Der Anfang Die Entstehung der Welt Atlas, spätrömisch Vor dem Anbeginn der Zeit war das Chaos, ein gähnender Schlund ohne Anfang und ohne Ende. Finster waren die Nebel, aus denen es bestand, und doch lagen schon in ihnen die Urbestandteile allen Lebens: Erde, Wasser, Feuer und Luft. Und so geschah es, dass sich die Finsternis (Erebos) und die Nacht (Nyx) aus dem Schlund erhob. Beide vereinigten sich und gebaren den Äther (Aither) und den Tag (Hemera). Die erste aber unter allen Göttern war die Erdenmutter Gaia. Die Welt um sie herum war noch leer und ungeformt. So zeugte Gaia aus sich Uranos, den Himmel, Pontos, das Meer, und Tartaros, die Unterwelt. Doch noch war das Werk unvollständig und so verband sich die Erdenmutter mit ihrem Sohn Uranos und zeugte Okeanos und Tithys, aus deren Verbindung die Flüsse und die Okeaniden hevor gingen. Weitere Kinder folgten und so entstand aus der Verbindung von Hyperion und Theia die Sonne (Helios), der Mond (Selene) und die Morgenröte (Eos). Ihr Sohn Japetos verliebte sich in die schöne Okeanidin Klymene und deren mächtige Kinder waren Atlas, Menoitis, Prometheus und Epimetheus. So bevölkerte ein ganzes Göttergeschlecht in unterschiedlichsten Erscheinungsformen die frühe Welt. Titanen, einäugige Wesen, Kyklopen und hundertarmige Riesen trieben ihr Unwesen. Und schon bald sollten schreckliche Taten das Antlitz dieser jungen Welt erschüttern. Uranos war nämlich ein sehr herrschsüchtiger Gott und achtete eifersüchtig darauf, dass ihm keiner seine Macht streitig machen konnte. Und so waren ihm seine mächtigen Söhne ein Dorn in seinem Auge. Schließlich verbarg er sie tief im Innern der Erde und verwehrte ihnen so, jemals das Himmelslicht zu sehen. Verzweifelt versuchte Gaia ihren Gatten auf dem Nachtlager von seinen Taten abzubringen. Doch es war vergebens. Darüber war die Erdmutter so erzürnt, dass sie aus dem Erz der Erde eine gewaltige Sichel formte. Mit dieser ging sie zu ihrem Sohn Kronos und redete mit schmeichelnder Stimme auf ihn ein: „Sieh, wie dein eifersüchtiger Vater deine Brüder in die Unterwelt verbannt. Kein Grund gibt es für seine Tat und die heißen Tränen meines Mutterherzens können ihn nicht erweichen. Nur du, mein Sohn Kronos, kannst ihn aufhalten. Nimm diese mächtige Sichel! Mit ihr wirst du diesen grausamen Herrscher von seinem Throne stürzen können." Kronos hörte auf die Worte seiner Mutter und lauerte in der Nacht seinem Vater Uranos auf, der sich zum Lager seiner Gemahlin aufgemacht hatte. Ein wilder Kampf entbrannte zwischen Vater und Sohn, bei dem die Erde angstvoll zitterte. Schließlich gelang es dem Kronos seinen Vater mit der Sichel zu entmannen. Voller Zorn warf er das Geschlecht ins Meer. In der Brandung des wildschäumenden Ozeans erwuchs daraus Aphrodite, die schaumgeborene Göttin der Liebe. Tropfen von Uranos Blut fielen auf Gaia und befruchteten sie. So gebar sie die Erinyen, schaurige Rachgöttinen, und die mächtigen Giganten. Uranos jedoch wurde in das finstere Verließ des Tartaros verbannt und fortan sollte nun sein Sohn Kronos herrschen. Doch er vergaß nicht die zornigen Worte seines Vaters, der ihm prophezeite: "So wie du mich vom Throne gestoßen hast, wird dereinst dein eigener Sohn dich ebenfalls zu Fall bringen!" Der Kampf mit den Titanen (Rhea und Kronos, Relief 400 v. Chr.) Wie eine dunkle Wolke schwebte die Prophezeiung seines Vaters über Kronos Haupt. Daher kam es, dass er jedes Mal, wenn seine Frau Rhea ihm ein Kind gebar, dieses sofort nach der Geburt verschlang. So verschwanden nacheinander Hestia, Demeter, Hera, Hades und Poseidon in seinem finsteren Schlund. Bei jedem von ihnen wurde der Mutterschmerz Rheas größer und als sie erneut schwanger wurde, fragte sie ihre Mutter um Rat. "Gehe auf die Insel Kreta und verstecke dort deinen Sohn vor Kronos. Mit einer List lasse ihn glauben, dass er auch dies Neugeborene wie seine Kinder zuvor verschlingen würde!" Rhea hörte auf den Rat ihrer Mutter und brauchte in einer einsamen Höhle des Berges Ida Zeus zur Welt. Als nun ihr grausamer Mann nach dem Sohn fragte, wickelte Rhea einen Stein in der Größe eines Neugeborenen in Tücher und reichte diesen Kronos. So verschluckte Kronos den Stein in gutem Glauben und fühlte sich auch weiterhin in seiner Macht sicher. Zeus jedoch wuchs von den Bergnymphen wohlbehütet auf. Zum Manne geworden schlich sich Zeus in die Feste seines Vaters und flößte ihm einen Zaubertrank ein. Kronos würgte heftig und erbrach schließlich all seine verschluckten Kinder. Freudig rief Zeus ihnen allen zu: "Folgt mir auf den Olymp. Von dort wollen wir uns für die euch angetane Schmach an Kronos und den Titanen rächen." Von Rache beseelt schlossen sie sich ihrem Bruder an. Gemeinsam befreiten sie die Zyklopen und die hundertarmigen Riesen aus dem Tartaros. Zum Dank schmiedeten die Zyklopen dem Zeus Donnerkeile, dem Poseidon einen mächtigen Dreizack und Hades eine Mütze, die ihn unsichtbar machte. Mit diesen mächtigen Waffen traten sie den Kampf gegen Kronos und den mit ihn verbündeten Titanen an. Zehn Jahre tobte die Schlacht um die Weltherrschaft. Immer wieder schleuderte Zeus seine Donnerkeile gegen die Titanen. Die Welt stöhnte laut unter dem Dröhnen dieser Urgewalten. Schließlich unterlagen die Titanen. In Ketten wurden sie in den Tartaros geworfen und von den hundertarmigen Riesen bewacht. Untereinander teilten sich nun die Brüder die Herrschaft über die Welt auf. Poseidon erhielt die Gewalt über das Meer, Hades herrschte in der Unterwelt und Zeus bestieg den Himmelsthron. Als Gattin erwählte er seine Schwester Hera. Der Kampf der Giganten (Im Kampf mit den Giganten, Zeusaltar von Pergamon, 180 c. Chr.) Doch noch immer sollte die Welt nicht zu Ruhe kommen. Denn Gaia war zornig über die grausame Bestrafung ihrer Kinder und so zürnte sie Zeus. Als sie die Giganten zur Welt brachte, stachelte sie dies auf, sich an Zeus zu rächen. Von fürchterlicher Gestalt waren diese, ihre Körper endeten in geschuppten Drachenschwänzen. Mächtig und schier unbezwingbar stürmten sie gegen den Olymp, um Zeus und sein Gefolge mit brennenden Fackeln, Felsbrocken und ausgerissenen Bäumen zu vernichten. Vor dieser schrecklichen Wut der Giganten verblassten die Gestirne und das Meer zog sich voller Frucht zurück. Grollende Erdbeben rollten zum Göttersitz und erschütterten diesen in seinen Grundfesten. Alle hatten sich nun um Zeus versammelt, Geschwister wie auch seine Kinder, um den Olymp gegen die wütenden Attacken der Giganten zu verteidigen. Nichts schien ihnen Einhalt gebieten zu können. Und so befragten die Götter das Orakel um Rat. Dies weissagte ihnen, dass sie ohne die Hilfe eines Sterblichen niemals den Sieg erringen werden können. So ging Zeus zu seinem Sohn Herakles, den er mit der Sterblichen Alkmene einst gezeugt hatte, und bat ihm im Kampf gegen die Giganten um Hilfe. Herakles folgte seinem Vater in die Schlacht und so besiegten sie einen Giganten nach dem anderen. Noch immer war jedoch der Zorn Gaias nicht gestillt und so schickte sie den grässlichen Typhon gegen Zeus. Er war ein riesiges Ungeheuer mit Schlangenfüßen und 100 Schlangenköpfen, deren Stimmen Furcht verbreiteten und die Feuer speiten. Erderschütternd war der Kampf mit dem Ungeheuer, doch schließlich konnte Zeus es besiegen, in dem er den Berg Ätna auf ihn schleuderte, der ihm so zum Grabe wurde. So kehrte denn nun endlich Ruhe in der Welt ein und seither thronte Zeus als oberster aller Götter auf dem Gipfel des Olymp. Prometheus Ein Adler frisst die Leber von Prometheus (Lakonische Schale, 550 v. Chr.) Alles hatte nun nach der Entstehung der Welt seinen Platz gefunden. Himmel und Erde hatten ihr festes Gefüge, die Flüsse und Meere hatten sich in ihren Ufern eingefunden. Vielerlei Arten von Tieren erfüllte die Lüfte, das Meer und den Erdboden mit ihrem fröhlichen Gewimmel. Jedoch fehlte noch ein Geschöpf, das diese neue Welt mit seinem Geist beherrschen könnte. Da betrat Prometheus die Erde, ein Sohn aus dem alten Göttergeschlecht, das einst von Zeus entmachtet und in den Tartaros verbannt worden war. Er hatte die Klugheit seines Vaters Japetos geerbt und wusste daher von dem göttlichen Samen, der im Boden schlummerte. Er nahm Ton und formte aus diesem Ebenbilder der Götter. In ihnen schloss er gute wie schlechte Eigenschaften ein, die er allen Tieren der Welt entnommen hatte. Die Göttin Pallas Athene bewunderte sein Werk und beschloss, den Gestalten mit ihren göttlichem Atem den Geist einzublasen. So waren die ersten Menschen entstanden. Bald schon bevölkerten sie in großer Zahl die Erde. Doch taumelten sie wie im Traume durch die Welt, denn sie wussten nicht zu sehen, zu hören, die Dinge um sie herum mit ihren Sinnen zu verstehen und mit ihren Händen Dinge zu erschaffen. Als Prometheus dies bemerkte, machte er sich zu ihrem Lehrmeister. Er zeigte ihnen den Gebrauch all ihrer Gaben. Sie lernten den Lauf der Gestirne, die Kunst des Erzählens und der Buchstaben, sich die Tiere Unteran zu machen und für ihre Zwecke einzuspannen. Bald verstanden sie es, Steine und Ziegel herzustellen, Holz zu fällen und feste Häuser zu errichten. Auch richtete er ihre Blicke unter die Erde und sie entdeckten Erz, Silber und Gold. Das Feuer jedoch konnten sie nur von den Göttern selber erhalten. Die Götter wurden aufmerksam auf das Menschengeschlecht. Sie sollten Schutz von ihnen erhalten, wenn die Menschen ihnen Verehrung zollen würden. Bereitwillig nahmen die Menschen dieses Angebot an und schickten Prometheus als ihren Vertreter zu den Göttern. Er sollte dafür sorgen, dass die Götter ihre Forderungen in Massen hielten. Prometheus ließ sich von seiner Klugheit verleiten, Zeus mit Opfergaben zu betrügen. Doch Zeus durchschaute in seiner Allwissenheit den Betrug und verwehrte in seinem Zorn den Menschen die göttliche Gabe des Feuers. Prometheus jedoch ersann eine neue List. Er näherte sich mit einem leicht entflammbaren Stengel dem vorbeifahrenden Wagen des Sonnengottes Helios und fing damit das Feuer ein. Mit dieser Fackel eilte er zu den Menschen und brachte ihnen so diese göttliche Gabe. Zeus jedoch wurmte es sehr, als er sah, mit welcher Gabe die Menschen nun ausgestattet waren, und sann auf Rache. Die Macht des Menschengeschlechtes musste unbedingt begrenzt werden. Und so ließ er Hephaistos, dem Gott des Feuers und der Schmiedekunst, eine wunderschöne Jungfrau schaffen, die von den Göttern mit unheilvollen Gabe ausgestattet wurde. So hieß sie denn auch Pandora, die Allbeschenkte. Als sie unter die arglosen Menschen trat, wurde sie von allen bewundert. Epimetheus, der Brüder des Prometheus, nahm sie in seinem Hause auf. Dafür schenkte sie ihm eine Büchse, die er in seiner Gutgläubigkeit annahm und öffnete. Kaum jedoch war der Deckel der Büchse gelöst, da entflohen dieser alle Krankheiten und verbreiteten sich blitzschnell unter den Menschen. Ein einziges Gut war auf dem Boden der Büchse versteckt, nämlich die Hoffnung. Doch bevor diese auch entweichen konnte, schlug Pandora den Deckel wieder zu und verschloss die Büchse für immer. Die Krankheiten und das Elend traten schon bald heimlich und schweigend an die Menschen heran, denn Zeus hatte ihnen die Stimme versagt. Die Menschen waren dagegen wehrlos und schon bald hielt der Tod reichlich Ernte. Doch nicht nur die Menschen sollten bestraft werden, sondern auch Prometheus, der ihnen das Feuer gebracht hatte. Von seinen Knechten ließ er ihn fangen. In der schlimmsten Einöde des Kaukasus schleppten sie ihn und schmiedeten ihn mit unlösbaren Ketten des Hephaistos über einen schaurigen Abgrund an einen Felsen. Ohne Speisen und Trank und ohne Schlaf musste er dort ausharren. Jeden Tag kam ein Adler und fraß von seiner Leber, die sich erneuerte, da er ein Unsterblicher war. Vergeblich flehte er um Gnade. Wind und Wolken, die Sonne und die Flüsse machte er zu Zeugen seiner Pein. Doch Zeus blieb unerbittlich. Und so sollte seine Qual viele Jahrhunderte dauern bis der Held Herakles von Mitleid erfüllt ihn erlösen würde. Perseus Ein schicksalhafter Orakelspruch (Danae und der Goldregen, Titian, 1554) Im Lande Argos herrschte einst der König Akrisios. Ein Orakel warnte ihn vor der Zukunft. "Hüte dich vor dem Kind deiner Tochter! Er wird dir Thron und Leben nehmen!" Draufhin sperrte der König seine unverheiratete Tochter Danae in ein unterirdisches Verlies, das streng von Wächtern bewacht wurde. Zeus sah diese wunderschöne Jungfrau und verliebte sich sofort in sie. Listig wie er war, verwandelte er sich in einen goldenen Regen und drang so zu ihrem Versteck vor. Und so zeugte sie ihren Sohn Perseus. Akrisios war entsetzt als er das Kind seiner Tochter im Verlies entdeckte. Um dem Orakelspruch zu entgehen, beschloss er, das Kind samt Tochter in eine Holzkiste zu sperren und ins Meer zu werfen. Zeus hatte jedoch Mitleid mit der Geliebten und seinem Sohn und so schützte er die Kiste vor dem tobenden Meer und seinen Ungeheuern. Schließlich strandeten sie auf der Insel Seriphos, wo der Fischer Diktys sie schließlich fand und gastlich bei sich aufnahm. Dort wuchs Perseus zu einem Jüngling heran. Der Bruder von Dikytys Polydektes war der Herrscher dieser Insel. Die Schönheit Danaes war im nicht verborgen geblieben und schließlich entflammte er in Liebe zu ihr. Doch Perseus wachte über seine Mutter und der König wagte es daher nicht, Danae mit Gewalt zu nehmen. Eines Tages lud Polydektes Perseus zu sich an den Hof ein. Bei einem Mahl fragte er nach einem passenden Geschenk für eine König. Perseus antwortete da: "Wenn ihr, oh König, es verlangen würdet, so brächte ich euch das Haupt der schrecklichen Gorgo Medusa!" Hier nun sah der König seine Chance, den störenden Jüngling loszuwerden und so befahl er Perseus, ihm das Haupt der Gorgo zu bringen. Und so brach Perseus auf, um die Gorgo Medusa zu finden. Die Medusa (Illustration aus Tanglewood Tales, 1920) Die Göttin Athene hörte von der Absicht des Perseus, die Gorgo Medusa zu finden und zu töten. Da sie voller Hass gegen die Gorgo war, eilten sie und Hermes dem Perseus zu Hilfe. Sie zeigten ihm den Weg zu den geheimnisvollen Nymphen. Von ihnen gewann er drei Zaubermittel, die ihm im Kampf gegen die Gorgo helfen sollten: geflügelte Sandalen, eine Tarnkappe und einen Zauberbeutel. Hermes reichte ihm noch eine eherne Sichel, mit der er die Medusa enthaupten sollte. So ausgerüstet flog Perseus mit Hilfe der geflügelten Sandalen in das Land, wo die drei Gorgonen hausten, unter ihnen die Medusa. Als Perseus eintraf schliefen sie. Ihre Gestalten waren schaurig anzusehen. Ihre Häupter bestanden aus Drachenschuppen und statt Haare wanden sich dort zischende Schlangen. Mächtige Hauer ragten in ihren Gesichtern und sie besaßen eherne Hände und goldene Flügel. Wer es wagte, ihren Blicken zu trotzen, der wurde in Stein verwandelt! Dies wusste der Göttersohn. Und daher blickte er sie nur über das Spiegelbild in einem glänzenden ehernen Schild an. Schließlich fand er die Medusa und geführt von Athenes Hand schlug er ihr mit der Sichel das Haupt ab. Blut spritze aus der großen Wunde und aus dem Rumpf sprang das geflügelte Ross Pegasos hervor. Perseus packte das schreckliche Haupt der Medusa in seinen Zauberbeutel. Inzwischen waren die Schwestern erwacht und wüteten fürchterlich in ihrem Zorn. Doch vergeblich suchten sie den Täter, den der Göttersohn war unter dem Schutz der Tarnkappe längst entkommen. Mächtige Winde erfassten ihn in der Luft und trugen ihn schließlich in das Reich des König Atlas. Dort bat er den König um Obdach für die Nacht. Doch dieser fürchtete um seine Hain voller goldener Früchte und so wie er ihn ab. Das ergrimmte den Perseus und er sprach: "Auch wenn du mir nichts gönnst, ich will dir ein Geschenk bereiten!" Und