Montag 8.6.2009

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Algebra II, SS 2009
Montag 8.6
$Id: vektor.tex,v 1.6 2009/06/08 16:16:29 hk Exp $
§7
Vektorräume und Körperweiterungen
Nachdem wir den Begriff der Jordanzerlegung eines Endomorphismus eingeführt
haben, wollen wir uns jetzt klarmachen, dass es immer höchstens eine Jordanzerlegung
geben kann. Wir beginnen dabei mit dem Fall eines in Linearfaktoren zerfallenden charakteristischen Polynoms, und die Jordanzerlegung hatte dann die Form T = H + N
mit einem diagaonalisierbaren Endomorphismus H und einem nilpotenten Endomorphismus N . Wir wollen zeigen, dass diese Zerlegung eindeutig ist. Da dies eher eine
Widerholung von Fakten aus der linearen Algebra ist, wollen wir diesem Ergebnis keine
eigene Nummer geben.
Seien also K ein Körper, V ein endlichdimensionaler Vektorraum über K und T ein
Endomorphismus von V dessen charakteristisches Polynom über K in Linearfaktoren
zerfällt. Dann haben wir eine Zerlegung T = H + N wobei H diagonalisierbar und N
nilpotent sind so, dass es Polynome p, q ∈ K[x] mit H = p(T ) und N = q(T ) gibt.
Seien weiter H 0 ein diagonalisierbarer Endomorphismus von V und N 0 ein nilpotenter
Endomorphismus von V mit H 0 N 0 = N 0 H 0 und T = H 0 + N 0 . Dann kommutiert N 0
auch mit T und somit auch mit N = q(T ). Folglich ist N 0 − N wieder nilpotent, und
es gilt
H − H 0 = N 0 − N.
Analog kommutiert auch H 0 mit H = p(T ). Insbesondere ist jeder Eigenraum U von H
unter H 0 invariant und da H 0 diagonalisierbar ist, ist auch H 0 |U diagonalisierbar. Diese
Tatsache hatten Sie in der linearen Algebra kennen gelernt, der invariante Teilraum U
zerfällt in eine Summe
M
U=
Uµ ,
µ∈σ(H 0 )
wobei Uµ für jeden Eigenwert µ ∈ σ(H 0 ) ein Teilraum des Eigenraums Eµ (H 0 ) ist, und
setzen wir Basen der Uµ für µ ∈ σ(H 0 ) zu einer Basis von U zusammen, so ist die
Matrix von H 0 |U bezüglich dieser Basis eine Diagonalmatrix. Ist nun U der Eigenraum
U = Eλ (H), so wird bezüglich der eben konstruierten Basis von U dann

 
 

λ
µ1
λ − µ1

 
 

