Kinetische Gastheorie

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Physikalische Chemie
Prof. Dr. Norbert Hampp
Physikalische Chemie I
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3. Kinetische Gastheorie
Kinetische Gastheorie
In der kinetischen Gastheorie sind die Gasteilchen
- massebehaftet
- kugelf€rmig mit Durchmesser d (mit Ausdehnung)
- haben keine Wechselwirkungen, au•er elastische St€•e
- alle Energie liegt als kinetische Energie der Teilchen vor
- keine Bewegungsrichtung ist bevorzugt (isotrop)
Es wird weiter angenommen, dass die Teilchen stark verd‚nnt vorliegen, dass also der
Durchmesser d klein ist gegen die freie Weglƒnge, d.h. die zur‚ckgelegte Distanz zwischen zwei
St€•en. Das bedeutet, dass ausschlie•lich Zweierst€•e zu betrachten sind.
Die Stۥe sind Elastische Stۥe, d.h. Impuls und Energie bleiben erhalten.
Die Bindung der Energie des Gases an die Gasteilchen erfolgt in der kinetischen Gastheorie
erstmals explizit. Keine andere Energieform (z.B. Anziehung) au•er der kinetischen Energie der
Teilchen wird angenommen/zugelassen.
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3. Kinetische Gastheorie
Geschwindigkeitsverteilung von Gasteilchen
Beim elastischen Sto• bleiben Energie und Impuls erhalten.
€
Zwei Teilchen der Masse m f‚hren einen elastischen Sto• aus mit den Geschwindigkeitsvektoren va1
€
€
€
€
€
und v b1 vor dem Sto• und va 2 und vb2 nach dem Sto•. Die Winkel zwischen va1 und vb1
€
€
und va 2 und vb2 sind €1 und €2.
Aus der Energieerhaltung folgt:
1
1
1
1
E € E kin € m va21 • m vb21 € m va22 • m vb22
2
2
2
2
va21 • vb21 € va22 • vb22
Aus der Impulserhaltung folgt:
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€
€
€
p € mva1 • mvb1
€
€
va1 • vb1
€
€
€ €
va21 • vb21 • 2va1vb1
€
€
wegen va21 • vb21
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3. Kinetische Gastheorie
€
€
€ m va 2 • m vb 2
€
€
€ va 2 • vb 2
€
€
€ €
€ va22 • vb22 • 2va 2 vb 2
€
€
€ va22 • vb22
va1vb1 cos €1 € va 2 vb 2 cos€2
Betrachten wir den Spezialfall, dass va1 € vb1 € 1 (die beiden Teilchen besitzen vor dem Sto• die
gleiche Geschwindigkeit, die wir o.E.d.A. gleich 1 setzen). Selbst dann ergeben sich unendlich viele
M€glichkeiten f‚r die Geschwindigkeiten und den Winkel nach dem Sto• in Abhƒngigkeit des
„berlappungsgrades bei dem Sto•.
Es kommt also wƒhrend des elastischen Sto•es zur …nderung der Geschwindigkeiten (und damit
der kinetischen Energien) und der Richtungen (und damit der Impulse) der Teilchen.
Es kann also keinesfalls eine Gleichverteilung der Gesamtenergie auf die einzelnen Teilchen
des Gases angenommen werden. Vielmehr befindet sich der Gesamtimpuls und die Gesamtenergie
des Teilchenensembles in einer stƒndigen Umverteilung durch die elastischen St€•e.
Die statistische Verteilung der Energien und Impulse, und damit der Geschwindigkeiten, kann
allerdings berechnet werden.
