
266
269
271
11
1
Kardiologie
1.1
Herzfehler
1.1.1
Allgemeines
Eine einfache, aber effektive Methode zur Diagnostik von Herzklappenfehlern ist die Auskultation.
Wo auskultieren Sie welche Herzklappe am besten?
Aortenklappengeräusche lassen sich besonders gut im
Sitzen auskultieren. Geräusche über der Mitralklappe
sind am besten in Linksseitenlage hörbar.
Die Aortenklappe lässt sich am besten im 2. Interkostalraum, kurz ICR, rechts parasternal, die Pulmonalklappe
im 2. ICR links parasternal auskultieren. Die Trikuspidalklappe wird im 5. ICR rechts parasternal, die Mitralklappe
im 5. ICR links in der Medioklavikularlinie auskultiert.
Bei der Untersuchung des Herzens tasten Sie lateral
der Medioklavikularlinie einen Herzspitzenstoß,
der vom 5. bis in den 7. ICR reicht. Was sagt Ihnen dieser
Befund?
è
Merke
Merkspruch für die Auskultationsorte: „Anton
Pulmonalis trinkt Milch um 22:55 Uhr.“
è
Welche Körperhaltung sollte der Patient für die
Auskultation der Aorten- bzw. Mitralklappe einnehmen?
1.1.2
Welchen typischen Auskultationsbefund können
Sie bei Patienten mit Ventrikelseptumdefekt, kurz
VSD, hören?
Charakteristische Auskultationsbefunde sind ein hochfrequentes, holosystolisches Pressstrahlgeräusch, das im
3.-4. ICR links parasternal auskultiert werden kann, und
ein gespaltener 2. Herzton.
Merke
Der VSD ist der häufigste Herzfehler mit primärem Links-Rechts-Shunt.
Wie hängt der Auskultationsbefund bei einem VSD
von der Defektgröße ab?
Der typische Auskultationsbefund ist besonders gut bei
einem kleinen VSD zu hören. Je größer der Shunt ist,
umso leiser ist das Geräusch und die Spaltung des 2. Herztons ist nicht mehr eindeutig zu differenzieren.
è
Ein lateral der Medioklavikularlinie bis in den 7. ICR tastbarer
Herzspitzenstoß deutet auf einen vergrößerten linken
Ventrikel hin.
Merke
Beim Gesunden lässt sich der Herzspitzenstoß
im 4. oder 5. ICR links, etwas medial der Medioklavikularlinie tasten.
Angeborene Herzfehler
è
è
è
Wie entsteht die zunehmende Rechtsherzbelastung
bei einem größeren VSD? Welche Folgen hat sie?
Die Lungengefäße sind bei einem Links-Rechts-Shunt einer
erhöhten Volumenbelastung ausgesetzt. Die Lungenarteriolen adaptieren sich durch zunehmende Sklerosierung
an die Verhältnisse. Mit der Zeit werden sie irreversibel umgebaut und der Lungengefäßwiderstand nimmt zu. Erreicht er das Niveau des Systemwiderstandes, kommt es
zu einer Shuntumkehr. Es entwickelt sich ein sekundärer
Rechts-Links-Shunt mit Zyanose.
Merke
Die Entwicklung eines sekundären Rechts-LinksShunts durch Shuntumkehr wird als Eisenmenger-Reaktion bezeichnet.
Unter welchen Beschwerden leiden Patienten mit
mittelgroßem bis großem VSD ohne Eisenmenger-Reaktion?
è
Die Patienten leiden unter
Wachstumsretardierung und Entwicklungsverzögerung,
" eingeschränkter Belastbarkeit,
" Belastungsdyspnoe,
" Palpitationen,
" gehäuften bronchopulmonalen Infekten und
" Herzinsuffizienz.
"
è
Was können Sie zur Therapie eines VSD im Erwachsenenalter sagen?
Pharmakotherapeutisch steht die adäquate Therapie der
Herzinsuffizienz im Vordergrund. Jeder symptomatische
oder hämodynamisch relevante VSD muss operativ verschlossen werden. In Erprobung sind auch interventionelle
Katheterverfahren mit „Schirmchen“, die den Defekt verschließen.
2
1 Kardiologie
è
Zu welchem Zeitpunkt sollten Patienten mit einem
VSD operiert werden?
Ein VSD muss unbedingt vor der Shuntumkehr operiert
werden, da eine Operation bei irreversiblen Lungengefäßveränderungen kontraindiziert ist. In diesem Fall bleibt als
kurative Maßnahme nur noch die Herz-Lungen-Transplantation.
Infobox 1.1
Wie wird eine Endokarditisprophylaxe vor zahnärztlichen Eingriffen durchgeführt?
