c - Uni Kassel

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Vorlesung BWL IIa:
Investition und Finanzierung
Priv.-Doz. Dr. Dr. Aurelio J. F. Vincenti
Vertretungsprofessur
BWL, Unternehmensfinanzierung
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Universität Kassel
Wintersemester 2012/13
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
1
Kapitel 01 – Grundlagen:
Konzept
• Vermittlung von (Grund)Kenntnissen der
(Unternehmens)Finanzierung:
– Fremd- und Eigenkapital.
– Bewertung dieser Instrumente.
• Vermittlung von (Grund)Kenntnissen der
Investitionsrechnung:
– Auf vollkommenen und unvollkommenen
Märkten.
– Einbeziehung von Unsicherheit.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
2
Kapitel 01 – Grundlagen:
Ziel
Gegenstand der Betrachtung –
privatwirtschaftliches Unternehmen:
Erwerbswirtschaftliches Prinzip:
Langfristiges Gewinnstreben.
Wirtschaftstheorie: Nutzenmaximierung.
•
I.d.R. Operationalisierung durch Gewinn- bzw.
Vermögensmaximierung als monetäres Ziel.
[Nichtmonetäre Ziel (Prestige, Macht, etc.) unberücksichtigt.]
•
•
Problem der Maximierung unter Unsicherheit.
Nebenziel Erhalt der Liquidität: Alle Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllen zu können.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
3
Kapitel 01 – Grundlagen:
Güter- / Finanzströme im Unternehmen
Arbeitsmärkte
 Arbeitsleistungen
 Lohn- und
Gehaltszahlungen
Staat:
Vorgaben und
Rahmenbedingungen
Finanz- und
Kapitalmärkte
 Kredite
 Beteiligungen
 Börse
 Finanzierungsentscheidungen
 Investitionsentscheidungen
UNTERNEHMENSFINANZIERUNG
Unternehmen
Produktionsmittel
Absatzmärkte
 Zahlungen an die
Lieferanten/Hersteller
 Bezug der
Produktionsmittel
Investition und Finanzierung
 Einnahmen
(Umsatzerlöse)
 Dienstleistungen/Güter
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4
Kapitel 01 – Grundlagen:
Begriffliches I
In der (modernen) finanzwirtschaftlich
orientierten BWL wird das Unternehmen
anhand seiner
Zahlungsströme (Ein- und Auszahlungen)
analysiert.
Cash Flows stehen im Vordergrund
der Betrachtung:
Stromgrößen sind stets zeitraumbezogen (Periode).
[Gegensatz zu zeitpunktbezogenen Bestandsgrößen.]
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5
Kapitel 01 – Grundlagen:
Unternehmen als System von Cash Flows
Einzahlungen
Auszahlungen
Steuern
• Löhne
• Rohstoffe
Waren etc.
• Betriebsmittel
Unternehmen
Bestand an
Liquidität
Erlöse aus
Umsatz und
Liquidation
• Ausschüttungen • Kredite etc.
• Tilgungen
• Einlagen
• Zinsen
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6
Kapitel 01 – Grundlagen:
Begriffliches II
Investition:
Auszahlung zur Beschaffung von Gütern (Sachgüter
oder Rechte):
– I.d.R. auf eine längere Frist ausgerichtet.
– Mit einer oder mehreren zukünftigen (unsicheren) und
erwartungsgemäß höheren Einzahlungen aus der
Verwertung der beschafften Güter verbunden.
Finanzierung:
Beschaffung von Zahlungsmitteln als Gewährleistung der
Verfügung über finanzielle Mittel durch:
 Generierung/Vorziehen (zusätzlicher) Einzahlungen.
 Vermeidung/Verschiebung von Auszahlungen.
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7
Kapitel 01 – Grundlagen:
Begriffliches III
Ziel
jeder Investitions- / Finanzierungsentscheidung:
(Sichere oder unsichere, bedingte oder unbedingte)
Einkommensströme über die Zeit zu verschieben und ein
höheres Konsumniveau zu erreichen.
– Investitions- und Finanzierungsentscheidungen führen
zur Umwandlung der Vermögensstruktur.
– Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sind
(i.d.R.) gemeinsam zu betrachten:
Zwei Sichtweisen eines einzigen Prozesses:
Investition „Mittelverwendung“ – Finanzierung „Mittelherkunft“.
Jede Investition bedingt zugleich eine Finanzierung.
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8
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Aufgabe der Investitionsrechnung
Die Sicherung der Ertragskraft (Gewinne) und damit des
Bestands eines Unternehmens erfordert Investitionen.
Aufgabe der Investitionsrechnung:
Quantitative Abwägung (mathematisches Modell),
inwieweit eine Investition vorteilhaft ist.
Relativität der Vorteilhaftigkeit einer Investition:
• Vorteilhaftigkeit gegenüber der Unterlassungsalternative.
• Vorteilhaftigkeit gegenüber anderen Investitionen.
Vergleich anhand einer geeigneten quantitativen
(operationalisierten) Zahlungsgröße als Kriterium:
Maximierung des (Total)Gewinns bzw. (Total)Vermögens!
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9
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Formen der Investitionsrechnung
Statische
Investitionsrechnungsverfahren
(Praktikerverfahren):
Keine Berücksichtigung des Zeitfaktors bei den
einzelnen Zahlungsströmen ⇨ grundsätzlich für
Vorteilhaftigkeitsanalysen ungeeignet!
Dynamische
Investitionsrechnungsverfahren:
Berücksichtigung des Zeitfaktors bei den einzelnen
Zahlungsströmen ⇨ Methode der Wahl für eine
entscheidungsorientierte BWL!
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10
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Marktmodelle 1
1. Vollkommenheit des Kapitalmarktes:
a) Merkmale vollkommener Märkte:
• Einheitlicher fester Marktzins i für Kapitalanlage und
Kapitalaufnahme (Sollzins = Habenzins).
• Beliebige Verfügbarkeit von Kapital zum Zinssatz i
(keine Anlage- und Kreditlimits).
• Keine Steuern, Transaktionskosten.
Unvollkommene Märkte als Gegenteil:
(Etwa unterschiedliche Soll- und Habenzinsen.)
2. Berücksichtigung von Unsicherheit:
a) Zukunft wird als sicher und planbar vorausgesetzt.
b) Zukunft ist unsicher (Cash Flows und/oder Zins).
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11
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Marktmodelle 2
4 Grundkonzepte der Investitionsrechnung:
Investitionsrechnung
Investitionsrechnung
auf einem
vollkommenen Markt
unter Sicherheit (VMS)
auf einem
unvollkommenen Markt
unter Sicherheit (UMS)
Investitionsrechnung
Investitionsrechnung
auf einem
vollkommenen Markt
unter Unsicherheit
auf einem
unvollkommenen Markt
unter Unsicherheit (UMU)
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Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes I
Zeitwert des Geldes
(Zeitpräferenz des Geldes)
als konstitutives Kennzeichen jeder dynamischen
Investitionsrechnung:
Grundidee:
Annahme, dass ein Wirtschaftssubjekt Güter lieber in
der Gegenwart als in der Zukunft konsumieren bzw.
nutzen möchte sowie umgekehrt lieber in der Zukunft als
in der Gegenwart bezahlen möchte.
Investition und Finanzierung
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Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes II
Der Zins i ist folglich Entgelt
für die befristete Überlassung von Kapital!
(Ausdruck des Zeitwertes dieses Kapitals.)
Um Zahlungsströme zu unterschiedlichen Zeitpunkten
miteinander vergleichen zu können, müssen diese auf
einen gemeinsamen Bezugspunkt (i.d.R. die Gegenwart)
bezogen werden.
Vorgehensweise:
Zahlungsströme verschiedener Perioden
werden durch Abzinsen (bzw. Aufzinsen)
vergleichbar.
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Aurelio J. F. Vincenti
14
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes III
• Zeitwert des Geldes – Beispiel:
Heute
t=0
Gegenwart
1000 €
Zukunft
t=2
t=1
<=> In 1 Jahr
1100 €
<=>
In 2 Jahren
1210 €
bei einem Zins i (Jahres- bzw. Periodenzeitwert) von 10%.
• Jede dynamische Investitionsrechnung benötigt
einen geeigneten Kalkulationszins i!
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15
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes IV
Zins- und Zinseszinsrechnung
Zwei zentrale Prinzipien:
Aufzinsung:
0
Abzinsung:
‐t
t
t
bzw.
Allgemein:
t
0
mit
Investition und Finanzierung
t.
t
t
0
.
t
als Zinsfaktor.
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16
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes V
Beispiel:
c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1.
Aufzinsung: Gesucht wird das Endkapital
3
t
[€].
Abzinsung: Gesucht wird das Anfangskapital
‐3
bzw.
Investition und Finanzierung
3
0.
[€]
[€].
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17
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes VI
Beispiel (Fortsetzung):
c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1.
Prinzip der Aufzinsung:
Verfügt man heute über ein Kapital in Höhe von c0 [ = 1000], so wird
daraus durch Anlage zum Zinssatz i [ = 0,1] in einem Jahr ein Betrag
von c1 = c0  q [ = 1000  1,1 = 1100]. Legt man diese Summe weiter an,
resultiert am Ende des zweiten Jahres ein Guthaben von c2 = c1  q =
c0  q2 [ = 1100  1,1 = 1000  1,21 = 1210]. Nach drei Jahren beträgt der
Kontostand c3 = c2  q = c0  q3 [ = 1210  1,1 = 1000  1,331 = 1331] und
nach t Jahren schließlich c0 ∙ qt .
Der „Überschuss“ c3 c0 [331] entsteht aus zwei Effekten:
• Einfacher Zinseffekt (Verzinsung des Startkapitals): 3  100 = 300.
• Zinseszinseffekt (Verzinsung der Zinsen):
31.
Gesamteffekt:
331.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
18
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes VII
Beispiel (Fortsetzung):
c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1.
Ökonomische Interpretation der Aufzinsung:
Die Aufzinsung ermittelt unter Einbeziehung von Zins und Zinseszins
den zukünftigen Wert eines gegenwärtigen Geldbetrages.
Ökonomische Interpretation der Abzinsung:
Die Abzinsung ist das Gegenteil der Aufzinsung. Sie ermittelt unter
Einbeziehung von Zins und Zinseszins den gegenwärtigen Wert eines
zukünftigen Geldbetrages.
Begriffliches:
•
•
•
Zukünftiger Wert c t (Ende des Analysezeitraums): Endwert.
Gegenwärtiger Wert c0 (Anfang des Analysezeitraums): Barwert.
Einzahlung: +
Auszahlung: ‒
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19
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes VIII
Beispiel (Fortsetzung):
c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1.
Gesucht ist die Periodendauer :
t
,
,
Gesucht ist der Zins i:
3
Investition und Finanzierung
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20
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes IX
Auf- und Abzinsen bei unterschiedlichen
Periodenzinsen it:
(Achtung: Wenn die Zinsen für Geldaufnahme und –anlage in jeder
Periode gleich sind, ist der Kapitalmarkt nach wie vor vollkommen!)
Aufzinsung mit c t ct‐1 ∙ 1 it :
c1 c0 ∙ 1 i1 .
c2 c1 ∙ 1 i2 c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 .
c3 c2 ∙ 1 i3 c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 ∙ 1 i3 .
ct c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 ∙ …∙ 1 it .
Endwert nachtPerioden:
ct c0 ∙
Investition und Finanzierung
1 iτ .
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21
Kapitel 02 – Investitionstheorie 1:
Zeitwert des Geldes X
Auf- und Abzinsen bei unterschiedlichen
Periodenzinsen it:
Abzinsen mit c t‐1 ct ∙ 1 it ‐1:
c0 ct ∙ 1 it ‐1∙ 1 it‐1 ‐1 ∙ …∙ 1 i1 ‐1.
Barwert von ct :
c0 c ∙
1 iτ
.
Beispiel: t 3;i1 10%;i2 30%;i3 20%;c0 1000;ct 1716.
Abzinsen (Barwert): c0 1716∙ 1,2 ‐1∙ 1,3 ‐1 ∙ 1,1 ‐1 1000.
Aufzinsen (Endwert): c3 1000∙ 1,1 ∙ 1,3 ∙ 1,2 1716.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
22
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage I
Investition als Auszahlung zur Beschaffung von Gütern
⇨Verschiedene Typen von Investitionen:
•
Investition in den betrieblichen Leistungsprozess, verbunden mit
einer materiellen Gegenleistung (z.B. Kauf von Immobilien,
Maschinen, Rohstoffen) ⇔„Normale“ Sachinvestition.
• Investition in einen immateriellen (bilanzierbaren)
Vermögensgegenstand (Intangible Asset): nicht-physischer
Vermögenswert (z.B. Geschäftswert, Patent, Lizenz, Software).
• Investition in nicht greifbare und nicht bilanzierbare Vermögenswerte
(z.B. Fortbildungsmaßnahme als Humankapitalinvestition).
• Finanzinvestitionen ohne Bezug zum eigentlichen
güterwirtschaftlichen Prozess des Unternehmens (z.B. Aktien,
Anleihen als Rechte auf künftige Zahlungen) an den Eigentümer.
Typisch ist die Absicht, durch Auszahlung(en) künftige Einzahlungen zu
generieren ⇔Kauf eines ganzen Unternehmens als Investition!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
23
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage II
Vollkommener Kapitalmarkt mit einheitlichem Zins i für
Kreditaufnahme in beliebiger Höhe und Geldanlage in beliebiger Höhe:
⇨Fisher-Separation:
Separation von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen auf
einem vollkommenen Markt:
Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Investition kann unabhängig
von einer Finanzierungsentscheidung, d.h. für sich isoliert, mittels eines
Investitionsrechenverfahrens beurteilt werden:
• Der extern durch i vorgegebene Zeitwert des Geldes bestimmt die
Vorteilhaftigkeit eines Zahlungsstroms ganz allein.
• Konsumpräferenzen des Akteurs bestimmen nur den Zeitpunkt
möglicher Ausschüttungen, jedoch nicht, welche Investitionen und
Finanzierungen überhaupt vorteilhaft sind.
⇔Unvollkommener Kapitalmarkt als Gegensatz: Simultane Planung
von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen erforderlich.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
24
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage III
Konsumpräferenzen (eines rationalen Akteurs):
Zeitliche Konkretisierung bzw. Operationalisierung des grundsätzlichen
Ziels der Gewinnmaximierung für Eigentümer:
•
Konsumierbar sind nur Ausschüttungen (Einkommen, Entnahme).
•
Im Unternehmen gesammeltes (thesauriertes) Vermögen ist
ebenfalls prinzipiell ausschüttbar, als Endvermögen bei Liquidierung.
Die Konsumpräferenz bestimmt, wie der Eigner Geldausschüttungen
zeitpunktbezogen bewertet ⇨2 idealtypische Formen:
•
Vermögensmaximierung:
Gesucht ist der Investitions- und Finanzierungsplan, der gemäß der
zeitabhängigen Konsumpräferenz eine maximale Geldausschüttung
erlaubt (unter der Nebenbedingung eines fest vorgegebenen,
regelmäßigen Einkommensstroms, der auch null sein kann).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
25
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage IV
Konsumpräferenzen (Fortsetzung):
•
Vermögensmaximierung (Fortsetzung):
Zwei Spezialfälle der Vermögensmaximierung:
 Endvermögens- oder Endwertmaximierung: Ausschüttungen
(und Konsum) am Ende der Planungsperiode maximiert, d.h. zu
allen übrigen Zeitpunkten erfolgen keine Ausschüttungen.
 Barwertmaximierung: Sofortiger Konsum maximal, später keine
Ausschüttungen mehr geplant.
•
Einkommensmaximierung:
Gesucht ist der Investitions- und Finanzierungsplan, der gemäß der
zeitabhängigen Konsumpräferenz die Breite eines Entnahmestroms
mit gegebener Struktur maximiert (unter der Nebenbedingung fest
vorgesehener Ausschüttungen zu einzelnen Zeitpunkten, vor allem
im Endzeitpunkt).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
26
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage V
Beispiel für die Fisher-Separation:
Vollkommener Kapitalmarkt mit t = 3; i = 10%.
Vergleich verschiedener Investitionsprojekte A1 bis A4
(Auswahlentscheidung zwischen sich ausschließenden Projekten):
c0
•
c1
c2
c3
A1
- 1000
0
0
1800
A2
- 1000
0
0
1770
A3
- 1000
400
400
800
A4
- 1000
550
550
550
Es gilt A1 besser als A2 (allgemeine zeitliche Dominanz):
Cash Flows für A1 in allen Perioden gleich oder besser als für A2.
Investition und Finanzierung
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27
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage VI
Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung):
•
Es gilt A4 besser als A3 (kumulative zeitliche Dominanz):
Cash Flows für A4 in allen Perioden gleich oder besser als für A3,
wenn Überschüsse vorhergehender Perioden im Rahmen einer
unverzinsten Kassenhaltung „zwischengelagert“ werden:
c0
c1
c2
c3
A3
- 1000
400
400
800
A4
- 1000
550
550
550
A4
mit zinsloser
Kassenhaltung
-1000
400
+ 150
400
+150
+150
850
(aus 550
und 300)
Investition und Finanzierung
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28
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage VII
Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung):
Bei A4 können auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit i = 10%
jederzeit z.B. folgende Kapitalmarkttransaktionen durchgeführt werden:
c0
c1
c2
c3
A1
- 1000
0
0
1800
A4
- 1000
550
550
550
A4 modifiziert
-1000
0
0
+550
+605
+550
Kapitalanlage
mit 10% Zins
1820,5
(aus 550 und 1270,5)
Kapitalanlage
(1270,5) aufgelöst
Es gilt daher A4 besser als A1 unabhängig von etwaigen
Konsumpräferenzen des Akteurs.
Investition und Finanzierung
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29
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage VIII
Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung):
Bei A1 können auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit i = 10%
jederzeit z.B. folgende Kapitalmarkttransaktionen durchgeführt werden:
c0
c1
c2
c3
A4
- 1000
550
550
550
A1
- 1000
0
0
1800
A1 modifiziert
-1000
550
550
529,5
(aus 1800 und -1270,5)
-550
-605
-550
Kredit (-1270,5)
zurückgezahlt
Kredit
mit 10% Zins
Es gilt daher nach wie vor A4 besser als A1 unabhängig von etwaigen
Konsumpräferenzen des Akteurs.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
30
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
VMS – Grundlage IX
Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung):
Unvollkommener Kapitalmarkt (!) mit unverändert i = 10% Kreditzinsen,
aber Zinsen für die Geldanlage nun bei i = 1%:
c0
c1
c2
c3
A1
- 1000
0
0
1800
A4
- 1000
550
550
550
A4 modifiziert
-1000
0
0
Kapitalanlage
mit 1% Zins
+550 +555,5
+550
1666,555
(aus 550 und 1116,555)
Kapitalanlage
(1116,555) aufgelöst
Es gilt nun A1 besser als A4, wenn das maximale Endvermögen wichtig
ist, aber A4 besser als A1, wenn der Entnahmestrom von A4 das Ziel ist.
Investition und Finanzierung
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31
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung I
Rentenbarwert (RB): Problemstellung:
Bisher ist stets ein einzelner (zukünftiger) Zahlungsstrom auf seinen
Barwert abgezinst worden. Häufig kommt es jedoch vor, dass man über
mehrere Perioden hinweg in konstanter Höhe anfallende Zahlungen
findet. Eine derartige Folge von gleichen Zahlungen ck wird als Rente
bezeichnet.
Hier sollen nur nachschüssige Renten (Zahlung am Periodenende)
betrachtet werden. (Vorschüssige Renten, d.h. Zahlung am
Periodenanfang, verhalten sich bei geringen Änderungen ähnlich).
Bestimmung des Barwertes einer Rente (Rentenbarwert bzw. RB):
Im Prinzip müssen lediglich die einzelnen Barwerte jeder Periode
ermittelt und aufaddiert werden. Aufgrund der Zeitpräferenz des
Geldes ist der Barwertbeitrag jeder einzelnen Rentenrate ck dabei
um so kleiner, je weiter sie in der Zukunft liegt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
32
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung II
Rentenbarwert (RB): Formale Bestimmung:
Eine aus T gleichen Raten bestehende Rente hat den Barwert:
RB ck  q‐1 ck  q‐2 ... ck  q‐T ck  q‐1 q‐2 ... q‐T .
RB c 
1
i
.
Der mit ck zu multiplizierende Ausdruck besitzt den Namen
Rentenbarwertfaktor RBF(i;T).
RBF(i;T) hängt sowohl von dem in q enthaltenen Zinssatz i als auch
von der Laufzeit T ab und lässt sich als geometrische Reihe durch eine
kompakte Formel berechnen:
;
Investition und Finanzierung
∙
Aurelio J. F. Vincenti
miti 0 .
33
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung III
Rentenbarwert (Fortsetzung):
RB ckRBF i; T
ck
.
Beispiel RB 1:
Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck in Höhe von
2000 € mit einem Zins von 7% und einer Laufzeit von 4 Jahren
⇨ RBF(7%;4). Es gilt:
RB c RBF i; T
ck
RB 2000RBF 7%; 4
.
