So many paths, that wind and wind, While just the art of being kind Is all the sad world needs. Ella Wilcox (1855-1919), The World’s Needs 17 Tunnelprozesse Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete von Pfadintegralen sind Tunnelprozesse in quantenmechanischen und quantenstatistischen Systemen. Wenn die Barrieren hoch und das Tunneln sehr langsam verläuft, können die beobachteten physikalischen Erscheinungen mit Hilfe geschickt gewählter Modelle in der semiklassischen Näherung erklärt werden. Durch Kombination mit den in Kapitel 5 besprochenen Variationsmethoden läßt sich die Anwendbarkeit auf niedrige Barrieren und höhere Tunnelraten ausdehnen. Dieses Kapitel entwickelt die nötige Theorie und wendet sie auf einige typische Systeme an. 17.1 Die Aufgabe Ein enfaches Modell für das Studium vonnTunnelprozessen ist das in Abb. 14.1 dargestellte symmetrische Doppelmuldenpotential vierter Ordnung in x ( ) 0.4 0.3 0.2 0.1 -2 -1.5 -1 -0.5 0 0.5 1 1.5 2 Abbildung 17.1 Symmetrisches Doppelmuldenpotential vierter Ordnung in x: V (x) = (x − a)2 (x + a)2 ω 2 /8a2 . 508 509 17.1 Die Aufgabe V (x) = (x − a)2 (x + a)2 ω2 . 8a2 (17.1) Seine Kopplungskonstante ist g = ω 2 /2a2 . (17.2) Es besitzt zwei entartete symmetrische Minima bei x = ±a. In der Nähe jedes Minimums sieht es annäherungsweise wie das Potential eines harmonischen Oszillators V± (x) = ω 2 (x ∓ a)2 /2 aus: V (x) = ω2 x∓a (x ∓ a)2 1 ± + . . . ≡ V± (x) + ∆V± (x) + . . . . 2 a (17.3) Die Höhe der Potentialbarriere in der Mitte ist Vmax = ω4 ga4 = 4 16g (17.4) Im Limes a → ∞ bei festem ω wird die Höhe der Barriere unendlich und das System zerfällt in die Summe zweier weit voneinander entfernter und deshalb unabhängiger harmonischer Oszillatoren. Dementsprechend gehen die Wellenfunktionen des Systems in zwei unabhängige Sätze von Oszillator-Wellenfunktionen ψn (∆x± ) → ω πh̄ 1/4 q 1 2 √ e−ω(∆x± ) /2h̄ Hn (∆x± ω/h̄) 2n/2 n! (17.5) ∆x± ≡ x ± a (17.6) über, wobei die Größen den Abstand des Punkts x von den jeweiligen Minima messen. Entsprechend zerfällt die Zeitverschiebungsamplitude des Systems in die Summe der Amplituden der einzelnen Oszillatoren: a→∞ (xb tb |xa ta ) −→ (xb tb |xa ta )− + (xb tb |xa ta )+ (17.7) Z t Z b i 1 ≡ Dx(t) exp dt [ẋ2 − ω 2 (x + a)2 ] + (a → −a). h̄ ta 2 Dabei nehmen wir die Masse des Teilchens als M = 1 an, gehen also von einer Lagrangefunktion ẋ2 (17.8) L = V (x) 2 aus. Für endliche a wird ein Teilchen, das sich anfangs in einer der beiden Oszillatormulden befindet, nach einer gewissen Zeit von einer Mulde zur anderen durch die Barriere tunneln. In einer zeitunabhängigen Beschreibung entsteht eine Mischung der Wellenfunktionen der beiden Oszillatoren. Da die Wirkung symmetrisch unter der Spiegelreflektion x → −x ist, kann man die Lösungen der zur Hamiltonfunktion p2 + V (x) (17.9) H(p, x) = 2 510 17 Tunnelprozesse gehörigen Schrödingergleichung H(−i∂x , x)ψ(x, t) = ih̄∂t ψ(x, t) (17.10) nach symmetrischen und antisymmetrischen Zuständen unterteilen. Wir erwarten, daß die symmetrischen Zustände eine niedrigere Energie besitzen als die antisymmetrischen, da sie eine kleinere Anzahl von Nullstellen (Knoten) aufweisen und so den Teilchen wegen der kleineren Wellenfunktionsgradienten weniger kinetische Energie verleihen. Bei großen a sind die untersten beiden Wellenfunktionen zur führenden Ordnung in 1/a → 0 direkt die symmetrischen und antisymmetrischen Kombinationen 1 ψs,a ≈ √ [ψ0 (x − a) ± ψ0 (x + a)]. 2 (17.11) Wegen der Tunnelverbindung weichen die dazugehörigen Energien ein wenig von den einzelnen harmonischen Grundzustandsenergien h̄ω/2 ab: 1 Es,a = h̄ω + ∆Es,a . 2 (17.12) Für große a ist diese Abweichung sehr klein. In der Quantenmechanik können die Niveauverschiebungen in niedrigster Ordnung störungstheoretisch berechnet werden, indem man die Näherungswellenfunktionen (14.11) in die Formel ∆Es,a = Z dxψs,a Ĥψs,a . (17.13) einsetzt. Da die harmonischen Wellenfunktionen ψ0 (x ± a) für die beiden Mulden bei großem x exponentiell abfallen, sind auch die Niveauverschiebungen exponentiell klein im quadratischen Abstand a2 . In diesem Kapitel wollen wir die Niveauverschiebungen ∆Es , ∆Ea und die zugehörigen Tunnelamplituden aus dem Pfadintegral des Doppelmuldenpotentials berechnen. Für große a ist das relativ einfach, da wir dann auf die semiklassische Näherung aus Kapitel 4 zurückgreifen können, die für a → ∞ exakt wird. Wenn wir uns nur für die untersten beiden Zustände interessieren, können wir die Aufgabe erheblich vereinfachen. In der Spektraldarstellung der Amplitude (xb tb |xa ta ) = = Z (i/h̄) Dx(t)e X R tb ta dt[ẋ2 /2−V (x)] ψn (xb )ψn (xa )e−iEn (tb −ta )/h̄ (17.14) n gehen wir zu imaginären Zeiten ta,b → τa,b = ∓iL/2 über und betrachten den Ausdruck (xb L/2|xa − L/2) = = Z X n −(1/h̄) Dx(τ )e R L/2 −L/2 dτ [x2τ /2+V (x)] ψn (xb )ψn (xa )e−En L/h̄ (17.15) 17.2 Klassische Lösungen – Kinks und Antikinks 511 mit der Bezeichnung xτ (τ ) ≡ dx(τ )/dτ . Im Limes großer L ist die Spektralsumme (14.15) offenbar sehr empfindlich für die niedrigsten Energien, da die Beiträge höherer En exponentiell unterdrückt werden und vernachlässigbar sind. Um die Niveauverschiebungen der beiden niedrigsten Zustände ∆Es,a zu berechnen, brauchen wir uns deshalb nur um das Verhalten der beiden führenden Exponentialfunktionen zu kümmern. Da die dazugehörigen Wellenfunktionen nahe den Böden der Potentialmulden bei x ∼ ±a liegen, untersuchen wir diejenigen Amplituden, deren Anfangs- und Endpositionen xa und xb bei den Minima liegen, und zwar einmal auf den gleichen Seiten der Potentialbarriere (a L/2|a − L/2) = (−a L/2| −a −L/2), (17.16) das andere Mal auf einander gegenüberliegenden Seiten (a L/2| −a −L/2) = (−a L/2|a −L/2). (17.17) Für diese Amplituden untersuchen wir nun die semiklassische Näherung im Limes L → ∞ und bestimmen die daraus folgenden Energieverschiebungen. 17.2 Klassische Lösungen — — Kinks und Antikinks Wie schon in Kapitel 4 berechnen wir auch hier zunächst den Beitrag der klassischen Lösung zum Pfadintegral und dann die quadratische Fluktuationskorrektur. Das Ergebnis hat die Gestalt X klass. Lösungen exp{−Akl /h̄} × F , (17.18) wobei Akl die Wirkungen der klassischen Lösungen und F die dazugehörigen Fluktuationsfaktoren sind. Für die Amplitude (14.16), die den Muldenboden bei x = a mit sich selbst zu einer späteren euklidischen Zeit L verbindet, gibt es die triviale klassische Lösung, bei der das Teilchen die ganze Zeit über am Boden liegenbleibt: x(τ ) ≡ a. (17.19) Aber es gibt auch nichttriviale klassische Lösungen, welche die Barriere kreuzen und die beiden Muldenböden bei −a und a miteinander verbinden. Im Limes L → ∞ lauten diese Lösungen x(τ ) = x± kl (τ ) ≡ ±a tanh[(τ − τ0 )ω/2] (17.20) mit einem beliebigen Parameter τ0 , der den Zeitpunkt der Barrierenüberquerung auf der imaginären Zeitachse τ angibt. Für große positive und negative τ konvergieren die Lösungen exponentiell gegen ±a (siehe Abb. 14.2). In Anspielung an ihre 512 17 Tunnelprozesse ¿ 4 2 -2 2 -2 -4 10V (x) Abbildung 17.2 Klassische Kink-Lösung im Doppelmuldenpotential. Sie verbindet die beiden entarteten Maxima des umgekehrten Potentials. Außerdem ist noch eine Lösung gezeigt, die am Maximum startet und dann in den äußeren Abgrund hinunterrutscht. geknickte Gestalt werden die Lösungen x± kl (τ ) Kink - bzw. Antikink -Lösungen 1 genannt. Um diese Lösungen herzuleiten, betrachten wir die Bewegungsgleichung für reelle Zeiten ẍ(t) = −V ′ (x(t)) (17.21) mit der üblichen Bezeichnung V ′ ≡ dV /dx. In der euklidischen Version mit τ = −it wird das zu xτ τ (τ ) = V ′ (x(τ )). (17.22) Da die Differentialgleichung von zweiter Ordnung ist, wechselt die Transformation auf imaginäre Zeiten das Vorzeichen des Potentials. Die euklidische Bewegungsgleichung ist daher dieselbe wie die für die Bewegung eines Punktteilchens bei reellen Zeiten in dem in Abb. 14.3 gezeigten auf den Kopf gestellten Potential von Abb. 14.1. Unsere Vertrautheit mit der Punktmechanik erlaubt den sofortigen Schluß, daß im umgekehrten Potential Abb. 14.3 eine klassische Lösung existiert, die bei x = −a für τ → −∞ beginnt und bei x = a für τ → +∞ endet. Das Teilchen braucht eine unendlich lange Zeit, um das letzte (erste) infinitesimal kleine Stück auf den beiden Potentialbergen zu besteigen (zu verlassen). Die Bewegung durch das Tal in der Mitte benötigt dagegen nur eine kurze Zeit. Wenn das Teilchen nicht genau von der Spitze eines Berges, sondern ein wenig talwärts, z.B. von x = −a + ǫ aus, startet, wird es den gespiegelten Punkt bei x = a − ǫ nach einer endlichen Zeit erreichen. Danach schwingt es wieder zurück zu 1 Das englische Wort kink“ heißt Knick“. In der feldtheoretischen Literatur spricht man auch ” ” von Instanton- oder Anti-Instanton-Lösungen, da die Barrierenüberquerung in einer relativ kurzen Zeit vor sich geht. Siehe die Literaturhinweise am Ende des Kapitels. 513 17.2 Klassische Lösungen – Kinks und Antikinks φ −V (φ) Abbildung 17.3 Umgeklapptes Doppelmuldenpotential für die Bewegung von x als Funktion der imaginären Zeit τ . x = −a + ǫ usw. Im Limes ǫ → 0 geht die Oszillationsperiode gegen unendlich und nur eine einzige Durchquerung bleibt übrig. Um diese Bewegung analytisch zu beschreiben, multiplizieren wir die Differentialgleichung (14.22) mit xτ ≡ dx/dτ und schreiben sie um in d 1 d 2 xτ = V (x(τ )), 2 dτ dτ (17.23) 1 2 x + [−V (x(τ ))] = const 2 τ (17.24) wonach sie sich sofort zu integrieren läßt. Wenn man τ als physikalische Zeit ansieht, entspricht das dem Energieerhaltungssatz für die Bewegung eines Punktteilchens im Potential V (x). Wir identifizieren daher die Konstante mit der Gesamtenergie E im umgeklappten Potential: const ≡ E. (17.25) Durch Auflösung von (14.24) nach xτ erhalten wir sofort 1 Z x(τ ) dx q τ − τ0 = ± √ . 2 x(τ0 ) E + V (x) (17.26) Das Potential in Abb. 14.3 zeigt, daß ein klassischer Pfad, der bei τ → −∞ aus der Ruhelage heraus startet, die Energie E = 0 haben muß. Das explizite Einsetzen des Potentials (14.1) liefert dann für |x| < a die Gleichung τ − τ0 dx′ 2a Z x 1 a+x = ± = ± log ′ ′ ω 0 (a − x )(x + a) ω a−x x 2 = ± arctanh . ω a (17.27) Daraus ergeben sich die Kink- und Antikink-Lösungen x(τ ) = ±a tanh[(τ − τ0 )ω/2]. (17.28) 514 17 Tunnelprozesse Sie beschreiben je eine Taldurchquerung. Die euklidische Wirkung klassischer Lösungen können wir mit Hilfe von (14.24) und (14.25) immer folgendermaßen ausdrücken: 1 Akl = dτ x2τ + V (x(τ )) = 2 −∞ Z ∞ ∞ Z dτ (x2τ −∞ − E) =−EL + Z a q dx 2[E + V (x)]. (17.29) −a Da für die Kink-Lösung E = 0 ist, wird q 2[E + V (x)] = ω 2 (a − x2 ) 2a (17.30) und die klassische Wirkung ω Akl = 2a 2 ω3 dx(a2 − x2 ) = a2 ω = . 