xxxxx Giessen, den xxxxx cand.med.vet. x Semester BEFUNDBERICHT Die Untersuchung findet am xxxxxx zwischen 800 und 900 Uhr im Rahmen der Prüfung "Spezielle Pathologie und Histologie" in der Sektionshalle des Pathologischen Instituts der Universität Gießen statt. Zur Untersuchung liegt der Harn- und Teile des Geschlechtsapparat eines männlichen Hundes vor. Das Präparat ist formalinfixiert, und stammt aus dem Fundus des Pathologischen Instituts. Ein Vorbericht liegt nicht vor. In der rechten Niere ist das Nierenbecken erweitert, und die Nierenpapille ist abgelöst. Die linke Niere zeigt keine auffälligen Veränderungen. Der rechte Harnleiter ist ebenfalls erweitert, der linke Harnleiter ist eröffnet. Die Wand der Blase ist verdickt, die Serosa weist multiple herdförmige grün-bräunliche Veränderungen mit roter Begrenzung auf, die teilweise ineinander konfluieren. Außerdem befinden sich auf der Serosa weißlich-gelbe Auflagerungen, die nur unter Substanzverlust ablösbar sind. Die Mukosa der Blase zeigt ganz entsprechende Veränderungen wie die Serosa. In der Urethra, die teilweise aufgeschnitten vorliegt, befindet sich ein kugeliges braunes Gebilde, mit einem Durchmesser von ca. 5mm und glatter Oberfläche. Beigelegt zu den Organen sind zusätzlich 15 bis 20 solcher Gebilde, die eine unterschiedliche Größe aufweisen, von stecknadelkopfgroß bis grießklein. Die pathologisch-anatomische Diagnosen lauten: 1. Urolithiasis 2. Balkenblase 3. subakute diphteroid-nekrotisierende Cystitis und Serositis 4. mittelgradige Dilatation des rechten Harnleiters 5. geringgradige Dilatation vom linken Nierenbecken BEGUTACHTUNG Aufgrund des eindeutigen Sektionsbefundes gibt es hier keine Differentialdiagnose. Unter Urolithiasis versteht man das Vorkommen von Konkrementen in den ableitenden Harnwegen. Grundsätzlich können die Konkremente in allen harnableitenden Wegen entstehen (am häufigsten jedoch im Nierenbecken und der Harnblase) und von dort aus abgeschwemmt werden. Arretiert werden die Steine dann bei den verschiedenen Haustieren an unterschiedlichen Stellen. Beim Hund liegt diese Prädilektionsstelle vor dem Os penis. Die Harnsteine weisen in Abhängigkeit vom pH-Wert des Harns unterschiedliche chemische Zusammensetzungen auf. Beim Hund (hat physiologischerweise einen Harn-pH von 5-6) kommen vorwiegend folgende Harnsteine vor: 1. im alkalischen pH Struvit (Magnesiumammoniumphosphat), seltener auch Kalziumkarbonat und –phosphat, Kalziummagnesiumphosphat 2. im sauren pH Oxalat, Urat, Cystin Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten erkranken männliche Hunde häufiger an Urolithiasis. Betroffene Rassen sind zum einen Dackel, bei denen infolge einer genetisch bedingten tubulären Rückresorptionsstörung häufig Cystinsteine vorkommen und zum anderen Dalmatiner, die aufgrund einer mangelnden Urikaseaktivität vorwiegend an Ammoniumuratsteinen erkranken. Die Ursachen für die Entstehung von Harnsteinen sind nicht vollständig geklärt. Vorraussetzung für die Entstehung ist das Vorhandensein eines Kristallisationskernes. Dabei kann es sich um abgestoßene Epithelien, Leukozyten, Erythrozyten, Bakterien und Fibrin handeln. Weitere Faktoren, die eine Rolle in der Entsehung spielen, sind folgende: 1. Einseitige Fütterung, die zur Übersättigung des Harns mit bestimmten Mineralien führt. 2. Ungenügende Flüssigkeitszufuhr führt zu einer erhöhten Konzentration des Harnes, und damit ebenfalls zu einer Übersättigung. 3. Infektionen der harnableitenden Wege führen zu einer Alkalisierung vom Harn, und damit zum vermehrten Auftreten von Struvit-Steinen. 4. Zu einer Alkalisierung des Harns kommt es auch postprandial. Durch die starke Sekretion von Magensäure, kommt es zu einer Alkalisierung vom Blut und damit auch vom Harn (dieses Phänomen führt vor allem bei Katern zu der häufig vorkommenden FLUTD) 5. Metaplastische Veränderungen des Urothels durch Östrogene oder Vitamin AMangel. 6. Genetisch bedingte oder erworbene Störungen im Stoffwechsel (siehe oben). Die Folgen der Urolithiasis hängen von Größe, Menge, Qualität, Oberflächenstruktur und Lokalisation der Konkremente ab. Im hier vorliegenden Fall kommt es durch die Steine in der Urethra zu einer partiellen Verlegung und damit zu einer Störung des Harnabflusses. Als Folge dieser Harnabflussstörung hypertrophiert die Muskulatur der Blase und es entwickelt sich eine Balkenblase. Außerdem kommt es zu der vorliegenden Dilatation von Harnröhre und Nierenbecken und damit zur Ablösung der Nierenpapille. Die Zystitis ist ebenfalls eine Folge der Harnabflussstörung: durch die Abflussbehinderung können Bakterien (vorwiegend Escherichia coli, Proteus vulgaris, Strepto- und Staphylokokken) aufsteigend in die Harnblase gelangen. Manche Bakterienstämme sind auch in der Lage Harnstoff mit ihren Ureasen zu spalten, so dass Ammoniak entsteht, der die Schleimhaut schädigt. Mögliche weitere Folgen sind örtliche Schleimhautläsionen, Hydronephrose, Blasendilatation und –ruptur mit postrenaler Resorptionsurämie sowie periurethrale Harnphlegmone. Wird die Harnabflussstörung nicht behoben, sterben die Tiere an einer postrenalen Urämie. Die Diagnose kann in der Sektion eindeutig gestellt werden. Die Art der vorliegenden Harnsteine muss mikroskopisch bestimmt werden. Die unterschiedlichen Kristalle haben charakteristische Formen: Struvitkristalle sehen aus wie ein Sargdeckel, Oxalatkristalle wie ein Briefkuvert, Cystinkristalle sind flach und sechseckig und Ammonuimuratkristalle sind meist braun und rhomben- oder rosettenförmig. Eine ganz eindeutige Identifizierung der Steine erhält man durch eine chemische Analyse. Die Bestimmung der Art der Steine ist jedoch vor allem für den Kliniker von Bedeutung, um Rezidive mit Hilfe einer Diät, die je nach Bedarf den Harn ansäuern oder alkalisieren sollen, vorzubeugen. Außerdem sind so manche Steinerkrankungen auch konservativ therapierbar. LITERATUR Dahme, E. / Weiss, E. Grundriss der speziellen pathologischen Anatomie der Haustiere, 5.Auflage erschienen im Enke-Verlag, Stuttgart, 1999 Focus Dossier: Erkrankungen des Harntraktes bei Hund und Katze veröffentlicht durch Waltham Tierärzteberatung der Effem GmbH, Hamburg, 1998