2000
,
,
2000 ∙ 3,3872
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
, .
34
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung IV
Rentenbarwert (Fortsetzung):
Beispiel RB 2:
Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck = 2000 € mit
einem Zins von 7% und einer Laufzeit von 4 Jahren. Allerdings soll
diese Rente erst nach 2 Jahren Wartezeit, also beginnend für das 3.
Jahr (und bis zum 6. Jahr) gezahlt werden. Es gilt:
Eigentlich: RB
2000 ∙ 1,07
1,07
1,07
1,07
1,07
RBF 7%; 6
1,07
1,07
1,07
1,07
RBF 7%; 4
1,07
1,07
1,07
1,07
RBF 7%; 2
1,07
1,07
.
1,07
3,3872 .
.
AlternativeA:RB 2000 ∙ RBF 7%; 4 ∙1,07
6774,4∙1,07
AlternativeB:RB 2000 ∙ RBF 7%; 6
RBF 7%; 2
2000 ∙ 4,7665 1,8080
2000 ∙ 2,9585
Investition und Finanzierung
.
Aurelio J. F. Vincenti
5917.
5917.
35
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung V
Rentenbarwert (Fortsetzung):
Beispiel RB 3:
Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck = 2000 € mit einer
Laufzeit von 4 Jahren. Allerdings soll der Zins in den Perioden 1 und 2
je 7% betragen, in den Perioden 3 und 4 dagegen je 9%. Es gilt:
Eigentlich:
RB
2000 ∙ 1,07
1,07
RB
2000 ∙ 1,07
1,07
Wegen RBF 7%; 2
RBF 9%; 2
folgt:
1,07
1,09
1,09
∙1,07
1,09
2000 ∙ 1,09
1,07
1,09
1,09
∙1,07
.
∙1,07
.
1,8080 und
1,7591
RB 2000 ∙ RBF 7%; 2
2000 ∙ RBF 9%; 2 ∙1,07
2000 ∙ 1,8080 2000 ∙ 1,7591 ∙ 0,8734 6689.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
36
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung VI
Rentenbarwert (Fortsetzung):
Beispiel RB 3: Graphische Darstellung:
2000
2000
2000
Heute
Zukunft
2000
t=2
t=1
i=7%
Investition und Finanzierung
i=7%
t=3
i=9%
t=4
i=9%
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37
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung VII
Spezialfall Ewige Rente:
Bei gegebenem Zins i und gegebener Rentenhöhe ck hängt der
Rentenbarwert nur noch von der Rentendauer T ab. Anhand der
allgemeinen Rentenbarwertformel erkennt man, dass
q
mit Zunahme von T kleiner bzw.
mit Zunahme von T größer wird.
Für T → ∞ nähert sich q
lim RBF T; i
→
dem Wert 0. Für die ewige Rente gilt daher:
lim
→
1
q
i
bzw.
∙ .
Es gilt daher: Um den Barwert einer ewigen Rente zu bestimmen, muss
die Rentenhöhe ck lediglich durch den Zins i (in Dezimalschreibweise)
geteilt werden.
Investition und Finanzierung
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38
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Rentenrechnung VIII
Ewige Rente (Fortsetzung):
Beispiel:
Der Barwert einer ewigen Rente in Höhe von ck = 3000 € beträgt bei
einem Zins i = 4%:
RB
c ∙
75000.
,
Rentenendwert (RE):
Eine eng verwandte Größe ist der Rentenendwert. Finanzmathematisch
kann er als der auf die Endperiode T aufgezinste Rentenbarwert
gesehen werden. Entsprechend der allgemeinen Aufzinsungsformel
ct c0 ∙ 1 i t c0 ∙ q t gilt daher für RE:
RE RB ∙
ckRBF i; T ∙ q
mit dem Rentenendwertfaktor
Investition und Finanzierung
ck
RBF i; T ∙ q
Aurelio J. F. Vincenti
∙q
ck
.
.
39
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Annuitätenrechnung I
Bei der Rentenrechnung wird ein vorgegebener (zukünftiger)
mehrperiodiger Zahlungsstrom aus konstanten Zahlungen pro
Zeiteinheit in eine Einzelgröße (RB bzw. RE) übergeführt.
Selbstverständlich lässt sich auch der umgekehrte Weg gehen: Ein
vorgegebener gegenwärtiger Einzelbetrag AB wird in einen zukünftigen
mehrperiodigen Zahlungsstrom aus konstanten Zahlungen pro
Zeiteinheit t = 1, 2, …, T übergeführt. Gesucht ist also die
(nachschüssige) Rente für einen Zeitraum T, deren Barwert dem
vorgegebenen Zahlungsbetrag AB in der Gegenwart entspricht.
Dieser gesuchte äquivalente Rentenbetrag wird als Annuität a (lat.
annus = Jahr) bezeichnet. Wegen RB ckRBF i; T folgt mit
a
ck
und
AB
ANF i; T ∙ AB
Investition und Finanzierung
RB
;
und
1
RBF i; T
∙ AB
Aurelio J. F. Vincenti
;
:
AB.
40
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Annuitätenrechnung II
Annuität (Fortsetzung):
Beispiel Annuitätenrente:
Sie haben Anspruch auf eine aktuelle Einmalzahlung von 40000 [€],
möchten diesen Betrag jedoch nicht sofort ausgezahlt erhalten,
sondern in den nächsten 6 Jahren jeweils am Jahresende in konstanten
jährlichen Teilzahlungen. Wie hoch muss jede dieser künftigen
Teilzahlungen sein, damit der auf diese Weise entstandene
Zahlungsstrom einer 6 jährigen Rente bei einem Zins von 5%
äquivalent zu den gegenwärtigen 40000 [€] ist.
Gegeben sind also: AB (RB) = 40000 [€] ║ i = 5% ║ T = 6 [Jahre].
Gesucht ist die Annuität a (ck):
Es gilt ja:
ANF i; T ∙ AB
Daraus folgt:
ANF 5%; 6 ∙ 40000
Investition und Finanzierung
AB.
Aurelio J. F. Vincenti
,
,
40000
7881.
41
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Annuitätenrechnung III
Annuität (Fortsetzung):
Beispiel Annuitätendarlehen:
Ein Unternehmen plant eine aktuelle Investition in Höhe von 100000 [€].
Zur Finanzierung soll ein Bankdarlehen zu einem Zinssatz von 10%
aufgenommen werden. Zurückgezahlt werden soll das Darlehen später
in 12 konstanten jährlichen Zahlungen.
(1) Berechnen Sie die Höhe der zukünftigen jährlichen Rückzahlungen
an die Bank sowie die Gesamtzahlung in 12 Jahren.
Gegeben sind also: AB (RB) = 100000 [€] ║ i = 10% ║ T = 12 [Jahre].
Gesucht ist die Annuität a (ck):
Es gilt:
ANF i; T ∙ AB
⇒:
AB.
ANF 10%; 12 ∙ 100000
Gesamtzahlung in 12 Jahren: 12 ∙ a
Investition und Finanzierung
,
,
Aurelio J. F. Vincenti
100000
14676.
.
42
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Annuitätenrechnung IV
Annuität (Fortsetzung):
Beispiel Annuitätendarlehen (Fortsetzung):
(2) Wie teilen sich die Annuität 14676 [€] im ersten und im letzten (12.)
Jahr jeweils in Zins und Tilgung des Darlehens auf?
Gegeben sind: Zinssatz/Jahr i = 10% ║ a = 14676 [€].
Es gilt für das erste Jahr:
Zinszahlungen: 10% ∙ 100000
Tilgung:
14676 10000
.
.
Für das letzte Jahr:
Verbleibende Restschuld 14676 [€].
Es muss daher gelten:
0,1 ∙ Tilgung
Tilgung
Zinszahlung
Investition und Finanzierung
,
1,0 ∙ Tilgung
14676.
.
14676
Aurelio J. F. Vincenti
13342
.
43
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Zusammenfassung Zins I
Aufzinsung (Endwert):
Eine aktuelle Zahlung c0 (Zeitpunkt t = 0) wird auf ihren zukünftigen,
höheren (Zeit-)Wert cT (im Zeitpunkt t = T) umgerechnet. Es gilt:
cT c0 ∙ 1 i T.
Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**):
cT (
∗∗ )
cT ( ∗ )
c0
0
1
Investition und Finanzierung
2
…
Aurelio J. F. Vincenti
T
44
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Zusammenfassung Zins II
Abzinsung (Barwert):
Eine zukünftige Zahlung cT (Zeitpunkt t = T) wird auf ihren
gegenwärtigen, niedrigeren (Zeit-)Wert c0 (im Zeitpunkt t = 0)
umgerechnet. Es gilt:
c0 cT ∙ 1 i
‐T.
Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**):
cT
c0 ( ∗ )
c0 (
∗∗
)
0
Investition und Finanzierung
1
2
Aurelio J. F. Vincenti
…
T
45
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Zusammenfassung Zins III
Rentenbarwert:
Eine Folge konstanter zukünftiger Zahlungen ck (nachschüssig zu den
Zeitpunkten t = 1, 2, …,T) wird auf ihren gegenwärtigen (Zeit-)Wert RB
(im Zeitpunkt t = 0) umgerechnet. Es gilt:
RB ckRBF i; T
ck
.
Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**):
c0 ( ∗ )
c0 (
∗∗ )
ck
0
Investition und Finanzierung
1
2
3
Aurelio J. F. Vincenti
…
T
46
Kapitel 03 – Investitionstheorie 2:
Zusammenfassung Zins IV
Annuität:
Ein gegenwärtig gegebener Geldbetrag AB (im Zeitpunkt t = 0) wird auf
eine äquivalente Folge konstanter zukünftiger Zahlungen a
(nachschüssig zu den Zeitpunkten t = 1, 2, …,T) umgerechnet. Es gilt:
ANF i; T ∙ AB
AB.
Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**):
AB
a(
0
Investition und Finanzierung
1
2
3
Aurelio J. F. Vincenti
…
a ( ∗)
∗∗ )
T
47
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Investitionsbeurteilung I
Beurteilung eines Investitionsprojektes auf dem
vollkommenen Kapitalmarkt:
Um ein Investitionsprojekt auf einem vollkommenen Kapitalmarkt (d.h.
einheitlicher periodenbezogener Kalkulationszins) hinsichtlich seiner
ökonomischen Vorteilhaftigkeit zu bewerten, ist das Ergebnis dieser
Bewertung unabhängig von der konkreten Finanzierungsentscheidung
(Fisher-Separation):
•
Keine sachliche Differenz, ob Auszahlungen für das Projekt aus frei
verfügbarem Geldvermögen (Liquiditätsreserven) oder aus einer
Kreditaufnahme getätigt werden:
– Geldvermögen: Mittel werden der Alternativanlage am
Kapitalmarkt zum Zins i entzogen.
– Kreditaufnahme: Jeder Kredit wird zum Zins i am Kapitalmarkt
aufgenommen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
48
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Investitionsbeurteilung II
Investitionsprojekt VM (Fortsetzung):
Grundsätzlich sind alle Rückflüsse (inklusive Zins und Zinseszins)
aus der (etwaig wahrgenommenen) Kapitalanlage stets äquivalent
zu allen Rückzahlungen (inklusive Zins und Zinseszins) aus dem
(etwaig aufgenommenen) Kredit in gleicher Höhe.
•
Keine sachliche Differenz, ob Mittelzuflüsse (Einzahlungen) aus dem
Projekt am Kapitalmarkt angelegt werden oder zur Begleichung von
Verbindlichkeiten aus einer Kreditaufnahme genutzt werden:
– Verwendung als Anlage am Kapitalmarkt: Liquide Mittel werden
zum Zins i angelegt.
– Verwendung zur Begleichung von Kreditverbindlichkeiten:
Tilgung der aufgenommenen Kredite einschließlich der dafür
zum Zins i angefallenen Zinsen.
Insgesamt: Mögliche Anlagezinsen = Eingesparte Kreditzinsen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
49
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert I
Kapitalwert KW (Net Present Value NPV)
einer Zahlungsreihe:
Summe aller mit dem Kalkulationszins i auf die Gegenwart
(Zeitpunkt t = 0) abgezinsten Nettozahlungsströme ct eines
Projektes:
mit ct als Differenz der Ein- und Auszahlungen aus diesem
Projekt in Periode t = 0, 1, 2, …, T.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
50
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert II
Kapitalwert (Fortsetzung):
Da die Cash Flows aus Periode t = 0 (Gegenwart) nicht mehr abgezinst
werden müssen, gilt auch (vereinfachend) folgende Formel:
∙
∙
.
Kapitalwert KW bei periodenabhängig unterschiedlichen Zinssätzen it:
∙
∙
.
mit ct als Differenz der Ein- und Auszahlungen aus diesem Projekt in
Periode t = 0, 1, 2, …, T.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
51
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert III
Ökonomische Interpretation vom KW:
Beispiel 1:
Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = - 1000; c1 = + 300; c2 = + 400;
c3 = + 800. Ist diese Zahlungsreihe ökonomisch vorteilhaft für i = 10%?
Allgemein:
Eine Zahlungsreihe ist dann vorteilhaft, wenn sie die Entnahme von
Geldbeträgen durch den Durchführenden gemäß der zugrunde
gelegten Zielsetzung (Konsumpräferenz) ermöglicht!
Es sei angenommen, der Akteur möchte im Planungszeitpunkt t = 0
möglichst viel Geld konsumieren, d.h. Ziel ist Barwertmaximierung.
Die Frage nach der Vorteilhaftigkeit lässt sich leicht beantworten, indem
man die Zahlungsreihe der Investition durch Gegengeschäfte zum
Zins i auf den relevanten Zeitpunkt t = 0 verdichtet.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
52
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert IV
Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung):
Da Kredite und Geldanlagen zu 10% beliebig verfügbar sind, kann in
t = 0 ein Kredit in Höhe von 800  1,1–3 ( 601,1) aufgenommen
werden, der nach 3 Jahren mit Zins und Zinseszins auf 800
[= (800  1,1–3)  1,13] angewachsen ist. Der Cash-Flow-Überschuss von
800 in t = 3 reicht gerade zur Ablösung dieser Kreditschuld aus.
Analog erlauben auch die Überschüsse 300 (in t = 1) und 400 (in t =2)
Kreditaufnahmen in Höhe des jeweiligen nach der Zinseszinsrechnung
ermittelten Barwerts. Die Zahlungsreihe der Investition wird durch die
drei Kredite exakt ausgeglichen, d.h. auf null gestellt. Nur im Zeitpunkt
t = 0 kann noch ein von null verschiedener Zahlungssaldo verbleiben.
Ob die Investition nun vorteilhaft ist, erkennt man durch Berechnung
des in t = 0 verbleibenden Zahlungssaldos: Die Summe der
zufließenden Beträge ( 1204,4) aus der Kreditaufnahme übersteigt die
Anfangsauszahlung der Investition (1000) um 204,4.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
53
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert V
Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung):
t=0
ct
–1000
t=1
t=2
300
400
10%
800 1,1–3
601,1
10%
400 1,1–2
330,6
10%
300 1,1–1
272,7
–300
–1000 1204,4
0
KW
204,4
t=3
800
–800
–400
0
0
Dieser Betrag heißt Kapitalwert KW (Nettobarwert bzw. Net Present
Value) der Zahlungsreihe und kann sofort konsumiert werden, wenn
man die Investition durchführt und ihre späteren Einzahlungen durch
Kredite „glattstellt“. Künftige Cash Flows werden durch Gegengeschäfte
zum Kalkulationszins i zum Verschwinden gebracht, so dass nur noch
im heutigen Zeitpunkt t = 0 etwas übrigbleibt – der Kapitalwert.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
54
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert VI
Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung):
ct
10%
10%
10%
t=0
–1000 ‐1204,4
–800 1,1–3
–400 1,1–2
–300 1,1–1
–1204,4
204,4
–601,1
–330,6
–272,7
t=1
300
300
300
t=2
400
400
400
t=3
800
800
800
In einer zweiten Interpretation lässt sich der Kapitalwert KW auch als
Auszahlungsminderbetrag in t = 0 gegenüber einer einzahlungsgleichen Finanzinvestition deuten. Um nämlich die Einzahlungsfolge
300, 400, 800 durch 10%-Geldanlagen am Kapitalmarkt zu erzeugen,
müsste (jetzt mit umgekehrten Vorzeichen der 10%-Geschäfte) ein
Gesamtbetrag von 1204,4 ausgegeben werden, während die
betrachtete Investition gleiche Cash Flows liefert, aber nur 1000 kostet.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
55
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert VII
Interpretation vom KW – allgemein:
Der Kapitalwert als Barwert aller mit einer Investition verbundenen
Zahlungen kann daher wie folgt gesehen werden:
• Ökonomische Deutung vom KW als sofortige Möglichkeit zur
Konsumentnahme aus einer (Sach-)Investition (Beispiel 1 blau).
• Ökonomische Deutung vom KW als sofortiger Auszahlungsvorteil
gegenüber einer der Sachinvestition hinsichtlich der Einzahlungen
äquivalenten Finanzinvestition am Kapitalmarkt (Beispiel 1 rot).
Allgemein gilt für eine projektindividuelle Vorteilhaftigkeitsbetrachtung:
• KW > 0: Investition vorteilhaft gegenüber der (Unterlassungs-)
alternative nicht zu investieren.
• KW = 0: Investition und (Unterlassungs-)alternative sind gleich
vorteilhaft.
• KW < 0: (Unterlassungs-)alternative ist ökonomisch vorteilhafter
gegenüber der Investition. Letztere würde „Geld“ kosten.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
56
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert VIII
Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung):
•
Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = 1000; c1 = + 300; c2 = + 400;
c3 = + 800. Ursprüngliche Frage: Vorteilhaftigkeit für i = 10%.
c
•
c ∙ 1
i
1000
300
1,1
400
1,1
800
1,1
, .
Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = 1000; c1 = + 300; c2 = + 400;
c3 = + 800. Modifikation: Vorteilhaftigkeit für i = 20%.
c
c ∙ 1
i
1000
300
1,2
400
1,2
800
1,2
, .
Lösung: Für i = 10% ist die Investition sinnvoll, jedoch nicht für i = 20%.
Man erkennt außerdem, dass der KW für eine gegebene Zahlungsreihe
vom Kalkulationszins i abhängt:
Diese Beziehung wird als Kapitalwertfunktion KW(i) bezeichnet.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
57
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert IX
Kapitalwertfunktion KW(i):
KW
+500
⇔∑
(204)
X
0
10
(-9)
X
20
-500
-1000
30
X
(-168)
40
i
X
(-290)
⇔
⇔lim
→
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
58
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert X
Kapitalwertfunktion KW(i) (Fortsetzung):
Es gelten nachstehende Grundsätze:
•
Für i = 0% (Schnittpunkt mit der y-Achse):
KW
•
c . Beispiel1: KW
1000
300
400
800
.
Für i → ∞ (unendlich großer Kalkulationszins):
.
lim KW c . Beispiel1: KW
→
•
Die Kapitalwertfunktion KW(i) ist stets streng monoton fallend KW(i)
für alle Investitionen, die folgende Zahlungsreihen besitzen:
In t = 0 Auszahlung, in t = 1, 2, …, T Einzahlungen
(d.h. nach einer negativen Anfangsauszahlung gibt es nur noch
positive Zahlungsüberschüsse in allen Folgeperioden bis T).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
59
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XI
Kapitalwertfunktion KW(i) (Fortsetzung):
•
Normalinvestition: Zahlungsreihe mit einem einmaligen
Vorzeichenwechsel von – nach + (d.h. nach anfänglichen
Auszahlungen in den ersten Perioden kommt es in den späteren
Perioden nur noch zu Einzahlungsüberschüssen).
•
Die Funktion KW(i) von Normalinvestitionen hat folgende Merkmale:
– Im Bereich positiver Kapitalwerte (KW > 0) stets streng monoton
fallend.
– Nach einem Wechsel in den Bereich negativer Kapitalwerte (KW
< 0) anfänglich weiterhin monoton fallend.
– Im weiteren Verlauf (d.h. für steigende Zinsen) entweder nach
wie vor monoton fallend oder alternativ monoton steigend.
– Für i → ∞ nähert sich KW(i) immer asymptotisch dem Wert c0 an.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
60
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XII
Kapitalwert - Rentenspezialfälle:
Die Zahlungsreihe entspricht für t 1 einer (nachschüssigen)
Rentenzahlung mit konstanten Periodenrückflüssen ct ⇒
vereinfachte Berechnung mittels des Rentenbarwertfaktors RBW:
1 q
c ∙ RBF i; T
c
c ∙
.
c
i
Beispiel 2:
Gegeben: c 1000;c
200; T 8; i 6%. Gesucht: KW.
1 1,06
1000 200 ∙
1000 200 ∙ RBF 6%; 8
0,06
1000 1242
.
•
•
Sonderfall der ewigen Rente:
Beispiel 2: Ewige Rente mit T
Investition und Finanzierung
c
∞:
Aurelio J. F. Vincenti
.