3 3g −a Z a (17.31) Übrigens ist für E = 0 die klassische Wirkung auch durch folgendes Integral gegeben: Akl = Z ∞ −∞ dτ dxkl dτ !2 . (17.32) Außer den Kink- und Antikink-Lösungen gibt es weitere Lösungen, die auf einer Bergspitze starten (siehe ebenfalls Abb. 14.3) und dann in den angrenzenden äußeren Abgrund hinabgleiten: τ − τ0 dx′ 1 x+a 2a Z ∞ = ± log = ∓ ′ ′ ω x (x − a)(x + a) ω x−a x 2 = ± arccoth . ω a (17.33) Derartige Lösungen können offenbar keine Verbindung zwischen den Böden der Doppelmulde herstellen. Sie werden deshalb nicht weiter betrachtet. Die triviale Lösung (14.19) und die Kink- Antikink-Lösungen (14.28) sind die einzigen, die eine endliche Wirkung besitzen und in den Potentialminima beginnen und enden. Sie können nun benutzt werden, um die klassischen Beiträge zu den Amplituden (14.16) und (14.17) gemäß der semiklassischen Formel (14.18) anzugeben. Sie führen auf die Ausdrücke (a L/2|a − L/2) = 1 × Fω (L) (17.34) (a L/2| − a − L/2) = e−Akl /h̄ × Fkl (L). (17.35) und Der Vorfaktor 1 in (14.34) entstammt der trivialen klassischen Lösung (14.19), während e−Akl /h̄ durch die Wirkung der Kink-Lösung (14.31) gegeben ist. Die Tatsache, daß es unendlich viele verschiedene Lösungen für alle τ0 gibt, muß sich im Fluktuationsfaktor Fkl (L) niederschlagen, der noch auszurechnen ist. 515 17.3 Quadratische Fluktuationen An dieser Stelle muß angemerkt werden, daß die Kink- und Antikink-Lösungen (14.28) nicht exakt in (14.35) eingehen. Diese würden ja die Muldenböden bei x = ±a erst nach unendlich langen euklidischen Zeiten τ → ±∞ erreichen. Die zu berechnenden Amplituden hingegen erfordern Lösungen, für die bei großen aber endlichen Werten von τ = ±L/2 die Teilchenkoordinate x gegen ±a geht. Glücklicherweise ist der unterlaufene Fehler so klein, daß er vernachlässigt werden kann. Die Kink- und Antikink-Lösungen gehen für große L exponentiell schnell gegen ±a. Deshalb kann sich die Wirkung der wahren Lösung von der Wirkung Akl nur um Terme unterscheiden, die exponentiell wie e−ωL gegen null gehen. Da wir aber am Ende nur große L betrachten, sind solche kleinen Fehler irrelevant. 17.3 Quadratische Fluktuationen Im semiklassischen Limes interessiert als nun der Beitrag der quadratischen Fluktuationen um die klassischen Lösungen. In der Nähe der Muldenböden nähern wir das Potential durch die im ersten Term von (14.3) angegebenen Parabeln an. Die Fluktuationsfaktoren für einen harmonischen Oszillator mit Frequenz ω und Masse M = 1 wurden in Abschnitt 2.4 berechent und das Ergebnis ist Fω (L) = r ω ∼ 2πh̄ sinh ωL r ω −ωL/2 e + O(e−3ωL/2 ). πh̄ (17.36) Aus dem für große L führenden Exponenten liest man die Grundzustandsenergie ω/2 ab. Die im zweiten Teil der Gleichung ausgelassenen Terme enthalten die Information über die angeregten Zustandsenergien (n + 1/2)ω, n = 1, 2, 3, . . . . DerqSpektraldarstellung der Amplitude (14.15) entnehmen wir, daß der Vorfaktor ω/πh̄ das Quadrat der Grundzustandswellenfunktion am Potentialminimum ψ0 (0) = (ω/πh̄)1/4 anzeigt, in Übereinstimmung mit (14.5). Wie sieht nun der Fluktuationsfaktor eines einzelnen Kinkbeitrags aus? Er ist gegeben durch das Pfadintegral über y(τ ) ≡ δx(τ ): Fkl (L) = Z −(1/h̄) Dy(τ )e R L/2 −L/2 ′′ dτ (1/2)[yτ2 +V (xkl (τ ))y 2 ] , (17.37) wobei xkl (τ ) die Kink-Lösung ist und y(τ ) an den Endpunkten verschwindet: y(L/2) = y(−L/2) = 0. (17.38) Im Limes L = ∞ ist xkl (τ ) durch die Kink-Lösung (14.28) gegeben, so daß ′′ 3 ω2 2 1 2 x (τ ) − ω kl 2 a2 2 1 3 tanh2 [ω(τ − τ0 )/2] − = ω2 2 2! 3 1 = ω2 1 − . 2 cosh2 [ω(τ − τ0 )/2] V (xkl (τ )) = (17.39) 516 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.4 Potential für die Schrödingergleichung (14.41) der quadratischen Fluktuationen um die Kink-Lösung (14.28). Die gestrichelten Linien deuten die Energien 0 und 3ω 2 /4 der gebundenen Zustände an. Daher sind die quadratischen Fluktuationen durch die euklidische Wirkung ! " 3 1 1 y2 A= dτ yτ2 + ω 2 1 − 2 2 2 cosh [ω(τ − τ0 )/2] −L/2 Z L/2 # (17.40) bestimmt. Die Regeln der Funktionalintegration für quadratische Exponenten haben wir in Kapitel 2 erklärt. Wir entwickeln zunächst y nach den Eigenlösungen der Differentialgleichung d2 3 1 − 2 + ω2 1 − 2 dτ 2 cosh [ω(τ − τ0 )/2] " !# yn (τ ) = λn yn (τ ) (17.41) mit den Eigenfrequenzen λn . Diese Gleichung sieht genauso aus wie die Schrödingergleichung für ein Punktteilchen, das sich als Funktion der Pseudozeit τ in einer anziehenden Potentialmulde vom Rosen-Morse-Typ bewegt [siehe (14.159) und Abb. 14.4]. V (τ ) = ω 2 ! 3 1 1− . 2 2 cosh [ω(τ − τ0 )/2] (17.42) Die Differentialgleichung (14.41) läßt sich deshalb lösen. Sei yn (τ ) für n = 0, 1, 2, . . . ein vollständiger Satz von Lösungen mit den üblichen Orthonormalitätseigenschaften Z ∞ −∞ dτ yn (τ )yn′ (τ ) = δnn′ . (17.43) Dann werden die Fluktuationen y(τ ) in eine Reihe y ξ0 ,ξ1 ,...(τ ) = ∞ X n=0 ξn yn (τ ) (17.44) 517 17.3 Quadratische Fluktuationen entwickelt, die als Normalschwingungs-Entwicklung bezeichnet wird. Nach Einsetzen in (14.40), nach partieller Integration des kinetischen Terms, und nach Integration über τ mit Hilfe von (14.43) nimmt die euklidische Wirkung der quadratischen Fluktuationen folgende einfache Gestalt an: ∞ 1X λn ξn2 . A= 2 n=0 (17.45) Der Fluktuationsterm (14.37) reduziert sich dann auf ein Produkt Gaußscher Integrale über die Normalschwingungen: Fkl (L) = N " ∞ Z Y n=0 ∞ −∞ # P∞ 2 dξ 1 √ n e− n=0 ξn λn /2h̄ = N √ , Πn λn 2πh̄ (17.46) wobei N ein Normierungsfaktor ist, der die Jacobi-Determinante bei der Transformation vom zeitgegitterten Maß zum Normalschwingungs-Maß enthält. Er wird weiter unten angegeben. Zunächst wollen wir die Eigenwerte λn berechnen. Dazu benutzen wir die Ergebnisse von Abschnitt 14.42 Wenn man das Potential in der Form V (τ ) = ω 2 − V0 cosh [m(τ − τ0 )] 2 (17.47) schreibt, sind die gebundenen Zustände nach (14.165), (14.167) durch yn (τ ) = mq 2n−s coshn−s [m(τ − τ0 )] Γ(s − n)Γ(1 + 2s − n) n! Γ(1 + s − n) × F (−n, 1 + 2s − n; s − n + 1; 21 (1 − tanh[m(τ − τ0 )])) (17.48) r für n = 0, 1, 2, . . . nmax < s gegeben, wobei s die Definition 1 s ≡ −1 + 2 s V0 1 + 4 2 m (17.49) hat, während F (a, b; c; z) die hypergeometrischen Funktionen bezeichnet. Durch s ausgedrückt ist V0 = m2 s(s + 1). (17.50) Die Energiewerte der gebundenen Zustände sind λ2n = ω 2 − m2 (s − n)2 . (17.51) Im Potential von (14.41) ist m = ω/2 und V0 = 3ω 2 /2, also s = 2, und es gibt genau zwei gebundene Zustände mit den Wellenfunktionen s y0 (τ ) = − 2 3ω 1 , 2 8 cosh [ω(τ − τ0 )/2] (17.52) Siehe auch die Lösung der Rosen-Morse-Schrödingergleichung (14.41) in den Lehrbüchern, z.B. von L.D. Landau und E.M. Lifshitz, Quantenmechanik , Akademie Verlag, Berlin, 1990. 518 17 Tunnelprozesse wobei das negative Zeichen reine Konvention ist, deren Ursprung mit Gl. (14.88) klar wird, und y1 (τ ) = s = s 3ω 1 F (−1, 4; 2; 21 (1 − tanh[ω(τ − τ0 )/2])) 4 cosh[ω(τ − τ0 )/2] 3ω sinh[ω(τ − τ0 )/2] . 4 cosh2 [ω(τ − τ0 )/2] (17.53) Das negative Vorzeichen in (14.52) ist Konventionssache, damit y1 (τ ) dasselbe Vorzeichen wie xkl (τ − τ0 ) in der witer unten folgenden Gl. (14.89) hat. Die richtigen Normierungsfaktoren haben wir mit Hilfe der Integralformel Z 0 ∞ sinhµ x 1 µ+1 ν−µ = B( , ) ν cosh x 2 2 2 (17.54) bestimmt, wobei B(x, y) = Γ(x)Γ(y)/Γ(x + y) die Betafunktion ist. Die Eigenwerte sind λ0 = 0, λ1 = 3ω 2/4. (17.55) Die Existenz einer Nullfrequenz ist eine allgemeine Eigenschaft von Fluktuationen um lokalisierte klassische Lösungen, die längs der τ -Achse beliebig verschoben werden können. Sie verhindert zunächst die direkte Anwendung der quadratischen Näherung, da die mit ihr verbundenen Fluktuationen nicht durch ein Gaußsches Integral kontrolliert werden. Diese allgemeine Eigenschaft von verschiebungsinvarianten Systemen wird in Abschnitt 14.3.1 noch eingehender besprochen. Neben den gebundenen Zuständen gibt es Kontinuumswellenfunktionen mit λn ≥ 2 ω . Bezeichnet man deren Energien mit λk = ω 2 + k 2 , (17.56) dann sind sie durch eine lineare Kombination der Funktion yk (τ ) ∝ eikτ F (s + 1, −s; 1 − ik/m; 21 (1 − tanh[ω(τ − τ0 )/2])) (17.57) (siehe die Bemerkung am Ende von Unterabschnitt 14.4.4) mit ihrer komplex konjugierten gegeben (siehe das Ende von Unterabschnitt 14.4.4). Unter Benutzung der Umwandlungsformel Γ(c)Γ(c − a − b) F (a, b; a + b − c + 1; 1 − z) Γ(c − a)Γ(c − b) Γ(c)Γ(−c + a + b) + (1 − z)c−a−b F (c − a, c − b; c − a − b + 1; 1 − z), (17.58) Γ(a)Γ(b) F (a, b, c; z) = für die hypergeometrische Function3 und der Einegnschaft F (a, b; c; 0) = 1, finden wir das asymptotische Verhalten F 3 τ →∞ −→ 1, M. Abramowitz and I. Stegun, op. cit., formula 15.3.6. (17.59) 519 17.3 Quadratische Fluktuationen F τ →−∞ −→ Γ(ik/m)Γ(1 − ik/m) Γ(−ik/m)Γ(1 − ik/m) + e−2ikτ , Γ(−s − ik/m)Γ(s + 1 − ik/m) Γ(−s)Γ(1 + s) (17.60) und daraus das asymptotische Verhalten der Wellenfunktionen (14.57). Mit (14.57) allein und einem geeigneten Normierungsfaktor erfüllen wir die üblichen Randbedingungen für Streuprozesse: ψ(τ ) → ( eikτ + Rk e−ikτ , Tk eikτ , τ → −∞, τ → ∞. (17.61) Sie definieren die Transmissions- und Reflektionsamplituden. Mit Hilfe von (14.59) findet man Γ(−s − ik/m)Γ(s + 1 − ik/m) , (17.62) Γ(−ik/m)Γ(1 − ik/m) Γ(ik/m)Γ(1 − ik/m) Γ(−s − ik/m)Γ(s + 1 − ik/m) Γ(ik/m) = Tk .(17.63) Rk = Γ(−s)Γ(1 + s) Γ(−ik/m) Γ(−s)Γ(1 + s) Tk = Mit Hilfe der Beziehung Γ(z) = π/ sin(πz)Γ(1 − z) ergibt sich daraus Γ(s + 1 − ik/m) Γ(1 + ik/m) sin(ik/m) , Γ(s + 1 + ik/m) Γ(1 − ik/m) sin(s + ik/m) sin(πs) . = Tk sin(ik/m) Tk = (17.64) Rk (17.65) Die Streumatrix Sk = Tk Rk Rk Tk ! (17.66) ist unitär, da Rk Tk∗ + Rk∗ Tk = 0, |Tk |2 + |Rk |2 = 1. (17.67) Sie wird diagonalisiert durch die geraden und ungeraden Partialwellen mit den Eigenvektoren ! ! 1 1 1 1 g u ψ =√ , ψ =√ . (17.68) −1 2 1 2 Weiter unten werden wir zeigen, daß diese Eigenvectoren zu den geraden und ungeraden Wellenfunctionen gehören, und daß die dazugehörigen Eigenwerte λg,u k = g,u g,u exp(2iδk ) die Phasenverschiebungen δk bestimmen. Mit ihnen ist 1 2iδg u (e k + e2iδk ), 2 1 2iδg u (e k − e2iδk ). = 2 Tk = (17.69) Rk (17.70) 520 17 Tunnelprozesse Wir wollen nun die Zuordnung der Eigenvektoren (14.68) zu den geraden und ungeraden Wellenfunctionen beweisen. Dazu addieren wir zur Wellenfunction (14.61) die spiegelreflektierte r ψ (τ ) → ( Tk e−ikτ , e−ikτ + Rk eikτ , τ → −∞, τ → ∞, (17.71) und erhalten ψ e (τ ) = ψ(τ ) + ψ r (τ ) → ( eikτ + (Rk + Tk )e−ikτ , e−ikτ + (Rk + Tk )eikτ , τ → −∞, τ → ∞. (17.72) Nach Einsetzen von (14.69) wird daraus e ψ (τ ) → ( e e e e eiδk [ei(kτ −δk ) + e−i(kτ −δk ) ] = 2eiδk cos(k|τ | + δke ), e e e e eiδk [e−i(kτ +δk ) + ei(kτ +δk ) ] = 2eiδk cos(k|τ | + δke ), τ → −∞, τ → ∞. (17.73) Die ungerade Kombination ergibt dagegen o r ψ (τ ) = ψ(τ ) − ψ (τ ) → ( eikτ + (Rk − Tk )e−ikτ , −e−ikτ − (Rk − Tk )eikτ , τ → −∞, τ → ∞, (17.74) und wird mit (14.69) zu o ψ (τ ) → ( o e o e eiδk [ei(kτ −δk ) − e−i(kτ −δk ) ] = 2ieiδk sin(k|τ | + δko ), e o e e −eiδk [e−i(kτ +δk ) − ei(kτ +δk ) ] = −2ieiδk sin(k|τ | + δko ), τ → −∞, τ → ∞. (17.75) Aus (14.69) und (14.70) entnehmen wir die Gleichungen |Tk |2 = cos2 (δke − δko ), |Rk |2 = sin2 (δke − δko ), (17.76) und e o e2i(δk +δk ) = (Tk + Rk )(Tk −Rk ) = Tk2 + Rk Rk∗ Tk Tk Tk = Tk2 + (1 −Tk Tk∗ ) ∗ = ∗ . (17.77) ∗ Tk Tk Tk Daraus erhalten wir explizite Ausdrücke für die Summe von geraden und ungeraden Phasenverschiebungen: Tk 1 (17.78) δke + δko = arg ∗ = arg Tk , 2 Tk Ähnlich leiten wir für dei Differenz der Phasenverschiebungen −i sin[2(δke − δko )] = Tk Rk∗ − Tk∗ Rk = 2Tk Rk∗ Rk∗ = −2 ∗ |Tk |2 . Tk (17.79) Zusammen mit (14.76) ergibt das: −i tan(δke − δko ) = − sinh(ik/m) Rk∗ =− , ∗ Tk sin(πs) (17.80) 521 17.3 Quadratische Fluktuationen und deshalb δke − δko = arctan sin(πs) sin(πs). sinh(k/m) (17.81) Für ganzzahlige s, werden die geraden und ungeraden Phasenverschiebungen gleich: δke = δko ≡ δk , (17.82) so dasß die Reflektionsamplitude verschwindet und die Transmissionsamplitude sich auf einen reinen Phasenfaktor Tk = e2iδk reduziert, mit der durch Gl. (14.78) bestimmten Phasenverschiebung 2δk = −i log Tk . (17.83) Die Wellenfunctionen (14.73) und (14.75) haben dann das einfache asymptotische Verhalten yk (τ ) → ei(kτ ±δk ) , τ → ±∞, (17.84) und (14.64) vereinfacht sich für gerade und ungerade Phasenverschiebungen zu e2iδk = (−1)s Γ(s + 1 − ik/m) Γ(1 + ik/m) . Γ(1 − ik/m) Γ(s + 1 + ik/m) (17.85) Für die Schrödingergleichung (14.41) mit s = 2 wird dies einfach e2iδk = 2 − ik/m 1 − ik/m , 2 + ik/m 1 + ik/m (17.86) und deshalb δk = arctan[k/m] + arctan[k/2m]. (17.87) Wenn wir nun das Produkt der Eigenwerte in (14.46) auszurechnen versuchen, ergeben sich zunächst zwei Schwierigkeiten: 1) Die Nullfrequenz macht das Ergebnis unendlich. 