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Berechnung der Geschwindigkeitsverteilung von Gasen
(Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung)
1. Teil der LÄsung: Auswahl des Funktionstyps, Normierung der Funktion
€
Die Zahl N der Teilchen mit einer Geschwindigkeit v
ist:
€
€ €
dN ( v ) € N F ( v ) dv
Ber‚cksichtigt man dass
v€
v x2 • v y2 • vz2
und dass die Geschwindigkeitsverteilung der einzelnen Komponenten jeweils gleich sein muss, folgt:
F (v ) € F ( v x2 • v y2 • v z2 ) € F ( 3v x2 )
3
€ f (v x ) f ( v y ) f ( vz ) € ‚ f ( v x ) ƒ
Die Funktion F bzw. f muss eine Exponentialfunktion sein, denn nur diese hat die Eigenschaft
exp(v x • v y • vz ) € exp( v x ) „ exp( v y ) „ exp( vz )
Wir verwenden als Ansatz
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f ( v x ) € a „ exp( ‡b „ v x2 )
Das Minus ergibt sich aus der Forderung, dass f‚r v x … † die Funktion f (vx ) … 0 gehen muss,
d.h. beliebig hohe Geschwindigkeiten sind nicht m€glich. Weiter sind auch nicht beliebig niedrige
Geschwindigkeiten m€glich, es muss also auch gelten, dass f‚r v x … 0 die Funktion f (vx ) … 0
geht. Dies muss durch den Vorfaktor a erreicht werden.
Integriert man ‚ber alle Wahrscheinlichkeiten f‚r die m€glichen x-Geschwindigkeiten, so ist diese
gleich 1 (Normierung).
•†
1 €: ‰ f (v x )dv x €
‡†
•†
†
2
2
a
„
exp(
‡
b
„
v
)
dv
€
2
a
exp(
‡
b
„
v
) dv x € 2a
x
x
x
‰
‰
‡†
0
†
(siehe Formelsammlung:
2 2
exp(
‡
a
x ) dx €
‰
0
Daraus folgt:
a€
b
•
•
2a
fÄr
a ˆ 0)
bzw . a 2• € b
•
•
€a
2 b
b
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2. Teil der LÄsung: Zusammenhang mit Druck des Gases
In einem Gasvolumen erreichen alle die Teilchen wƒhrend der Zeit •t die Wand an der †+x‡-Seite mit
der Flƒche A und f‚hren dort einen elastischen Sto• durch, die sich im Volumen Av x Št befinden.
Die Teilchenzahldichte ist nN A / V und der Impuls‚bertrag pro Sto• ist 2mv x . Da von den Teilchen
mit einer Komponente v x nur die Hƒlfte in die Richtung der Testflƒche A fliegen, ist ein Faktor 1/2
beim Impuls‚bertrag zu ber‚cksichtigen.
Die Impulsƒnderung pro Zeit ergibt sich damit zu
ImpulsÄbertrag ‹ 1 nN A
nMAv x2
Ž
€• „
„ Av x Št „ 2 mv x • / Št €
Œ
•
2 V
Zeit
V
(Hierbei wurde verwendet: Molmasse M € N A „ m )
Der Druck p ist definiert als Kraft pro Flƒche. Nach dem Newtonschen Gesetz ist Kraft die zeitliche
Ableitung des Impulses.
p Druck
F 1 dpImpuls 1 nMAv x2 nM 2
€ € „
€ „
€
vx
A A
dt
A
V
V
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Da die Geschwindigkeitsverteilung in alle Richtung gleich ist, gilt dies auch f‚r das Quadrat der
Geschwindigkeiten.
v 2 € v x2 • v y2 • v z2 € 3v x2 € 3 v x2
p Druck €
1 nM 2
1 mN 2
1 mN
v €
v €
„ 3 v x2
3 V
3 V
3 V
Nehmen wir den obigen Ansatz f‚r die Funktion f(vx)
f ( v x ) € a „ exp( ‡b „ v x2 )
und den bereits ermittelten Zusammenhang zwischen den Werten f‚r a und b, a €
so ergibt sich:
•†
•†
v x2 € ‰ v x2 „ f ( v x ) dv x € ‰ v x2 „ a „ exp( ‡bv x2 ) dv x €
‡†
‡†
•†
b
b •
1
2
2
2
€ 2„
v
„
exp(
‡
bv
)
dv
€
„
„
€
x
x
x
3
• ‰0
•
2b
4b 2
b
•
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Verwendete Formeln:
†
n ‡bx 2
‰xe
dx €
0
“‘ n2•1 ’
2b
“( n ) € ( n ‡ 1)!