1000
,
.
61
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XIII
Endwert EW einer Zahlungsreihe:
Summe aller der mit dem Kalkulationszins i auf den
Endzeitpunkt (Zeitpunkt t = T) der Laufzeit eines Projektes
aufgezinsten Nettozahlungsströme ct aus diesem Projekt:
Kapital- und Endwert stehen dabei in folgender Beziehung zueinander:
EW
KW ∙ 1
i
bzw.KW
EW ∙ 1
i
.
KW ist also der auf die Gegenwart t = 0 abgezinste EW des Projektes,
EW der auf das Laufzeitende t = T aufgezinste KW des Projektes.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
62
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XIV
Ökonomische Interpretation vom EW:
Häufig wird anstelle des abstrakten Kapitalwertes in der Praxis der
Endwert bevorzugt. Dieser Endwert beschreibt den Kontostand am
Ende T des Planungszeitraums für ein Projekt besonders anschaulich:
Er gibt an, um welchen Betrag sich das Vermögen des Investors nach
vollständigem Abschluss dieses Investitionsprojektes vermehrt (für den
Fall EW > 0) bzw. vermindert (für den Fall EW < 0) hat.
Eine Investition gemäß Endwertkriterium ist dann vorteilhaft, wenn ihr
Endwert mindestens so groß ist wie der Endwert der „Opportunität“
(d.h. der alternativ möglichen Geldanlage eigener liquider Mittel zum
Zins i oder der Unterlassungsalternative, wenn das Projekt durch
Aufnahme eines Kredites zum Zins i finanziert werden soll).
Kapitalwert- und Endwertkriterium sind deshalb äquivalent in ihren
Resultaten für eine projektindividuelle Betrachtung der Vorteilhaftigkeit!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
63
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XV
Interpretation vom EW (Fortsetzung):
Beispiel 1 (Fortsetzung):
Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = - 1000; c1 = + 300; c2 = + 400;
c3 = + 800. Ist diese Zahlungsreihe ökonomisch vorteilhaft für i = 10%?
Allgemein gilt bekanntlich:
Eine Zahlungsreihe ist stets dann vorteilhaft, wenn sie die Entnahme
von Geldbeträgen durch den Durchführenden gemäß der zugrunde
gelegten Zielsetzung (Konsumpräferenz) ermöglicht!
Angenommen sei nun, dieser Akteur möchte am Projektende t = 3
möglichst viel Geld konsumieren, Ziel ist also die Maximierung des
Endwertes. Die Frage nach der Vorteilhaftigkeit des Projektes lässt
sich leicht beantworten, indem man die Zahlungsreihe der Investition
durch Gegengeschäfte zum Zins i auf den relevanten Zeitpunkt t = 3
verdichtet.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
64
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XVI
EW – Beispiel 1 mit vollständiger Kreditfinanzierung:
ct
t=0
t=1
t=2
–1000
300
400
10%
800 1,1–3
601,1
10%
400 1,1–2
330,6
10%
300 1,1–1
272,7
KW/EW
t=3
800
–1000 1,13
400
300
204,4 ⇒ Aufzinsung ⇒
–1331
400 1,1
440
300 1,12
363
204,4 ∙ 1,13
272
Da Kredite und Geldanlagen zu 10% beliebig verfügbar sind, kann in
t = 0 ein Kredit in Höhe von 1000 aufgenommen werden, der nach 3
Jahren mit Zins und Zinseszins auf 1331 (= 1000  1,13) angewachsen
ist. Die Cash Flows aus t = 1 (300  1,12 ), t = 2 (400  1,1) und t = 3
(800) reichen nicht nur zur Ablösung dieser Kreditschuld aus. Es bleibt
ein Überschuss, der Endwert, in Höhe von 272 übrig, der dem auf t = 3
aufgezinsten Kapitalwert der Zahlungsreihe entspricht.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
65
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XVII
Interpretation vom EW (Fortsetzung):
•
Der Endwert (EW) eines Investitionsprojektes stimmt nur dann mit
dem Endvermögen (EV) des Durchführenden am Ende der Laufzeit
T überein, wenn dieses Projekt vollständig mit einem Kredit
finanziert worden ist, d.h. Anfangsvermögen (AV) = 0.
•
Wird das Projekt dagegen teilweise oder vollständig mittels eigener
liquider Zahlungsmittel, d.h. aus einem Anfangsvermögen (AV) > 0,
finanziert, entspricht das Endvermögen (EV) des Durchführenden
am Ende der Laufzeit T dem Endvermögen der Opportunitätsanlage
für die genutzten liquiden Mittel (d.h. für AV) plus dem Endwert
(EW). Das Endvermögen ist dann größer als der Endwert.
•
Formal gilt also (mit KW als dem Kapitalwert des Projektes und i als
dem einheitlichen Kapitalmarktzins) in beiden Fällen:
∙
Investition und Finanzierung
∙
Aurelio J. F. Vincenti
.
66
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XVIII
Ökonomische Deutung des Kapitalwertes KW
und des Endwertes EW:
Unabhängig von der Finanzierung gelten für die beiden Größen KW
und EW aus ökonomischer Sicht folgende Deutungen:
•
Der KW ist der Geldbetrag, um den sich das Vermögen des
Durchführenden im Vergleich zur Unterlassungsalternative am
Anfang des Projektes (t = 0) ändert. Diese Vermögensdifferenz
kann positiv (KW > 0), negativ (KW < 0) oder null (KW = 0) sein.
⇔Der EW ist der Geldbetrag, um den sich das Vermögen des
Durchführenden im Vergleich zur Unterlassungsalternative
nach Abschluss des Projektes (t = T) ändert. Diese
Vermögensdifferenz kann positiv (EW > 0), negativ (EW < 0) oder
null (EW = 0) sein.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
67
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XIX
Ökonomische Deutung vom KW und EW (Fortsetzung):
Alternative (äquivalente Deutungen):
•
Ein positiver KW (> 0) ist der Geldbetrag, der dem Investor des
Projektes zu Beginn (t = 0) mindestens gegeben werden müsste,
damit er das Projekt nicht durchführt (Unterlassungsalternative).
⇔Ein positiver EW (> 0) ist der Geldbetrag, der dem Investor am Ende
des Projektes (t = T) mindestens gegeben werden müsste, damit er
das Projekt nicht durchführt (Unterlassungsalternative).
•
Ein negativer KW (< 0) ist der Geldbetrag, den der Durchführende
zu Beginn des Projektes (t = 0) mindestens erhalten müsste, damit
er nicht die Unterlassungsalternative, sondern das Projekt wählt.
⇔Ein negativer EW (< 0) ist der Geldbetrag, den der Durchführende
am Ende des Projektes (t = T) mindestens erhalten müsste, damit er
nicht die Unterlassungsalternative, sondern das Projekt wählt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
68
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XX
Entscheidungsregeln projektindividuell:
Diese beziehen sich auf die Entscheidung, ob ein bestimmtes
Investitionsprojekt durchgeführt wird oder nicht, wobei letztere
Handlung dann der Unterlassungsalternative entspricht:
Wegen der inhaltlichen Strukturgleichheit zwischen Kapitalwert und
Endwert gelten hier allgemein folgende Grundsätze: Ein Projekt ist
vorteilhaft im Vergleich zur Unterlassungsalternative und sollte dann
durchgeführt werden, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:
1. Das Projekt besitzt einen positiven Kapitalwert (KW > 0).
2. Das Projekt besitzt einen positiven Endwert (EW > 0).
3. Das Projekt führt zu einem Endvermögenzuwachs im Vergleich zur
Unterlassungsalternative.
Für projektindividuelle Entscheidungen sind diese Kriterien äquivalent!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
69
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXI
Entscheidungsregeln Auswahlentscheidungen:
Diese beziehen sich auf die Auswahl zwischen verschiedenen (sich
ausschließenden) Investitionsprojekten und die Frage, welche(s) davon
durchgeführt werden soll(en) und welche(s) nicht:
Auswahlentscheidungen sind nur dann anhand von Kennzahlen
möglich, wenn diese sich auf den gleichen Zeitpunkt beziehen. Dieser
Sachverhalt trifft grundsätzlich auf das Kapitalwertkriterium zu. Hier
werden definitionsgemäß Gegenwarts- bzw. Barwerte, d.h. stets die
Periode t = 0 miteinander verglichen. Für den Endwert- und den
Endvermögensvergleich gilt dies nur dann:
•
Wenn alle Projekte die gleiche Laufzeit haben.
•
Wenn die verwendeten Kennzahlen bei Projekten unterschiedlicher
Laufzeit auf den gleichen Vergleichszeitpunkt angepasst werden.
Erst danach können sie miteinander sinnvoll verglichen werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
70
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXII
Auswahlentscheidungen (Fortsetzung) – Beispiel
Vergleich zweier Projekte a1 und a2 :
Welches der beiden Projekte soll für i = 10% durchgeführt werden?
Gegeben Projekt a1: c1t (t = 0, 1, 2, 3) mit c10 = - 1000; c11 = + 300;
c12 = + 400; c13 = + 800.
Gegeben Projekt a2: c2t (t = 0, 1, 2, 3, 4) mit c20 = - 1000; c21 = + 300;
c22 = + 400; c23 = + 70; c24 = + 800.
Kapitalwertkriterium (stets einheitlicher Vergleichszeitpunkt t = 0):
c ∙ 1
c ∙ 1
i
i
1000
1000
300
1,1
300
1,1
400
1,1
400
1,1
70
1,1
800
1,1
800
1,1
, .
, .
Projekt a1 wird durchgeführt!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
71
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXIII
Auswahlentscheidungen (Fortsetzung) – Beispiel:
Fortsetzung des Vergleichs der zwei Projekte a1 und a2:
Endwertkriterium (unterschiedliche Projektlaufzeiten möglich):
KW ∙ 1 i
KW ∙ 1 i
204,4 ∙ 1,1
202,3 ∙ 1,1
.
, .
Würde man einfach die Endwerte der Projekte miteinander vergleichen,
obwohl diese verschiedene Laufzeiten haben, würde man
fälschlicherweise Projekt a2 wählen. Für einen korrekten Vergleich
müssen die beiden Laufzeiten angepasst werden, indem etwa die
Größe
zunächst auf 4 Perioden aufgezinst wird. Dann gilt:
∗
EW ∙ 1
i
KW ∙ 1
KW ∙ 1 i
i
∙ 1 i
204,4 ∙ 1,1
202,3 ∙ 1,1
, .
, .
Projekt a1 wird nun gemäß Endwertkriterium ebenfalls bevorzugt!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
72
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXIV
Auswahlentscheidungen (Fortsetzung):
Allgemein gilt für Auswahlentscheidungen der Grundsatz, die
Projektalternative durchzuführen, die den höchsten Kapitalwert besitzt.
Die Vorgehensweise besteht dabei aus zwei Schritten:
•
Schritt 1:
Berechnung des Investitionsprojektes mit dem größten (maximalen)
Kapitalwert KWmax.
•
Schritt 2:
– Ist der Kapitalwert dieser Alternative positiv (d.h. gilt KWmax > 0),
ist dieses Projekt besser als die Unterlassungsalternative
(Vermögenszuwachs) und wird deshalb durchgeführt.
– Ist der Kapitalwert dieser Alternative negativ (d.h. gilt KWmax < 0),
ist dieses Projekt schlechter als die Unterlassungsalternative
(Vermögensverlust). Deshalb wird gar kein Projekt realisiert!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
73
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXV
Kapitalwertfunktionen KW(i) der zwei Projekte a1 und a2 :
KW
+500
0
(367)
⇔∑ c
X
X (204)
(340) X
(-9)
(202)
X
X
5
10
20
(-46)
⇔∑
30
(-168)
X
X
(-221)
c
570
40
(-290)
X
X
(-348)
i = 9,59% (Zinssatz bei dem KW = KW )
-500
-1000
500
⇔
⇔lim
•
•
i
Für i < 9,59 ist Projekt a2 besser.
Für i > 9,59 ist Projekt a1 besser.
→
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
74
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXVI
Zinssensitivität des Kapitalwertkriteriums:
Das vorhergehende Beispiel zeigt, dass die Vorteilhaftigkeit einer
Investition im Vergleich zu einer zweiten Investition bei verschiedenen
Kalkulationszinsen durchaus unterschiedlich sein kann.
M.a.W. : Die Rangfolge bei einer Vorteilhaftigkeitsbetrachtung ist
immer zinsabhängig! Dies gilt sowohl für projektindividuelle
Entscheidungen (Vergleich mit der Unterlassungsalternative) als auch
für Auswahlentscheidungen.
Grundsätzlich sind hierbei folgende Richtlinien relevant:
Investitionsprojekte mit hohen Anfangsauszahlungen und/oder in der
Tendenz hohen Einzahlungsüberschüssen, die erst in der ferneren
Zukunft (späte Perioden) fließen, sind zinssensitiver als Projekte mit
niedrigen Anfangsauszahlungen und/oder in der Tendenz hohen
Rückzahlungen bereits in der näheren Zukunft (frühe Perioden).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
75
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Kapitalwert XXVII
Differenzzahlungsreihe a2 a1 der Projekte a1 und a2:
a2
a1
a2 a1
KW
c
X ⇔∑
+50 X
(28)
(51) X
0
2
5
-50
Investition und Finanzierung
- 1000
- 1000
0
c
+ 300
+ 300
0
+ 400
+ 400
0
+ 70
+ 800
- 730
+ 800
0
+800
Allgemein gilt:
KW (a2 a1) = KW (a2) - KW (a1)
(-2 für i =10%)
30
40
X
lim
a2 a1
10
20
15
→
X
(-52)
(-23) X
(-58)
X
(-37)
(0)
X
i = 9,59% (Zinssatz bei dem KW = KW )
Aurelio J. F. Vincenti
i
76
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität I
Konzept der Annuität:
Bisher sind mit dem Kapitalwert- und dem Endwertkriterium zwei
zeitpunktbezogene Kennzahlen betrachtet worden. Beide Kriterien
entsprechen bekanntlich einer Konsumpräferenz, die auf den Aspekt
der Vermögensmaximierung hin ausgerichtet ist. So steht der
Kapitalwert für das Ziel der Barwertmaximierung, während auf der
Gegenseite der Endwert sich am Ziel der Endwertmaximierung (bzw.
Endvermögensmaximierung orientiert.
Häufig (v.a. in der betrieblichen Praxis) wird jedoch das Denken in
zeitraumbezogenen Kennzahlen (Gewinn, Erfolg pro Jahr u.a.)
bevorzugt. Hinsichtlich der Konsumpräferenz entspricht diese Sicht
dem Ziel der Einkommensmaximierung, also der Suche nach einem
Entnahmestrom, dessen Breite im Sinne zeitraumbezogener
Entnahmen bei sonst vorgegebener Struktur maximiert werden soll.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
77
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität II
Annuität (Fortsetzung):
Unter einer solchen Perspektive, welche die Einkommensmaximierung
als Ziel betont, kann der Kapitalwert in eine dazu äquivalente
Periodengröße umgewandelt werden, die Annuität a*. Durch sie wird
er (als Barwert des Vermögenszuwachses durch eine Investition)
gleichmäßig auf alle Zeitpunkte T der Projektdauer als Rente verteilt.
Konkret wird der in t = 0 verfügbare Kapitalwert am Kapitalmarkt
angelegt, so dass er in T gleichen Zahlungen als Annuität a* jeweils an
den Periodenenden t = 1, 2, …, T ausgeschüttet werden kann.
Es gilt folglich:
∗
;
∗
Investition und Finanzierung
∙
;
∙
.
KW.
Aurelio J. F. Vincenti
78
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität III
Annuität (Fortsetzung):
Beispiel:
•
Gesucht ist die Annuität ∗ von a1 für i = 5% und c1t (t = 0, 1, 2, 3)
mit c10 = - 1000; c11 = + 300; c12 = + 400; c13 = + 800.
Es gilt:
∗
•
0,05
1 1,05
∙ 339,6
0,3672 ∙ 339,6
, .
Gesucht ist die Annuität ∗ von a2 für i = 5% und c2t (t = 0, 1, 2, 3, 4)
mit c20 = - 1000; c21 = + 300; c22 = + 400; c23 = + 70; c24 = + 800.
Es gilt:
∗
0,05
1 1,05
Investition und Finanzierung
∙ 367,2
0,2820 ∙ 367,2
Aurelio J. F. Vincenti
, .
79
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität IV
Annuität (Fortsetzung) – als Entscheidungskriterium:
Da ANF(i;T) definitionsgemäß positiv ist, haben Annuität und Kapitalwert (sowie
Endwert) stets das gleiche Vorzeichen. Daraus folgt:
•
Projektindividuelle Entscheidungen:
Hier gelten für die Annuität die gleichen Grundsätze wie für das Kapitalwertund Endwertkriterium:
– Projekte mit a* > 0 sind vorteilhaft und werden durchgeführt.
– Projekte mit a* < 0 sind nachteilig. An ihrer Stelle wird die
Unterlassungsalternative gewählt.
– Projekte mit a* = 0 sind äquivalent zur Unterlassungsalternative.
•
Auswahlentscheidungen (bei sich ausschließenden Projekten):
Die Annuität eignet sich (wie der Endwert) nur dann als Kriterium für die
Auswahl, wenn sich die projektindividuellen Annuitäten auf die gleiche
Laufzeit beziehen. In diesem Fall wird das Projekt mit der höchsten Annuität
gewählt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
80
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität V
Ökonomische Interpretation der Annuität:
Die Annuität a* ist sozusagen eine „Verrentung“ des Kapitalwerts und
damit der durchschnittliche Einzahlungsüberschuss des Projektes
während seiner Laufzeit. a* gibt dabei an, wie breit der gleichmäßige
Einkommensstrom ist, der sich aus dem Vermögenszuwachs bei
Durchführung der Investition erzeugen lässt.
M.a.W.:
Der Investor erreicht bei Durchführung des Projektes das gleiche
Endvermögen wie bei Entscheidung für die Unterlassungsalternative
und zusätzlich
•
kann er bei a* > 0 in allen Zeitpunkten t = 1, 2, …. T über einen
Zahlungsbetrag in Höhe dieser Annuität a* verfügen.
•
muss er bei a* < 0 in allen Zeitpunkten t = 1, 2, …. T einen weiteren
Betrag in Höhe dieser Annuität a* in das Projekt investieren.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
81
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Annuität VI
Entscheidungskriterien - Überblick:
Ziele
Vermögensmaximierung
am
Anfang
Vermögensmaximierung
am
Ende
Kapitalwert KW
Endwert EW
∙
∙
Entnahmestrommaximierung
periodisch
Annuität
∗
∗
KW
Gleiche Vorteilhaftigkeit, da EW und a* direkt von KW abhängen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
82
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß I
Rendite eines Projektes als relative Größe:
In der betrieblichen Praxis ist die Rendite eine häufig verwendete
Größe, um einen Zahlungsstrom zu bewerten, etwa im Rahmen der
Wertpapieranlage oder bei der Entscheidung bezüglich der
Durchführung eines Investitionsvorhabens. Als Ziel wird dabei i.d.R. die
Maximierung einer solchen „Rendite“ ins Blickfeld gerückt:
Für die Rendite Ri eines Projektes/Wertpapiers i pro Periode gilt dabei:
Periodenergebnis Anfangskapital Periodenergebnis
1
Anfangskapital
Anfangskapital
mit dem Periodenergebnis als Summe aus dem Periodenendkapital
und eventuellen Zwischen-Cash-Flows (z.B. Dividenden, Zinsen).
Die Rendite bezieht sich (im Gegensatz zu den bisher betrachteten
Kriterien) folglich nicht auf absolute Vermögensänderungen, sondern
bildet eine Kennzahl für relative Vermögensänderungen pro Periode.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
83
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß II
Interner Zins als Maßstab für die Rendite eines Projektes:
Der interne Zins(satz bzw. –fuß) liefert, anders als der Kapitalwert (oder
der Endwert oder die Annuität) keine Aussage zur absoluten
Steigerung des Vermögens (bzw. der Konsummöglichkeiten) bei
Durchführung eines Investitionsprojektes.
Vielmehr stellt er eine wegen ihrer Anschaulichkeit oftmals benutzte
Renditekennzahl dar. Der interne Zins beschreibt dabei die relative
Vermögensänderung (%) bei Durchführung eines Investitionsprojektes
bezogen auf den dafür benötigten Vermögenseinsatz.
Konzeptionell entspricht der interne Zins i* dem Kalkulationszins einer
Zahlungsreihe, der zu einem Kapitalwert von Null führt. Es gilt formal:
c ∙ 1
Investition und Finanzierung
∗
Aurelio J. F. Vincenti
.
84
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß III
Interner Zins – Bestimmung:
•
Graphische Bestimmung:
i* als Schnittstelle der Kapitalwertfunktion mit der x-Achse.
