Fachhochschule Jena University of Applied Sciences Jena Fachbereich Grundlagenwissenschaften Prof. Dr. Viola Weiß Sommersemester 2008 Formeln Statistik für Business Administration - Wahrscheinlichkeitsrechnung Zufallsgrößen und ihre Verteilungen Zufallsgröße: Eine Zufallsgröße X : Ω −→ R ist eine Funktion, die jedem Versuchsausgang ω ∈ Ω eine reelle Zahl X(ω) zuordnet. (Außerdem muß für alle t ∈ R gelten X −1 ((−∞, t]) ∈ F.) Verteilungsfunktion: Für eine Zufallsgröße X heißt die Funktion FX : R −→ [0, 1] mit Verteilungsfunktion der Zufallsgröße X. FX (x) = P (X ≤ x) Die Verteilungsfunktion FX hat folgende Eigenschaften: • lim FX (x) = 0 , x→−∞ lim FX (x) = 1 . x→∞ • FX ist monoton wachsend. • FX ist rechtsseitig stetig. Umgekehrt ist jede Funktion mit diesen Eigenschaften Verteilungsfunktion einer Zufallsgröße. Diskrete Zufallsgrößen: Eine Zufallsgröße X heißt diskret, wenn X endlich viele Realisierungen x1 , ..., xn oder abzählbar unendlich viele Realisierungen x1 , x2 , ... hat. Verteilung von X: P (X = x1 ) = p1 , ... , P (X = xn ) = pn mit p1 + ... + pn = 1 bzw. P (X = x1 ) = p1 , P (X = x2 ) = p2 , .... mit p1 + p2 + ... = 1 Verteilungsfunktion von X: FX (x) = P (X ≤ x) = X pk k:xk ≤x Die Verteilungsfunktion einer diskreten Zufallsgröße ist eine Treppenfunktion mit Sprungstellen x1 , x2 , ... und Sprunghöhe pk an Sprungstelle xk für k = 1, ..., n bzw. k = 1, 2, ... Erwartungswert EX von X: EX = n X k=1 xk · P (X = xk ) = (EX existiert, wenn ∞ X k=1 n X k=1 xk · pk bzw. EX = |xk | · pk < ∞.) 1 ∞ X k=1 xk · P (X = xk ) = ∞ X k=1 xk · p k Varianz (Streuung) Var(X) von X: 2 Var(X) = E(X − EX) = n X k=1 n X (xk − EX) · P (X = xk ) = (xk − EX)2 · pk 2 k=1 Andere Berechnungsvorschrift: Var(X) = n X k=1 x2k · pk − (EX)2 . Analoge Formeln, wenn X abzählbar unendlich viele Werte annehmen kann. p Standardabweichung: Var(X) Stetige Zufallsgrößen: Eine Zufallsgröße X heißt stetig, falls sich die Verteilungsfunktion FX schreiben läßt als: FX (x) = Zx fX (t)dt , −∞ wobei fX eine reellwertige nichtnegative Funktion ist. Man nennt dann fX Dichte der Zufallsgröße X. Die Dichte fX hat folgende Eigenschaften: Z∞ • fX (t)dt = 1 −∞ • FX′ (x) = fX (x) für alle Stetigkeitsstellen x von FX . • Für x1 < x2 gilt: P (x1 < X ≤ x2 ) = P (X ≤ x2 ) − P (X ≤ x1 ) = FX (x2 ) − FX (x1 ) = Erwartungswert EX von X: Z∞ EX = Zx2 fX (t)dt x1 x · fX (x)dx −∞ Varianz Var(X) von X: Var(X) = Z∞ (x − EX)2 · fX (x)dx −∞ (Erwartungswert und Varianz existieren, falls Z∞ |x| · fX (x)dx < ∞.) −∞ Standardabweichung: p Var(X) Quantile xq von X: Für eine stetige Zufallsgröße X mit Verteilungsfunktion FX und Dichte fX und für q mit 0 < q < 1 heißt die reelle Zahl xq Quantil der Ordnung q (q-Quantil), wenn gilt: FX (xq ) = P (X ≤ xq ) = Zxq fX (t)dt = q . −∞ Für q = 0.5 heißt das 0.5-Quantil x0.5 Median von X. 2 Eigenschaften von Erwartungswert und Varianz diskreter und stetiger Zufallsgrößen: Für zwei Zufallsgrößen X, Y und reelle Zahlen a, b ∈ R gilt: E(aX + b) = aEX + b , Var(aX + b) = a2 Var(X) , E(X + Y ) = EX + EY . Für zwei unabhängige Zufallsgrößen X, Y gilt außerdem: E(X · Y ) = EX · EY , Var(X + Y ) = Var(X) + Var(Y ) . Spezielle diskrete Zufallsgrößen: 1. Diskrete Gleichverteilung auf x1 , ..., xn P (X = x1 ) = ... = P (X = xn ) = Erwartungswert: Varianz: EX = n1 (x1 + ... + xn ) Var(X) = n1 (x21 + ... + x2n ) − 1 (x1 n2 1 n + ... + xn )2 2. Hypergeometrische Verteilung Parameter M, N, n ∈ N mit M ≤ N und n ≤ N N −M M · n−k k für k = 0, 1, ..., n P (X = k) = mit k ≤ M und k ≥ n + M − N N n Erwartungswert: Varianz: EX = n · M N Var(X) = n · M N · (1 − M ) N · (1 − n−1 ) N −1 Modell: Aus einer Urne mit N Kugeln, von denen M weiß und N − M schwarz sind, werden nach dem Laplace-Prinzip n Kugeln entnommen (ohne Zurücklegen). Die Zufallsgröße X, die die Anzahl entnommener weißer Kugeln zählt, ist hypergeometrisch verteilt. 