2) Für Kontinuumszustände√ fehlt vorerst eine effiziente Rechenmethode für das Q Produkt der Eigenwerte n λn . Diese beiden Schwierigkeiten wollen wir in den folgenden zwei bschnitten ausräumen. 17.3.1 Die Nullfrequenz Die physikalische Ursache für die im Integral über ξ0 entstehenden Unendlichkeit des Fluktuationsfaktors (14.46) liegt in der Zeitverschiebungsinvarianz des Systems. Diese Beobachtung ist auch der Schlüssel zu ihrer Beseitigung. Eine bei der Zeit“ ” τ0 liegende Kink-Lösung trägt genausoviel zum Pfadintegral bei wie eine an einer anderen Stelle τ0′ . Deshalb ändert die Differenz zweier solcher Lösungen nicht die 522 17 Tunnelprozesse euklidische Wirkung. Wenn der τ -Abstand infinitesimal ist, läßt sich die Differenz als eine kleine Fluktuation eines Kinks auffassen, unter der die Wirkung invariant bleibt. Diese Fluktuation hat eine verschwindende Frequenz. Wenn es nur eine einzige Nullfrequenz-Lösung gibt wie im vorliegenden Fall, so ist deren Wellenfunktion notwendigerweise proportional zur Ableitung der Kink-Lösung [von nun an bedeutet x′ (τ ) die Ableitung nach der imaginären Zeit ≡ dx(τ )/dτ ]: y0 " xkl (τ − τ0 ) − xkl (τ − τ1 ) = α τ0 − τ1 = −α aω/2 . cosh [ω(τ − τ0 )/2] # τ0 →τ1 = αx′kl (τ − τ0 ) (17.88) 2 Das stimmt mit der Nullfrequenz-Lösung (14.52) überein. Der Normierungsfaktor α ist durch das Integral Z α= ∞ −∞ dτ x′2 kl −1/2 (17.89) gegeben (der Strich bedeutet hier die Ableitung nach τ ) Unter Benutzung von (14.31) können wir die rechte Seite auch mit Hilfe der Kink-Wirkung ausdrücken: α= √ 1 . Akl (17.90) Nach Einsetzen von (14.2) und (14.31) wird dies zu α= q 3/2a2 ω = q 3g/ω 3 (17.91) [die positive Quadratwurzel entspricht dem negativen Vorzeichen in (14.52)]. Da die Nullfrequenz durch eine Verschiebung der Position der Kink-Lösung von τ0 zu irgendeinem anderen Ort τ0′ verursacht wird, muß die unendliche Länge L der τ Achse die Quelle der Unendlichkeit sein. Bei der Integration über ξ0 in (14.46) ist dieser Zusammenhang zunächst nicht sichtbar. Wenn wir die Amplitude für√ein endliches aber dennoch sehr großes L berechnen, muß der unendliche Term 1/ λ0 proportional zu L werden: 1 √ = const · L. (17.92) λ0 Zur Berechnung der Proportionalitätskonstanten müssen wir offenbar das Funktionalintegral (14.46) " # Z ∞ ∞ Z ∞ dξn dξ0 Y √ √ (17.93) N −∞ 2πh̄ n=0 −∞ 2πh̄ auf eine Form bringen, die den Verschiebungsfreiheitsgrad explizit enthält, nämlich 1 N√ 2πh̄ Z ∞ −∞ dτ0 YZ ∞ n6=0 −∞ " dξ √ n 2πh̄ # ∂ξ 0 (ξ1 , ξ2 , . . .) . ∂τ0 (17.94) 523 17.3 Quadratische Fluktuationen Die Jacobi-Determinante im Integranden erfüllt offenbar die Identität ∂ξ 0 dτ0 δ(ξ0 ) ∂τ0 Z = 1, (17.95) die zur expliziten Berechnung herangezogen werden kann. Gegeben sei eine beliebige Fluktuation y ξ0,ξ1 ,ξ2 ,.... Dann kann der Parameter ξ0 durch das Skalarprodukt mit y0 herausprojiziert werden: ξ0 = Z ∞ −∞ dτ y ξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,... (τ )y0 (τ ). (17.96) In diesem Integral können die Fluktuationen y ξ0,ξ1 ,ξ2 ,... durch die vollen Pfade xξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,... (τ ) = xkl (τ ) + y ξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,...(τ ) (17.97) ersetzt werden, denn es gilt genausogut ξ0 = Z ∞ −∞ dτ xξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,...(τ )y0 (τ ). (17.98) Die Kink-Lösung liefert nämlich keinen Beitrag, da das Skalarprodukt mit ihrer Ableitung verschwindet: Z ∞ −∞ dτ xkl (τ − τ0 )y0 (τ − τ0 ) ∝ ∝ Z ∞ −∞ dτ xkl (τ − τ0 )x′kl (τ − τ0 ) 1 2 ∞ x = 0. 2 kl −∞ (17.99) Mit (14.98) können wir die Delta-Funktion δ(ξ0) in (14.95) in der Form δ(ξ0 ) = δ( Z ∞ −∞ dτ xξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,...(τ )y0 (τ ) ) (17.100) schreiben. Um den Zusammenhang der Normalkoordinaten ξ0 mit den Kink-Verschiebungen herzustellen, ersetzen wir xξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,... durch eine andere Pfadparametrisierung, in der die Rolle der Normalkoordinate ξ0 von der KinkPosition übernommen wird. Statt die Pfade also als ξ0 ,ξ1 ,ξ2 ,... x (τ ) = xkl (τ ) + ∞ X ξn yn (τ ) (17.101) ∞ X ξn yn (τ − τ0 ), (17.102) n=0 zu entwickeln, wählen wir die Form xτ0 ,ξ1 ,ξ2 ,...(τ ) ≡ xkl (τ − τ0 ) + n=1 die anstelle von ξ0 den Parameter τ0 enthält. Offensichtlich stimmt der Punkt τ0 = 0 mit ξ0 = 0 überein. Wenn wir nun (14.102) in (14.100) einsetzen und das ganze 524 17 Tunnelprozesse wiederum in die Identität (14.95), finden wir für die Jacobi-Determinante ∂ξ0 /∂τ0 die Identität Z ∞ Z ∞ ∂ξ 0 = 1. (17.103) dτ0 δ( dτ xτ0 ,ξ1 ,ξ2 ,...(τ )y0 (τ ) ) ∂τ0 −∞ −∞ Da das Argument der δ-Funktion bei τ0 = 0 verschwindet, entwickeln wir es in τ0 bis zur ersten Ordnung. Unter Benutzung von y0 (τ ) = αx′kl (τ ) ist diese Entwicklung Z ∞ −∞ τ0 ,ξ1 ,ξ2 ,... dτ x (τ )y0 (τ ) = −ατ0 "Z ∞ −∞ dτ x′2 kl + ∞ X ξn n=1 Z ∞ −∞ x′kl yn′ # + O(τ02 ). (17.104) Mit (14.32) und den Skalarprodukten rn ≡ Z ∞ −∞ dτ x′kl yn′ (17.105) wird die rechte Seite von (14.104) zu " −ατ0 Akl + ∞ X n=1 # ξn rn + O(τ02 ). (17.106) Eingesetzt in (14.103) ergibt das unter Benutzung von (14.90) die JacobiDeterminante ∂ξ 0 ∂τ0 = Akl 1/2 1 + Akl −1 ∞ X ! ξ n rn . n=1 (17.107) Zusammen mit (14.94) führt das auf folgenden alternativen Ausdruck für den Fluktuationsfaktor (14.46): Fkl (L) = N = N × = " ∞ Z Y ∞ −∞ n=1 "Z ∞ ∞ Y n=1 Z ∞ −∞ −∞ Z ∞ −∞ ∞ X dτ √ 0 Akl 1/2 1 + Akl −1 ξ n rn 2πh̄ n=1 1 qQ ∞ # P∞ 2 dξ √ n e−(1/2h̄) n=1 ξn λn 2πh̄ # dξn −(1/2h̄) P∞ ξn2 λn n=1 √ e 2πh̄ n=1 λn s Akl 2πh̄ Z ∞ −∞ dξ 2 √ 0 e−(1/2h̄)ξ0 λ0 2πh̄ (17.108) ! dτ0 . Die linearen Terme in ξ in der Klammer tragen hier nicht bei, da der Rest des Integranden gerade in ξ ist. Am Ende kann man sich also die einfache Faustregel merken: − q ∂ξ0 ∂x(τ )/∂τ0 ẋkl (τ ) + . . . 1 = = = + . . . = Akl + . . . , ∂τ0 ∂x(τ )/∂ξ0 αẋkl (τ ) α (17.109) 525 17.3 Quadratische Fluktuationen wobei die Punkte die für quadratische Fluktuationen irrelevanten linearen Terme in ξn im Integral (14.108) andeuten. Bei Fluktuationen höherer Ordnung müssen sie aber in Betracht gezogen werden. Dort spielen sie die Rolle einer zusätzlichen effektiven Wirkung " Aeff = −h̄ log 1 + Akl e = −h̄ log 1 + ∞ X −1 A−1 kl ξ n rn n=1 Z # dτ x′kl (τ )y ′(τ ) . (17.110) Diese soll in Abschnitt 14.8 zur Anwendung kommen. Das Integral über τ0 erlaubt es nun, das unendliche Resultat durch das endliche imaginäre Zeitintervall τ ∈ (−L/2, L/2) zu ersetzen: Z L/2 −L/2 dτ0 = L. (17.111) Ein Vergleich von (14.108) mit (14.46) zeigt, √ daß die richtige Behandlung des formal divergierenden Nullfrequenz-Beitrags 1/ λ0 auf folgende Ersetzung hinausläuft: 1 √ ≡ λ0 17.3.2 Z dξ 2 √ 0 e−(1/2h̄)λ0 ξ0 −→ 2πh̄ s Akl 2πh̄ Z L/2 −L/2 dτ0 = s Akl L. 2πh̄ (17.112) Kontinuumsbeitrag zum Fluktuationsfaktor Wir wenden uns nun der zweiten Schwierigkeit zu, die in der Auswertung des Produkts der Kontinuumseigenwerte in (14.46) liegt. Zunächst beseitigen wir den Normierungsfaktor N , indem wir ihn durch die Fluktuationen in Abwesenheit der Kink-Lösung (14.36) eliminieren. Deren Fluktuationsfrequenz ist konstant V ′′ (xkl (τ )) = ω 2 [sie entsteht durch Einsetzen der trivialen klassischen Lösung (14.19) in (14.39)] und ihr Fluktuationsfaktor aus (2.149) bekannt. Wenn wir die dazugehörigen Eigenfrequenzen mit λ0n bezeichnen, so erhalten wir für den Fluktuationsfaktor (14.46) ohne Kink mit demselben Normierungsfaktor N die Gleichung Nq 1 Πn λ0n = Fω (L) = r ω ∼ 2πh̄ sinh ωL r ω −ωL/2 e . πh̄ (17.113) Klammern wir diesen Faktor aus der rechten Seite von (14.46) aus, so ergibt sich der Ausdruck 1 1 Fkl (L) = N √ =Nq Πn λn Πn λ0n s s Πn λ0n Πn λ0n = Fω (L) . Πn λn Πn λn In ihm kommen noch Verhältnisse von Eigenfrequenzprodukten vor. (17.114) 526 17 Tunnelprozesse Für endliche L sind die Kontinuumswellenfunktionen durch diskrete Impulse k charakterisiert. Sei ∂n/∂k ihre Zustandsdichte pro Impulsintervall. Dann können wir das Verhältnis für große L durch folgenden Ausdruck ersetzen: s ( 1 Πn λ0n = exp − Πn λn cont 2 Z ! ) ∂n ∂n log λn . dk − ∂k ∂k 0 ∞ 0 (17.115) Die Zustandsdichte ist aus den Phasenverschiebungen (14.85) errechenbar. Dazu wählen wir für große L, wo Randbedingungen irrelevant werden, die periodischen Randbedingungen y(τ + L) = y(τ ). (17.116) Diese kombinieren wir mit dem asymptotische Verhalten (14.84). Das ergibt die Quantisierungsbedingung für die Wellenvektoren k ei(kL/2+δk ) = e−i(kL/2+δk ) , (17.117) kL + 2δk = 2πn (17.118) woraus explizit folgt. Die Ableitung nach k führt zur Zustandsdichte ∂n L 1 dδk = + . (17.119) ∂k 2π π dk Bei Abwesenheit einer Kink-Lösung verschwindet die Phasenverschiebung und man erhält ∂n L . (17.120) = ∂k 0 2π Damit vereinfacht sich die allgemeine Formel (14.115) zu s ( 1 Πn λ0n = exp − Πn λn cont 2π ∞ Z 0 ) dδk log(ω 2 + k 2 ) . dk dk (17.121) Zur Berechnung des Integrals in unserem spezifischen Fall nehmen wir die Ableitung der Phasenverschiebungen aus der Gleichung (14.85), die für ganze Zahlen s den einfachen Ausdruck " dδk 1 s 2 =− + . . . + dk m 4 + (k/m)2 s2 + (k/m)2 # (17.122) liefert. Bei s = 2 wird der Exponent zu h i 1 2 1 Z∞ 2 2 2 2 dx log ω (1 + x m /ω ) . + 2π −∞ 1 + x2 4 + x2 (17.123) Der ω 2 -Term im Logarithmus wird durch Verwendung des Levinsonschen Satzes R beseitigt, der besagt, daß das Integral 0∞ dk(∂n/∂k − ∂n/∂k|0 ) gleich der Anzahl der gebundenen Zustände, hier also s = 2, ist: Z 0 ∞ ! ∂n ∂n 1 dk − = ∂k ∂k 0 π Z 0 ∞ dk dδk = 2. dk (17.124) 527 17.4 Allgemeine Formel für Eigenwertprodukte Der Satz folgt aus der Tatsache, daß ein Potential mit zwei gebundenen Zuständen zwei Zustände weniger im Kontinuum hat als das freie System. Die Gleichung (14.124) wird offensichtlich von der Phasenverschiebung (14.122) erfüllt. In den Ausdruck (14.123) eingesetzt, wird dieser zu log ω 2 + Z ∞ −∞ 1 2 dx + log(1 + x2 m2 /ω 2 ). 