‹ n •1Ž
•
•
Œ 2 •
“ ( 21 ) € •
und
fÄr ganzzahlig positives n ;
“ ( 23 ) €
•
2
Durch Vergleich mit dem idealen Gasgesetz (!) findet man:
pV € nRT €
Daraus folgt:
2
Mit v x €
v x2 €
RT
M
1
folgt dann
2b
F‚r a ergibt sich:
1 nM 2
1
v „V € nM v 2 € nM v x2
3 V
3
b€
1
M
.
€
2
2 RT
2 vx
a€
b
M
€
•
2•RT
“ ( n ) € ( n ‡ 1) “ ( n ‡ 1) ;
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Aufstellen der Geschwindigkeitsverteilungsfunktion
Damit lƒsst sich die gew‚nschte Verteilungsfunktion angeben:
f ( v x ) € a „ exp( ‡bv x2 ) €
M
M
„ exp( ‡
„ v x2 )
2•RT
2 RT
F‚r die Funktion F(v) = [f(vx)]3 (siehe oben) ergibt sich mit v
2
€ 3 v x2 :
3
2
‹ M Ž
‹ M
Ž
F (v ) € •
exp
„ v x2 •
•
•‡
Œ 2•RT •
Œ 2 RT
•
3
3
2
‹ M Ž
‹ M
Ž
„ v2 •
ۥ
• exp• ‡
Œ 2•RT •
Œ 2 RT
•
Die Geschwindigkeitsverteilung ist kugelsymmetrisch. Daher ergibt sich die Zahl der Teilchen N mit
einer Geschwindigkeit von v, d.h. N(v), als das †Volumenelement‡ in der Geschwindigkeitsverteilung
das sich aus der zu v geh€rigen Oberflƒche 4‚v2 und der Dicke dv des Volumenelements ergibt.
dN ( v ) € N „ F ( v ) dv
3
3
dN ( v )
‹ M Ž2
‹ M 2Ž
‹ M Ž2 2
‹ M 2Ž
€ 4• v 2 •
v • dv € 4• •
v • dv
• exp • ‡
• „ v exp • ‡
Œ 2•RT •
Œ 2 RT •
Œ 2•RT •
Œ 2 RT •
N
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Die Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung f‚r Gase ergibt sich zu:
3
2
M 2
v
‡
M
‹
Ž
2
2 RT
F ( v ) € 4• „ •
• „v „e
Œ 2•RT •
Die Geschwindigkeitsverteilung hƒngt nur von der Masse m (bzw. Molmasse M) der Gasteilchen und
von der Temperatur T ab, genau betrachtet sogar nur auf das Verhƒltnis M/T. (Und sonst von
nichts!)