so holte er das Haupt der Medusa aus seinem Beutel und hielt es dem König entgegen. So groß der König auch war, sofort verwandelte er sich zu Stein und in einen Berg. Bart und Haare wurden zu Wäldern, seine Glieder zu Berg und Tal und sein Kopf ein hoher Gipfel von Wolken umsäumt. Andromeda (Perseus befreit Andromeda, Joachim Wiewael, 1630) Auf seinem Flug gelangte Perseus an die Küste Aithiopiens, wo der König Kepheus herrschte. Da erblickte sein Auge eine wunderschöne Jungfrau, die an einem Felsen gekettet war. Hätte ihr Haar sich nicht im Wind bewegt und Tränen in ihren Augen geglitzert, so hätte er sie für eine Marmorstatue gehalten. Bezaubert von ihrer Schönheit hielt er inne und sprach sie schließlich an: "Sprich, schöne Jungfrau, wie ist dein Name und welches Schicksal hat dich an diesen Felsen gekettet?" Doch sie schämte sich und so schwieg sich. Tränen quollen aus ihren Augen hervor. Endlich, damit der Jüngling nicht glaubte, sie würde eine Schuld vor ihm verbergen, antwortete sie ihm: "Ich heiße Andromeda und bin die Tochter des Königs Kepheus. Meine Mutter Kassiopeia hatte vor den Töchtern des Nereus geprahlt, schöner als sie zu sein. Darüber waren die Nereiden sehr zornig und ihr Freund, der Meeresgott, strafte das Land mit Überschwemmungen und einem Meeresungeheuer, das alles verschlingt. Erlösung kann unser Land nur dann finden, wenn die Tochter der Königin dem Ungeheuer geopfert wird." Kaum hatte Andromeda zu Ende gesprochen, da eilte auf schäumenden Wogen schon das Ungeheuer heran. Ihre Eltern eilten herbei und waren doch machtlos gegen das Untier. Da jammerte Andromeda laut und erweichte das Herz des Helden. "Die Zeit eilt und so hört gut hin. Ich bin Perseus, der Sohn von Danae und Zeus, Sieger über die Medusa. Andromeda will ich retten, wenn ihr sie mir zur Frau gebt. Nehmt ihr meine Bedingung an?" Freudig stimmte der Vater zu: "Und als Mitgift verspreche ich dir mein Reich dazu." Schon war das Ungeheuer herbei geeilt und so schwang sich Perseus in die Luft. Wie ein Adler stürzte er auf das Tier und stieß sein Schwert tief in den Rücken hinein. Verzweifelt wehrte es sich, doch Perseus ließ nicht locker und versetzte ihm Hieb um Hieb. Bald war das Meer mit Blut getränkt und schließlich versank das Untier sterbend in den Fluten. Perseus erklomm den Felsen zu Andromeda, die ihn mit dankbaren und liebevollen Blicken begrüßte. Er löste ihre Fesseln und brachte sie zu den Eltern, die ihr Glück kaum fassen konnten. Als Braut und Bräutigam zogen sie glücklich in den goldenen Palast des Kepheus ein. Die Hochzeitsfeier Perseus und Andromeda betrachten den Kopf der Medusa (Der böse Kopf, Edmund Burne-Jones, 1887) Fröhlich waren die Hochzeitsgäste und das Brautpaar zu einem Mahl versammelt. Dampfende Speisen wurden serviert und der Bräutigam und die gerettete Braut befanden sich in einem trauten Gespräch. Plötzlich wurde der Königshof jedoch von vielen Männern gestürmt und Phineus, der Bruder des Königs Kepheus erschien. Zu Perseus Erstaunen sprach er zu ihm: "Meine Braut wurde mir entrissen. Ich bin gekommen, um mir zu holen, was mein ist!". Einst hatte er um Andromeda geworben, doch als sie dem Ungeheuer geopfert werden sollte, war er zu feige gewesen, um sie zu kämpfen. Nun sah er seine Chance, Andromeda da noch zu gewinnen. In blinder Wut schleuderte er seinen Speer gegen Perseus, doch verfehlte er diesen. Darauf entspann sich ein furchtbarer Kampf in dem Saal, Schwerter schlugen klirrend gegeneinander und bald schon fielen die ersten unter den Hieben. Als Perseus merkte, dass sie der Übermacht unterliegen würden, griff er zu seinem Zauberbeutel. In das Schlachtgetümmel rief er mit donnernder Stimme: "Wer mein Freund ist, der wende nun sein Gesicht ab.!" Und da zog er den Kopf der Medusa aus dem Beutel und hielt sie den anstürmenden Kriegern entgegen. Wer es anblickte, erstarrte sofort zu Stein. Als Phineus merkte, wie alle eine tapferen Krieger zu marmornen Säulen erstarrt waren, flehte er Perseus um Gnade an. Doch der war erschüttert über das Morden seiner neuen Freunde und kannte kein Erbarmen. So entkam auch Phineus seinem Schicksal nicht. Nun endlich konnte Perseus seine geliebte Andromeda heimführen und ihnen war ein langes und glückliches Leben beschert. Sein Großvater Akrisios war ins Pelasgerland geflüchtet, um dem unheilvollem Spruch des Orakels zu entgehen. Es ergab sich aber, das Perseus auf einer Fahrt nach Argos, hier an Kampfspielen teilnahm, denen sein Großvater zuschaute. Ein unglücklicher Wurf mit der Diskusscheibe traf diesen an den Kopf und tötete ihn. Erst jetzt erkannte Perseus seinen Großvater und bestattete diesen in tiefer Trauer. Doch von da an meinte das Schicksal es gut mit ihm und er sollte der Vater vieler ruhmreicher Sohne werden. Herakles Geburt und Jugend Herakles erwürgt die Schlangen (rotfiguriger Stamnos, 480 v. Chr.) Zeus verliebte sich einst in die schöne Alkemene, die Gattin des Amphitryons. In der Nacht näherte er sich ihr in Gestalt ihres Ehemannes, der sich zu der Zeit auf einem Feldzug befand, und vereinigte sich mit ihr. Hera, die Gemahlin des Zeus, war darüber rasend vor Eifersucht. Als nun die Geburt von Herakles uns seinem Zwillingsbruder Iphikles anstatt, verkündete Zeus, der nächstgeborene Kind aus dem Haus des Perseus werde der Herr über Mykene werden. Da verzögerte Hera die Wehen von Alkmene und ließ zunächst Eurystheus zur Welt kommen und dann Herakles, der somit diesem nun untertan war. Schon als Säugling offenbarten sich die göttlichen Kräfte des Herkules. Er war gerade mal 8 Monate alt als Hera eines Abends zwei riesige Schlangen in das Gemach der Kinder schickte. Iphikles weinte vor Angst und da ergriff sein Bruder die beiden Schlangen mit seinen kleinen Händen und drückte ihnen den Hals zu. So stark war schon sein Griff, dass die Schlangen erstickten. Der Seher Teiresias, den der erstaunte Vater kommen ließ, prophezeite dem Kind eine ungewöhnliche Zukunft. Gegen Ungeheuer, Meeresungetüme und sogar gegen die Giganten würde er siegreich bestehen. Herakles wurde in den Künsten des Wagenlenkens, Bogenschießens, Fechtens, im Faustkampf und Ringen unterrichtet. Auch wurde ihm der Gesang und das Spielen auf der Leier beigebracht. Er war zwar sehr gelehrig doch unbeherrscht in seiner Art. Und als der Musiklehrer Linos ihn zu unrecht tadelte, erschlug er ihn in seiner Erregung mit der Leier. Der König Amphitriyon schickte ihn daraufhin auf den Kithairon zu seinen Rinderherden. Hier wuchs er unter den Hirten zu einem Jüngling heran. Hier vollzog er auch seine erste Heldentat. Die Herden wurden nämlich von einem wilden Löwen angegriffen. Niemandem war es bisher gelungen, diesen zu töten. Herakles zögerte nicht, dem Löwen entgegenzutreten und erschlug ihn. Eines Tages kam der junge Herakles an eine Weggabelung. An dem einen Weg stand eine schöne Frau in leuchtenden, kostbaren Gewändern. Sie war nach höfischer Art geschminkt. An der anderen Weggabelung stand eine Frau in schlichter und einfacher Kleidung, die bescheiden zu Boden blickte. Zuerst sprach ihn die wohlhabende Frau an: "Wenn du meinen Weg folgst, Herakles, so wirst du ein Leben voller Genuss und Wohlstand haben. Weder Not noch Leid werden dir hier begegnen, sondern nur die Glückseligkeit!" Die andere Frau sprach da zu ihm: "Die Liebe der Götter und seiner Mitmenschen lassen sich nicht ohne Mühe und Anstrengung erreichen. Leid wird dir auf dem Weg der Tugend widerfahren, doch der Lohn wird die Achtung, Verehrung und Liebe der Menschen sein. Nur du kannst entscheiden, welcher Weg der deinige sein soll." Herakles entschloss sich da, dem Pfad der Tugend und Ehrbarkeit zu folgen. Die zwölf Taten (1-4) (Herakles und die Hydra, A.F. Gorguet, 1920) Schnell verbreiteten sich die ruhmreichen Taten des Herakles. Als er die Thebaner von den schweren Tributleistungen des Nachbarkönigs befreite, gab ihm König Kreon seine Tochter Megara zur Frau. Doch die rachsüchtige Göttin Hera ließ keine Gelegenheit aus, den Sohn des Zeus zu schaden, und so schlug sie ihn mit Wahnsinn. In einem seiner Anfälle tötete Herakles seine Frau und seine drei Kinder. Als der furchtbare Wahnsinn von ihm wich und er seine schreckliche Tat vor Augen sah, ergriff ihn tiefe Bekümmernis. Schließlich fragte er das Orakel von Delphi um Rat. Da sprach Pythia zu ihm: "Entsühnung für deine schreckliche Mordtat erlangst du nur, wenn du dich zwölf Jahre in den Dienst des Eurystheus stellst und die von ihm geforderten Taten erfüllst." Herakles tat wie ihm das Orakel geheißen hatte. Bewaffnet mit einer Keule, die er selbst geschnitzt hatte, einem Schwert von Hermes geschenkt und Pfeil und Bogen, die er von Apollon erhalten hatte, ging er nach Argos zu König Eurystheus. Der Nemeische Löwe Eurystheus befahl ihm als erste Tat, das Fell des nemeischen Löwen zu bringen, der in den Wäldern des Peloponnes hauste. Niemand vermochte ihn bisher zu töten, da er durch menschliche Waffen nicht verwundbar war. Herakles fand ihn und schoss seine Pfeile gegen ihn ab. Als er jedoch bemerkte, dass diese ohne Wirkung waren, warf er den Bogen zu Boden und ging mit bloßen Händen auf ihn zu. Er packte den Löwen von hinten und drückte ihm mit seinen gewaltigen Händen die Kehle zu, so dass er schließlich erstickte. Das Fell zog er dem Löwen mit Hilfe seiner Klauen ab und kleidete sich von nun an damit, wobei er den Löwenkopf wie einen Helm trug. Die Hydra Als nächstes sollte Herakles die schreckliche Hydra töten, die den Viehherden in Lerna schweren Schaden zufügte und die Felder der Bauern verwüstete. Die Hydra war ein Ungeheuer mit neuen Köpfen, von denen der mittlere unsterblich war. Mutig trat der Held ihr entgegen und schlug einen Kopf nach dem anderen ab. Doch für jeden abgeschlagenen Kopf wuchsen zwei weitere nach. Zudem eilte ein riesiger Krebs der Hydra zu Hilfe und in biss den Herakles ins Bein. Da tötete er zunächst den Krebs und bat dann seinen Neffen Iolaos um Hilfe. Er setzte den Wald in Brandt und während er der Hydra einen Kopf abschlug, brannte Iolaus mit Fackeln die Wunde aus, damit keine neuen Köpfe nachwachsen konnten. So gelang es ihm auch den unsterblichen Kopf vom Leib des Ungeheuers zu trennen. Diesen vergrub er unter einen Felsen. Die Spitzen seiner Pfeile tränkte er mit dem giftigen Blut der Hydra, so dass er eine tödliche Waffe erhielt. Die keryneische Hirschkuh In Keryneia (Arkadien) lebte eine herrliche Hirschkuh mit goldenem Geweih, die der Göttin Artemis heilig war. Diese sollte Herakles lebendig einfangen. Ein Jahr lang jagte er sie durch viele Länder. Schließlich gelang es ihm die Hirschkuh durch einen Pfeilschuss an einem Bein zu verletzten und so einzufangen. Auf dem Rückweg begegnete er Artemis, die über seine Tat erzürnt war. Doch er konnte ihren göttlichen Zorn besänftigen und brachte so die Hirschkuh an den Hof von Eurystheus. Der Erymanthische Eber Auf dem Berg Erymanthos lebte ein wilder und mächtiger Eber, der alle Felder in seiner Wut zerstörte. Der König Eurystheus hieß nun Herakles diesen Eber lebendig an seinen Hof bringen. Auf der Suche nach dem Eber kehrte er bei dem Kentauren Pholos ein und wurde von diesem freundlich bewirtet. Als er zu einem Mahl jedoch auch Wein verlangte, der allen Kentauren gehörte, kam es zu einem Kampf, bei der Pholos getötet wurde als ihm ein giftiger Pfeil des Herakles aus der Hand fiel und in den Fuß stach. Als Herakles den Eber endlich aufspürte, trieb er diesen bis auf die schneebedeckten Felder des Erymanthos Gebirge. Dort fing er ihn mit einer Schlinge und brachte den wilden Eber zu Eurystheus. Die zwölf Taten (5-8) Herakles kämpft mit den Stymphalischen Vögeln (schwarzfigurige Amphora, 5 Jh. v. Chr.) Die Stymphalischen Vögel Als nächstes sollte Herakles mächtige Raubvögel aus dem Sumpf Stymphalos vertreiben. Diese Vögel hatten eiserne Klauen und Schnäbel, mit denen sie schlimme Zerstörungen in den Feldern rundherum anrichteten. Sie Vögel hatten sich in einem Wald versteckt, aus denen er sie nur mit Hilfe der Göttin Athene herauslocken konnte. Diese gab ihm nämlich Kupferschellen, die von dem Gott Hephaistos angefertigt worden waren. Diese Schellen machten solch einen ungeheuren Lärm, dass die Vögel verschreckt aufflogen. Geschickt tötete der Held einen nach dem anderen mit Pfeil und Bogen. Die seiner grimmigen Hand entkamen waren so eingeschüchtert, dass sie niemals wieder in das Land zurückkehrten. Die Ställe des Augias Der König Eurystheus wurde langsam zornig darüber, dass Herakles eine Arbeit nach der anderen gelang und sein Ruhm sich so unter den Menschen vermehrte. Mit seiner nächsten Aufgabe wollte er daher den Helden demütigen und trug ihm daher auf, die Ställe des Königs Augias auszumisten. Dieser hatte so riesige Viehherden, dass es ihm nicht gelang, den Mist aus den Stallungen zu entfernen. Daher war er froh als sich Herakles für diese Aufgabe anbot. Ungläubig darüber, dass der Held es in einem Tag schaffen wollte - so hatte es ihm nämlich Eurystheus aufgetragen - bot er ihm ein Zehntel seiner Viehherden an, wenn er es schaffen würde. Dieser ging an seine Aufgabe mit Klugheit heran. So brach er riesige Öffnungen in die Mauern der Stallungen und leitete den nahegelegenen Fluss Alpheios dort hinein. Die Fluten spülten allen Mist aus den Stallungen und so war ihm auch diese Aufgabe gelungen. Der Kretische Stier Aus den Wellen des Meeres war einst ein herrlicher Stier emporgestiegen. Dieses sollte der König Minos nach eine Versprechen an den Meeresgott Poseidon opfern. Doch der König konnte sich von der Schönheit dieses Tieres nicht losreißen und so opferte er an dessen Stelle einen anderen Stier. Darüber war Poseidon so wütend, dass er den Stier mit Wahnsinn belegte und dieser fortan auf Kreta sein Unwesen trieb. Nach dem Willen des Eurystheus sollte Herakles nun diesen Stier lebendig herbeischaffen. Nach viel Mühsal gelang es ihm den Stier zu zähmen und so ritt er auf dessen Rücken durch das Meer nach Argos zurück. Eurytheus wollte den Stier der Göttin Hera opfern, doch diese lehnte jedes Geschenk von Herakles ab und so wurde er wieder freigelassen. Die Pferde des Diomedes König Diomedes von Thrakien besaß wilde menschenfressende Stuten. Fremde Reisende, die sich zu seinem Königshof verirrten, wurden diesen zum Fraße vorgeworfen. Herakles forderte von dem König die Herausgabe der Pferde. Als dieser sich weigerte warf er Diomedes selber den wilden Tieren vor. Kaum hatten sie den König verschlungen wurden sie ganz zahm und gehorchten willig dem Helden. Die zwölf Taten (9-12) Herakles bringt den Kerberos zu Eurystheus (Hydria, 520 v. Chr.) Der Gürtel der Königin Hippolyte Ademte, die Tochter des Eurystheus, verspürte den Wunsch, den kostbaren Gürtel der Amazonenkönigin Hippolyte zu besitzen. So beauftragte der König Herakles, diesen Gürtel herbeizuschaffen. Die Amazonen waren nun ein wildes und kriegerisches Volk. Einmal im Jahr durften sie mit Männern zusammen sein, um Kinder zu zeugen. Jedoch nur die Mädchen überlebten und wurden von ihnen groß gezogen. Die rechte Brust schnitt man ihnen ab, um so nicht in der Kriegskunst des Bogenschießens behindert zu werden. Herakles wußte, dass er nicht alleine gegen die Amazonen bestehen konnte. So sammelte er Freiwillige zum sich herum und stach mit ihnen zum fernen Pontos in See. Die Amazonen empfingen sie freundlich und Hippolyte war beeindruckt von dem mächtigen Helden, dessen Ruf auch zu ihr gedrungen war. Freiwillig wollte sie daher dem Helden ihren Gürtel schenken. Doch die rachsüchtige Hera verwandelte sich in eine Amazone und säte Unfrieden unter ihnen und hetzte so die Kriegerinnen gegen die Ankömmlinge auf. Ein Kampf entbrannte und sie wären der Übermacht der Amazonen unterlegen gewesen, wenn nicht