2 2 2π 1 + x 4+x (17.125) Das Integral kann mittels der Formel Z dx log(q 2 + p2 x2 ) 1 r = log(q + p ) 2 2 2 2π r + s x rs s ∞ −∞ (17.126) ausgerechnet werden und ergibt: log ω 2 + log(1 + m m 1) + log(1 + 2). ω ω (17.127) Im Exponenten von (14.121) führt das auf das Frequenzverhältnis: sQ m λ0n = ω2 1 + Q ω n λn cont n 1+ m 2 . ω (17.128) In unserem Fall ist m = ω/2, und (14.128) wird zu 3ω 2. Fügen wir diesem Kontinuumsergebnis noch im Nenner die Frequenz λ1 aus Gl. (14.55) hinzu, so haben wir v uQ 0 √ u n λn 1 tQ =q 3ω 2 = 12ω ≡ K ′ . (17.129) ′ n λn 3ω 2 /4 Multiplizieren wir damit noch den Nullfrequenzbeitrag nach Gl. (14.108), kommen wir zur endgültigen Form des Fluktuationsfaktors in Anwesenheit eines Kinks oder Antikinks: Fkl (L) = Fω (L)KL, (17.130) wobei die Konstante K für den Ausdruck 1 K′ = K=√ λ0 L s Akl √ 12ω 2πh̄ (17.131) steht. 17.4 Allgemeine Formel für Eigenwertprodukte Das Verhältnis der Eigenwertprodukte s Πn λ0n Πn λn cont (17.132) 528 17 Tunnelprozesse der Rosen-Morse-Schrödingergleichung taucht in vielen Anwendungen auf. Deshalb ist es nützlich, das Ergebnis auch für die allgemeine Form des Potential (14.47) mit (14.50) anzugeben, also für die Differentialgleichung " d2 m2 s(s + 1) − 2 + ω2 − yn (τ ) = λn yn (τ ). dτ cosh2 m(τ − τ0 ) # (17.133) Zunächst betrachten wir den Fall ganzzahliger s. Im letzten Abschnitt wurde für das Verhältnis der Eigenwertprodukte der Ausdruck s ( ) Πn λ0n 1 Z ∞ dδk = exp − dk log(ω 2 + k 2 ) (17.134) Πn λn cont 2π 0 dk ) ( Z s X n 1 ∞ 2 2 2 d(k/m) = exp 2 log(ω + (k/m) m ) . 2 2π 0 n=1 n + (k/m) hergeleitet. Der ω 2 -Term im Logarithmus wird mittels der Verallgemeinerung von (14.124) Z s X 1 ∞ n d(k/m) (17.135) 2 = s 2 π −∞ n=1 n + (k/m) eliminiert, so daß s s X n Πn λ0n 1 Z∞ s dx = ω exp log(1 + x2 m2 /ω 2) 2 Πn λn cont 2π −∞ n=1 n + x2 ( ) (17.136) ist. Das Integral wird mit Hilfe von (14.126) ausgerechnet und ergibt s s Y m Πn λ0n s 1+ n . = ω Πn λn cont ω n=1 (17.137) Für s = 2 und m = ω/2 stimmt dieses Ergebnis mit dem früheren (14.128) überein. Fast ebenso leicht finden wir das Verhältnis aller diskreten und kontinuierlichen Eigenwerte für beliebige Werte von s. Wir nehmen zunächst einen Wert s < 1, für das es gar keine gebundenen Zustände gibt. Dann schreiben wir die Schrödingergleichung mit einem zusätzlichen Parameter z in der Form " s(s + 1) d2 − 2 + m2 z − dτ cosh2 m(τ − τ0 ) !# yn (τ ) = λn yn (τ ), (17.138) die mit (14.133) für z = ω 2 /m2 übereinstimmt. Da es für s < 1 keine gebundenen Zustände gibt, gilt die erste Zeile der Gleichung (14.134) jetzt für das Verhältnis aller Frequenzen: s ( Πn λ0n 1 = exp − Πn λn 2π ) dδk log(m2 z + k 2 ) , dk dk −∞ Z ∞ (17.139) 529 17.4 Allgemeine Formel für Eigenwertprodukte wobei δk durch das Mittel von geraden und ungeraden Phasenverschiebungen (δkg + δku )/2 gegeben ist. Aus demselben Grund erlaubt der Levinsonsche Satz nun [unter Benutzung der entsprechenden Verallgemeinerung von (14.124)] das Ersetzen von log(m2 z + k 2 ) durch log(z + k 2 /m2 ) im Integral. Die Variablensubstitution k 2 → ω 2 ǫ führt dann zu s ( ) Z dδω√ǫ 1 Πn λ0n = exp − log(z + ǫ) , (17.140) dǫ Πn λn 2π C dǫ wobei die Integrationskontur C den rechten Schnitt in der ǫ- Ebene im Uhrzeigersinn umläuft. Eine partielle Integration macht daraus 1 exp 2π Z C dǫδm√ǫ 1 . z+ǫ (17.141) Für z < 0 kann die Integrationskontur so deformiert werden, daß sie nur noch den Pol bei ǫ = −z entgegen dem Uhrzeigersinn umschließt. Der Residuensatz ergibt dann s Πn λ0n (17.142) = exp[iδm√−z ]. Πn λn Setzen wir für δk das durch Gl. (14.78) gegebene Mittel der geraden und ungeraden Phasenverschiebungen ein, so erhalten wir s #1/2 " √ √ Πn λ0n Γ( z − s)Γ( z + 1 + s) √ √ = . Πn λn Γ( z)Γ( z + 1) (17.143) Wir nehmen nun an, daß die Parameter m2 und ω 2 = zm2 des Potentials nach der Formel (14.51) eine Nullfrequenz bei n = 0 zulassen (wie es im obigen Beispiel der Fall war). In der Umgebung des entsprechenden z-Werts z ≈ s2 ist die Frequenz λ0 eine Fast-Nullfrequenz:4 λ0 = m2 [z − s2 ]. (17.144) Wird diese aus (14.143) herausdividiert, so entsteht die Gleichung #1/2 √ √ Γ( z − s + 1)Γ( z + 1 + s) √ √ = m ( z + s) , Π′n λn Γ( z)Γ( z + 1) v u u Πn λ0n t " √ (17.145) die im Limes z → s2 wohldefiniert ist. Sie kann analytisch auf beliebige Werte von z und s fortgesetzt werden, solange sich z nicht zu sehr von s2 entfernt. Für s = 2 und z = 4, also m = ω/2, erhalten wir das frühere Ergebnis v u u Πn λ0n t Π′n λn = √ 12ω (17.146) wie in (14.129). 4 Das Wort fast“ bedeutet hier beinahe“ und ist nicht eine neudeutsche Version des englischen ” ” fast = schnell“. ” 530 17.5 17 Tunnelprozesse Die Fluktuationsdeterminante im Kurzverfahren Bei der obigen Berechnung der Fluktuationsdeterminante wurde die vollständige Kenntnis sowohl der gebundenen als auch der kontinuierlichen Lösungen der Schrödingergleichung für die Fluktuationenen vorausgesetzt. Glücklicherweise läßt sich eine solche ausführliche Kenntnis mit einem viel einfacheren Verfahren umgehen. Darin wird nur noch die Information über das Verhalten der klassischen Lösung für große τ und der Wert Akl ihrer Wirkung benötigt. Als Grundlage dient die in Abschnitt 2.7 vorgestellte Gelfand-Yaglom-Formel. Mit ihr läßt sich die Fluktuationsdeterminante des Differentialoperators Ô = − m2 s(s + 1) d2 2 + ω − dτ 2 cosh2 [m(τ − τ0 )], (17.147) durch den Wert der Nullfrequenzlösung D(τ ) am Endpunkt τ = L/2 des τ -Intervalls ausdrücken: det Ô = N D(L/2). (17.148) Voraussetzung ist, daß D(τ ) den Anfangsbedingungen bei τ = −L/2 D(−L/2) = 0, Ḋ(−L/2) = 1 (17.149) unterworfen wird. Der divergente Normierungsfaktor N wird durch das Ausrechnen von Verhältnissen von Fluktuationsdeterminanten beseitigt. Zur Normierung dient die Fluktuationsdeterminante um die triviale konstante klassische Lösung.5 Zur Befriedigung der Randbedingungen (14.149) benötigen wir zwei linear unabhängige Nullfrequenzlösungen. Eine ist aufgrund der Zeitverschiebungsinvarianz bekannt; sie ist durch die zeitliche Ableitung der klassischen Lösung gegeben [siehe (14.88)] y0 (τ ) = αx′kl (τ ). (17.150) In obigem Fluktuationsproblem (14.41) mit z = 2, m = ω/2 und der klassischen Lösung xkl (τ ) = arctanh[ω(τ − τ0 )/2] lautet das asymptotische Verhalten y0 (τ ) → ω −ω|τ | e 2 für τ → ±∞, (17.151) mit einem symmetrischen exponentiellen Abfall in beiden Richtungen der τ Achse. Im folgenden ist es nützlich, mit Nullfrequenzlösungen zu arbeiten, die den Vorfaktor ω/2 nicht enthalten, deren asymptoisches Verhalten also eine reine Exponentialfunktion ist. Diese wollen wir mit ξ(τ ) und η(τ ) bezeichnen, wobei y0 der Lösung ξ(τ ) entspricht. Dann ist ξ → e−ω|τ | 5 für τ → ±∞. (17.152) Für die Determinante des zeitgegitterten Ô, die nach Ersetzen von d/dτ durch den Differenzenoperator ∇τ berechnet wird, ist der Normierungsfaktor N = 1/ǫ, wobei ǫ die Breite der Zeitabschnitte ist. Im Kontinuum ist er divergent. Siehe Kapitel 2. 17.5 Die Fluktuationsdeterminante im Kurzverfahren 531 Die zweite Lösung könnte mit Hilfe der d’Alembertschen Formel (2.217) berechnet werden. Ihre explizite Form wird jedoch hier nicht benötigt. Was wir für das weitere Vorgehen brauchen ist nur ihr asymptotisches Verhalten. Dieses kann für zeitspiegelungsinvariante Systeme, die den Normalfall darstellen, viel einfacher aus (2) folgenden ganz allgemeinen Überlegungen gewonnen werden: Da die Funktion φ0 (τ ) (1) von φ0 (τ ) linear unabhängig ist, muß sie exponentiell in τ wachsen und sich unter Zeitspiegelungen umgekehrt wie diese verhalten, also η → ±eω|τ | für τ → ±∞. (17.153) Diese Kenntnis reicht für die Konstruktion einer Linearkombination der beiden Lösungen, die asymptotisch die Randbedingung (14.149) erfüllt: D(τ ) = Dabei ist 1 [ξ(−L/2)η(τ ) − η(−L/2)ξ(τ )] . W ˙ ) W ≡ W [ξ(τ )η(τ )] = ξ(τ )η̇(τ ) − η(τ )ξ(τ (17.154) (17.155) die Wronski-Determinante der beiden Lösungen. Da sie unabhängig von τ ist, liegt ihr Wert durch das asymptotische Verhalten der Lösungen fest und beträgt W = 2ω. (17.156) Setzen wir (14.152) und (14.153) in (14.154) ein, so finden wir die für große L gültige Lösung i 1 h −ωL/2 e η(τ ) + eωL/2 ξ(τ ) . (17.157) D(τ ) = W Im Limes großer τ = L/2 ergibt sich daraus die Fluktuationsdeterminante D(L/2) = 2 1 = . W ω (17.158) Für Fluktuationen um die triviale konstante klassische Lösung lautet die Nullfrequenzlösung mit der Randbedingung (14.149) 1 sinh[ω(τ + L/2)]. ω (17.159) 1 ωL e 2ω für L → ∞. (17.160) 1 D (0) (L/2) → eωL D(L/2) 2 für L → ∞. (17.161) D (0) (τ ) = Ihr Verhalten bei großen τ ist D (0) (L/2) → Daraus ergibt sich das Verhältnis 532 17 Tunnelprozesse Die exponentielle Divergenz ist Folge der Präsenz einer Fast-Nullfrequenz. In einem endlichen Intervall τ ∈ (−L/2, L/2) erfüllt die Ableitung (14.150) der Kink-Lösung nicht die Dirichletschen Randbedingungen, wie sie eigentlich sollte, sondern ist an den Enden nur exponentiell klein. Wollte man die Randbedingungen exakt erfüllen, dann müßte die Eigenfunktion ein wenig zusammengedrückt werden, wodurch die Energie leicht nach oben zu null verschoben würde. Da der Fehler nur für große L exponentiell klein wird, ist auch die Energieverschiebung von dieser Größenordnung, d.h. λ0 ∝ exp{−ωL}. Die obige falsche Behandlung der Nullfrequenz kann eliminiert werden, indem die Nullfrequenz aus dem Frequenzverhältnis (14.161) entfernt und der Limes L → ∞ des Verhältnisses D (0) (L/2) Πn λn 0 = lim λ0 L→∞ D(L/2) Π′n λn (17.162) betrachtet wird. Das dafür benötigte führende e−ωL -Verhalten der Fast-Nullfrequenz kann wiederum aus dem asymptotischen Verhalten der beiden unabhängigen Lösungen ermittelt werden. Dazu benutzt man die Störungstheorie zur niedrigsten Ordnung. Eine Nullfrequenz-Lösung φ0 (τ ), die bei endlichem L die Dirichletschen Randbedingungen erfüllt, wird aus der Lösung für L = ∞, die wir φ0 nennen, durch φL0 (τ ) = φ0 (τ ) + λ0 W τ Z −L/2 dτ ′ [ξ(τ )η(τ ′ ) − η(τ )ξ(τ ′ )] φ0 (τ ′ ) (17.163) erhalten. Die dabei gewählten Integrationsgrenzen sorgen für das Verschwinden dieser Lösung am unteren Ende des τ -Intervalls bei τ = −L/2. Der Eigenwert λ0 wird durch das Verschwinden am oberen Ende bei τ = L/2 bestimmt. Wählen wir nun für φ0 (τ ) die frühere Nullfrequenz-Lösung D(τ ), so finden wir " λ0 = −D(L/2)W ξ(L/2) Z L/2 dτ η(τ )D(τ ) − η(L/2) −L/2 Z L/2 −L/2 #−1 dτ ξ(τ )D(τ ) . (17.164) Nach Einsetzen von (14.154) entsteht unter Ausnutzung der Orthogonalität zwischen ξ und η (da erstere Funktion symmetrisch, letztere antisymmetrisch ist): λ0 = −D(L/2)W 2 " ξ(−L/2)ξ(L/2) Z L/2 −L/2 + η(−L/2)η(L/2) Z dτ η(τ )2 L/2 −L/2 dτ ξ(τ ) 2 #−1 . (17.165) Aufgrund des Zeitspiegelungsverhaltens von ξ und η und der asymptotischen Eigenschaften (14.152) und (14.153) ergibt das λ0 = −D(L/2)W 2 " −ωL e Z L/2 −L/2 2 ωL dτ η(τ ) − e Z L/2 −L/2 dτ ξ(τ ) 2 #−1 . (17.166) 533 17.6 Wellenfunktionen der Doppelmulde Das erste Integral divergiert wie eωL , das zweite ist endlich. Der Vorfaktor macht aber den zweiten Term dominant, so daß wir im Limes für große L für die FastNullfrequenz W2 λ0 = D(L/2)e−ωL R ∞ (17.167) 2 −∞ dτ ξ(τ ) erhalten. Der Wert ist erwartungsgemäß exponentiell klein und positiv. Durch Einsetzen in (14.162), (14.156) und (14.160) entsteht für das Frequenzverhältnis die einfache Formel: 1 Πn λ0n . (17.168) = lim 2ω R ∞ 2 ′ Πn λn L→∞ −∞ dτ ξ(τ ) Die unbekannte Determinante D(L/2) ist dabei herausgefallen, und die einzige nichttriviale noch zu berechnende Größe ist das Normierungsintegral über die Verschiebungseigenfunktion ξ. Das Normierungsintegral ist die einzige Stelle, wo über das bisher benutzte asymptotische Verhalten hinaus eine Information über das gesamte τ -Verhalten benötigt wird. Diese wird aber durch die klassische Lösung xkl (τ ) zur Verfügung gestellt. Die normierte Nullfrequenz-Lösung ist ja nach (14.88) durch y0 = αx′kl (τ ) gegeben und verhält sich asymptotisch wie 2aαωe−ωτ . Deshalb ist die nach (14.152) normierte Lösung 1 ξ(τ ) = αx′ (τ ) (17.169) 2aωα kl und wegen (14.32) Z ∞ Akl dτ ξ(τ )2 = 2 2 . (17.170) 4a ω −∞ Damit wird das Frequenzverhältnis (14.168) zu Πn λ0n 4a2 ω = 2ω . Π′n λn Akl (17.171) Setzen wir schließlich den Wert (14.31) für die klassische Wirkung Akl = 2a2 ω/3 ein, so ergibt sich Πn λ0n = 12ω 2 (17.172) Π′n λn wie vorher in (14.146) und (14.129). Es ist bemerkenswert, daß sich auf diese Weise das Determinantenverhältnis ohne die Nullfrequenz allein aus der Kenntnis der klassischen Lösung xkl (τ ) und ihrer Wirkung Akl ergibt. 