3. Binomialverteilung Parameter n ∈ N und p ∈ [0, 1] n pk (1 − p)n−k P (X = k) = k Erwartungswert: Varianz: Schreibweise: für k = 0, 1, ..., n EX = n · p Var(X) = n · p · (1 − p) X ∼ B(n; p) Modell: Ein zufälliges Ereignis A tritt mit Wahrscheinlichkeit p bei Durchführung eines Zufallsexperiments ein. Dieses Experiment wird n mal unabhängig voneinander unter gleichen Bedingungen durchgeführt. Die Zufallsgröße X, die zählt, wie oft das Ereignis A eintritt, ist binomialverteilt. Dieses Modell entspricht dem Urnenmodell und Ziehen von Kugeln mit Zurücklegen. Zusammenhang Binomialverteilung - hypergeometrische Verteilung: −M Für n ≤ M und n ≤ N 10 kann man die Binomialverteilung als Näherung für die 10 hypergeometrische Verteilung verwenden. 3 4. Poisson-Verteilung Parameter λ > 0 P (X = k) = Erwartungswert: Varianz: Schreibweise: λk −λ ·e k! für k = 0, 1, ... EX = λ Var(X) = λ X ∼ Π(λ) Anwendung: Man betrachtet Ereignisse, die unabhängig voneinander eintreten, z.B Telefonanrufe in einer Zentrale, zerfallende Atomkerne einer radioaktiven Substanz, Verkehrsunfälle an einer Kreuzung. Im Mittel treten λ solcher Ereignisse in einem Zeitraum ein. Die Zufallsgröße X, die die Anzahl eintretender Ereignisse zählt, ist poisson-verteilt. Zusammenhang Binomialverteilung - Poissonverteilung: Für großes n und kleines p (Faustregel: n ≥ 100, n · p ≤ 9) kann man die PoissonVerteilung mit Parameter λ = n · p als Näherung für die Binomialverteilung verwenden. 5. Geometrische Verteilung Parameter p ∈ (0, 1) P (X = k) = (1 − p)k−1 · p für k = 1, 2, ... 1 p Erwartungswert: EX = Varianz: Var(X) = 1−p p2 Modell: Ein zufälliges Ereignis A tritt mit Wahrscheinlichkeit p bei Durchführung eines Zufallsexperiments ein. Die Zufallsgröße X, die die Versuche bis zum ersten Eintreten von A zählt, ist geometrisch verteilt. Spezielle stetige Zufallsgrößen: 1. Stetige Gleichverteilung im Intervall [a, b] x < a oder b ≤ x 0 fX (x) = Dichte fX (x): 1 a≤x<b b−a 0 x<a x−a Verteilungsfunktion FX (x): FX (x) = a≤x<b a b− 1 b≤x a+b 2 Erwartungswert: EX = Varianz: Var(X) = (b−a)2 12 4 2. Normalverteilung Parameter µ ∈ R und σ > 0 Dichte fX (x): Erwartungswert: Varianz: Schreibweise: (x−µ)2 1 fX (x) = √ · e− 2σ2 σ 2π EX = µ Var(X) = σ 2 X ∼ N (µ, σ 2 ) Standardabweichung: σ Die zugehörige Verteilungsfunktion FX (x) = Φµ,σ2 (x) kann nicht explizit angegeben werden. Wichtiger Spezialfall: µ = 0 und σ 2 = 1 N (0, 1) heißt Standardnormalverteilung. Die Verteilungsfunktion Φ0,1 der Standardnormalverteilung ist in tabellarischer Form gegeben (siehe Formelsammlung). x−µ Es gilt folgender Zusammenhang: Φµ,σ2 (x) = Φ0,1 . σ Für die Standardnormalverteilung gilt: Φ0,1 (−x) = 1 − Φ0,1 (x) für alle x ∈ R . Berechnung von Wahrscheinlichkeiten für X ∼ N (µ, σ 2 ): • P (X ≤ x) = Φµ,σ2 (x) = Φ0,1 ( x−µ ) σ • P (X ≥ x) = 1 − P (X ≤ x) = 1 − Φµ,σ2 (x) = 1 − Φ0,1 ( x−µ ) = Φ0,1 ( µ−x ) σ σ • P (a ≤ X ≤ b) = P (X ≤ b) − P (X ≤ a) = ) − Φ0,1 ( a−µ ) = Φµ,σ2 (b) − Φµ,σ2 (a) = Φ0,1 ( b−µ σ σ Anwendung: Eine Zufallsgröße X, die z.B. zufällige Meß- und Beobachtungsfehler oder zufällige Größen-, Längen-, Gewichtsangaben oder zufällige Abweichungen von einem Sollwert beschreibt, ist normalverteilt. 3. Exponentialverteilung Parameter a > 0 Dichte fX (x): fX (x) = Verteilungsfunktion FX (x): Erwartungswert: Varianz: Schreibweise: 0 ae−ax x≤0 x>0 FX (x) = 0 1 − e−ax x≤0 x>0 EX = a1 Var(X) = a12 X ∼ exp(a) Anwendung: Eine Zufallsgröße X, die z.B. die Lebensdauer von Bauelementen oder die Bedienzeit von Kunden oder Reparaturzeiten oder Zerfallszeiten radioaktiver Substanzen beschreibt, ist exponentialverteilt. 5