Therapie der Wahl bei Erwachsenen ist die orale Gabe von
2 g Amoxicillin. Ist eine orale Einnahme nicht möglich, können 2 g Ampicillin i.v. verabreicht werden. Bei Penicillinoder Ampicillinallergie erhalten die Patienten 600 mg
Clindamycin oral oder i.v. Im Idealfall werden die Antibiotika 30-60 Minuten vor dem Eingriff verabreicht.
è
Die Endokarditisprophylaxe wurde vor dem Eingriff
vergessen – was machen Sie nun?
Wurde vor dem Eingriff keine Prophylaxe verabreicht, sollte
die Antibiotikagabe innerhalb von 1-2 Stunden nach dem
Eingriff nachgeholt werden.
è
Patienten mit Operation eines VSD benötigen vor allen Eingriffen, die zu einer Bakteriämie führen können, eine Endokarditisprophylaxe, da ihr Endokarditis-Risiko erhöht ist.
Endokarditisprophylaxe
Indikationen für eine Endokarditisprophylaxe bei Operationen, zahnärztlichen Eingriffen oder invasiven diagnostischen Maßnahmen (z.B. Endoskopie) sind:
" Z.n. Herzklappenersatz (mechanische oder biologische Prothesen)
" alle operativ oder interventionell behandelten Herzfehler, bei denen prothetisches Material verwendet
wurde (in den ersten 6 postoperativen Monaten)
" Z.n. Klappenrekonstruktion (in den ersten 6 postoperativen Monaten)
è
Sie haben den VSD Ihres Patienten mit einem Patchverschluss verschlossen. Nun muss er aufgrund von
Zahnschmerzen zum Zahnarzt. Was müssen Sie beachten?
è
Nennen Sie die häufigste Form des Vorhofseptumdefekts, kurz ASD!
Mit ca. 70 % ist der sog. Ostium secundum-Defekt im Bereich der Fossa ovalis am häufigsten.
Eine Patientin mit ASD und tiefer Beinvenenthrombose kann mit einem Mal ihren Arm nicht mehr
spüren und bewegen. Woran müssen Sie in diesem
Fall denken?
è
Durch die offene Verbindung zwischen rechtem und linkem
Vorhof kann es bei dieser Patientin zu einer sog. paradoxen
Embolie mit Übertritt des Thrombus aus dem rechten in
den linken Kreislauf gekommen sein. Gelangt der Thrombus
in die zerebralen Gefäße, treten abhängig von der Lokalisation typische neurologische Ausfallserscheinungen auf.
"
"
"
Patienten mit angeborenen Herzfehlern, die gar nicht
bzw. mit Anlage eines Shunts operiert wurden oder
bei denen postoperativ eine residuale turbulente
Strömung besteht
Endokarditis in der Anamnese
Z.n. Herztransplantation mit Entwicklung eines
Klappenvitiums
è
Was sind die Charakteristika der Fallot-Tetralogie?
Bei der Fallot-Tetralogie ist das Infundibulumseptum verlagert. Charakteristisch ist die folgende Befundkonstellation:
" infundibuläre Obstruktion des rechtsventrikulären Ausflusstrakts,
" großer, druckausgleichender subaortaler VSD,
" über dem VSD reitende Aorta und
" sekundäre Rechtsherzinsuffizienz.
è
Nennen Sie das Leitsymptom der Fallot-Tetralogie!
Wie kommt es dazu?
Das wichtigste Symptom ist die Zyanose. Sie entsteht durch
die Kombination aus Obstruktion der rechtsventrikulären
Ausflussbahn und großem VSD. Durch den erhöhten
rechtsventrikulären Druck fließt das venöse Blut nicht
durch die Lunge, sondern gelangt über den Septumdefekt
unoxygeniert in den großen Kreislauf.
è
Warum nehmen Patienten mit Fallot-Tetralogie
häufig eine Hockstellung ein?
In der Hockstellung steigt der Druck im Systemkreislauf,
der Shuntfluss über den Defekt nimmt ab und es gelangt
mehr Blut zur Oxygenierung in die Lunge.
Ihnen wird ein 25-jähriger Patient mit Verdacht auf
adulte Aortenisthmusstenose vorgestellt. Auf welches Leitsymptom müssen Sie bei der körperlichen
Untersuchung achten? Nach welchen Symptomen sollten Sie den Patienten fragen?
è
1.1 Herzfehler
Leitsymptom der Aortenisthmusstenose ist eine pathologisch erhöhte Blutdruckdifferenz zwischen Armen und
Beinen: Durch den hohen Blutdruck in der oberen Körperhälfte klagen die Patienten über typische Hochdruckbeschwerden wie Kopfschmerzen, Nasenbluten und Schwindel. Der niedrige Blutdruck in der unteren Körperhälfte führt
zu Hypoperfusionszeichen wie z.B. kalten Extremitäten.