Beispiel Differenzenzahlungsreihe a2 a1:
KW
X⇔∑
+50 X
c
c
-50
2
X
10
5
- 1000 + 300 + 400
a1
- 1000 + 300 + 400 + 800
a2 a1
X
0
a2
0
Investition und Finanzierung
0
30
15
X
X
→
X
- 730
0
+800
40
lim
20
i* = 9,59%
(Für i* gilt: KW a2
0
+ 70 + 800
a2
a1
i
X
a1 KW a2 KW a1 0 ⇒ für ∗ :KW = KW )
Aurelio J. F. Vincenti
85
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß IV
Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung):
•
Formale Bestimmung:
Während bei der Kapitalwertmethode i vorgegeben ist und KW gesucht
wird, verhält es sich bei der internen Zinsmethode genau umgekehrt:
KW (= 0) ist vorgegeben und i = i* wird gesucht.
Damit erfordert die Ermittlung von i* die Berechnung eines Polynoms
T-ten Grades. Dies führt zu zwei Problembereichen:
 Eine explizite Ermittlung durch Auflösung nach i* ist nur in
Sonderfällen möglich. Ansonsten kann die Berechnung von i* nur
implizit durch Näherungsverfahren erfolgen.
 Jedes Polynom T-ten Grades besitzt maximal T reelle oder
komplexe Nullstellen. Es kann also sein, dass eine Zahlungsreihe
mehr als einen reellen internen Zins aufweist. Auf der Gegenseite
sind auch Zahlungsreihen ohne reelle Lösung für i* möglich.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
86
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß V
Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung):
•
Einige Sonderfälle der formalen Bestimmung:
 Zahlungsreihe mit nur einer Auszahlung und einer Einzahlung:
Beispiel: In t = 0 Auszahlung = - 800; in t = 1 Einzahlung = 850.
Allgemein gilt:
800
Eingesetzt:
c
∗
∗
.
0 ⇒ 850
i∗ ⇒
800 ∙ 1
∗
,
%.
Beispiel Differenzenzahlungsreihe a2 a1:
Zahlungsreihe:
a2 a1
Eingesetzt:
∗
∗
Investition und Finanzierung
0 ⇒ 730 ∙ 1
t=0
0
i∗
t=1
0
800 ⇒
Aurelio J. F. Vincenti
t=2
0
∗
t=3
- 730
,
t=4
+800
%.
87
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß VI
Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung):
 Nullkuponanleihe (Zero-Bond-Anleihe):
Auf eine anfängliche Auszahlung in t = 0 folgt nur eine einzige
Einzahlung am Ende der Laufzeit in t = T, die neben der
Rückzahlung der Anleihe zusätzlich auch alle in der Zwischenzeit
angefallenen Zinsen und Zinseszinsen beinhaltet.
Beispiel: In t = 0 Auszahlung = - 1100; in t = T Einzahlung = 5000.
Laufzeit der Anleihe T = 30 Jahre.
Allgemein gilt:
⇒ 1
Eingesetzt:
∗
Investition und Finanzierung
c
⇒c ∙ 1
∗
i∗
∗
⇒
1
,
i∗
c .
.
%.
Aurelio J. F. Vincenti
88
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß VII
Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung):
 Zahlungsreihe mit nur 3 Zeitpunkten (t = 0, 1, 2):
c
Allgemein gilt:
i∗
⇒c ∙ 1
⇒ 1
i∗
∗
∙
,
∙
∙
.
∗
c ∙ 1
i∗
bzw.
∗
c
0.
∙
,
∙
.
∙
(In dieser Darstellung müssen bei ct die Vorzeichen beachtet werden!)
Beispiel: c0 = - 1000; c1 = (+) 2300; c2 = - 1300.
Eingesetzt:
∗
∙
,
⇒ i∗
∙
,
Investition und Finanzierung
∙
∙
1
1⇒
∙
∙
∗
%und
Aurelio J. F. Vincenti
∗
1.
%.
89
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß VIII
Interner Zins – Vorliegen und Eindeutigkeit:
•
Definitionsbereich: i* > –1: Ein negativer interner Zins ist möglich
und ökonomisch interpretierbar, solange er größer ist als –100%.
Man kann nicht mehr als 100% des jeweiligen Vermögenseinsatzes
verlieren.
•
Die Zahl der internen Zinssätze (i*) > –1 einer Zahlungsreihe
entspricht der Zahl der Vorzeichenwechsel in dieser Zahlungsreihe
oder fällt um eine gerade Zahl kleiner aus.
Beispiel: c0 = - 1020; c1 = (+) 2300; c2 = - 1300.
Eingesetzt:
∗
,
∙
∙
∙
Wegen 2300
4 ∙ 1020 ∙
keine reelle Lösung für i*.
Investition und Finanzierung
∙
1
∙
∙
1300
Aurelio J. F. Vincenti
14000
1.
0 gibt es
90
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß IX
Interner Zins – Vorliegen und Eindeutigkeit (Fortsetzung):
Normalinvestitionen (d.h. Zahlungsreihen mit genau einem
Vorzeichenwechsel von – nach +) haben aufgrund des typischen
Verlaufs ihrer Kapitalwertfunktionen immer einen eindeutigen
internen Zins i*!
Außerdem gilt hier:
•
Ist der Nominalwert einer Normalinvestition, d.h. die Summe der
nicht abgezinsten bzw. mit i = 0 abgezinsten Einzelzahlungsströme,
positiv (negativ), ist auch i* positiv (negativ).
⇒Folglich weist jede Normalinvestition mit negativem Nominalwert
auch im Bereich von i > 0 immer negative Kapitalwerte auf.
•
Für i  –1 (bzw. q  0) strebt der KW einer Normalinvestition
gegen ∞, so dass KW (i) für sehr kleine i immer positiv ist.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
91
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß X
Interner Zins – Ökonomische Deutung
(für Normalinvestitionen):
•
Effektivverzinsung des jeweils im Projekt gebundenen Kapitals
beim einem Investitionsvorhaben.
•
Kritischer Zins i*, bei dem der Entscheider indifferent ist zwischen
Durchführen und Unterlassen des Investition.
⇒ Maximale Kapitalkostenbelastung bei Kreditfinanzierung:
Höchster Sollzinssatz, den man gerade noch akzeptieren könnte,
um den Kapitaldienst für die anfänglichen Auszahlungen (Zinsen
und Tilgungen) aus den Investitionsrückflüssen leisten zu können.
⇒Maximale Opportunitätskosten bei Eigenfinanzierung: Höchster
Zinssatz, den man sich bei Eigenfinanzierung der Investition durch
die anderweitige Verwendung der liquiden Mittel am Kapitalmarkt
(Zins- und Zinseszinsen) “entgehen” lassen dürfte.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
92
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XI
Interner Zins – Ökonomische Deutung (Fortsetzung):
Beispiel für die Effektivverzinsung des gebundenen Kapitals:
Zahlungsreihe ct = –1000; 200; 390; 660 für t = 1, 2, 3, 4 mit i* = 10%:
t
0
1
2
3
Kapitalbindung
in t – 1
1000
900
600
Zinszahlungen
(bei i* = 10%)
100
90
60
Tilgung
(∑= 1000)
100
300
600
Rückflüsse
ct
(in t = 1, 2, 3)
200
390
660
Kapitalbindung
in t
1000
900
600
0
Gedankenbeispiel eines in jeder Periode mit 10% verzinsten Kontos für ct : Das
Unternehmen eröffnet in t = 0 ein Konto und zahlt 1000 ein. Dieses gebundene
Kapital (Guthaben) erbringt in t = 1 100 (≙i* Zinsen. Gleichzeitig werden 200
zum Verbrauch abgehoben, so dass das gebundene Kapital (als Restforderung
an die Investition) auf 900 sinkt usw., bis in t =3 das Konto vollständig geleert ist.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
93
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XII
Interner Zins als Vorteilhaftigkeitskriterium:
•
Projektindividuell: Bei Normalinvestitionen eignet sich der interne
Zins i* als Kennzahl zur Beurteilung ihrer Vorteilhaftigkeit:
Eine Investition ist dann sinnvoll, wenn der interne Zins i* des Projektes
größer als der Kalkulationszins i ist. Denn unter diesen Bedingungen
übertrifft die „innere Rendite i*“ der Investition die Opportunitätskosten i
einer Kapitalmarktanlage bzw. sind die maximal verkraftbaren
Finanzierungskosten i* höher als die tatsächlichen Kreditkosten i.
Zusatzinformation durch die Bestimmung von i* (im Vergleich zur
„einfachen“ Kapitalwertmethode): In der betrieblichen Praxis ist die
Alternativanlage (d.h. der Kalkulationszins) i oftmals nicht genau
bekannt bzw. ist in der Höhe unsicher. Kann man aber abschätzen,
dass i* auf jeden Fall größer als ein real zu erwartender Wert von i ist,
kann die Vorteilhaftigkeit „leichter“ als mit dem KW beurteilt werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
94
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XIII
Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung):
•
KW
Normalinvestition a3: Es gilt:
• KW (a3) > 0 für i < i*.
• KW (a3) < 0 für i > i*.
X
Investition a4: Es gilt nicht:
• KW (a4) > 0 für i < i*1 sondern
• KW (a4) < 0 für i < i*1.
Beispiel projektindividuell:
X
X
X X
X
0
X X X
X
X
X
X
X
X
i*1
i*
i
X
X
i*2
X
X
X
X
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
95
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XIV
Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung):
•
Auswahlentscheidungen:
Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei i* um eine
relative (Rendite-)Kennzahl handelt. Ein Vergleich verschiedener
Relativgrößen ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die jeweiligen
Bezugsbasen dieser Kriterien übereinstimmen. Im Fall von i* betrifft
dies die jeweiligen Kapitalbindungen.
Unterschiedliche Investitionsprojekte weisen allerdings i.d.R. zu jedem
Zeitpunkt eine voneinander abweichende Kapitalbindung auf. Deshalb
besitzen die internen Zinsfüße i.d.R. unterschiedliche Bezugsbasen.
⇒ Das relative Zielkriterium interner Zins i* ist deshalb eine nicht
geeignete Kennzahl, um verschiedene Projekte hinsichtlich ihrer
ökonomischen Vorteilhaftigkeit miteinander zu vergleichen!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
96
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XV
Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung):
•
Beispiel Auswahlentscheidungen: Projekte a1 und a2 :
KW
⇔∑
⇔∑
+500
c
c
570
500
a1
- 1000 + 300 + 400 + 800
a2
- 1000 + 300 + 400
i*(a2)
0
-500
-1000
5
•
•
10
i*(a1)
XX
20
30
0
+ 70 + 800
40
i
i = 9,59%
Für i < 9,59 ist Projekt a2 besser. ⇔ Es gilt jedoch: i*(a1) > i*(a2).
Für i > 9,59 ist Projekt a1 besser.
⇔
⇔lim
→
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
97
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XVI
Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung):
•
Auswahlentscheidungen:
Die problembehaftete Vergleichbarkeit von internen Zinsfüßen findet
ihren formalen Ausdruck in dem offensichtlichen Konflikt dieser
Kennzahl mit dem Kapitalwertkriterium bei Auswahlentscheidungen.
Denn das Konzept des Kapitalwertes baut auf der Wiederanlage zum
Kapitalmarktzins i auf, während das Konzept des internen Zinses
gewissermaßen eine Wiederanlage zum internen Zins i* ( i.d.R. i)
vorsieht.
Auch kann eine niedrigere Rendite auf einen im Durchschnitt hohen
Kapitalbetrag ökonomisch durchaus einer höheren Rendite auf einen
viel kleineren Kapitalbetrag vorzuziehen sein, weil das Projekt mit der
niedrigeren Rendite u.U. insgesamt einen höheren Vermögenszuwachs
ermöglicht.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
98
Kapitel 04 – Investitionstheorie 3:
VMS – Interner Zinsfuß XVII
Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung):
•
Auswahlentscheidungen:
Dennoch schätzt es die Praxis, Renditen miteinander zu vergleichen, z.B. die
Effektivzinssätze von Krediten bzw. von Geldanlagen. Man unterstellt dabei
implizit, dass deren Kapitalwertfunktionen sich nicht schneiden bzw. dass der
Kalkulationszins im unkritischen Bereich liegt, in dem Kapitalwert- und interne
Zinsfußmethode zum gleichen Ergebnis kommen. Bei diesen Zahlungsreihen
ist der Vergleich verschiedener Angebote mit dem internen Zinssatz aus den
folgenden Gründen nicht (ganz) so problematisch wie bei Sachinvestitionen:
• Die zu vergleichenden Anfangsauszahlungen sind ähnlich groß.
• Zins- und ev. Tilgungsleistungen sind bzgl. Höhe und zeitlicher Struktur
ähnlich.
• Die Laufzeiten haben eine ähnliche Länge.
Unter diesen Bedingungen ist die Wahrscheinlichkeit durchaus hoch, dass eine
Auswahlentscheidung auf Grundlage des internen Zinses nicht anders ausfällt,
als auf Grundlage des Kapitalwertes.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
99
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Einführung I
Beurteilung eines Investitionsprojektes auf dem
unvollkommenen Kapitalmarkt (unter Sicherheit):
Merkmale unvollkommener Märkte:
•
Soll- und Habenzins können voneinander abweichen. I.d.R. ist der
Zins für eine Kapitalanlage niedriger als der Zins für einen Kredit.
•
Kapital ist nicht mehr unbegrenzt verfügbar. Die Kreditaufnahme ist
eingeschränkt und z.B. an die Bereitstellung von Kreditsicherheiten
oder Bürgschaften geknüpft. Je höher die „Verschuldung“ eines
Wirtschaftssubjektes ausfällt, desto niedriger ist i.d.R. seine Bonität
und desto höher sind die zu zahlenden Kreditzinsen.
Um ein Investitionsprojekt auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt
hinsichtlich seiner Vorteilhaftigkeit zu bewerten, ist das Ergebnis dieser
Bewertung deshalb nicht mehr unabhängig von der konkreten
Finanzierungsentscheidung: Die Fisher-Separation gilt nicht mehr!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
100
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Einführung II
Unvollkommener Kapitalmarkt (Fortsetzung):
Da auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt definitionsgemäß kein allgemein
gültiger Kalkulationszins mehr gegeben ist, hängt die Vorteilhaftigkeit eines
Projektes auch davon ab, welche anderen Zahlungsströme vorhanden sind.
Zwischen diesen bestehen nämlich wechselseitige Abhängigkeiten. Deswegen
erfordert die Festlegung eines angemessenen Kalkulationszinses, um mit ihm
ein Projekt auf seine Vorteilhaftigkeit hin zu bewerten, stets das Wissen um die
finanzwirtschaftliche Gesamtplanung. M.a.W. Der richtige Kalkulationszins ist
nicht mehr eine exogene (vorgegebene) Größe für die Investitionsbewertung,
sondern eine endogene Größe. Diese lässt sich erst exakt ermitteln, wenn man
das Ergebnis der Investitionsrechnung kennt. Sobald man aber im Nachhinein
diese Kenntnis besitzt, liegt die benötigte Information ja bereits vor, und das
ursprüngliche Problem (Bewertung der Vorteilhaftigkeit) ist schon gelöst.
Dieser Sachverhalt heißt Dilemma der Lenkpreistheorie. Wirklich gelöst
werden kann es i.d.R. nur durch Totalmodelle, die die gesamte (mehrperiodige)
Investitions- und Finanzierungsplanung eines Unternehmens analysieren.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
101
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Partialmodell Kapitalwert I
Die Kapitalwertmethode als Partialmodell auf einem
unvollkommenen Kapitalmarkt:
Wohl ist auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt die isolierte Beurteilung
der Vorteilhaftigkeit eines Projektes mittels der Kapitalwertmethode
eigentlich nicht möglich. Dennoch gibt es immer wieder Situationen, bei
denen auf die Erstellung eines komplexen Totalmodells mit simultaner
Investitions- und Finanzplanung verzichtet werden kann.
Sofern es möglich ist, die für die zukünftigen Perioden maßgeblichen
Zinsfüße eindeutig und korrekt (vorab) zu schätzen, lässt sich auch
unter den Bedingungen eines unvollkommenen Marktes der Kapitalwert
(bzw. Endwert oder Annuität) als einfaches Partialmodell zur
Bewertung der Vorteilhaftigkeit einer Investition nutzen.
I.d.R. wird man dabei allerdings periodenspezifisch unterschiedliche
Kalkulationszinsfüße verwenden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
102
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Partialmodell Kapitalwert II
Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung):
Allgemein gilt:
Abzinsen von ct bei unterschiedlichen it auf den Barwert c0:
c
c ∙ 1
i
∙ 1
i
∙ …∙ 1
i
c ∙
1 iτ
.
Der periodenspezifisch zu wählende it hängt dabei ab:
•
Von der konkreten Finanzlage des Unternehmens:
 In manchen Perioden führen die durch das Projekt bedingten Cash
Flows zu einer Erhöhung/Verminderung des Anlagevermögens.
⇒Habenzins der Alternativanlage ist der relevante Kalkulationszins.
 In manchen Perioden führen die durch das Projekt bedingten Cash
Flows zu einer Erhöhung/Verminderung des Kreditvolumens.
⇒Sollzins der Kreditbeschaffung ist der relevante Kalkulationszins.
•
Von der periodenspezifischen Veränderung des jeweils relevanten
Kalkulationszinses.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
103
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Partialmodell Kapitalwert III
Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung):
Beispiel: Gegeben seien:
•
•
•
Zahlungsreihe ct (t = 0, 1, 2) mit c0 = 1000; c1 = + 500; c2 = + 700.
Kassenstand (auf dem Kontokorrentkonto):
Kst (t = 0, 1, 2) mit Ks0 = 3000; Ks1 = 2000; Ks2 = 4000.
Sollzinssätze iS und Habenzinssätze iH für t = 1, 2:
i
10%;i
20%;i
3%;i
6%.
Esgilt: KW
⇒
⇒
c
c ∙
1 iτ
∙ 1
∙ 1
∙ 1
1
c ∙
∙ 1
∙ 1
1000 ∙ 1,03 ∙ 1,20
1000
∙ 1
Investition und Finanzierung
500 ∙ 1,03
∙ 1
1 iτ
.
.
1 ∙ 1
500 ∙ 1,20
700 ∙ 1,03
1.
700
∙ 1,20
, ∙ 1,03 ∙ 1,20
Aurelio J. F. Vincenti
.
, .
.
104
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMS – Partialmodell Kapitalwert IV
Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung):
Beispiel-Modifikation: Gegeben seien:
•
•
•
Zahlungsreihe ct (t = 0, 1, 2) mit c0 = 1000; c1 = + 500; c2 = + 700.
Kassenstand (auf dem Kontokorrentkonto):
Kst (t = 0, 1, 2) mit Ks0 = 3000; Ks1 = 2000; Ks2 = 4000.
Sollzinssätze iS und Habenzinssätze iH für t = 1, 2:
i
10%;i
20%;i
3%;i
6%.
∙ 1
Es gilt nun:
∙ 1
∙ 1
1000 ∙ 1,10 ∙ 1,20
1000
∙ 1
500 ∙ 1,10
∙ 1
1
∙ 1
∙ 1
500 ∙ 1,20
700 ∙ 1,10
.
1
∙ 1
700
1.
.
∙ 1,20
, ∙ 1,10 ∙ 1,20
, .
.
In Abhängigkeit vom jeweils relevanten Kalkulationszins kann sich das
Ergebnis der Vorteilhaftigkeitsanalyse durchaus grundsätzlich ändern.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
105
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Grundproblem I
Die Unsicherheit in der Investitionstheorie:
Prinzipiell ist jede Investitionsrechnung in der Realität der betrieblichen
Praxis zukunftsorientiert. Es werden nämlich keine vergangenen,
sondern stets zukünftige Zahlungsströme bewertet.
Allerdings ist die Zukunft und jede Prognose von ihr dem
Wesen nach unsicher!
Dieses Unsicherheitsproblem kann sich beziehen:
– Einerseits auf die Ermittlung der zukünftigen Zahlungsströme aus
einem Projekt und der Alternativanlage.
– Andererseits auf die Ermittlung der zukünftig relevanten
Kalkulationszinsen.
Die (realitätsadäquate) Beurteilung eines Investitionsprojektes unter
Unsicherheit führt daher zu erheblichen grundsätzlichen Problemen!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
106
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Grundproblem II
Unsicherheit in der Investitionstheorie (Fortsetzung):
Folge dieses doppelten Prognoseproblems für die Investitionstheorie:
Wenn nun die Vorhersage zukünftiger Zahlungsströme und Zinsen
nicht möglich oder sehr ungenau ist, besteht grundsätzlich immer die
Gefahr, insbesondere wenn es sich um sehr detaillierte Berechnungen
bzw. um sehr komplexe Modelle handelt, dass die Inputparameter
(Eingangsvariablen) in diesen Modellen sich tatsächlich ganz anders
entwickeln, als geplant. Damit sind die Ergebnisse solcher Modelle
nicht mehr verwendbar.
Es bleiben daher folgende Empfehlungen zur Vorgehensweise:
•
Bestmögliche Analyse der für die Entscheidung relevanten Formen
der Unsicherheit und ihres Ausmaßes.
