Vorlesung BWL IIa: Investition und Finanzierung Priv.-Doz. Dr. Dr. Aurelio J. F. Vincenti Vertretungsprofessur BWL, Unternehmensfinanzierung Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Universität Kassel Wintersemester 2012/13 Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 1 Kapitel 01 – Grundlagen: Konzept • Vermittlung von (Grund)Kenntnissen der (Unternehmens)Finanzierung: – Fremd- und Eigenkapital. – Bewertung dieser Instrumente. • Vermittlung von (Grund)Kenntnissen der Investitionsrechnung: – Auf vollkommenen und unvollkommenen Märkten. – Einbeziehung von Unsicherheit. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 2 Kapitel 01 – Grundlagen: Ziel Gegenstand der Betrachtung – privatwirtschaftliches Unternehmen: Erwerbswirtschaftliches Prinzip: Langfristiges Gewinnstreben. Wirtschaftstheorie: Nutzenmaximierung. • I.d.R. Operationalisierung durch Gewinn- bzw. Vermögensmaximierung als monetäres Ziel. [Nichtmonetäre Ziel (Prestige, Macht, etc.) unberücksichtigt.] • • Problem der Maximierung unter Unsicherheit. Nebenziel Erhalt der Liquidität: Alle Zahlungsverpflichtungen jederzeit erfüllen zu können. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 3 Kapitel 01 – Grundlagen: Güter- / Finanzströme im Unternehmen Arbeitsmärkte Arbeitsleistungen Lohn- und Gehaltszahlungen Staat: Vorgaben und Rahmenbedingungen Finanz- und Kapitalmärkte Kredite Beteiligungen Börse Finanzierungsentscheidungen Investitionsentscheidungen UNTERNEHMENSFINANZIERUNG Unternehmen Produktionsmittel Absatzmärkte Zahlungen an die Lieferanten/Hersteller Bezug der Produktionsmittel Investition und Finanzierung Einnahmen (Umsatzerlöse) Dienstleistungen/Güter Aurelio J. F. Vincenti 4 Kapitel 01 – Grundlagen: Begriffliches I In der (modernen) finanzwirtschaftlich orientierten BWL wird das Unternehmen anhand seiner Zahlungsströme (Ein- und Auszahlungen) analysiert. Cash Flows stehen im Vordergrund der Betrachtung: Stromgrößen sind stets zeitraumbezogen (Periode). [Gegensatz zu zeitpunktbezogenen Bestandsgrößen.] Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 5 Kapitel 01 – Grundlagen: Unternehmen als System von Cash Flows Einzahlungen Auszahlungen Steuern • Löhne • Rohstoffe Waren etc. • Betriebsmittel Unternehmen Bestand an Liquidität Erlöse aus Umsatz und Liquidation • Ausschüttungen • Kredite etc. • Tilgungen • Einlagen • Zinsen Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 6 Kapitel 01 – Grundlagen: Begriffliches II Investition: Auszahlung zur Beschaffung von Gütern (Sachgüter oder Rechte): – I.d.R. auf eine längere Frist ausgerichtet. – Mit einer oder mehreren zukünftigen (unsicheren) und erwartungsgemäß höheren Einzahlungen aus der Verwertung der beschafften Güter verbunden. Finanzierung: Beschaffung von Zahlungsmitteln als Gewährleistung der Verfügung über finanzielle Mittel durch: Generierung/Vorziehen (zusätzlicher) Einzahlungen. Vermeidung/Verschiebung von Auszahlungen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 7 Kapitel 01 – Grundlagen: Begriffliches III Ziel jeder Investitions- / Finanzierungsentscheidung: (Sichere oder unsichere, bedingte oder unbedingte) Einkommensströme über die Zeit zu verschieben und ein höheres Konsumniveau zu erreichen. – Investitions- und Finanzierungsentscheidungen führen zur Umwandlung der Vermögensstruktur. – Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sind (i.d.R.) gemeinsam zu betrachten: Zwei Sichtweisen eines einzigen Prozesses: Investition „Mittelverwendung“ – Finanzierung „Mittelherkunft“. Jede Investition bedingt zugleich eine Finanzierung. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 8 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Aufgabe der Investitionsrechnung Die Sicherung der Ertragskraft (Gewinne) und damit des Bestands eines Unternehmens erfordert Investitionen. Aufgabe der Investitionsrechnung: Quantitative Abwägung (mathematisches Modell), inwieweit eine Investition vorteilhaft ist. Relativität der Vorteilhaftigkeit einer Investition: • Vorteilhaftigkeit gegenüber der Unterlassungsalternative. • Vorteilhaftigkeit gegenüber anderen Investitionen. Vergleich anhand einer geeigneten quantitativen (operationalisierten) Zahlungsgröße als Kriterium: Maximierung des (Total)Gewinns bzw. (Total)Vermögens! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 9 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Formen der Investitionsrechnung Statische Investitionsrechnungsverfahren (Praktikerverfahren): Keine Berücksichtigung des Zeitfaktors bei den einzelnen Zahlungsströmen ⇨ grundsätzlich für Vorteilhaftigkeitsanalysen ungeeignet! Dynamische Investitionsrechnungsverfahren: Berücksichtigung des Zeitfaktors bei den einzelnen Zahlungsströmen ⇨ Methode der Wahl für eine entscheidungsorientierte BWL! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 10 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Marktmodelle 1 1. Vollkommenheit des Kapitalmarktes: a) Merkmale vollkommener Märkte: • Einheitlicher fester Marktzins i für Kapitalanlage und Kapitalaufnahme (Sollzins = Habenzins). • Beliebige Verfügbarkeit von Kapital zum Zinssatz i (keine Anlage- und Kreditlimits). • Keine Steuern, Transaktionskosten. Unvollkommene Märkte als Gegenteil: (Etwa unterschiedliche Soll- und Habenzinsen.) 2. Berücksichtigung von Unsicherheit: a) Zukunft wird als sicher und planbar vorausgesetzt. b) Zukunft ist unsicher (Cash Flows und/oder Zins). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 11 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Marktmodelle 2 4 Grundkonzepte der Investitionsrechnung: Investitionsrechnung Investitionsrechnung auf einem vollkommenen Markt unter Sicherheit (VMS) auf einem unvollkommenen Markt unter Sicherheit (UMS) Investitionsrechnung Investitionsrechnung auf einem vollkommenen Markt unter Unsicherheit auf einem unvollkommenen Markt unter Unsicherheit (UMU) Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 12 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes I Zeitwert des Geldes (Zeitpräferenz des Geldes) als konstitutives Kennzeichen jeder dynamischen Investitionsrechnung: Grundidee: Annahme, dass ein Wirtschaftssubjekt Güter lieber in der Gegenwart als in der Zukunft konsumieren bzw. nutzen möchte sowie umgekehrt lieber in der Zukunft als in der Gegenwart bezahlen möchte. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 13 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes II Der Zins i ist folglich Entgelt für die befristete Überlassung von Kapital! (Ausdruck des Zeitwertes dieses Kapitals.) Um Zahlungsströme zu unterschiedlichen Zeitpunkten miteinander vergleichen zu können, müssen diese auf einen gemeinsamen Bezugspunkt (i.d.R. die Gegenwart) bezogen werden. Vorgehensweise: Zahlungsströme verschiedener Perioden werden durch Abzinsen (bzw. Aufzinsen) vergleichbar. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 14 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes III • Zeitwert des Geldes – Beispiel: Heute t=0 Gegenwart 1000 € Zukunft t=2 t=1 <=> In 1 Jahr 1100 € <=> In 2 Jahren 1210 € bei einem Zins i (Jahres- bzw. Periodenzeitwert) von 10%. • Jede dynamische Investitionsrechnung benötigt einen geeigneten Kalkulationszins i! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 15 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes IV Zins- und Zinseszinsrechnung Zwei zentrale Prinzipien: Aufzinsung: 0 Abzinsung: ‐t t t bzw. Allgemein: t 0 mit Investition und Finanzierung t. t t 0 . t als Zinsfaktor. Aurelio J. F. Vincenti 16 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes V Beispiel: c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1. Aufzinsung: Gesucht wird das Endkapital 3 t [€]. Abzinsung: Gesucht wird das Anfangskapital ‐3 bzw. Investition und Finanzierung 3 0. [€] [€]. Aurelio J. F. Vincenti 17 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes VI Beispiel (Fortsetzung): c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1. Prinzip der Aufzinsung: Verfügt man heute über ein Kapital in Höhe von c0 [ = 1000], so wird daraus durch Anlage zum Zinssatz i [ = 0,1] in einem Jahr ein Betrag von c1 = c0 q [ = 1000 1,1 = 1100]. Legt man diese Summe weiter an, resultiert am Ende des zweiten Jahres ein Guthaben von c2 = c1 q = c0 q2 [ = 1100 1,1 = 1000 1,21 = 1210]. Nach drei Jahren beträgt der Kontostand c3 = c2 q = c0 q3 [ = 1210 1,1 = 1000 1,331 = 1331] und nach t Jahren schließlich c0 ∙ qt . Der „Überschuss“ c3 c0 [331] entsteht aus zwei Effekten: • Einfacher Zinseffekt (Verzinsung des Startkapitals): 3 100 = 300. • Zinseszinseffekt (Verzinsung der Zinsen): 31. Gesamteffekt: 331. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 18 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes VII Beispiel (Fortsetzung): c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1. Ökonomische Interpretation der Aufzinsung: Die Aufzinsung ermittelt unter Einbeziehung von Zins und Zinseszins den zukünftigen Wert eines gegenwärtigen Geldbetrages. Ökonomische Interpretation der Abzinsung: Die Abzinsung ist das Gegenteil der Aufzinsung. Sie ermittelt unter Einbeziehung von Zins und Zinseszins den gegenwärtigen Wert eines zukünftigen Geldbetrages. Begriffliches: • • • Zukünftiger Wert c t (Ende des Analysezeitraums): Endwert. Gegenwärtiger Wert c0 (Anfang des Analysezeitraums): Barwert. Einzahlung: + Auszahlung: ‒ Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 19 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes VIII Beispiel (Fortsetzung): c0 1000;ct 1331;t 3;i 10%→q 1 0,1 1,1. Gesucht ist die Periodendauer : t , , Gesucht ist der Zins i: 3 Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 20 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes IX Auf- und Abzinsen bei unterschiedlichen Periodenzinsen it: (Achtung: Wenn die Zinsen für Geldaufnahme und –anlage in jeder Periode gleich sind, ist der Kapitalmarkt nach wie vor vollkommen!) Aufzinsung mit c t ct‐1 ∙ 1 it : c1 c0 ∙ 1 i1 . c2 c1 ∙ 1 i2 c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 . c3 c2 ∙ 1 i3 c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 ∙ 1 i3 . ct c0 ∙ 1 i1 ∙ 1 i2 ∙ …∙ 1 it . Endwert nachtPerioden: ct c0 ∙ Investition und Finanzierung 1 iτ . Aurelio J. F. Vincenti 21 Kapitel 02 – Investitionstheorie 1: Zeitwert des Geldes X Auf- und Abzinsen bei unterschiedlichen Periodenzinsen it: Abzinsen mit c t‐1 ct ∙ 1 it ‐1: c0 ct ∙ 1 it ‐1∙ 1 it‐1 ‐1 ∙ …∙ 1 i1 ‐1. Barwert von ct : c0 c ∙ 1 iτ . Beispiel: t 3;i1 10%;i2 30%;i3 20%;c0 1000;ct 1716. Abzinsen (Barwert): c0 1716∙ 1,2 ‐1∙ 1,3 ‐1 ∙ 1,1 ‐1 1000. Aufzinsen (Endwert): c3 1000∙ 1,1 ∙ 1,3 ∙ 1,2 1716. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 22 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage I Investition als Auszahlung zur Beschaffung von Gütern ⇨Verschiedene Typen von Investitionen: • Investition in den betrieblichen Leistungsprozess, verbunden mit einer materiellen Gegenleistung (z.B. Kauf von Immobilien, Maschinen, Rohstoffen) ⇔„Normale“ Sachinvestition. • Investition in einen immateriellen (bilanzierbaren) Vermögensgegenstand (Intangible Asset): nicht-physischer Vermögenswert (z.B. Geschäftswert, Patent, Lizenz, Software). • Investition in nicht greifbare und nicht bilanzierbare Vermögenswerte (z.B. Fortbildungsmaßnahme als Humankapitalinvestition). • Finanzinvestitionen ohne Bezug zum eigentlichen güterwirtschaftlichen Prozess des Unternehmens (z.B. Aktien, Anleihen als Rechte auf künftige Zahlungen) an den Eigentümer. Typisch ist die Absicht, durch Auszahlung(en) künftige Einzahlungen zu generieren ⇔Kauf eines ganzen Unternehmens als Investition! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 23 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage II Vollkommener Kapitalmarkt mit einheitlichem Zins i für Kreditaufnahme in beliebiger Höhe und Geldanlage in beliebiger Höhe: ⇨Fisher-Separation: Separation von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen auf einem vollkommenen Markt: Die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit einer Investition kann unabhängig von einer Finanzierungsentscheidung, d.h. für sich isoliert, mittels eines Investitionsrechenverfahrens beurteilt werden: • Der extern durch i vorgegebene Zeitwert des Geldes bestimmt die Vorteilhaftigkeit eines Zahlungsstroms ganz allein. • Konsumpräferenzen des Akteurs bestimmen nur den Zeitpunkt möglicher Ausschüttungen, jedoch nicht, welche Investitionen und Finanzierungen überhaupt vorteilhaft sind. ⇔Unvollkommener Kapitalmarkt als Gegensatz: Simultane Planung von Investitions- und Finanzierungsentscheidungen erforderlich. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 24 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage III Konsumpräferenzen (eines rationalen Akteurs): Zeitliche Konkretisierung bzw. Operationalisierung des grundsätzlichen Ziels der Gewinnmaximierung für Eigentümer: • Konsumierbar sind nur Ausschüttungen (Einkommen, Entnahme). • Im Unternehmen gesammeltes (thesauriertes) Vermögen ist ebenfalls prinzipiell ausschüttbar, als Endvermögen bei Liquidierung. Die Konsumpräferenz bestimmt, wie der Eigner Geldausschüttungen zeitpunktbezogen bewertet ⇨2 idealtypische Formen: • Vermögensmaximierung: Gesucht ist der Investitions- und Finanzierungsplan, der gemäß der zeitabhängigen Konsumpräferenz eine maximale Geldausschüttung erlaubt (unter der Nebenbedingung eines fest vorgegebenen, regelmäßigen Einkommensstroms, der auch null sein kann). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 25 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage IV Konsumpräferenzen (Fortsetzung): • Vermögensmaximierung (Fortsetzung): Zwei Spezialfälle der Vermögensmaximierung: Endvermögens- oder Endwertmaximierung: Ausschüttungen (und Konsum) am Ende der Planungsperiode maximiert, d.h. zu allen übrigen Zeitpunkten erfolgen keine Ausschüttungen. Barwertmaximierung: Sofortiger Konsum maximal, später keine Ausschüttungen mehr geplant. • Einkommensmaximierung: Gesucht ist der Investitions- und Finanzierungsplan, der gemäß der zeitabhängigen Konsumpräferenz die Breite eines Entnahmestroms mit gegebener Struktur maximiert (unter der Nebenbedingung fest vorgesehener Ausschüttungen zu einzelnen Zeitpunkten, vor allem im Endzeitpunkt). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 26 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage V Beispiel für die Fisher-Separation: Vollkommener Kapitalmarkt mit t = 3; i = 10%. Vergleich verschiedener Investitionsprojekte A1 bis A4 (Auswahlentscheidung zwischen sich ausschließenden Projekten): c0 • c1 c2 c3 A1 - 1000 0 0 1800 A2 - 1000 0 0 1770 A3 - 1000 400 400 800 A4 - 1000 550 550 550 Es gilt A1 besser als A2 (allgemeine zeitliche Dominanz): Cash Flows für A1 in allen Perioden gleich oder besser als für A2. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 27 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage VI Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung): • Es gilt A4 besser als A3 (kumulative zeitliche Dominanz): Cash Flows für A4 in allen Perioden gleich oder besser als für A3, wenn Überschüsse vorhergehender Perioden im Rahmen einer unverzinsten Kassenhaltung „zwischengelagert“ werden: c0 c1 c2 c3 A3 - 1000 400 400 800 A4 - 1000 550 550 550 A4 mit zinsloser Kassenhaltung -1000 400 + 150 400 +150 +150 850 (aus 550 und 300) Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 28 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage VII Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung): Bei A4 können auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit i = 10% jederzeit z.B. folgende Kapitalmarkttransaktionen durchgeführt werden: c0 c1 c2 c3 A1 - 1000 0 0 1800 A4 - 1000 550 550 550 A4 modifiziert -1000 0 0 +550 +605 +550 Kapitalanlage mit 10% Zins 1820,5 (aus 550 und 1270,5) Kapitalanlage (1270,5) aufgelöst Es gilt daher A4 besser als A1 unabhängig von etwaigen Konsumpräferenzen des Akteurs. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 29 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage VIII Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung): Bei A1 können auf einem vollkommenen Kapitalmarkt mit i = 10% jederzeit z.B. folgende Kapitalmarkttransaktionen durchgeführt werden: c0 c1 c2 c3 A4 - 1000 550 550 550 A1 - 1000 0 0 1800 A1 modifiziert -1000 550 550 529,5 (aus 1800 und -1270,5) -550 -605 -550 Kredit (-1270,5) zurückgezahlt Kredit mit 10% Zins Es gilt daher nach wie vor A4 besser als A1 unabhängig von etwaigen Konsumpräferenzen des Akteurs. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 30 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: VMS – Grundlage IX Beispiel für die Fisher-Separation (Fortsetzung): Unvollkommener Kapitalmarkt (!) mit unverändert i = 10% Kreditzinsen, aber Zinsen für die Geldanlage nun bei i = 1%: c0 c1 c2 c3 A1 - 1000 0 0 1800 A4 - 1000 550 550 550 A4 modifiziert -1000 0 0 Kapitalanlage mit 1% Zins +550 +555,5 +550 1666,555 (aus 550 und 1116,555) Kapitalanlage (1116,555) aufgelöst Es gilt nun A1 besser als A4, wenn das maximale Endvermögen wichtig ist, aber A4 besser als A1, wenn der Entnahmestrom von A4 das Ziel ist. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 31 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung I Rentenbarwert (RB): Problemstellung: Bisher ist stets ein einzelner (zukünftiger) Zahlungsstrom auf seinen Barwert abgezinst worden. Häufig kommt es jedoch vor, dass man über mehrere Perioden hinweg in konstanter Höhe anfallende Zahlungen findet. Eine derartige Folge von gleichen Zahlungen ck wird als Rente bezeichnet. Hier sollen nur nachschüssige Renten (Zahlung am Periodenende) betrachtet werden. (Vorschüssige Renten, d.h. Zahlung am Periodenanfang, verhalten sich bei geringen Änderungen ähnlich). Bestimmung des Barwertes einer Rente (Rentenbarwert bzw. RB): Im Prinzip müssen lediglich die einzelnen Barwerte jeder Periode ermittelt und aufaddiert werden. Aufgrund der Zeitpräferenz des Geldes ist der Barwertbeitrag jeder einzelnen Rentenrate ck dabei um so kleiner, je weiter sie in der Zukunft liegt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 32 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung II Rentenbarwert (RB): Formale Bestimmung: Eine aus T gleichen Raten bestehende Rente hat den Barwert: RB ck q‐1 ck q‐2 ... ck q‐T ck q‐1 q‐2 ... q‐T . RB c 1 i . Der mit ck zu multiplizierende Ausdruck besitzt den Namen Rentenbarwertfaktor RBF(i;T). RBF(i;T) hängt sowohl von dem in q enthaltenen Zinssatz i als auch von der Laufzeit T ab und lässt sich als geometrische Reihe durch eine kompakte Formel berechnen: ; Investition und Finanzierung ∙ Aurelio J. F. Vincenti miti 0 . 33 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung III Rentenbarwert (Fortsetzung): RB ckRBF i; T ck . Beispiel RB 1: Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck in Höhe von 2000 € mit einem Zins von 7% und einer Laufzeit von 4 Jahren ⇨ RBF(7%;4). Es gilt: RB c RBF i; T ck RB 2000RBF 7%; 4 . 