"Gegen den Strom – Die Wiedergeburt der vaginalen Beckenendlagen an der Landesfrauenklinik Linz" Tews, 2011 Projekt: gegen den Strom Programm gegen die zu hohe Sektiorate: a) keine Wunschsektio b) MBU (kein MBU: für Gutachter ev. Fehlbehandlung) c) Sektioindikation ist Facharztentscheidung mit Begründung bei Frühbesprechung d) Frühgeburt alleine ist keine Sektioindikation e) Z.n. Sektio alleine ist keine Sektioindikation f) Hebammengeburt g) BEL: Ratschlag zur vag. Entbindung - mit Hintergrunddienst Gegen den Strom: An der LFKK Linz entbinden knapp über 1000 Frauen jährlich ohne Beisein eines Arztes, bei insgesamt 3386 Geburtsereignissen Am 11. 9. 2010: Geburt mit einer Hebamme Aufenthalt in der Klinik: 8 Stunden In der Frauenklinik gibt es seit über 5 Jahren ein funktionierendes Wahlhebammenprojekt. sämtliche organisatorische Schwierigkeiten sind ausgeräumt. Zu beachten: Status durch einen Turnusarzt, Beachtung der Vorgaben der GKK (Zuzahlungsverbot) Ergebnisse (Juli, Aug, Sept. 2009) 840 Geburten, davon 219 Sectiones (= 26,1%) 621 vaginale Geburten, 76 davon pathol. 545 unauffällige Geburten, 382 reine Hebammengeburten (31 ärztl. Epi-Vers.) = 70,1 % 163 Geburten mit Arzt = 29,9 % Bei der Geburt des Prinzen hatte es Komplikationen gegeben: Er kam als Steißgeburt zur Welt und überlebte nur durch das couragierte Eingreifen einer Hebamme, die das leblose Baby ganz gegen das Protokoll mit einem nassen Handtuch schlug. Während der Geburt war offenbar zu stark am linken Arm des Kindes gezogen worden, so dass es zu einer linksseitigen ArmplexusLähmung kam Krankengeschichte aus einem peripheren Krankenhaus Obligate Einführung der Sektio bei Vorliegen einer Beckenendlage 2000 2008: Aufnahme einer Gebärenden, pressend, vollkommene I. Steißlage, Steiß selbst schon geboren, Kopf und Arme noch im Mutterleib, schwierige Entwicklung Kinderärztliche Untersuchung: ein Oberarm gebrochen, an der anderen oberen Extremität ausgeprägte Plexusläsion Ausgangslage Allgemeiner Verfall der geburtshilflichen Kenntnisse und des praktisch-geburtshiflichen Könnens - kaum Forceps kaum BEL viel zu hoher Anstieg der Sectiones Philosophie an der LFKK LINZ - Schwerpunkt Ausbildung auch für den Facharzt Schwerpunkt Hebammengeburt Schwerpunkt Wahlhebamme Literaturübersicht Leitlinie Statistiken eigene Erfahrungen Ablauf Ausblick Literaturübersicht Leitlinie Statistiken eigene Erfahrungen Ablauf Ausblick Die Mehrzahl der schwangeren Frauen mit einem Kind in Beckenendlage bevorzugt einen Kaiserschnitt Fischer, Krause und Feige 1996 Ein vaginaler Entbindungsversuch führte bei keinem Kind zu bleibenden Schäden oder gar zum Tod. Albrechtsen, AJOG 1997 Nach vaginaler BEL-Geburt gering höhere Langzeitmorbidität • Giuliani, Scholl. AJOG 2003 • Krebs, Langhoff-Roos. EJOG 2001 Nach vaginaler BEL-Geburt keine höhere Langzeitmorbidität, gering erhöhte Kurzzeitmorbidität • Krupitz, Tews, et al Acta Obstet Gynecol Scand. 2005 Jun;84(6):588-92. Schlechtes kindliches Outcome bei • geschätztem Gewicht < 2500 g und > 4000 g • hohem mütterlichen Alter • überstrecktem kindlichen Kopf • Fußlage Tunde-Byass, Hannah. 2003 • Primiparität • Adipositas …sind keine geigneten Parameter zur Vorhersage einer sekundären Sectio. O. Irion, BJOG 1998 Mütterliche Komplikationen • Niedrigste Inzidenz bei vaginaler Entbindung • Höchste Inzidenz bei sekundärer Sectio L. Krebs, Obst. Gyn. 2003 Die Re-Sectio-Rate für das 2. Kind nach elektiver Sectio wegen Beckenendlage ist 43,8 %. Coughlan, BJOG 2002 Literaturübersicht Leitlinie Statistiken eigene Erfahrungen Ablauf Ausblick Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), Board für Pränatal- und Geburtsmedizin, Arbeitsgemeinschaft Materno-fetale Medizin (AGMFM) Geburt bei Beckenendlage AWMF 015/051 (S1) 1. Vorbemerkungen „Der betreuende Arzt soll die Schwangere bei der Wahl der Entbindungsklinik unter dem Gesichtspunkt beraten, dass die Klinik über die nötigen personellen und apparativen Möglichkeiten zur Betreuung von Risikogeburten oder Risikokindern verfügt“ (40). Seit der Publikation der Term Breech Trial Collaborative Group (19) wird die Diskussion um den Entbindungsmodus bei Beckenendlage neu geführt (11, 12, 16, 17, 22, 26, 29, 45, 46). Wegen methodischer Mängel der Studie der Term Breech Trial Collaborative Group (TBT) kann der Präferenz der primären Sectio nicht als allgemeingültigem Standard gefolgt werden (11, 27, 30–33) Bei der Durchsicht und Bewertung der Literatur zeigt sich, dass die Ergebnisse der peri- und neonatalen Früh-Mortalität und Morbidität hauptsächlich von einer strengen Risikoselektion, der Qualifikation des Geburtshelfers und der dazugehörigen spezialisierten Struktur der Entbindungsklinik abhängen. Je höher der Ausbildungsstand und je spezialisierter die Entbindungsklinik, desto geringer sind peri- und neonatale Morbidität und Mortalität bei vaginaler Entbindung aus Beckenendlage. Eine geplante Sectio caesarea reduziert im Vergleich mit einer geplanten vaginalen Geburt bei Beckenendlage nicht das Risiko eines neonatalen Todes oder einer neurologischen Entwicklungsverzögerung in einem Zeitraum bis zu zwei Jahren nach der Geburt. Der eigentliche Vorteil der geplanten Sectio caesarea scheint in der niedrigeren perinatalen Frühmorbidität zu liegen, die aber keinen Einfluss auf die Spätmorbidität ausübt. Eine Beckenbeurteilung erfolgt klinisch durch einen erfahrenen Geburtshelfer. Aufwendige radiologische oder magnetresonanztomographische Untersuchungen zur Beurteilung der mütterlichen Beckenverhältnisse sind im Prinzip entbehrlich (Literatur bei 10, S. 33ff). 3.2 Ultraschalluntersuchung Zielstellung der Fetometrie ist die Beurteilung der Größe und der Proportionen des Feten. Die größte Wahrscheinlichkeit einer komplikationsarmen vaginalen Entbindung besteht bei zeitgerecht entwickeltem Kind und annähernd gleich großen Umfangsproportionen von Kopf und Abdomen. Daher ist die Messung der fetalen Kopfmaße (biparietaler und fronto-occipitaler Durchmesser bzw. Kopfumfang) und Abdomenmaße (transversaler und a.-p.-Durchmesser bzw. größter Abdomenumfang – entspricht nicht der ATD-Ebene) eine unabdingbare Voraussetzung zur Einschätzung des Geburtserfolges. Am Termin beobachtet man in ca. 70% der Fälle eine reine Steißlage und in ca. 20% eine Steiß-Fußlage. Feten mit reiner Steißlage sowie mit Steiß-Fußlage können bis zu 70% vaginal entwickelt werden. Bei einer Steiß-Fußlage muss jedoch mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Nabelschnur- bzw. Extremitätenvorfällen (Fußlage) gerechnet werden. Eine Fußlage entwickelt sich zu ca. 10% aus einer Steiß-Fußlage und kann daher erst intra partum und nach Blasensprung diagnostiziert werden. Das Kriterium für die Indikationsstellung zur sekundären Sectio caesarea sind die gesprungene Fruchtblase und das ausgestreckte Bein des Fetus (Fußvorfall/Fußlage) in Abhängigkeit von der Zervixweite und dem Höhenstand des Steißes. 3.4 Gestationsalter und Entbindungsmodus Die Rate an sekundären Sectiones caesareae betrug in allen Gestationswochen zwischen 30 und 40% (10). Bei einem Gestationsalter < 37+0 SSW existiert aufgrund fehlender Daten und Evidenz keine Empfehlung zum Entbindungsmodus (53). Ob eine primäre Sectio caesarea gegenüber einer vaginalen Entbindung Vorteile für das Frühgeborene besitzt, ist unklar. Die Entscheidung ist von der klinischen Gesamtsituation abhängig. Klinikstruktur Für eine vaginale Geburt aus Beckenendlage muss in der Geburtsklinik ein versierter Facharzt anwesend sein. In der Geburtsklinik soll ein neonatologisches und anästhesiologisches Team jederzeit für den geburtshilflichen Einsatz abrufbar sein, gegebenenfalls müssen diese Teams anlässlich einer Entbindung aus BEL anwesend sein. Präpartale Beratung und Aufklärung Anlässlich der Vorstellung zur Entbindung in einer Frauenklinik sollte mit der Schwangeren ein ausführliches Informationsgespräch geführt werden. In diesem soll sie von einem Facharzt über den Geburtsablauf, die möglichen Risiken, Vor und Nachteile der vaginalen sowie der abdominal-operativen Entbindung aufgeklärt werden. Besonderes Gewicht sollen die Qualifikation der Geburtshelfer sowie die vorhandene Klinikstruktur erhalten. Nulliparität