•
Integration dieser Analyseergebnisse in die Bewertung von
Investitionsprojekten, eventuell Reduktion der Modellkomplexität.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
107
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Grundproblem III
Unsicherheit der Zukunft – Grundformen:
Fiktion der
Quasisicherheit
Unsicherheit
• bezüglich der Cash Flows
• bezüglich der Zinsen
Unsicherheit i. e. S.
Spiel
Risiko
mit objektiver
mit subjektiver
Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
Ungewissheit
Ambiguität
Fundamentale
Ungewissheit
108
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Grundproblem IV
Unsicherheit der Zukunft – Grundkonzepte (Fortsetzung):
•
Entscheidungen unter Quasisicherheit: Die Fiktion der Sicherheit
zukünftiger Ergebnisse wird aufrechterhalten. ⇒ Für gewisse
Problemstellungen (z.B. Anlage in festverzinsliche Wertpapiere) ist
dies eine durchaus sinnvolle Vorgehensweise.
•
Spielsituationen (Spieltheorie): Die Zukunft (z.B. Verkaufspreis
eines Produktes) hängt von den Handlungen eines rationalen
Gegenspielers (z.B. dem Konkurrenten auf dem Markt) ab.
•
Unsicherheit i.e.S.: Die Zukunft wird durch zufällige Entwicklungen
der Umwelt bestimmt:
– Fundamentale Ungewissheit: Unerwartete Überraschungen
(z.B. Umweltkatastrophe, verändertes politisches Umfeld)
können auftreten. ⇒Eine fundamentale Ungewissheit ist nicht
berechenbar im Sinn einer rationalen Gewinnmaximierung.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
109
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Grundproblem V
Unsicherheit der Zukunft – Grundkonzepte (Fortsetzung):
– Ambiguität: Alle möglichen zukünftigen Ereignisse sind bekannt,
wenn auch ohne Wissen von Eintrittswahrscheinlichkeiten dafür.
Insofern ist die Zukunft hinsichtlich ihres Entwicklungspotentials
überschaubar. ⇒Ambiguität ist eingeschränkt berechenbar im
Sinn einer rationalen Gewinnmaximierung: Anwendung z.B. im
Rahmen einer Szenarioanalyse.
– Risikosituationen: Zusätzlich zu den möglichen zukünftigen
Ereignissen sind noch die Wahrscheinlichkeiten bekannt, mit der
diese Ereignisse eintreten werden. Diese Wahrscheinlichkeiten
können entweder objektiver oder zumindest subjektiver Art sein.
⇒Risikosituationen sind berechenbar im Sinn einer rationalen
Gewinnmaximierung: Die Nutzung von Wahrscheinlichkeiten ist
eine gängige und die übliche Methode, um Unsicherheit auf den
Finanz- und Kapitalmärkten darzustellen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
110
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze I
Umgang mit Unsicherheit in der Finanzierung:
Szenarioanalyse (ohne Wahrscheinlichkeiten):
Es werden verschiedene Investitionsrechnungen für unterschiedliche
fiktive Datensituationen, so genannte Szenarien durchgeführt (z.B.
pessimistisches – neutrales – optimistisches Szenario).
Diese Szenarien können sowohl eine Änderung der Cash Flows als
auch eine Änderung des Kalkulationszinses betreffen!
•
Findet man für alle Datensituationen beispielsweise einen positiven
Kapitalwert, darf das Investitionsprojekt als sinnvoll gelten.
•
Aber auch andernfalls verdeutlicht die Szenarioanalyse, wovon die
Vorteilhaftigkeit abhängt und bei welchen Entwicklungen der
Kapitalwert negativ wird (z.B. bei einem starken Anstieg der
Rohstoffpreise oder beim Wechsel von einer Finanzierung mittels
liquider Mittel zu einer Kreditfinanzierung des Projektes).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
111
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze II
Unsicherheit – Szenarioanalyse (Fortsetzung):
•
Eine häufig genutzte Variante der Sensitivitätsanalyse ist die
Methode der kritischen Werte.
Sie untersucht, in welchem Umfang einer oder mehrere Parameter
des zu beurteilenden Investitionsvorhabens sich ändern können,
ohne dass es zu einer Änderung der Vorteilhaftigkeit dieses
Projektes kommt (indem z.B. der Kapitalwert sein Vorzeichen
ändert).
•
Der bekannteste kritische Wert in der Investitionstheorie ist der
interne Zins. Er beschreibt, wie bereits ausführlich dargestellt, die
Nullstelle der Kapitalwertfunktion und gibt an, in welchem Umfang
der relevante Kalkulationszins einer (Normal-)Investition sich
maximal verändern kann, bevor sie mit einem Vermögensverlust
einhergeht.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
112
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze III
Umgang mit Unsicherheit – (Fortsetzung):
Lösungsansätze in Risikosituationen:
Risikosituationen sind Situationen, bei denen die künftigen Ergebnisse
einer Zahlungsreihe nicht eindeutig sind, sondern verschiedene
(diskrete oder stetige) Werte mit jeweils einer gewissen
Wahrscheinlichkeit annehmen können.
Risikosituationen werden üblicherweise durch Kennzahlen näher
charakterisiert. In der Finanzierungstheorie sind vor allem folgende
Kennzahlen wichtig:
•
•
Zentralmaße beziehen sich auf einen mittleren, für die Verteilung
des Ergebnisses „repräsentativen“ Wert, z.B. Erwartungswert .
Streuungsmaße beziehen sich auf die Schwankungsbreite der
möglichen Ergebniswerte z.B. Varianz
und Standardabweichung
(bei einer Normalverteilung der Ergebnisse).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
113
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze IV
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
•
Mathematischer Erwartungswert μ („Durchschnittswert“):
Arithmetischer Mittelwert einer diskreten Ergebnisverteilung mit den
Eintrittswahrscheinlichkeiten als Gewichtungsfaktoren:
e ∙p
e ∙p
⋯
e ∙p
∙
mitp
s
1.
Beispiel:
p(sj)
a1
Es gilt:
p(s1)=0,25 p(s2)=0,20 p(s3)=0,15
0
0 ∙ 0,25
30
30 ∙ 0,2
p(s4)=0,3
p(s5)=0,10
60
150
40
40 ∙ 0,15
60 ∙ 0,3
150 ∙ 0,1
Spezialfall:
Es existieren gleiche Eintrittswahrscheinlichkeiten für alle sj:
∙∑
. Für das obige Beispiel:
⇒Erwartungswert μ:
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
.
56.
114
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze V
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
•
Varianz : Quadratische Abweichung vom Erwartungswert μi
einer diskreten (normalverteilten) Ergebnisverteilung:
∙
Für das Beispiel:
0 45 ∙ 0,25
0,3
150 45 ∙ 0,1
Spezialfall:
30
45
.
∙ 0,2
.
40
45
∙ 0,15
60
45
∙
bei gleichen Wahrscheinlichkeiten für alle sj:
∙
.
Für das Beispiel (mit der Annahme gleicher Wahrscheinlichkeiten):
0 56
30 56
40 56
60 56
150 56
.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
115
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze VI
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
•
Standardabweichung bzw. Schwankungsbreite oder Streuung:
Wurzel der quadratischen Abweichung vom Erwartungswert μi
einer diskreten (normalverteilten) Ergebnisverteilung:
∙
Für das Beispiel:
Spezialfall:
σ
1725
.
, .
bei gleichen Wahrscheinlichkeiten für alle sj:
∙
Für das Beispiel:
Investition und Finanzierung
σ
2584
.
, .
Aurelio J. F. Vincenti
116
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze VII
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
In der aktuellen Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie, die sich mit
Unsicherheitssituationen (bzw. Risikosituationen) befasst, wird jede
Investitionsgelegenheit bzw. Zahlungsreihe vor allem durch zwei
verschiedene Kriterien gleichzeitig beurteilt:
•
Höhe der Zahlungsströme einer Investition:
Diesbezüglich beurteilt werden die unsicheren Zahlungsströme
dabei durch ihre Erwartungswerte μ.
•
Sicherheit/Unsicherheit der Zahlungsströme einer Investition:
Diesbezüglich beurteilt werden die unsicheren Zahlungsströme
dabei durch ihre Standardabweichung bzw. Varianz .
Die Unsicherheit wird folglich als eine Risikosituation mit einer
bekannten und normalverteilten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten
einzelner konkreter Realisationen der Zahlungsströme gesehen!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
117
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze VIII
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
Es findet also eine Informationsverdichtung (bei gleichzeitigem
Informationsverlust) einer unsicheren Zahlungsreihe auf zwei Größen,
den zugehörigen Erwartungswert μ (als Zentralmaß) und die zugehörige
Standardabweichung σ (als Streuungsmaß) statt.
Dabei gelten folgende Entscheidungsregeln als rational:
Gegeben sei die Präferenzfunktion eines Investors hinsichtlich einer
bestimmten Zahlungsreihe ai mit Φ
Φ ;
und dieser Investor
:Φ
]:
möchte gleichzeitig seinen Präferenzwert maximieren [
•
•
Φ
;
Φ
;
: Ein höherer Erwartungswert ist besser als ein niedrigerer.
: Eine geringere Schwankung ist besser als eine höhere.
Dies entspricht der Annahme von Risikoscheu.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
118
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze IX
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
Konkret bedeuten diese Prinzipien, dass jede Zahlungsreihe unter
Risiko simultan nach zwei Kriterien gleichzeitig beurteilt werden muss,
sowohl gemäß ihrem Erwartungswert als auch gemäß ihrer
Schwankung.
Aufgrund der allgemein unterstellten Risikoscheu wird dabei eine starke
Schwankung der Zahlungsströme generell als Nachteil angesehen.
Dieser Nachteil kann allerdings durch einen höheren Erwartungswert
der Zahlungsreihe kompensiert werden.
Gleichzeitig kommt es zu individuellen Unterschieden: Während
einzelne Investoren mit hoher Risikoscheu eine (fast) sichere Investition
mit niedrigem μ und niedrigem σbevorzugen, gibt es auf der
Gegenseite andere, weniger risikoaversive Investoren, die eher eine
stark unsichere Investition mit hohem μ und hohem σwollen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
119
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
UMU – Lösungsansätze X
Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung):
Bei (sehr) restriktiven Modellannahmen kommt es unter gewissen Bedingungen
zur Ausbildung eines Marktgleichgewichtes, bei dem sich für jedes Risiko
eine Art spezifischer und allgemein gültiger Marktpreis bildet.
Vergleichbar dem Zeitwert des Geldes manifestiert sich dieser Marktpreis des
Risikos im Kalkulationszins, mit dem unsichere zukünftige Zahlungsströme auf
ihren (sicheren) Gegenwartswert abgezinst werden. Es gilt: Je höher das Risiko
einer Zahlungsreihe, desto höher ist der Zins dafür, bestehend aus dem
Marktzuschlag für das jeweilige Risiko plus dem risikolosen Zins.
Dieser unter den Bedingungen eines Marktgleichwichts entstandene Zins bietet
zugleich auch ein generelles (und jetzt von individuellen Risikopräferenzen
unabhängiges) Kriterium für die Bewertung riskanter Investitionen. Nur Projekte,
die sich mindestens so hoch verzinsen wie der Marktpreis des Risikos, werden
durchgeführt. Im einem solchen Marktgleichgewicht (und nur dort) ist die
Investitionsentscheidung unabhängig von der Risikopräferenz des einzelnen und
damit werden auch hier generelle Vorteilhaftigkeitsaussagen möglich.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
120
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis I
Anlage in festverzinslichen Wertpapieren als Beispiel:
Festverzinsliche Wertpapiere (mit vertraglich festgelegten Zinszahlungen) bilden
ein gutes Beispiel aus der Praxis für die (relativ) problemlose Anwendung der
Kapitalwertmethode bei einer Normalinvestition unter der Fiktion der Sicherheit).
Hier kommt es bekanntlich häufig zu folgenden Zahlungsströmen:
CT = Rückzahlung am Laufzeitende T als Nominalwert.
Z = nachschüssige jährliche (Nominal-)Zinszahlungen.
CT
0
1
C0
2
3
…
T -1
T
Z
C0 = Anfangsauszahlung für den Erwerb
des Wertpapieres, z.B. sein Börsenkurs.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
121
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis II
Anlage in festverzinslichen Wertpapieren (Fortsetzung):
Interpretiert man den Börsenkurs für eine solche Anleihe nun als
Gegenwartswert und damit zugleich auch als (aktuellen) Kapitalwert dieser
Anleihe (analog dazu bilden Kurs- bzw. Kapitalwertänderungen der Anleihe
eine Reaktion auf eine Änderung des maßgeblichen Kalkulationszinses – hier
des risikoadjustierten Kapitalmarktzinses, d.h. des allgemeinen Zinssatzes plus
eines vom jeweiligen Emittenten abhängigen Risikozuschlags), gilt dann:
C0 RB Z C0
Z
;
CT ∙
∙
.

Nomi
∙
.
Beispiel:
•
C0
Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%;
Marktzins 4%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür:
ZRBF 4%; 5
Nominalwert ∙ 1
C0
Investition und Finanzierung
60 ∙ 4,4518
i
60 ∙
1000 ∙ 0,8219
Aurelio J. F. Vincenti
,
,
1000 ∙ 1,04 .
.
122
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis III
Anlage in festverzinslichen Wertpapieren (Fortsetzung):
Beispiel (Fortsetzung):
•
C0
Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%;
Marktzins 6%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür:
ZRBF 6%; 5
Nominalwert ∙ 1
C0
•
C0
60 ∙ 4,2124
i
60 ∙
1000 ∙ 0,7473
,
,
1000 ∙ 1,06 .
.
Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%;
Marktzins 8%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür:
ZRBF 8%; 5
Nominalwert ∙ 1
C0
60 ∙ 3,9927
i
60 ∙
1000 ∙ 0,6806
,
,
1000 ∙ 1,08 .
.
Liegt der Marktzins über (unter) dem Nominalzins, notiert der Börsenkurs unter
(über) dem Nominalwert einer derartigen festverzinslichen Anleihe.
Gleichzeitig steigt diese Zinsempfindlichkeit mit der Laufzeit. Je länger diese ist,
desto stärker reagiert der Kurs auf eine Änderung des Marktzinses.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
123
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis IV
Unternehmensbewertung:
Der Unternehmenswert eines ganzen Unternehmens bzw. der Wert
eines Anteils (z.B. Aktie) davon ist theoretisch einfach bestimmbar:
Aus moderner finanzierungstheoretischer Sicht entspricht dieser Wert
eines Unternehmens allen zukünftigen Zahlungszuflüssen aus dem
Unternehmen an den Eigner, abgezinst auf die Gegenwart:
⇨Damit ist der Unternehmenswert der Kapitalwert eines zukünftigen
Zahlungsstroms auf einem unvollkommenen Markt unter Unsicherheit.
Dieses Konzept lässt sich auch auf einen Unternehmensanteil (z.B.
Aktie eine Unternehmens) übertragen.
Es handelt sich um eine Prognose für mehrere unsichere Größen:
•
Unsichere, zukünftige (!) Cash Flows.
•
Unsicherer Kalkulationszins.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
124
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis V
Unternehmensbewertung (Fortsetzung):
Unternehmenswert:
Grundformel der Berechnung (entspricht der Kapitalwertformel):
UW bzw.
UW Mit: UW
CFt
i
t
T
.
= Unternehmenswert.
= Zahlungsstrom (Cash Flow) aus dem Unternehmen
an den Eigentümer in der Periode t (unsicher).
= Kalkulationszins (unsicher).
= Periodenindex
= Planungszeitraum bzw. Lebensdauer des Unternehmens.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
125
Kapitel 05 – Investitionstheorie 4:
Relevanz für die Praxis VI
Unternehmensbewertung (Fortsetzung):
Die Vorgehensweise (bzw. das Problem) besteht aus folgenden Schritten:
1. Festlegung eines geeigneten Planungshorizontes (Lebensdauerannahme).
2. Schätzung der (unsicheren) Cash Flows für jede Periode.
3. Bestimmung des relevanten (unsicheren) Kalkulationszinses (der
periodenspezifisch unterschiedlich sein kann): Hier unterscheiden sich die
verschiedenen Methoden der Unternehmensbewertung:
• Kapitalmarkttheoretische Unternehmensbewertung:
Nutzung eines Marktzinses i (aus einem Gleichgewichtsmodell abgeleitet):
Die gesamte Zukunftsunsicherheit wird durch einen „marktgemäßen“
Risikozuschlag auf einen „sicheren“ Marktzins is berücksichtigt.
• Investitionstheoretische Unternehmensbewertung:
Nutzung eines individuellen, subjektiven Zinses i:
Ein unvollkommener Kapitalmarkt erfordert eigentlich ein Totalmodell. In der
Praxis wird die gesamte Zukunftsunsicherheit dennoch häufig als subjektiver
Risikozuschlag auf einen „sicheren“ Marktzins is in die Kalkulation einbezogen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
126
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen I
Investition:
Auszahlung zur Beschaffung von Gütern
(Sachgüter oder Finanzgüter bzw. Rechte):
• I.d.R. auf eine längere Frist ausgerichtet.
• Mit einer oder mehreren zukünftigen (unsicheren) und
erwartungsgemäß höheren Einzahlungen aus der
Verwertung der beschafften Güter verbunden.
Finanzierung:
Beschaffung von Zahlungsmitteln als Gewährleistung der
Verfügung über finanzielle Mittel durch:
• Generierung/Vorziehen (zusätzlicher) Einzahlungen.
• Vermeidung/Verschiebung von Auszahlungen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
127
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen II
Die zentrale Aufgabe des Finanzmanagements in einem
Unternehmen liegt daher bei einer an Zahlungsströmen
orientierten, modernen Sichtweise der Finanzierung im
Erhalt der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit
(Wahrung der Liquidität) des Unternehmens.
Das Unternehmen muss also zu jeder Zeit in der Lage sein, alle zu
einem gewissen Zeitpunkt fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Dies kann erfolgen durch:
•
Rückgriff auf bereits vorhandene Bestände an Zahlungsmitteln
(Geldvermögen) im Unternehmen, z.B. Kassenhaltung.
•
Beschaffung zusätzlicher Bestände an Zahlungsmitteln durch z.B.
– Kreditaufnahme oder
– Verkauf von Vermögenswerten des Unternehmens.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
128
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen III
Systematik der Finanzierungsformen:
1. Zweigeteilte Unterscheidung der Finanzierungsinstrumente nach der
Rechtsstellung der Kapitalgeber (in der Insolvenz):
a. Eigenfinanzierung: Der Kapitalgeber wird in der Insolvenz nicht
der Gruppe der Gläubiger zugeteilt.
b. Fremdfinanzierung: Der Kapitalgeber tritt in der Insolvenz als
Gläubiger auf.
Diese Differenzierung erfolgt i.d.R. anhand folgender Merkmale:
•
•
•
•
•
Gewinnansprüche (während der Laufzeit der Geldüberlassung).
Rückzahlungsanspruch (am Ende der Laufzeit).
Geschäftsführungs- und Kontrollrechte (während der Laufzeit).
Rechte in der Insolvenz.
Steuerliche Gesichtspunkte.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
129
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen IV
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
Fremdfinanzierung
z.B. Bankkredit
Merkmale
Eigenfinanzierung
z.B. Gesellschafter OHG
Planmäßiger Verlauf der Finanzierung
Gewinnansprüche während
der Laufzeit
Vertraglich vereinbarter Zins
unabhängig vom Erfolg
Erfolgsabhängige Beteiligung
am Gewinn
Rückzahlungsanspruch
am Ende der Laufzeit
Vertraglich vereinbarter Termin Keine Laufzeit, jedoch Verkauf
zur Kredittilgung
oder Liquidationsanteil
Geschäftsführungs- und
Kontrollrechte
Keine, jedoch Sicherheiten oder
Bürgschaften
Teilhabe an der
Geschäftsführung
Insolvenz des Unternehmens
Rechtsstellung in der
Insolvenz
Ansprüche als Gläubiger
Keine Gläubigeransprüche,
Haftung mit Privatvermögen
Steuerliche Dimension
Steuerliche Behandlung
der Gewinnansprüche
Investition und Finanzierung
Zinszahlungen für Fremdkapital
sind steuerlich abzugsfähig
Aurelio J. F. Vincenti
Gewinnbeteiligung unterliegt
der Steuer
130
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen V
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
Man beachte, dass es sich bei der Unterscheidung in Eigen- und
Fremdfinanzierung um eine stark schematisierende Einteilung in Idealtypen
handelt.
In der Realität gibt es diverse Finanzierungsinstrumente, die sowohl Merkmale der
Eigenfinanzierung als auch Merkmale der Fremdfinanzierung gleichzeitig besitzen.
Diese Finanzierungsinstrumente werden als Mezzanine Kapital bzw.
Hybridkapital bezeichnet.
Beispiele für Mezzanine Kapital:
• Nachrangdarlehen: Durch eine Rangrücktrittserklärung des Kapitalgebers
wird eine Nachrangigkeit im Insolvenzfall gegenüber anderen Gläubigern
geschaffen.