Herakles mit seinen übermenschlichen Kräften gewesen wäre. Er tötete Hippolyte und nahm ihr den Gürtel ab, den er Eurystheus überbrachte. Die Rinder des Geryoneus Berühmt waren die Rinderherden des Riesen Geryoneus, da sie nur aus lauter prächtigen Tieren bestand. Bewacht wurden sie von dem riesenhaften Hirten Eurytionas und dem zweiköpfigen Hund Orthros. Kaum war Herakles erfolgreich von den Amazonen zurückgekehrt, schickte ihn der König Eurystheus aus, um die Rinder des Geryoneus herbeizuschaffen. Auf seiner Reise landete er in Libyen. Der dortige König Antaios, ein Riese und Sohn von Poseidon und Gaia, forderte alle Fremden zu einem Ringkampf auf. Nie zuvor war er besiegt worden, da er seine Kräfte stets aus der Berührung zu seiner Mutter, der Erde, bezog. Als nun Herakles dies im Ringkampf mit Antaios bemerkt, packte er diesen mit seinen mächtigen Armen und hob ihn in die Luft. Sofort schwanden die Kräfte des Antaios und Herakles konnte ihn zu Tode drücken. Weiter ging seine Reise durch die heiße und wasserlose Wüste bis er zum Okeanos gelangte. Den Sonnengott Helios brachte er mit Bitten und Drohungen dazu, ihm seinen goldenen Becher zu leihen, den der Sonnengott allabendlich bestieg, um den Okeanos zu überqueren. Zur Erinnerung an seiner Überfahrt errichtete der Held zu beiden Seiten der Meeresenge die Säulen des Herakles. Auf der Insel Eurytheia angekommen, erschlug er mit seiner Keule den Hirten und seine Hund. Die Rinderherde trieb er über Spanien, Gallien, Italien und Thrakien nach Hause zurück. Die verbliebenden Rinder überreichte er Eurystheus, der diese der Hera opferte. Die Äpfel der Hesperiden Zeus und Hera hatten zur Hochzeit von Gaia goldene Äpfel geschenkt bekommen. Diese befanden sich nun unter der Obhut der Hesperiden und einem hundertköpfigen Drachen in einen Heiligen Garten. Nach dem Willen des Eurystheus sollte Herakles ihm drei Äpfel aus dem Garten holen. Herakles brach auf, ohne zu wissen, wo sich nun dieser Garten der Hesperiden befinden sollte. Von Flussnympfen erfuhr er schließlich, dass ihm der Flussgott Nereus weiterhelfen konnte. Er überraschte ihn im Schlaf, damit dieser nicht seine Form wandeln und ihm entkommen konnte. Von Nereus erhielt er schließlich die gewünschte Auskunft. Durch Libyen und Ägypten reiste er und kam schließlich in das Land, wo der Titan Atlas das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern trug. Atlas war der Oheim der Hesperiden und konnte daher ungehindert, den Garten betreten. Daher bot Herakles ihm einen Handel an. Holte er ihm drei goldene Äpfel aus dem Garten, so würde er in der Zwischenzeit für ihn die Last des Himmelgewöleb tragen. Atlas willigte ein und holte ihm die Äpfel. Als er jedoch zurückkehrte, war er so froh, nicht mehr die Last tragen zu müssen, dass er sich weigerte, das Himmelsgewölbe erneut auf seine Schultern zu nehmen. Doch Herakles war listig und so bat er ihn: "Ich bin das Gewicht des Himmelsgewölbes nicht gewöhnt und will mit Kissen meine Schultern polstern. Bitte übernimm es doch noch für eine kurze Weile." Arglos schulterte sich Atlas das Gewölbe wieder auf seinen Rücken. Herakles nahm jedoch rasch die Äpfel und eilte davon. Eurystheus jedoch wusste nicht, was er mit den goldenen Äpfel machen sollte, und schenkte sie daher Athena. Diese brachte sie wieder in den Garten zurück. Kerberos Der König Eurystheus war entsetzt, dass Herakles eine Aufgabe nach der anderen gelöst und sich sein Ruhm stetig gemehrt hatte. Und so ersann der tückische König sich nun die schwierigste von allen Taten. Den Höllenhund Kerberos sollte der Held ihm aus der Unterwelt bringen. Kerberos war ein großen Ungeheuer mit drei Hundeköpfen, auf denen sich grässliche Schlangen ringelten. Er bewachte den Eingang zur Unterwelt, so dass niemand zu den Lebenden fliehen konnte. Zunächst ließ sich Herakles in den Eleusischen Myterien einweisen, um so den Toten und den unterirdischen Herrschern Achtung zollen zu können. Mit Hilfe von Hermes gelang er zum Gebirge Tainaron. Durch riesige Spalten kletterten sie hinab in die Unterwelt. Am Fluss Styx angekommen warteten sie auf Charon, der die Seelen der Toten übersetzte. Als Charon sah, dass er die schwere Last einer lebenden Seele übersetzen sollte, weigerte er sich. Doch mit Gewalt zwang Herakles ihn zum Gehorsam und gelangte so zu Hades. Der Gott der Unterwelt erlaubte dem Helden, den Kerberos mitzunehmen. Er stellt ihm jedoch zur Bedingung, dass er den Höllenhund nur waffenlos begegenen durfte. So rang Herakles mit bloßen Händen mit dem Höllenhund. Schließlich packte er ihn in den Nacken und würgte ihn bis er ohnmächtig wurde. Gefesselt hob er ihn auf seine Schultern und brachte Kerberos so den König. Eurystheus erschrak vor dem schrecklichen Ungeheuer und versteckte sich ängstlich in einer großen Vorratsvase. Herakles brachte den Kerberos in die Unterwelt zurück, das er nicht wusste, was er mit ihm machen sollte. Und so war auch die letzte Tat vollbracht. Das Ende des Herakles Einzug in den Olymp (schwarzfigurige Schale, 550 v. Chr.) So war Herakles endlich aus den Diensten des Königs Eurystheus befreit. Viele Heldentaten vollbrachte er danach noch. Aber auch viel Leid musste er erfahren. Auf seiner Wanderschaft kam er auch nach Kalydon, wo der König Oineus herrschte. Dieser hatte als Tochter die schöne Deianeira, in die sich Herakles sofort verliebte. Als Nebenbuhler hatte er jedoch den Flussgott Acheloos, den er erst im Kampfe besiegen musste, um Deianeira als seine Frau zu gewinnen. Trotz seiner ständigen Verwandlungen gelang es dem Helden, ihn mit seinen übermenschlichen Kräften zu besiegen. Als er sich mit seiner Frau auf einer Reise durch Theben befand, mussten sie den Fluss Eunenos überqueren. Hier hauste auch der Kentaur Nessos, der sich Reisenden als Fährmann für die Überquerung des Flusses zur Verfügung stellte. Herakles setze als erstes über. Dann folgte Deianeira. In der Mitte des Flusses jedoch wollte sich der Kentaur an ihr vergehen. Herakles hörte die Hilferufe seiner Frau und griff sofort zu seinem Bogen. Sein Pfeil verwundete Nessos tödlich. Noch im Sterben sann der Kentaur auf Rache und so flüsterte er Deianeira zu: "Fange mein Blut auf. Wenn du das Gewand deines Gemahles darin tränkst, so wird du dir ewig seiner Liebe sicher sein können!" Sie vertraute dem Kentauren und tat wie er ihr geheißen hatte. Schon bald sollte sie von dem Geschenk des Nessos Gebrauch machen. Herakles hatte nämlich den König von Oichalia, mit dem er schon lange im Streit lag, besiegt und seine Tochter Iole als Gefangene genommen. Deianeira war eifersüchtig auf die schöne Jungfrau. Als nun Herakles Zeus ein Dankopfer für den errungenen Sieg darbringen wollte, schickte er nach reiner Kleidung. Deianeira tränkte das Gewand für Herakles in Nessos Blut und gab es den Boten mit. Herakles legte das Gewand um und begann mit der Opferzeremonie. Das giftige Blut des Kentauren brannte sich wie Feuer in die Haut des Herakles. Brüllend vor Schmerz versuchte er, sich das Gewand vom Leibe zu reißen. Doch es gelang ihm nicht. Als Deianeira gewahr wurde, was sie getan hatte. Brachte sie sich vor Gram um. Herakles jedoch ging auf den Berg Oite und ließ sich einen Scheiterhaufen errichten. Er selbst ließ sich darauf nieder und gebot seinen Freunden diesen zu entzünden. Doch niemand wagte es. Da schlugen die Blitze des Zeus in den Scheiterhaufen, der hell aufloderte. Eine Wolke umfing jedoch den Helden und trug ihn in den Olymp, wo er fortan als Unsterblicher neben den anderen Göttern thronte. Die Argonauten Phrixos und Helle Phrixos fliegt mit dem Widder nach Kolchis (rotfigurige Pelike, um 460 v. Chr.) In Thessalien lebte einst der König Athamas mit seiner Gattin Nephele und seinen Zwillingskindern Phrixos und Helle. Athamas jedoch verstieß seine Frau und nahm an deren Stelle Ino zur Frau. Diese jedoch hasste die beiden Geschwister so sehr, dass sie einen üblen Plan ersann. Sie verdarb die Aussaat und so kam es zu einer großen Hungersnot im Land. Da schickte der König Athamas Boten nach Delphi, um das Orakel um Rat zu fragen. Ino bestach jedoch die Boten, die dem König daraufhin einen falschen Orakelspruch zurückbrachten. Phrixos müsste dem Zeus geopfert werden, damit die Erde wieder furchtbar wird. Zunächst zögerte Athamas, seinen eigenen Sohn töten zu lassen. Doch als das Volk sich erhob und verlangte, dass dem Spruch Folge geleistet werden sollte, gab er nach. Als Nephele davon hörte bat sie den Gott Hermes um die Rettung ihres Kindes. Er schickte ihr einen Widder mit goldenem Fell, der durch die Luft fliegen konnte. Diesen führte sie zum Opferaltar und drängte ihre Kinder, ihn zu besteigen. Nach der Anweisung des Gottes sollten sie auf ihm durch die Lüfte nach Kolchis reiten. Kaum saßen sie auf dem herrlichen Tier, da führte er sie auch schon hinfort. Über der thrakischen Halbinsel blickte jedoch Helle hinab und es ergriff sie ein Schwindel ob der grausigen Tiefe. Sie stürzte hinab und fand den Tod im Meer. Seither heißt diese Stelle nach ihr den Namen Hellespont. Schmerzerfüllt setzte Phrixos nun seine Reise alleine fort und gelangte nach Kolchis, wo er freundlich empfangen wurde. Dort herrschte der König Aietes, ein Sohn von Helios und Perseis, der Phrixos zu seinem Schwiegersohn machte. Phrixos opferte den Widder Zeus zum Dank und schenkte dem König das goldene Vlies. Dieser nagelte das Vlies an eine Eiche und ließ es von einem riesigen Drachen bewachen. Denn das Orakel hatte ihm einst geweissagt, dass sein Leben nur so lange dauern würde, wie er im Besitz des goldenen Vlies sei. Pelias und Iason Der Bau der Argo (Illustration aus d. Dictionary of Classical Antiques, 1891) Über Iolkos im Lande Thessalien herrschte Pelias, ein Sohn Poseidons und der Tyro. Einst hatte er sich mit Gewalt den Thron von seinem Bruder Aison, dem rechtmäßigen König, geraubt. Bevor Pelias seinen Sohn Iason töten konnte, hatte Aison diesen rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Fortan lebte Iason bei dem Kentauren Chiron, der schon viele Helden erzogen hatte. Der Kentaur unterrichtete Iason weise und sandte ihn schließlich als er herangewachsen war nach Iolkos, um seinen rechtmäßigen Thron zurückzufordern. Pelias war mittlerweile alt geworden und es quälte ihn ein seltsamer Orakelspruch. Dieser hatte ihn vor einem Mann mit nur einer Sandale gewarnt, der zu ihm kommen und seinen Thron rauben würde. Auf seinen Weg musste Iason einen Fluss überqueren. Dabei verlor er jedoch eine Sandale, die von der starken Strömung hinfort gerissen wurde. So trat er auch unter das Volk von Iolkos, das sich mit ihrem König Pelias auf dem Marktplatz versammelt hatte, um dem Gott Poseidon ein Opfer darzubringen. Die Menschen waren voller Bewunderung über die herrliche Gestalt des Unbekannten und bestaunten seine Schönheit. Mit Schrecken bemerkte der alte König, dass dem Ankömmling eine Sandale fehlte. Als dieser sich nun als Iason, Sohn des Aison zu erkennen gab, sah er all seine dunklen Befürchtungen wahr werden. Doch Pelias war listig und so empfing er seinen Neffen freundlich. Als dieser nun seinen rechtmäßigen Thron von ihm forderte, stimmte Pelias willig ein. Doch bat er ihn zuvor um die Erfüllung eines Wunsches. Seit langer Zeit erschiene ihm Phrixos im Traume, der nach dem goldenen Vlies verlangte. Erst wenn dieses aus Kolchis zurückgeholt würde, dann endlich hätte seine Seele Frieden gefunden. Da nun Pelias zu alt sei für solch eine Tat, bat er Iason nun diese zu erfüllen. Wenn er erfolgreich von Kolchis wiederkehre, würde er ihm den Thron überlassen. Iason nahm diese Bedingungen an und begann rüstete sogleich zu der Fahrt nach Kolchis. Am Fuße des Berges Pelion ließ er ein Schiff nach der Weisung der Göttin Athene von dem geschicktesten Baumeister Griechenlands erbauen. Es war ein herrliches Schiff mit fünfzig Rudern, leicht und pfeilschnell. Nach dessen Erbauer wurde es Argo genannt. Viele Helden Griechenlands versammelte Iason um sich. Unter ihnen waren Herakles und Peleus, der Sänger Orpheus, Theseus, Kastor und Polydeukes und viele andere Heroen und Göttersöhne. Nach dem Schiff nannten sie sich die Argonauten. Eine gefährliche Reise Die Argonauten jagen die Harpyien (Elfenbeinfiguren einer korinthischen Werkstatt, Delphi) Vielerlei Kämpfe und Abenteuer hatten die Argonauten auf ihrer Reise zu bestehen. Auf ihrer Fahrt kamen sie zunächst zur Insel Lemnos, die nur von Frauen bewohnt war. Einst hatten sie ihre Männer erschlagen, um selbst die Insel regieren zu können. Doch wurde ihnen bald klar, dass sie Männer für ihren Fortbestand benötigten. So umschwärmten sie die Argonauten, um sie zum Bleiben zu bewegen. Alle erlagen sie dem Scharm der schönen Frauen bis auf Herakles. Der ermahnte sie mit großer Mühe an ihre Aufgabe und drängte sie zum verlassen der Insel. Im Land der Dolionen wurden sie vom König Kyzikos freundlich empfangen, denn ein Orakelspruch hatte ihm aufgetragen, die Schar der göttlichen Heroen mit Gastfreundschaft zu Ehren. Als die Argonauten wieder in See stachen, kam ein fürchterlicher Sturm auf und sie gerieten in Seenot. Die Argo wurde auf einen Strand geworfen, der ihnen unbekannt erschien. Niemand von ihnen ahnte, dass sie wieder das Reich der Dolionen betreten hatten. Aber auch die Dolionen erkannten die Fremdlinge in der Nacht und es entbrannte ein fürchterlicher Kampf unter ihnen. Als die Morgensonne das Kampffeld erhellte, erkannten beide Parteien voller Reue ihren schrecklichen Irrtum. Zu Ehren der Gefallenen veranstalteten sie feierliche Kampfspiele und begruben ihre Kameraden. Schließlich erreichten sie die Küste Mysiens. Dort wurde Hylas, der junge Freund von Herakles, von Nymphen geraubt. Auf der Suche nach seinem Freund verpasste Herakles die Abfahrt der Argo. Die Götter hatten für ihn ein anderes Schicksal bestimmt und so mussten die Argonauten ohne ihn die Reise fortsetzen. Günstige Winde trugen die Argo weit über das Meer nach Bythynien, wo der König Phineus herrschte. Einst hatte er Zeus erzürnt und war von dem Gott als Strafe mit Blindheit belegt worden. Schreckliche Gefährten hatte er ihm zur Seite gestellt: die Harpyien, abscheuliche Vögel. Jedes Mal, wenn er sich zum Speisen an den Tisch setzte, erschienen die gräßlichen Tiere, raubten die Speisen und beschmutzten, was sie nicht mitnehmen konnten. Ihre Eisenhaut schütze sie vor jeden Versuch, sie zu töten. Als die Argonauten bei ihm landeten, flehte er sie um Hilfe an. Zetes und Kalais erkannten, dass Phineus ihr leibhaftiger Schwager war, und versprachen ihm zu helfen. Sogleich bereiteten sie ein Mahl und als Phineus sich setzte, um zu speisen, erschienen schon die Harpyien mit kreischendem Geschrei. Die geflügelten Boreassöhne bedrängten sie jedoch sogleich und verfolgten sie durch die Luft. Ihre Kraft und Wut war so mächtig, dass Zeus ein Erbarmen hatte und versprach, dass Phineus in Zukunft unbehelligt von ihnen bleiben würde. Phineus war ein mächtiger Seher und seine Gabe hatte ihm gefährliches für die Abenteurer verkündet. Auf ihren weiteren Weg mussten sie die Symplegaden durchqueren, zwei gewaltige Felsen, die zusammenschlugen und sich wieder öffneten und alle Schiffe zermalten, die dort hindurchfahren wollten. Phineus riet ihnen, zunächst eine Taube durch die Felsen zu schicken, die diese zusammenschlagen lässt. Wenn sie dann wieder auseinandergehen, sollen sie das Schiff hindurchsteuern. So eilten die Argonauten weiter. Von weitem schon klang das schreckliche Tosen und Krachen der Felsen über das Meer. Auf Iasons Geheiß wurde eine Taube los geschickt, die durch den engen Pass schoss. Die Felsen schlugen zusammen und rissen der Taube die Schwanzfedern ab. Als die Steinwände wieder auseinanderfuhren, legten