17.6 Wellenfunktionen der Doppelmulde Die semiklassischen Ausdrücke für die Amplituden (a L/2|a −L/2), (a L/2| −a −L/2), (17.173) 534 17 Tunnelprozesse deren Pfadendpunkte an den Böden der Potentialmulden liegen, lassen sich ohne viel Aufwand auf Amplituden mit variablen Endpunkten xb 6= a, xa 6= ±a ausdehnen, wenn diese in der Nähe der Böden liegen. Das ermöglicht die Bestimmung der angenäherten Teilchenwellenfunktionen der beiden untersten Zustände. Für die Formel (14.34) ohne eine Kink-Lösung ist diese Verallgemeinerung trivial. Wir müssen nur den Fluktuationsfaktor mit der Exponentialfunktion exp(−Akl /h̄) multiplizieren, der die klassische Wirkung des Pfads von xa nach xb enthält. Wenn xa und xb nahe den Muldenböden liegen, spielt sich die Teilchenbewegung in deren Nähe ab. Dort aber gleicht das Potential ungefähr einem harmonischen ω 2 x2 , wenn √ der Abstand von den Minima kleiner als 1/a ω ist). Daher kann dort die Wirkung durch n o ω [(xa − a)2 + (xb − a)2 ] cosh ωL − 2(xb − a)(xa − a) (17.174) Akl ≈ 2h̄ sinh ωL angenähert werden. Für große euklidische Zeiten L geht diese gegen ω Akl ≈ [(xb − a)2 + (xa − a)2 ]. (17.175) 2h̄ Damit erweitern wir die Amplitude (14.34) auf r ω −(ω/2h̄)[(xb −a)2 +(xa −a)2 ] −ωL/2h̄ e e . (xb L/2|xa L/2) ≈ πh̄ Diese Amplitude kann auch mit Hilfe der n = 0 -Wellenfunktionen der gebundenen Zustände (14.5) als (xb L/2|xa L/2) ≈ ψ0 (xb − a)ψ0 (xa − a)e−ωL/2h̄ (17.176) geschrieben werden. Eine ähnliche Erweiterung in die Umgebung der Potentialböden hinein wird nun für die Amplitude (14.35) durchgeführt, in der die Pfade aus dem einen Potentialtal in das andere verlaufen. Hier setzen wir die klassische Wirkung im Exponenten aus drei Teilpfaden zusammen. Der erste bringt das Teilchen von (xa , −L/2) nach (a, −L/4), der zweite mit Hilfe einer Kink-Lösung von (a, −L/4) nach (a, L/4) und der dritte von (a, L/4) nach (xb , L/2). So ergibt sich der Exponentialfaktor r 2 ω −(ω/2h̄)(xb −a)2 e KLe−Akl /h̄ e−(ω/2h̄)(xa −a) . (17.177) πh̄ Natürlich ist die zusammengesetzte Lösung keine klassische Lösung. Diese würde man durch Lösung der Bewegungsgleichung mit einem Kink und der Randbedingung x(−L/2) = xa , x(L/2) = xb erhalten. Aufgrund der exponentiellen Konvergenz von x(τ ) → ±a wie e−ωL ist es aber offenkundig, daß sich die richtige klassische Wirkung nur um eine exponentiell kleine Korrektur der Ordnung O(e−ωL ) von der zusammengesetzten Wirkung unterscheidet. Wie zuvor können die x-abhängigen Exponentialfaktoren in (14.177) durch die Grundzustandswellenfunktionen ψ0 (x) ausgedrückt werden, so daß sich für xb nahe −a und xa nahe a die Amplitude ergibt. (xb L/2|xa − L/2) ≈ ψ0 (xb + a)ψ0 (xa − a)KLe−Akl /h̄ e−ωL/2h̄ (17.178) 535 17.7 Kink-Antikink-Gas und Niveau-Aufspaltungsformel 17.7 Kink-Antikink-Gas und Niveau-Aufspaltungsformel Die obigen semiklassischen Ergebnisse für die Amplitude sind korrekt zur führenden Ordnung in e−ωL . Diese Genauigkeit reicht allerdings noch nicht aus, um die Niveauaufspaltung der untersten beiden Energieniveaus in der Doppelmulde zu berechnen. Dazu werden weitere semiklassische Beiträge zum Pfadintegral benötigt, die allerdings ohne zusätzliche Mühe zu finden sind. Wenn L sehr groß ist, lassen sich nämlich viele Kinks und Antikinks entlang der τ -Achse unterbringen, ohne daß große Abweichungen vom Pfad der Bewegungsgleichung nötig wären. Wegen der schnellen Annäherung jeder Kink- oder Antikink-Lösung an die Potentialböden x = ±a lassen sich solche Multikink-Lösungen näherungsweise durch einfaches Hintereinanderketten weit voneinander entfernter Einzellösungen erhalten. Es braucht nämlich nur eine sanfte Verbindung zwischen ihnen hergestellt zu werden. Die Abweichung von einer echten Lösung bleibt wieder exponentiell klein in den Abständen, solange diese groß gegen die Breite eines Kinks sind (d.h. ∆τ ≫ 1/ω). Die Kinks und Antikinks müssen also auf der τ -Achse ein verdünntes Gas bilden. Man spricht deshalb von der Dünngasnäherung. Betrachten wir nun eine solche klassische Fast-Lösung“, die aus N ” alternierenden und sanft miteinander verbundenen Kink- Antikink-Lösungen xkl (τ ) = ±a tanh[ω(τ − τi )/2] an den Stellen τ1 ≫ τ2 ≫ τ3 ≫ . . . ≫ τN besteht. In der Dünngasnäherung ist die kombinierte Wirkung durch die Summe der einzelnen Wirkungen gegeben. In der Amplitude (14.34), wo die Pfade das gleiche Potentialtal miteinander verbinden, muß die Anzahl der Kinks gleich der Anzahl der Antikinks sein, so daß die Wirkung durch ein gerades Vielfaches der einzelnen Kink-Wirkung gegeben ist: A2n ≈ 2nAkl . (17.179) In der Amplitude (14.35) ist die Gesamtzahl ungerade und die Wirkung wird A2n+1 ≈ (2n + 1)Akl . (17.180) Da die Kink- und Antikink-Lösungen lokalisierte Objekte auf der τ -Achse sind, ist es für die Wirkung gleichgültig, wie die Lösungen auf der Achse verteilt sind, solange nur der Abstand zwischen ihnen groß im Vergleich zu ihrer Breite ist. In dieser Näherung können wir die Breite vollständig vernachlässigen und den Beitrag des Gases zum Pfadintegral ausrechnen. Die Verschiebungsmöglichkeiten von N weit auseinander liegenden Kink- und Antikink-Lösungen erzeugt durch die dazugehörigen Fast-Nullfrequenzen ein N-faches τ -Integral Z L/2 −L/2 dτN Z τN −L/2 dτN −1 . . . Z τ1 −L/2 dτ1 = LN , N! (17.181) das wegen (14.112) von einem Jacobi-Determinantenfaktor s Akl 2πh̄ N (17.182) 536 17 Tunnelprozesse begleitet wird. Die Fluktuationen um die Einzellösungen liefern ein Produkt der entsprechenden Fluktuationsfaktoren. Wenn die Verbindungspunkte der Einzellösungen festgehalten werden, ist der kombinierte Fluktuationsfaktor durch 1 1 qQ ′ n λn LN qQ ′ n λn LN−1 × . . . × qQ′ 1 n (17.183) λn L1 gegeben. Bei diesem sind Li ≡ τi − τi−1 die Abschnitte der einzelnen Kink- und Antikink-Lösungen mit der Summe L= N X Li . (17.184) i=1 Wir müssen nun noch die Fluktuationen an den Verknüpfungspunkten berücksichtigen. Diese können leicht mit Hilfe der oben gefundenen Verteilungsfunktionen (14.178) nahe den Böden der Potentialmulden berechnet werden. Zwei nebeneinanderliegende Lösungen enthalten für xi ≈ ±a einen von der klassischen Wirkung herrührenden Faktor exp{−(ω/h̄)(xi ± a)2 }, und jede Zwischenintegration über xi macht daraus den Faktor r ω −1 . h̄π Im einzelnen passiert das folgendermaßen: Zunächst muß jeder Fluktuationsfaktor an beiden Enden mit dem Wellenfunktionsverhälnis ψ0 (x ± a)/ψ0 (0) multipliziert werden: 1 ψ0 (xi ± a) 1 ψ0† (xi−1 ± a) √ √ . (17.185) → ψ0 (0) Πn λn Πn λn ψ0† (0) Die im Produkt aneinanderstoßenden xi -Werte werden gleichgesetzt und ausintegriert. Der gesamte Fluktuationsfaktor ist also durch 1 √ = dxN · · · dx1 Πn λn L 1 ψ0 (xN −1 − a)ψ0† (xN −1 − a) 1 √ ×√ Πn λn LN Πn λn LN−1 |ψ0 (0)|2 Z × ...× ψ0 (x1 − a)ψ0† (x1 − a) 1 √ Πn λn L1 |ψ0 (0)|2 (17.186) gegeben. Wegen der Normierung der Grundzustandswellenfunktion können alle Integrationen mit dem Ergebnis 1 ausgeführt werden. Die |ψ0 (0)|2 -Nenner bleiben übrig und führen zu einem Gesamtfaktor 1 |ψ0 (0)|2(N −1) = r ω −(N −1) . πh̄ (17.187) 537 17.7 Kink-Antikink-Gas und Niveau-Aufspaltungsformel Um die Fluktuationsfaktoren im Produkt (14.183) mit dem Korrekturfaktor (14.187) geeignet zu normieren, erweitern wir den gesamten Ausdruck mit der Quadratwurzel der Produkte der Eigenwerte der harmonischen kinkfreien Fluktuationen 1 r = q Πn λ0n |L ω −ωL/2h̄ e πh̄ (17.188) und schreiben den korrigierten Fluktuationsfaktor als r ω −(N −2) −ωL/2h̄ q 1 e Πn λ0n q πh̄ L Π′ λn n 1 L1 Π′n λn q L2 1 × ...× q Π′n λn . (17.189) LN Nun q beachten wir, daß der Fluktuationsfaktor (14.188) für das ganze Intervall 1/ Πn λ0n |L in ein Produkt solcher Faktoren für jedes Teilstück Li faktorisiert werden kann: r q q ω −(N −1) q 0 0 0 (17.190) Πn λn = Πn λn × . . . × Πn λn . πh̄ L L1 LN Der vollständige Fluktuationsfaktor ohne die Nullfrequenzen schreibt sich dann als r v uQ v uQ 0 0 u ω −ωL/2h̄ u t Qn λn × . . . × t Qn λn . e ′ ′ πh̄ n λ n L1 n λ n LN (17.191) Hier hat jedes Frequenzverhältnis das Li -unabhängige Ergebnis K′ = v u Q 0 u n λn tQ ′ λn n , (17.192) Li wo K ′ durch den Ausdruck (14.131) gegeben ist. Vorteilhafter ist es, zur Fluktuationskonstante K aus (14.131) überzugehen, die mit K ′ durch die Beziehung K= s Akl ′ K 2πh̄ (17.193) q verknüpft ist. Die dabei entstehenden Faktoren Akl /2πh̄ werden durch die JacobiDeterminanten (14.182) aufgehoben, welche die Ortsintegrale (14.181) begleiten. Berücksichtigen wir dies, so ergibt sich der vollständige Fluktuationsfaktor der N Kink- und Antikink-Lösungen mit allen möglichen Verteilungen über die τ -Achse als r ω −ωL/2h̄ LN N −N Akl /h̄ e K e . (17.194) πh̄ N! Durch Summation über alle geraden und ungeraden Kink- und AntikinkKonfigurationen ergibt sich also die Amplitude (a L/2| ± a − L/2) = r ω −ωL/2h̄ e πh̄ X gerade ungerade 1 N (KLe−Akl /h̄ ) . N! (17.195) 538 17 Tunnelprozesse Die Summe kann ausgeführt werden und das Ergebnis ist (a L/2| ± a − L/2) = × r ω −ωL/2h̄ e πh̄ (17.196) io i h h 1n exp KLe−Akl /h̄ ± exp −KLe−Akl /h̄ . 