...
...
...
H − H0 = 
−
=

λ
µn
λ − µn
mit geeigneten µ1 , . . . , µn ∈ σ(H 0 ). Da V die direkte Summe der Eigenräume von H ist,
können wir insgesamt auch H −H 0 bezüglich einer geeigneten Basis als Diagonalmatrix
schreiben, d.h. H − H 0 ist diagonalisierbar. Andererseits ist H − H 0 = N 0 − N zugleich
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nilpotent, also H − H 0 = N 0 − N = 0 und somit H = H 0 , N = N 0 . Damit ist die
Zerlegung T = H +N im Fall eines zerfallenden charakteristischen Polynoms eindeutig.
Wir wollen diese Beobachtung jetzt zur Eindeutigkeit der Jordanzerlegung im allgemeinen Fall ausdehnen. Zu diesem Zweck listen wir zunächst einige Grundtatsachen
über die Jordanzerlegung auf. Seien K wieder ein Körper, V ein endlichdimensionaler
Vektorraum über K und T ein Endomorphismus von V .
1. Sei L ⊇ K ein Erweiterungskörper von K. Dann ist T genau dann halbeinfach
wenn TL halbeinfach ist. Diese Behauptung erfordert einen Beweis.
”⇐=” Ist TL halbeinfach, so existiert ein Erweiterungskörper F ⊇ L so, dass
(TL )F diagonalisierbar ist. In den Übungen wird gezeigt, dass wir (VL )F = VF
identifizieren können und zwar so, dass (TL )F = TF ist. Damit ist F ⊇ K ein
Erweiterungskörper für den TF diagonalisierbar ist, d.h. T ist halbeinfach.
”⇐=” Sei A der Zerfällungskörper von χT ∈ K[x] ⊆ L[x] über L. Dann ist A ein
Erweiterungskörper von K über dem χT in Linearfaktoren zerfällt, also enthält
A den Zerfällungskörper F von χT über K. Da T halbeinfach ist, gibt es weiter
einen Erweiterungskörper F 0 ⊇ K so, dass TF 0 diagonalisierbar ist. Insbesondere
zerfällt χTF 0 über F 0 in Linearfaktoren. Nach einer Aufgabe gilt nun χT = χTF 0 ,
d.h. χT zerfällt über F 0 in Linearfaktoren, und wir können F ⊆ F 0 annehmen. Sei
λ ∈ F ⊆ F 0 ein Eigenwert von TF . Wegen χTF 0 = χT = χTF hat λ in TF und TF 0
dieselbe algebraische Vielfachheit. Weiter hat λ in TF und in TF 0 auch dieselbe
geometrische Vielfachheit, denn ist A die Matrix von T bezüglich irgendeiner
Basis von V , so ist diese Vielfachheit gleich
dimF Eλ (TF ) = dim V − rangF (A − λ) = dim V − rangF 0 (A − λ) = dimF 0 Eλ (TF 0 ),
wobei die Gleichheit der Ränge von Matrizen klar ist, da wir diese etwa durch
Bilden der Stufenform berechnen können. Da TF 0 = (TF )F 0 diagonalisierbar ist,
stimmen für TF 0 algebraische und geometrische Vielfachheiten überein, und dies
tun sie damit auch für TF , d.h. auch TF ist diagonalisierbar. Mit demselben
Argument folgt, dass auch TA = (TF )A diagonalisierbar ist. Damit ist schließlich
(TL )A = TA diagonalisierbar, d.h. TL ist halbeinfach wie behauptet.
2. Zerfällt χT über K in Linearfaktoren, so ist T genau dann halbeinfach wenn T
diagonalisierbar ist.
Ist TL nämlich für einen Erweiterungskörper L von K diagonalisierbar, so zeigt
die obige Überlegung mit algebraischen und geometrischen Vielfachheiten, dass
auch T diagonalisierbar ist.
3. Weiter folgt die Äquivalenz:
T ist halbeinfach ⇐⇒ TL ist über dem Zerfällungskörper L
von χT digonalisierbar
⇐⇒ TA ist über dem algebraischen Abschluß A
von K diagonalisierbar.
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Dies ist eine Konsequenz der beiden vorangehenden Aussagen.
4. Seien L ⊇ K ein Erweiterungskörper und H, N zwei Endomorphismen von V .
Dann ist (H, N ) genau dann eine Jordanzerlegung von T wenn (HL , NL ) eine
Jordanzerlegung von TL ist.
Wir können V als einen K-Teilraum von VL auffassen, und dann ist SL |V = S
für jeden Endomorphismus S von V . Wegen (H + N )L = HL + NL und (HN )L =
HL NL , (N H)L = NL HL haben wir damit die Äquivalenzen