Wie kommt es zur physiologischen Blutdruckdifferenz? Ab welchem Wert wird von einer relevanten
Blutdruckdifferenz gesprochen?
è
Durch die Reflexion der Pulswelle in der Peripherie ist der
Blutdruck in den Beinen höher als in den Armen. Physiologisch ist eine Differenz von etwa 10-20 mmHg. Von einer
signifikanten Blutdruckdifferenz wird daher erst ab einem
Unterschied von > 20 mmHg zwischen oberer und unterer
Extremität gesprochen.
1.1.3
è
Welche ist die häufigste erworbene Klappenanomalie?
Sagen Sie kurz etwas zu Auskultationsbefund und
Klinik des Mitralklappenprolapses!
Charakteristischer Auskultationsbefund ist der mesosystolische Klick. Die meisten Patienten sind asymptomatisch. In
ca. 10 % der Fälle kann es zu Palpitationen, verminderter Belastbarkeit, Herzrhythmusstörungen und Klappeninsuffizienz kommen. Das Risiko für einen plötzlichen Herztod ist
erhöht.
è
Bei der adulten Aortenisthmusstenose sind im Röntgenbild
Rippenusuren nachweisbar, die durch Umgehungskreisläufe im Bereich der Interkostalarterien entstehen. Durch
diese Kollateralkreisläufe wird die Blutversorgung der unteren Extremität sichergestellt.
Merke Aufgrund der Kollateralkreisläufe zwischen
oberen und unteren Extremitäten sind bei der adulten Aortenisthmusstenose Beine und Füße nicht zyanotisch.
Erworbene Herzfehler
Die häufigste Klappenanomalie ist der Mitralklappenprolaps, bei der sich das überdimensioniert große hintere Mitralklappensegel während der Systole in den linken Vorhof
wölbt.
è
Sie fertigen von Ihrem Patienten mit adulter Aortenisthmusstenose eine Röntgenthoraxaufnahme
an. Welches klassisches Röntgenzeichen erwarten Sie
und wie entsteht es?
è
Wann sollten Sie einen Mitralklappenprolaps klinisch engmaschig kontrollieren?
Sobald eine Klappeninsuffizienz auftritt, muss der Herzfehler engmaschig echokardiografisch kontrolliert werden.
Ihnen wird eine ältere Patientin vorgestellt, die am
frühen Vormittag bei der Gartenarbeit für etwa
1 Minute bewusstlos geworden ist. Die begleitende
Enkelin berichtet, dass sich ihre Großmutter seit einiger
Zeit weniger belastbar gefühlt habe, in der Vergangenheit sei es immer wieder zu belastungsabhängigen
Brustschmerzen und Luftnot gekommen. An welchen
Herzklappenfehler denken Sie?
è
Anamnese und Vorgeschichte lassen an eine Synkope im
Rahmen einer höhergradigen Aortenklappenstenose denken.
è
Wie können Sie die Verdachtsdiagnose einer Aortenklappenstenose nicht-invasiv sichern?
Diagnostisch werden in erster Linie der Auskultations- und
der Echokardiografiebefund genutzt:
" Auskultatorisch ist bei einer Aortenklappenstenose ein
raues spindelförmiges Systolikum im 2. Interkostalraum
rechts parasternal zu hören, das häufig in die Karotiden
fortgeleitet wird. Bei hochgradiger Stenose ist der 2.
Herzton abgeschwächt und evtl. paradox gespalten.
Dies bedeutet, dass der Schlusston der Pulmonalklappe
vor dem der Aortenklappe zu hören ist.
" Mit der transthorakalen oder transösophagealen Echokardiografie mit Dopplersonografie können die Klappenverkalkung, der beschleunigte Blutfluss bzw. die
Drucksteigerung über der Stenose nachgewiesen und
das Ausmaß der eingeschränkten Klappenöffnungsfläche
beurteilt werden.
è
Wie therapieren Sie Ihre Patientin mit Aortenklappenstenose?
Da die Patientin bereits unter Symptomen der Linksherzinsuffizienz leidet, besteht eine dringliche OP-Indikation mit
Ersatz der stenosierten Herzklappe.
Merke Grundsätzlich gilt: Eine Aortenklappenstenose sollte immer vor Auftreten einer linksventrikulären
Dekompensation operiert werden, da sich die Prognose
ansonsten verschlechtert!
3
4
1 Kardiologie
Für welche Form des Herzklappenersatzes entscheiden Sie sich bei Ihrer älteren Patientin mit Linksherzinsuffizienz? Begründen Sie Ihre Wahl!