2000 , , 2000 ∙ 3,3872 Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti , . 34 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung IV Rentenbarwert (Fortsetzung): Beispiel RB 2: Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck = 2000 € mit einem Zins von 7% und einer Laufzeit von 4 Jahren. Allerdings soll diese Rente erst nach 2 Jahren Wartezeit, also beginnend für das 3. Jahr (und bis zum 6. Jahr) gezahlt werden. Es gilt: Eigentlich: RB 2000 ∙ 1,07 1,07 1,07 1,07 1,07 RBF 7%; 6 1,07 1,07 1,07 1,07 RBF 7%; 4 1,07 1,07 1,07 1,07 RBF 7%; 2 1,07 1,07 . 1,07 3,3872 . . AlternativeA:RB 2000 ∙ RBF 7%; 4 ∙1,07 6774,4∙1,07 AlternativeB:RB 2000 ∙ RBF 7%; 6 RBF 7%; 2 2000 ∙ 4,7665 1,8080 2000 ∙ 2,9585 Investition und Finanzierung . Aurelio J. F. Vincenti 5917. 5917. 35 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung V Rentenbarwert (Fortsetzung): Beispiel RB 3: Berechnung von RB für eine nachschüssige Rente ck = 2000 € mit einer Laufzeit von 4 Jahren. Allerdings soll der Zins in den Perioden 1 und 2 je 7% betragen, in den Perioden 3 und 4 dagegen je 9%. Es gilt: Eigentlich: RB 2000 ∙ 1,07 1,07 RB 2000 ∙ 1,07 1,07 Wegen RBF 7%; 2 RBF 9%; 2 folgt: 1,07 1,09 1,09 ∙1,07 1,09 2000 ∙ 1,09 1,07 1,09 1,09 ∙1,07 . ∙1,07 . 1,8080 und 1,7591 RB 2000 ∙ RBF 7%; 2 2000 ∙ RBF 9%; 2 ∙1,07 2000 ∙ 1,8080 2000 ∙ 1,7591 ∙ 0,8734 6689. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 36 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung VI Rentenbarwert (Fortsetzung): Beispiel RB 3: Graphische Darstellung: 2000 2000 2000 Heute Zukunft 2000 t=2 t=1 i=7% Investition und Finanzierung i=7% t=3 i=9% t=4 i=9% Aurelio J. F. Vincenti 37 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung VII Spezialfall Ewige Rente: Bei gegebenem Zins i und gegebener Rentenhöhe ck hängt der Rentenbarwert nur noch von der Rentendauer T ab. Anhand der allgemeinen Rentenbarwertformel erkennt man, dass q mit Zunahme von T kleiner bzw. mit Zunahme von T größer wird. Für T → ∞ nähert sich q lim RBF T; i → dem Wert 0. Für die ewige Rente gilt daher: lim → 1 q i bzw. ∙ . Es gilt daher: Um den Barwert einer ewigen Rente zu bestimmen, muss die Rentenhöhe ck lediglich durch den Zins i (in Dezimalschreibweise) geteilt werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 38 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Rentenrechnung VIII Ewige Rente (Fortsetzung): Beispiel: Der Barwert einer ewigen Rente in Höhe von ck = 3000 € beträgt bei einem Zins i = 4%: RB c ∙ 75000. , Rentenendwert (RE): Eine eng verwandte Größe ist der Rentenendwert. Finanzmathematisch kann er als der auf die Endperiode T aufgezinste Rentenbarwert gesehen werden. Entsprechend der allgemeinen Aufzinsungsformel ct c0 ∙ 1 i t c0 ∙ q t gilt daher für RE: RE RB ∙ ckRBF i; T ∙ q mit dem Rentenendwertfaktor Investition und Finanzierung ck RBF i; T ∙ q Aurelio J. F. Vincenti ∙q ck . . 39 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Annuitätenrechnung I Bei der Rentenrechnung wird ein vorgegebener (zukünftiger) mehrperiodiger Zahlungsstrom aus konstanten Zahlungen pro Zeiteinheit in eine Einzelgröße (RB bzw. RE) übergeführt. Selbstverständlich lässt sich auch der umgekehrte Weg gehen: Ein vorgegebener gegenwärtiger Einzelbetrag AB wird in einen zukünftigen mehrperiodigen Zahlungsstrom aus konstanten Zahlungen pro Zeiteinheit t = 1, 2, …, T übergeführt. Gesucht ist also die (nachschüssige) Rente für einen Zeitraum T, deren Barwert dem vorgegebenen Zahlungsbetrag AB in der Gegenwart entspricht. Dieser gesuchte äquivalente Rentenbetrag wird als Annuität a (lat. annus = Jahr) bezeichnet. Wegen RB ckRBF i; T folgt mit a ck und AB ANF i; T ∙ AB Investition und Finanzierung RB ; und 1 RBF i; T ∙ AB Aurelio J. F. Vincenti ; : AB. 40 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Annuitätenrechnung II Annuität (Fortsetzung): Beispiel Annuitätenrente: Sie haben Anspruch auf eine aktuelle Einmalzahlung von 40000 [€], möchten diesen Betrag jedoch nicht sofort ausgezahlt erhalten, sondern in den nächsten 6 Jahren jeweils am Jahresende in konstanten jährlichen Teilzahlungen. Wie hoch muss jede dieser künftigen Teilzahlungen sein, damit der auf diese Weise entstandene Zahlungsstrom einer 6 jährigen Rente bei einem Zins von 5% äquivalent zu den gegenwärtigen 40000 [€] ist. Gegeben sind also: AB (RB) = 40000 [€] ║ i = 5% ║ T = 6 [Jahre]. Gesucht ist die Annuität a (ck): Es gilt ja: ANF i; T ∙ AB Daraus folgt: ANF 5%; 6 ∙ 40000 Investition und Finanzierung AB. Aurelio J. F. Vincenti , , 40000 7881. 41 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Annuitätenrechnung III Annuität (Fortsetzung): Beispiel Annuitätendarlehen: Ein Unternehmen plant eine aktuelle Investition in Höhe von 100000 [€]. Zur Finanzierung soll ein Bankdarlehen zu einem Zinssatz von 10% aufgenommen werden. Zurückgezahlt werden soll das Darlehen später in 12 konstanten jährlichen Zahlungen. (1) Berechnen Sie die Höhe der zukünftigen jährlichen Rückzahlungen an die Bank sowie die Gesamtzahlung in 12 Jahren. Gegeben sind also: AB (RB) = 100000 [€] ║ i = 10% ║ T = 12 [Jahre]. Gesucht ist die Annuität a (ck): Es gilt: ANF i; T ∙ AB ⇒: AB. ANF 10%; 12 ∙ 100000 Gesamtzahlung in 12 Jahren: 12 ∙ a Investition und Finanzierung , , Aurelio J. F. Vincenti 100000 14676. . 42 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Annuitätenrechnung IV Annuität (Fortsetzung): Beispiel Annuitätendarlehen (Fortsetzung): (2) Wie teilen sich die Annuität 14676 [€] im ersten und im letzten (12.) Jahr jeweils in Zins und Tilgung des Darlehens auf? Gegeben sind: Zinssatz/Jahr i = 10% ║ a = 14676 [€]. Es gilt für das erste Jahr: Zinszahlungen: 10% ∙ 100000 Tilgung: 14676 10000 . . Für das letzte Jahr: Verbleibende Restschuld 14676 [€]. Es muss daher gelten: 0,1 ∙ Tilgung Tilgung Zinszahlung Investition und Finanzierung , 1,0 ∙ Tilgung 14676. . 14676 Aurelio J. F. Vincenti 13342 . 43 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Zusammenfassung Zins I Aufzinsung (Endwert): Eine aktuelle Zahlung c0 (Zeitpunkt t = 0) wird auf ihren zukünftigen, höheren (Zeit-)Wert cT (im Zeitpunkt t = T) umgerechnet. Es gilt: cT c0 ∙ 1 i T. Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**): cT ( ∗∗ ) cT ( ∗ ) c0 0 1 Investition und Finanzierung 2 … Aurelio J. F. Vincenti T 44 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Zusammenfassung Zins II Abzinsung (Barwert): Eine zukünftige Zahlung cT (Zeitpunkt t = T) wird auf ihren gegenwärtigen, niedrigeren (Zeit-)Wert c0 (im Zeitpunkt t = 0) umgerechnet. Es gilt: c0 cT ∙ 1 i ‐T. Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**): cT c0 ( ∗ ) c0 ( ∗∗ ) 0 Investition und Finanzierung 1 2 Aurelio J. F. Vincenti … T 45 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Zusammenfassung Zins III Rentenbarwert: Eine Folge konstanter zukünftiger Zahlungen ck (nachschüssig zu den Zeitpunkten t = 1, 2, …,T) wird auf ihren gegenwärtigen (Zeit-)Wert RB (im Zeitpunkt t = 0) umgerechnet. Es gilt: RB ckRBF i; T ck . Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**): c0 ( ∗ ) c0 ( ∗∗ ) ck 0 Investition und Finanzierung 1 2 3 Aurelio J. F. Vincenti … T 46 Kapitel 03 – Investitionstheorie 2: Zusammenfassung Zins IV Annuität: Ein gegenwärtig gegebener Geldbetrag AB (im Zeitpunkt t = 0) wird auf eine äquivalente Folge konstanter zukünftiger Zahlungen a (nachschüssig zu den Zeitpunkten t = 1, 2, …,T) umgerechnet. Es gilt: ANF i; T ∙ AB AB. Graphische Verdeutlichung (mit 0 < i*< i**): AB a( 0 Investition und Finanzierung 1 2 3 Aurelio J. F. Vincenti … a ( ∗) ∗∗ ) T 47 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Investitionsbeurteilung I Beurteilung eines Investitionsprojektes auf dem vollkommenen Kapitalmarkt: Um ein Investitionsprojekt auf einem vollkommenen Kapitalmarkt (d.h. einheitlicher periodenbezogener Kalkulationszins) hinsichtlich seiner ökonomischen Vorteilhaftigkeit zu bewerten, ist das Ergebnis dieser Bewertung unabhängig von der konkreten Finanzierungsentscheidung (Fisher-Separation): • Keine sachliche Differenz, ob Auszahlungen für das Projekt aus frei verfügbarem Geldvermögen (Liquiditätsreserven) oder aus einer Kreditaufnahme getätigt werden: – Geldvermögen: Mittel werden der Alternativanlage am Kapitalmarkt zum Zins i entzogen. – Kreditaufnahme: Jeder Kredit wird zum Zins i am Kapitalmarkt aufgenommen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 48 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Investitionsbeurteilung II Investitionsprojekt VM (Fortsetzung): Grundsätzlich sind alle Rückflüsse (inklusive Zins und Zinseszins) aus der (etwaig wahrgenommenen) Kapitalanlage stets äquivalent zu allen Rückzahlungen (inklusive Zins und Zinseszins) aus dem (etwaig aufgenommenen) Kredit in gleicher Höhe. • Keine sachliche Differenz, ob Mittelzuflüsse (Einzahlungen) aus dem Projekt am Kapitalmarkt angelegt werden oder zur Begleichung von Verbindlichkeiten aus einer Kreditaufnahme genutzt werden: – Verwendung als Anlage am Kapitalmarkt: Liquide Mittel werden zum Zins i angelegt. – Verwendung zur Begleichung von Kreditverbindlichkeiten: Tilgung der aufgenommenen Kredite einschließlich der dafür zum Zins i angefallenen Zinsen. Insgesamt: Mögliche Anlagezinsen = Eingesparte Kreditzinsen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 49 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert I Kapitalwert KW (Net Present Value NPV) einer Zahlungsreihe: Summe aller mit dem Kalkulationszins i auf die Gegenwart (Zeitpunkt t = 0) abgezinsten Nettozahlungsströme ct eines Projektes: mit ct als Differenz der Ein- und Auszahlungen aus diesem Projekt in Periode t = 0, 1, 2, …, T. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 50 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert II Kapitalwert (Fortsetzung): Da die Cash Flows aus Periode t = 0 (Gegenwart) nicht mehr abgezinst werden müssen, gilt auch (vereinfachend) folgende Formel: ∙ ∙ . Kapitalwert KW bei periodenabhängig unterschiedlichen Zinssätzen it: ∙ ∙ . mit ct als Differenz der Ein- und Auszahlungen aus diesem Projekt in Periode t = 0, 1, 2, …, T. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 51 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert III Ökonomische Interpretation vom KW: Beispiel 1: Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = - 1000; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 800. Ist diese Zahlungsreihe ökonomisch vorteilhaft für i = 10%? Allgemein: Eine Zahlungsreihe ist dann vorteilhaft, wenn sie die Entnahme von Geldbeträgen durch den Durchführenden gemäß der zugrunde gelegten Zielsetzung (Konsumpräferenz) ermöglicht! Es sei angenommen, der Akteur möchte im Planungszeitpunkt t = 0 möglichst viel Geld konsumieren, d.h. Ziel ist Barwertmaximierung. Die Frage nach der Vorteilhaftigkeit lässt sich leicht beantworten, indem man die Zahlungsreihe der Investition durch Gegengeschäfte zum Zins i auf den relevanten Zeitpunkt t = 0 verdichtet. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 52 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert IV Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung): Da Kredite und Geldanlagen zu 10% beliebig verfügbar sind, kann in t = 0 ein Kredit in Höhe von 800 1,1–3 ( 601,1) aufgenommen werden, der nach 3 Jahren mit Zins und Zinseszins auf 800 [= (800 1,1–3) 1,13] angewachsen ist. Der Cash-Flow-Überschuss von 800 in t = 3 reicht gerade zur Ablösung dieser Kreditschuld aus. Analog erlauben auch die Überschüsse 300 (in t = 1) und 400 (in t =2) Kreditaufnahmen in Höhe des jeweiligen nach der Zinseszinsrechnung ermittelten Barwerts. Die Zahlungsreihe der Investition wird durch die drei Kredite exakt ausgeglichen, d.h. auf null gestellt. Nur im Zeitpunkt t = 0 kann noch ein von null verschiedener Zahlungssaldo verbleiben. Ob die Investition nun vorteilhaft ist, erkennt man durch Berechnung des in t = 0 verbleibenden Zahlungssaldos: Die Summe der zufließenden Beträge ( 1204,4) aus der Kreditaufnahme übersteigt die Anfangsauszahlung der Investition (1000) um 204,4. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 53 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert V Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung): t=0 ct –1000 t=1 t=2 300 400 10% 800 1,1–3 601,1 10% 400 1,1–2 330,6 10% 300 1,1–1 272,7 –300 –1000 1204,4 0 KW 204,4 t=3 800 –800 –400 0 0 Dieser Betrag heißt Kapitalwert KW (Nettobarwert bzw. Net Present Value) der Zahlungsreihe und kann sofort konsumiert werden, wenn man die Investition durchführt und ihre späteren Einzahlungen durch Kredite „glattstellt“. Künftige Cash Flows werden durch Gegengeschäfte zum Kalkulationszins i zum Verschwinden gebracht, so dass nur noch im heutigen Zeitpunkt t = 0 etwas übrigbleibt – der Kapitalwert. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 54 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert VI Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung): ct 10% 10% 10% t=0 –1000 ‐1204,4 –800 1,1–3 –400 1,1–2 –300 1,1–1 –1204,4 204,4 –601,1 –330,6 –272,7 t=1 300 300 300 t=2 400 400 400 t=3 800 800 800 In einer zweiten Interpretation lässt sich der Kapitalwert KW auch als Auszahlungsminderbetrag in t = 0 gegenüber einer einzahlungsgleichen Finanzinvestition deuten. Um nämlich die Einzahlungsfolge 300, 400, 800 durch 10%-Geldanlagen am Kapitalmarkt zu erzeugen, müsste (jetzt mit umgekehrten Vorzeichen der 10%-Geschäfte) ein Gesamtbetrag von 1204,4 ausgegeben werden, während die betrachtete Investition gleiche Cash Flows liefert, aber nur 1000 kostet. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 55 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert VII Interpretation vom KW – allgemein: Der Kapitalwert als Barwert aller mit einer Investition verbundenen Zahlungen kann daher wie folgt gesehen werden: • Ökonomische Deutung vom KW als sofortige Möglichkeit zur Konsumentnahme aus einer (Sach-)Investition (Beispiel 1 blau). • Ökonomische Deutung vom KW als sofortiger Auszahlungsvorteil gegenüber einer der Sachinvestition hinsichtlich der Einzahlungen äquivalenten Finanzinvestition am Kapitalmarkt (Beispiel 1 rot). Allgemein gilt für eine projektindividuelle Vorteilhaftigkeitsbetrachtung: • KW > 0: Investition vorteilhaft gegenüber der (Unterlassungs-) alternative nicht zu investieren. • KW = 0: Investition und (Unterlassungs-)alternative sind gleich vorteilhaft. • KW < 0: (Unterlassungs-)alternative ist ökonomisch vorteilhafter gegenüber der Investition. Letztere würde „Geld“ kosten. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 56 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert VIII Interpretation vom KW – Beispiel 1 (Fortsetzung): • Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = 1000; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 800. Ursprüngliche Frage: Vorteilhaftigkeit für i = 10%. c • c ∙ 1 i 1000 300 1,1 400 1,1 800 1,1 , . Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = 1000; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 800. Modifikation: Vorteilhaftigkeit für i = 20%. c c ∙ 1 i 1000 300 1,2 400 1,2 800 1,2 , . Lösung: Für i = 10% ist die Investition sinnvoll, jedoch nicht für i = 20%. Man erkennt außerdem, dass der KW für eine gegebene Zahlungsreihe vom Kalkulationszins i abhängt: Diese Beziehung wird als Kapitalwertfunktion KW(i) bezeichnet. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 57 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert IX Kapitalwertfunktion KW(i): KW +500 ⇔∑ (204) X 0 10 (-9) X 20 -500 -1000 30 X (-168) 40 i X (-290) ⇔ ⇔lim → Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 58 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert X Kapitalwertfunktion KW(i) (Fortsetzung): Es gelten nachstehende Grundsätze: • Für i = 0% (Schnittpunkt mit der y-Achse): KW • c . Beispiel1: KW 1000 300 400 800 . Für i → ∞ (unendlich großer Kalkulationszins): . lim KW c . Beispiel1: KW → • Die Kapitalwertfunktion KW(i) ist stets streng monoton fallend KW(i) für alle Investitionen, die folgende Zahlungsreihen besitzen: In t = 0 Auszahlung, in t = 1, 2, …, T Einzahlungen (d.h. nach einer negativen Anfangsauszahlung gibt es nur noch positive Zahlungsüberschüsse in allen Folgeperioden bis T). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 59 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XI Kapitalwertfunktion KW(i) (Fortsetzung): • Normalinvestition: Zahlungsreihe mit einem einmaligen Vorzeichenwechsel von – nach + (d.h. nach anfänglichen Auszahlungen in den ersten Perioden kommt es in den späteren Perioden nur noch zu Einzahlungsüberschüssen). • Die Funktion KW(i) von Normalinvestitionen hat folgende Merkmale: – Im Bereich positiver Kapitalwerte (KW > 0) stets streng monoton fallend. – Nach einem Wechsel in den Bereich negativer Kapitalwerte (KW < 0) anfänglich weiterhin monoton fallend. – Im weiteren Verlauf (d.h. für steigende Zinsen) entweder nach wie vor monoton fallend oder alternativ monoton steigend. – Für i → ∞ nähert sich KW(i) immer asymptotisch dem Wert c0 an. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 60 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XII Kapitalwert - Rentenspezialfälle: Die Zahlungsreihe entspricht für t 1 einer (nachschüssigen) Rentenzahlung mit konstanten Periodenrückflüssen ct ⇒ vereinfachte Berechnung mittels des Rentenbarwertfaktors RBW: 1 q c ∙ RBF i; T c c ∙ . c i Beispiel 2: Gegeben: c 1000;c 200; T 8; i 6%. Gesucht: KW. 1 1,06 1000 200 ∙ 1000 200 ∙ RBF 6%; 8 0,06 1000 1242 . • • Sonderfall der ewigen Rente: Beispiel 2: Ewige Rente mit T Investition und Finanzierung c ∞: Aurelio J. F. Vincenti . 1000 , . 61 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XIII Endwert EW einer Zahlungsreihe: Summe aller der mit dem Kalkulationszins i auf den Endzeitpunkt (Zeitpunkt t = T) der Laufzeit eines Projektes aufgezinsten Nettozahlungsströme ct aus diesem Projekt: Kapital- und Endwert stehen dabei in folgender Beziehung zueinander: EW KW ∙ 1 i bzw.KW EW ∙ 1 i . KW ist also der auf die Gegenwart t = 0 abgezinste EW des Projektes, EW der auf das Laufzeitende t = T aufgezinste KW des Projektes. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 62 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XIV Ökonomische Interpretation vom EW: Häufig wird anstelle des abstrakten Kapitalwertes in der Praxis der Endwert bevorzugt. Dieser Endwert beschreibt den Kontostand am Ende T des Planungszeitraums für ein Projekt besonders anschaulich: Er gibt an, um welchen Betrag sich das Vermögen des Investors nach vollständigem Abschluss dieses Investitionsprojektes vermehrt (für den Fall EW > 0) bzw. vermindert (für den Fall EW < 0) hat. Eine Investition gemäß Endwertkriterium ist dann vorteilhaft, wenn ihr Endwert mindestens so groß ist wie der Endwert der „Opportunität“ (d.h. der alternativ möglichen Geldanlage eigener liquider Mittel zum Zins i oder der Unterlassungsalternative, wenn das Projekt durch Aufnahme eines Kredites zum Zins i finanziert werden soll). Kapitalwert- und Endwertkriterium sind deshalb äquivalent in ihren Resultaten für eine projektindividuelle Betrachtung der Vorteilhaftigkeit! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 63 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XV Interpretation vom EW (Fortsetzung): Beispiel 1 (Fortsetzung): Gegeben sei ct (t = 0, 1, 2, 3) mit c0 = - 1000; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 800. Ist diese Zahlungsreihe ökonomisch vorteilhaft für i = 10%? Allgemein gilt bekanntlich: Eine Zahlungsreihe ist stets dann vorteilhaft, wenn sie die Entnahme von Geldbeträgen durch den Durchführenden gemäß der zugrunde gelegten Zielsetzung (Konsumpräferenz) ermöglicht! Angenommen sei nun, dieser Akteur möchte am Projektende t = 3 möglichst viel Geld konsumieren, Ziel ist also die Maximierung des Endwertes. Die Frage nach der Vorteilhaftigkeit des Projektes lässt sich leicht beantworten, indem man die Zahlungsreihe der Investition durch Gegengeschäfte zum Zins i auf den relevanten Zeitpunkt t = 3 verdichtet. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 64 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XVI EW – Beispiel 1 mit vollständiger Kreditfinanzierung: ct t=0 t=1 t=2 –1000 300 400 10% 800 1,1–3 601,1 10% 400 1,1–2 330,6 10% 300 1,1–1 272,7 KW/EW t=3 800 –1000 1,13 400 300 204,4 ⇒ Aufzinsung ⇒ –1331 400 1,1 440 300 1,12 363 204,4 ∙ 1,13 272 Da Kredite und Geldanlagen zu 10% beliebig verfügbar sind, kann in t = 0 ein Kredit in Höhe von 1000 aufgenommen werden, der nach 3 Jahren mit Zins und Zinseszins auf 1331 (= 1000 1,13) angewachsen ist. Die Cash Flows aus t = 1 (300 1,12 ), t = 2 (400 1,1) und t = 3 (800) reichen nicht nur zur Ablösung dieser Kreditschuld aus. Es bleibt ein Überschuss, der Endwert, in Höhe von 272 übrig, der dem auf t = 3 aufgezinsten Kapitalwert der Zahlungsreihe entspricht. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 65 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XVII Interpretation vom EW (Fortsetzung): • Der Endwert (EW) eines Investitionsprojektes stimmt nur dann mit dem Endvermögen (EV) des Durchführenden am Ende der Laufzeit T überein, wenn dieses Projekt vollständig mit einem Kredit finanziert worden ist, d.h. Anfangsvermögen (AV) = 0. • Wird das Projekt dagegen teilweise oder vollständig mittels eigener liquider Zahlungsmittel, d.h. aus einem Anfangsvermögen (AV) > 0, finanziert, entspricht das Endvermögen (EV) des Durchführenden am Ende der Laufzeit T dem Endvermögen der Opportunitätsanlage für die genutzten liquiden Mittel (d.h. für AV) plus dem Endwert (EW). Das Endvermögen ist dann größer als der Endwert. • Formal gilt also (mit KW als dem Kapitalwert des Projektes und i als dem einheitlichen Kapitalmarktzins) in beiden Fällen: ∙ Investition und Finanzierung ∙ Aurelio J. F. Vincenti . 66 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XVIII Ökonomische Deutung des Kapitalwertes KW und des Endwertes EW: Unabhängig von der Finanzierung gelten für die beiden Größen KW und EW aus ökonomischer Sicht folgende Deutungen: • Der KW ist der Geldbetrag, um den sich das Vermögen des Durchführenden im Vergleich zur Unterlassungsalternative am Anfang des Projektes (t = 0) ändert. Diese Vermögensdifferenz kann positiv (KW > 0), negativ (KW < 0) oder null (KW = 0) sein. ⇔Der EW ist der Geldbetrag, um den sich das Vermögen des Durchführenden im Vergleich zur Unterlassungsalternative nach Abschluss des Projektes (t = T) ändert. Diese Vermögensdifferenz kann positiv (EW > 0), negativ (EW < 0) oder null (EW = 0) sein. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 67 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XIX Ökonomische Deutung vom KW und EW (Fortsetzung): Alternative (äquivalente Deutungen): • Ein positiver KW (> 0) ist der Geldbetrag, der dem Investor des Projektes zu Beginn (t = 0) mindestens gegeben werden müsste, damit er das Projekt nicht durchführt (Unterlassungsalternative). ⇔Ein positiver EW (> 0) ist der Geldbetrag, der dem Investor am Ende des Projektes (t = T) mindestens gegeben werden müsste, damit er das Projekt nicht durchführt (Unterlassungsalternative). • Ein negativer KW (< 0) ist der Geldbetrag, den der Durchführende zu Beginn des Projektes (t = 0) mindestens erhalten müsste, damit er nicht die Unterlassungsalternative, sondern das Projekt wählt. ⇔Ein negativer EW (< 0) ist der Geldbetrag, den der Durchführende am Ende des Projektes (t = T) mindestens erhalten müsste, damit er nicht die Unterlassungsalternative, sondern das Projekt wählt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 68 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XX Entscheidungsregeln projektindividuell: Diese beziehen sich auf die Entscheidung, ob ein bestimmtes Investitionsprojekt durchgeführt wird oder nicht, wobei letztere Handlung dann der Unterlassungsalternative entspricht: Wegen der inhaltlichen Strukturgleichheit zwischen Kapitalwert und Endwert gelten hier allgemein folgende Grundsätze: Ein Projekt ist vorteilhaft im Vergleich zur Unterlassungsalternative und sollte dann durchgeführt werden, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft: 1. Das Projekt besitzt einen positiven Kapitalwert (KW > 0). 2. Das Projekt besitzt einen positiven Endwert (EW > 0). 3. Das Projekt führt zu einem Endvermögenzuwachs im Vergleich zur Unterlassungsalternative. Für projektindividuelle Entscheidungen sind diese Kriterien äquivalent! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 69 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXI Entscheidungsregeln Auswahlentscheidungen: Diese beziehen sich auf die Auswahl zwischen verschiedenen (sich ausschließenden) Investitionsprojekten und die Frage, welche(s) davon durchgeführt werden soll(en) und welche(s) nicht: Auswahlentscheidungen sind nur dann anhand von Kennzahlen möglich, wenn diese sich auf den gleichen Zeitpunkt beziehen. Dieser Sachverhalt trifft grundsätzlich auf das Kapitalwertkriterium zu. Hier werden definitionsgemäß Gegenwarts- bzw. Barwerte, d.h. stets die Periode t = 0 miteinander verglichen. Für den Endwert- und den Endvermögensvergleich gilt dies nur dann: • Wenn alle Projekte die gleiche Laufzeit haben. • Wenn die verwendeten Kennzahlen bei Projekten unterschiedlicher Laufzeit auf den gleichen Vergleichszeitpunkt angepasst werden. Erst danach können sie miteinander sinnvoll verglichen werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 70 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXII Auswahlentscheidungen (Fortsetzung) – Beispiel Vergleich zweier Projekte a1 und a2 : Welches der beiden Projekte soll für i = 10% durchgeführt werden? Gegeben Projekt a1: c1t (t = 0, 1, 2, 3) mit c10 = - 1000; c11 = + 300; c12 = + 400; c13 = + 800. Gegeben Projekt a2: c2t (t = 0, 1, 2, 3, 4) mit c20 = - 1000; c21 = + 300; c22 = + 400; c23 = + 70; c24 = + 800. Kapitalwertkriterium (stets einheitlicher Vergleichszeitpunkt t = 0): c ∙ 1 c ∙ 1 i i 1000 1000 300 1,1 300 1,1 400 1,1 400 1,1 70 1,1 800 1,1 800 1,1 , . , . Projekt a1 wird durchgeführt! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 71 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXIII Auswahlentscheidungen (Fortsetzung) – Beispiel: Fortsetzung des Vergleichs der zwei Projekte a1 und a2: Endwertkriterium (unterschiedliche Projektlaufzeiten möglich): KW ∙ 1 i KW ∙ 1 i 204,4 ∙ 1,1 202,3 ∙ 1,1 . , . Würde man einfach die Endwerte der Projekte miteinander vergleichen, obwohl diese verschiedene Laufzeiten haben, würde man fälschlicherweise Projekt a2 wählen. Für einen korrekten Vergleich müssen die beiden Laufzeiten angepasst werden, indem etwa die Größe zunächst auf 4 Perioden aufgezinst wird. Dann gilt: ∗ EW ∙ 1 i KW ∙ 1 KW ∙ 1 i i ∙ 1 i 204,4 ∙ 1,1 202,3 ∙ 1,1 , . , . Projekt a1 wird nun gemäß Endwertkriterium ebenfalls bevorzugt! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 72 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXIV Auswahlentscheidungen (Fortsetzung): Allgemein gilt für Auswahlentscheidungen der Grundsatz, die Projektalternative durchzuführen, die den höchsten Kapitalwert besitzt. Die Vorgehensweise besteht dabei aus zwei Schritten: • Schritt 1: Berechnung des Investitionsprojektes mit dem größten (maximalen) Kapitalwert KWmax. • Schritt 2: – Ist der Kapitalwert dieser Alternative positiv (d.h. gilt KWmax > 0), ist dieses Projekt besser als die Unterlassungsalternative (Vermögenszuwachs) und wird deshalb durchgeführt. – Ist der Kapitalwert dieser Alternative negativ (d.h. gilt KWmax < 0), ist dieses Projekt schlechter als die Unterlassungsalternative (Vermögensverlust). Deshalb wird gar kein Projekt realisiert! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 73 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXV Kapitalwertfunktionen KW(i) der zwei Projekte a1 und a2 : KW +500 0 (367) ⇔∑ c X X (204) (340) X (-9) (202) X X 5 10 20 (-46) ⇔∑ 30 (-168) X X (-221) c 570 40 (-290) X X (-348) i = 9,59% (Zinssatz bei dem KW = KW ) -500 -1000 500 ⇔ ⇔lim • • i Für i < 9,59 ist Projekt a2 besser. Für i > 9,59 ist Projekt a1 besser. → Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 74 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXVI Zinssensitivität des Kapitalwertkriteriums: Das vorhergehende Beispiel zeigt, dass die Vorteilhaftigkeit einer Investition im Vergleich zu einer zweiten Investition bei verschiedenen Kalkulationszinsen durchaus unterschiedlich sein kann. M.a.W. : Die Rangfolge bei einer Vorteilhaftigkeitsbetrachtung ist immer zinsabhängig! Dies gilt sowohl für projektindividuelle Entscheidungen (Vergleich mit der Unterlassungsalternative) als auch für Auswahlentscheidungen. Grundsätzlich sind hierbei folgende Richtlinien relevant: Investitionsprojekte mit hohen Anfangsauszahlungen und/oder in der Tendenz hohen Einzahlungsüberschüssen, die erst in der ferneren Zukunft (späte Perioden) fließen, sind zinssensitiver als Projekte mit niedrigen Anfangsauszahlungen und/oder in der Tendenz hohen Rückzahlungen bereits in der näheren Zukunft (frühe Perioden). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 75 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Kapitalwert XXVII Differenzzahlungsreihe a2 a1 der Projekte a1 und a2: a2 a1 a2 a1 KW c X ⇔∑ +50 X (28) (51) X 0 2 5 -50 Investition und Finanzierung - 1000 - 1000 0 c + 300 + 300 0 + 400 + 400 0 + 70 + 800 - 730 + 800 0 +800 Allgemein gilt: KW (a2 a1) = KW (a2) - KW (a1) (-2 für i =10%) 30 40 X lim a2 a1 10 20 15 → X (-52) (-23) X (-58) X (-37) (0) X i = 9,59% (Zinssatz bei dem KW = KW ) Aurelio J. F. Vincenti i 76 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität I Konzept der Annuität: Bisher sind mit dem Kapitalwert- und dem Endwertkriterium zwei zeitpunktbezogene Kennzahlen betrachtet worden. Beide Kriterien entsprechen bekanntlich einer Konsumpräferenz, die auf den Aspekt der Vermögensmaximierung hin ausgerichtet ist. So steht der Kapitalwert für das Ziel der Barwertmaximierung, während auf der Gegenseite der Endwert sich am Ziel der Endwertmaximierung (bzw. Endvermögensmaximierung orientiert. Häufig (v.a. in der betrieblichen Praxis) wird jedoch das Denken in zeitraumbezogenen Kennzahlen (Gewinn, Erfolg pro Jahr u.a.) bevorzugt. Hinsichtlich der Konsumpräferenz entspricht diese Sicht dem Ziel der Einkommensmaximierung, also der Suche nach einem Entnahmestrom, dessen Breite im Sinne zeitraumbezogener Entnahmen bei sonst vorgegebener Struktur maximiert werden soll. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 77 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität II Annuität (Fortsetzung): Unter einer solchen Perspektive, welche die Einkommensmaximierung als Ziel betont, kann der Kapitalwert in eine dazu äquivalente Periodengröße umgewandelt werden, die Annuität a*. Durch sie wird er (als Barwert des Vermögenszuwachses durch eine Investition) gleichmäßig auf alle Zeitpunkte T der Projektdauer als Rente verteilt. Konkret wird der in t = 0 verfügbare Kapitalwert am Kapitalmarkt angelegt, so dass er in T gleichen Zahlungen als Annuität a* jeweils an den Periodenenden t = 1, 2, …, T ausgeschüttet werden kann. Es gilt folglich: ∗ ; ∗ Investition und Finanzierung ∙ ; ∙ . KW. Aurelio J. F. Vincenti 78 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität III Annuität (Fortsetzung): Beispiel: • Gesucht ist die Annuität ∗ von a1 für i = 5% und c1t (t = 0, 1, 2, 3) mit c10 = - 1000; c11 = + 300; c12 = + 400; c13 = + 800. Es gilt: ∗ • 0,05 1 1,05 ∙ 339,6 0,3672 ∙ 339,6 , . Gesucht ist die Annuität ∗ von a2 für i = 5% und c2t (t = 0, 1, 2, 3, 4) mit c20 = - 1000; c21 = + 300; c22 = + 400; c23 = + 70; c24 = + 800. Es gilt: ∗ 0,05 1 1,05 Investition und Finanzierung ∙ 367,2 0,2820 ∙ 367,2 Aurelio J. F. Vincenti , . 79 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität IV Annuität (Fortsetzung) – als Entscheidungskriterium: Da ANF(i;T) definitionsgemäß positiv ist, haben Annuität und Kapitalwert (sowie Endwert) stets das gleiche Vorzeichen. Daraus folgt: • Projektindividuelle Entscheidungen: Hier gelten für die Annuität die gleichen Grundsätze wie für das Kapitalwertund Endwertkriterium: – Projekte mit a* > 0 sind vorteilhaft und werden durchgeführt. – Projekte mit a* < 0 sind nachteilig. An ihrer Stelle wird die Unterlassungsalternative gewählt. – Projekte mit a* = 0 sind äquivalent zur Unterlassungsalternative. • Auswahlentscheidungen (bei sich ausschließenden Projekten): Die Annuität eignet sich (wie der Endwert) nur dann als Kriterium für die Auswahl, wenn sich die projektindividuellen Annuitäten auf die gleiche Laufzeit beziehen. In diesem Fall wird das Projekt mit der höchsten Annuität gewählt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 80 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität V Ökonomische Interpretation der Annuität: Die Annuität a* ist sozusagen eine „Verrentung“ des Kapitalwerts und damit der durchschnittliche Einzahlungsüberschuss des Projektes während seiner Laufzeit. a* gibt dabei an, wie breit der gleichmäßige Einkommensstrom ist, der sich aus dem Vermögenszuwachs bei Durchführung der Investition erzeugen lässt. M.a.W.: Der Investor erreicht bei Durchführung des Projektes das gleiche Endvermögen wie bei Entscheidung für die Unterlassungsalternative und zusätzlich • kann er bei a* > 0 in allen Zeitpunkten t = 1, 2, …. T über einen Zahlungsbetrag in Höhe dieser Annuität a* verfügen. • muss er bei a* < 0 in allen Zeitpunkten t = 1, 2, …. T einen weiteren Betrag in Höhe dieser Annuität a* in das Projekt investieren. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 81 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Annuität VI Entscheidungskriterien - Überblick: Ziele Vermögensmaximierung am Anfang Vermögensmaximierung am Ende Kapitalwert KW Endwert EW ∙ ∙ Entnahmestrommaximierung periodisch Annuität ∗ ∗ KW Gleiche Vorteilhaftigkeit, da EW und a* direkt von KW abhängen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 82 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß I Rendite eines Projektes als relative Größe: In der betrieblichen Praxis ist die Rendite eine häufig verwendete Größe, um einen Zahlungsstrom zu bewerten, etwa im Rahmen der Wertpapieranlage oder bei der Entscheidung bezüglich der Durchführung eines Investitionsvorhabens. Als Ziel wird dabei i.d.R. die Maximierung einer solchen „Rendite“ ins Blickfeld gerückt: Für die Rendite Ri eines Projektes/Wertpapiers i pro Periode gilt dabei: Periodenergebnis Anfangskapital Periodenergebnis 1 Anfangskapital Anfangskapital mit dem Periodenergebnis als Summe aus dem Periodenendkapital und eventuellen Zwischen-Cash-Flows (z.B. Dividenden, Zinsen). Die Rendite bezieht sich (im Gegensatz zu den bisher betrachteten Kriterien) folglich nicht auf absolute Vermögensänderungen, sondern bildet eine Kennzahl für relative Vermögensänderungen pro Periode. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 83 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß II Interner Zins als Maßstab für die Rendite eines Projektes: Der interne Zins(satz bzw. –fuß) liefert, anders als der Kapitalwert (oder der Endwert oder die Annuität) keine Aussage zur absoluten Steigerung des Vermögens (bzw. der Konsummöglichkeiten) bei Durchführung eines Investitionsprojektes. Vielmehr stellt er eine wegen ihrer Anschaulichkeit oftmals benutzte Renditekennzahl dar. Der interne Zins beschreibt dabei die relative Vermögensänderung (%) bei Durchführung eines Investitionsprojektes bezogen auf den dafür benötigten Vermögenseinsatz. Konzeptionell entspricht der interne Zins i* dem Kalkulationszins einer Zahlungsreihe, der zu einem Kapitalwert von Null führt. Es gilt formal: c ∙ 1 Investition und Finanzierung ∗ Aurelio J. F. Vincenti . 84 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß III Interner Zins – Bestimmung: • Graphische Bestimmung: i* als Schnittstelle der Kapitalwertfunktion mit der x-Achse. Beispiel Differenzenzahlungsreihe a2 a1: KW X⇔∑ +50 X c c -50 2 X 10 5 - 1000 + 300 + 400 a1 - 1000 + 300 + 400 + 800 a2 a1 X 0 a2 0 Investition und Finanzierung 0 30 15 X X → X - 730 0 +800 40 lim 20 i* = 9,59% (Für i* gilt: KW a2 0 + 70 + 800 a2 a1 i X a1 KW a2 KW a1 0 ⇒ für ∗ :KW = KW ) Aurelio J. F. Vincenti 85 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß IV Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung): • Formale Bestimmung: Während bei der Kapitalwertmethode i vorgegeben ist und KW gesucht wird, verhält es sich bei der internen Zinsmethode genau umgekehrt: KW (= 0) ist vorgegeben und i = i* wird gesucht. Damit erfordert die Ermittlung von i* die Berechnung eines Polynoms T-ten Grades. Dies führt zu zwei Problembereichen: Eine explizite Ermittlung durch Auflösung nach i* ist nur in Sonderfällen möglich. Ansonsten kann die Berechnung von i* nur implizit durch Näherungsverfahren erfolgen. Jedes Polynom T-ten Grades besitzt maximal T reelle oder komplexe Nullstellen. Es kann also sein, dass eine Zahlungsreihe mehr als einen reellen internen Zins aufweist. Auf der Gegenseite sind auch Zahlungsreihen ohne reelle Lösung für i* möglich. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 86 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß V Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung): • Einige Sonderfälle der formalen Bestimmung: Zahlungsreihe mit nur einer Auszahlung und einer Einzahlung: Beispiel: In t = 0 Auszahlung = - 800; in t = 1 Einzahlung = 850. Allgemein gilt: 800 Eingesetzt: c ∗ ∗ . 0 ⇒ 850 i∗ ⇒ 800 ∙ 1 ∗ , %. Beispiel Differenzenzahlungsreihe a2 a1: Zahlungsreihe: a2 a1 Eingesetzt: ∗ ∗ Investition und Finanzierung 0 ⇒ 730 ∙ 1 t=0 0 i∗ t=1 0 800 ⇒ Aurelio J. F. Vincenti t=2 0 ∗ t=3 - 730 , t=4 +800 %. 