stellt keine Kontraindikation für eine vaginale Entbindung dar. Vaginale Geburt Nach Ausschluss von Kontraindikationen zur vaginalen Entbindung (s. u.) sollte diese in üblicher Weise wie eine Entbindung aus Schädellage betreut werden (CTG-Registrierung, ggf. Fetalblutuntersuchung, Ultraschall). Die Geburtsdynamik und das Befinden des Feten entscheiden letztlich über eine Indikation zur sekundären Sectio caesarea. Eine Katheter-Periduralanästhesie ist empfehlenswert. Spezifische Kontraindikationen für einen geplanten vaginalen Entbindungsversuch aus BEL sind: Wachstumsretardierung des Fetus (< 10. Perzentile) sonographisches Schätzgewicht gleich oder größer 3800 g Dysproportion (KU >> AU) Fußlage Beckenanomalie. Sectio caesarea bei Beckenendlage Die Sectio caesarea stellt eine gleichwertige alternative Geburtsform bei BEL dar. Die primäre, elektive Sectio weist etwa die gleichen maternalen Morbiditäts- und Mortalitätsraten auf wie eine vaginale Entbindung (50) (umstritten) Bei der Beratung zu berücksichtigen sind die spezifischen Aspekte von Schwangerschaft und Geburt nach Kaiserschnitt (4, 18, 28, 37, 47, 49, 51). Äußere Wendung aus BEL Die äußere Wendung kann ab 36+0 SSW durchgeführt werden. Ein ergebnisoffenes Aufklärungsgespräch über den Eingriff inklusive potentielle Nebenwirkungen und Risiken sollte nach Möglichkeit wenigstens einen Tag vor dem Eingriff stattgefunden haben. Literaturübersicht Leitlinie Statistiken eigene Erfahrungen Ablauf Ausblick Literaturübersicht Leitlinie Statistiken eigene Erfahrungen Ablauf Ausblick erwartet 2011: 53 unter der Geburt: Einleitung mit Prostaglandinen erlaubt Synto – Bereitschaft obligat, in der Austreibungsperiode ab Geburt des Steißes immer Periduralanästhesie wird empfohlen praktisch immer Anlegen einer Episiotomie Durchführung durch den erfahrenen Facharzt bzw. nicht so erfahrenen Facharzt bzw. Assistenten im Beisein eines erfahrenen Facharztes Training am Modell Vorgehen an der LFKK LINZ Ergebnisoffene Beratung durch den Abteilungsleiter oder einen Facharzt Exakte Ultraschallkontrolle entsprechend den Deutschen Leitlinien BEL-Team: immer ein Facharzt anwesend Facharzt wird beigezogen, falls eigene Erfahrung unter 20 BEL Falls dies nicht möglich ist, Sektio (Inzidenz: 1 x / alle 2 Jahre) Falls Facharzt zugezogen wird, wird ein Bereitschaftsdienst bezahlt (ca. 200 Euro brutto) „Märchen“ bei den BEL: • „überstreckter Kopf“ • „Verhaken“ der Zwillinge nicht beschriebene Probleme • Protrahierter Geburtsverlauf • hochgeschlagene Ärmchen • Drehung der Körperachse um 180 Grad Indikationen für primäre Sectio: • • • • • • • • Großes Kind (sonogr. Schätzung>3800 g) oder V.a. Missverhältnis fetale Wachstumsretardierung Amnioninfektionssyndrom präpartal suspektes Cardiotocogramm Placenta praevia oder andere Blutungsursachen bestimmte Fehlbildungen bestimmte maternale Erkrankungen (HELLPSyndrom, Präeklampsie, Gestationsdiabetes) • ev. Sectio in der Anamnese • Wunsch der Mutter Wichtig: Adaequater Geburtsfortschritt ab MM verstrichen: unbedingt Synto-Infusion Anlegen einer Episiotomie Dehnung der Vulva mit den 2 Zeige und Ringfingern Richtung Steißbein Handgriff nach Thyssen bei gleichzeitigem Halten des Steißes in der Beuge (nur bei unauffälligen Herztönen – ev. Ultraschall) Grund: zu rasche Verkleinerung des Uterusvolumens soll vermieden werden (ca. 1 – 2 Wehen) bei hoher Synto-Dosierung danach: beide Daumen auf kindliches Kreuzbein Entwicklung der vorderen Schulter mit vorderem Arm (AM), oder gleichwertig Entwicklung der hinteren Schulter mit hinterem Arm (Bickenbach) Entscheidende Zeit Eingehen in den Mund des Kindes Zuerst Senken des gesamten kindliche Leibes danach anheben Hypomochlion (Drehpunkt): Hinterkopf des Kindes Nicht seltenes und gefährliches Problem: Hochgeschlagene Ärmchen (Kopf NICHT entwickeln, ev. sogar einige Zentimeter zurück), zuerst Entwicklung der ARME „Nicht die Beckenendlage ist der wirkliche Risiko-Faktor, sondern unqualifizierte Geburtshelfer und ein insuffizientes Setting an den Abteilungen.“ Krause, Feige 2002 Danke für Ihre Aufmerksamkeit!