sich die Argonauten in die Riemen und ruderten geschwind durch die Felsen hindurch. Schon rückten die Wände bedrohlich näher, da half die Göttin Athene ihnen in letzter Sekunde und gab der Argo einen Stoß, der sie aus der Gefahrenzone herausbrachte. Die Argo war das erste Schiff, dass den unheilvollen Symplegaden entkommen war. Seitdem ist ihre Macht gebrochen und jedes Schiff kann sie nun unbehelligt durchqueren. Auf Iasons Rat mieden sie das Land der Amazonen, da es ihnen nicht nach einer Auseinandersetzung mit dem kriegerischen Volk gelüstete. An einer kleinen Insel ankerten sie und wollten an Land gehen. Doch sie wurden von den Stymphaliden angefallen, schreckliche Vögel mit stählernen Stachelfedern. Nur mit Mühe entkamen sie diesen. Doch endlich tauchte Kolchis am Horizont auf. In Kolchis Medea flieht mit Iason und dem goldenen Vlies über das Meer aus Kolchis (Das goldene Vlies, H.J. Draper, 1880) Nach seiner Ankunft in Kolchis gelangte Iason ungesehen zum Königspalast. Die Göttin Hera hatte einen schützenden Nebel über die Stadt gelegt, so dass niemand den Fremdlingen begegnen konnte. Als Iason vor den König Aietes trat und Medea, die Tochter des Königs, ihn erblickte, entbrannte sie sofort in Liebe zu ihm. Eros Pfeil hatte ihr Herz getroffen. Iaosn gab sich dem Kolcherkönig zu erkennen und trug kühn seine Forderung nach dem goldenen Vlies vor. Der König erschrak sehr, doch gab er Iasons Forderung nach. Jedoch sollte er zuvor eine Aufgabe lösen, ehe er ihm das goldene Vlies überlassen würde. In seinem Stall hatte er zwei flammenspeiende, eherne Stiere. Diese sollte Iason bezwingen, vor einem Pflug spannen und mit diesem das Feld beackern. In den Furchen sollte er dann Drachenzähne säen, aus denen eiserne, lanzenbewehrte Männer wachsen würden. Furchtlos erklärte sich Iason mit den Bedingungen des Königs Aietes einverstanden. Medea wand sich in ihrer Kammer schlaflos im Bett hin und her. Aus Liebe zu Iason fasste sie den Entschluss, ihm bei seiner Aufgabe zu helfen. Sie reichte ihm ein Öl, dass ihn für einen Tag unverwundbar machen sollte. Dazu gab sie ihm Ratschläge für seinen Kampf mit den Eisenmännern. Am Morgen rieb sich Iason von Kopf bis Fuß mit dem Öl ein, dass ihm Medea gegeben hatte. Sogar seine Waffen und die Rüstung tauchte er in den Zaubersaft. Dann ließ er die Diener des Königs den Stall aufschließen, in dem die Stiere hausten. Der König und sein gesamter Hofstaat waren zu dem Schauspiel erschienen und nur schwer konnte Aietes ein triumphierendes Grinsen verbergen. Als die Tiere aus dem Stall schnaubend und tobend hervorkamen, packte Iason sie mit unmenschlicher Gewalt an den Hörnern und zwang sie unter das Joch des Pfluges. Der Feueratem der Stiere glitt ohne Schaden anzurichten an seinem Körper vorbei. Iason trieb sie über den Acker und pflügte mit ihnen so das Feld. Dann ergriff er den Beutel mit den Drachenzähnen, den Aietes ihm reichte. Er schritt an den Furchen entlang und säte die Zähne nach allen Seiten aus. Nach und nach wuchsen aus der Saat die Eisenmänner und schon bald glänzte der Acker von Waffen. Da tat der Held, wie es ihm Medea geheißen hatte. Er warf einen Stein mitten zwischen die Krieger. Sogleich entbrannte ein Streit unter ihnen um den Stein und sie fielen übereinander her. Bald schon war das gesamte Feld von Erschlagenen übersät. Aietes war außer sich vor Wut und er schmiedete einen Plan, wie den Fremden beseitigen könnte. Medea jedoch war außer sich vor Freude, dass ihr Geliebter die Aufgabe unbeschadet bestanden hatte. Von den Plänen ihres Vaters ahnend, eilte sie in der Nacht zu den Griechen und warnte sie vor der drohenden Gefahr. Gemeinsam brach sie mit Iason auf, um das Vlies zu rauben. Dieses war an einer Eiche genagelt und wurde von einem Drachen bewacht. Die zauberkundige Medea warf ihm Kuchen vor, den sie zuvor mit einem Schlafmittel getränkt hatte. Ihre schmeichelnde Stimme wiegte den Drachen noch zusätzlich in den Schlaf, so dass Iason ungestört das Vlies vom Baum lösen konnte. Mit Jubel begrüßten die Argonauten ihn und bestaunten das Vlies. Iason jedoch versprach Medea, sie als sein liebes Eheweib mit nach Hause zu nehmen. Frohen Mutes lösten die Argoschiffer die Taue und machten sich auf den Heimweg. Aites entdeckte jedoch den Raub des goldenen Vlies und den Verrat seiner Tochter. Sogleich schickte er seine ganze Flotte ihnen hinterher. Doch wiederum mit Medea Hilfe entkamen sie der Verfolgung. Sie tötete ihren eigenen Bruder Apsyrtos und zerstückelte ihn. Nach und nach warf sie seine Körperteile ins Meer, wo die Kolcher sie aufsammeln mussten, um ihn beerdigen zu können. Unter Heras Schutz gelangten sie schließlich Heil nach Hause. Die Heimkehr Iason kehrt mit dem goldenen Vlies nach Iolkos zurück (apulischer Krater, 350-340 v. Chr.) In Iolkos angekommen, trat Iason mit dem goldenen Vlies vor Pelias und forderte seinen Thron von ihm. Doch Pelias dachte nicht daran, sein Versprechen einzuhalten. So griff Iason in seiner Wut auf die Zauberkräfte von Medea zurück. Diese schlachtete einen alten Widder, zerstückelte ihn und kochte diesen mit allerlei geheimen Kräuter in einem Kessel. Durch ihre Zauberkunst sprang plötzlich ein junger Widder daraus hervor. Als nun Pelias Töchter dieses Wunder sahen, wollten sie, dass Medea ihren Vater auf die gleiche Weise verjüngen sollte. Medea versprach, ihrer Bitte nachzukommen, und so töteten sie ihren Vater und warfen ihn in den Kessel. Doch Medea löste ihr Versprechen nicht ein. Iason sollte jedoch der Besitz des Thrones verwehrt bleiben. Akastos, der Sohn des Pelias, vertrieb ihn aus Iolkos und so flüchtete er mit Medea nach Korinth. Dort lebten sie beide jahrelang glücklich zusammen und Medea schenkte ihrem Mann zwei Kinder. Es kam jedoch aber eine Zeit, da erlag Iason den Reizen der jungen Glauke, einer Tochter des Korintherkönigs Kreon. Ohne das Wissen seiner Gattin Medea warb er um die schöne Königstochter. Als der König schließlich in die Heirat einwilligte, bat Iason Medea, freiwillig auf ihre Ehe zu verzichten. Diese tobte zunächst vor Zorn und in dem Wahnsinn, der ihre Sinne befiel, entsann sie einen finsteren Plan. Zum Schein ging sie auf Iason Forderungen ein und reichte Iason als Brautgeschenk ein kostbares Kleid. Dieses hatte sie jedoch mit Gift getränkt und als Glauke das Gewand anzog, starb sie einen fürchterlichen Tod. Ganz zur Furie der Rachsucht geworden, tötete sie auch ihre eigenen Kinder. Vom fürchterlichen Geschrei seiner Kinder gewarnt, eilte Iason zu ihrem Haus und fand sie dort in ihrem Blute liegend vor. Medea jedoch flüchtete auf einem magischen Drachenwagen durch die Luft. Da überkam Iason die Verzweiflung und er stürzte sich auf der Schwelle seines Hauses in sein Schwert und fiel tot zu Boden. Theseus Geburt und Jugend Theseus findet auf Geheiß seiner Mutter unter dem Felsen Schwert und Sandalen seines Vaters (römisches Tonrelief, 1. Jh. n. Chr.) Der König Aigeus von Athen kehrte einst bei Pittheus, König und Gründer der kleinen Stadt Trözen, ein und wurde dort gastfreundlich aufgenommen. Die Ehe von Aigeus war kinderlos geblieben und er fürchtete, dass die Nachkommenschaft seines Bruders Pallas ihm den Thron streitig machen könnte. Diese Sorgen vertraute er seinem Gastfreund Pittheus an, dem zuvor ein seltsames Orakel offenbart worden war, in dem es hieß, dass seine Tochter keine rühmliche Ehe, aber dafür einen berühmten Sohn haben werde. Und so kamen sie überein, dass Aigeus heimlich Pittheus Tochter Aithra ehelichen sollte. Beide vollzogen sie den Bund der Ehe und schon nach wenigen Tagen musste Aigeus nach Athen heimkehren. Als er sich jedoch am Meeresufer von Aithra verabschiedete, legte er Schwert und Sandalen unter einem Felsen. "Wenn du einen Sohn gebären wirst, so ziehe ihn heimlich auf und verrate niemanden, wer sein Vater ist. Ist er zu einem Mann herangewachsen und besitzt die Kraft, den Felsen beiseite zu wälzen, so führe ihn zu dieser Stelle, lass ihn Schwert und Sandalen nehmen und schicke ihn dann zu mir nach Athen." Und tatsächlich geschah es, dass sie einen Sohn gebar. Theseus nannte sie ihn und er wuchs unter der Fürsorge seines Großvaters Pittheus auf. Wie Aigeus ihr geheißen hatte, verheimlichte sie den Namen seines Vaters. Der Großvater ließ hingegen das Gerücht verbreiten, dass Theseus ein Sohn des Gottes Poseidon sei und so nahm niemand Anstoß an dieser seltsamen Geburt. Herakles besuchte den Palast des Pittheas als Theseus sieben Jahre alt war. Zum Essen legte er das Löwenfell ab, das er stets zu tragen pflegte. Alle Kinder am Hofe erzitterten vor Angst, da sie glaubten, es wäre ein lebender Löwe. Nur Theseus nahm eine Keule zur Hand und wollte das vermeintliche Untier angreifen. So zeigte sich schon in früher Kindheit seine große Tapferkeit. Als nun Theseus zu einem Jüngling mit großer Körperkraft herangewachsen war und er sich als edel in seiner Gesinnung zeigte, da führte seine Mutter ihn zu dem Felsen. Hier nun erzählte sie ihm das Geheimnis seiner Herkunft und forderte ihn auf, den Felsen zur Seite zu wälzen. Theseus stemmte sich gegen den schweren Stein und schob in mit Leichtigkeit zur Seite. Dann zog er die Sandalen an und band das Schwert an seine Seite. Und so machte er sich auf den Weg nach Athen, um seinen leiblichen Vater aufzusuchen. Dabei hörte er nicht auf den Rat seiner Mutter, den sicheren Seeweg zu nehmen. Er wollte es Herakles gleichtun und das Land von Räubern, wilden Tieren und Wegelagerern reinigen und wählte daher den gefährlicheren Landweg. Die Wanderung nach Athen Theseus besiegt den Räuber Sinnis (attische Schale, 5. Jh. n. Chr.) Auf dem Weg nach Korinth traf er den Straßenräuber Periphetes, dessen Waffe eine eisenbeschlagene Keule war, mit der er die Reisenden zu Boden schmetterte. Daher führte er auch den Beinamen Keulenschwinger. Als er Theseus kommen sah, stürzte er aus dem Wald und versperrte ihm den Weg. Theseus warf sich jedoch sogleich mit aller Macht auf ihn und erschlug den frechen Räuber nach einem kurzen Kampf. Die Keule nahm er ihm ab und trug sie fortan selber als gefürchtete Waffe. Auf der schmalen Landenge von Korinth begegnete er einem anderen Wegelagerer. Es war Sinnis, der Fichtenbeuger. Die Menschen nannten ihn so, weil mit seinen starken Händen zwei Fichtenwipfel herunterzubeugen pflegte, an die er seine Gefangenen band und die dann von den zurückschnellenden Bäumen zerrissen wurden. Sinnis bekam nun als erster die Keule von Theseus zu spüren und wurde von ihm niedergeschlagen. Dann verfuhr Theseus genauso mit ihm wie er es stets mit seinen Opfern getan hatte. Aber nicht nur gegen Räuber und Wegelagerer kämpfte er, sondern auch gegen wilde und böse Tiere und tat es so seinem Vorbild Herakles gleich. So erlegte er auch die Phaia, ein Krommyonisches Schwein. An der Grenze von Attika stieß er auf Skiron, der sich auf einem hohen Felsen zwischen Attika und dem Megaraland aufhielt. Dort hielt er Fremde auf und befahl ihnen, seinen Füße zu waschen. Und während diese seinem Willen nachkamen, stürzte er sie mit einem Fußtritt ins Meer hinab. Als der Unhold nun mit Theseus genauso verfahren wollte, schlug dieser ihn mit der Keule nieder und stieß ihn wie all seine Opfer die Felsen hinunter. Nach einer kurzen Reise begegnete ihm nun der letzte und grausamste Straßenräuber zu dieser Zeit. Man kannte ihn nur unter dem Namen Prokrustes, der Gliederstrecker. In seinem Hause gab es zwei Betten, ein sehr kurzes und ein sehr langes. Nahm er einen sehr kleinen Menschen in heuchlerischer Gastfreundschaft bei sich auf, so legte er ihn in das große Bett. Dann streckte er sein Opfer, um ihn der Länge des Bettes anzupassen und quälte ihn so zu Tode. Kam jedoch ein sehr großer Mensch, so legte er ihn in das kleine Bett und hieb ihm seine Glieder ab bis der Körper in das Bett passte. Theseus ließ ihn für seine grausamen Taten auf die gleiche Weise büßen. Seine Taten waren nun überall bekannt und man pries ihn als einen Helden. Doch wenig freundliches war ihm auf seiner Reise widerfahren. Umso mehr freute er sich daher, dass er bei den frommen Phytaliden freundlich aufgenommen wurde. Sie reinigten ihn nach ihren altehrwürdigen Bräuchen von dem Menschenblut, dass er auf seiner Reise vergossen hatte, und bewirteten ihn mit köstlichen Speisen. So gestärkt betrat er nun Athen, die Heimatstadt seines Vaters. Der König Aigeus erkannte ihn sofort an den Sandalen und dem Schwert als seinen Sohn und nahm Theseus voller Freude ihn seine Arme. Jauchzend begrüßte das Volk den Helden, den Aigeus nun als seinen Sohn und Erben vorstellte. Theseus bei Minos Theseus tötet den Minotauros (schwarzfigurige Amphore) Zu jener Zeit lastete ein schweres Unglück auf Athen. Denn man erwartete die Abgesandten Kretas, die zum dritten Mal den üblichen Tribut holen wollten. Vor Jahren hatte König Minos die Athener im Krieg besiegen können, dessen Ursache der Tod seines Sohnes in Attika war. Alle neun Jahr mussten die Athener nun sieben Jünglinge und sieben Jungfrauen nach Kreta schicken, wo diese dem Minotauros geopfert wurden. Der Minotauros war halb Mensch halb Stier und hauste in einem Labyrinth, das von dem berühmten Daidalos erbaut worden war. Das Los entschied, welcher der Kinder Athens mit den Gesandten Kretas gehen sollten. Theseus, der bekümmert war über solch grausames Handeln, erklärte sich freiwillig bereit, die Fahrt nach Kreta anzutreten. Doch wollte er sich nicht hilflos opfern lassen, sondern das Ungeheuer im Kampfe niederringen, um so Athen für immer von dieser schweren Bürde zu befreien. Bei seiner traurigen Fahrt hatte das Schiff stets schwarze Segel gesetzt. Aigeus gab nun seinem Sohn ein weißes Segel mit und vereinbarte mit ihm, dass dieses bei einer erfolgreichen Rückkehr statt des schwarzen gehisst werden sollte, um dem Vater schon von Ferne Kunde über Glück oder Unglück zu geben. So gelangte Theseus an den Hof von König Minos. Als Ariadne nun die herrliche Gestalt des kühnen Heldens erblickte, verliebte sie sich sogleich in ihn. Bevor nun Theseus ins Labyrinth geführt wurde, schlich sie sich heimlich zu ihm und gestand ihm ihre Liebe. Dann versprach sie ihm im Kampf gegen den Minotauros zu helfen, wenn er sie als seine Frau nach Athen führen würde. Dies versprach ihr auch Theseus, der von der schönen Jungfrau ganz angetan war. Da gab sie ihm ein geweihtes Schwert, das allen Zauber des Untiers widerstehen würde, und ein Wollknäuel, das er am Eingang festbinden und dann ablaufen lassen sollte, um aus dem Irrgarten wieder herauszufinden. So vorbereitet betrat Theseus voller Zuversicht das Labyrinth. Mit dem geweihten Schwert erschlug er den Minotauros und fand dann mit Hilfe des Wollfadens den Weg in die Freiheit wieder zurück. Jubelnd begrüßten ihn die wartenden Jungfrauen und Jünglinge. Sogleich stachen sie zusammen mit Ariadne in See. Das Glück des Paares sollte jedoch nicht lange währen. Auf der Insel Naxos erschien Dionysos dem Theseus im Traume und gebot ihm, Ariadne als seine Gattin zu überlassen. Voller Schmerz gehorchte er dem göttlichen Gebot und ließ die wehklagende Gattin auf der Insel zurück. So saß er nun tiefbekümmert im Heck des Schiffes und vergaß dabei die Absprache mit seinem Vater, das weiße Segel aufzuziehen. Voller Spannung erwartete Aigeus auf die Rückkehr seines Sohnes und bestieg Tag für Tag einen hohen Felsen am Meer, um nach dem Schiff Ausschau zu halten. Endlich tauchte es am Horizont auf - mit schwarzem Segel. Wie grenzenlos war da sein Schmerz über den vermeintlichen Tod des geliebten Sohnes und er stürzte sich vor Gram ins Meer, das seit dieser Zeit das Aegaeische heißt. Voller Freude landete der Held im Hafen von Athen und eilte sogleich zu der Burg seines Vaters. Schwer traf ihn da die