G esch w in digkeitsverteilu n g von N 2 in
A bh Ån gigkeit von T
G e sch w in digkeitsverteilu n g
0 ,0025
0 ,0025
0,002
N2, 0ˆC
0 ,0015
N2, 1 0 0 ˆC
N2, 3 0 0 ˆC
N2, 5 0 0 ˆC
0,001
F(v) [s/m]
F(v) [s/m]
0,002
N2, 0ˆC
0 ,0015
N2, 3 0 0 ˆC
C l2, 1 0 0 0ˆC
H2, -1 80ˆC
0,001
N2, 9 0 0 ˆC
N2, 1 0 0 0ˆC
0 ,0005
0 ,0005
0
0
0
1000
2000
v [m /s]
3000
0
1000
2000
v [m /s]
3000
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Drei f‚r die Geschwindigkeitsverteilung charakteristische Geschwindigkeiten lassen sich errechnen:
1. Mittlere Geschwindigkeit
†
M Ž
v € ‰ v F (v ) dv € 4• ‹•
•
Œ
•
2
•
RT
0
3
†
2
2
‰ v „v „e
Mv 2
‡
2 RT
0
3
2
2
M Ž 1 ‹ 2 RT Ž
dv € 4• ‹•
• „ •
• €
Œ 2•RT • 2 Œ M •
3
2
4•M 4 R 2 T 2
1
2
3
2
3
2
€
3
2
2„2 • R T „2 M 2
8 RT
•M
2. Wahrscheinlichste Geschwindigkeit, d.h. dF ( v• ) / dv € 0
3
2
M 2
M 2
‡
v
‡
v
—
‹ M Ž ”
‹ M Ž
2
0 € 4• •
• –2 v „ e 2 RT • v „ e 2 RT „ • ‡
• „ 2v ™
Œ 2•RT • •
Œ 2 RT •
˜
0 € 2v „ e
‡
M 2
v
2 RT
M Ž
2 RT
‹
2
•1 ‡ v „
• š v• €
Œ
2 RT •
M
3. Mittlere quadratische Geschwindigkeit
†
v
2
‹ M Ž
€ ‰ v „ F ( v ) dv € 4• •
•
Œ
•
2
•
RT
0
2
3
†
2
‰v
0
4
„e
‡
M 2
v
2 RT
‹ M Ž
dv € 4• •
•
Œ 2•RT •
3
2
“‘ 25 ’
2‘
5
M 2
2 RT
’
3
2
5
5
5
3 • 2 2 2
4•M
2 R T
3 RT
2
2
€
€
3
3 3 3
5
M
2
2
2 2
2
2 • R T 2M
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Die drei charakteristischen Geschwindigkeiten stehen im Verhƒltnis:
v 2 : v : v• € 3:
Charakteristische Geschwindigkeiten fÇr N2
bei 500ÉC
0,0014
0,0012
F(v) [s/m]
0,001
0,0008
0,0006
0,0004
0,0002
0
0
500
1000
1500
2000
v [m/s]
<v‰>
<v>
v*
N2, 500ˆC
2500
8
: 2
•
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Berechnung der StoÑzahl
Das Volumen das ein Teilchen pro Zeiteinheit †durchfliegt‡ nennt man Kollisionszylinder. Er ergibt
sich aus dem Durchmesser der Teilchen d und der mittleren Geschwindigkeit €v• zu
•d 2 „ v Št € ‚ v Št
Der Radius des Sto•zylinders ist der Durchmesser der Teilchen.
Da sich auch die anderen Teilchen bewegen, muss v durch die Relativgeschwindigkeit 2 v
ersetzt werden. In dem Kollisionszylinder ist die Teilchenzahldichte N / V , so dass es zu
Z1 € 2‚ v
N
V
Stۥen pro Zeit und pro Teilchen kommt.
Da nicht nur das eine Teilchen St€•e ausf‚hrt, sondern alle, ergibt sich die Gesamtsto•zahl pro
Zeiteinheit und Volumen Z durch Multiplikation mit N/V.
2
1
•d 2 ‹ N Ž
‹ NŽ
Z€ ‚ 2 v• • €
• •
ŒV •
2
2 ŒV •
2
8 RT
•M
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3. Kinetische Gastheorie
Die mittlere freie WeglÅnge € ergibt sich indem der pro Zeit zur‚ckgelegte Weg v eines Teilchens
durch die Zahl der wƒhrend dieser Zeit erfolgenden St€•e dividiert wird:
ƒ€
(Es gilt: pV € nRT €
v
vV
1 V
1 kT
€
€
€
Z1
2‚ v N
2‚ N
2‚ p
N
V kT
)
kN A T € NkT bzw. €
NA
N
p
ƒ [m‰]
€v• [m s-1]
Z1 [s-1]
Z [m-3s-1]
„ [m]
H2
2,7‚10-19
1769
16‚109
20‚1034
11‚10-8
N2
4,3‚10-19
475
7‚109
8,5‚1034
6,8‚10-8
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