Dringender Appell: Ohne Energieeffizienz keine erfolgreiche Energiewende Die Weichen für die Energiezukunft von Umwelt, Verbrauchern und Wirtschaft müssen jetzt gestellt werden Berlin, den 03. August 2011 Sehr geehrte Bundeskanzlerin, sehr geehrte Bundesminister, sehr geehrte Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und Oberbürgermeister, sehr geehrte Abgeordnete, mit großer Sorge stellen wir fest, dass die erkannte Schlüsselrolle der Energieeffizienz für eine erfolgreiche Energiewende in den Entscheidungen der vergangenen Wochen vernachlässigt wurde. Im Einzelnen ist zu beklagen: Gebäudeeffizienz: Bund-Länder-Konflikt verhindert Sanierungsoffensive Zur im Energiekonzept der Bundesregierung geplanten Senkung des Primärenergiebedarfs im Gebäudesektor um 80 Prozent bis 2050 ist die Wiederaufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms ein erster, wichtiger Schritt – aber alleine völlig unzureichend. Steuerliche Anreize sind grundsätzlich hervorragend geeignet, um insbesondere Eigenheimbesitzer und Kleinvermieter (über 70 Prozent des Bestandes) zu energetischen Sanierungen zu motivieren. Sie sind eine dringend notwendige Ergänzung zu den bestehenden KfWProgrammen und haben ähnlich positive Fördereffekte für die öffentlichen Haushalte. Dabei ist sicherzustellen, dass steuerliche Anreize, wie jede Form der öffentlichen Förderung, Modernisierungskosten senken und damit Mieterhöhungsspielräume reduzieren. Zusammen mit geeigneten rechtlichen Rahmenbedingungen sollte dies insgesamt dazu führen, dass Verbraucher bei energetischen Sanierungen nicht durch höhere Warmmieten belastet werden. Der Bundesrat hat vor der Sommerpause den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur steuerlichen Förderung – bei dem in einigen Fragen Nachbesserungsbedarf gesehen werden kann – abgelehnt, ohne mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses den Weg für konstruktive Kompromisse zu eröffnen. Auch die Bundesregierung hat von dieser Möglichkeit bislang keinen Gebrauch gemacht. Damit entziehen sich Länder und Bund ihrer Verantwortung, verunsichern Verbraucher wie Wirtschaft und gefährden so Arbeitsplätze und Erfolge beim Klimaschutz. Stromeffizienz: Verschenken der wahren „kalten Reserve“ Das Energiewendepaket enthält keinerlei Maßnahmen zur Steigerung der Stromeffizienz. Dabei könnte durch sofort wirksame Maßnahmen, wie den beschleunigten und optimierten Unterzeichner: Deutscher Mieterbund e.V.+ Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) + Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) + NABU – Naturschutzbund Deutschland e.V. Einsatz effizienter Pumpen und Motoren in Industrie und Gewerbe und die gezielte Beförderung von Energiedienstleistungen, die Kapazität mehrere „kalter Reserven“ kosteneffektiv ersetzt werden. Der u.a. hierfür innerhalb des Energie- und Klimafonds vorgesehene Energieeffizienzfonds ist immer noch nicht konkret aufgestellt, zudem soll ein großer Teil dieser Fondsmittel in den Bau fossiler Kraftwerke fließen. Die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für Energiedienstleistungen wie Effizienz-Contracting wird nicht ernsthaft vorangetrieben. EU-Effizienzrichtlinie: Deutschland muss das Erreichen der Einsparziele vorantreiben Die deutsche Bundesregierung muss sich in Brüssel für eine Stärkung der EUEnergieeffizienzrichtlinie einsetzen. Ohne ein verbindliches Einsparziel und ohne ernsthafte und ambitionierte, verbindliche Maßnahmen wie ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen, ist das europäische 20%-Einsparziel bis 2020 nicht zu erreichen. Wir schreiben Ihnen heute mit der dringenden Bitte, jetzt die notwendigen Entscheidungen anzustoßen. Nur durch entschiedenes Umlenken kann die Energiewende zum Erfolg werden. Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sind die kosteneffektivste Klimaschutzoption und werden sofort, dauerhaft wirksam. Die anstehenden politischen Entscheidungen müssen als Chance genutzt werden, um regionales Wachstum und Beschäftigung zu fördern und Verbraucher, Wirtschaft und Kommunen langfristig von steigenden Energiekosten zu entlasten. Förderprogramme zur Steigerung der Energieeffizienz rechnen sich für die öffentliche Hand durch zusätzliche Steuereinnahmen und Kosteneinsparungen mehrfach. Jede heute vermiedene Investition in energieeffiziente Technologien ist umgekehrt eine verpasste Gelegenheit für viele Jahre bis Jahrzehnte. Der Umstieg in eine naturverträgliche erneuerbare Energieversorgung wird massiv verzögert, verteuert und sogar gefährdet, wenn wir diese Möglichkeiten weiterhin so wenig nutzen wie bisher. Wir bitten Sie daher eindringlich, sich persönlich einzusetzen für: die zeitnahe Anrufung des Vermittlungsausschuss oder Bund-Länder-Konsensgespräche, damit die Einführung klimapolitisch zielführender und sozial ausgewogener Steueranreize noch vor Ende des Jahres erfolgen kann die schnelle Einführung eines Energieeffizienzgesetzes mit verbindlichen Einsparzielen und konkreten, quantifizierbaren nationalen Maßnahmen in allen Verbrauchssektoren ein rechtsverbindliches Effizienzziel und die Stärkung der EU-Effizienzpolitik geeignete, verbindliche Maßnahmen auf EU- und Bundesebene, um zusätzliche Investitionen und Einsparungen anzustoßen (u.a. Einsparverpflichtungen für Energielieferanten und die Übernahme einer echten Vorbildrolle der öffentlichen Hand bei Gebäudesanierung und Beschaffung) Es ist allen Akteuren bewusst, dass für eine erfolgreiche Energiewende ernsthafte Anstrengungen und die Unterstützung von allen Teilen der Gesellschaft erforderlich sind. Gerade aus dieSeite 2 sem Grund dürfen wir es uns nicht erlauben, die gewinnbringenden Potenziale der Energieeffizienz für Beschäftigung, ein ressourceneffizientes Wachstum, globale Wettbewerbsfähigkeit, die Entlastung von Unternehmen und Verbrauchern und zum Schutz von Mensch und Natur nicht auszuschöpfen. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten und stehen für jegliche Unterstützung zur Verfügung. Für Ihr Interesse und Ihr Engagement möchten wir uns herzlich bedanken. Mit den besten Grüßen Lukas Siebenkotten Carsten Müller Direktor Deutscher Mieterbund e. V. Vorstandsvorsitzender Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. Klaus Wiesehügel Olaf Tschimpke Vorsitzender IG BAU NABU-Präsident Seite 3