• Partiarisches Darlehen: Zur Nachrangigkeit tritt eine Partizipation des
Kapitalgebers am wirtschaftlichen Erfolg durch eine variable Vergütung hinzu.
• Genussrechte: Details wie Vergütung, Laufzeit, Verlustbeteiligung,
Kündigung, Rückzahlung und Informationsrechte werden individuell vereinbart.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
131
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen VI
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
2. Zweigeteilte Unterscheidung der Finanzierungsinstrumente nach
der Mittelherkunft des Kapitals:
a. Außenfinanzierung.
b. Innenfinanzierung.
Bei beiden Formen liegen die eigentlichen Quellen für den Zustrom von
Zahlungsmitteln außerhalb des Unternehmens. Allerdings gelten für
ihre Differenzierung zusätzlich folgende Merkmale:
•
Ursache/Auslöser des Zahlungsmittelzuflusses:
a. Außenfinanzierung: Zahlungsmittelzufluss durch
eigenständige Finanzierungsvorgänge außerhalb des
betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses.
b. Innenfinanzierung: Zahlungsmittelzufluss durch Vorgänge
innerhalb des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
132
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen VII
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
Zu 2. Unterscheidung nach Mittelherkunft:
•
Gegenleistung für den Zahlungsmittelzufluss:
a. Außenfinanzierung: Gegenleistung für den Geldzufluss sind
spätere Zahlungsmittelabflüsse, z.B. als Zins- und
Tilgungszahlungen, Gewinnbeteiligungen.
b. Innenfinanzierung: Gegenleistung für den Geldzufluss sind
Lieferungen im Rahmen des betrieblichen Leistungs- und
Umsatzprozesses, z.B. produzierte Güter und Dienstleistungen.
•
Zeitpunkt der Gegenleistung für den Zahlungsmittelzufluss:
a. Außenfinanzierung: Gegenleistung erfolgt stets nach der
Einzahlung.
b. Innenfinanzierung: Gegenleistung (Lieferung des Produktes)
erfolgt i.d.R. vorher oder gleichzeitig, selten (Anzahlung)
danach!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
133
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen VIII
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
Zu 2. Unterscheidung nach Mittelherkunft:
•
Berechnung des Zahlungsmittelzuflusses:
a. Außenfinanzierung: Zahlungsströme als Bruttogrößen, d.h.
Höhe des Geldzuflusses entspricht der Finanzierungswirkung.
b. Innenfinanzierung: Zahlungsströme sind Nettogrößen, d.h.
Finanzierungswirkung ist die Differenz zwischen Einzahlungen
(Verkaufspreis) und Auszahlungen (z.B. Kosten der Produktion).
Diese Differenz kann (manchmal) negativ sein.
•
Durchführung der Finanzierungsmaßnahme:
a. Außenfinanzierung: Entscheidungskompetenz dafür i.d.R. beim
Finanzmanagement des Unternehmens.
b. Innenfinanzierung: Entscheidungskompetenz dafür i.d.R. beim
Management des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
134
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Finanzierungsformen IX
Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung):
Überblick zu den Finanzierungsformen
Eigenfinanzierung
Beteiligungsfinanzierung
Fremdfinanzierung
Selbstfinanzierung
(aus realisierten
Gewinnen)
Finanzierung
durch Kapitalfreisetzung
Finanzierung aus
KreditRückstellungen/
Abschreibungen finanzierung
(bei Gewinnen)
Innenfinanzierung
Außenfinanzierung
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
135
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 1
Ziele bei der Auswahl der Finanzierungsinstrumente:
Gibt es Gestaltungsspielräume bei der Unternehmensfinanzierung bieten
sich als Bewertungskriterien für die Auswahl einzelner konkreter
Alternativen im Finanzierungsbereich folgende Finanzierungsziele an:
1. Liquidität.
2. Rentabilität bzw. Rendite.
3. Sicherheit bzw. Risiko.
Der Begriff Liquidität besitzt in der Ökonomie zwei unterschiedliche
Bedeutungen:
•
Die bereits bekannte Fähigkeit, fälligen finanziellen Verpflichtungen zeit- und
betragsgenau nachkommen zu können. Der Erhalt dieser Zahlungsfähigkeit
ist zentral für den Unternehmensfortbestand.
•
Die Eigenschaft von Wirtschaftsgütern, als Zahlungsmittel zu dienen oder in
Zahlungsmittel umgewandelt werden zu können (Liquidierbarkeit).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
136
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 2
Rendite und Kapitalstruktur eines Unternehmens:
Üblicherweise erfolgt die (Außen-)Finanzierung eines Unternehmens durch eine
Mischung von Eigen- und Fremdfinanzierung. Neben den Einlagen aus den
Vermögen der Eigentümer nimmt ein Unternehmen i.d.R. noch Kredite auf und
verschuldet sich dadurch.
Auswirkungen des Verschuldungsgrades auf die Rendite/Rentabilität
des Unternehmens als Leverage-Effekt:
Die Rendite als Kennzahl für relative Vermögensänderungen pro Periode lässt
sich auch auf den Bereich des Unternehmensvermögens übertragen:
•
Gesamtrendite RG bei der im Zähler als Bruttoüberschuss der Gesamterfolg
des Unternehmens pro Periode und im Nenner das von allen Kapitalgebern
am Periodenanfang zur Verfügung gestellte Gesamtkapital GK steht. Hierbei
besteht dieses Gesamtkapital aus Eigenkapital EK und Fremdkapital FK.
Periodenendergebnis
GK
Investition und Finanzierung
GK
Aurelio J. F. Vincenti
ü
.
137
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 3
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
•
Eigenkapitalrendite RE als Verhältnis zwischen (Perioden-)Gewinn im
Zähler und Eigenkapital im Nenner. Dieser Gewinn (für den Eigentümer)
entspricht dabei dem Bruttoüberschuss abzüglich der Ausgaben für das
Fremdkapital in Form von Zinsen.
ü
.
Leverage-Formel:
Die Fremdkapitalrendite RF entspricht dem Verhältnis gezahlte Zinsen zu
⁄ . Daraus folgt dann:
Fremdkapital, d.h. es gilt:
ü
∙
⇒
⇒
∙
desEigners
∙
∙
∙
∙
∙
Investition und Finanzierung
∙
⇒ ∙
⇒
Aurelio J. F. Vincenti
fürFremdkapital .
∙ .
∙
∙
∙
∙
.
.
138
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 4
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Ökonomische Deutung der Leverage-Formel:
1. Die Gesamtrendite RG beschreibt den Bruttogewinn, den ein Unternehmen
innerhalb einer Periode pro eingesetzter Geldeinheit an Gesamtvermögen
erwirtschaftet. Dies gilt zunächst für den Part des Gesamtvermögens, welches
zum Eigenkapital gehört (d.h.
⋯).
2. Aber auch der zweite Part des Gesamtvermögens, der aus Fremdkapital (z.B.
Krediten) besteht, erwirtschaftet einen Teil des Bruttogewinns.
– Für den Normalfall RG > RF, d.h. der pro eingesetzter Geldeinheit
Fremdkapital erwirtschaftete Gewinn ist größer als der Zins bzw. die
Kosten für dieses Fremdkapital, verbleibt ein Restbetrag in Höhe von
im Unternehmen. Diesen Restbetrag erhalten ebenfalls die
⋯
∙ ⋯).
Eigner des Unternehmens (d.h.
Diese Größe allein reicht jedoch noch nicht aus um den aus Fremdkapital
erwirtschafteten Gewinn für den Eigner zu bestimmen!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
139
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 5
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Ökonomische Deutung der Leverage-Formel (Fortsetzung):
2. Zusätzlich zur Differenz
wird noch ein zweiter Parameter benötigt,
der den aus Fremdkapital generierten Anteil am Bruttogewinn bestimmt:
– Diese Größe ist der Verschuldungsgrad (bzw. debt-to-equity ratio oder
leverage ratio) FK/EK. Er beschreibt das Verhältnis Schulden zu
Eigenkapital (Reinvermögen des Unternehmens) und damit das Ausmaß,
wie häufig auf eine Geldeinheit Eigenkapital zusätzlich zum Bruttogewinn
RG ein weiterer Überschuss in Höhe von
anfällt.
Die aus dem Fremdkapital zusätzlich erwirtschaftete Renditekomponente der
Eigenkapitalrendite beträgt also
∙ ⁄ .
Insgesamt entspricht die Eigenkapitalrendite eines Unternehmens daher nicht
einfach der Gesamtrendite. Zu ihrer Berechnung muss ergänzend auch der
durch den Fremdkapitalanteil (d.h. die Verschuldung) des Unternehmens
geschaffene Überschuss pro Periode beachtet werden!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
140
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 6
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Ökonomische Deutung der Leverage-Formel (Fortsetzung):
Folgen des Leverage-Effektes (Hebelwirkung) für das Unternehmen durch das
Vorzeichen der Differenz
:
1.
(Normalfall): Die Gesamtrendite der im Unternehmen in einer
Periode mit dem gesamten Kapital durchgeführten Projekte ist größer als die
Kosten des Fremdkapitals (Zinszahlungen für das Fremdkapital). ⇒Die
Eigenkapitalrendite RE wird um so höher, je höher der Verschuldungsgrad.
2.
(Problemfall): Die Gesamtrendite der im Unternehmen in einer
Periode mit dem gesamten Kapital durchgeführten Projekte ist niedriger als
die Kosten des Fremdkapitals (Zinszahlungen für das Fremdkapital). ⇒Die
Eigenkapitalrendite RE wird um so niedriger, je höher der Verschuldungsgrad.
Unter Umständen kann RE trotz positiver RG sogar negativ werden.
3.
(Ausnahmefall): Bei gleicher Gesamt- und Fremdkapitalrendite
hat die Verschuldung keine Auswirkungen auf die Eigenkapitalrendite.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
141
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 7
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Beispiel für den Leverage-Effekt:
Gegeben: Bruttovermögen (Gesamtkapital) des Unternehmens:
 Gesamtkapital am Periodenanfang
davon Fremdkapital
 Gesamtkapital am Periodenende
1000000 €.
700000 € zu 10% Zinsen.
1200000 €.
Daraus folgt:
⇒Bruttoüberschuss/Periode
⇒Zinszahlungen/Periode
⇒Eigenkapital (Periodenanfang)
Gesamtrendite
Investition und Finanzierung
ü
ü
Eigenkapitalrendite
Eigenkapitalrendite
200000 €.
70000 € (RF = 10%).
300000 €.
R
%.
R
R
∙
0,2
Aurelio J. F. Vincenti
0,2
, %.
0,1 ∙
, %.
142
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 8
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Beispiel für den Leverage-Effekt (Fortsetzung): Veränderungen von RE.
•
•
•
•
•
Variation 1: Fremdkapital 700000 € zu 15% Zinsen:
R
R
R ∙
0,2
0,2
,
∙
, %.
Variation 2: Fremdkapital 500000 € zu 10% Zinsen (⇒EK: 500000 €):
R
R
R ∙
0,2
0,2 0,1 ∙
%.
Variation 3: Fremdkapital 900000 € zu 10% Zinsen (⇒EK: 100000 €):
R
R
R ∙
0,2
0,2 0,1 ∙
%.
Variation 4: GK Periodenende 1080000 € ⇒Bruttoüberschuss 80000 €
und Fremdkapital 700000 € zu 11% Zinsen:
% ⇒
,
,
,
∙
%.
Variation 5: GK Periodenende 1080000 € ⇒Bruttoüberschuss 80000 €
und Fremdkapital 900000 € zu 11% Zinsen(⇒EK: 100000 €):
% ⇒
,
,
,
∙
% (Verlust).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
143
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 9
Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung):
Graphische Deutung der Leverage-Formel (für RF = konst. und RG > RF):
RE
RE
RG
RG
RF
RF
Leverage
R
0
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
144
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 10
Sicherheit bzw. Risiko:
Unter Unsicherheit sind bei der Auswahl geeigneter Finanzierungsinstrumente
neben Liquiditäts- und Renditeaspekten zusätzlich auch stets Sicherheits- bzw.
Risikoaspekte von Bedeutung.
Unter Finanzierungsrisiko soll nachfolgend die Gefahr verstanden werden, dass
die Ansprüche eines Geldgebers auf spätere Gegenleistungen, die er für die
anfängliche Überlassung von Kapital an ein Unternehmen erworben hat, nicht
oder nur unzureichend erfüllt werden.
•
Fremdfinanzierung: Gläubigerrisiko als die Gefahr, nicht oder nur
unzureichend die vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen zu
empfangen.
•
Eigenfinanzierung: Gesellschafterrisiko als die Gefahr,
– dass der finanzielle Erfolg des Unternehmens und damit der Gewinnanteil
hinter den anfänglichen Erwartungen zurückbleibt.
– dass bei einer Insolvenz zusätzlich zum Verlust künftiger Gewinne weitere
finanzielle Forderungen gegenüber dem Gesellschafter entstehen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
145
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 11
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Gesellschafterrisiko bei einem Unternehmen mit normaler Geschäftstätigkeit:
•
Das leistungswirtschaftliche Risiko beeinflusst den zukünftigen finanziellen
Bruttogewinn und damit die Gesamtrendite RG eines Unternehmens. Es
hängt ab von:
– Unternehmensexterne Faktoren: Gesamtwirtschaftliche Einflüsse z.B.
durch Politik und Konjunktur, Brancheneinflüsse z.B. durch Marktvolumen
und Wettbewerbssituation.
– Unternehmensinterne Faktoren: Geschäftspolitik, Kosten, Preis und
Absatz der Produktion.
•
Das Kapitalstrukturrisiko hängt von dem Leverage-Effekt und damit von
⁄ , des Unternehmens ab.
der Verschuldungspolitik, d.h. von
•
Das Renditerisiko beeinflusst die Eigenkapitalrendite RE. Entsprechend der
Leverage-Formel wird es sowohl vom leistungswirtschaftlichen Risiko (über
RG) als auch vom Kapitalstrukturrisiko (über FK⁄EK) maßgeblich bestimmt
(Fremdkapitalzinsen, und damit RF, sind dagegen i.d.R. vertraglich fixiert).
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
146
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 12
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Gesellschafterrisiko bei normaler Geschäftstätigkeit:
Unternehmensinterne
Faktoren
• Geschäftspolitik
• Produktion
RG
Unternehmensexterne
Faktoren
• Brancheneinflüsse
• Gesamtwirtschaftliche
Einflüsse
Investition und Finanzierung
Verschuldungspolitik
FK/EK
Leistungswirtschaftliches Risiko
Kapitalstrukturrisiko
R
∙
.
Bei normaler Geschäftstätigkeit
Renditerisiko
Aurelio J. F. Vincenti
147
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 13
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Unternehmen mit Insolvenzrisiko:
Bei der Gefahr der Insolvenz eines Unternehmens sind im Gegensatz zum
normalen Geschäftsbetrieb nicht nur die Gesellschafter, sondern stets auch die
Gläubiger davon betroffen. Das Insolvenzrisiko selbst kann in zwei Einzelrisiken,
nämlich Insolvenzeintritts- und Insolvenzverlustrisiko unterteilt werden:
1. Insolvenzeintrittsrisiko:
Das Risiko eines Unternehmens, in die Insolvenz zu geraten, hängt vor allem von
den bekannten zwei Faktoren ab:
•
Gesamtrendite RG und dem daraus folgenden leistungswirtschaftlichen
Risiko.
•
Verschuldungspolitik und Kapitalstrukturrisiko: Je höher der
Verschuldungsgrad eines Unternehmens ausfällt, desto größer ist auch die
Gefahr, auch bei vorübergehenden Störungen des Geschäftsbetriebs nicht
hinreichende Vermögensreserven zu besitzen und insolvent zu werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
148
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 14
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Unternehmen mit Insolvenzrisiko:
Zu 1. Insolvenzeintrittsrisiko – Folgen für die Beteiligten:
 Für die Gesellschafter bedingt ein höherer Verschuldungsgrad allerdings
stets auch die Chance, bei normaler Unternehmensentwicklung eine höhere
Rendite für ihr investiertes Eigenkapital zu erhalten.
 Für die Gläubiger dagegen führt ein höherer Verschuldungsgrad des
Unternehmens und damit eine höhere Eigenkapitalrendite zu keinen
Vorteilen.
Ihre Rendite in Form der Fremdkapitalzinsen ist i.d.R. vom Gewinn des
Unternehmens unabhängig, so dass ein höherer Verschuldungsgrad einseitig
ausschließlich ihre Risiken erhöht.
Dies bedingt eine restriktivere Kreditvergabe an Unternehmen mit einem
hohen FK/EK–Verhältnis, z.B. höhere Zinsforderungen oder Darlehen nur
gegen Sicherheiten/Bürgschaften.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
149
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 15
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Unternehmen mit Insolvenzrisiko:
2. Insolvenzverlustrisiko – Folgen für die Beteiligten:
Analog zum Eintrittsrisiko ist auch bezüglich des Verlustrisikos bei Insolvenz
zwischen Gesellschaftern und Gläubigern zu trennen:
 Für die Gesellschafter bedingt eine Insolvenz auf jeden Fall den Verlust aller
erwarteten zukünftigen Gewinne aus dem Unternehmen. Zusätzlich bei
persönlicher Haftung besteht die Gefahr, auch Verluste am Privatvermögen
hinnehmen zu müssen (Haftungsrisiko).
 Für die Gläubiger dagegen bedeutet eine Insolvenz des Schuldners primär
die Gefahr, weniger Gegenleistung (Tilgungs- und Zinsausfall) für die
Kapitalüberlassung als ursprünglich vereinbart zu erhalten. Bei persönlicher
Haftung der Gesellschafter verbessert sich sogar die Position der Gläubiger
durch Zugriff auf zusätzliche Vermögenswerte. Selbst wenn Sicherheiten
vorliegen, kommt immer ein Verwertungsrisiko durch den Verkauf dieser
Gegenstände hinzu.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
150
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 16
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Gesellschafter- und Gläubigerrisiko bei Insolvenz:
Unternehmensinterne
Faktoren
RG
Verschuldungspolitik FK/EK
Leistungswirtschaftliches Risiko
Kapitalstrukturrisiko
Unternehmensexterne
Faktoren
Insolvenzverfahren
• Kosten des Verfahrens
• Verwertungsrisiko beim
Verkauf des Vermögens
• Haftung der Eigner
Investition und Finanzierung
R
∙
.
Insolvenzeintrittsrisiko
Bei Eintritt der Insolvenz
Insolvenzverlustrisiko
Teilweise gegenläufige Interessen Gesellschafter - Gläubiger
Aurelio J. F. Vincenti
151
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 17
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Ein ergänzender Problembereich entsteht dann, wenn die Geschäftsführung des
Unternehmens nicht durch die Eigentümer, sondern durch getrennt beauftragte
Manager erfolgt, z.B. durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft.
Die Geschäftspolitik eines solchen Managements muss nicht zwingend den
eigentlichen Interessen der Unternehmenseigner (z.B. Aktionäre) entsprechen.
Hier kommt es dann zusätzlich zu einem Delegationsrisiko. Dieses betrifft
sowohl die Verschuldungs- als auch die normale Geschäftsführungspolitik.
Es handelt sich hierbei um ein grundlegendes Problem aus dem Bereich der
Prinzipal-Agenten-Theorie: Der vom Eigentümer bzw. Prinzipal beauftragte
Manager bzw. Agent verhält sich anders, als dies der Prinzipal von ihm erwartet.
Er kann z.B. Maßnahmen durchführen, die nicht im Sinne des Eigentümers sind,
oder Maßnahmen unterlassen, die dem Eigentümer nutzen. Ursache dafür ist
eine Informationsasymmetrie zwischen beiden Akteuren. So ist der Manager
i.d.R. besser über die Optionen zur Geschäftsführung des Unternehmens
informiert als der Eigentümer.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
152
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 18
Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung):
Delegationsrisiko (bei normaler Geschäftstätigkeit und bei Insolvenz):
Management
(mit Informationsvorsprung gegenüber dem Eigentümer)
Geschäftspolitik
im leistungswirtschaftlichen Bereich
Finanzpolitik
im finanzwirtschaftlichen Bereich
Verschuldungspolitik
FK/EK
Unternehmensinterne
Faktoren
RG
Leistungswirtschaftliches Risiko
Unternehmensexterne
Faktoren
Investition und Finanzierung
Kapitalstrukturrisiko
R
Aurelio J. F. Vincenti
∙
.
153
Kapitel 06 – Finanzierung 1:
Weitere Grundlagen 19
Sicherheit bzw. Risiko – Zusammenfassung:
Alles in allem zeigt es sich, dass die Risiken für den Eigenkapitalgeber
bei einer typischen Beteiligungsfinanzierung üblicherweise höher
ausfallen als die Risiken für den Fremdkapitalgeber bei einer typischen
Kreditfinanzierung. Dies betrifft sowohl die Standardsituation eines
normalen Geschäftsbetriebs als auch die Insolvenz des Unternehmens.
Folglich erwartet der Kapitalgeber zur Kompensation dieser Risiken bei
einer Eigenfinanzierung auch durchschnittlich eine höhere Rendite
bzw. eine höhere Verzinsung RE auf sein eingesetztes Kapital im
Vergleich zur Rendite bzw. Verzinsung RF bei einer Fremdfinanzierung.