TL = HL + NL ⇐⇒ T = H + N und HL NL = NL HL ⇐⇒ HN = N H.
Weiter ist wegen (NL )p = (N p )L für jedes p ∈ N der Endomorphismus NL genau
dann nilpotent wenn N nilpotent ist. Schließlich ist nach Aussage (1) auch HL
genau dann halbeinfach wenn H halbeinfach ist. Setzen wir all diese Äquivalenzen
zusammen, so ergibt sich die Aussage über Jordanzerlegungen.
Jetzt können wir die Eindeutigkeit der Jordan Zerlegung eines Endomorphismus auf
den nicht zerfallenden Fall ausdehnen.
Lemma 7.9: Sei V ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper K. Dann
hat jeder Endomorphismus von V höchstens eine Jordanzerlegung.
Beweis: Sei T ∈ End(V ) und sei L der algebraische Abschluß von K. Weiter seien (H, N ) und (H 0 , N 0 ) zwei Jordanzerlegungen von T . Dann sind HL und HL0 nach
den obigen Grundtatsachen wieder halbeinfach und sogar diagonalisierbar. Weiter sind
(HL , NL ), (HL0 , NL0 ) Jordanzerlegungen von TL , d.h. NL und NL0 sind nilpotent und es
gelten HL NL = NL HL , TL = HL + NL , HL0 NL0 = NL0 HL0 und TL = HL0 + NL0 . Da wir die
Eindeutigkeit der Jordanzerlegung bei zerfallenden charakteristischen Polynom bereits
oben eingesehen haben, ist HL = HL0 und NL = NL0 , also auch H = H 0 und N = N 0 .
Die Existenz von Jordanzerlegungen ist etwas problematischer, aber in den meisten
Situationen können wir die Existenz einer Jordanzerlegung beweisen. Auch hierfür ist
es nützlich, sich zunächst einige allgemeine Tatsachen zu überlegen. Seien L ⊇ K eine
Körpererweiterung und V ein endlichdimensionaler Vektorraum über K. Wir müssen
uns nun an die Darstellung der Galoisgruppe AutK L auf dem K-Vektorraum VL aus
Lemma 7 erinnern. Diese wirkt nicht über L linear, aber wir haben zumindest die
Formel
(cx)γ = cγ xγ
für alle c ∈ L, x ∈ VL , γ ∈ AutK L. Da jeder Tensor Summe von Elementartensoren
ist, reicht es dies im Fall x = a ⊗ v mit a ∈ L, v ∈ V zu überprüfen, und dies geschieht
durch die Rechnung
(cx)γ = (c · a ⊗ v)γ = ((ca) ⊗ v)γ = (γ ⊗ idV )((ca) ⊗ v) = (ca)γ ⊗ v = (cγ aγ ) ⊗ v
= cγ · aγ ⊗ v = cγ · (γ ⊗ idV )(a ⊗ v) = cγ · (a ⊗ v)γ = cγ · xγ .
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Für einen L-linearen Endomorphismus S ∈ End(VL ), erhalten wir durch Konjugation
für jedes γ ∈ AutK L die über K lineare Abbildung
S γ := γ −1 Sγ,
und wir behaupten das diese auch über L linear ist. Tatsächlich gilt für alle x ∈ VL ,
c ∈ L stets
−1
−1
−1
−1
−1
S γ (cx) = (S((cx)γ ))γ = (S(cγ xγ ))γ = (cγ S(xγ ))γ = cγ
−1 γ
−1
· (S(xγ ))γ
= cS γ (x),
also ist S γ tasächlich linear über L. Für alle S, R ∈ End(VL ) gelten weiter
(S + R)γ = γ −1 (S + R)γ = γ −1 Sγ + γ −1 Rγ = S γ + Rγ
und
S γ Rγ = γ −1 Sγγ −1 Rγ = γ −1 SRγ = (SR)γ .
Ist insbesondere N ∈ End(VL ) nilpotent, also N p = 0 für ein p ∈ N, so folgt auch
(S γ )p = (S p )γ = 0 und S γ ist wieder nilpotent. Die Bildung der Konjugierten S γ
verträgt sich auch mit der Multiplikation mit Skalaren, d.h. es gilt
(cS)γ = cγ S γ
für alle c ∈ L, S ∈ End(VL ). Sind nämlich S ein Endomorphismus von VL und c ∈ L,
so haben wir
−1
−1
(cS)γ (x) = (cS(xγ ))γ = cγ · (S(xγ ))γ = cγ S γ (x)
für alle x ∈ VL . Weiter erhält die Konjugation mit Elementen der Galoisgruppe auch
die Diagonalisierbarkeit einer linearen Abbildung. Ist nämlich H ∈ End(VL ) diagonalisierbar, so gibt es eine Basis u1 , . . . , un von VL und λ1 , . . . , λn ∈ L mit Hui = λi ui für
alle 1 ≤ i ≤ n, und somit auch
−1
H γ uγi = (H(uiγγ ))γ = (Hui )γ = (λi ui )γ = λγi uγi
für alle 1 ≤ i ≤ n, d.h. uγ1 , . . . , uγn ist eine aus Eigenvektoren von H γ bestehende Basis
von VL und auch H γ ist diagonalisierbar.