87 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß VI Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung): Nullkuponanleihe (Zero-Bond-Anleihe): Auf eine anfängliche Auszahlung in t = 0 folgt nur eine einzige Einzahlung am Ende der Laufzeit in t = T, die neben der Rückzahlung der Anleihe zusätzlich auch alle in der Zwischenzeit angefallenen Zinsen und Zinseszinsen beinhaltet. Beispiel: In t = 0 Auszahlung = - 1100; in t = T Einzahlung = 5000. Laufzeit der Anleihe T = 30 Jahre. Allgemein gilt: ⇒ 1 Eingesetzt: ∗ Investition und Finanzierung c ⇒c ∙ 1 ∗ i∗ ∗ ⇒ 1 , i∗ c . . %. Aurelio J. F. Vincenti 88 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß VII Interner Zins – Bestimmung (Fortsetzung): Zahlungsreihe mit nur 3 Zeitpunkten (t = 0, 1, 2): c Allgemein gilt: i∗ ⇒c ∙ 1 ⇒ 1 i∗ ∗ ∙ , ∙ ∙ . ∗ c ∙ 1 i∗ bzw. ∗ c 0. ∙ , ∙ . ∙ (In dieser Darstellung müssen bei ct die Vorzeichen beachtet werden!) Beispiel: c0 = - 1000; c1 = (+) 2300; c2 = - 1300. Eingesetzt: ∗ ∙ , ⇒ i∗ ∙ , Investition und Finanzierung ∙ ∙ 1 1⇒ ∙ ∙ ∗ %und Aurelio J. F. Vincenti ∗ 1. %. 89 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß VIII Interner Zins – Vorliegen und Eindeutigkeit: • Definitionsbereich: i* > –1: Ein negativer interner Zins ist möglich und ökonomisch interpretierbar, solange er größer ist als –100%. Man kann nicht mehr als 100% des jeweiligen Vermögenseinsatzes verlieren. • Die Zahl der internen Zinssätze (i*) > –1 einer Zahlungsreihe entspricht der Zahl der Vorzeichenwechsel in dieser Zahlungsreihe oder fällt um eine gerade Zahl kleiner aus. Beispiel: c0 = - 1020; c1 = (+) 2300; c2 = - 1300. Eingesetzt: ∗ , ∙ ∙ ∙ Wegen 2300 4 ∙ 1020 ∙ keine reelle Lösung für i*. Investition und Finanzierung ∙ 1 ∙ ∙ 1300 Aurelio J. F. Vincenti 14000 1. 0 gibt es 90 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß IX Interner Zins – Vorliegen und Eindeutigkeit (Fortsetzung): Normalinvestitionen (d.h. Zahlungsreihen mit genau einem Vorzeichenwechsel von – nach +) haben aufgrund des typischen Verlaufs ihrer Kapitalwertfunktionen immer einen eindeutigen internen Zins i*! Außerdem gilt hier: • Ist der Nominalwert einer Normalinvestition, d.h. die Summe der nicht abgezinsten bzw. mit i = 0 abgezinsten Einzelzahlungsströme, positiv (negativ), ist auch i* positiv (negativ). ⇒Folglich weist jede Normalinvestition mit negativem Nominalwert auch im Bereich von i > 0 immer negative Kapitalwerte auf. • Für i –1 (bzw. q 0) strebt der KW einer Normalinvestition gegen ∞, so dass KW (i) für sehr kleine i immer positiv ist. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 91 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß X Interner Zins – Ökonomische Deutung (für Normalinvestitionen): • Effektivverzinsung des jeweils im Projekt gebundenen Kapitals beim einem Investitionsvorhaben. • Kritischer Zins i*, bei dem der Entscheider indifferent ist zwischen Durchführen und Unterlassen des Investition. ⇒ Maximale Kapitalkostenbelastung bei Kreditfinanzierung: Höchster Sollzinssatz, den man gerade noch akzeptieren könnte, um den Kapitaldienst für die anfänglichen Auszahlungen (Zinsen und Tilgungen) aus den Investitionsrückflüssen leisten zu können. ⇒Maximale Opportunitätskosten bei Eigenfinanzierung: Höchster Zinssatz, den man sich bei Eigenfinanzierung der Investition durch die anderweitige Verwendung der liquiden Mittel am Kapitalmarkt (Zins- und Zinseszinsen) “entgehen” lassen dürfte. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 92 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XI Interner Zins – Ökonomische Deutung (Fortsetzung): Beispiel für die Effektivverzinsung des gebundenen Kapitals: Zahlungsreihe ct = –1000; 200; 390; 660 für t = 1, 2, 3, 4 mit i* = 10%: t 0 1 2 3 Kapitalbindung in t – 1 1000 900 600 Zinszahlungen (bei i* = 10%) 100 90 60 Tilgung (∑= 1000) 100 300 600 Rückflüsse ct (in t = 1, 2, 3) 200 390 660 Kapitalbindung in t 1000 900 600 0 Gedankenbeispiel eines in jeder Periode mit 10% verzinsten Kontos für ct : Das Unternehmen eröffnet in t = 0 ein Konto und zahlt 1000 ein. Dieses gebundene Kapital (Guthaben) erbringt in t = 1 100 (≙i* Zinsen. Gleichzeitig werden 200 zum Verbrauch abgehoben, so dass das gebundene Kapital (als Restforderung an die Investition) auf 900 sinkt usw., bis in t =3 das Konto vollständig geleert ist. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 93 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XII Interner Zins als Vorteilhaftigkeitskriterium: • Projektindividuell: Bei Normalinvestitionen eignet sich der interne Zins i* als Kennzahl zur Beurteilung ihrer Vorteilhaftigkeit: Eine Investition ist dann sinnvoll, wenn der interne Zins i* des Projektes größer als der Kalkulationszins i ist. Denn unter diesen Bedingungen übertrifft die „innere Rendite i*“ der Investition die Opportunitätskosten i einer Kapitalmarktanlage bzw. sind die maximal verkraftbaren Finanzierungskosten i* höher als die tatsächlichen Kreditkosten i. Zusatzinformation durch die Bestimmung von i* (im Vergleich zur „einfachen“ Kapitalwertmethode): In der betrieblichen Praxis ist die Alternativanlage (d.h. der Kalkulationszins) i oftmals nicht genau bekannt bzw. ist in der Höhe unsicher. Kann man aber abschätzen, dass i* auf jeden Fall größer als ein real zu erwartender Wert von i ist, kann die Vorteilhaftigkeit „leichter“ als mit dem KW beurteilt werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 94 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XIII Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung): • KW Normalinvestition a3: Es gilt: • KW (a3) > 0 für i < i*. • KW (a3) < 0 für i > i*. X Investition a4: Es gilt nicht: • KW (a4) > 0 für i < i*1 sondern • KW (a4) < 0 für i < i*1. Beispiel projektindividuell: X X X X X 0 X X X X X X X X X i*1 i* i X X i*2 X X X X Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 95 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XIV Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung): • Auswahlentscheidungen: Diesbezüglich ist zu berücksichtigen, dass es sich bei i* um eine relative (Rendite-)Kennzahl handelt. Ein Vergleich verschiedener Relativgrößen ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn die jeweiligen Bezugsbasen dieser Kriterien übereinstimmen. Im Fall von i* betrifft dies die jeweiligen Kapitalbindungen. Unterschiedliche Investitionsprojekte weisen allerdings i.d.R. zu jedem Zeitpunkt eine voneinander abweichende Kapitalbindung auf. Deshalb besitzen die internen Zinsfüße i.d.R. unterschiedliche Bezugsbasen. ⇒ Das relative Zielkriterium interner Zins i* ist deshalb eine nicht geeignete Kennzahl, um verschiedene Projekte hinsichtlich ihrer ökonomischen Vorteilhaftigkeit miteinander zu vergleichen! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 96 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XV Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung): • Beispiel Auswahlentscheidungen: Projekte a1 und a2 : KW ⇔∑ ⇔∑ +500 c c 570 500 a1 - 1000 + 300 + 400 + 800 a2 - 1000 + 300 + 400 i*(a2) 0 -500 -1000 5 • • 10 i*(a1) XX 20 30 0 + 70 + 800 40 i i = 9,59% Für i < 9,59 ist Projekt a2 besser. ⇔ Es gilt jedoch: i*(a1) > i*(a2). Für i > 9,59 ist Projekt a1 besser. ⇔ ⇔lim → Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 97 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XVI Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung): • Auswahlentscheidungen: Die problembehaftete Vergleichbarkeit von internen Zinsfüßen findet ihren formalen Ausdruck in dem offensichtlichen Konflikt dieser Kennzahl mit dem Kapitalwertkriterium bei Auswahlentscheidungen. Denn das Konzept des Kapitalwertes baut auf der Wiederanlage zum Kapitalmarktzins i auf, während das Konzept des internen Zinses gewissermaßen eine Wiederanlage zum internen Zins i* ( i.d.R. i) vorsieht. Auch kann eine niedrigere Rendite auf einen im Durchschnitt hohen Kapitalbetrag ökonomisch durchaus einer höheren Rendite auf einen viel kleineren Kapitalbetrag vorzuziehen sein, weil das Projekt mit der niedrigeren Rendite u.U. insgesamt einen höheren Vermögenszuwachs ermöglicht. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 98 Kapitel 04 – Investitionstheorie 3: VMS – Interner Zinsfuß XVII Interner Zins – Vorteilhaftigkeit (Fortsetzung): • Auswahlentscheidungen: Dennoch schätzt es die Praxis, Renditen miteinander zu vergleichen, z.B. die Effektivzinssätze von Krediten bzw. von Geldanlagen. Man unterstellt dabei implizit, dass deren Kapitalwertfunktionen sich nicht schneiden bzw. dass der Kalkulationszins im unkritischen Bereich liegt, in dem Kapitalwert- und interne Zinsfußmethode zum gleichen Ergebnis kommen. Bei diesen Zahlungsreihen ist der Vergleich verschiedener Angebote mit dem internen Zinssatz aus den folgenden Gründen nicht (ganz) so problematisch wie bei Sachinvestitionen: • Die zu vergleichenden Anfangsauszahlungen sind ähnlich groß. • Zins- und ev. Tilgungsleistungen sind bzgl. Höhe und zeitlicher Struktur ähnlich. • Die Laufzeiten haben eine ähnliche Länge. Unter diesen Bedingungen ist die Wahrscheinlichkeit durchaus hoch, dass eine Auswahlentscheidung auf Grundlage des internen Zinses nicht anders ausfällt, als auf Grundlage des Kapitalwertes. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 99 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Einführung I Beurteilung eines Investitionsprojektes auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt (unter Sicherheit): Merkmale unvollkommener Märkte: • Soll- und Habenzins können voneinander abweichen. I.d.R. ist der Zins für eine Kapitalanlage niedriger als der Zins für einen Kredit. • Kapital ist nicht mehr unbegrenzt verfügbar. Die Kreditaufnahme ist eingeschränkt und z.B. an die Bereitstellung von Kreditsicherheiten oder Bürgschaften geknüpft. Je höher die „Verschuldung“ eines Wirtschaftssubjektes ausfällt, desto niedriger ist i.d.R. seine Bonität und desto höher sind die zu zahlenden Kreditzinsen. Um ein Investitionsprojekt auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt hinsichtlich seiner Vorteilhaftigkeit zu bewerten, ist das Ergebnis dieser Bewertung deshalb nicht mehr unabhängig von der konkreten Finanzierungsentscheidung: Die Fisher-Separation gilt nicht mehr! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 100 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Einführung II Unvollkommener Kapitalmarkt (Fortsetzung): Da auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt definitionsgemäß kein allgemein gültiger Kalkulationszins mehr gegeben ist, hängt die Vorteilhaftigkeit eines Projektes auch davon ab, welche anderen Zahlungsströme vorhanden sind. Zwischen diesen bestehen nämlich wechselseitige Abhängigkeiten. Deswegen erfordert die Festlegung eines angemessenen Kalkulationszinses, um mit ihm ein Projekt auf seine Vorteilhaftigkeit hin zu bewerten, stets das Wissen um die finanzwirtschaftliche Gesamtplanung. M.a.W. Der richtige Kalkulationszins ist nicht mehr eine exogene (vorgegebene) Größe für die Investitionsbewertung, sondern eine endogene Größe. Diese lässt sich erst exakt ermitteln, wenn man das Ergebnis der Investitionsrechnung kennt. Sobald man aber im Nachhinein diese Kenntnis besitzt, liegt die benötigte Information ja bereits vor, und das ursprüngliche Problem (Bewertung der Vorteilhaftigkeit) ist schon gelöst. Dieser Sachverhalt heißt Dilemma der Lenkpreistheorie. Wirklich gelöst werden kann es i.d.R. nur durch Totalmodelle, die die gesamte (mehrperiodige) Investitions- und Finanzierungsplanung eines Unternehmens analysieren. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 101 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Partialmodell Kapitalwert I Die Kapitalwertmethode als Partialmodell auf einem unvollkommenen Kapitalmarkt: Wohl ist auf dem unvollkommenen Kapitalmarkt die isolierte Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Projektes mittels der Kapitalwertmethode eigentlich nicht möglich. Dennoch gibt es immer wieder Situationen, bei denen auf die Erstellung eines komplexen Totalmodells mit simultaner Investitions- und Finanzplanung verzichtet werden kann. Sofern es möglich ist, die für die zukünftigen Perioden maßgeblichen Zinsfüße eindeutig und korrekt (vorab) zu schätzen, lässt sich auch unter den Bedingungen eines unvollkommenen Marktes der Kapitalwert (bzw. Endwert oder Annuität) als einfaches Partialmodell zur Bewertung der Vorteilhaftigkeit einer Investition nutzen. I.d.R. wird man dabei allerdings periodenspezifisch unterschiedliche Kalkulationszinsfüße verwenden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 102 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Partialmodell Kapitalwert II Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung): Allgemein gilt: Abzinsen von ct bei unterschiedlichen it auf den Barwert c0: c c ∙ 1 i ∙ 1 i ∙ …∙ 1 i c ∙ 1 iτ . Der periodenspezifisch zu wählende it hängt dabei ab: • Von der konkreten Finanzlage des Unternehmens: In manchen Perioden führen die durch das Projekt bedingten Cash Flows zu einer Erhöhung/Verminderung des Anlagevermögens. ⇒Habenzins der Alternativanlage ist der relevante Kalkulationszins. In manchen Perioden führen die durch das Projekt bedingten Cash Flows zu einer Erhöhung/Verminderung des Kreditvolumens. ⇒Sollzins der Kreditbeschaffung ist der relevante Kalkulationszins. • Von der periodenspezifischen Veränderung des jeweils relevanten Kalkulationszinses. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 103 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Partialmodell Kapitalwert III Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung): Beispiel: Gegeben seien: • • • Zahlungsreihe ct (t = 0, 1, 2) mit c0 = 1000; c1 = + 500; c2 = + 700. Kassenstand (auf dem Kontokorrentkonto): Kst (t = 0, 1, 2) mit Ks0 = 3000; Ks1 = 2000; Ks2 = 4000. Sollzinssätze iS und Habenzinssätze iH für t = 1, 2: i 10%;i 20%;i 3%;i 6%. Esgilt: KW ⇒ ⇒ c c ∙ 1 iτ ∙ 1 ∙ 1 ∙ 1 1 c ∙ ∙ 1 ∙ 1 1000 ∙ 1,03 ∙ 1,20 1000 ∙ 1 Investition und Finanzierung 500 ∙ 1,03 ∙ 1 1 iτ . . 1 ∙ 1 500 ∙ 1,20 700 ∙ 1,03 1. 700 ∙ 1,20 , ∙ 1,03 ∙ 1,20 Aurelio J. F. Vincenti . , . . 104 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMS – Partialmodell Kapitalwert IV Kapitalwertmethode als Partialmodell (Fortsetzung): Beispiel-Modifikation: Gegeben seien: • • • Zahlungsreihe ct (t = 0, 1, 2) mit c0 = 1000; c1 = + 500; c2 = + 700. Kassenstand (auf dem Kontokorrentkonto): Kst (t = 0, 1, 2) mit Ks0 = 3000; Ks1 = 2000; Ks2 = 4000. Sollzinssätze iS und Habenzinssätze iH für t = 1, 2: i 10%;i 20%;i 3%;i 6%. ∙ 1 Es gilt nun: ∙ 1 ∙ 1 1000 ∙ 1,10 ∙ 1,20 1000 ∙ 1 500 ∙ 1,10 ∙ 1 1 ∙ 1 ∙ 1 500 ∙ 1,20 700 ∙ 1,10 . 1 ∙ 1 700 1. . ∙ 1,20 , ∙ 1,10 ∙ 1,20 , . . In Abhängigkeit vom jeweils relevanten Kalkulationszins kann sich das Ergebnis der Vorteilhaftigkeitsanalyse durchaus grundsätzlich ändern. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 105 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Grundproblem I Die Unsicherheit in der Investitionstheorie: Prinzipiell ist jede Investitionsrechnung in der Realität der betrieblichen Praxis zukunftsorientiert. Es werden nämlich keine vergangenen, sondern stets zukünftige Zahlungsströme bewertet. Allerdings ist die Zukunft und jede Prognose von ihr dem Wesen nach unsicher! Dieses Unsicherheitsproblem kann sich beziehen: – Einerseits auf die Ermittlung der zukünftigen Zahlungsströme aus einem Projekt und der Alternativanlage. – Andererseits auf die Ermittlung der zukünftig relevanten Kalkulationszinsen. Die (realitätsadäquate) Beurteilung eines Investitionsprojektes unter Unsicherheit führt daher zu erheblichen grundsätzlichen Problemen! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 106 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Grundproblem II Unsicherheit in der Investitionstheorie (Fortsetzung): Folge dieses doppelten Prognoseproblems für die Investitionstheorie: Wenn nun die Vorhersage zukünftiger Zahlungsströme und Zinsen nicht möglich oder sehr ungenau ist, besteht grundsätzlich immer die Gefahr, insbesondere wenn es sich um sehr detaillierte Berechnungen bzw. um sehr komplexe Modelle handelt, dass die Inputparameter (Eingangsvariablen) in diesen Modellen sich tatsächlich ganz anders entwickeln, als geplant. Damit sind die Ergebnisse solcher Modelle nicht mehr verwendbar. Es bleiben daher folgende Empfehlungen zur Vorgehensweise: • Bestmögliche Analyse der für die Entscheidung relevanten Formen der Unsicherheit und ihres Ausmaßes. • Integration dieser Analyseergebnisse in die Bewertung von Investitionsprojekten, eventuell Reduktion der Modellkomplexität. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 107 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Grundproblem III Unsicherheit der Zukunft – Grundformen: Fiktion der Quasisicherheit Unsicherheit • bezüglich der Cash Flows • bezüglich der Zinsen Unsicherheit i. e. S. Spiel Risiko mit objektiver mit subjektiver Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeit Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti Ungewissheit Ambiguität Fundamentale Ungewissheit 108 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Grundproblem IV Unsicherheit der Zukunft – Grundkonzepte (Fortsetzung): • Entscheidungen unter Quasisicherheit: Die Fiktion der Sicherheit zukünftiger Ergebnisse wird aufrechterhalten. ⇒ Für gewisse Problemstellungen (z.B. Anlage in festverzinsliche Wertpapiere) ist dies eine durchaus sinnvolle Vorgehensweise. • Spielsituationen (Spieltheorie): Die Zukunft (z.B. Verkaufspreis eines Produktes) hängt von den Handlungen eines rationalen Gegenspielers (z.B. dem Konkurrenten auf dem Markt) ab. • Unsicherheit i.e.S.: Die Zukunft wird durch zufällige Entwicklungen der Umwelt bestimmt: – Fundamentale Ungewissheit: Unerwartete Überraschungen (z.B. Umweltkatastrophe, verändertes politisches Umfeld) können auftreten. ⇒Eine fundamentale Ungewissheit ist nicht berechenbar im Sinn einer rationalen Gewinnmaximierung. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 109 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Grundproblem V Unsicherheit der Zukunft – Grundkonzepte (Fortsetzung): – Ambiguität: Alle möglichen zukünftigen Ereignisse sind bekannt, wenn auch ohne Wissen von Eintrittswahrscheinlichkeiten dafür. Insofern ist die Zukunft hinsichtlich ihres Entwicklungspotentials überschaubar. ⇒Ambiguität ist eingeschränkt berechenbar im Sinn einer rationalen Gewinnmaximierung: Anwendung z.B. im Rahmen einer Szenarioanalyse. – Risikosituationen: Zusätzlich zu den möglichen zukünftigen Ereignissen sind noch die Wahrscheinlichkeiten bekannt, mit der diese Ereignisse eintreten werden. Diese Wahrscheinlichkeiten können entweder objektiver oder zumindest subjektiver Art sein. ⇒Risikosituationen sind berechenbar im Sinn einer rationalen Gewinnmaximierung: Die Nutzung von Wahrscheinlichkeiten ist eine gängige und die übliche Methode, um Unsicherheit auf den Finanz- und Kapitalmärkten darzustellen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 110 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze I Umgang mit Unsicherheit in der Finanzierung: Szenarioanalyse (ohne Wahrscheinlichkeiten): Es werden verschiedene Investitionsrechnungen für unterschiedliche fiktive Datensituationen, so genannte Szenarien durchgeführt (z.B. pessimistisches – neutrales – optimistisches Szenario). Diese Szenarien können sowohl eine Änderung der Cash Flows als auch eine Änderung des Kalkulationszinses betreffen! • Findet man für alle Datensituationen beispielsweise einen positiven Kapitalwert, darf das Investitionsprojekt als sinnvoll gelten. • Aber auch andernfalls verdeutlicht die Szenarioanalyse, wovon die Vorteilhaftigkeit abhängt und bei welchen Entwicklungen der Kapitalwert negativ wird (z.B. bei einem starken Anstieg der Rohstoffpreise oder beim Wechsel von einer Finanzierung mittels liquider Mittel zu einer Kreditfinanzierung des Projektes). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 111 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze II Unsicherheit – Szenarioanalyse (Fortsetzung): • Eine häufig genutzte Variante der Sensitivitätsanalyse ist die Methode der kritischen Werte. Sie untersucht, in welchem Umfang einer oder mehrere Parameter des zu beurteilenden Investitionsvorhabens sich ändern können, ohne dass es zu einer Änderung der Vorteilhaftigkeit dieses Projektes kommt (indem z.B. der Kapitalwert sein Vorzeichen ändert). • Der bekannteste kritische Wert in der Investitionstheorie ist der interne Zins. Er beschreibt, wie bereits ausführlich dargestellt, die Nullstelle der Kapitalwertfunktion und gibt an, in welchem Umfang der relevante Kalkulationszins einer (Normal-)Investition sich maximal verändern kann, bevor sie mit einem Vermögensverlust einhergeht. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 112 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze III Umgang mit Unsicherheit – (Fortsetzung): Lösungsansätze in Risikosituationen: Risikosituationen sind Situationen, bei denen die künftigen Ergebnisse einer Zahlungsreihe nicht eindeutig sind, sondern verschiedene (diskrete oder stetige) Werte mit jeweils einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen können. Risikosituationen werden üblicherweise durch Kennzahlen näher charakterisiert. In der Finanzierungstheorie sind vor allem folgende Kennzahlen wichtig: • • Zentralmaße beziehen sich auf einen mittleren, für die Verteilung des Ergebnisses „repräsentativen“ Wert, z.B. Erwartungswert . Streuungsmaße beziehen sich auf die Schwankungsbreite der möglichen Ergebniswerte z.B. Varianz und Standardabweichung (bei einer Normalverteilung der Ergebnisse). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 113 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze IV Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): • Mathematischer Erwartungswert μ („Durchschnittswert“): Arithmetischer Mittelwert einer diskreten Ergebnisverteilung mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten als Gewichtungsfaktoren: e ∙p e ∙p ⋯ e ∙p ∙ mitp s 1. Beispiel: p(sj) a1 Es gilt: p(s1)=0,25 p(s2)=0,20 p(s3)=0,15 0 0 ∙ 0,25 30 30 ∙ 0,2 p(s4)=0,3 p(s5)=0,10 60 150 40 40 ∙ 0,15 60 ∙ 0,3 150 ∙ 0,1 Spezialfall: Es existieren gleiche Eintrittswahrscheinlichkeiten für alle sj: ∙∑ . Für das obige Beispiel: ⇒Erwartungswert μ: Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti . 56. 114 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze V Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): • Varianz : Quadratische Abweichung vom Erwartungswert μi einer diskreten (normalverteilten) Ergebnisverteilung: ∙ Für das Beispiel: 0 45 ∙ 0,25 0,3 150 45 ∙ 0,1 Spezialfall: 30 45 . ∙ 0,2 . 40 45 ∙ 0,15 60 45 ∙ bei gleichen Wahrscheinlichkeiten für alle sj: ∙ . Für das Beispiel (mit der Annahme gleicher Wahrscheinlichkeiten): 0 56 30 56 40 56 60 56 150 56 . Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 115 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze VI Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): • Standardabweichung bzw. Schwankungsbreite oder Streuung: Wurzel der quadratischen Abweichung vom Erwartungswert μi einer diskreten (normalverteilten) Ergebnisverteilung: ∙ Für das Beispiel: Spezialfall: σ 1725 . , . bei gleichen Wahrscheinlichkeiten für alle sj: ∙ Für das Beispiel: Investition und Finanzierung σ 2584 . , . Aurelio J. F. Vincenti 116 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze VII Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): In der aktuellen Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie, die sich mit Unsicherheitssituationen (bzw. Risikosituationen) befasst, wird jede Investitionsgelegenheit bzw. Zahlungsreihe vor allem durch zwei verschiedene Kriterien gleichzeitig beurteilt: • Höhe der Zahlungsströme einer Investition: Diesbezüglich beurteilt werden die unsicheren Zahlungsströme dabei durch ihre Erwartungswerte μ. • Sicherheit/Unsicherheit der Zahlungsströme einer Investition: Diesbezüglich beurteilt werden die unsicheren Zahlungsströme dabei durch ihre Standardabweichung bzw. Varianz . Die Unsicherheit wird folglich als eine Risikosituation mit einer bekannten und normalverteilten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten einzelner konkreter Realisationen der Zahlungsströme gesehen! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 117 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze VIII Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): Es findet also eine Informationsverdichtung (bei gleichzeitigem Informationsverlust) einer unsicheren Zahlungsreihe auf zwei Größen, den zugehörigen Erwartungswert μ (als Zentralmaß) und die zugehörige Standardabweichung σ (als Streuungsmaß) statt. Dabei gelten folgende Entscheidungsregeln als rational: Gegeben sei die Präferenzfunktion eines Investors hinsichtlich einer bestimmten Zahlungsreihe ai mit Φ Φ ; und dieser Investor :Φ ]: möchte gleichzeitig seinen Präferenzwert maximieren [ • • Φ ; Φ ; : Ein höherer Erwartungswert ist besser als ein niedrigerer. : Eine geringere Schwankung ist besser als eine höhere. Dies entspricht der Annahme von Risikoscheu. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 118 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze IX Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): Konkret bedeuten diese Prinzipien, dass jede Zahlungsreihe unter Risiko simultan nach zwei Kriterien gleichzeitig beurteilt werden muss, sowohl gemäß ihrem Erwartungswert als auch gemäß ihrer Schwankung. Aufgrund der allgemein unterstellten Risikoscheu wird dabei eine starke Schwankung der Zahlungsströme generell als Nachteil angesehen. Dieser Nachteil kann allerdings durch einen höheren Erwartungswert der Zahlungsreihe kompensiert werden. Gleichzeitig kommt es zu individuellen Unterschieden: Während einzelne Investoren mit hoher Risikoscheu eine (fast) sichere Investition mit niedrigem μ und niedrigem σbevorzugen, gibt es auf der Gegenseite andere, weniger risikoaversive Investoren, die eher eine stark unsichere Investition mit hohem μ und hohem σwollen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 119 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: UMU – Lösungsansätze X Unsicherheit – Risikosituationen (Fortsetzung): Bei (sehr) restriktiven Modellannahmen kommt es unter gewissen Bedingungen zur Ausbildung eines Marktgleichgewichtes, bei dem sich für jedes Risiko eine Art spezifischer und allgemein gültiger Marktpreis bildet. Vergleichbar dem Zeitwert des Geldes manifestiert sich dieser Marktpreis des Risikos im Kalkulationszins, mit dem unsichere zukünftige Zahlungsströme auf ihren (sicheren) Gegenwartswert abgezinst werden. Es gilt: Je höher das Risiko einer Zahlungsreihe, desto höher ist der Zins dafür, bestehend aus dem Marktzuschlag für das jeweilige Risiko plus dem risikolosen Zins. Dieser unter den Bedingungen eines Marktgleichwichts entstandene Zins bietet zugleich auch ein generelles (und jetzt von individuellen Risikopräferenzen unabhängiges) Kriterium für die Bewertung riskanter Investitionen. Nur Projekte, die sich mindestens so hoch verzinsen wie der Marktpreis des Risikos, werden durchgeführt. Im einem solchen Marktgleichgewicht (und nur dort) ist die Investitionsentscheidung unabhängig von der Risikopräferenz des einzelnen und damit werden auch hier generelle Vorteilhaftigkeitsaussagen möglich. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 120 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis I Anlage in festverzinslichen Wertpapieren als Beispiel: Festverzinsliche Wertpapiere (mit vertraglich festgelegten Zinszahlungen) bilden ein gutes Beispiel aus der Praxis für die (relativ) problemlose Anwendung der Kapitalwertmethode bei einer Normalinvestition unter der Fiktion der Sicherheit). Hier kommt es bekanntlich häufig zu folgenden Zahlungsströmen: CT = Rückzahlung am Laufzeitende T als Nominalwert. Z = nachschüssige jährliche (Nominal-)Zinszahlungen. CT 0 1 C0 2 3 … T -1 T Z C0 = Anfangsauszahlung für den Erwerb des Wertpapieres, z.B. sein Börsenkurs. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 121 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis II Anlage in festverzinslichen Wertpapieren (Fortsetzung): Interpretiert man den Börsenkurs für eine solche Anleihe nun als Gegenwartswert und damit zugleich auch als (aktuellen) Kapitalwert dieser Anleihe (analog dazu bilden Kurs- bzw. Kapitalwertänderungen der Anleihe eine Reaktion auf eine Änderung des maßgeblichen Kalkulationszinses – hier des risikoadjustierten Kapitalmarktzinses, d.h. des allgemeinen Zinssatzes plus eines vom jeweiligen Emittenten abhängigen Risikozuschlags), gilt dann: C0 RB Z C0 Z ; CT ∙ ∙ . Nomi ∙ . Beispiel: • C0 Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%; Marktzins 4%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür: ZRBF 4%; 5 Nominalwert ∙ 1 C0 Investition und Finanzierung 60 ∙ 4,4518 i 60 ∙ 1000 ∙ 0,8219 Aurelio J. F. Vincenti , , 1000 ∙ 1,04 . . 122 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis III Anlage in festverzinslichen Wertpapieren (Fortsetzung): Beispiel (Fortsetzung): • C0 Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%; Marktzins 6%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür: ZRBF 6%; 5 Nominalwert ∙ 1 C0 • C0 60 ∙ 4,2124 i 60 ∙ 1000 ∙ 0,7473 , , 1000 ∙ 1,06 . . Anleihe: Nominalwert 1000; Laufzeit 5 Jahre; Nominalzins 6%; Marktzins 8%. Gesucht ist der aktuelle Börsenkurs C0 dafür: ZRBF 8%; 5 Nominalwert ∙ 1 C0 60 ∙ 3,9927 i 60 ∙ 1000 ∙ 0,6806 , , 1000 ∙ 1,08 . . Liegt der Marktzins über (unter) dem Nominalzins, notiert der Börsenkurs unter (über) dem Nominalwert einer derartigen festverzinslichen Anleihe. Gleichzeitig steigt diese Zinsempfindlichkeit mit der Laufzeit. Je länger diese ist, desto stärker reagiert der Kurs auf eine Änderung des Marktzinses. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 123 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis IV Unternehmensbewertung: Der Unternehmenswert eines ganzen Unternehmens bzw. der Wert eines Anteils (z.B. Aktie) davon ist theoretisch einfach bestimmbar: Aus moderner finanzierungstheoretischer Sicht entspricht dieser Wert eines Unternehmens allen zukünftigen Zahlungszuflüssen aus dem Unternehmen an den Eigner, abgezinst auf die Gegenwart: ⇨Damit ist der Unternehmenswert der Kapitalwert eines zukünftigen Zahlungsstroms auf einem unvollkommenen Markt unter Unsicherheit. Dieses Konzept lässt sich auch auf einen Unternehmensanteil (z.B. Aktie eine Unternehmens) übertragen. Es handelt sich um eine Prognose für mehrere unsichere Größen: • Unsichere, zukünftige (!) Cash Flows. • Unsicherer Kalkulationszins. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 124 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis V Unternehmensbewertung (Fortsetzung): Unternehmenswert: Grundformel der Berechnung (entspricht der Kapitalwertformel): UW bzw. UW Mit: UW CFt i t T . = Unternehmenswert. = Zahlungsstrom (Cash Flow) aus dem Unternehmen an den Eigentümer in der Periode t (unsicher). = Kalkulationszins (unsicher). = Periodenindex = Planungszeitraum bzw. Lebensdauer des Unternehmens. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 125 Kapitel 05 – Investitionstheorie 4: Relevanz für die Praxis VI Unternehmensbewertung (Fortsetzung): Die Vorgehensweise (bzw. das Problem) besteht aus folgenden Schritten: 1. Festlegung eines geeigneten Planungshorizontes (Lebensdauerannahme). 2. Schätzung der (unsicheren) Cash Flows für jede Periode. 3. Bestimmung des relevanten (unsicheren) Kalkulationszinses (der periodenspezifisch unterschiedlich sein kann): Hier unterscheiden sich die verschiedenen Methoden der Unternehmensbewertung: • Kapitalmarkttheoretische Unternehmensbewertung: Nutzung eines Marktzinses i (aus einem Gleichgewichtsmodell abgeleitet): Die gesamte Zukunftsunsicherheit wird durch einen „marktgemäßen“ Risikozuschlag auf einen „sicheren“ Marktzins is berücksichtigt. • Investitionstheoretische Unternehmensbewertung: Nutzung eines individuellen, subjektiven Zinses i: Ein unvollkommener Kapitalmarkt erfordert eigentlich ein Totalmodell. In der Praxis wird die gesamte Zukunftsunsicherheit dennoch häufig als subjektiver Risikozuschlag auf einen „sicheren“ Marktzins is in die Kalkulation einbezogen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 126 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen I Investition: Auszahlung zur Beschaffung von Gütern (Sachgüter oder Finanzgüter bzw. Rechte): • I.d.R. auf eine längere Frist ausgerichtet. • Mit einer oder mehreren zukünftigen (unsicheren) und erwartungsgemäß höheren Einzahlungen aus der Verwertung der beschafften Güter verbunden. Finanzierung: Beschaffung von Zahlungsmitteln als Gewährleistung der Verfügung über finanzielle Mittel durch: • Generierung/Vorziehen (zusätzlicher) Einzahlungen. • Vermeidung/Verschiebung von Auszahlungen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 127 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen II Die zentrale Aufgabe des Finanzmanagements in einem Unternehmen liegt daher bei einer an Zahlungsströmen orientierten, modernen Sichtweise der Finanzierung im Erhalt der jederzeitigen Zahlungsfähigkeit (Wahrung der Liquidität) des Unternehmens. Das Unternehmen muss also zu jeder Zeit in der Lage sein, alle zu einem gewissen Zeitpunkt fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dies kann erfolgen durch: • Rückgriff auf bereits vorhandene Bestände an Zahlungsmitteln (Geldvermögen) im Unternehmen, z.B. Kassenhaltung. • Beschaffung zusätzlicher Bestände an Zahlungsmitteln durch z.B. – Kreditaufnahme oder – Verkauf von Vermögenswerten des Unternehmens. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 128 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen III Systematik der Finanzierungsformen: 1. Zweigeteilte Unterscheidung der Finanzierungsinstrumente nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber (in der Insolvenz): a. Eigenfinanzierung: Der Kapitalgeber wird in der Insolvenz nicht der Gruppe der Gläubiger zugeteilt. b. Fremdfinanzierung: Der Kapitalgeber tritt in der Insolvenz als Gläubiger auf. Diese Differenzierung erfolgt i.d.R. anhand folgender Merkmale: • • • • • Gewinnansprüche (während der Laufzeit der Geldüberlassung). Rückzahlungsanspruch (am Ende der Laufzeit). Geschäftsführungs- und Kontrollrechte (während der Laufzeit). Rechte in der Insolvenz. Steuerliche Gesichtspunkte. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 129 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen IV Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): Fremdfinanzierung z.B. Bankkredit Merkmale Eigenfinanzierung z.B. Gesellschafter OHG Planmäßiger Verlauf der Finanzierung Gewinnansprüche während der Laufzeit Vertraglich vereinbarter Zins unabhängig vom Erfolg Erfolgsabhängige Beteiligung am Gewinn Rückzahlungsanspruch am Ende der Laufzeit Vertraglich vereinbarter Termin Keine Laufzeit, jedoch Verkauf zur Kredittilgung oder Liquidationsanteil Geschäftsführungs- und Kontrollrechte Keine, jedoch Sicherheiten oder Bürgschaften Teilhabe an der Geschäftsführung Insolvenz des Unternehmens Rechtsstellung in der Insolvenz Ansprüche als Gläubiger Keine Gläubigeransprüche, Haftung mit Privatvermögen Steuerliche Dimension Steuerliche Behandlung der Gewinnansprüche Investition und Finanzierung Zinszahlungen für Fremdkapital sind steuerlich abzugsfähig Aurelio J. F. Vincenti Gewinnbeteiligung unterliegt der Steuer 130 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen V Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): Man beachte, dass es sich bei der Unterscheidung in Eigen- und Fremdfinanzierung um eine stark schematisierende Einteilung in Idealtypen handelt. In der Realität gibt es diverse Finanzierungsinstrumente, die sowohl Merkmale der Eigenfinanzierung als auch Merkmale der Fremdfinanzierung gleichzeitig besitzen. Diese Finanzierungsinstrumente werden als Mezzanine Kapital bzw. Hybridkapital bezeichnet. Beispiele für Mezzanine Kapital: • Nachrangdarlehen: Durch eine Rangrücktrittserklärung des Kapitalgebers wird eine Nachrangigkeit im Insolvenzfall gegenüber anderen Gläubigern geschaffen. • Partiarisches Darlehen: Zur Nachrangigkeit tritt eine Partizipation des Kapitalgebers am wirtschaftlichen Erfolg durch eine variable Vergütung hinzu. • Genussrechte: Details wie Vergütung, Laufzeit, Verlustbeteiligung, Kündigung, Rückzahlung und Informationsrechte werden individuell vereinbart. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 131 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen VI Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): 2. Zweigeteilte Unterscheidung der Finanzierungsinstrumente nach der Mittelherkunft des Kapitals: a. Außenfinanzierung. b. Innenfinanzierung. Bei beiden Formen liegen die eigentlichen Quellen für den Zustrom von Zahlungsmitteln außerhalb des Unternehmens. Allerdings gelten für ihre Differenzierung zusätzlich folgende Merkmale: • Ursache/Auslöser des Zahlungsmittelzuflusses: a. Außenfinanzierung: Zahlungsmittelzufluss durch eigenständige Finanzierungsvorgänge außerhalb des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses. b. Innenfinanzierung: Zahlungsmittelzufluss durch Vorgänge innerhalb des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 132 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen VII Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): Zu 2. Unterscheidung nach Mittelherkunft: • Gegenleistung für den Zahlungsmittelzufluss: a. Außenfinanzierung: Gegenleistung für den Geldzufluss sind spätere Zahlungsmittelabflüsse, z.B. als Zins- und Tilgungszahlungen, Gewinnbeteiligungen. b. Innenfinanzierung: Gegenleistung für den Geldzufluss sind Lieferungen im Rahmen des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses, z.B. produzierte Güter und Dienstleistungen. • Zeitpunkt der Gegenleistung für den Zahlungsmittelzufluss: a. Außenfinanzierung: Gegenleistung erfolgt stets nach der Einzahlung. b. Innenfinanzierung: Gegenleistung (Lieferung des Produktes) erfolgt i.d.R. vorher oder gleichzeitig, selten (Anzahlung) danach! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 133 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen VIII Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): Zu 2. Unterscheidung nach Mittelherkunft: • Berechnung des Zahlungsmittelzuflusses: a. Außenfinanzierung: Zahlungsströme als Bruttogrößen, d.h. Höhe des Geldzuflusses entspricht der Finanzierungswirkung. b. Innenfinanzierung: Zahlungsströme sind Nettogrößen, d.h. Finanzierungswirkung ist die Differenz zwischen Einzahlungen (Verkaufspreis) und Auszahlungen (z.B. Kosten der Produktion). Diese Differenz kann (manchmal) negativ sein. • Durchführung der Finanzierungsmaßnahme: a. Außenfinanzierung: Entscheidungskompetenz dafür i.d.R. beim Finanzmanagement des Unternehmens. b. Innenfinanzierung: Entscheidungskompetenz dafür i.d.R. beim Management des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 134 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Finanzierungsformen IX Systematik der Finanzierungsformen (Fortsetzung): Überblick zu den Finanzierungsformen Eigenfinanzierung Beteiligungsfinanzierung Fremdfinanzierung Selbstfinanzierung (aus realisierten Gewinnen) Finanzierung durch Kapitalfreisetzung Finanzierung aus KreditRückstellungen/ Abschreibungen finanzierung (bei Gewinnen) Innenfinanzierung Außenfinanzierung Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 135 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 1 Ziele bei der Auswahl der Finanzierungsinstrumente: Gibt es Gestaltungsspielräume bei der Unternehmensfinanzierung bieten sich als Bewertungskriterien für die Auswahl einzelner konkreter Alternativen im Finanzierungsbereich folgende Finanzierungsziele an: 1. Liquidität. 2. Rentabilität bzw. Rendite. 3. Sicherheit bzw. Risiko. Der Begriff Liquidität besitzt in der Ökonomie zwei unterschiedliche Bedeutungen: • Die bereits bekannte Fähigkeit, fälligen finanziellen Verpflichtungen zeit- und betragsgenau nachkommen zu können. Der Erhalt dieser Zahlungsfähigkeit ist zentral für den Unternehmensfortbestand. • Die Eigenschaft von Wirtschaftsgütern, als Zahlungsmittel zu dienen oder in Zahlungsmittel umgewandelt werden zu können (Liquidierbarkeit). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 136 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 2 Rendite und Kapitalstruktur eines Unternehmens: Üblicherweise erfolgt die (Außen-)Finanzierung eines Unternehmens durch eine Mischung von Eigen- und Fremdfinanzierung. Neben den Einlagen aus den Vermögen der Eigentümer nimmt ein Unternehmen i.d.R. noch Kredite auf und verschuldet sich dadurch. Auswirkungen des Verschuldungsgrades auf die Rendite/Rentabilität des Unternehmens als Leverage-Effekt: Die Rendite als Kennzahl für relative Vermögensänderungen pro Periode lässt sich auch auf den Bereich des Unternehmensvermögens übertragen: • Gesamtrendite RG bei der im Zähler als Bruttoüberschuss der Gesamterfolg des Unternehmens pro Periode und im Nenner das von allen Kapitalgebern am Periodenanfang zur Verfügung gestellte Gesamtkapital GK steht. Hierbei besteht dieses Gesamtkapital aus Eigenkapital EK und Fremdkapital FK. Periodenendergebnis GK Investition und Finanzierung GK Aurelio J. F. Vincenti ü . 137 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 3 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): • Eigenkapitalrendite RE als Verhältnis zwischen (Perioden-)Gewinn im Zähler und Eigenkapital im Nenner. Dieser Gewinn (für den Eigentümer) entspricht dabei dem Bruttoüberschuss abzüglich der Ausgaben für das Fremdkapital in Form von Zinsen. ü . Leverage-Formel: Die Fremdkapitalrendite RF entspricht dem Verhältnis gezahlte Zinsen zu ⁄ . Daraus folgt dann: Fremdkapital, d.h. es gilt: ü ∙ ⇒ ⇒ ∙ desEigners ∙ ∙ ∙ ∙ ∙ Investition und Finanzierung ∙ ⇒ ∙ ⇒ Aurelio J. F. Vincenti fürFremdkapital . ∙ . ∙ ∙ ∙ ∙ . . 138 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 4 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Ökonomische Deutung der Leverage-Formel: 1. Die Gesamtrendite RG beschreibt den Bruttogewinn, den ein Unternehmen innerhalb einer Periode pro eingesetzter Geldeinheit an Gesamtvermögen erwirtschaftet. Dies gilt zunächst für den Part des Gesamtvermögens, welches zum Eigenkapital gehört (d.h. ⋯). 2. Aber auch der zweite Part des Gesamtvermögens, der aus Fremdkapital (z.B. Krediten) besteht, erwirtschaftet einen Teil des Bruttogewinns. – Für den Normalfall RG > RF, d.h. der pro eingesetzter Geldeinheit Fremdkapital erwirtschaftete Gewinn ist größer als der Zins bzw. die Kosten für dieses Fremdkapital, verbleibt ein Restbetrag in Höhe von im Unternehmen. Diesen Restbetrag erhalten ebenfalls die ⋯ ∙ ⋯). Eigner des Unternehmens (d.h. Diese Größe allein reicht jedoch noch nicht aus um den aus Fremdkapital erwirtschafteten Gewinn für den Eigner zu bestimmen! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 139 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 5 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Ökonomische Deutung der Leverage-Formel (Fortsetzung): 2. Zusätzlich zur Differenz wird noch ein zweiter Parameter benötigt, der den aus Fremdkapital generierten Anteil am Bruttogewinn bestimmt: – Diese Größe ist der Verschuldungsgrad (bzw. debt-to-equity ratio oder leverage ratio) FK/EK. Er beschreibt das Verhältnis Schulden zu Eigenkapital (Reinvermögen des Unternehmens) und damit das Ausmaß, wie häufig auf eine Geldeinheit Eigenkapital zusätzlich zum Bruttogewinn RG ein weiterer Überschuss in Höhe von anfällt. Die aus dem Fremdkapital zusätzlich erwirtschaftete Renditekomponente der Eigenkapitalrendite beträgt also ∙ ⁄ . Insgesamt entspricht die Eigenkapitalrendite eines Unternehmens daher nicht einfach der Gesamtrendite. Zu ihrer Berechnung muss ergänzend auch der durch den Fremdkapitalanteil (d.h. die Verschuldung) des Unternehmens geschaffene Überschuss pro Periode beachtet werden! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 140 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 6 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Ökonomische Deutung der Leverage-Formel (Fortsetzung): Folgen des Leverage-Effektes (Hebelwirkung) für das Unternehmen durch das Vorzeichen der Differenz : 1. (Normalfall): Die Gesamtrendite der im Unternehmen in einer Periode mit dem gesamten Kapital durchgeführten Projekte ist größer als die Kosten des Fremdkapitals (Zinszahlungen für das Fremdkapital). ⇒Die Eigenkapitalrendite RE wird um so höher, je höher der Verschuldungsgrad. 2. (Problemfall): Die Gesamtrendite der im Unternehmen in einer Periode mit dem gesamten Kapital durchgeführten Projekte ist niedriger als die Kosten des Fremdkapitals (Zinszahlungen für das Fremdkapital). ⇒Die Eigenkapitalrendite RE wird um so niedriger, je höher der Verschuldungsgrad. Unter Umständen kann RE trotz positiver RG sogar negativ werden. 3. (Ausnahmefall): Bei gleicher Gesamt- und Fremdkapitalrendite hat die Verschuldung keine Auswirkungen auf die Eigenkapitalrendite. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 141 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 7 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Beispiel für den Leverage-Effekt: Gegeben: Bruttovermögen (Gesamtkapital) des Unternehmens: Gesamtkapital am Periodenanfang davon Fremdkapital Gesamtkapital am Periodenende 1000000 €. 700000 € zu 10% Zinsen. 1200000 €. Daraus folgt: ⇒Bruttoüberschuss/Periode ⇒Zinszahlungen/Periode ⇒Eigenkapital (Periodenanfang) Gesamtrendite Investition und Finanzierung ü ü Eigenkapitalrendite Eigenkapitalrendite 200000 €. 70000 € (RF = 10%). 300000 €. R %. R R ∙ 0,2 Aurelio J. F. Vincenti 0,2 , %. 0,1 ∙ , %. 142 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 8 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Beispiel für den Leverage-Effekt (Fortsetzung): Veränderungen von RE. • • • • • Variation 1: Fremdkapital 700000 € zu 15% Zinsen: R R R ∙ 0,2 0,2 , ∙ , %. Variation 2: Fremdkapital 500000 € zu 10% Zinsen (⇒EK: 500000 €): R R R ∙ 0,2 0,2 0,1 ∙ %. Variation 3: Fremdkapital 900000 € zu 10% Zinsen (⇒EK: 100000 €): R R R ∙ 0,2 0,2 0,1 ∙ %. Variation 4: GK Periodenende 1080000 € ⇒Bruttoüberschuss 80000 € und Fremdkapital 700000 € zu 11% Zinsen: % ⇒ , , , ∙ %. Variation 5: GK Periodenende 1080000 € ⇒Bruttoüberschuss 80000 € und Fremdkapital 900000 € zu 11% Zinsen(⇒EK: 100000 €): % ⇒ , , , ∙ % (Verlust). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 143 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 9 Rendite und Kapitalstruktur (Fortsetzung): Graphische Deutung der Leverage-Formel (für RF = konst. und RG > RF): RE RE RG RG RF RF Leverage R 0 Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 144 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 10 Sicherheit bzw. Risiko: Unter Unsicherheit sind bei der Auswahl geeigneter Finanzierungsinstrumente neben Liquiditäts- und Renditeaspekten zusätzlich auch stets Sicherheits- bzw. Risikoaspekte von Bedeutung. Unter Finanzierungsrisiko soll nachfolgend die Gefahr verstanden werden, dass die Ansprüche eines Geldgebers auf spätere Gegenleistungen, die er für die anfängliche Überlassung von Kapital an ein Unternehmen erworben hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt werden. • Fremdfinanzierung: Gläubigerrisiko als die Gefahr, nicht oder nur unzureichend die vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen zu empfangen. • Eigenfinanzierung: Gesellschafterrisiko als die Gefahr, – dass der finanzielle Erfolg des Unternehmens und damit der Gewinnanteil hinter den anfänglichen Erwartungen zurückbleibt. – dass bei einer Insolvenz zusätzlich zum Verlust künftiger Gewinne weitere finanzielle Forderungen gegenüber dem Gesellschafter entstehen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 145 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 11 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Gesellschafterrisiko bei einem Unternehmen mit normaler Geschäftstätigkeit: • Das leistungswirtschaftliche Risiko beeinflusst den zukünftigen finanziellen Bruttogewinn und damit die Gesamtrendite RG eines Unternehmens. Es hängt ab von: – Unternehmensexterne Faktoren: Gesamtwirtschaftliche Einflüsse z.B. durch Politik und Konjunktur, Brancheneinflüsse z.B. durch Marktvolumen und Wettbewerbssituation. – Unternehmensinterne Faktoren: Geschäftspolitik, Kosten, Preis und Absatz der Produktion. • Das Kapitalstrukturrisiko hängt von dem Leverage-Effekt und damit von ⁄ , des Unternehmens ab. der Verschuldungspolitik, d.h. von • Das Renditerisiko beeinflusst die Eigenkapitalrendite RE. Entsprechend der Leverage-Formel wird es sowohl vom leistungswirtschaftlichen Risiko (über RG) als auch vom Kapitalstrukturrisiko (über FK⁄EK) maßgeblich bestimmt (Fremdkapitalzinsen, und damit RF, sind dagegen i.d.R. vertraglich fixiert). Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 146 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 12 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Gesellschafterrisiko bei normaler Geschäftstätigkeit: Unternehmensinterne Faktoren • Geschäftspolitik • Produktion RG Unternehmensexterne Faktoren • Brancheneinflüsse • Gesamtwirtschaftliche Einflüsse Investition und Finanzierung Verschuldungspolitik FK/EK Leistungswirtschaftliches Risiko Kapitalstrukturrisiko R ∙ . Bei normaler Geschäftstätigkeit Renditerisiko Aurelio J. F. Vincenti 147 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 13 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Unternehmen mit Insolvenzrisiko: Bei der Gefahr der Insolvenz eines Unternehmens sind im Gegensatz zum normalen Geschäftsbetrieb nicht nur die Gesellschafter, sondern stets auch die Gläubiger davon betroffen. Das Insolvenzrisiko selbst kann in zwei Einzelrisiken, nämlich Insolvenzeintritts- und Insolvenzverlustrisiko unterteilt werden: 1. Insolvenzeintrittsrisiko: Das Risiko eines Unternehmens, in die Insolvenz zu geraten, hängt vor allem von den bekannten zwei Faktoren ab: • Gesamtrendite RG und dem daraus folgenden leistungswirtschaftlichen Risiko. • Verschuldungspolitik und Kapitalstrukturrisiko: Je höher der Verschuldungsgrad eines Unternehmens ausfällt, desto größer ist auch die Gefahr, auch bei vorübergehenden Störungen des Geschäftsbetriebs nicht hinreichende Vermögensreserven zu besitzen und insolvent zu werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 148 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 14 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Unternehmen mit Insolvenzrisiko: Zu 1. Insolvenzeintrittsrisiko – Folgen für die Beteiligten: Für die Gesellschafter bedingt ein höherer Verschuldungsgrad allerdings stets auch die Chance, bei normaler Unternehmensentwicklung eine höhere Rendite für ihr investiertes Eigenkapital zu erhalten. Für die Gläubiger dagegen führt ein höherer Verschuldungsgrad des Unternehmens und damit eine höhere Eigenkapitalrendite zu keinen Vorteilen. Ihre Rendite in Form der Fremdkapitalzinsen ist i.d.R. vom Gewinn des Unternehmens unabhängig, so dass ein höherer Verschuldungsgrad einseitig ausschließlich ihre Risiken erhöht. Dies bedingt eine restriktivere Kreditvergabe an Unternehmen mit einem hohen FK/EK–Verhältnis, z.B. höhere Zinsforderungen oder Darlehen nur gegen Sicherheiten/Bürgschaften. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 149 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 15 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Unternehmen mit Insolvenzrisiko: 2. Insolvenzverlustrisiko – Folgen für die Beteiligten: Analog zum Eintrittsrisiko ist auch bezüglich des Verlustrisikos bei Insolvenz zwischen Gesellschaftern und Gläubigern zu trennen: Für die Gesellschafter bedingt eine Insolvenz auf jeden Fall den Verlust aller erwarteten zukünftigen Gewinne aus dem Unternehmen. Zusätzlich bei persönlicher Haftung besteht die Gefahr, auch Verluste am Privatvermögen hinnehmen zu müssen (Haftungsrisiko). Für die Gläubiger dagegen bedeutet eine Insolvenz des Schuldners primär die Gefahr, weniger Gegenleistung (Tilgungs- und Zinsausfall) für die Kapitalüberlassung als ursprünglich vereinbart zu erhalten. Bei persönlicher Haftung der Gesellschafter verbessert sich sogar die Position der Gläubiger durch Zugriff auf zusätzliche Vermögenswerte. Selbst wenn Sicherheiten vorliegen, kommt immer ein Verwertungsrisiko durch den Verkauf dieser Gegenstände hinzu. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 150 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 16 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Gesellschafter- und Gläubigerrisiko bei Insolvenz: Unternehmensinterne Faktoren RG Verschuldungspolitik FK/EK Leistungswirtschaftliches Risiko Kapitalstrukturrisiko Unternehmensexterne Faktoren Insolvenzverfahren • Kosten des Verfahrens • Verwertungsrisiko beim Verkauf des Vermögens • Haftung der Eigner Investition und Finanzierung R ∙ . Insolvenzeintrittsrisiko Bei Eintritt der Insolvenz Insolvenzverlustrisiko Teilweise gegenläufige Interessen Gesellschafter - Gläubiger Aurelio J. F. Vincenti 151 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 17 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Ein ergänzender Problembereich entsteht dann, wenn die Geschäftsführung des Unternehmens nicht durch die Eigentümer, sondern durch getrennt beauftragte Manager erfolgt, z.B. durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft. Die Geschäftspolitik eines solchen Managements muss nicht zwingend den eigentlichen Interessen der Unternehmenseigner (z.B. Aktionäre) entsprechen. Hier kommt es dann zusätzlich zu einem Delegationsrisiko. Dieses betrifft sowohl die Verschuldungs- als auch die normale Geschäftsführungspolitik. Es handelt sich hierbei um ein grundlegendes Problem aus dem Bereich der Prinzipal-Agenten-Theorie: Der vom Eigentümer bzw. Prinzipal beauftragte Manager bzw. Agent verhält sich anders, als dies der Prinzipal von ihm erwartet. Er kann z.B. Maßnahmen durchführen, die nicht im Sinne des Eigentümers sind, oder Maßnahmen unterlassen, die dem Eigentümer nutzen. Ursache dafür ist eine Informationsasymmetrie zwischen beiden Akteuren. So ist der Manager i.d.R. besser über die Optionen zur Geschäftsführung des Unternehmens informiert als der Eigentümer. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 152 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 18 Sicherheit bzw. Risiko (Fortsetzung): Delegationsrisiko (bei normaler Geschäftstätigkeit und bei Insolvenz): Management (mit Informationsvorsprung gegenüber dem Eigentümer) Geschäftspolitik im leistungswirtschaftlichen Bereich Finanzpolitik im finanzwirtschaftlichen Bereich Verschuldungspolitik FK/EK Unternehmensinterne Faktoren RG Leistungswirtschaftliches Risiko Unternehmensexterne Faktoren Investition und Finanzierung Kapitalstrukturrisiko R Aurelio J. F. Vincenti ∙ . 153 Kapitel 06 – Finanzierung 1: Weitere Grundlagen 19 Sicherheit bzw. Risiko – Zusammenfassung: Alles in allem zeigt es sich, dass die Risiken für den Eigenkapitalgeber bei einer typischen Beteiligungsfinanzierung üblicherweise höher ausfallen als die Risiken für den Fremdkapitalgeber bei einer typischen Kreditfinanzierung. Dies betrifft sowohl die Standardsituation eines normalen Geschäftsbetriebs als auch die Insolvenz des Unternehmens. Folglich erwartet der Kapitalgeber zur Kompensation dieser Risiken bei einer Eigenfinanzierung auch durchschnittlich eine höhere Rendite bzw. eine höhere Verzinsung RE auf sein eingesetztes Kapital im Vergleich zur Rendite bzw. Verzinsung RF bei einer Fremdfinanzierung. Im Normalfall gilt also RE > RF! Die Differenz RE > RF wird häufig auch als Equity Premium bezeichnet. Analog zur Investitionstheorie unter Unsicherheit ist dieses Equity Premium der Marktpreis für das höhere Risiko einer Eigenfinanzierung. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 154 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung I Innenfinanzierung durch Selbstfinanzierung: Die Umsatzerlöse eines Unternehmens sind in liquider Form verfügbar und dabei ist gleichzeitig ein Einzahlungsüberschuss erzielt worden. Unter diesen Bedingungen sind die Gewinne daraus als (liquide) Cash Flows gegeben und können als Finanzierungsinstrument eingesetzt werden. Unterscheidung in offene und stille Selbstfinanzierung: • Offene Selbstfinanzierung: Die offene Selbstfinanzierung entstammt dem durch den Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung) ermittelten Jahresüberschuss bzw. Gewinn, der als Zahlungsstrom verfügbar ist. Da sich diese Form der Selbstfinanzierung auf eine zu versteuernde (Gewinn-)Größe bezieht, kann allerdings nur der jeweilige Betrag nach Steuern verwendet werden. Mit der Gewinnzuführung oder der Nichtausschüttung bzw. –entnahme steigt bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften das Kapitalkonto an. Bei Kapitalgesellschaften dagegen wachsen die Gewinnrücklagen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 155 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung II Selbstfinanzierung (Fortsetzung): Auf diese Weise bewirkt die offene Selbstfinanzierung (zunächst einmal) eine Erhöhung des Eigenkapitals im Unternehmen. Dies führt zu einem geringeren Verschuldungsgrad und senkt als „Puffer“ dadurch die Insolvenzrisiken bei einer (vorübergehenden) ungünstigen Geschäftsentwicklung. Sekundär wird damit eine zukünftige Fremdfinanzierung, z.B. über Bankkredite, erleichtert. Auf der Gegenseite bedingt die offene Selbstfinanzierung aber auch, dass die Eigentümer niedrigere Entnahmen bzw. Ausschüttungen hinnehmen müssen. • Stille Selbstfinanzierung: Diese zweite Form der Selbstfinanzierung entsteht durch die Einbehaltung eines im Jahresabschluss nicht ausgewiesenen Gewinns. Sie ist deshalb auch nicht in den bilanziell angeführten Gewinnrücklagen erkennbar. Konkret wird hier bei der Gewinnermittlung im Jahresabschluss der tatsächliche Unternehmenserfolg bzw. der ausgewiesene Gewinn durch die gezielte Nutzung geeigneter bilanzpolitischer Gestaltungsfreiräume, z.B. durch (zu) hohe oder sofortige Abschreibungen bzw. (zu) hohe Rückstellungen, verringert. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 156 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung III Selbstfinanzierung (Fortsetzung):. Die stille Selbstfinanzierung funktioniert indes nur dann, wenn durch die Nutzung der gesetzlichen Bewertungsspielräume im Jahresabschluss dem Unternehmen tatsächlich Zahlungsmittel zufließen und diese liquiden Mittel im Unternehmen für einen gewissen Zeitraum gebunden werden. Im Endeffekt bilden sich auf diese Weise stille (Liquiditäts-)Reserven. Diese erhöhen primär den Periodenaufwand und verringern dadurch den zu versteuernden Gewinn. Sekundär führt dies zu einer Art von Steuerstundung bis zur Auflösung der stillen Reserven (z.B. durch Verkauf von unterbewertetem Anlagevermögen oder Inanspruchnahme überhöhter Rückstellungen) und damit zugleich zu einem Liquiditäts- und Zinsgewinn für das Unternehmen. Insgesamt eignet sich die Selbstfinanzierung nur für Unternehmen, die aus ihrer laufenden Geschäftstätigkeit Gewinne erwirtschaften können. Ihre Vorteile liegen einerseits darin, die Eigentümerstruktur nicht zu verändern. Andererseits können diese Zahlungsströme ganz ohne Zweckbindung entsprechend den Zielen der Geschäftsführung verwendet werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 157 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung IV Innenfinanzierung aus Rückstellungen/Abschreibungen: Nicht nur (zu) hohe Abschreibungen oder Rückstellungen bei der stillen Selbstfinanzierung können eine Innenfinanzierungswirkung besitzen. Dies kann auch bereits bei der Bildung planmäßiger Abschreibungen in Höhe der tatsächlichen Wertminderung oder bei angemessenen Rückstellungen in Höhe des wirklichen Bedarfes geschehen. Abschreibungen sind der rechnerische Ausdruck für die Wertminderung eines Vermögensgegenstandes im Unternehmen. Hauptsächlich betrifft dies Objekte des Anlagevermögens (Betriebsmittel) mit einer mehrjährigen Nutzungsdauer. Buchhalterisch gesehen mindern Abschreibungen zum einen in jährlichen Teilbeträgen den zu Beginn der Nutzungsdauer als Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Bilanz erfassten Betrag. Zum anderen verringern sie durch die Aufwandsverrechnung den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Jahresüberschuss bzw. Gewinn. Aus dieser buchhalterischen Verrechnung allein entsteht jedoch noch kein Finanzierungseffekt! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 158 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung V Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung): Eine vergleichbare Aussage gilt auch für Rückstellungen als Passivposten in der Bilanz. Sie werden gebildet, um zukünftige ungewisse Auszahlungs- bzw. Leistungsverpflichtungen, deren Ursachen in der aktuellen Abrechnungsperiode liegen, bereits bei ihrer Verursachung als Aufwand zu erfassen. Deswegen mindern Rückstellungen als aktuell noch nicht zahlungswirksame Aufwendungen den in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Gewinn in Höhe ihres Betrages. Auch in diesem Fall bewirkt die buchhalterische Verrechnung per se noch keinen Finanzierungseffekt! Sowohl Abschreibungen als auch Rückstellungen sind primär Elemente aus dem Rechnungswesen, die zunächst einmal keinen Einfluss auf die Zahlungsströme des Unternehmen haben. Eine Finanzierungswirkung entwickelt sich bei beiden Elementen deshalb nur unter gewissen (ergänzenden) Bedingungen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 159 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung VI Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung): • Abschreibungen: So müssen den Abschreibungen zunächst einmal adäquate Umsatzerlöse, also tatsächliche Zahlungen, die aus der Absatztätigkeit des Unternehmens stammen, entsprechen. Verfügbare liquide Mittel sind für das Unternehmen immer dann vorhanden, sobald die Gegenwerte einer Abschreibung nicht sofort zweckgebunden reinvestiert werden müssen, etwa zur Beschaffung einer Ersatzmaschine. Die Gelder dafür können zwischenzeitig, bis zum Ablauf der Nutzungsdauer des Abschreibungsobjektes, für andere Zwecke verwendet werden und müssen nicht im Unternehmen „angespart“ werden. Gleichzeitig verhindern Abschreibungen, dass liquide Mittel in Höhe dieser Abschreibungen versteuert werden müssen oder an die Eigner ausgeschüttet werden. Diese Finanzmittel verbleiben im Unternehmen und können dort je nach Bedarf eingesetzt werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 160 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung VII Rückstellungen/Abschreibungen (Fortsetzung): • Rückstellungen: Hier sind im Prinzip die gleichen Bedingungen erforderlich, damit Rückstellungen als Finanzierungsmittel wirken können: Allen Rückstellungen müssen ebenfalls adäquate Umsatzerlöse gegenüberstehen, d.h. auch die Gegenwerte für die Rückstellungen müssen über Absatzerfolge am Markt „verdient“ worden sein. Für die Finanzierungswirkung von Rückstellungen ist erneut die Fristigkeit relevant. Grundsätzlich stehen die Gelder dem Unternehmen in der Zeit zwischen Bildung und Inanspruchnahme der jeweiligen Rückstellung zur Verfügung und können während dieses Zeitraums für andere Zwecke der Finanzierung genutzt werden. Gleichzeitig binden diese Rückstellungen liquide Mittel in ihrer Höhe ans Unternehmen. Letztere müssen weder versteuert werden noch können sie an die Eigner ausgeschüttet werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 161 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung VIII Innenfinanzierung durch Kapitalfreisetzung (Vermögensumschichtung): Die gerade beschriebene Vermögensumschichtung bzw. „Wiedergeldwerdung“ von abnutzbarem Anlagevermögen erfolgt sozusagen automatisch durch Abschreibungen und Umsatzerlöse. Darüber hinaus ist es selbstverständlich möglich, andere Vermögensgegenstände im Unternehmen durch eine gezielte Veräußerung ebenfalls wieder in Geldvermögen umzuwandeln. Dafür eignen sich hauptsächlich nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte. Dazu gehören beispielsweise nicht verwendete Grundstücke, nicht mehr genutzte Anlagen, Wertpapiere, gegebenenfalls auch Beteiligungen an anderen Unternehmen, deren Kerngeschäft zur eigenen Unternehmenstätigkeit in keinem Zusammenhang steht. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 162 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Innenfinanzierung IX Kapitalfreisetzung (Fortsetzung): Weitere (Sonder-)Formen der Kapitalfreisetzung: • Sale-and-lease-back-Verfahren: Selbst Güter des betriebsnotwendigen Anlagevermögens, etwa für das Kerngeschäft des Unternehmens verwendete Maschinen, Fahrzeuge, Gebäude, können verkauft werden, wenn ihre weitere Nutzung anderweitig sichergestellt ist. Dies geschieht z.B. bei einem Verkauf mit anschließender Anmietung des veräußerten Objektes durch den Verkäufer. • Echtes Factoring: Beim Factoring handelt es sich um den Verkauf noch nicht fälliger Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an ein spezialisiertes Finanzierungsinstitut (Factor). Der Factor übernimmt zugleich die Verwaltung (Debitorenbuchhaltung, Inkasso, Mahnwesen etc.) der Forderungen sowie beim echten Factoring stets auch das Kreditrisiko, indem er auf sein Rückgriffsrecht gegenüber dem Verkäufer verzichtet. Die Finanzierungswirkung des Factoring entsteht durch die Umwandlung nicht liquider Forderungen in sofort verfügbare Geldmittel. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 163 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung I Bezüglich der Instrumente im Rahmen der Außenfinanzierung ist eine grundlegende Unterscheidung zu treffen: • Außenfinanzierung von Unternehmen ohne Zugang zu einer Wertpapierbörse. • Außenfinanzierung von Unternehmen mit Zugang zu einer Wertpapierbörse, d.h. mit Zugang zu einem organisierten bzw. institutionalisierten Kapitalmarkt. Eine Außenfinanzierung ohne Einschaltung einer Wertpapierbörse steht grundsätzlich allen Unternehmen offen. ⇔ Der Zugang zu einer Wertpapierbörse dagegen hängt von diversen strukturellen, organisatorischen und formal-rechtlichen Voraussetzungen ab. I.d.R. besitzen deshalb junge sowie kleinere und mittlere Unternehmen keine Möglichkeiten, den organisierten Kapitalmarkt für ihre Finanzierungsentscheidungen zu nutzen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 164 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung II Wertpapierbörsen (organisierte bzw. institutionalisierte Kapitalmärkte): Kapitalmärkte werden sowohl zur Eigen-(Beteiligungs-)Finanzierung als auch zur Fremd-(Kredit-)Finanzierung genutzt. Sie dienen • einerseits dem Abschluss von Finanzkontrakten mit dem Ziel Zahlungsmittel auszutauschen sowie • andererseits der Übertragung der aus diesen Finanzkontrakten sich ergebenden (bilateralen) Rechtspositionen in Form von Finanztiteln. Unterscheidung zwischen verschiedenen Formen der Kapitalmärkte: 1. Primärmärkte: Zwischen einem Geldgeber und –nehmer wird ein Finanzkontrakt geschlossen. Die Gesamtheit der gegenseitigen Rechte werden Finanztitel genannt. Primärmärkte sind im Normalfall weitgehend unreguliert. Beispiele sind ein Beteiligungsvertrag an einer Personengesellschaft oder auch ein Darlehensvertrag. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 165 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung III Wertpapierbörsen (Fortsetzung): 2. Sekundärmärkte: Manche bereits vorhandene Finanztitel lassen sich von einem Inhaber auf einen anderen veräußern. Derartige Transaktionen finden auf Sekundärmärkten statt. Diese sind folglich nichts anderes als der (fiktive) Ort, an dem Anbieter von und Nachfrager nach Finanztiteln zusammentreffen. Nicht alle Finanztitel sind jedoch an Dritte übertragbar. So muss es sich um einen prinzipiell übertragbaren Titel handeln und zusätzlich sollten die Rechtspositionen des Geldgebers in einer Urkunde verbrieft sein. Eine solche Urkunde wird als Wertpapier bezeichnet. Börsen sind deshalb in diesem Sinn organisierte, institutionalisierte und auch staatlich reglementierte Sekundärmärkte, an denen schon existierende Wertpapiere gehandelt werden und ihre Eigentümer wechseln. Die Transaktionspreise werden als Kurse veröffentlicht. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 166 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung IV Beteiligungsfinanzierung: Auch bei der Beteiligungsfinanzierung liegt es nahe, erneut folgende Differenzierung zu treffen: 1. Beteiligungs- bzw. Eigenfinanzierung von Unternehmen ohne Zugang zu einer Wertpapierbörse. 2. Beteiligungs- bzw. Eigenfinanzierung von Unternehmen mit Zugang zu einer Wertpapierbörse. Da ein Großteil aller (deutschen) Unternehmen keinen Zugang zur Börse besitzen, ist erstere Situation das wesentlich häufiger genutzte Finanzierungsinstrument. Es stellt für Einzelunternehmen und Personengesellschaften, aber auch für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) sowie die kleineren Aktiengesellschaften (AG) die übliche Methode dar, externe Geldmittel in Form von Eigenkapital dem Unternehmen zuzuführen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 167 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung V Beteiligungsfinanzierung 1 (ohne Börsenzugang): Diese Form der Außenfinanzierung betrifft die Beschaffung von (neuem) Eigenkapital durch Kapitaleinlagen bisheriger oder neu hinzukommender Anteilseigner eines Unternehmens. Meist wird solches Eigenkapital in Form von Bar- und nur in Ausnahmefällen in Form von Sacheinlagen bereitgestellt. Die konkrete Gestaltung dieser Finanzierungsmaßnahme hängt maßgeblich von der jeweiligen Rechtsform des Unternehmens ab. • Einzelunternehmen (Einzelkaufmann): Für einen Einzelkaufmann ist die Beschaffung von Eigenkapital im Rahmen der Außenfinanzierung grundsätzlich sehr schwierig. Wohl kann er jederzeit durch Geldzuflüsse aus seinem Privatvermögen die Höhe des Eigenkapitalanteils in seinem Unternehmen stärken. Jedoch ist diese Art der Zuführung von Eigenkapital durch die Höhe seines Privatvermögens i.d.R. begrenzt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 168 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung VI Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): • Einzelunternehmen (Fortsetzung): Eine darüber hinaus gehende Erhöhung des Eigenkapitals durch Beteiligungsfinanzierung und unter gleichzeitiger Beibehaltung der Rechtsform Einzelkaufmann kann eigentlich nur durch die Aufnahme eines stillen Gesellschafters erfolgen. Der Gesellschaftsvertrag zwischen Einzelkaufmann und stillem Gesellschafter ist nur im Innenverhältnis existent. Letzterer tritt nach außen nicht in Erscheinung, sondern leistet gegen Gewinn- und eventuell auch Verlustbeteiligung eine Einlage in das Vermögen des Einzelkaufmanns. Da eine stille Gesellschaft typischerweise sowohl Merkmale der Eigenfinanzierung als auch Merkmale der Fremdfinanzierung gleichzeitig besitzt, wird diese Finanzierungsform auch den mezzaninen Finanzierungsinstrumenten zugerechnet. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 169 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung VII Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): Werden andere Formen der Eigenfinanzierung bei der Außenfinanzierung erwogen, ist das Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft zu führen bzw. ist in eine derartige Rechtsform umzuwandeln. Für eine entsprechende Beteiligungsfinanzierung eignen sich grundsätzlich sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften. • Personengesellschaften: Hier steht die Beteiligung eines Dritten an der jeweiligen Gesellschaft, etwa an einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder an einer Kommanditgesellschaft (KG), als persönlich haftender Gesellschafter und Miteigentümer im Vordergrund. Sie gilt als die klassische, weil hinsichtlich der zugehörigen Rechte und Pflichten besonders typische Form der Eigenfinanzierung und ist bereits in Kapitel 06 unter den Grundformen der Finanzierung ausführlicher vorgestellt worden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 170 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung VIII Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): • Kapitalgesellschaften: Diese Rechtsformen eines Unternehmens zeichnen sich dadurch aus, dass nicht mehr jeder einzelne Gesellschafter als Miteigentümer wie ein Einzelkaufmann mit seinem gesamten Privatvermögen, sondern letztlich nur noch mit seiner Kapitaleinlage haftet. Die Gesellschaften dagegen haften als juristische Personen mit ihren Gesellschaftsvermögen. Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH): Die Haftungsbeschränkung erleichtert dieser Gesellschaftsform die Aufnahme von Eigenkapital durch Beteiligung neuer Geldgeber. Eine Mitwirkung eines (jeden) Eigenkapitalgebers in der Geschäftsführung der Gesellschaft ist zudem eher selten. Deswegen können sich bei dieser Rechtsform neue Gesellschafter, die selbst Kapitalgesellschaften sein können, relativ einfach an dem Unternehmen beteiligen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 171 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung IX Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Fortsetzung): Geschäftsanteile an einer GmbH können veräußert und vererbt werden. Allerdings gibt es für diese Form einer Kapitalgesellschaft grundsätzlich keine Möglichkeit, Anteile an einer Wertpapierbörse zu handeln. Aktiengesellschaft (AG) (ausführlich in Beteiligungsfinanzierung 2): Hierbei handelt es sich um die Rechtsform einer Gesellschaft, deren Anteile, Aktien, sich durch eine besonders einfache Tausch- und Handelbarkeit, d.h. durch eine hohe Fungibilität auszeichnen. Insofern stellt die AG die Regelgesellschaftsform eines Unternehmens dar, dessen Geschäftsanteile an einer Wertpapierbörse gehandelt werden. Dies bedeutet jedoch weder, dass jede AG auch tatsächlich an einer Börse notiert ist, noch, dass jeder Anteil an einer börsennotierten AG zwingend über die Börse veräußert oder erworben sein muss. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 172 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung X Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): • Besondere Beteiligungsformen der Eigenfinanzierung: Unabhängig von der konkreten Rechtsform eines Unternehmens (solange es sich nicht um einen Einzelkaufmann handelt) gibt es einige spezielle Formen der Beteiligung für nicht an Wertpapierbörsen notierte Unternehmen, mit denen diese Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnliche Finanzmittel erhalten können: Kapitalbeteiligungsgesellschaften (Private Equity): Darunter versteht man Gesellschaften, deren Unternehmenszweck darin besteht, sich an anderen nicht börsennotierten Unternehmen mit Eigenkapital im Rahmen einer Außenfinanzierung zu beteiligen. I.d.R. wird Private Equity an bereits etablierte Unternehmen, für besondere Zwecke, z.B. zur Finanzierung von Wachstumsvorhaben, vergeben. Diese Vergabe ist üblicherweise sowohl renditeorientiert, d.h. Gewinnziele stehen im Vordergrund bei der Beteiligungsgesellschaft, als auch ausstiegsorientiert, d.h. die Beteiligung ist für einen befristeten Zeitraum geplant; danach findet eine Veräußerung der Anteile statt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 173 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XI Beteiligungsfinanzierung 1 (Fortsetzung): Venture-Capital-Gesellschaften (Risikokapitalgesellschaften bzw. Wagniskapitalgesellschaften): Venture-Capital-Gesellschaften stellen nicht börsennotierten Unternehmen ebenfalls Eigenkapital zur Verfügung und erhalten dafür als Ausgleich Anteile am Unternehmen. Anders als bei Private Equity liegt der Fokus dabei jedoch auf jungen bzw. neu gegründeten Unternehmen, die noch nicht am Markt etabliert sind. Nicht selten geht diese Finanzierungsform zusätzlich noch mit einer aktiven Managementunterstützung durch die Venture-Capital-Gesellschaft einher. Der Zeithorizont der Beteiligung ist (ähnlich dem Private Equity) befristet. Ein Ausstieg des Risikokapitalgebers erfolgt dann häufig durch Verkauf der Anteile an einen anderen Investor oder auch im Rahmen von Börsengängen. Private Venture-Capital-Gesellschaften sind im Normalfall renditeorientiert. Daneben gibt es aber im Rahmen der staatlichen Gründungsförderung auch verschiedene staatliche Beteiligungsgesellschaften, bei denen Gewinnziele nicht im Vordergrund stehen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 174 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XII Beteiligungsfinanzierung 2 (mit Börsenzugang) - Aktien: Unter diesem Begriff versteht man ein Instrument der Finanzierung, welches üblicherweise von einer Aktiengesellschaft durch die Ausgabe von Unternehmensanteilen in Form von Aktien genutzt wird. Grundlagen: Aktie: Zweifache Bedeutung dieses Begriffes: • Inhaltlich: Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs als die Summe aller mit dieser Beteiligung einhergehenden Rechte und Pflichten. • Formal: Kennzeichnung der Aktienurkunde, also der Verbriefung des Beteiligungsrechts in Form eines Wertpapiers. Aktienformen: Aktien können anhand verschiedener Strukturierungsmerkmale in unterschiedliche Formen eingeteilt werden. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 175 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XIII Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): 1. Rechtliche Ausgestaltung der Verbriefung bzw. Übertragbarkeit als Differenzierungsmerkmal: • Inhaberaktie: Die Mitgliedschaftsrechte an einer AG folgen unmittelbar der Inhaberstellung der Aktie. In diesem Sinne bedingt das Eigentum an einer Aktienurkunde zugleich auch die Gesellschafterstellung des jeweiligen Eigentümers als Aktionär. Als Inhaberpapiere sind solche Aktien frei veräußerlich und vererblich, ihre Übertragung ist formlos. • Namensaktie: Die Gesellschaftsrechte des Aktieninhabers gegenüber der AG werden erst nach Eintragung in das Aktienregister (Aktienbuch) wirksam. Auch bei einem Eigentumswechsel ist unabhängig von den materiellen Verhältnissen allein die im Aktienbuch eingetragene Person gegenüber der Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Da Namensaktien Orderpapiere sind, werden sie durch Indossament übertragen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 176 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XIV Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Namensaktie (Fortsetzung): Durch Satzung ist es möglich, die Übertragung von einer Zustimmung der Gesellschaft abhängig zu machen. Eine solche Regelung wird Vinkulierung genannt, die Aktie selbst vinkulierte Namensaktie. Während Inhaberaktien eine bessere Fungibilität besitzen und deswegen einfach an Börsen handelbar sind, erlauben Namensaktien eine bessere Kenntnis bzw. Kontrolle der Eigentümerstruktur durch das Unternehmen. Grundsätzlich ist jede AG frei, sich für die Ausgabe von Inhaberaktien oder Namensaktien zu entscheiden. Ebenso ist die gleichzeitige Nutzung beider Formen möglich. 2. Beschränkungen in Bezug auf die zugehörigen Beteiligungsrechte bzw. Dividenden- und Stimmberechtigung als Differenzierungsmerkmal: • Stammaktie: Damit wird die in ihren Beteiligungsrechten nicht eingeschränkte „Standardaktie“ bezeichnet, um diese begrifflich gegenüber der Vorzugsaktie abzugrenzen. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 177 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XV Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Vorzugsaktie: Solche Aktien gewähren ihrem Inhaber in der Regel kein Stimmrecht auf der Hauptversammlung. Sozusagen als Ausgleich für den Verzicht auf dieses Verwaltungsrecht wird dem Inhaber eine Bevorzugung im Vermögensrecht gewährt. Diese besteht in der gesetzlich vorgeschriebenen Erstberücksichtigung der Vorzugsaktionäre bei der Ausschüttung des Bilanzgewinns sowie aus dem Recht auf Nachzahlung von in früheren Jahren ausgefallenen Dividenden. Häufig wird zusätzlich eine Überdividende gezahlt. 3. Einteilung des Grundkapitals als Differenzierungsmerkmal: • Nennbetragsaktie (Nennwertaktie) als traditionelle Form: Das Grundkapital der AG wird in Nennbeträge zerlegt. Ein Unternehmen kann Aktien mit verschiedenen Nennwerten emittieren (ausgeben). • Stückaktie: Diese sind am Grundkapital der AG in gleichen Anteilen beteiligt. Beide Formen dürfen in einem Unternehmen nicht gleichzeitig vorhanden sein. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 178 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XVI Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): Häufig findet man eine weitere Differenzierung von Aktien, die sich nicht an Merkmalen des Wertpapiers, sondern am Unternehmen orientiert: 4. Eigenschaften des Unternehmens als Differenzierungsmerkmal: • Growth Stock: Niedrigere Dividende (Gewinnausschüttung an die Aktionäre) – Stärkeres Unternehmenswachstum – Niedrigeres Book-to-Market Ratio. • Value Stock: Höhere Dividende – Geringeres Unternehmenswachstum – Höheres Book-to-Market Ratio. Book-to-Market Ratio: des Unternehmens. Buchwert: Bilanzielles Eigenkapital (≙ Bilanzkurs ∙Aktienzahl) Marktwert (Marktkapitalisierung) ≙ Börsenkurs ∙ Aktienzahl. I.d.R. ist das Book-to-Market Ratio < 1. Das finanzielle Erfolgspotential eines Unternehmens wird also i.d.R. vom Markt (Börse) in der Tendenz höher eingeschätzt als sein bilanzielles Vermögen zeigt. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 179 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XVII Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): Die typische Eigenfinanzierung bei Aktiengesellschaften erfolgt durch die Ausgabe junger (neuer) Aktien. Dies geschieht mittels einer Kapitalerhöhung: Sie beschreibt die Erhöhung des Grundkapitals einer AG durch die Ausgabe von (neuen) Aktien. Hierbei sind folgende Arten der Kapitalerhöhung zu trennen: • Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (nominelle Kapitalerhöhung): In diesem Fall werden Rücklagen des Unternehmens rein buchtechnisch in neue Aktien umgewandelt (Erhöhung des gezeichneten Kapitals des Unternehmens). Die vorhandenen Aktionäre erhalten anteilig entsprechende „Gratisaktien“. Dem Unternehmen fließen durch eine solche Maßnahme keine neuen Gelder zu. Es handelt sich daher nicht um ein Instrument der Beteiligungsfinanzierung. Gründe für eine nominelle Kapitalerhöhung liegen z.B. darin, dass bei einer börsennotierten AG bei unverändertem Marktwert des Unternehmens der Kurs pro Aktie sinkt. Dies führt häufig zu einer besseren Handelbarkeit an der Börse. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 180 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XVIII Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Kapitalerhöhung gegen Einlagen (reguläre Kapitalerhöhung): Hier findet die Ausgabe neuer Aktien i.d.R. gegen eine Bareinlage (seltener gegen eine Sacheinlage) statt. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Bareinlage werden die neuen Aktien zu einem bestimmten Preis, dem Emissionspreis, verkauft. Auf diese Weise erhält das emittierende Unternehmen neue liquide Mittel zugeführt, so dass diese Art der Kapitalerhöhung eine Finanzierungswirkung aufweist. Der Emissions-(Ausgabe-)Preis einer Aktie muss bei einer börsennotierten AG nicht dem aktuellen Börsenkurs entsprechen. I.d.R. wird sie zu einem (etwas) niedrigeren Emissionspreis als dem aktuellen Börsenkurs veräußert. Der Bezug junger Aktien zu einem günstigeren Preis stellt insofern einen geldwerten Vorteil dar. Bei einer Kapitalerhöhung gegen Einlage besitzen deshalb im Normalfall die bisherigen Aktionäre (Alteigentümer) das alleinige Bezugsrecht auf die jungen Aktien entsprechend ihrer Beteiligungsquote. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 181 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XIX Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung): Dabei beschreibt das Bezugsverhältnis = die niedrigste (ganze) Zahl an Altaktien, die erforderlich ist, um die niedrigste (ganze) Zahl junger Aktien zu beziehen. Beispiel: So bedeutet ein Bezugsverhältnis von a/n = 11/2, dass für 11 Altaktien 2 junge Aktien ausgegeben werden. Das Bezugsrecht einer Altaktie ist daher 2/11. M.a.W. Um 2 junge Aktien zu beziehen, muss der Aktionär 11 Altaktien besitzen. Altaktionäre müssen ihre Bezugsrechte jedoch nicht ausüben. Alternativ können sie die Rechte – unabhängig von ihren Altaktien – verkaufen (oder u.U. auch kaufen). Bei börsennotierten Aktien gibt es deshalb in den letzten Wochen vor Ablauf der Bezugsfrist, innerhalb derer sich die Altaktionäre entscheiden können, an den Wertpapierbörsen einen Bezugsrechtshandel. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 182 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XX Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung): Es gilt formal: (1) Preis bzw. Kurs des Bezugsrechtes: . (2) Preis bzw. Kurs der neuen Aktien (≙ Kurs der alten Aktien ex Bezugsrecht): ∙ ∙ . Mit: B: Preis des Bezugsrechtes (an der Börse gehandelt). P0: Börsenkurs der (alten) Aktie vor der Abtrennung des Bezugsrechtes. P1: Börsenkurs der (neuen) Aktie bzw. (alten) Aktie ausschließlich Bezugsrecht. PE: Emissionspreis der (neuen) Aktie. : Bezugsverhältnis als Zahl alter (a) zur Zahl neuer (n) bzw. junger Aktien. Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 183 Kapitel 07 – Finanzierung 2: Außenfinanzierung XXI Beteiligungsfinanzierung 2 – Aktien (Fortsetzung): • Kapitalerhöhung gegen Einlagen (Fortsetzung): Daraus folgt (sonstige Kursveränderungen der Aktie sind dabei ausgeklammert): Zu (1): Der Kurs eines Bezugsrechtes ist um so höher, – je größer die Differenz zwischen (altem) Börsenkurs und Emissionspreis ist. – je kleiner das Bezugsverhältnis a/n ist. Zu (2): Der Preis bzw. Kurs der Aktien nach vollzogener Kapitalerhöhung an der Börse, der sowohl für die jungen (neu emittierten) Aktien als auch für die alten Aktien nach Abtrennung des Bezugsrechtes gilt, ist ein Mischkurs. Konkret ist er das gewogene arithmetische Mittel aus P0 und PE. Damit gilt: P0 > P1 > PE. Verwässerungseffekt: Eine Kapitalerhöhung führt zu einer Kurssenkung (für P0 > PE). Diese ist um so größer, je größer P0 PE ist. Denn pro junger Aktie fließen dem Unternehmen weniger liquide Mittel in Form von Vermögen zu, als das bisherige Vermögen pro Aktie vom Markt im Börsenkurs beurteilt worden ist. Es gilt: Investition und Finanzierung mit B als Ausmaß dieses Verwässerungseffektes. Aurelio J. F. Vincenti 184 Vorlesung BWL IIa: Investition und Finanzierung Priv.-Doz. Dr. Dr. Aurelio J. F. Vincenti Übungsaufgaben Wintersemester 2012/13 Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 185 Übungsaufgaben – Aufgaben I Kapitel 02 1. Aufzinsung: Sie haben gegenwärtig 800 [GE] verfügbar. Berechnen Sie den zukünftigen Wert dieses Betrages in 4 Jahren bei einem jährlichen Zinssatz von 12%! 2. Abzinsung: Sie erwarten in 2 Jahren Einkünfte in Höhe von 1400 [GE]. Wie hoch ist der gegenwärtige Wert dieser Einkünfte, wenn der Marktzins bei 7% liegt? 3. Aufzinsung mit unterschiedlichen Periodenzinsen: Sie haben gegenwärtig 850 [GE] verfügbar. Berechnen Sie den zukünftigen Wert dieses Betrages in 4 Jahren! Der Zinssatz für die ersten beiden Jahre soll 12% betragen, während er im dritten und vierten Jahr auf jeweils 9% fällt. 4. Abzinsung mit unterschiedlichen Periodenzinsen: Sie erwarten in 3 Jahren Einkünfte in Höhe von 1500 [GE]. Wie hoch ist der gegenwärtige Wert dieser Einkünfte, wenn der Marktzins in den ersten beiden Jahren bei 7% liegt, während er im dritten Jahr auf 11% steigt? Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 186 Übungsaufgaben – Aufgaben II Kapitel 03 5. Rentenbarwert: Sie haben Anspruch auf eine nachschüssige Rente in Höhe von 5000 [GE] jährlich. Die Laufzeit dieser Rente ist auf 10 Jahre befristet. Wie hoch ist der aktuelle Barwert dieser Rente bei einem Marktzins von 6%? Hilfestellung: Der RBF (i;T) . 6. Rentenbarwert: Sie haben Anspruch darauf, ab dem Jahr 2028 (also in 15 Jahren) eine nachschüssige Rente in Höhe von 6000 [GE] jährlich zu erhalten. Die Laufzeit dieser Rente ist auf 15 Jahre befristet. Wie hoch ist der aktuelle Barwert dieser Rente bei einem Marktzins von 5%? Hilfestellung: Der RBF (i;T) Investition und Finanzierung . Aurelio J. F. Vincenti 187 Übungsaufgaben – Aufgaben III Kapitel 03 7. Rentenbarwert – Ewige Rente: Bestimmen Sie den aktuellen Barwert einer ewigen Rente von jährlich 8000 [GE], auf die Sie ab 2023 (also in 10 Jahren) Anspruch haben. Der relevante Kalkulationszinssatz liegt bei 4%. 8. Annuität – Annuitätenrente: Sie haben den Betrag von 50000 [GE] geerbt. Allerdings möchten Sie diesen Betrag nicht sofort ausgeben, sondern aufgeteilt in den nächsten 5 Jahren jeweils am Jahresende in konstanten jährlichen Teilbeträgen. Wie hoch ist jeder dieser künftigen Teilbeträge, wenn der Zinssatz am Markt bei 7% liegt? Hilfestellung: Der ANF (i;T) Investition und Finanzierung (bzw. der RBF (i;T) Aurelio J. F. Vincenti ). 188 Übungsaufgaben – Aufgaben IV Kapitel 03 + 04 9. Annuität – Annuitätendarlehen: In dem von Ihnen geführten Unternehmen muss eine neue Maschine gekauft werden, die 150000 [GE] kostet. Zur Finanzierung dieser Investition ist es geplant, ein Bankdarlehen zu einem Zinssatz von 9% aufzunehmen. Zurückgezahlt werden soll das Darlehen später in 8 konstanten jährlichen Zahlungen, die sowohl Zinsen als auch Tilgung umfassen. Berechnen Sie die Höhe der zukünftigen jährlichen Zahlungsbelastungen für das Unternehmen sowie die Gesamtzahlung, die während der Laufzeit an die Bank zu leisten ist! Hilfestellung: Der ANF (i;T) (bzw. der RBF (i;T) ). 10. Kapitalwert: Gegeben sei ein Investitionsprojekt mit folgender Zahlungsreihe: ct (t = 0, 1, 2, 3, 4) mit c0 = - 1200; c1 = + 300; c2 = + 400; c3 = + 200; c4 = + 800. Ist die Durchführung dieses Projektes sinnvoll, wenn der Marktzins bei 9% liegt? Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 189 Übungsaufgaben – Aufgaben V Kapitel 04 11. Kapitalwert: Für ein Investitionsprojekt eines Unternehmens wird folgende Zahlungsreihe angenommen: c0 = - 1400; c1 = + 400; c2 = + 500; c3 = + 800. Der aktuelle Zinssatz auf dem vollkommenen Kapitalmarkt beträgt 13%. Soll diese Investition durchgeführt werden? Was würde mit dem Vermögen des Unternehmens geschehen, wenn diese Investition erfolgt? 12. Kapitalwert: Folgende 3 Investitionsprojekte stehen zur Auswahl: Projekt A: c0 = - 800; c1 = + 400; c2 = + 500. Projekt B: c0 = - 700; c1 = + 400; c2 = + 400. Projekt C: c0 = - 800; c1 = + 500; c2 = + 400. (a) Für welches dieser 3 Projekte würden Sie sich entscheiden, wenn Sie nur maximal 1 Projekt durchführen können und der Kapitalmarktzins 7% beträgt? (b) Wie sieht Ihre Entscheidung bei einem Zins von 10% aus? Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 190 Übungsaufgaben – Aufgaben VI Kapitel 04 13. Kapitalwertfunktion: Für ein Investitionsprojekt eines Unternehmens wird folgende Zahlungsreihe angenommen: c0 = - 1400; c1 = + 600; c2 = + 900. Zeichnen Sie die Kapitalwertfunktion KW = f(i) für diese Zahlungsreihe! Hilfestellung: Der interne Zinssatz i* dieser Zahlungsreihe liegt bei (ungefähr) 4,42%. 14. Kapitalwert – Rentenspezialfälle: Sie besitzen den vertraglichen Anspruch darauf, in den nächsten 12 Jahren jedes Jahr am Jahresende eine Geldzahlung von 3000 [GE] zu erhalten. Diesen Anspruch können Sie aktuell für 27000 [GE] an einen Interessenten verkaufen. Der einheitliche Kapitalmarktzins beträgt 5%. Ist es sinnvoll, dieses Angebot anzunehmen und Ihre künftigen Geldansprüche für gegenwärtige 27000 [GE] zu verkaufen? Begründen Sie dies mit dem Kapitalwertkriterium! Hilfestellung: Der RBF (i;T) Investition und Finanzierung . Aurelio J. F. Vincenti 191 Übungsaufgaben – Aufgaben VII Kapitel 04 15. Kapitalwert – Rentenspezialfälle: Sie können den Anspruch darauf, ab sofort eine jährlich ewige Rente in Höhe von 2000 [GE] zu beziehen, für aktuell 36000 [GE] kaufen. Der einheitliche Kapitalmarktzins beträgt 5,55%. Ist es ökonomisch vorteilhaft, dieses Angebot anzunehmen? Begründen Sie dies mit dem Kapitalwertkriterium! 16. Endwert: Sie haben ein Anfangsvermögen in Höhe von 45000 [GE]. Sie können dieses Vermögen in ein Projekt mit 4 Jahren Laufzeit investieren. Der Kapitalwert dieses Projektes liegt bei einem Kalkulationszins von 6% bei 300 [GE]. (a) Wie hoch ist der Endwert dieses Projektes? (b) Wie hoch ist Ihr Endvermögen am Laufzeitende in 4 Jahren? Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 192 Übungsaufgaben – Aufgaben VIII Kapitel 04 17. Annuität: Ein Projekt besitzt folgende Zahlungsreihe c0 = - 1000; c1 = + 400; c2 = + 400; c3 = + 600. Der Zinssatz auf dem vollkommenen Kapitalmarkt beträgt 6%. Berechnen Sie die (äquivalente Annuität a*) dieser Zahlungsreihe und entscheiden Sie, ob das Projekt durchgeführt werden sollte! Hilfestellung: Der ANF (i;T) (bzw. der RBF (i;T) ). 18. Interner Zins: Gegeben ist folgende Zahlungsreihe: In t = 0 Auszahlung = - 900; in t = 1 Einzahlung = 1035. Bestimmen Sie den internen Zinssatz i* dieser Zahlungsreihe! 19. Interner Zins: Gegeben ist eine Nullkuponanleihe (Zero-Bond-Anleihe) mit folgenden Daten: In t = 0 Auszahlung = - 2000; in t = T Einzahlung = 5000. Laufzeit der Anleihe T = 20 Jahre. Wie hoch ist die Effektivverzinsung (der interne Zins) dieser Anleihe? Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 193 Übungsaufgaben – Aufgaben IX Kapitel 05 + 06 20. Börsenkurse festverzinslicher Wertpapiere: Berechnen Sie den aktuellen Börsenkurs für eine festverzinsliche Anleihe mit folgenden Merkmalen: Nominalwert 2000 [GE]; Laufzeit 10 Jahre; Nominalzins (jährliche Zinszahlungen an den Eigentümer des Wertpapieres) 9%! Der aktuelle Marktzins liegt bei 5%. Hilfestellung: Der RBF (i;T) . 21. Leverage-Effekt: Gegeben sind für ein Unternehmen folgende Kennzahlen (einer Periode): Zinszahlungen 80000 [GE]; Eigenkapital 400000 [GE]; Fremdkapital 900000 [GE]; Gesamtrendite RG 13%. Berechnen Sie die Eigenkapitalrendite dieses Unternehmens! Investition und Finanzierung Aurelio J. F. Vincenti 194