Im Normalfall gilt also RE > RF!
Die Differenz RE > RF wird häufig auch als Equity Premium bezeichnet.
Analog zur Investitionstheorie unter Unsicherheit ist dieses Equity
Premium der Marktpreis für das höhere Risiko einer Eigenfinanzierung.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
154
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung I
Innenfinanzierung durch Selbstfinanzierung:
Die Umsatzerlöse eines Unternehmens sind in liquider Form verfügbar und
dabei ist gleichzeitig ein Einzahlungsüberschuss erzielt worden. Unter diesen
Bedingungen sind die Gewinne daraus als (liquide) Cash Flows gegeben und
können als Finanzierungsinstrument eingesetzt werden.
Unterscheidung in offene und stille Selbstfinanzierung:
•
Offene Selbstfinanzierung:
Die offene Selbstfinanzierung entstammt dem durch den Jahresabschluss
(Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) ermittelten Jahresüberschuss bzw.
Gewinn, der als Zahlungsstrom verfügbar ist. Da sich diese Form der
Selbstfinanzierung auf eine zu versteuernde (Gewinn-)Größe bezieht, kann
allerdings nur der jeweilige Betrag nach Steuern verwendet werden.
Mit der Gewinnzuführung oder der Nichtausschüttung bzw. –entnahme steigt bei
Einzelunternehmen und Personengesellschaften das Kapitalkonto an. Bei
Kapitalgesellschaften dagegen wachsen die Gewinnrücklagen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
155
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung II
Selbstfinanzierung (Fortsetzung):
Auf diese Weise bewirkt die offene Selbstfinanzierung (zunächst einmal) eine
Erhöhung des Eigenkapitals im Unternehmen. Dies führt zu einem geringeren
Verschuldungsgrad und senkt als „Puffer“ dadurch die Insolvenzrisiken bei einer
(vorübergehenden) ungünstigen Geschäftsentwicklung. Sekundär wird damit
eine zukünftige Fremdfinanzierung, z.B. über Bankkredite, erleichtert. Auf der
Gegenseite bedingt die offene Selbstfinanzierung aber auch, dass die
Eigentümer niedrigere Entnahmen bzw. Ausschüttungen hinnehmen müssen.
•
Stille Selbstfinanzierung:
Diese zweite Form der Selbstfinanzierung entsteht durch die Einbehaltung eines
im Jahresabschluss nicht ausgewiesenen Gewinns. Sie ist deshalb auch nicht
in den bilanziell angeführten Gewinnrücklagen erkennbar.
Konkret wird hier bei der Gewinnermittlung im Jahresabschluss der tatsächliche
Unternehmenserfolg bzw. der ausgewiesene Gewinn durch die gezielte Nutzung
geeigneter bilanzpolitischer Gestaltungsfreiräume, z.B. durch (zu) hohe oder
sofortige Abschreibungen bzw. (zu) hohe Rückstellungen, verringert.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
156
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung III
Selbstfinanzierung (Fortsetzung):.
Die stille Selbstfinanzierung funktioniert indes nur dann, wenn durch die Nutzung
der gesetzlichen Bewertungsspielräume im Jahresabschluss dem Unternehmen
tatsächlich Zahlungsmittel zufließen und diese liquiden Mittel im Unternehmen
für einen gewissen Zeitraum gebunden werden.
Im Endeffekt bilden sich auf diese Weise stille (Liquiditäts-)Reserven. Diese
erhöhen primär den Periodenaufwand und verringern dadurch den zu
versteuernden Gewinn. Sekundär führt dies zu einer Art von Steuerstundung
bis zur Auflösung der stillen Reserven (z.B. durch Verkauf von unterbewertetem
Anlagevermögen oder Inanspruchnahme überhöhter Rückstellungen) und damit
zugleich zu einem Liquiditäts- und Zinsgewinn für das Unternehmen.
Insgesamt eignet sich die Selbstfinanzierung nur für Unternehmen, die aus ihrer
laufenden Geschäftstätigkeit Gewinne erwirtschaften können. Ihre Vorteile liegen
einerseits darin, die Eigentümerstruktur nicht zu verändern. Andererseits können
diese Zahlungsströme ganz ohne Zweckbindung entsprechend den Zielen der
Geschäftsführung verwendet werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
157
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung IV
Innenfinanzierung aus Rückstellungen/Abschreibungen:
Nicht nur (zu) hohe Abschreibungen oder Rückstellungen bei der stillen
Selbstfinanzierung können eine Innenfinanzierungswirkung besitzen. Dies kann
auch bereits bei der Bildung planmäßiger Abschreibungen in Höhe der
tatsächlichen Wertminderung oder bei angemessenen Rückstellungen in Höhe
des wirklichen Bedarfes geschehen.
Abschreibungen sind der rechnerische Ausdruck für die Wertminderung eines
Vermögensgegenstandes im Unternehmen. Hauptsächlich betrifft dies Objekte
des Anlagevermögens (Betriebsmittel) mit einer mehrjährigen Nutzungsdauer.
Buchhalterisch gesehen mindern Abschreibungen zum einen in jährlichen
Teilbeträgen den zu Beginn der Nutzungsdauer als Anschaffungs- oder
Herstellungskosten in der Bilanz erfassten Betrag. Zum anderen verringern sie
durch die Aufwandsverrechnung den in der Gewinn- und Verlustrechnung
ausgewiesenen Jahresüberschuss bzw. Gewinn.
Aus dieser buchhalterischen Verrechnung allein entsteht jedoch noch kein
Finanzierungseffekt!
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
158
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung V
Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung):
Eine vergleichbare Aussage gilt auch für Rückstellungen als Passivposten in
der Bilanz. Sie werden gebildet, um zukünftige ungewisse Auszahlungs- bzw.
Leistungsverpflichtungen, deren Ursachen in der aktuellen Abrechnungsperiode
liegen, bereits bei ihrer Verursachung als Aufwand zu erfassen.
Deswegen mindern Rückstellungen als aktuell noch nicht zahlungswirksame
Aufwendungen den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Gewinn
in Höhe ihres Betrages.
Auch in diesem Fall bewirkt die buchhalterische Verrechnung per se noch
keinen Finanzierungseffekt!
Sowohl Abschreibungen als auch Rückstellungen sind primär Elemente aus dem
Rechnungswesen, die zunächst einmal keinen Einfluss auf die Zahlungsströme
des Unternehmen haben.
Eine Finanzierungswirkung entwickelt sich bei beiden Elementen deshalb nur
unter gewissen (ergänzenden) Bedingungen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
159
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung VI
Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung):
•
Abschreibungen:
 So müssen den Abschreibungen zunächst einmal adäquate
Umsatzerlöse, also tatsächliche Zahlungen, die aus der Absatztätigkeit
des Unternehmens stammen, entsprechen.
 Verfügbare liquide Mittel sind für das Unternehmen immer dann
vorhanden, sobald die Gegenwerte einer Abschreibung nicht sofort
zweckgebunden reinvestiert werden müssen, etwa zur Beschaffung einer
Ersatzmaschine. Die Gelder dafür können zwischenzeitig, bis zum Ablauf
der Nutzungsdauer des Abschreibungsobjektes, für andere Zwecke
verwendet werden und müssen nicht im Unternehmen „angespart“
werden.
 Gleichzeitig verhindern Abschreibungen, dass liquide Mittel in Höhe
dieser Abschreibungen versteuert werden müssen oder an die Eigner
ausgeschüttet werden. Diese Finanzmittel verbleiben im Unternehmen
und können dort je nach Bedarf eingesetzt werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
160
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung VII
Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung):
•
Rückstellungen:
Hier sind im Prinzip die gleichen Bedingungen erforderlich, damit
Rückstellungen als Finanzierungsmittel wirken können:
 Allen Rückstellungen müssen ebenfalls adäquate Umsatzerlöse
gegenüberstehen, d.h. auch die Gegenwerte für die Rückstellungen
müssen über Absatzerfolge am Markt „verdient“ worden sein.
 Für die Finanzierungswirkung von Rückstellungen ist erneut die
Fristigkeit relevant. Grundsätzlich stehen die Gelder dem Unternehmen
in der Zeit zwischen Bildung und Inanspruchnahme der jeweiligen
Rückstellung zur Verfügung und können während dieses Zeitraums für
andere Zwecke der Finanzierung genutzt werden.
 Gleichzeitig binden diese Rückstellungen liquide Mittel in ihrer Höhe ans
Unternehmen. Letztere müssen weder versteuert werden noch können
sie an die Eigner ausgeschüttet werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
161
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung VIII
Innenfinanzierung durch Kapitalfreisetzung
(Vermögensumschichtung):
Die gerade beschriebene Vermögensumschichtung bzw.
„Wiedergeldwerdung“ von abnutzbarem Anlagevermögen erfolgt
sozusagen automatisch durch Abschreibungen und Umsatzerlöse.
Darüber hinaus ist es selbstverständlich möglich, andere
Vermögensgegenstände im Unternehmen durch eine gezielte
Veräußerung ebenfalls wieder in Geldvermögen umzuwandeln.
Dafür eignen sich hauptsächlich nicht betriebsnotwendige
Vermögenswerte. Dazu gehören beispielsweise nicht verwendete
Grundstücke, nicht mehr genutzte Anlagen, Wertpapiere,
gegebenenfalls auch Beteiligungen an anderen Unternehmen, deren
Kerngeschäft zur eigenen Unternehmenstätigkeit in keinem
Zusammenhang steht.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
162
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Innenfinanzierung IX
Kapitalfreisetzung (Fortsetzung):
Weitere (Sonder-)Formen der Kapitalfreisetzung:
•
Sale-and-lease-back-Verfahren: Selbst Güter des betriebsnotwendigen
Anlagevermögens, etwa für das Kerngeschäft des Unternehmens
verwendete Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude, können verkauft werden,
wenn ihre weitere Nutzung anderweitig sichergestellt ist. Dies geschieht z.B.
bei einem Verkauf mit anschließender Anmietung des veräußerten Objektes
durch den Verkäufer.
•
Echtes Factoring: Beim Factoring handelt es sich um den Verkauf noch
nicht fälliger Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an ein
spezialisiertes Finanzierungsinstitut (Factor). Der Factor übernimmt zugleich
die Verwaltung (Debitorenbuchhaltung, Inkasso, Mahnwesen etc.) der
Forderungen sowie beim echten Factoring stets auch das Kreditrisiko, indem
er auf sein Rückgriffsrecht gegenüber dem Verkäufer verzichtet.
Die Finanzierungswirkung des Factoring entsteht durch die Umwandlung
nicht liquider Forderungen in sofort verfügbare Geldmittel.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
163
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung I
Bezüglich der Instrumente im Rahmen der Außenfinanzierung ist eine
grundlegende Unterscheidung zu treffen:
•
Außenfinanzierung von Unternehmen ohne Zugang zu einer
Wertpapierbörse.
•
Außenfinanzierung von Unternehmen mit Zugang zu einer
Wertpapierbörse, d.h. mit Zugang zu einem organisierten bzw.
institutionalisierten Kapitalmarkt.
Eine Außenfinanzierung ohne Einschaltung einer Wertpapierbörse steht
grundsätzlich allen Unternehmen offen. ⇔ Der Zugang zu einer
Wertpapierbörse dagegen hängt von diversen strukturellen,
organisatorischen und formal-rechtlichen Voraussetzungen ab.
I.d.R. besitzen deshalb junge sowie kleinere und mittlere Unternehmen
keine Möglichkeiten, den organisierten Kapitalmarkt für ihre
Finanzierungsentscheidungen zu nutzen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
164
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung II
Wertpapierbörsen
(organisierte bzw. institutionalisierte Kapitalmärkte):
Kapitalmärkte werden sowohl zur Eigen-(Beteiligungs-)Finanzierung als
auch zur Fremd-(Kredit-)Finanzierung genutzt. Sie dienen
•
einerseits dem Abschluss von Finanzkontrakten mit dem Ziel
Zahlungsmittel auszutauschen sowie
•
andererseits der Übertragung der aus diesen Finanzkontrakten sich
ergebenden (bilateralen) Rechtspositionen in Form von Finanztiteln.
Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Kapitalmärkte:
1. Primärmärkte: Zwischen einem Geldgeber und –nehmer wird ein
Finanzkontrakt geschlossen. Die Gesamtheit der gegenseitigen
Rechte werden Finanztitel genannt. Primärmärkte sind im Normalfall
weitgehend unreguliert. Beispiele sind ein Beteiligungsvertrag an
einer Personengesellschaft oder auch ein Darlehensvertrag.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
165
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung III
Wertpapierbörsen (Fortsetzung):
2. Sekundärmärkte: Manche bereits vorhandene Finanztitel lassen
sich von einem Inhaber auf einen anderen veräußern. Derartige
Transaktionen finden auf Sekundärmärkten statt. Diese sind folglich
nichts anderes als der (fiktive) Ort, an dem Anbieter von und
Nachfrager nach Finanztiteln zusammentreffen.
Nicht alle Finanztitel sind jedoch an Dritte übertragbar. So muss es
sich um einen prinzipiell übertragbaren Titel handeln und zusätzlich
sollten die Rechtspositionen des Geldgebers in einer Urkunde
verbrieft sein. Eine solche Urkunde wird als Wertpapier bezeichnet.
Börsen sind deshalb in diesem Sinn organisierte, institutionalisierte
und auch staatlich reglementierte Sekundärmärkte, an denen schon
existierende Wertpapiere gehandelt werden und ihre Eigentümer
wechseln. Die Transaktionspreise werden als Kurse veröffentlicht.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
166
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung IV
Beteiligungsfinanzierung:
Auch bei der Beteiligungsfinanzierung liegt es nahe, erneut folgende
Differenzierung zu treffen:
1. Beteiligungs- bzw. Eigenfinanzierung von Unternehmen ohne
Zugang zu einer Wertpapierbörse.
2. Beteiligungs- bzw. Eigenfinanzierung von Unternehmen mit Zugang
zu einer Wertpapierbörse.
Da ein Großteil aller (deutschen) Unternehmen keinen Zugang zur
Börse besitzen, ist erstere Situation das wesentlich häufiger genutzte
Finanzierungsinstrument.
Es stellt für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, aber auch
für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die kleineren
Aktiengesellschaften (AG) die übliche Methode dar, externe Geldmittel in
Form von Eigenkapital dem Unternehmen zuzuführen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
167
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung V
Beteiligungsfinanzierung 1 (ohne Börsenzugang):
Diese Form der Außenfinanzierung betrifft die Beschaffung von (neuem)
Eigenkapital durch Kapitaleinlagen bisheriger oder neu hinzukommender
Anteilseigner eines Unternehmens. Meist wird solches Eigenkapital in
Form von Bar- und nur in Ausnahmefällen in Form von Sacheinlagen
bereitgestellt. Die konkrete Gestaltung dieser Finanzierungsmaßnahme
hängt maßgeblich von der jeweiligen Rechtsform des Unternehmens ab.
•
Einzelunternehmen (Einzelkaufmann):
Für einen Einzelkaufmann ist die Beschaffung von Eigenkapital im
Rahmen der Außenfinanzierung grundsätzlich sehr schwierig. Wohl
kann er jederzeit durch Geldzuflüsse aus seinem Privatvermögen die
Höhe des Eigenkapitalanteils in seinem Unternehmen stärken. Jedoch
ist diese Art der Zuführung von Eigenkapital durch die Höhe seines
Privatvermögens i.d.R. begrenzt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
168
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung VI
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
•
Einzelunternehmen (Fortsetzung):
Eine darüber hinaus gehende Erhöhung des Eigenkapitals durch
Beteiligungsfinanzierung und unter gleichzeitiger Beibehaltung der
Rechtsform Einzelkaufmann kann eigentlich nur durch die Aufnahme
eines stillen Gesellschafters erfolgen. Der Gesellschaftsvertrag
zwischen Einzelkaufmann und stillem Gesellschafter ist nur im
Innenverhältnis existent. Letzterer tritt nach außen nicht in Erscheinung,
sondern leistet gegen Gewinn- und eventuell auch Verlustbeteiligung
eine Einlage in das Vermögen des Einzelkaufmanns.
Da eine stille Gesellschaft typischerweise sowohl Merkmale der
Eigenfinanzierung als auch Merkmale der Fremdfinanzierung
gleichzeitig besitzt, wird diese Finanzierungsform auch den mezzaninen
Finanzierungsinstrumenten zugerechnet.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
169
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung VII
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
Werden andere Formen der Eigenfinanzierung bei der Außenfinanzierung
erwogen, ist das Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft zu
führen bzw. ist in eine derartige Rechtsform umzuwandeln.
Für eine entsprechende Beteiligungsfinanzierung eignen sich
grundsätzlich sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften.
•
Personengesellschaften:
Hier steht die Beteiligung eines Dritten an der jeweiligen Gesellschaft,
etwa an einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder an einer
Kommanditgesellschaft (KG), als persönlich haftender Gesellschafter und
Miteigentümer im Vordergrund. Sie gilt als die klassische, weil hinsichtlich
der zugehörigen Rechte und Pflichten besonders typische Form der
Eigenfinanzierung und ist bereits in Kapitel 06 unter den Grundformen der
Finanzierung ausführlicher vorgestellt worden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
170
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung VIII
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
•
Kapitalgesellschaften:
Diese Rechtsformen eines Unternehmens zeichnen sich dadurch aus,
dass nicht mehr jeder einzelne Gesellschafter als Miteigentümer wie ein
Einzelkaufmann mit seinem gesamten Privatvermögen, sondern letztlich
nur noch mit seiner Kapitaleinlage haftet. Die Gesellschaften dagegen
haften als juristische Personen mit ihren Gesellschaftsvermögen.
 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH):
Die Haftungsbeschränkung erleichtert dieser Gesellschaftsform die
Aufnahme von Eigenkapital durch Beteiligung neuer Geldgeber. Eine
Mitwirkung eines (jeden) Eigenkapitalgebers in der Geschäftsführung
der Gesellschaft ist zudem eher selten. Deswegen können sich bei
dieser Rechtsform neue Gesellschafter, die selbst Kapitalgesellschaften
sein können, relativ einfach an dem Unternehmen beteiligen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
171
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung IX
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
 Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Fortsetzung):
Geschäftsanteile an einer GmbH können veräußert und vererbt werden.
Allerdings gibt es für diese Form einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich
keine Möglichkeit, Anteile an einer Wertpapierbörse zu handeln.
 Aktiengesellschaft (AG) (ausführlich in Beteiligungsfinanzierung 2):
Hierbei handelt es sich um die Rechtsform einer Gesellschaft, deren
Anteile, Aktien, sich durch eine besonders einfache Tausch- und
Handelbarkeit, d.h. durch eine hohe Fungibilität auszeichnen. Insofern
stellt die AG die Regelgesellschaftsform eines Unternehmens dar,
dessen Geschäftsanteile an einer Wertpapierbörse gehandelt werden.
Dies bedeutet jedoch weder, dass jede AG auch tatsächlich an einer
Börse notiert ist, noch, dass jeder Anteil an einer börsennotierten AG
zwingend über die Börse veräußert oder erworben sein muss.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
172
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung X
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
•
Besondere Beteiligungsformen der Eigenfinanzierung:
Unabhängig von der konkreten Rechtsform eines Unternehmens (solange es
sich nicht um einen Einzelkaufmann handelt) gibt es einige spezielle Formen der
Beteiligung für nicht an Wertpapierbörsen notierte Unternehmen, mit denen
diese Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnliche Finanzmittel erhalten können:
 Kapitalbeteiligungsgesellschaften (Private Equity):
Darunter versteht man Gesellschaften, deren Unternehmenszweck darin
besteht, sich an anderen nicht börsennotierten Unternehmen mit Eigenkapital im
Rahmen einer Außenfinanzierung zu beteiligen. I.d.R. wird Private Equity an
bereits etablierte Unternehmen, für besondere Zwecke, z.B. zur Finanzierung
von Wachstumsvorhaben, vergeben.
Diese Vergabe ist üblicherweise sowohl renditeorientiert, d.h. Gewinnziele
stehen im Vordergrund bei der Beteiligungsgesellschaft, als auch
ausstiegsorientiert, d.h. die Beteiligung ist für einen befristeten Zeitraum
geplant; danach findet eine Veräußerung der Anteile statt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
173
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XI
Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung):
 Venture-Capital-Gesellschaften
(Risikokapitalgesellschaften bzw. Wagniskapitalgesellschaften):
Venture-Capital-Gesellschaften stellen nicht börsennotierten Unternehmen
ebenfalls Eigenkapital zur Verfügung und erhalten dafür als Ausgleich Anteile
am Unternehmen. Anders als bei Private Equity liegt der Fokus dabei jedoch auf
jungen bzw. neu gegründeten Unternehmen, die noch nicht am Markt etabliert
sind. Nicht selten geht diese Finanzierungsform zusätzlich noch mit einer aktiven
Managementunterstützung durch die Venture-Capital-Gesellschaft einher.