Wir machen noch eine letzte kleine Anmerkung in diesem Zusammenhang. Sei dazu
wieder γ ∈ AutK L. Für ein Polynom p ∈ L[x] schreiben wir dann p = a0 + a1 x + · · · +
an xn mit a0 , . . . , an ∈ L und definieren
pγ := aγ0 + aγ1 x + · · · + aγn xn ∈ L[x].
Mit dieser Schreibweise und den oben hergeleiteten Eigenschaften haben wir
p(T )γ = (a0 + a1 T + · · · + an T n )γ = aγ0 + aγ1 T γ + · · · + aγn (T n )γ
= aγ0 + aγ1 T γ + · · · + aγn (T γ )n = pγ (T γ ).
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Für den ersten Summanden haben wir dabei die triviale Tatsache idγVL = γ −1 idVL γ =
idVL verwendet. Nach all diesen Vorbereitungen kommen wir nun zur Existenz von
Jordanzerlegungen.
Satz 7.10 (Existenz von Jordanzerlegungen)
Seien V ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper K und T ein Endomorphismus von K, dessen charakteristisches Polynom separabel ist. Dann besitzt T
eine eindeutige Jordanzerlegung (H, N ) und es gibt Polynome p, q ∈ K[x] mit H = p(T )
und N = q(T ).
Beweis: Die Eindeutigkeitsaussage gilt nach Lemma 9. Sei nun L der Zerfällungskörper
von χT über K. Da χT separabel ist, ist L ⊇ K nach Lemma 3.51 aus Algebra I eine
Galoiserweiterung. Nach einer Aufgabe gilt χTL = χT und damit zerfällt χTL über L in
Linearfaktoren. Da TL in VL zerfallendes charakteristisches Polynom hat, existieren ein
e von VL und ein nilpotenter Endomorphismus N
e
diagonalisierbarer Endomorphismus H
e
e
e
e
e
e
von VL mit TL = H + N und H N = N H sowie eindeutige Polynome p, q ∈ L[x] mit
e = p(TL ) sowie N
e = q(TL ).
grad p, grad q < grad µTL und H
eγ ∈
Sei γ ∈ AutK L ein Element der Galoisgruppe. Wie oben gezeigt sind dann H
e γ ∈ End(VL ) nilpotent und es gelten N
eγH
e γ = (N
e H)
e γ =
End(VL ) diagonalisierbar, N
γ
γ
γ
γ
γ
γ
γ
γ
γ
eN
e) = H
e N
e sowie (TL ) = (H+
e N
e) = H
e +N
e , d.h. (H
e ,N
e ) ist eine Jordanzerle(H
γ
γ
gung von (TL ) . Andererseits ist nach Satz 8.(c) aber (TL ) = γ −1 TL γ = γ −1 γTL = TL ,
also liefert die Eindeutigkeit der Jordanzerlegung von TL nun
e =H
eγ = H
e und γ −1 N
eγ = N
eγ = N
e , d.h. Hγ
e = γ H,
e N
e γ = γN
e.
γ −1 Hγ
Weiter folgt
eγ = H
e = p(TL ),
pγ (TL ) = pγ (TLγ ) = p(TL )γ = H
und ebenso auch q γ (TL ) = q(TL ). Folglich ist µTL |pγ − p, q γ − q, und wegen grad pγ =
grad p < grad µTL und grad q γ = grad q < grad µTL bedeutet dies pγ = p und q γ = q.
e und N
e nach Satz 8.(c) über K
Da L ⊇ K eine Galoiserweiterung ist, sind H
e = HL und N
e = NL . Da (HL , NL ) =
definiert, d.h. es gibt H, N ∈ End(V ) mit H
e N
e ) eine Jordanzerlegung von TL ist, ist (H, N ) auch eine Jordanzerlegung von T .
(H,
Wieder da L ⊇ K eine Galoiserweiterung ist, haben wir auch p, q ∈ K[x] und wegen
e = HL folgt H = p(T ) und ebenso N = q(T ).
p(T )L = p(TL ) = H
Tatsächlich gilt auch die Umkehrung dieses Satzes, d.h. ein Endomorphismus T hat
genau dann eine Jordanzerlegung wenn sein charakteristisches Polynom separabel ist.
Dies wollen wir hier aber nicht mehr beweisen. Stattdessen schließen wir diesen Abschnitt mit einer Charakterisierung der Körper über denen immer Jordanzerlegungen
existieren.
Korollar 7.11: Sei K ein Körper. Dann besitzt genau dann jeder Endomorphismus
eines endlichdimensionalen Vektorraums über K eine Jordanzerlegung wenn K perfekt
ist.
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Beweis: ”⇐=” Dies ist klar nach Satz 10.
”=⇒” Wir zeigen die Kontraposition, sei K also nicht perfekt. Nach Lemma 3.48 und
Lemma 3.49 aus Algebra I ist p := char K > 0 und es existiert ein a ∈ K, das in K keine
p-te Potenz ist. Wir betrachten das Polynom xp − a ∈ K[x] und seine Begleitmatrix