è
Bei der älteren Patientin sollte die Herzklappe durch eine
biologische Prothese aus tierischem oder menschlichem
Gewebe ersetzt werden. Da biologische Materialien wenig
thrombogen wirken, müssen die Patienten im Anschluss an
die OP nicht langfristig antikoaguliert werden. Der wesentliche Nachteil biologischer Prothesen ist ihre begrenzte
Haltbarkeit, was im höheren Alter jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Merke
Bei älteren Patienten mit erhöhtem perioperativem Risiko ist der minimal-invasive transapikale Aortenklappenersatz mit artifiziellen Prothesen ein neues
innovatives Verfahren.
Wie unterscheidet sich die Blutdruckamplitude bei
Aortenklappenstenose von der bei Aortenklappeninsuffizienz?
è
Bei der Aortenklappenstenose ist die Blutdruckamplitude
durch das verminderte Schlagvolumen verringert. Im Rahmen einer Aortenklappeninsuffizienz fließt ein Teil des ausgeworfenen Blutes während der Diastole zurück in den linken Ventrikel und addiert sich beim nächsten Herzschlag
zum Schlagvolumen. Die Folge ist eine große Blutdruckamplitude.
Kennen Sie einen charakteristischen, inspektorisch
sichtbaren Befund bei Patienten mit Aortenklappeninsuffizienz, der sich durch die große Blutdruckamplitude erklären lässt?
è
Durch die große Blutdruckamplitude zeigen sich pulsatorische Phänomene wie ein pulssynchrones Kopfnicken oder
sichtbare Pulsationen in den Karotiden. Außerdem berichten die Patienten häufig über ein pulssynchrones Rauschen
im Kopf.
Merke Das pulssynchrone Kopfnicken bei Patienten
mit Aortenklappeninsuffizienz wird auch als Musset-Zeichen bezeichnet.
è
Beschreiben Sie den Auskultationsbefund bei Aortenklappeninsuffizienz!
Auskultatorisch ist direkt nach dem 2. Herzton ein diastolisches Decrescendo-Geräusch zu hören. Das große Schlagvolumen führt zu einer relativen Aortenstenose, die sich als
spindelförmiges Systolikum manifestiert.
è
Ich gebe Ihnen folgenden Auskultationsbefund vor:
paukender 1. Herzton,
hochfrequentes Diastolikum mit nachfolgendem diastolischen Decrescendo und
" präsystolisches Crescendo.
Um welchen Herzfehler handelt es sich und wie kommen
die Geräuschphänomene zustande?
"
"
Der Auskultationsbefund ist charakteristisch für eine Mitralklappenstenose:
" Der paukende 1. Herzton und das hochfrequente Diastolikum, auch als Mitralöffnungston bezeichnet, entstehen durch das laute Umschlagen des Mitralsegels,
wenn der Kammerdruck den Vorhofdruck unterschreitet.
" Das diastolische Decrescendo ist die Folge des erschwerten Blutflusses aus dem Vorhof in den Ventrikel.
" Das präsystolische Crescendo entsteht durch die Vorhofkontraktion.
Nennen Sie eine häufige Komplikation der Mitralklappenstenose, bei der das Präsystolikum nicht
mehr zu hören ist!
è
Infolge der Drucksteigerung im linken Vorhof kann es zu
Vorhofflimmern mit absoluter Arrhythmie kommen. Da
dann eine suffiziente Vorhofkontraktion fehlt, fällt das Präsystolikum weg.
Ein Patient mit Mitralklappenstenose klagt über
ständigen nächtlichen Husten, dem auch manchmal Blut beigemischt ist. Außerdem sind ihm seit einiger
Zeit Schwellungen an den Beinen aufgefallen. Wie erklären Sie sich diese Befunde?
è
Die Symptome lassen sich durch den Blutrückstau in den
kleinen Kreislauf erklären, der im Verlauf zu Lungenstauung, pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzinsuffizienz
führt.
è
"
"
"
Nennen Sie Ursachen für die akute, die chronische
und die relative Mitralklappeninsuffizienz!
Eine akute Mitralklappeninsuffizienz entsteht durch
Ruptur der Sehnenfäden bzw. Nekrose der Papillarmuskeln als Komplikation eines Myokardinfarkts oder einer
Endokarditis.
Eine chronische Mitralklappeninsuffizienz ist die Folge
degenerativer Herzklappenveränderungen oder eines
Mitralklappenprolapses.
Eine relative Mitralklappeninsuffizienz kann sich im
Rahmen einer dilatativen Kardiomyopathie entwickeln.
Herunterladen