Der Zeithorizont der Beteiligung ist (ähnlich dem Private Equity) befristet. Ein
Ausstieg des Risikokapitalgebers erfolgt dann häufig durch Verkauf der Anteile
an einen anderen Investor oder auch im Rahmen von Börsengängen.
Private Venture-Capital-Gesellschaften sind im Normalfall renditeorientiert.
Daneben gibt es aber im Rahmen der staatlichen Gründungsförderung auch
verschiedene staatliche Beteiligungsgesellschaften, bei denen Gewinnziele
nicht im Vordergrund stehen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
174
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XII
Beteiligungsfinanzierung 2 (mit Börsenzugang) - Aktien:
Unter diesem Begriff versteht man ein Instrument der Finanzierung,
welches üblicherweise von einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe
von Unternehmensanteilen in Form von Aktien genutzt wird.
Grundlagen:
Aktie:
Zweifache Bedeutung dieses Begriffes:
•
Inhaltlich: Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs als die Summe aller mit dieser
Beteiligung einhergehenden Rechte und Pflichten.
•
Formal: Kennzeichnung der Aktienurkunde, also der Verbriefung des
Beteiligungsrechts in Form eines Wertpapiers.
Aktienformen:
Aktien können anhand verschiedener Strukturierungsmerkmale in
unterschiedliche Formen eingeteilt werden.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
175
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XIII
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
1. Rechtliche Ausgestaltung der Verbriefung bzw. Übertragbarkeit als
Differenzierungsmerkmal:
•
Inhaberaktie:
Die Mitgliedschaftsrechte an einer AG folgen unmittelbar der Inhaberstellung der
Aktie. In diesem Sinne bedingt das Eigentum an einer Aktienurkunde zugleich
auch die Gesellschafterstellung des jeweiligen Eigentümers als Aktionär. Als
Inhaberpapiere sind solche Aktien frei veräußerlich und vererblich, ihre
Übertragung ist formlos.
•
Namensaktie:
Die Gesellschaftsrechte des Aktieninhabers gegenüber der AG werden erst nach
Eintragung in das Aktienregister (Aktienbuch) wirksam. Auch bei einem
Eigentumswechsel ist unabhängig von den materiellen Verhältnissen allein die
im Aktienbuch eingetragene Person gegenüber der Gesellschaft berechtigt und
verpflichtet. Da Namensaktien Orderpapiere sind, werden sie durch
Indossament übertragen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
176
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XIV
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
•
Namensaktie (Fortsetzung):
Durch Satzung ist es möglich, die Übertragung von einer Zustimmung der
Gesellschaft abhängig zu machen. Eine solche Regelung wird Vinkulierung
genannt, die Aktie selbst vinkulierte Namensaktie.
Während Inhaberaktien eine bessere Fungibilität besitzen und deswegen einfach
an Börsen handelbar sind, erlauben Namensaktien eine bessere Kenntnis bzw.
Kontrolle der Eigentümerstruktur durch das Unternehmen. Grundsätzlich ist jede
AG frei, sich für die Ausgabe von Inhaberaktien oder Namensaktien zu
entscheiden. Ebenso ist die gleichzeitige Nutzung beider Formen möglich.
2. Beschränkungen in Bezug auf die zugehörigen Beteiligungsrechte bzw.
Dividenden- und Stimmberechtigung als Differenzierungsmerkmal:
•
Stammaktie:
Damit wird die in ihren Beteiligungsrechten nicht eingeschränkte „Standardaktie“
bezeichnet, um diese begrifflich gegenüber der Vorzugsaktie abzugrenzen.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
177
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XV
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
•
Vorzugsaktie:
Solche Aktien gewähren ihrem Inhaber in der Regel kein Stimmrecht auf der
Hauptversammlung. Sozusagen als Ausgleich für den Verzicht auf dieses
Verwaltungsrecht wird dem Inhaber eine Bevorzugung im Vermögensrecht
gewährt. Diese besteht in der gesetzlich vorgeschriebenen Erstberücksichtigung
der Vorzugsaktionäre bei der Ausschüttung des Bilanzgewinns sowie aus dem
Recht auf Nachzahlung von in früheren Jahren ausgefallenen Dividenden.
Häufig wird zusätzlich eine Überdividende gezahlt.
3. Einteilung des Grundkapitals als Differenzierungsmerkmal:
•
Nennbetragsaktie (Nennwertaktie) als traditionelle Form: Das Grundkapital
der AG wird in Nennbeträge zerlegt. Ein Unternehmen kann Aktien mit
verschiedenen Nennwerten emittieren (ausgeben).
•
Stückaktie: Diese sind am Grundkapital der AG in gleichen Anteilen beteiligt.
Beide Formen dürfen in einem Unternehmen nicht gleichzeitig vorhanden sein.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
178
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XVI
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
Häufig findet man eine weitere Differenzierung von Aktien, die sich nicht an
Merkmalen des Wertpapiers, sondern am Unternehmen orientiert:
4. Eigenschaften des Unternehmens als Differenzierungsmerkmal:
•
Growth Stock: Niedrigere Dividende (Gewinnausschüttung an die Aktionäre)
– Stärkeres Unternehmenswachstum – Niedrigeres Book-to-Market Ratio.
•
Value Stock: Höhere Dividende – Geringeres Unternehmenswachstum –
Höheres Book-to-Market Ratio.
Book-to-Market Ratio:
des Unternehmens.
Buchwert: Bilanzielles Eigenkapital (≙ Bilanzkurs ∙Aktienzahl)
Marktwert (Marktkapitalisierung) ≙ Börsenkurs ∙ Aktienzahl.
I.d.R. ist das Book-to-Market Ratio < 1.
Das finanzielle Erfolgspotential eines Unternehmens wird also i.d.R. vom Markt
(Börse) in der Tendenz höher eingeschätzt als sein bilanzielles Vermögen zeigt.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
179
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XVII
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
Die typische Eigenfinanzierung bei Aktiengesellschaften erfolgt durch die
Ausgabe junger (neuer) Aktien. Dies geschieht mittels einer
Kapitalerhöhung:
Sie beschreibt die Erhöhung des Grundkapitals einer AG durch die Ausgabe von
(neuen) Aktien. Hierbei sind folgende Arten der Kapitalerhöhung zu trennen:
• Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung):
In diesem Fall werden Rücklagen des Unternehmens rein buchtechnisch in neue
Aktien umgewandelt (Erhöhung des gezeichneten Kapitals des Unternehmens).
Die vorhandenen Aktionäre erhalten anteilig entsprechende „Gratisaktien“.
Dem Unternehmen fließen durch eine solche Maßnahme keine neuen Gelder
zu. Es handelt sich daher nicht um ein Instrument der Beteiligungsfinanzierung.
Gründe für eine nominelle Kapitalerhöhung liegen z.B. darin, dass bei einer
börsennotierten AG bei unverändertem Marktwert des Unternehmens der Kurs
pro Aktie sinkt. Dies führt häufig zu einer besseren Handelbarkeit an der Börse.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
180
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XVIII
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
• Kapitalerhöhung gegen Einlagen (reguläre Kapitalerhöhung):
Hier findet die Ausgabe neuer Aktien i.d.R. gegen eine Bareinlage (seltener
gegen eine Sacheinlage) statt.
Bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage werden die neuen Aktien zu einem
bestimmten Preis, dem Emissionspreis, verkauft. Auf diese Weise erhält das
emittierende Unternehmen neue liquide Mittel zugeführt, so dass diese Art der
Kapitalerhöhung eine Finanzierungswirkung aufweist.
Der Emissions-(Ausgabe-)Preis einer Aktie muss bei einer börsennotierten AG
nicht dem aktuellen Börsenkurs entsprechen. I.d.R. wird sie zu einem (etwas)
niedrigeren Emissionspreis als dem aktuellen Börsenkurs veräußert.
Der Bezug junger Aktien zu einem günstigeren Preis stellt insofern einen
geldwerten Vorteil dar. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage besitzen
deshalb im Normalfall die bisherigen Aktionäre (Alteigentümer) das alleinige
Bezugsrecht auf die jungen Aktien entsprechend ihrer Beteiligungsquote.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
181
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XIX
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
• Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung):
Dabei beschreibt das Bezugsverhältnis =
die niedrigste
(ganze) Zahl an Altaktien, die erforderlich ist, um die niedrigste (ganze) Zahl
junger Aktien zu beziehen.
Beispiel:
So bedeutet ein Bezugsverhältnis von a/n = 11/2, dass für 11 Altaktien 2 junge
Aktien ausgegeben werden. Das Bezugsrecht einer Altaktie ist daher 2/11.
M.a.W. Um 2 junge Aktien zu beziehen, muss der Aktionär 11 Altaktien besitzen.
Altaktionäre müssen ihre Bezugsrechte jedoch nicht ausüben. Alternativ können
sie die Rechte – unabhängig von ihren Altaktien – verkaufen (oder u.U. auch
kaufen).
Bei börsennotierten Aktien gibt es deshalb in den letzten Wochen vor Ablauf der
Bezugsfrist, innerhalb derer sich die Altaktionäre entscheiden können, an den
Wertpapierbörsen einen Bezugsrechtshandel.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
182
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XX
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
• Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung):
Es gilt formal:
(1) Preis bzw. Kurs des Bezugsrechtes:
.
(2) Preis bzw. Kurs der neuen Aktien (≙ Kurs der alten Aktien ex Bezugsrecht):
∙
∙
.
Mit:
B: Preis des Bezugsrechtes (an der Börse gehandelt).
P0: Börsenkurs der (alten) Aktie vor der Abtrennung des Bezugsrechtes.
P1: Börsenkurs der (neuen) Aktie bzw. (alten) Aktie ausschließlich Bezugsrecht.
PE: Emissionspreis der (neuen) Aktie.
: Bezugsverhältnis als Zahl alter (a) zur Zahl neuer (n) bzw. junger Aktien.
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
183
Kapitel 07 – Finanzierung 2:
Außenfinanzierung XXI
Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung):
• Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung):
Daraus folgt (sonstige Kursveränderungen der Aktie sind dabei ausgeklammert):
Zu (1): Der Kurs eines Bezugsrechtes ist um so höher,
– je größer die Differenz zwischen (altem) Börsenkurs und Emissionspreis ist.
– je kleiner das Bezugsverhältnis a/n ist.
Zu (2): Der Preis bzw. Kurs der Aktien nach vollzogener Kapitalerhöhung an der
Börse, der sowohl für die jungen (neu emittierten) Aktien als auch für die alten
Aktien nach Abtrennung des Bezugsrechtes gilt, ist ein Mischkurs. Konkret ist er
das gewogene arithmetische Mittel aus P0 und PE. Damit gilt: P0 > P1 > PE.
Verwässerungseffekt: Eine Kapitalerhöhung führt zu einer Kurssenkung (für
P0 > PE). Diese ist um so größer, je größer P0 PE ist. Denn pro junger Aktie
fließen dem Unternehmen weniger liquide Mittel in Form von Vermögen zu, als
das bisherige Vermögen pro Aktie vom Markt im Börsenkurs beurteilt worden ist.
Es gilt:
Investition und Finanzierung
mit B als Ausmaß dieses Verwässerungseffektes.
Aurelio J. F. Vincenti
184
Vorlesung BWL IIa:
Investition und Finanzierung
Priv.-Doz. Dr. Dr. Aurelio J. F. Vincenti
Übungsaufgaben
Wintersemester 2012/13
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
185
Übungsaufgaben – Aufgaben I
Kapitel 02
1. Aufzinsung:
Sie haben gegenwärtig 800 [GE] verfügbar. Berechnen Sie den zukünftigen
Wert dieses Betrages in 4 Jahren bei einem jährlichen Zinssatz von 12%!
2. Abzinsung:
Sie erwarten in 2 Jahren Einkünfte in Höhe von 1400 [GE]. Wie hoch ist der
gegenwärtige Wert dieser Einkünfte, wenn der Marktzins bei 7% liegt?
3. Aufzinsung mit unterschiedlichen Periodenzinsen:
Sie haben gegenwärtig 850 [GE] verfügbar. Berechnen Sie den zukünftigen
Wert dieses Betrages in 4 Jahren! Der Zinssatz für die ersten beiden Jahre soll
12% betragen, während er im dritten und vierten Jahr auf jeweils 9% fällt.
4. Abzinsung mit unterschiedlichen Periodenzinsen:
Sie erwarten in 3 Jahren Einkünfte in Höhe von 1500 [GE]. Wie hoch ist der
gegenwärtige Wert dieser Einkünfte, wenn der Marktzins in den ersten beiden
Jahren bei 7% liegt, während er im dritten Jahr auf 11% steigt?
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
186
Übungsaufgaben – Aufgaben II
Kapitel 03
5. Rentenbarwert:
Sie haben Anspruch auf eine nachschüssige Rente in Höhe von 5000 [GE]
jährlich. Die Laufzeit dieser Rente ist auf 10 Jahre befristet. Wie hoch ist der
aktuelle Barwert dieser Rente bei einem Marktzins von 6%?
Hilfestellung: Der RBF (i;T)
.
6. Rentenbarwert:
Sie haben Anspruch darauf, ab dem Jahr 2028 (also in 15 Jahren) eine
nachschüssige Rente in Höhe von 6000 [GE] jährlich zu erhalten. Die Laufzeit
dieser Rente ist auf 15 Jahre befristet. Wie hoch ist der aktuelle Barwert dieser
Rente bei einem Marktzins von 5%?
Hilfestellung: Der RBF (i;T)
Investition und Finanzierung
.
Aurelio J. F. Vincenti
187
Übungsaufgaben – Aufgaben III
Kapitel 03
7. Rentenbarwert – Ewige Rente:
Bestimmen Sie den aktuellen Barwert einer ewigen Rente von jährlich 8000
[GE], auf die Sie ab 2023 (also in 10 Jahren) Anspruch haben. Der relevante
Kalkulationszinssatz liegt bei 4%.
8. Annuität – Annuitätenrente:
Sie haben den Betrag von 50000 [GE] geerbt. Allerdings möchten Sie diesen
Betrag nicht sofort ausgeben, sondern aufgeteilt in den nächsten 5 Jahren
jeweils am Jahresende in konstanten jährlichen Teilbeträgen. Wie hoch ist jeder
dieser künftigen Teilbeträge, wenn der Zinssatz am Markt bei 7% liegt?
Hilfestellung: Der ANF (i;T)
Investition und Finanzierung
(bzw. der RBF (i;T)
Aurelio J. F. Vincenti
).
188
Übungsaufgaben – Aufgaben IV
Kapitel 03 + 04
9. Annuität – Annuitätendarlehen:
In dem von Ihnen geführten Unternehmen muss eine neue Maschine gekauft
werden, die 150000 [GE] kostet. Zur Finanzierung dieser Investition ist es
geplant, ein Bankdarlehen zu einem Zinssatz von 9% aufzunehmen.
Zurückgezahlt werden soll das Darlehen später in 8 konstanten jährlichen
Zahlungen, die sowohl Zinsen als auch Tilgung umfassen.
Berechnen Sie die Höhe der zukünftigen jährlichen Zahlungsbelastungen für das
Unternehmen sowie die Gesamtzahlung, die während der Laufzeit an die Bank
zu leisten ist!
Hilfestellung: Der ANF (i;T)
(bzw. der RBF (i;T)
).
10. Kapitalwert:
Gegeben sei ein Investitionsprojekt mit folgender Zahlungsreihe:
ct (t = 0, 1, 2, 3, 4) mit c0 = - 1200; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 200; c4 = + 800.
Ist die Durchführung dieses Projektes sinnvoll, wenn der Marktzins bei 9% liegt?
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
189
Übungsaufgaben – Aufgaben V
Kapitel 04
11. Kapitalwert:
Für ein Investitionsprojekt eines Unternehmens wird folgende Zahlungsreihe
angenommen: c0 = - 1400; c1 = + 400; c2 = + 500; c3 = + 800. Der aktuelle
Zinssatz auf dem vollkommenen Kapitalmarkt beträgt 13%.
Soll diese Investition durchgeführt werden? Was würde mit dem Vermögen des
Unternehmens geschehen, wenn diese Investition erfolgt?
12. Kapitalwert:
Folgende 3 Investitionsprojekte stehen zur Auswahl:
Projekt A: c0 = - 800; c1 = + 400; c2 = + 500.
Projekt B: c0 = - 700; c1 = + 400; c2 = + 400.
Projekt C: c0 = - 800; c1 = + 500; c2 = + 400.
(a) Für welches dieser 3 Projekte würden Sie sich entscheiden, wenn Sie nur
maximal 1 Projekt durchführen können und der Kapitalmarktzins 7% beträgt?
(b) Wie sieht Ihre Entscheidung bei einem Zins von 10% aus?
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
190
Übungsaufgaben – Aufgaben VI
Kapitel 04
13. Kapitalwertfunktion:
Für ein Investitionsprojekt eines Unternehmens wird folgende Zahlungsreihe
angenommen: c0 = - 1400; c1 = + 600; c2 = + 900.
Zeichnen Sie die Kapitalwertfunktion KW = f(i) für diese Zahlungsreihe!
Hilfestellung: Der interne Zinssatz i* dieser Zahlungsreihe liegt bei (ungefähr)
4,42%.
14. Kapitalwert – Rentenspezialfälle:
Sie besitzen den vertraglichen Anspruch darauf, in den nächsten 12 Jahren
jedes Jahr am Jahresende eine Geldzahlung von 3000 [GE] zu erhalten.
Diesen Anspruch können Sie aktuell für 27000 [GE] an einen Interessenten
verkaufen. Der einheitliche Kapitalmarktzins beträgt 5%. Ist es sinnvoll, dieses
Angebot anzunehmen und Ihre künftigen Geldansprüche für gegenwärtige
27000 [GE] zu verkaufen? Begründen Sie dies mit dem Kapitalwertkriterium!
Hilfestellung: Der RBF (i;T)
Investition und Finanzierung
.
Aurelio J. F. Vincenti
191
Übungsaufgaben – Aufgaben VII
Kapitel 04
15. Kapitalwert – Rentenspezialfälle:
Sie können den Anspruch darauf, ab sofort eine jährlich ewige Rente in Höhe
von 2000 [GE] zu beziehen, für aktuell 36000 [GE] kaufen. Der einheitliche
Kapitalmarktzins beträgt 5,55%. Ist es ökonomisch vorteilhaft, dieses Angebot
anzunehmen? Begründen Sie dies mit dem Kapitalwertkriterium!
16. Endwert:
Sie haben ein Anfangsvermögen in Höhe von 45000 [GE]. Sie können dieses
Vermögen in ein Projekt mit 4 Jahren Laufzeit investieren. Der Kapitalwert
dieses Projektes liegt bei einem Kalkulationszins von 6% bei 300 [GE].
(a) Wie hoch ist der Endwert dieses Projektes?
(b) Wie hoch ist Ihr Endvermögen am Laufzeitende in 4 Jahren?
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
192
Übungsaufgaben – Aufgaben VIII
Kapitel 04
17. Annuität:
Ein Projekt besitzt folgende Zahlungsreihe c0 = - 1000; c1 = + 400; c2 = + 400; c3
= + 600. Der Zinssatz auf dem vollkommenen Kapitalmarkt beträgt 6%.
Berechnen Sie die (äquivalente Annuität a*) dieser Zahlungsreihe und
entscheiden Sie, ob das Projekt durchgeführt werden sollte!
Hilfestellung: Der ANF (i;T)
(bzw. der RBF (i;T)
).
18. Interner Zins:
Gegeben ist folgende Zahlungsreihe: In t = 0 Auszahlung = - 900; in t = 1
Einzahlung = 1035. Bestimmen Sie den internen Zinssatz i* dieser
Zahlungsreihe!
19. Interner Zins:
Gegeben ist eine Nullkuponanleihe (Zero-Bond-Anleihe) mit folgenden Daten: In
t = 0 Auszahlung = - 2000; in t = T Einzahlung = 5000. Laufzeit der Anleihe T =
20 Jahre. Wie hoch ist die Effektivverzinsung (der interne Zins) dieser Anleihe?
Investition und Finanzierung
Aurelio J. F. Vincenti
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Übungsaufgaben – Aufgaben IX
Kapitel 05 + 06
20. Börsenkurse festverzinslicher Wertpapiere:
Berechnen Sie den aktuellen Börsenkurs für eine festverzinsliche Anleihe mit
folgenden Merkmalen: Nominalwert 2000 [GE]; Laufzeit 10 Jahre; Nominalzins
(jährliche Zinszahlungen an den Eigentümer des Wertpapieres) 9%! Der
aktuelle Marktzins liegt bei 5%.
Hilfestellung: Der RBF (i;T)
.
21. Leverage-Effekt:
Gegeben sind für ein Unternehmen folgende Kennzahlen (einer Periode):
Zinszahlungen 80000 [GE]; Eigenkapital 400000 [GE];
Fremdkapital 900000 [GE]; Gesamtrendite RG 13%.
Berechnen Sie die Eigenkapitalrendite dieses Unternehmens!
Investition und Finanzierung
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