0 1


... ...


T =


0 1 
a
0
interpretiert als einen Endomorphismus von V := K p . Angenommen T hätte eine
Jordanzerlegung (H, N ). Dann ist H halbeinfach und somit gibt es einen Erweiterungskörper L ⊇ K so, dass HL diagonalisierbar ist. Nun ist nach einer Übungsaufgabe
χHL = χH = χT −N = χT = xp − a,
und insbesondere zerfällt xp − a über L in Linearfaktoren. Damit gibt es ein λ ∈ L mit
a = λp , und somit ist
χHL = xp − a = xp − λp = (x − λ)p .
Da HL diagonalisierbar ist, folgt HL = λidVL . Da a keine p-te Potenz in K ist, ist aber
λ∈
/ K, und somit ist λidVL nicht über K definiert, ein Widerspruch. Damit hat T keine
Jordanzerlegung.
Zum Abschluß wollen wir noch einige Anmerkungen machen, die wir hier aber nicht
mehr vollständig beweisen wollen. Wir beginnen mit der folgenden schon letztes Mal
erwähnten Aussage: Sind V ein endlichdimensionaler Vektorraum über einem Körper
K und T ∈ End(V ), so ist das Minimalpolynom µT ∈ K[x] genau dann ein Produkt
µT = p1 · . . . · pr paarweise verschiedener, normierter, irreduzibler Polynome wenn es
für jeden Teilraum U ≤ V mit T (U ) ⊆ U stets einen Teilraum W ≤ V mit T (W ) ⊆ W
und V = U ⊕ W gibt. Wir skizzieren hier kurz einen Beweis dieser Tatsache.
Sei µT = pn1 1 · . . . · pnr r als ein Produkt von Potenzen paarweise verschiedener,
normierter,
geschrieben. Dann haben wir die Primärzerlegung
Lr irreduzibler Polynome
ni
V =
i=1 Ui mit Ui := Kern pi (T ) für 1 ≤ i ≤ r, und für jedes solche i ist die
Projektion Pi : V → Ui ein Polynom in T , also Pi = hi (T ) für ein hi ∈ K[x]. Verwenden
wir diese Eigenschaft der Projektionen, so folgt das
Lrdie unter T invarianten Teilräume
W von V genau die Teilräume der Form W =
i=1 Wi mit invarianten Teilräumen
Wi ≤ Ui für 1 ≤ i ≤ r sind.
Folglich können wir uns auf den Fall r = 1, also µT = pn beschränken. Bezüglich
einer geeigneten Basis ist dann


T1


...
T =
,
Ts
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wobei für jedes 1 ≤ i ≤ s die Matrix Ti die Form

Q N

... ...