Nachricht, dass sich der Vater um seinetwegen in die Tiefe gestürzt hatte und er Schuld an seinem Tod war. Klagend warf er sich da zu Boden. Doch das Volk feierte ihn als seinen Helden, der ihre Stadt von dem Joche Minos befreit hatte. Theseus als König Die Abenteuer des Theseus (Mosaik, ca. 200 v. Chr.) Lange Jahre regierte Theseus als weiser König über Athen. Aus dem Volk der Amazonen gewann er Hippolyte zur Frau, die ihm einen Sohn namens Hippolytos gebar. Als seine geliebte Gattin gestorben war, suchte er Trost in einer neuen Ehe. Er wählte Phaidra, eine Schwester der Ariadne, zu seiner neuen Frau. Doch diese Ehe stand unter keinem guten Stern. Bald schon war sie in einer unrechten Leidenschaft zu Hippolytos entbrannt. So weit ging sie in ihrem Begehren, dass sie die Abwesenheit des Theseus dazu nutzte, den Jüngling für sich zu gewinnen. Dieser war so entsetzt über das Ansinnen seiner Schwiegermutter, dass er in den Heiligen Hain der Artemis floh, um dort die Rückkehr seines Vaters abzuwarten. Diese Zurückweisung traf Phaidras tief und so verwandelte sich ihre Liebe in Hass. Aus Furcht vor Theseus Rache tötete sie sich. Doch zuvor wollte sie noch Rache nehmen und schrieb daher einen Brief an ihren Gemahl, der Hippolytos beschuldigte, sie gegen ihren Gemahl aufgehetzt und in den Tod getrieben zu haben. Voller Abscheu lass Theseus diese Zeilen und flehte im Zorn seinen Schutzgott Poseidon an, den treulosen Sohn zu bestrafen. Als nun Hippolytes, von seinem Vater aus der Stadt verbannt, mit seinem Wagen am Meer entlang fuhr, erfüllte Poseidon Theseus Flehen. Ein fürchterliches Ungeheuer ließ er aus der See entspringen, vor dem die Pferde angstvoll scheuten, so dass der Wagen stürzte. Von dem durchgehenden Gespann wurde so Hippolytes zu Tode geschleift. Mit ruhiger Miene nahm Theseus die Nachricht vom Tod seines Sohnes hin. Da stürzte wehklagend die Amme von Phaidra in den Saal, die arglistig ihrer Herrin geholfen hatte. Die Last ihrer Schuld konnte sie nicht mehr länger tragen und erzählte nun dem König von der Untreue seiner Frau. Gebrochen jammerte und klagte er an den Leichen von Sohn und Frau, die er an einem Tag verloren hatte. Schon bald entsagte er dem Thron und verließ das Land. Fern von seiner Vaterstadt, die ihm so viel zu verdanken hatte, starb er einen einsamen Tod. Der Trojanische Krieg Die Hochzeit von Peleus und Thetis Die Entscheidung des Paris (Jean Reegnault, Leinwand, 1820) Als Peleus, der König von Phythia, die Meernymphe Thetis heiratete, da waren alle Götter zur der Hochzeit eingeladen. Nur eine Göttin schloss man von der Feierlichkeit aus: Eris, die Göttin der Zwietracht und des Streites. Voller Zorn erschien sie dennoch auf der Feier und warf mitten unter die Gäste einen goldenen Apfel mit der Aufschrift "Für die Schönste!". Unter den drei Göttinen Hera, Athene und Aphrodite brach nun ein Zank aus, da jeder den Apfel für sich beanspruchen wollte. Schließlich sprach Zeus ein Machtwort, um den Zwist zu beenden. Paris, der jüngste Sohn des Trojanerkönigs Priamos, sollte die Entscheidung treffen. Zusammen mit dem Götterboten Hermes begaben sich die drei Göttinnen zum Berg Ida, wo der Jüngling die väterlichen Herden hütete. Alle drei umwarben ihn sogleich und versprachen ihn Geschenke, wenn die Wahl auf sie fallen würde. Hera stellt ihm die Herrschaft über die Erde in Aussicht, Athene Heldenruhm und Aphrodite die schönste Frau in Gestalt der Helena. Die sagenhafte Schönheit Helenas war Paris schon zu Ohren gekommen und da entschied er sich für Aphrodite. Voller Zorn und Rachsucht wandten sich da Hera und Athene von Paris ab. Aphrodite geleitete nun ihren Schützling nach Sparta zu König Menelaos, dessen Gattin die schöne Helena war. Mit Aphrodites Hilfe gewann Paris die Zuneigung von Helena und in der Abwesenheit ihres Gemahls flüchteten sie beide nach Troja. Der so betrogene Gatte schwor sogleich Rache und rüstete zu einem gewaltigen Feldzug gegen Troja. Aus der Verbindung von Peleus und Thetis entstammte der große Held Achilleus. Thetis liebte ihren Sohn sehr und wollte für ihn Unsterblichkeit erlangen. So tauchte sie das Neugeborene in den Fluss Styx, der durch die Unterwelt Hades verlief. Dabei hielt sie ihn an der Ferse und vergaß, diese ebenfalls zu befeuchten. Und so kam es, dass Achilleus an dieser Stelle verwundbar sein sollte. Der Feldzug gegen Troja Achilleus rüstet sich zum Feldzug gegen Troja (schwarzfigurige Pinax, 570 v. Chr.) Als Menelaos von dem Raub seiner Frau erfuhr, reiste er sofort nach Mykene zu seinem Bruder Agamemnon. Dieser teilte den Schmerz seines Bruders und war zornig über diese frevelhafte Versündigung gegen das Gastrecht. Gemeinsam mit dem greisen Freund Nestor zu Pylos beschlossen sie, ganz Griechenland zu bereisen und die Fürsten zu einem Feldzug gegen Troja aufzurufen. Tlepolemos, ein Fürst aus Rhodos und ein Sohn des Herakles, war der erste, der sich ihnen anschloss und neunzig Schiffe für den Krieg aufstellte. Dann folgte Diomedes, der Sohn des Helden Tydeus, mit achtzig Schiffen. So erhob sich nach und nach ganz Griechenland gegen das trügerische Troja und zuletzt fehlten nur noch zwei berühmte Fürsten. Der ein war der listige Odysseus aus Ithaka. Dieser wollte seine junge Frau Penelope und seinen soeben geborenen Sohn Telemachos nicht verlassen. Als nun Menelaos mit seinem Vertrautem Palamedes zu Odysseus kam, stellte er sich wahnsinnig. Zu dem Ochsen hatte er einen Esel vor dem Pflug gespannt und streute statt des Samens Salz in die Furchen. Doch Palamedes durchschaue die List des Ithaker-Fürsten und schlich sich heimlich zu seinem Palast, nahm seinen Sohn aus der Wiege und brachte ihn zu dem Feld. Dann legte er Telemachos in die Furche, über die Odysseus eben hinwegackern wollte. Dieser hielte sofort an, da er den Pflug nicht über seinen Sohn ziehen wollte. So wurde er überführt und konnte sich nicht länger weigern, an dem Feldzug teilzunehmen. Er versprach zwölf Schiffe dem Menelaos zur Verfügung zu stellen. Der letzte Fürst, der nun noch fehlte, war Achilleus. Mit neun Jahren wurde ihm von dem Seher Kalchas geweissagt, dass die ferne Stadt Troja ohne den Knaben nicht erobert werden könne. Diese Weissagung drang auch zu seiner Mutter Thetis hinab in die tiefe See. Sie wusste, dass ihr Sohn in Troja den Tod finden würde. Um dies zu verhindern, stieg sie wieder aus dem Meere empor und schlich sich in den Palast ihres Gatten. Dort steckte sie ihren Sohn in Mädchenkleider und brachte ihn in dieser Verkleidung zu dem König Lykomedes auf die Insel Skyros, der ihn unter seinen Mädchen als Jungfrau heranwachsen ließ. Der Seher Kalchas wusste jedoch um seinen Aufenthaltsort und so wurde Odysseus und Diomedes nach Skyros geschickt, um Achilleus zu holen. Als der König ihnen nun seine Jungfrauen vorführte, erkannten sie den künftigen Helden nicht. Da griff Odysseus zu einer List. Er ließ Speer und Schild in den Saal bringe, wo sich die Frauen üblicherweise aufhielten. Zum Schein wurde die Kriegstrompete geblasen. Bei diesen Schreckenstönen flohen alle Frauen aus dem Saal, nur Achilleus blieb zurück und griff mutig zu den Waffen. So entlarvt, versprach er, mit seinem Freund Patroklos und fünfzig Schiffen zu dem griechischen Herr zu stoßen. Die Opferung der Iphigeneia Agamemnon beobachtet wie seine Tochter geopfert wird (Tempera von Giovanni Battist, 1770) In der Hafenstadt Aulis in Böotien sammelte sich das Heer und die Flotte der Griechen. Als Oberbefehlshaber wurde Agamemnon ernannt. Als die Schiffe nun endlich aufbrechen wollten, wehte kein Lüftchen und die Flotte konnte nicht auslaufen. Da befragte man den Seher Kalchas nach der Ursache dieser unheimlichen Windstille. Dieser antwortete, dass die Göttin Artemis dem Agamemnon zürne, der auf der Jagd einer ihrer heiligen Hirschkühe getötet hatte. Solange würde kein Wind wehen, bis Agamemnon seine älteste Tochter, die schöne Iphigeneia, ihr geopfert hätte. Groß war da der Schmerz des Vaters. Doch das Heer war in Aufruhr und so erklärte er sich zu diesem Opfer bereit. Unter dem Vorwand, dass Achilleus Iphigneia heiraten wollte, schickte er nach seiner Frau Klytemnästra und seiner Tochter. Voll Freude eilten sie beide mit Orestes, dem Sohn des Agamemnons nach Aulis. Doch schon bald erfuhr Klytemnästra von der eigentlichen Absicht ihres Mannes und vor Iphigeneia machte sie ihrem Mann die schlimmsten Vorwürfe. Iphegeneia erklärte sich jedoch Griechenland zuliebe bereit, in den Opfertod zu gehen. So wurde der Altar im Heiligen Hain der Artemis vor Aulis bereitet und Kalchas stand mit dem Opfermesser bereit, die schreckliche Zeremonie zu vollziehen. Da fühlte sich Artemis durch den Gehorsam Agamemnons und seine erlittene Seelenqual versöhnt und so entrückte sie das Mädchen in einer Wolke und legte dafür eine Hirschkuh auf den Opferaltar. Agamemnon eilte sofort zum Zelt seiner Gattin, um ihr die frohe Botschaft zu verkünden. Doch diese war schon auf dem Weg nach Mykene zurück und in ihrem Herzen brannte der Hass gegen den Mörder ihres Kindes. Jetzt endlich konnte die Flotte unter günstigen Winden in See stechen. Schon nach wenigen Tagen erreichte sie die Küste Trojas und errichteten ihr Lager in der Ebene des Flusses Skamandros. Die Helden vollbrachten große Taten in dieser gewaltigen Schlacht. Unzählige fanden den Tod. Selbst die Götter griffen in das Geschehen ein. Aphrodite und Apollon standen auf der Seite der Trojaner, Hera und Athene, die Gekränkten, unterstützten die Griechen. So ging Jahr um Jahr vorüber. Die Trojaner jedoch fühlten sich in ihren Mauern sicher. Achilleus Streit mit Agamemnon Kalchas befragt die Zeichen nach der Zukunft (Illustration aus Stories from Homer, 1885) Zehn Jahre dauerte nun schon die Belagerung Trojas. Viele sehnten sich nach dem Ende des langen Krieges. Doch nun schien sich das Kriegsglück von den Griechen abzuwenden. Agamemnon hatte auf einen seiner Beutezüge in den umliegenden Städten dem Priester Chryses seine Tochter Chryseis geraubt. Der tief betrübte Vater erschien mit Geschenken im Lager der Griechen und wollte die Freiheit seiner Tochter erbitten. Aber Agamemnon jagte ihn nur unter wüsten Drohungen aus dem Lager. In seinem Schmerz rief der Priester flehentlich Apollon um Hilfe an und der Gott erhörte ihn. Tödliche Pfeile schickte er in das Lager der Griechen. Wen diese Pfeile trafen, der wurde von der Pest dahingerafft. Schon bald brannten an allen Ecken des Heerlagers Scheiterhaufen mit den Toten. Unmut und Angst brach unter den tapferen Männern aus und man suchte nach der Ursache dieses schrecklichen Unglückes. Schließlich wurde der Seher Kalchas um Rat befragt. Der sprach zu ihnen, dass sie die göttliche Strafe nur dann abwenden könnten, wenn der König Agamemnon die geraubte Chryseis dem Vater wiedergeben würde. Zornig gehorchte Agamemnon und gab die Tochter dem Vater zurück. Doch es dürstete ihn nach Ausgleich für seinen Verlust und so verlangte er von Achilleus seine Lieblingssklavin, die schöne Briseis. Ein bitterer Streit entbrannte zwischen den beiden Fürsten, der in Waffengewalt zu enden drohte. Doch Pallas Athene gelang es, Achilleus zu besänftigen, und der weise Nestor konnte ihn dazu bewegen, die schöne Sklavin herauszugeben. Doch in seinem Groll zog er sich zu seinen Schiffen zurück und schwor, fortan nicht mehr an den Kämpfen teilzunehmen. Seiner Mutter Thetis klagte er sein Leid, die ihm Hilfe versprach. Sie bat Zeus, den Griechen solange den Sieg zu verweigern bis sie einsahen, welch großes Unrecht sie Achilleus zugefügt hatten. So wich alles Kriegsglück von ihnen seit der strahlende Held nicht mehr an ihrer Seite kämpfte. Der Zweikampf um Helena Ajax wehrt die Angriffe der Trojaner ab (Illustration aus Homers Geschichten, 1885) Von einem lockenden Traum verführt wollte Agamemnon nun endlich das Schicksal der Griechen wenden und in einer Entscheidungsschlacht den unseligen Krieg beenden. Beide Heere standen sich nun auf dem Felde gegenüber als Hektor schließlich vor die Reihen der Troer sprang, um der Schlacht Einhalt zu gebieten. Er machte den Griechen ein Angebot, um die langjährige Streiterei zu einem Ende zu führen: sein Bruder Paris sei bereit mit Menelaos in einem göttlichen Zweikampf den Krieg zu entscheiden. Der Sieger soll Helena mit allen Schätzen erhalten und mit dem Tod des Besiegten der Streit beendet sein. Menelaos nahm dies Angebot an. Freudige Erregung ergriff nun alle, weil sie hofften, dass nun endlich eine schnelle Entscheidung herbeigeführt werde. Mit feierlichen Opfern wurde der Vertrag besiegelt. Odysseus auf Seiten der Griechen und Hektor auf Seiten der Trojaner wurden zu den Ordnern des Zweikampfes bestimmt. Sie schritten den Kampfplatz ab und warfen dann zwei Lose in den Helm, um den Kampfbeginn zu bestimmen. Paris stand der erste Wurf zu. Stolz und in prächtiger Kampfrüstung traten die beiden in die Mitte des Kampfplatzes. Paris warf als erster seinen Speer, der jedoch an dem eisenbeschlagenen Schild des Menelaos abprallte. Dann warf Menelaos sein Speer, der den Schild den Paris durchbohrte und sein Gewand zerschnitt. Dann griff er Paris mit seinem Schwert an und hätte ihn sicherlich getötet, wäre die Waffe nicht an seinem harten Helm zersprungen. Nun ergriff er den Jüngling beim Helmbusch und hätte ihn sicherlich zu Boden gerungen, wäre die Göttin Aphrodite nicht ihrem Liebling zu Hilfe gekommen. Eilig ließ sie den Kinnriemen reißen, so das Menelaos nur den leeren Helm in der Hand hielt. Dann hüllte sie ihn in eine schützende Nebelwolke und brachte ihn sicher in die Stadt zurück. Laut jubelten die Griechen, die den Sieg auf ihrer Seite sahen, und verlangten die Einhaltung des Vertrages. Doch Zeus selber gab einen der Trojaner eine böse Tat er und dieser richtete seinen Pfeil gegen Menelaos. Zwar tötete dieser den König nicht, doch lud er damit die Schuld des Vertragsbruches auf die Trojaner. Noch erbitterter kämpften nun beide Seiten gegeneinander. Sogar die Götter selber griffen in den Kampf ein. Der Kriegsgott Ares stand auf der Seite der Trojaner und führte sie in den Kampf gegen die Griechen. So ungestüm stürmten sie gegen diese vor, dass die Griechen schon bald bi in ihr Schiffslager zurückweichen mussten. Nur Pallas Athene verhinderte, dass den Griechen noch schlimmeres widerfuhr. Der Tod des Patroklos Menelaos kämpft um den Körper von Patroklos (Illustration aus Homers Geschichten, 1885) Tagelang wogte die Schlacht hin und her. Hektor war der tapferste unter den Trojanern. Er forderte den mutigsten der Griechen zum Zweikampf heraus und so maß sich Ajax mit seinen Kräften. Doch beide waren ebenbürtig an Mut und Waffengewandtheit und so gingen beide ohne Entscheidung wieder auseinander. Unaufhörlich stürmten die Trojaner unter Hektors Führung gegen die Griechen und schon standen die ersten Schiffe in Flammen. Als Patroklos die Not der Griechen sah eilte er zu seinem Waffenbruder Achilleus, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Doch Achilleus ließ sich nicht erweichen. Schließlich konnte er den Freund dazu bewegen, ihm Schwert und Rüstung zu überlassen und seine Krieger, die Myrmidonen, in den Kampf ziehen zu lassen. Dies gewährte Achilleus seinem Freund. Den Myrmidonen gelang es, die schwer bedrängten Schiffe freizukämpfen. Allen voran stürmte Patroklos auf Achilleus Streitwagen. Frucht schlich sich in die Herzen der Trojaner, weil sie glaubten, der gefürchtete Held wäre in den Kampf zurückgekehrt, und sie wichen bis zu den Stadttoren zurück. Doch nun griff der Gott Apollon selber in das Geschehen ein und wehrte das Vordringen des Helden ab. Mit einem mächtigen Hieb auf Rücken und Schulter brachte er Patroklos ins Taumeln, so dass es für Hektor ein Einfaches war, ihn mit seinem