2 Wie im vorigen Abschnitt erweitern qwir diese Amplitude auf Anfangs- und Endpositionen xa , xb , die höchstens um h̄/ω von a, ±a abweichen. Dazu benutzen wir wieder die klassische Wirkung (14.175) und drücken sie mit Hilfe der Grundzustandswellenfunktionen aus. Indem man die Summe der Amplituden für die vier möglichen Konfigurationen nimmt, erhält man den Ausdruck (xb L/2|xa − L/2) = e−ωL/2h̄ (17.197) n h i 1 × ψ0 (xb − a)ψ0 (xa − a) exp{Ke−Akl /h̄ L} + exp{−Ke−Akl /h̄ L} 2 i 1h +ψ0 (xb − a)ψ0 (xa − a) exp{Ke−Akl /h̄ L} − exp{−Ke−Akl /h̄ L} 2 o +(xb → −xb ) + (xa → −xa ) + (xb → −xb , xa → −xa ) . Die rechte Seite kann folgendermaßen zusammengefaßt werden: 1 1 √ [ψ0 (xb − a) + ψ0 (xb + a)] × √ [ψ0 (xa − a) + ψ0 (xa + a)] 2 2 ω −Akl /h̄ L} − Ke × exp{− 2 1 1 + √ [ψ0 (xb − a) − ψ0 (xb + a)] × √ [ψ0 (xa − a) − ψ0 (xa + a)] 2 2 ω + Ke−Akl /h̄ L}. × exp{− 2 (17.198) Daraus lesen wir die Grundzustandswellenfunktion als die symmetrische Kombination der Grundzustandswellenfunktionen der Einzelmulden ab: 1 Ψ0 (x) = √ [ψ0 (x − a) + ψ0 (x + a)]. 2 (17.199) Ihre Energie ist ∆E = ω/2 − Ke− Akl /h̄ h̄. 2 Der erste angeregte Zustand hat die antisymmetrische Wellenfunktion E0 = E0 − 1 Ψ1 (x) = √ [ψ0 (x − a) − ψ0 (x + a)] 2 (17.200) (17.201) mit der etwas höheren Energie E1 = E0 + ∆E = ω/2 + Ke−Akl /h̄ h̄. 2 (17.202) 539 17.8 Fluktuationskorrektur zur Energieaufspaltung Die Niveau-Aufspaltung ist durch die Formel ∆E = 2Kh̄e−Akl /h̄ (17.203) gegeben. Setzen wir K aus (14.131) ein, so erhalten wir etwas expliziter √ ∆E = 4 3 s Akl h̄ωe−Akl /h̄ , 2πh̄ (17.204) wobei Akl = (2/3)a2 ω ist. Wir können das auch mit Hilfe der Höhe der Potentialbarriere Vmax = a2 ω 2 /8 = 3ωAkl /16 ausdrücken und erhalten √ ∆E = 4 3 s 8Vmax h̄ωe−16Vmax /3h̄ω . 3πωh̄ (17.205) Die Niveau-Aufspaltung fällt exponentiell mit wachsender Potentialbarrierenhöhe. Zur Kontrolle überprüfen wir die Selbstkonsistenz der Annahme einer geringen Dichte des Kink- und Antikink-Gases. Aus den beiden Reihen in (14.195) sehen wir, daß die mittlere Anzahl der beitragenden Kinks und Antikinks durch N̄ ≈ h̄Ke−Akl /h̄ L = ∆E L 2 (17.206) gegeben ist. Folglich ist der mittlere Abstand zwischen ihnen von der Größenordnung ∆L ≡ 2h̄/∆E. (17.207) Wenn wir das mit der Breite der Kinks und Antikinks 2/ω vergleichen, so haben wir das Verhältnis Abstand h̄ω ≈ . (17.208) Breite ∆E Bei wachsender Potentialhöhe wird die Niveau-Aufspaltung kleiner und die Verdünnung nimmt zu. Daher ist die Dünngasnäherung im Limes einer unendlich hohen Barriere exakt. 17.8 Fluktuationskorrektur zur Energieaufspaltung Wir wollen hier auch die erste Fluktuationskorrektur 1 + c1 gh̄/ω 3 als Faktor zur Energieaufspaltungsformel (14.204) bei kleinem g berechnen. Dazu schreiben wir das Potential als 1 ω2 2 g 4 x + x + (17.209) V (x) = 2 4 4g mit der Kopplungskonstanten g≡ ω2 , 2a2 (17.210) 540 17 Tunnelprozesse und entwickeln die Wirkung um die klassische Lösung. Die Fluktuationen werden von der quadratischen Wirkung 1Z dτ dτ ′ y(τ )Oω (τ, τ ′ )y(τ ′ ) = 2 mit dem Differentialoperator A0fl (17.211) d2 3 1 Oω (τ, τ ′ ) ≡ − 2 + ω 2 1 − 2 dτ 2 cosh ω(τ − τ0 )/2 " !#′ (17.212) kontrolliert, der dem Schrödingeroperator für die Bewegung eines Teilchens in einem Rosen-Morse-Potential 14.160 entspricht. Dabei deutet der Strich an, daß die Spektralzerlegung von Oω (τ, τ ′ ) y(τ ) keinen Nullfrequenzanteil enthält [da dieser in y(τ ) fehlt]. Er würde keine Gaußschen Fluktuationen ausführen und muß entfernt werden. In der Energieaufspaltungsformel 14.204 ist er im Faktor 14.112 berücksichtigt. Wir erinnern daran, daß die Entfernung der Nullfrequenzlösung Anlaß zu einer weiteren effektiven Wechselwirkung (14.110) gab. Sie erscheint im Pfadintegral als ein Faktor −Aeff e /h̄ e = 1+ A−1 kl Z dτ x′kl (τ )y ′ (τ ) . (17.213) Nach einer partiellen Integration unter Benutzung von (14.88)–(14.91) kann (14.213) als Aeff e = −h̄ log 1 − s 3g ω3 Z dτ y0′ (τ )y(τ ) geschrieben werden. Die Wechselwirkung zwischen Fluctuationen ist Z h i g 4 3 Aint = dτ y (τ ) + 4x (τ )y (τ ) . kl fl 4 int (17.214) (17.215) eff Eine Taylorentwicklung der Exponentialfunktion e−(Afl +Ae )/h̄ nach Potenzen der Kopplungsstärke g und eine störungstheoretische Auswertung der Terme bis zur zweiten Ordnung nach den in Abschnitt 3.15 gegebenen Regeln erhält man den Korrekturfaktor " # gh̄ C = 1 − (I1 + I2 + I3 ) 3 + O(g 2 ) , ω (17.216) wo I1 , I2 und I3 die dimensionslosen jeweils über die gesamte τ -Achse laufenden Integrale I1 I2 I3 ω3 Z = dτ hy 4(τ )iOω , 4h̄2 ω3g Z = − 3 dτ dτ ′ xkl (τ )hy 3 (τ )y 3 (τ ′ )iOω xkl (τ ′ ), 2h̄ s Z ω 3 3g = − 2 dτ dτ ′ y0′ (τ )hy(τ )y 3(τ ′ )iOω xkl (τ ′ ) 3 h̄ ω (17.217) 541 17.8 Fluktuationskorrektur zur Energieaufspaltung bezeichnet. Zur Dimensionskontrolle beachte man, daß mit (14.210) die klassische q Lösung durch xkl (τ ) = ω 2/2g tanh[ω(τ − τ0 )/2] gegeben ist, während y und τ die √ Dimensionen 1/ ω bzw. 1/ω besitzen. Die Dirac-Klammern h. . .iOω bezeichnen die Erwartung bezüglich der durch die Wirkung (14.211) kontrollierten quadratischen Fluktuationen. Da die Fluktuationen wegen der Abwesenheit der Nullfrequnz von quadratischer Natur sind, können die Erwartungswerte der verschiedenen Potenzen von y(τ ) nach der Wickschen Regel von Abschnitt 3.15 in eine Summe von Paarkontraktionen entwickelt werden, die aus Produkten der einfachen Greenschen Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) = hy(τ )y(τ ′)iOω = h̄Oω−1 (τ, τ ′ ), (17.218) wo Oω−1 (τ, τ ′ ) die Inverse der Funktionalmatrix (14.212) bezeichnet. Mit dieser Regel wird der erste Term in (14.217) zu 3ω 3 I1 = 2 4h̄ Z dτ G′O2ω(τ, τ ). (17.219) Der Integrand enthält einen asymptotisch konstanten Term, der eine lineare Divergenz bei großen L verursacht. Diese Divergenz wird wie folgt subtrahiert: 3ω 3ω 3 I1 = L + 2 16 4h̄ Z dτ " G′O2ω(τ, τ ) h̄2 − 2 . 4ω # (17.220) Der erste Term ist ein Bestandteil der Fluktuationskorrektur erster Ordnung ohne die klassische Lösung, d.h. er trägt zur konstanten Hintergrundenergie der kritischen Blase bei. Er kann auch direkt erhalten werden, wenn man die Ersetzung G′O2ω(τ, τ ′ ) → h̄Gω (τ − τ ′ ) = h̄ −ω|τ −τ ′ | e 2ω (17.221) vornimmt [siehe (3.209) und (3.179)]. In den Amplituden (14.195) ändert die 3 Hintergrundenergie nur den exponentiellen Vorfaktor e−ωL/2h̄ zu e−(1+3gh̄/16ω )ωL/2h̄ und trägt nicht zur Niveauaufspaltung bei. Die Formel dafür erhält einen Korrekturfaktor " # " # gh̄ gh̄ C = 1 − c1 3 + . . . = 1 − (I1′ + I2′ + I3′ ) 3 + O(g 2 ) , ω ω ′ (17.222) in dem keine Beiträge proportional zu L mehr vorkommen. Deshalb ist I1 durch seinen subtrahierten Anteil I1′ ≡ I1 − L3ω/16 zu ersetzen. Der Term I2 hat 15 Wick-Kontraktionen, die in folgende zwei Klassen zerfallen: I2 gω 3 Z (17.223) ≡ I21 + I22 = − 3 dτ dτ ′ 2h̄ i h ×xkl (τ ) 6G′Oω 3 (τ, τ ′ ) + 9G′Oω (τ, τ )G′Oω (τ, τ ′ )G′Oω (τ ′ , τ ′ ) xkl (τ ′ ). 542 17 Tunnelprozesse g xkl (τ ) h̄ g − 4h̄ − − s 3g ′ y (τ ) ω3 0 G′Oω (τ, τ ′ ) Abbildung 17.5 Die Vertizes und Korrekturparameter c1 in Gl. (14.225). Linien der Feynmangraphen für den Auch diese Integrale enthalten je einen Term, der mit L divergiert und zur kinkfreien ′ Energie gehört. Entsprechend enthält (14.216) nur die subtrahierten Integrale I21 = ′ I21 − ωL/8 und I22 = I22 + 3ωL/8. Die Wick-Kontraktionen im dritten Term führen auf das Integral ω3 I3 = −3 2 h̄ s 3g Z dτ dτ ′ y0′ (τ )G′Oω (τ, τ ′ )G′Oω (τ ′ , τ ′ )xkl (τ ′ ). ω3 (17.224) Der Korrekturparameter c1 läßt sich graphisch durch folgende Feynman-Diagramme darstellen: C = 1−3 +3 1 6 + 2! +9 + O(g 2 ), ! (17.225) Dabei entsprechen die Vertizes und Linien den in Fig. 14.5 gezeigten analytischen Ausdrücken. Zum Ausrechnen benötigen wir einen expliziten Ausdruck für G′Oω (τ, τ ′ ). Aus der in Abschnitt 14.4.4 hergeleiteten Amplitude wird er leicht gewonnen. In Gl. (14.163) ist die Festenergieamplitude (xb |xa )ERM ,EPT angegeben, welche die Schrödingergleichung h̄2 EPT h̄2 d2 − ERM + − − (xb |xa )ERM,EPT = −ih̄δ(xb − xa ) 2 2µ dx 2µ cosh2 x (17.226) ( ) löst. Nach Einsetzen von EPT = (h̄2 /2µ)s(s + 1) lautet sie für xb > xa (xb |xa )ERM,EPT = −iµ Γ(m(ERM ) − s)Γ(s + m(ERM ) + 1) h̄ × Ps−m(ERM ) (tanh xb )Ps−m(ERM ) (− tanh xa ) (17.227) 543 17.8 Fluktuationskorrektur zur Energieaufspaltung mit m(ERM ) = q 1 − 2µERM /h̄2 . (17.228) Durch Variablenwechsel x = ωτ /2, h̄2 /µ = ω 2 /2 ensteht daraus für τ > τ ′ GOω (τ, τ ′ ) = 1 Γ(m(ERM ) − 2)Γ(m(ERM ) + 3) ω ωτ −m(ERM) ωτ ′ −m(ERM ) × P2 (tanh )P2 (− tanh ) 2 2 mit m(ERM ) = q 1 − 4ERM /ω 2. (17.229) (17.230) Im gegenwärtigen Fall ist ERM = −3ω 2 /4, so daß m(ERM ) = 2. Um aus (14.229) die subtrahierte Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) zu erhalten, müssen wir vor dem Einsetzen der Energie ERM = −3ω 2 /4 den dort befindlichen Pol abziehen. Also ist G′Oω = (d/dERM )ERM GOω |ERM=−3ω2 /4 oder G′Oω 1 d = . (m2 − 4)GOω 2m dm m=2 (17.231) Setzt man in (14.227) den expliziten Ausdruck für die Legendre-Polynome P2−m (z) 1 + z −m/2 1 = Γ(1 + m) 1 − z " # 3 3 2 × 1− (1 − z) + (1 − z) 1+m (1 + m)(2 + m) (17.232) aus (14.167) ein, so erhält man aus (14.231) die Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) = Y0 (τ> )y0 (τ< ) + y0 (−τ> )Y0 (−τ< ), (17.233) wobei τ> und τ< die größere bzw. kleinere der Zeiten τ und τ ′ bezeichnet und die Wellenfunktionen y0 (τ ), Y0 (τ ) durch s √ 3ω 1 ωτ y0 (τ ) = −2 6ωP2−2(− tanh )=− 2 8 cosh2 1 1 Y0 (τ ) = √ 2 6ω 2ωm ( " ωτ 2 , (17.234) # 1 d ωτ (m2 − 4)Γ(m − 2)Γ(m + 3) P2−m (tanh ) 2 dm 2 ) h i d ωτ + (m2 − 4)Γ(m − 2)Γ(m + 3) P2−m (tanh ) (17.235) dm 2 m=2 gegeben sind. Benutzt man nun √ ωτ 6 d −m = P2 (tanh ) y0 (τ )[6(3 − 2γ + ωτ ) − e−ωτ (8 + e−ωτ )], dm 2 m=2 144 (17.236) 544 17 Tunnelprozesse wo γ die Eulersche Konstante ist, so ergibt sich 1 y0 (τ )[e−ωτ (e−ωτ + 8) − 2(2 + 3ωτ )] Y0 (τ ) = 12ω 2 Für τ = τ ′ ist 1 ωτ 1 4 ωτ G′Oω (τ, τ ) = + cosh2 − 11/8) 4 ωτ (cosh 2ω cosh 2 2 2 (17.237) (17.238) Man beachte, daß der Schrödingeroperator (14.218) auf die Wellenfunktion Y0 (τ ) angewandt diese in −y0 (τ ) umwandelt, während er y0 (τ ) vernichtet. Aus diesen Eigenschaften läßt sich die Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) auch mit Hilfe einer leichten Modifizierung der in Kapitel 3 erklärten Wronskischen Methode direkt konstruieren. Anstelle der Differentialgleichung Oω G(τ, τ ′ ) = δ(τ − τ ′ ) wird die projizierte Gleichung gelöst. Die rechte Nullfrequenzlösung: Oω G′Oω (τ, τ ′ ) = δ(τ − τ ′ ) − y0 (τ )y0 (τ ′ ) Seite X n ′ ist die Vollständigkeitsbeziehung yn (τ )yn (τ ′ ) = δ(τ − τ ′ ) − y0 (τ )y0 (τ ′ ). (17.239) ohne die (17.240) Die Berechnung der Integrale I1 , I21 , I22 , I3 wird im Anhang 17A beschrieben und ergibt 97 , I1′ = 560 53 ′ I21 = , 420 117 ′ , I22 = 560 49 I3 = . (17.241) 20 Zusammen ergeben diese Konstanten für den Korrekturfaktor (14.222): " # 71 gh̄ + O(g 2) , C′ = 1 − 24 ω 3 (17.242) Mit ihm wird die Aufspaltungformel (14.204 für die Grundzustandsenergie: √ s ω 3 /3g 3 3 h̄ωe−ω /3gh̄−71g/24ω +... , (17.243) 2πh̄ Dieser Ausdruck kann mit den bekannten Energieeigenwerten der beiden niedrigsten Zustände des Doppelmuldenpotentials verglichen werden. In Abschnitt 15.5 haben wir die Variationsnäherung W3 (x0 ) zum effectiven klassischen Potential des Doppelmuldenpotentials berechnet und für kleine g eine Energie erhalten, welche die durch Tunnelprozesse verursachte Niveauaufspaltung noch nicht enthielt [siehe Abb. 5.26]. Wenn wir zu diesen die Energien ±∆E aus Gl.