Ti = 

Q N
Q





hat, wobei Q die Begleitmatrix des irreduziblen Polynoms p ist, auf der Diagonale eine
Zahl ni ≥ 1 dieser Begleitmatrizen steht und N die grad(p) × grad(p)-Matrix


0 ··· 0

.. 
N :=  ...
. 
1 ··· 0
mit nur einer Eins in der linken unteren Ecke ist. Dabei ist dann n = max{n1 , . . . , ns }.
Gibt es dann ein 1 ≤ i ≤ s mit ni ≥ 2, so bilden wir den invarianten Teilraum U , der der
Summe aller Kästchen mit Ausnahme des untersten Kästchens von Ti entspricht. Von
diesem kann man sich dann überlegen, dass er kein invariantes Komplement besitzt.
Andernfalls ist ni = 1 für alle 1 ≤ i ≤ n, also auch n = 1. Dann fassen wir V als
einen Modul über K[x] auf, wie üblich durch q · v := q(T )v für q ∈ K[x], v ∈ V ,
und da p · K[x] wegen µT = p dann trivial wirkt, wird V ein Vektorraum über dem
Körper L := K[x]/p · K[x]. Die L-Teilräume von V sind dann genau die unter T
invarianten Teilräume des K-Vektorraums V . Da im L-Vektorraum V jeder Teilraum
ein Komplement hat, folgt dass jeder unter T invariante Teilraum von V ein unter T
invariantes Komplement hat.
Weiter ergibt die Betrachtung der Primärzerlegung die folgende Kennzeichnung
diagonalisierbarer Endomorphismen: Ein Endomorphismus T ist genau dann diagonalisierbar, wenn µT = (x − λ1 ) · . . . · (x − λr ) mit paarweise verschiedenen λ1 , . . . , λr ∈ K
gilt.
Sei wieder T ein Endomorphismus eines endlichdimensionalen Vektorraums über
V . Schreibe das Minimalpolynom wieder in der Form
µT = pn1 1 · . . . · pnr r
wie oben. Sei L der Zerfällungskörper von χT über K. Über L zerfällt jedes pi in ein
Produkt von Linearfaktoren
pi = (x − λi1 ) · . . . · (x − λisi )
und da p1 , . . . , pr paarweise teilerfremd sind, ist {λi1 , . . . , λisi } ∩ {λj1 , . . . , λjsj } = ∅ für
1 ≤ i, j ≤ r mit i 6= j. Nun ist T genau dann halbeinfach wenn TL diagonalisierbar ist.
Nach einer Aufgabe gilt weiter
µTL
si
r Y
Y
= µT =
(x − λij )ni
i=1 j=1
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d.h. TL ist genau dann diagonalisierbar wenn ni = 1 für alle 1 ≤ i ≤ r gilt, und die
Nullstellen λi1 , . . . , λisi für jedes 1 ≤ i ≤ r paarweise verschieden sind, d.h. p1 , . . . , pr
müssen alle separabel sein. Da χT und µT dieselben irreduziblen Faktoren haben, erhalten wir die folgende Kennzeichnung halbeinfacher Endomorphismen:

 Das charakteristische Polynom χT ist separabel
und jeder unter T invariante Teilraum von V
T ist halbeinfach ⇐⇒

hat ein unter T invariantes Komplement.
Da sich das charakteristische Polynom bei Addition eines kommutierenden, nilpotenten Endomorphismus nicht ändert, folgt weiter das ein Endomorphismus T genau dann
eine Jordanzerlegung besitzt wenn das charakteristische Polynom χT separabel ist. Beachte das in der obigen Charakterisierung halbeinfacher Endomorphismen keine Erweiterungskörper mehr vorkommen, wir könnten sie auch als eine direkte Definition
halbeinfacher Endomorphismen verwenden. Ist K perfekt, so entfällt die Separabilitätsbedingung, d.h. dann ist ein Endomorphismus genau dann halbeinfach wenn jeder
invariante Teilraum ein invariantes Komplement hat.
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