Speer zu durchbohren. Tödlich verwundet sank dieser zu Boden. Zum Zeichen seines Triumphes zog Hektor die Rüstung des Gefallenen an. Doch im Tode hatte Patroklos ihm schon seinen eigenen Tod vorausgesagt: "Hüte dich, Hektor, das Verhängnis steht dir schon zur Seite!" Mit Mühe gelange es den Griechen die Leiche des Freundes zu bergen und sie brachten diese ins Schiffslager. Voller Schmerz hörte Achilleus vom Tod seines geliebten Freundes. Achilleus Kampf mit Hektor Achilleus trauert um seinen Freund Patroklos (Illustration aus Homers Geschichten, 1885) Schrecklich war das Wehklagen des Achilleus um den getöteten Freund. Thetis selbst, seine Mutter, eilte ihm zur Seite, um ihn zu trösten. Doch für ihn konnte es nur ein Trost geben, blutige Rache an Hektor, den Mörder von Patroklos zu üben. Da seine Rüstung jedoch in die Hände der Troer gefallen war, bat sie ihn solange vom Kampfgetümmel fern zu bleiben, bis der Gott Hephaistos ihm eine neue Rüstung geschmiedet hatte. In der frühen Morgenstunde des nächsten Tages brachte sie ihm die herrlichste Rüstung, die je ein Held zuvor getragen hatte. Achilleus Augen leuchteten bei diesem göttlichen Geschenk und sogleich rief er die Danaer herbei, um ihnen zu verkünden, dass der Streit mit Agamemnon vergessen sei und sie nun fortan an wieder an der Seite der Achaier in der Schlacht stehen würden. Jubel brach da sowohl unter den Danaern als auch Achaiern aus und Agamemnon reichte ihm sofort die Hand. Briseis, der Grund für den Streit, kehrte wieder zu ihrem rechtmäßigen Herrn zurück. Bald schon erdröhnte der ganze Boden unter den Schritten der beiden Heere und ein schrecklicher Kampflärm tönte über die Ebene als die Troer auf die Achaier trafen. Achilleus blickte voller Rachdurst nach dem verhassten Hektor. Wie verschreckte Tiere flohen die Trojaner vor seinem Wüten und zogen sich zu den Toren ihrer Stadt zurück. Nur Hektor blieb standhaft und stellte sich ihm zum Zweikampf. Schrecklich war der Anblick des heranstürmenden Achilleus in seiner strahlenden Rüstung. Mit wild verzerrtem Gesicht warf er Hektor höhnende Worte zu. Da erfasste den Hektor mit einem Male Furcht und er floh vor dem Peliden. Wie ein Hase schlug er Haken und versuchte, seinen Verfolger zu ermüden. Dreimal jagte Achilleus Hektor um Troja herum und jedes Mal, wenn er sich den schützenden Toren näherte, schnitt ihm Achilleus den Weg ab. Schließlich kehrte jedoch sein Mut zurück und Hektor stellte sich zum Kampf. Er bat Achilleus um einen ehrenvollen Kampf, in dem der Sieger den Besiegten nicht misshandeln und seinen Leib zur rühmlichen Bestattung den Familien lassen soll. Doch Achilleus rief ihm entgegen "Nichts von Verträgen! Kann zwischen Löwe und Mensch ein Bund sein oder zwischen Wolf und Lamm Eintracht herrschen?" Und schon schleuderte er seine Lanze auf Hektor. Dieser konnte ausweichen und warf nun seinen Speer gegen Achilleus, der jedoch an dessen Schild zerbrach. Mit erhobenen Schwertern drangen beide aufeinander ein und schon bald erlag Hektor der göttlichen Kraft des Griechen. Sterbend bat er ihn, seinen Leichnam dem Vater zu geben. Doch Achilleus kannte kein Erbarmen mit dem Mörder seines Freundes und band den leblosen Körper an seinen Streitwagen, um ihn dann in wilder Jagd rings um die Mauern Trojas zu schleifen. Welch ein grausamer Anblick war dies für die unglückseligen Eltern. So lag die Leiche Hektors unbestattet im Lager der Griechen, während Achilleus eine prunkvolle Totenfeier zu Ehren seines Freundes Patroklos ausrichten ließ. In der Nacht dann erschien mit reichen Geschenken der grammgebeugte König Priamos im Zelt des Achilleus. Er warf sich dem Peliden zu den Füßen und flehte ihn um die Herausgabe seines Sohnes an. Bewegt von den Worten des gebrochenen Greises ließ sich Achilleus erweichen und so gab er ihm den Leichnam des Hektors gewaschen und gesalbt heraus. Unter dem Schutz des Gottes Hermes verließ dieser mit seiner kostbaren Last unbemerkt das Lager der Griechen. Achilleus Schicksal erfüllt sich Achilleus tötet vor Troja die Amazonenköniging Penthesilea (rotfigurige Vase um 540 v. Chr.) Die Götter hatten vorausgesagt, dass nach Hektors Tod Achilleus im Kampfe fallen sollte. Dieses Schicksal sollte sich nun für den strahlenden Helden erfüllen. Denn der göttliche Held war nicht unsterblich. Einst hatte seine Mutter Thetis ihn bei seiner Geburt ins Feuer des Hephaistos und ins Wasser des Styx getaucht, um ihn unverwundbar zu machen. Dabei hatte sie jedoch den Knaben an der Ferse gehalten, so dass Achilleus an dieser Stelle verwundbar war. Von diesem Geheimnis wussten aber nur die Götter. Wieder war ein heftiger Kampf vor Trojas Mauern entbrannt. Ungestüm stürzte sich Achilleus auf die Troer und erschlug eine große Anzahl von ihnen. Bis zu den Stadttoren trieb er sie zurück und schickte sich schon an mit seinen übermenschlichen Kräften die Torflügel aus den Angeln zu heben. Da konnte der Gott Phoibos Apollon nicht länger mehr untätig bleiben und stieg mit dem Köcher auf dem Rücken vom Olymp herab, um sich dem Peliden entgegenzustellen. „Lass ab von Troja!", gebot er ihm in seinem Zorne halt, „Und hüte dich, dass nicht einer der Unsterblichen dich verderbe!". Achilleus erkannte wohl die Stimme des Gottes, aber in seiner Raserei missachtete er die Warnung. Er wagte es sogar Apollon zu schmähen und ihn mit seinem Speer zu drohen. Da verhüllte sich der Gott in schützendes Gewölk und schoss seinen unfehlbaren Pfeil auf die verwundbare Ferse. Der Held strauchelte vor Schmerz, doch war seine unbändige Kampfkraft längst noch nicht gebrochen. Erst Paris versetzte ihm den Todesstoss, so dass der strahlende Held in den Staub sank. Mit Mühe bargen seine Waffenfreunde Ajax und Odysseus die Leiche ihres Freundes. Ein großes Wehklagen und tiefe Trauer brach unter den Griechen aus als Achilleus Leiche vom Schlachtfeld zu den Schiffen getragen wurde. Schließlich errichtete man ihm einen großen Scheiterhaufen, wie noch nie einem Helden zuvor, und schmückte ihn mit den Rüstungen der Erschlagenen. Briseis brachte ihrem Gebieter als letzte Gabe Locken von ihrem Haupthaar. Hoch schlugen die Flammen und verbrannten unter dem Klagegeschrei der Griechen den Leib des Helden. Seine Gebeine legten sie in ein Grab zur Seite seines Freundes Patroklos. Der Fall Trojas Das trojanische Pferd (Niccolo Dell 'Abbate, ca. 1560) Zehn Jahre dauerte nun schon der Krieg und ein Ende war immer noch nicht abzusehen. Nach Achilleus mussten die Griechen auch Ajax betrauern, der sich von Pallas Athene mit Wahnsinn beschlagen selber das Leben nahm. Und so schwand bei ihnen die Hoffnung, die feindliche Stadt jemals zu erstürmen. Doch auch die Troer hatten Verluste zu beklagen. Paris fand getroffen von einem Giftpfeil des Philoktetes den Tod. Neue Kämpfer traten an ihre Stelle. Neoptolemos, der Sohn des Achilleus, nahm den Platz des Vaters ein. Die Trojaner wurden nun an Hektors Stelle von Aeneas geführt. Und so wogte der Kampf hin und her. Da rief Kalchas, der Seher, das Heer zusammen und riet ihnen davon ab, die Stadt mit Gewalt zu nehmen. Stattdessen sollten sie zu einer List greifen. Im Traum hatte er gesehen, wie ein Habicht eine Taube verfolgt hatte. Als die Taube in einem Felsspalt Schutz fand, verbarg sich der Raubvogel in einem Gebüsch, bis das Täubchen wieder hervorgekrochen kam. Nun war es für ihn ein leichtes die Taube zu packen. „Lasst uns diesen Vogel als Vorbild nehmen!", schloss Kalchas seine Rede. Der schlaue Odysseus hatte schließlich einen listenreichen Einfall. Ein großes hölzernes Pferd sollten sie bauen, in dessen Inneren sich die edelsten Krieger verbergen sollten. Durch einen scheinbaren Abzug des Heeres sollten sich dann die Troer aus ihrer Stadt locken lassen. Sofort waren alle von dem Plan begeistert und der Gott Zeus selbst gab mit einem Donnerschlag seine Zustimmung dazu. Mit Erstaunen sahen dann die Troer den Aufbruch des feindlichen Heeres von den Zinnen ihrer Stadt aus. Voller ungläubiger Freude stürmten sie aus der Stadt und schritten den Platz ab, wo einst das Lager der Griechen gestanden hatte. Und verblüfft standen sie vor dem riesigen hölzernen Pferd. Während man noch unschlüssig war, was damit anzustellen sei, trat Laokoon, der Priester des Apollon, unter sie. „Welch ein Wahnsinn treibt euch?", sprach er zu ihnen, „Glaubt Ihr wirklich, die Griechen seien abgereist und ihre Gabe ehrlich gemeint? Traut ihnen nicht und ihrem Geschenk!" Er schleuderte einen Speer gegen das Pferd, der zitternd im Holz stecken blieb. Aus der Tiefe des Bauches erklang ein Widerhall wie von Waffengeklirr. Doch die Troer bemerkten es nicht in ihrer Verblendung. In diesem Augenblick brachten die Hirten einen Griechen namens Sonon herbei und schleppten ihn vor den König Priamos. Flehend hob er seine Hände zum König und erzählte ihm von seinem Schicksal. Die Griechen hätten beschlossen, ihn zu opfern, um sich eine glückliche Heimkehr von den Göttern zu sichern. Doch es sei ihm gelungen zu fliehen. Sein Schluchzen fand bei dem König Gehör und so gewährte er ihm Asyl, nichtsahnend, dass Sinons Geschichte eine Lüge war, um ihr Vertrauen zu erschleichen. Und so beteuerte er sogleich, dass dies Pferd ein Weihegeschenk für die Göttin Athene sei. Es sei deshalb so groß, damit die Troer es nicht in ihre Stadt schaffen könnten, um dann den Schutz der Göttin zu erhalten. Würde man dem Pferd Gewalt antun, so sei ihnen alle die Rache der Göttin gewiss. So geschickt trug Sinon seine Worte vor, dass die Troer ihm schließlich glaubten. Um auch den letzten Zweifel zu verstreuen, griff die Göttin Athene selber in das Geschehen ein. Zwei riesige Schlangen kamen von der Insel Tenedos herüber und eilten auf den Uferaltar des Poseidon zu, an dem gerade Laokoon mit seinen beiden Söhnen ein Opfer vorbereitete. Sie schossen auf die Knaben zu, wanden sich um ihre Leiber und schlugen ihre giftigen Zähne in ihr Fleisch. Laokoon eilte ihnen zu Hilfe, doch wurde er ebenso von ihnen umschlungen und sie starben alle auf schreckliche Weise. Die Schlangen selber verschwanden in den Tempel der Pallas Athene und so bestand für die Troer kein Zweifel mehr, unter welchem Schutz des Pferd stand. Sie rissen die Stadtmauer ein und zogen es im Triumph in die Stadt hinein. Überall feierten die Einwohner ein Freudenfest. Wein floss in Strömen und niemand hörte auf die Warnungen Kassandras, die das kommende Unheil gesehen hatte. Bald sanken die Letzten ermattet von dem rauschenden Fest in einen tiefen Schlaf. Sinon jedoch erhob sich von seinem Lager und gab mit einer Fackel den Griechen das verabredete Zeichen. Dann schlich er zum Pferd und gab Odysseus das vereinbarte Klopfzeichen. Lautlos kletterten die Griechen aus dem Pferd und eilten in die unbewachte Stadt. Grässlich war das Gemetzel, dass nun unter den Troern angerichtet wurde. Die Griechen schonten weder Mann noch Frau, weder Kind noch Greis. Flammen loderten schon bald aus den Häusern. Der König Priamos wurde von Neoptolemos getötet. Krieger rissen Hektors Sohn Astyanax aus den Armen der Mutter und schleuderten ihn von den Zinnen des Turmes hinunter. Nur wenige entrannen dem Morden. Unter diesen befand sich Aeneas, dem mit seinem greisen Vater Anchises auf der Schulter und seinem Sohn Askanios an der Hand die Flucht gelang. Endlich befand sich der König Menelaos am Ziel seiner Wünsche, der Raub Helenas war gerächt. Als er sie in ihrer strahlenden Schönheit vor sich stehen sah, entbrannte er erneut in Liebe zu ihr und nahm sie aufs neue als seine Ehegattin auf. Hoch schlugen die Flammensäulen in den Äther und verkündeten allen ringsum den Untergang der einst so prächtigen Stadt Troja. Agamemnons schreckliche Heimkehr Orest tötet Aigisthos (schwarzfigurige Amphore) Nach dem Fall Trojas machten sich die überlebenden Helden auf die Rückfahrt. Menelaos und Helena kehrten nach Sparta zurück. Doch nicht allen war eine glückliche Heimkehr bescherrt. Ajax fand den Tod bei einem Schiffsunglück auf der Rückfahrt. Odysseus sollte seine Heimat erst nach zehn Jahren der Irrfahrten wiedersehen. Und auf Agamemnon wartete schon ein schreckliches Schicksal in seinem Palast von Mykene. Klytemnästra, die Gemahlin Agamemnons, hatte nicht die Qualen vergessen, die ihr die Opferung und Entrückung ihrer Tochter Iphigineia bereitet hatten. Sie zürnte deswegen Agamemnon und verbündete sich mit ihrem Vetter Aigisthos. Mit ihm zusammen regierte sie fortan das Königreich. Als sich nun Agamemnons Rückkehr ankündigte, trat sie ihm mit verstellter Freundlichkeit entgegen. Ahnungslos betrat der König das Badegewölbe, wo ihm seine Frau ein Bad hatte richten lassen. Er legte Waffen und Kleidung ab, um in das Bad zu steigen. Da stürmten Klytemnästra und Aigisthos aus ihrem Versteck hervor, warfen dem überraschten König ein Netz über und töteten ihn. Die beiden Verräter scheuten sich nicht, den Leichnam des ermordeten Königs aufzubahren und zur Schau zu stellen. Sie verbreitete Lügen über ihn, in dem sie ihn des Mordes an ihre Tochter und des Ehebruches mit Kassandra bezichtigte. Agamemnon hat Kassandra als Sklavin aus Troja mitgebracht. Auch sie wurde von den beiden getötet. Niemand wagte gegen diese Lügen aufzubegehren und so konnte Klytemnästra und Aigisthos ihre Herrschaft festigen. Elektra, die besonnene Tochter des Agamemnons, hatte in kluger Voraussicht ihren Bruder Orest zur Sicherheit zu ihrem Oheim nach Phokis bringen lassen. In ihn hoffte sie, den Rächer ihres Vaters zu finden. Und so wartete sie Jahr um Jahr auf dessen Rückkehr nach Mykene. Klytemnästra plagte in der Zeit eine sorgenvolle Unruhe. Als sie eines Tages am Altar Apollons ein Opfer darbrachte, erschien ein Bote, der ihr den Tod des Orestes verkündigte. So schien die Gefahr der Rache des Sohnes gebannt. Doch die Königin wusste nicht, dass die Nachricht gefälscht war, um sie in Sicherheit zu wiegen. Vor dem Palast traf Orest auf seine Schwester Elektra, die nach dieser schrecklichen Nachricht klagend zum Grab ihres Vaters geeilt war. Wie groß war da ihre Freude, den Bruder lebend vor sich zu sehen. Gemeinsam stürmten sie in den Palast, wo Klytemnästra ohne Schutz war, denn Aigisthos weilte zu dieser Zeit an einem anderen Ort. Dort töteten sie die eigene Mutter. Aigisthos hatte jedoch voller Unruhe seine Reise abgebrochen und erschien nur wenige Augenblicke später im Palast. Sie drängten sie ihn in das Bad, wo einst Agamemnon von ihm ermordet worden war. Dort fiel er unter den Todesstreichen des rächenden Sohnes. Die Odyssee Die Kikonen und die Lotusesser "Doch es gefällt dir jetzt, nach meinem traurigen Schicksal Mich zu fragen, damit ich noch mehr beseufze mein Elend. Aber was soll ich dir zuerst, was soll ich zuletzt dir erzählen? Denn viel Elend häuften auf mich die himmlischen Götter! Nun aber will ich zuerst meinen Namen sagen, damit ihr Wisst, wer ich bin, und ich, solang' mich der grausame Tag schont, Künftig euch Gastfreund sei, so fern ich von hinnen auch wohne. Ich bin Odysseus, Laertes' Sohn, durch mancherlei Klugheit Unter den Menschen bekannt; mein Ruhm reicht bis in den Himmel." (Odyssee, Neunter Gesang, Vers 12-20, Homer) Nach dem Fall der einst so ruhmreichen Stadt Troja eilten die Griechen nach Hause. Doch ein Sturm trieb die Schiffe des Odysseus an die Küste der Kikonen. Da die Kikonen die Verbündeten der Trojaner gewesen waren, überfiel Odysseus die Stadt Ismaros und plünderten sie. Odysseus drängte darauf weiterzusegeln, doch seine Gefährten hörten nicht auf ihn und veranstalteten mit Wein und Ziegen ein Festschmaus am Ufer. Aus dem Landesinneren näherten sich jedoch andere Kikonen und überraschten die Ahnungslosen. Tapfer wehrten sich die Griechen gegen die Übermacht und mussten schließlich weichen. Jeder der Schiffe