(14.243) addieren, erhalten wir die bereits in Abb. 5.26 gezeigten Kurven. Sie stimmen recht gut mit den numerisch gewonnenen Schrödinger-Energien überein. ∆E = 4 3 545 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall Nach der obigen Diskussion der Niveau-Aufspaltung läßt sich auch ein anderer in der Quantentheorie wichtiger Prozeß verstehen, nämlich der Zerfall metastabiler Zustände durch Tunnelprozesse. Dazu gehen wir von einer nicht vollständig symmetrischen Version des Doppelmuldenpotentials aus, indem wir zu V (x) in Gl. (14.1) einen kleinen linearen Term addieren, der die Symmetrie x → −x bricht: ∆V = −ǫ x−a . 2a (17.244) Für kleine ǫ > 0 unterdrückt dieser das linke Minimum bei x = −a. Die neuen Positionen der Extrema werden durch die kubische Gleichung ω2a V (xex ) = 2 ′ " xex a 3 # ǫ xex − 2 2 =0 − a ω a (17.245) bestimmt (siehe Abb. 14.6). Für große ǫ gibt es nur ein Extremum, das dann immer ein Minimum ist. In der mittleren ǫ-Region, wo xex drei Lösungen hat, die wir mit x− , x0 , x+ bezeichnen, sind die Zweige, die in Abb. 14.6 mit rel.min“ bezeichnet ” sind, nur relative Minima, die etwas höher als das absolute Minimum liegen. Der mittlere Zweig gehört zu einem Maximum. Wenn ǫ von großen positiven zu großen negativen Werten übergeht, folgt ein im lokalen Minimum liegendes klassisches Abbildung 17.6 Extrema xex des asymmetrischen Doppelmuldenpotentials als Funktion der Asymmetrie ǫ. Nach Rotation um 900 hat die Kurve eine typische kubische Gestalt. Zwischen ǫ> und ǫ< gibt es zwei Minima und ein zentrales Maximum. Die durch min“ ” markierten Zweige sind absolute, die mit rel.min“ markierten sind relative Minima. ” 546 17 Tunnelprozesse Teilchen zunächst dem oberen Zweig der Kurve und springt zum unteren Zweig, wenn ǫ kleiner als ǫ< wird. Quantenmechanisch gibt es einen Tunnelprozeß zum niedrigeren Zustand bevor ǫ< erreicht ist. Sobald ǫ negativ wird, d.h. sobald das anfängliche Minimum bei x+ höher zu liegen kommt als das zweite bei x− , führt ein Tunnelvorgang zum Zerfall des bei x+ lokalisierten Zustands. Ein Wellenpaket in der Mulde bei x+ findet sich nach einer endlichen Lebensdauer hauptsächlich bei x− . Ein Zustand mit einer endlichen Lebensdauer hat eine Energie, die in der unteren Hälfte der komplexen Energie-Ebene liegt. Seien E re und E im ihr Real- bzw. Imaginärteil, wobei der Imaginärteil mit Γ/2h̄ die halbe Zerfallsrate des Zustands angibt. Das folgt direkt aus dem zeitlichen Verhalten der Wellenfunktion der Energie E = E re + iE im : ψ(x)e−iEt/h̄ = ψ(x)e−iE re t/h̄ eE im t/h̄ = ψ(x)e−iE re t/h̄ e−Γt/2h̄ . (17.246) Der letzte Faktor führt zum exponentiellen Abfall der Norm der Zustände Z d3 x|ψ(x)|2 = e−Γt/h̄ , (17.247) woraus wir entnehmen, daß h̄/Γ die Lebenszeit des Zustands ist. Das negative Vorzeichen im Imaginärteil der Energie ist nötig, um ein exponentielles Anwachsen der Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Wir wollen nun Γ für den niedrigsten Zustand ausrechnen.6 Dieser sei um das Minimum x = x+ ≈ a des rechten Potentialtals herum konzentriert, wobei wir ǫ als kleine negative Zahlen annehmen. Die Potentialbarriere sei wieder hoch im Vergleich zur Grundzustandsenergie, um die semiklassische Behandlung zu rechtfertigen. In dieser Näherung wollen wir die Amplitude (x+ tb |x+ ta ) (17.248) berechnen. Sie enthält die gewünschte Information über die Lebensdauer des niedrigsten Zustands, indem sie sich für große tb − ta wie (x+ tb |x+ − ta ) ∼ ψ0 (0)ψ0 (0)e−iE re (t −t )/h̄ a b e−Γ(tb −ta )/2h̄ (17.249) verhält. Wie zuvor arbeiten wir mit der euklidischen Amplitude mit den Anfangsund Endzeiten τa = −L/2, τb = L/2 (x+ L/2|x+ − L/2). (17.250) Sie enthalten die gleiche Information bei großen L: (x+ L/2|x+ − L/2) ∼ ψ0 (0)ψ0 (0)e−E re L/h̄ eiΓL/2h̄ . (17.251) Die klassische Näherung zu dieser Amplitude ist durch die Lösungen der Imaginärzeit-Bewegungsgleichungen gegeben, die einer Realzeit-Bewegung im 547 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall Abbildung 17.7 Klassische Bläschenlösung im umgeklappten asymmetrischen Potential vierter Ordnung für ǫ < 0. Die Kurve beginnt am Maximum x+ , durchläuft das Tal und kehrt zum Maximum zurück. umgekehrten Potential −V (x) (siehe Abb. 14.7) entsprechen. Das Teilchen startet bei x = x+ für τ = −L/2, durchquert das Minimum von −V (x) für einen Wert τ = τ0 und kehrt zu x+ bei τ = L/2 zurück. Da das Teilchen zum Ausgangspunkt zurückkehrt, wird so eine Lösung in der englischen Fachliteratur auch bounce“” Lösung genannt (to bounce = abprallen). Wir bezeichnen sie wegen der in drei Dimensionen existierenden wichtigen Analogie mit den kritischen Bläschen, die sich in überhitztem Wasser bilden, als Bläschenlösung (siehe dazu Abschnitt 14.11). Nun wird auf genau die gleiche Weise weiter verfahren wie im vorigen Abschnitt, d.h. durch Berechnung a) der klassische Wirkung eines Bläschens, b) der quadratischen Fluktuationen um ein Bläschen, c) der Summe über unendlich viele solcher Bläschen. Das führt auf die Amplitude (x+ L/2|x+ − L/2) = r q ω −ωL/2h̄ ′ −Akl /h̄ . Akl /2πh̄K Le e exp πh̄ (17.252) Hier ist Akl die Wirkung der Bläschenlösung und K ′ sammelt alle Fluktuationen um das Bläschen außer der Nullfrequenz wie in (14.192): K′ = v u 0 u Πn λn t Π′ λn n 6 . (17.253) L Wegen der endlichen Lebensdauer ist dies kein stationärer Zustand, aber für entsprechend lange Lebenszeiten ist er wenigstens näherungsweise stationär. Das Problem läßt sich durch eine komplexe Umskalierung der Koordinate umgehen. Siehe die Hinweise am Kapitelende. 548 17 Tunnelprozesse Das Verhalten der Amplitude (14.252) für große L liefert die Grundzustandsenergie ω E= − 2 s Akl ′ −Akl /h̄ Ke . 2πh̄ (17.254) Es fragt sich nun, wie wir daraus eine endliche Lebensdauer der Zustände gewinnen können. Zunächst steht fest, daß ebenso wie die Kink-Lösungen auch die Bläschen eine Fluktuation mit Nullfrequenz besitzen. Wegen der Verschiebungsinvarianz des Systems ist die dazugehörige Eigenfunktion durch die Zeitableitung der Bläschenlösung gegeben: 1 x′ (τ ). (17.255) y0 (τ ) = √ Akl kl Diese Funktion hat aber ein ganz anderes Aussehen als zuvor. Im Gegensatz zur Kink-Lösung kehrt die Bläschenlösung zur Anfangsposition zurück. Daraus schließen wir, daß xkl (τ ) ein Maximum bei irgendeinem τ = τ0 besitzt. Dort hat der Nullfrequenz-Zustand eine Nullstelle, d.h. einen Knoten, bei τ0 (siehe Abb. 14.7). Deshalb kann dieser Zustand nicht der Grundzustand der Schrödingergleichung der Fluktuationen " # d2 ′′ − 2 + V (xkl (τ )) yn (τ ) = λn yn (τ ) (17.256) dτ sein, wie er es bei der Kink-Lösung war. Ein Grundzustand hat immer eine knotenfreie symmetrische Wellenfunktion. Daher muß ein weiterer gebundener Eigenzustand existieren, den wir y−1 nennen und der eine negative Frequenz λ−1 < 0 besitzt. Er entspricht der Breitenfluktuation des Bläschens. Dieser hat keine Nullstelle mehr und deshalb gibt es keine noch tieferliegende negative Eigenfrequenz.7 Im Funktionalintegral (14.46) trägt ein Eigenwert λ−1 mit einen Faktor Z dξ 2 √ 1 e−(1/2h̄)ξ1 λ−1 2πh̄ (17.257) bei, der bei λ−1 < 0 divergiert. Die Divergenz zeigt hier an, daß ein am metastabilen Minimum bei x = x+ lokalisierter Zustand nicht beliebig lange existieren kann. Auf den ersten Blick mag man hoffen, das richtige Resultat aus dem Integral für λ−1 > 0 ableiten zu können, was Z 1 dξ 2 √ −1 e−(1/2h̄)ξ−1 λ−1 = √ λ−1 2πh̄ (17.258) ergäbe, indem man die rechte Seite auf naive Weise analytisch zu negativen λ−1 fortsetzt. Dann erhielte man Z 7 i dξ 2 √ −1 e−(1/2h̄)ξ−1 λ−1 = ± q . 2πh̄ |λ−1 | (17.259) Das läßt sich auch streng beweisen, siehe z.B. S. Coleman, Nucl. Phys. B 298 , 178 (1988). 549 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall Abbildung 17.8 Eine Folge von Pfaden als Funktion des Parameters ξ. Sie beginnt bei ξ = 0 mit einer konstanten Lösung x(τ ) ≡ x ≡ x+ im metastabilen Tal, erreicht bei ξ = 1 die extremale Bläschenlösung x(τ ) ≡ xkl (τ ) und rutscht für 1 < ξ → ∞ zunehmend in das stabile Minimum. Wegen (14.253) und (14.254) mag man daher eine Formel für die Zerfallsrate s Γ = −2i Akl ′ −Akl /h̄ Ke 2πh̄ mit ′ ′ K = i|K | = v u u t (?) q Πn6=0,−1 λn Π0n λn L i |λ−1 | (17.260) (17.261) erwarten. Dieses Vorgehen liefert jedoch nicht das richtige Resultat. Wie wir gleich sehen werden, besteht der Fehler allerdings nur in einem fehlenden Faktor 1/2 und hat eine sehr einfache physikalische Erklärung. Um ihn im Formalismus zu finden, muß man die analytische Fortsetzung etwas sorgfältiger betreiben.8 Dazu betrachten wir eine stetige Folge von Pfaden im Funktionenraum, die durch eine Variable ξ parametrisiert ist. Der triviale Pfad x ≡ x+ (17.262) sei dem Wert ξ = 0 zugeordnet, während die Bläschenlösung x = xkl (17.263) durch den Punkt ξ = 1 dargestellt werden soll. Die Wirkung des trivialen Pfads ist null, die des Bläschens extremal: A = Akl . Wenn der Parameter ξ größer als eins wird, deformiert sich die Bläschenlösung, indem sich ein wachsendes Teilstück der Kurve auf den Grund der niedrigeren Potentialmulde legt (siehe Abb. 14.8). Das Verhalten als Funktion von ξ ist in Abb. 14.9 skizziert. In der deformierten Bläschenfamilie nennt man den Extremalfall ξ = 1 das kritische Bläschen. Da die Wirkung bei ξ = 1 ein Maximum hat, befindet sich dort ein negativer Eigenwert 8 J.S. Langer, Ann. Phys. 41 , 108 (1967). 550 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.9 Bläschenwirkung als Funktion des Deformationsparameters ξ mit einem Maximum am kritischen Bläschen bei ξ = 1. λ−1 < 0 in der Fluktuationsdeterminante. Er ist proportional zur Krümmung der Kurve bei ξ = 1. Da es keinen weiteren negativen Eigenwert gibt, ist die Determinante der restlichen Fluktuationen positiv. Sie beeinflußt also nicht die analytische Fortsetzung. Um diese zu verstehen, können wir uns deshalb auf die Untersuchung eines Modellintegrals mit den oben vorgestellten qualitativen Eigenschaften beschränken. Es ist durch Z= Z 0 ∞ dξ 2 3 √ eλ(ξ +αξ ) 2π (17.264) gegeben, wobei λ für den negativen Eigenwert λ−1 steht und α ein beliebiger Parameter ist, der zum Zwecke der analytischen Fortsetzung eingeführt ist. Für α > 0 ist das Integral stabil und wohldefiniert. Für α < 0 hat die euklidische ” Wirkung“ im Exponenten A = −λ(ξ 2 + αξ 3 ) ein Maximum bei ξm = − 2 . 