verlor sechs tapfere Gefährten. Traurig setzten sie ihre Reise fort. Als sie nun die Pelopsinsel umsegeln wollten, warf ein schlimmer Sturm sie wieder in die offene See hinaus. Neun Tage trieben sie umher bis an das Ufer der Lotophagen gelangten. Dort nahmen sie frisches Wasser auf und Odysseus sandte zwei Kundschafter zu dem friedlichen Volk, das sich von der Lotosfrucht ernährt. Freundlich wurden sie empfangen und man gab ihnen von der Lotusfrucht zu essen. Diese hatte jedoch eine seltsame Wirkung auf die Männer, denn sie verloren jeglichen Drang zur Heimkehr. Nur mit Gewalt konnte Odysseus die Männer zum Schiff bringen und ließ sofort die Segel setzen, bevor noch andere von dieser Frucht essen und ebenfalls ihre Heimat vergessen würden. Im Land der Kyklopen Die Blendung von Polyphem (Alessandro Alloriy, Fresko, 1580) "Fremdlinge, sagt, wer seid ihr? Von wannen trägt euch die Woge? Habt ihr wo ein Geschäft, oder kreuzt ihr ohne Bestimmung Hin und Her auf der See, wie landumirrende Räuber, Die das Leben wagen, um bei den Fremden zu plündern? Also sprach der Kyklop. Uns brach das Herz vor Entsetzen Über das raue Gebrüll und das schreckliche Ungeheuer." (Odyssee, Neunter Gesang, Vers 252-257, Homer) Weiter nach Norden segelten die Schiffe des Odysseus und landeten an einer kleinen, dichtbewaldeten Insel. Keine Menschen wohnten hier und nur Ziegen durchstreiften in großen Scharen die Ebenen. An einem Ufer erblickten sie eine von Gesträuch bewachsene Felsenhöhle. Odysseus wählte zwölf seiner Gefährten aus und betrat mit ihnen das Land. Die Weinschläuche des Priesters Maron, die er in Ismaros geschenkt bekommen hatte, nahm er mit. Die Höhle war verlassen, aber sie fanden dort drin Körbe voller Ziegenkäse und Schafe wie Lämmer in unterirdischen Pferchen. Hier wohnte der Riese Polyphem, Sohn des Poseidons, und wie alle Kyklopen hatte er nur ein Auge inmitten der Stirn. Er besaß so ungeheure Kraft, dass er einen Felsen wegwälzen und Granitblöcke durch die Luft schleudern konnte. Die Gefährten drängten Odysseus, vom Käse zu nehmen und die Schafe auf ihr Schiff zu treiben. Doch Odysseus war voller Neugierde und wollte den Herrn dieser Höhle kennen lernen. Und so geschah es, dass Polyphem bei seiner Rückkehr die Fremdlinge in seiner Höhle vorfand. Mit einem riesigen Felsbrocken hatte er den Zugang zur Höhle versperrt, so dass die Griechen nicht aus der Höhle fliehen konnten. Mutig trat Odysseus vor und bat um Schutz. Doch Polyphem verlachte ihn nur, packte zwei seiner Gefährten und fraß sie auf. Seelenruhig legte er sich danach zum Schlafe nieder. Odysseus überlegte, ob er sich auf ihn stürzen und ihm das Schwert ins Herz stoßen sollte. Doch er verwarf den Plan, denn wer hätte den riesigen Felsbrocken vom Eingang der Höhle weggerollt? Angsterfüllt warteten sie auf den Morgen. Wieder verschlang Polyphem zwei seiner Begleiter. Dann trieb er seine Ziegenherde hinaus und verschloss den Eingang sorgsam mit dem Felsen. Da ersann der listige Odysseus einen Plan. In der Höhle lag die Keule des Kyklopen, so lang und dick wie ein Mastbaum. Davon schlugen sie einen Teil ab, spitzen es zu und härteten es im Feuer. Damit wollten sie den Kyklopen blenden. Als Polyphem heimkehrte, verschlang er wieder zwei Gefährten des Odysseus. Dieser trat mutig zu dem Kyklopen und bot ihm von dem süßen Wein an. Gierig trank er davon und wurde sogar ein wenig freundlicher davon. "Schenk mir noch ein," sprach der Kyklop zu ihm, "und nenne mir deinen Namen, damit auch ich dich bewirten kann." So schenkte ihm Odysseus fleißig nach und sprach zu ihm "Niemand ist mein Name, denn Niemand nennen mich alle, meine Mutter, mein Vater und alle meine Gesellen." Zum Dank versprach der Kyklop, ihn erst als letztes zu verspeisen. Als der Kyklop nun betrunken sich zum Schlaf niederlegte, holten sie den Pfahl aus seinem Versteck. In die glühende Asche steckten sie die Spitze bis sie Feuer fing. Dann stießen sie ihn mit aller Kraft in das Auge des Kyklopen. Das klägliche Schreien des Polyphem hallte über die ganze Insel. Die anderen Kyklopen eilten sofort herbei und fragten, was ihm den widerfahren sei. Da rief Polyphem "Niemand würgt mich mit Arglist!" Da lachten sie nur und gingen von dannen. Am nächsten Tag ließ Polyphem seine Schafe aus der Höhle heraus. Vorsichtig tastete er ihre Rücken ab, um sicher zu gehen, dass die Fremden nicht auf ihnen fliehen würden. Doch diese hatten sich unter den Bäuchen der Schafe an das dichte Fell geklammert. So täuschten sie Polyphem und entkamen aus seiner Höhle. Als sich die Schiffe von der Insel entfernten, da höhnte Odysseus und sprach zu Polyphem: "Höre, Kyklop! Wenn dich je ein Mensch fragen sollte, wer dich geblendet hat, so sage ihm, Odysseus, Sohn des Laertes, der Vernichter Trojas, war es!" Voll Zorn schleuderte der Kyklop einen Felsbrocken nach dem Schiff, doch traf er es nicht. Unbehelligt segelte Odysseus mit seinen Mannen hinfort. Doch Polyphem sprach zu seinem Vater Poseidon und bat ihn, Odysseus die Heimkehr zu verwehren. Spät erst, ohne seine Gefährten, unglücklich und auf einem fremden Schiff erst sollte er nach Hause finden und dort nur das Elend vorfinden. Und Poseidon sollte seinen Sohn erhören und so begannen die Irrfahrten des Odysseus. Auf der Insel des Aiolos Poseidon, der Gott des Meeres, hegt wegen Polyphem Groll gegen Odysseus (Mosaik aus Tunesien, 2. Jhdt.) "Und er gab mir, gefangen in dichtem Schlauch von dem Felle Eines neunjährigen Stiers, den Zug lautbrausender Winde. Denn ihn hatte Kronion gesetzt als Wächter der Winde, Jeden, wie er es will, zu besänftigen und zu erregen. Und er knüpfte den Schlauch mit glänzendem silbernen Seile Fest in dem hohlen Schiffe, dass auch kein Lüftchen entwehte." (Odyssee, Zehnter Gesang, Vers 19-24, Homer) Die weitere Reise führte Odysseus auf die Insel des Aiolos, dem Gott der Winde. Sie wurden freundlich von ihm empfangen und einen Monat lang bewirtet. Als nun die Stunde der Abreise gekommen war, schenkte er Odysseus einen Schlauch aus Rindsleder, in dem er alle Winde eingeschlossen hatte. Nur einen sanften Wind ließ er frei, der sie wohlbehalten nach Ithaker zurückbringen sollte. So segelten sie neun Tage und erblickten schon die Wachfeuer Ithakas. Das Ende ihrer Irrfahrten schien nun gekommen zu sein. Nach den tagelangen Anstrengungen, dass Vaterland so schnell wie möglich zu erreichen, war Odysseus sehr müde und legte sich daher zum Schlafen nieder. Seine Gefährten jedoch hatten sich während der ganzen Fahrt Gedanken darüber gemacht, was ihm Aiolos als Gastgeschenk überreicht hatte. Sie glaubten an einem verborgenen Schatz, der ihnen enthalten wurde, und so öffneten sie heimlich den Schlauch. Da brachen alle Winde hervor und ein fürchterlicher Sturm trieb sie in das offene Meer hinaus. Und ehe sie es sich versahen, landeten sie wieder bei der Insel des Aiolos. Odysseus eilte zur Burg des Gottes und bat erneut um Hilfe. Dieser war erstaunt ihn zu sehen. Als er ihm von seinem Schicksal berichtete, fuhr ihn der Gott jedoch zornig an "Hebe dich hinfort, du Unglückseliger, denn dich verfolgt der Zorn der Götter!" Und mit diesen Worten vertrieb er ihn aus seiner Burg. Von Mutlosigkeit erfüllt setzten sie ihre Reise fort und erreichten die Küste der Laistrygonen. Diese jedoch waren Riesen und Menschenfresser, die sogleich über die Griechen herfielen. Mit riesigen Steinen versenkten sie die Schiffe der Flotte. Nur das Schiff von Odysseus blieb verschont. Eilig sammelte er die Überlebenden ein und verließ sofort den verhängnisvollen Hafen. Auf der Insel der Kirke Kirke bietet Odysseus ihren verzauberten Trank an (Illustr. aus Tanglewood Tales, 1920) "Und wir saßen ein ganzes Jahr von Tage zu Tage, An der Fülle des Fleisches und süßen Weines uns labend. Als nun ein Jahr um war und wiederkehrten die Stunden, und mit dem wechselnden Mond sich viel der Tage vollendet, Da beriefen mich heimlich die lieben Gefährten und sagten: Denk, Unseliger, doch auch endlich einmal an die Heimat, Wenn dir das Schicksal bestimmt, lebendig wieder zu kehren In das erhabene Haus und deiner Väter Gefilde." (Odyssee, Zehnter Gesang, Vers 467-474, Homer) Nach den schrecklichen Ereignissen bei den Laistrygonen landeten sie mit dem verbliebenen Schiff bei der Insel Aiaia. Dort herrschte Kirke, eine Tochter des Sonnengottes Helios. Während die Gefährten des Odysseus müde und traurig am Ufer lagerten, erkundete dieser das Land. In der Ferne sah er Rauch von einem Palast aufsteigen und beschloss Späher auszusenden. In zwei Haufen teilte er seine Gefährten ein und ließ das Los entscheiden, wer zu dem Palast gehen sollte. Eurylochos und seine Mannen traf es. Nur zaudernd machte er sich mit seinen zweiundzwanzig Gefährten auf den Weg. Bald schon stießen sie auf Kirkes prächtigen Palast, vor dem Wölfe und Löwen herumliefen, die zahm wie Hunde waren. Eine liebliche Stimme vernahmen sie aus dem Palast. Es war die von Kirke, die singend am Webstuhl saß. Als sie das Rufen der Ankömmlinge vernahm, bat sie diese sofort herein. Nur der besonnene Eurylochos blieb draußen, der Schlimmes ahnte. Auf prächtigen Stühlen hieß sie die Gefährten Platz nehmen und bewirtete sie mit köstlichen Speisen. Doch kaum hatten sie davon gekostet, verwandelten sie sich in Schweine. Denn die Zauberin Kirke hatte ihnen einen giftigen Trank in das Essen gemischt. Voll Entsetzen hatte Eurylochos alles mitangesehen und stürzte nun zu den Schiffen zurück, um Odysseus davon zu erzählen. Dieser wollte sofort die lieben Gefährten befreien und sich an der grausamen Zauberin rächen. Auf dem Weg zu Kirke traf er auf den Götterboten Hermes, der ihm eine schwarze Wurzel reichte, die Odysseus gegen die Zauberkraft Kirkes schützen sollte. Außerdem riet er ihm, „Wenn Kirke dich mit ihrem Zauberstab berührt, so stürze dich mit deinem Schwert auf sie als wolltest du sie töten. Sie wird sich gefügig zeigen und deine Gefährten befreien." So ausgerüstet eilte Odysseus nun zu dem Palast und ließ sich von Kirke bewirten. Kaum hatte er aus einer Schale getrunken, da berührte sie ihn schon mit ihrem Zauberstab und wollte ihn ebenso wie seine Gefährten in ein Schwein verzaubern. Da zog Odysseus sein Schwert und stürzte sich auf die Zauberin, die sich schreiend zu Boden warf. Sie erkannte in ihm den von Hermes geweissagten Odysseus und erflehte seine Freundschaft. Doch nicht eher als wie sie sich mit einem heiligen Eid verpflichten würde, ihn unversehrt zu lassen und seine armen Gefährten zurückzuverwandeln, wollte er auf ihr Flehen eingehen. Sie versprach es ihm sogleich und führte ihn dann in sein Nachtgemach. Am nächsten Morgen setze sie ihm die herrlichsten Speisen zum Frühstück vor. Doch Odysseus rührte nichts davon an und sprach zu ihr: „Wie sollte ich mich denn an diesen Speisen erfreuen, solange meine Freunde gefangen sind?" Da verwandelte Kirke seine Gefährten wieder in Menschen. Groß war die Freude als sie sich erblickten. Kirke lud sie alle als ihre Gäste ein und Odysseus ließ sich von ihren schmeichelnden Worten bereden. Sie zogen ihr Schiff auf den Strand und bargen die Ladung in einer Felsenhöhle. So blieben sie ein Jahr bei der Zauberin und ließen es sich Wohlergehen. Doch als das Jahr um war, ermahnten die Gefährten Odysseus endlich an die Heimkehr zu denken. So eindringlich waren ihre mahnenden Worte, dass er noch am selben Abend Kirke von seinem Entschluss berichtete. Diese hieß ihn jedoch, durch das Reich des Hades zu reisen, um den blinden Seher Teiresias nach ihrer Zukunft zu befragen. Da noch kein Sterblicher lebend diese Reise unternommen hatte, fürchtete sich Odysseus. Doch Kirke beschwichtigte ihn. „Setze nur getrost die Segel, der Nordwind wird euch zu Persephones Hain treiben, wo sich der Eingang zur Unterwelt befindet." Und so geschah es denn auch. Auf ihr Geheiß hin brachten sie ein Totenopfer dar. Und als die Seelen der Verschiedenen sich um die Opferstelle drängten, wehrte diese Odysseus mit seinem Schwert ab bis der Seher Teiresias hervortrat. Diesen ließ er von dem Opfer trinken. „Du forscht nach einer glücklichen Heimkehr?", sprach da Teiresias zu ihm, „Ein Göttlicher wird sie dir schwer machen. Denn du hast Poseidon beleidigt, als du seinen Sohn Polyphem geblendet hast. Dennoch soll dir die Heimkehr nicht verwehrt bleiben, wenn ihr die Rinder des Helios nicht antastet. Geschieht ihnen jedoch etwas, so weissage ich deinem Schiff und den Gefährten Verderbnis. Nach vielen Mühen, allein und unbekannt wirst du auf fremden Schiff heimkehren und nur Elend in deinem Hause vorfinden." Nach dem Seher erschienen Odysseus noch seine Mutter und der Fürst Agamemnon. Als noch mehr verlorene Seelen aus der Unterwelt auftauchten, packte Odysseus das Grauen und so verließ er eilig den Hades, um seine Fahrt nach Hause fortzusetzen. Die Sirenen - Skylla und Charybdis Odysseus und die Sirenen (Franceso Primaticcio, Leinwand, 1505-1570) "Komm, preisvoller Odysseus, du großer Ruhm der Achäer, Lenke dein Schiff ans Land und horche unserer Stimme. Denn hier fuhr noch keiner im schwarzen Schiffe vorüber, Eh' er dem süßen Gesang gelauscht aus unserem Munde, Dann aber scheidet er wieder, beglückt, und weiß um ein Neues, Denn wir wissen alles, was je im Felde von Troja Die Achäer und Troer vom Rat der Götter geduldet, Wissen, was irgend geschieht auf der vielernährenden Erde!" (Odyssee, Zwölfter Gesang, Vers 184-191, Homer) Sie hielten noch einmal an Kirkes Insel, um Lebensmittel an Bord zu nehmen. Kirke warnte sie vor den Gefahren, die auf ihren weiteren Weg lauern würden. Zunächst mussten sie an der Insel der Sirenen vorbei. Dort lebten Nymphen, halb Vogel, halb Mensch, die mit ihrem Gesang jeden Vorbeifahrenden verzauberten. Doch wer sich einmal durch den lieblichen Gesang zu ihnen herüberlocken ließ, der war verloren und musste sterben. So durch Kirke gewarnt, verklebte Odysseus seinen Gefährten mit Wachs die Ohren sobald sie sich der Insel näherten. Ihn selbst jedoch trieb die Neugierde, das Lied der Sirenen zu hören. Und so ließ er sich an den Mastbaum binden und befahl ihnen, egal wie er auch bitten und flehen möge, ihn nicht eher zu befreien, bis sie an der Insel vorbeigesegelt wären. Und in der Tat war der Gesang so lieblich und so zauberhaft, dass Odysseus seine Gefährten anflehte, ihn loszubinden. Doch diese lösten nach seinem Geheiß erst die Fesseln als die Sirenen längst hinter ihnen lagen. Doch schon kündigte sich die nächste Gefahr an, denn aus der Ferne vernahmen sie das Donnern von Charybdis. Dies war ein gefährlicher Ungeheuer, das dreimal täglich die Meeresflut bis auf den Grund einschlürfte. Schiffe, die sich ihr näherten, wurden ebenfalls von ihr verschluckt. Ihr gegenüber befand sie Skylla, ein Meeresungeheuer mit weiblichen Oberkörper und sechs wilden Hunden als untere Körperhälfte. Als sie nun Charybdis auswichen, kamen sie Skylla zu nahe. Diese packte sich mit einem Griff gleich sechs der Gefährten und zermalmte sie. Mit Grauen hörte Odysseus die jammervollen Schreie der Unglücklichen und vergaß nie diesen schrecklichen Anblick. Die Rinder des Sonnengottes - Kalypso Der Sonnengott Helios (rotfiguriger Kalyxkrater, 435 v. Chr.) "Vater Zeus, und ihr andern, unsterbliche selige Götter, Strafet mir die Genossen des Laertiaden Odysseus, Die mir frevelnd die Rinder erschlugen, deren ich immer Mich erfreut, so oft ich den sternenklaren Himmel hinabstieg, Oder wieder hinab vom Himmel zur Erde mich wandte! Büßen sie mir für die Rinder nicht vollständige Buße, Tauch' ich ins Dunkel des Hades hinab und leuchte den Toten!" (Odyssee, Zwölfter Gesang, Vers 377-383, Homer) Nachdem die den schrecklichen Ungeheuern Skylla und Charybdis entronnen waren, lag vor ihnen sonnendurchflutet die Insel Thrinakria. Schon von weitem hörten sie das Gebrüll der heiligen Rinder des Helios. Odysseus erzählte seinen Gefährten von der Warnung Kirkes und wollte die Insel nicht betreten. Doch die Gefährten bedrängten ihn auf der Insel Rast zu machen, da sie sich nach dieser beschwerlichen Seefahrt nach Ruhe sehnten. Schließlich gab Odysseus nach und ließ sie schwören, die heiligen Rinder nicht zu verletzen. Einen Monat lagen sie auf der Insel fest, da ungünstige Winde sie an der Weiterfahrt hinderten. Als nun die Gaben Kirkes aufgebraucht waren und sie an Hunger litten, brachen sie jedoch den Eid, den sie Odysseus geleistet hatten, und schlachteten die Rinder des Sonnengottes. Da verlangte Helios vom Göttervater Zeus Genugtuung für diese frevelhafte Tat. Kaum hatten sie die Insel verlassen, da brach ein rasendes Unwetter aus. Mit seinen Blitzen zerschmetterte Zeus das Schiff, das mitsamt all seinen übriggebliebenen Gefährten unterging. Niemand entkam dem Tod. Nur Odysseus, der nicht von den heiligen Rindern des Helios gegessen hatte, konnte sich an dem Mast geklammert retten. Die Winde trugen ihn jedoch wieder zu Skylla und Charybdis. Der Strudel packte seinen Mast und verschlang ihn. Odysseus konnte sich jedoch an einen Feigenbaum klammern, der über dem fürchterlichen Schlund von Charybdis hing. Als nun der Mast wieder aus dem Strudel hervorkam, konnte er sich wieder daran klammern und so den beiden Ungeheuern entrinnen. Neun Tage trieb er auf dem Meer bis ihn das Schicksal zur Insel Ogygia führte, auf der die Nymphe Kalypso lebte. Sie tat alles, um es Odysseus gut ergehen zu lassen und ihn an sich zu binden. Doch das Heimweh sollte Odysseus nie verlassen. Tag um Tag saß er am Ufer und blickte voller Sehnsucht auf das Meer hinaus. Schließlich bat Athene bei Zeus für Odysseus, der schließlich Hermes zu Kalypso mit dem Befehl sandte, den Helden freizugeben und ihm die Rückkehr in seine Heimat zu ermöglichen. Traurig vernahm die Nymphe den Götterbeschluss und gab Odysseus Axt und Beil zu Hand, damit er sich ein Floß fertigen konnte. Dann gab sie ihm Wein und Speisen, einen günstigen Fahrtwind und nannte ihm die Gestirne, nach denen er sich richten sollte. So verließ schließlich Odysseus nach sieben langen Jahren die Insel von Kalypso. Die Insel der Phäaken Odysseus nähert sich Nausikaa (rotfigurige Vase, ca. 400 v. Chr.) "Und die Gebieterin warf den Ball zu einem der Mädchen Und verfehlte das Ziel, und er fiel in die wirbelnde Tiefe. Und laut kreischten sie auf. Da erwachte der edle Odysseus, Setze sich auf und sprach zu sich mit Zweifeln im Herzen: Weh mir! zu welchem Volke bin ich nun wieder gekommen? Sind's unbändige Frevler, Wilde, ohne Gesetze? Oder gastliche Menschen und gottesfürchtigen Sinnes? [...]Auf! Ich selber will hin und zusehen, was es bedeute!" (Odyssee, Sechster Gesang, Vers 115-156, Homer) Odysseus segelt siebzehn Tage gegen Osten und sah am achtzehnten Tag endlich rettendes Land vor sich. Doch da bemerkte ihn der Gott Poseidon, der von dem Ratsbeschluss der Götter Odysseus endlich die Heimkehr zu gewähren, nichts mitbekommen hatte. Mit seinem Dreizack wühlte er das Meer auf und schickte die Orkane gegen das Floß von Odysseus. Auf und ab tanzte das Floß auf den Wogen bis es schließlich zerbarst. Verzweifelt klammerte sich Odysseus an den Resten seines Floßes und fürchtete um sein Leben. Die Göttin Leukothea erbarmte sich jedoch seiner und riet ihm, sein wasserschweres Gewand auszuziehen, sich nicht mehr an dem Floß festzuklammern und stattdessen durch die Wellen ans Ufer zu schwimmen. Der Held tat wie ihm die Göttin geheißen hatte und unter ihrem Schutz erreichte er schließlich die Insel Scheria, die von den Phäaken bewohnt wurde. Erschöpft legte sich Odysseus in einem Wald zum Schlafe nieder. Mädchenstimmen weckten ihn aus seinem tiefen Schlummer. Es war die Königstochter Nausikaa mit ihrem Gefolge, die zum Flußufer gekommen waren, um die Gewänder der königlichen Familie zu waschen. Er brach einen buschigen Zweig ab, der seine Blöße bedecken sollte, und trat unter die Jungfrauen. Diese glaubten ein Seeungeheuer vor sich zu haben und flüchteten verstört. Nur Nausikaa blickte den Fremden ruhig entgegen. Er bat sie ehrerbietig um Kleidung und Nahrung, die diese ihm auch gewährte. Dann führte sie ihn zu dem Palast ihres Vaters Alkinoos. Athene hüllte ihn in eine Nebelwolke, so dass er ungesehen vor das Königspaar treten konnte. Als die Wolke von Odysseus wich, warf er sich der Königin Arete vor die Füße und bat um Hilfe in seiner misslichen Lage. Die Phäaken waren von diesem Anblick überrascht. Schließlich reichte der gütige König Alkinoos Odysseus seine Hand und setze ihn auf auf einen Sessel zu seiner Seite. Er reichte ihm Speise und Trank ohne nach seinem Namen zu fragen, und versprach ihm sicheres Geleit in seine Heimat. Am nächsten Tag wurde dem fremden Gast zu Ehren ein großes Fest gegeben. Als der blinde Sänger Demodokos jedoch von den Taten des Odysseus im trojanischen Krieg sang, da erfüllte den Helden große Trauer und heimlich weinte er bitterliche Tränen. Doch Alkinoos bemerkte dies und befahl den Sänger aufzuhören. Dann wandte er sich an den Fremden und bat ihm seinen Namen zu verraten. Als sie hörten, dass Odysseus vor ihnen saß, drängten die Phäaken bewundernd herbei und wollten von seinen Abenteuer wissen. Lang erzählte er ihnen von seinen vielen Erlebnissen seit dem Fall Trojas und ergriffen hatten die Phäaken ihm zugehört. Mit Geschenken überhäuft verabschiedete sich Odysseus schließlich von den gastfreundlichen Phäaken und glitt auf dem Schiff, das sie ihm zur Verfügung gestellt hatten, endlich Richtung Heimat. Müde fiel der Held, der so viel hatte erdulden müssen, in einen tiefen Schlummer. Odysseus Heimkehr Athene verwandelt Odysseus in einen Bettler "Aber es freute sich der göttliche Dulder Odysseus, Froh seines Vaterlands, und küßte die nähende Erde; Gleich zu den Nymphen betete er mti erhobenen Händen: Nymphen, Najaden, Töchter des Zeus, ich hoffte ja nimmer, Euch je wieder zu sehen! Seid nun mit frommen Gebeten Mir gegrüßt! Bald bringen wir euch Geschenke, wie ehmals, Wenn mir gnädig hinfort Zeus' beutebringende Tochter Selber zu leben vergönnt und den lieben Sohn mir gedeihen lässt!" (Odyssee, Dreizehnter Gesang, Vers 353-360, Homer) Die Phäaken wollten Odysseus nicht aus seinem tiefen Schlummer wecken und so trugen sie ihn schlafend vom Schiff an das Ufer. Als Odysseus nun erwachte, befand er sich endlich auf Ithakas Boden. Doch er erkannte seine Heimat nicht, denn Nebel lag über der ganzen Landschaft. Er stieß auf einen Hirtenknaben, der ihm zu seinem großen Staunen erzählte, dass er in Ithaka sei. Doch noch größer wurde sein Staunen als sich dieser Hirtenknabe in die göttliche Athene verwandelte. Da fiel er auf die Knie und küsste den Boden seiner Heimat. Athene nun berichtete ihm von den schrecklichen Zuständen in seinem eigenen Hause. Denn als er nicht aus dem Krieg um Troja heimgekehrt war, hielt man ihn für Tod. Und so kamen aus ganz Ithaka viele Fürsten in das Haus des Odysseus und warben um die Hand von seiner Frau Penelope. Seit drei Jahren nun trieben sie schon ihr Unwesen auf dem Hof des Odysseus und zehrten von seinen Gütern. Penelope hatte sie bisher mit einem Trick hinhalten können. So wollte nicht eher eine Entscheidung unter den Freiern treffen bis sie das Totenhemd für ihren Schwiegervater Laertes zu Ende gewebt hatte. Am Tage arbeitete sie an dem Gewand. In der Nacht jedoch trennte sie es heimlich wieder auf. Dankbar um die Warnung der Göttin Athene beratschlagten sie, wie er sich nun dieser aufdringlichen Freier entledigen sollte. Da verwandelte die Göttin ihn in einen runzeligen Greis, damit er sich unerkannt durch das Land bewegen konnte. So verkleidet traf er auf seinen treuen Knecht Eumaios. Dieser erkannte den armen Wanderer nicht und doch bot er ihm freundlich Speisen und Trank an. Zu ihnen stieß Telemachos, Sohn des Odysseus, der gerade von seiner Reise zu Menelaos zurückgekehrt war. Vergeblich hatte er dort nach dem Verbleib seines Vaters geforscht. Odysseus, der Bettler, wolle sich erheben und dem Königssohne Platz machen. Doch dieser wehrte ab und setzte sich schließlich auf einen Reisigsack zu ihnen. Dann versprach er dem vermeintlichen armen Greis ihn in seinem Haus mit Kleidung und Nahrung auszustatten. Dann bat er Eumaios, Penelope seine Rückkehr zu melden. Auf diesen Augenblick hatte die Göttin Athene gewartet und mit ihrem Zauberstab verwandelte sie Odysseus in seine eigene Gestalt zurück. Staunend betrachtete ihn Telemachos, der glaubte, einen Gott vor sich zu haben. Doch unter Tränen rief ihm Odysseus zu, „Dein Vater bin ich, um den du so lange getrauert hast." Da hielten sich Vater und Sohn innig umschlungen. Gemeinsam nun planten sie die Vergeltung an den frechen Freiern. Odysseus mahnte seinen Sohn zur Verschwiegenheit. Niemand dürfe von seiner Rückkehr wissen, auch sein Vater Laertes und seine Frau Penelope nicht. Und so gab ihm Athene die Gestalt des greisen Bettlers zurück, damit er weiterhin unerkannt bleiben konnte. Odysseus Rache Odysseus tötet die Freier mit seinem Bogen (Illustration aus Geschichten von Homer, 1885) "Also mühelos spannte den großen Bogen" Odysseus. Unt mit der rechten Hand versucht' er die Snne des Bogens; Lieblich erklang die Senne und hell, wie Schwalbengezwitscher. Schrecken ergriff die Freier, und aller Anlitz erblasste. Und Zeus donnerte laut und gab sein Zeichen vom Himmel. Und es freute sich darüber der göttliche Odysseus, Dass ihm des listigen Kronos Sohn das Zeichen gesendet. Und er nahm den flüchtigen Pfeil; der lag auf dem Tische, Nackt; im hohlen Gehäus des Köchers staken die andern; Die aber sollten gar bald den Freiern zu schmecken bekommen. Diesen hielt er am Griff des Bogens und zog mit der Kebe Jetzt die Senne, wie er da saß auf dem Schemel und zielte, Schoss den Pfeil und fehlte von den Äxten nicht eine." (Odyssee, Einundzwanzigster Gesang, Vers 409-421, Homer) Am nächsten Tag geleitete ihn der Hirte Eumaios zum Palast. Telemachos war schon vorgeeilt, um seiner Mutter von seiner Reise zu berichten. Wie sehr schlug das Herz von Odysseus in seiner Brust als er sich dem Palast näherte. Niemand achtete auf ihn. Nur sein alter Hund Argos hob dem Kopf als er den Vorhof betrat. Trotz seiner Verkleidung hatte er seinen Herrn erkannt und wedelte nun freudig mit dem Schwanz. Doch die Kraft reichte nicht mehr, um Odysseus entgegenzulaufen. Und so starb er vor dessen Füßen. Verstohlen wischt sich da der heimgekehrte König eine Träne aus einen Augen. Um Brotsamen bittend ging er durch die Reihen der Freier. Einige gaben ihm tatsächlich etwas. Doch Antinoos, der Frechste von Allen, warf einen Fußschemel nach ihm und traf ihn an der Schulter. Grimm flammte da in Odysseus Herzen auf. Doch noch verschloss er seinen Zorn. Weitere Beschimpfungen musste Odysseus, der Bettler, über sich ergehen lassen. Ein anderer Bettler in diesem Hause trieb der Neid dazu, seinen Nebenbuhler zu vertreiben, und er fing einen Streit mit Odysseus an. Die Freier stachelten sie gegeneinander auf und zwangen sie zu kämpfen. Wie lachten sie, als es Odysseus gelang, den Landstreicher zu Boden zu schlagen. Bis in die späte Nacht feierten und zechten die Freier. Doch in Odysseus Herzen brannte der Durst nach Rache und so behielt er jeden von ihnen genau im Auge. Penelope indes wollte den Fremden sprechen, weil sie auf Nachricht von ihrem verschwundenen Gatten hoffte. Und so rief sie ihn in ihr Gemach. Er sprach ihr Mut zu und versicherte ihr, dass Odysseus heimkehren wird noch ehe der Mond gewechselt hat. Nach dem Odysseus ihr Gemach verlassen hatte, erschien Athene Penelope. Die Göttin riet ihr, den Freiern Odysseus Bogen zum Wettkampf vorzulegen. Und so trat sie mit dem Bogen unter die Freier und sprach zu ihnen: „Wem es gelingt, den Bogen des göttlichen Odysseus am leichtesten zu spannen und durch die Öhre von zwölf hintereinander aufgestellten Äxten zu schießen, der soll mein Gemahl werden." Und so stellte Telemachos mit Hilfe einer Schnur sorgsam die Äxte hintereinander auf und der Bogen wurde den Freiern gereicht. Einer nach dem anderen versuchte es, doch niemanden gelang es auch nur annährend den Bogen zu spannen. Da trat Odysseus vor, spannte mühelos den Bogen und schoss einen Pfeil durch die Öhren. Nun endlich war die Stunde der Rache gekommen. Tür um Tür verschlossen die treuen Diener, so dass die Freier nicht entkommen konnten. Dann griffen Odysseus und Telemachos zu den Waffen, die sie zuvor im Saal versteckt hatten. Ein fürchterliches Blutbad richteten sie unter den Freiern an, dem keiner von ihnen entkam. Penelope hatte von der Rückkehr ihres Mannes in ihrem Gemach gehört. Doch wagte sie es nicht zu glauben. Zweifelnd stand sie vor ihrem Mann. Doch als er das Hochzeitszimmer beschrieb, dass nur sie beide kannten, schwanden alle Zweifel und vor Freude warf sie sich ihm an den Hals. Am nächsten Tag ging Odysseus auf die Felder, um seinen Vater aufzusuchen. Unter Tränen fielen sich Vater und Sohn in die Arme. Aber noch sollte Odysseus nicht gänzlich zur Ruhe kommen. Denn die Angehörigen der getöteten Freier sannen auf Vergeltung. Doch durch die Vermittlung von der Göttin Athene selber, beruhigten sich bald die Gemüter und so kehrte wieder Frieden in Ithaka ein. Schautafeln Vereinfachte Stammbäume der griechischen Götter Am Anfang war das Chaos Die Vereinigung von Gaia und Uranos Die Vereinigung von Gaia und Pontos Erläuterungen Die Griechische Mythologie lässt sich anhand von erhaltenen Kunstwerken und Literatur rekonstruieren. Jedoch besteht die Problematik der vielfältigen Quellen darin, dass sie kein einheitliches Bild liefern, sondern Platz für unterschiedliche Interpretationen lassen. So folgen auch die hier vorgestellten Mythen einer Möglichkeit der Darstellung. Die wichtigsten literarischen Quellen finden wir bei Hesiod, Homer und den drei großen griechischen Tragikern Aischylos, Sophokles und Euripides. Jeder von ihnen hat jedoch einen anderen Zugang zu der Welt der Mythen und ordnet ihnen jeweils eine andere Funktion zu. Die ältesten Dichtungen liefern uns Hesiod und Homer. In seiner Theogonie berichtet Hesiod über die Ursprünge der Welt und die ersten Taten der Götter. Ihm geht es dabei um die Entstehung der damaligen Weltordnung. Er selbst hat dabei nicht die Mythen erschaffen, sondern die damaligen vorherrschenden Erzählungen in seinem Werk zusammengefasst. In seinem Frauenkatalog beleuchtet er die Beziehungen der Götter zu sterblichen Frauen, aus deren Verbindungen die menschlichen Heroen hervorgegangen sind. Es ist jedoch bis heute nicht ganz sicher, ob dieses Werk wirklich von Hesiod stammt. In Werke und Tage stellt er das rechtschaffende und arbeitsreiche Leben der kleinen Leute dar. Hier lassen sich schon erste Spuren einer griechischen Ethik erkennen. Bei Homer hingegen geht es um die Verherrlichung großer Helden in seinen Werken Illias und Odysee. Auch hier sind die Dichtungen die Zusammenfassungen überlieferter historischer Ereignisse. Jedoch so stark idealisiert dargestellt, dass in ihnen nur noch ein Funken Wahrheit übrigbleibt. Dennoch gewährt es uns einen Einblick in die damalige Vorstellung der Beziehung zwischen Menschen und Göttern, wobei die Götter selber allzu menschliche Züge in ihren Streitigkeiten, Zorn und Eifersucht haben. Das ist es auch, warum die griechischen Mythen bis heute nichts von ihrer Kraft und Magie verloren haben. Die Götter selber sind ein Spiegelbild der menschlichen Gesellschaft in all ihren Lieben, Leiden, Verlusten und Ränkespielen. Sie bleiben nicht abgehoben, sondern weilen stets unter den Menschen. Und daher können wir uns auch mit ihnen identifizieren.