3α (17.265) In der Nähe des Maximums hat sie die Entwicklung 4 − (ξ − ξm )2 + . . . . A = −λ 2 27α (17.266) Der zweite Term zeigt explizit, daß die negative Krümmung im Maximum durch λ gegeben ist. Der Parameter α2 spielt die Rolle von h̄/(−λAkl ) in der Bläschendiskussion. Deshalb entspricht die semiklassische Entwicklung des Pfadintegrals einer Entwicklung des Modellintegrals nach Potenzen von α2 . Wir wollen nun zeigen, daß die beiden untersten Ordnungen dieser Entwicklung auf den Imaginärteil 1 2 1 q (17.267) Im Z ∼ eλ4/27α 2 |λ| 551 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall führen, wobei die Exponentialfunktion den klassischen Beitrag und der Vorfaktor die Fluktuationskorrektur enthält. Der Beweis wird durch eine analytische Fortsetzung des Integrals (14.264), das für α > 0 wohldefiniert ist, in die komplexe α-Ebene hinein gegeben. Dazu ist es nützlich, eine neue Variable t = αξ einzuführen, in der Z die Form ( ) Z 1 ∞ dt λ 2 3 √ exp Z= (t + t ) (17.268) α 0 α2 2π annimmt. Dieses Integral konvergiert offensichtlich für α > 0. Um es auf negative reelle Werte von α fortzusetzen, schreiben wir α ≡ |α|eiϕ und verfolgen den Phasenwinkel ϕ von null bis π/2. Dabei stellen wir die Analytizität des Integrals sicher, indem wir die Integrationskontur auf der t-Ebene geeignet deformieren. Das geschieht am einfachsten durch Ausführen des Integrals über eine reelle Hilfsvariable R∞ ′ ′ t als 0 dt , wobei t durch t = ei2ϕ/3 t′ , t′ ∈ (0, ∞) (17.269) gegeben ist. Geometrisch gesehen ist die Konvergenz aus folgendem Grund garantiert: Für α > 0 hat der reelle Teil der Wirkung“ −(λ/α2 )(t2 + t3 ) asym” ptotisch drei Berge bei ϕ = π/3, π, 5π/3 (siehe Abb. 14.10). Wenn wir α um die Phase eiϕ rotieren, verschieben sich die Berge um 2/3 des Winkels ϕ gegen den Uhrzeigersinn in der t-Ebene. Da die Kontur immer den gleichen Berg hinaufläuft, bleibt das Integral dabei konvergent und liefert die analytische Fortsetzung in α. Wenn wir α gegen den Uhrzeigersinn nach −α = eiπ α rotiert haben, nimmt der Exponent in (14.268) wieder seine ursprüngliche Form an. Nur die Integrationskontur verläuft anders, indem C den Berg bei ϕ = 2π/3 hochläuft. Selbstverständlich ist das Resultat nicht von dem spezifischen Verlauf der Kontur im Endlichen abhängig. Wir deformieren sie daher zu der in Abb. 14.10 gezeigten Form C2 . Ebensogut hätte der Punkt −α durch eine entgegengesetzte Rotation von ϕ im Uhrzeigersinn erreicht werden können. Die Differenz der beiden analytischen Fortsetzungen ist −iπ ∆Z ≡ Z(|α|e 1 ) − Z(|α|e ) = |α| iπ Z C4 ( ) dt λ 2 √ exp (t + t3 ) , 2 α 2π (17.270) wobei die Kontur C4 = C2 − C3 die Berge bei ϕ = 4π/3 und ϕ = 2π/3 miteinander verbindet. Das Integral konvergiert am schnellsten, wenn die Kontur längs des steilsten Anstiegs verläuft, deren Form in Abb. 14.10 angedeutet ist. Sie kreuzt das Extremum bei t = −1 senkrecht in der komplexen Ebene. Da Differenz ∆Z ungleich Null ist, besitzt die Zustandssumme Z(α) in der komplexen α-Ebene einen Schnitt entlang der negativen reellen Achse. Für α > 0 ist Z(α) reell, weshalb es sich um eine reell-analytische Funktion in der komplexen α-Ebene handelt und es sich bei der Differenz ∆Z um eine rein imaginäre Größe handelt, die Diskontinuität längs des Schnitts: ∆Z ≡ disc Z = Z(−|α| − iη) − Z(−|α| + iη). (17.271) 552 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.10 Linien mit konstantem Re (t2 + t3 ) in der komplexen t-Ebene. Der Einschub zeigt die Integrationskontur Ci für verschiedene Phasenwinkel von α, längs der die Konvergenz des Integrals (14.268) garantiert ist. Wir wollen nun diese Diskontinuität im Limes kleiner α berechnen. Wie bereits beobachtet, überquert die Kontur C4 mit dem steilsten Anstieg vertikal das Minimum bei t = −1 und läuft die beiden Berge in der oberen und unteren Halbebene hinauf. Während der Punkt t = −1 ein lokales Maximum entlang der reellen t- Achse darstellt, wird er zu einem lokalen Minimum, wenn er senkrecht in der komplexen t-Ebene durchquert wird. Im semiklassischen Limes ist das Integral dann durch eine Sattelpunktsnäherung gegeben, in der das lokale Minimum in der harmonischen Näherung behandelt wird: 2 disc Z ≈ eλ4/27α 2 Z i∞ −i∞ = eλ4/27α √ 2 dξ √ eλ(ξ−ξ0 ) 2π (17.272) i . −λ Aus Symmetriegründen liefert jeder Zweig der Kontur C4 eine Hälfte der rechten Seite. Wir finden also 2 Im Z(−|α| ∓ iη) = ±eλ4/27α 1 √ . 2 −λ (17.273) Der Teil der Kontur C1 , der vom Koordinatenursprung bis zum Extremalpunkt führt, ergibt einen reellen Beitrag zu Z. Das Ergebnis (14.273) ist damit exakt der führende Beitrag zum Imaginärteil von Z im semiklassischen Limes h̄ → 0 (der hier mit α2 → 0 zusammenfällt). Der Ausdruck im Exponenten entspricht der Wirkung des Modellintegrals am Extremum. Der zweite Faktor ist der gewünschte 553 17.9 Tunnelprozesse und Zerfall negative Frequenzanteil. Für eine willkürliche Folge von Pfaden, wie sie in Abb. 14.8 angedeutet ist, ergibt sich Z 0 dξ −A(ξ)/h̄ √ e = 2πh̄ Z 1−i∞ Z 1 dξ −A′′ (1)(ξ−1)2 /2h̄ dξ −A(ξ)/h̄ −A(1)/h̄ √ √ e +e e 1 0 2πh̄ 2πh̄ Z 1 1 dξ −A(ξ)/h̄ i −A(1)/h̄ q √ ≈ . (17.274) e + e 2 0 2πh̄ −A′′ (1) ∞ Überträgt man dieses Ergebnis auf das Fluktuationsintegral (14.257), so bedeutet es, daß die Integration über die Fluktuationen mit negativer Frequenz Z dξ 2 √ −1 e−ξ−1 λ−1 /2h̄ 2πh̄ (17.275) für λ−1 < 0 nach analytischer Fortsetzung das Ergebnis Z dξ i 1 2 √ −1 e−ξ−1 λ−1 /2h̄ = q 2 |λ−1 | 2πh̄ (17.276) liefert. Es ist leicht zu verstehen, woher der in dieser Formel auftretende Faktor 1/2 [gegenüber (14.258)] physikalisch kommt. Am Extremum ist es energetisch gleichermaßen günstig, wenn sich die Kurve x(τ ) der extremalen Bläschenlösung ein Stück zurück zum instabilen Ausgangstal oder vorwärts zum stabilen Endtal bei x = −x− hin verschiebt. Im ersten Fall zieht sich das Bläschen zusammen, um wieder zu verschwinden, im zweiten dehnt es sich aus, um den Übergang des Systems in die stabile Phase voranzutreiben. Der Faktor 1/2 trägt der Tatsache Rechnung, daß nur die Ausdehnung der Bläschenlösung zur stabilen Phase führt. Am Punkt ξ = 1 muß sich das Bläschen entscheiden, welchen der beiden Wege es gehen will, und das liefert den Faktor 1/2. Die Summe über unendlich viele Bläschenlösungen befördert den relativen imaginären Beitrag zur Zustandssumme Im Z/Re Z in den Exponenten wie in den Gleichungen (14.195), (14.196)]: Re Z + Im Z = Re Z(1 + Im Z/Re Z) → Re ZeIm Z/Re Z (17.277) Die Verschiebungsinvarianz erzeugt einen Faktor L für die Gesamtlänge der τ Achse in Formel (14.252). Der imaginäre Faktor vor L liefert den Imaginärteil der Energie und damit die Zerfallsrate Γ des Zustands. Der Faktor 1/2 kürzt sich gegen den Vorfaktor 2 in der Formel (14.260), und wir erhalten die semiklassische Tunnelratenformel s Akl ′ −Akl /h̄ Γ= |K |e , (17.278) 2πh̄ 554 17 Tunnelprozesse wobei K ′ die Quadratwurzel der Frequenzverhältnisse ohne die Nullfrequenz ist. Der Vorfaktor hat die Dimension einer Frequenz, die wir Bläschenzerfallsfrequenz ωatt = s Akl |K ′ | 2πh̄ (17.279) nennen wollen. Der untere Index att kommt aus dem Englischen und weist darauf hin, daß ωatt die Versuchsfrequenz (= attempt frequency“) ist, mit welcher der ” metastabile Zustand den Tunnel zum stabilen Zustand hin zu durchqueren versucht. Die Exponentialfunktion in Gl. (14.278) ist der Quanten-Boltzmannfaktor“ für die ” Wahrscheinlichkeit der Entstehung eines Bläschens und damit für die Einleitung des Zerfalls. 17.10 Divergenz der Störungsreihen Die oben durchgeführte semiklassische Berechnung der Zerfallsrate metastabiler Zustände hat eine wichtige Anwendung. Sie liefert unmittelbar ein quantitatives Verständnis für das Verhalten von Störungsentwicklungen quantenmechanischer (und quantenfeldtheoretischer) Systeme bei hohen Ordnungen in der Kopplungskonstante. 17.10.1 Verhalten bei hohen Ordnungen Als Beispiel betrachten wir wieder den anharmonischen Oszillator mit dem Potentialterm ω2 2 g 4 V (x) = x + x. (17.280) 2 4 Wir möchten das Verhalten der Zustandssumme bei niedriger Temperatur als Funktion von g kennenlernen und untersuchen das Pfadintegral bei großem L (das einer imaginären Zeit β = 1/kB T entspricht, wobei h̄ = 1 gesetzt ist): Z(g) = Z 1 ω2 g Dx(τ ) exp − dτ x′2 + x2 + x4 2 2 4 −L/2 ( Z " L/2 #) . (17.281) Diese Zustandssumme hat als Funktion der euklidischen Zeit L eine Spektraldarstellung der Form X (n) Z(g) = e−E (g)L , (17.282) n wobei E (n) (g) die Energieeigenwerte des quantenmechanischen Hamiltonoperators Ĥ = p̂2 + V (x) 2 (17.283) sind. Im Limes L → ∞ verhält sich Z(g) wie Z(g) → e−E (0) (g)L (17.284) 555 17.10 Divergenz der Störungsreihen und zeigt damit die Grundzustandsenergie an. Da das Pfadintegral am Punkt g = 0 exakt ausgeführt werden kann, entwickelt man es nach Potenzen von g und erhält die Störungsreihe (siehe Abschnitt 3.15) Z(g) = X Zk g k . (17.285) k=0 Die Entwicklungskoeffizienten sind durch folgende Pfadintegrale gegeben: (−g)k Zk = k!4k Z Dx(τ ) "Z L/2 −L/2 4 x (τ ) #k ω2 1 exp − dτ x′2 + x2 2 2 −L/2 ( Z L/2 " #) . (17.286) Mit den Methoden der Abschnitte 3.16 und 3.20 lassen sich ähnlich alle Energieeigenwerte E (n) (g) in Potenzen von g entwickeln. Für g = 0 erhält man (n) selbstverständlich die Energien des harmonischen Oszillators E0 = ω(n + 1/2). Für g 6= 0 ergeben sich Reihen der Form E (n) (g) = ∞ X (n) Ek g k . (17.287) k=0 Solche Entwicklungen in Potenzen von g haben ein gravierendes Problem. Ihre Koeffizienten wachsen für großes k wie k! an. Die Reihen haben daher einen verschwindenden Konvergenzradius. Nur für sehr kleine g ergeben sie näherungsweise ein richtiges Ergebnis. Dann nehmen die Korrekturterme Ek g k für wachsende k ab, allerdings nur so lange, wie k nicht allzu groß wird, etwa für k = 0, . . . , N. Für größere k übernimmt das fakultätartige Wachstum die Führung. Solche Reihen heißen asymptotisch. Ihre Auswertung gibt die besten Resultate, wenn sie nach dem kleinsten Korrekturterm abgebrochen wird. Im allgemeinen kann das Verhalten einer Störungsreihe für hohe Ordnungen wie folgt parametrisiert werden: Ek = γp γ1 γ2 k (−a) (pk)! 1 + + 2 + ... , k k β+1 β k (17.288) wobei der Term (pk)! wie k!p wächst: p √ p k (1−p)/2 (pk)! = (k!) (p ) k p (2π)(p−1)/2 [1 + O(1/k)] . (17.289) Das folgt aus der Stirling-Formel n! ≈ (2π)1/2 nn+1/2 e−n (17.290) Bei Reihen mit derartig wachsenden Koeffizienten wird die kleinste Korrektur bei k ≈ kmin ≡ 1 p(a|g|)1/p (17.291) erreicht. Das folgt wieder aus Stirling’s Formel nach Minimierung von ′ γ(k!)p k β (pp a|g|)k mit β ′ = β + (1 − p)/2, wodurch sich p log N + log(pp a|g|) + (β + p/2)/N + . . . = 0 (17.292) 556 17 Tunnelprozesse ergibt und damit (14.291). Zu (14.288) äquivalent ist die Entwicklung # " c2 c1 + + . . . . (17.293) Ek = γp(−a) Γ(pk + β + 1) 1 + pk + β (pk + β)(pk + β − 1) k Das einfachste Beispiel einer Funktion mit exponentiell anwachsenden Entwicklungskoeffizienten kann mit Hilfe der Integralexponentiellen E1 (g) = Z ∞ g dt −t e t (17.294) folgendermaßen angegeben werden: 1 E(g) = e1/g E1 (1/g) = g Z 0 ∞ dt 1 −t/g e . g 1+t (17.295) Diese Funktion hat die divergente Entwicklung E(g) = 1 − g + 2!g 2 − 3!g 3 + . . . + (−1)N N!g N + . . . . (17.296) Bei kleinen Werten von g, etwa bei g = 0.05, erhalten wir recht genaue Ergebnisse aus dieser Reihe, wenn wir die Auswertung bei der optimalen Ordnung N abbrechen. Die kleinste Korrektur erreichen wir hier bei N = 1/g = 20, wo sie einen relativen Fehler ∆E/E ≈ 1.14 · 10−8 aufweist. Der Wert ist dort E ≈ 0.9543709099. Aber schon für etwas größere Werte von g ist der relative Fehler viel größer (bei g = 0.2 ist E ≈ 0.852110880, während die Reihe bis zur optimalen Ordnung N = 5 einen um ≈ 1.8% verschiedenen Wert liefert). Der Integrand auf der rechten Seite von (14.295), die Funktion 1 B(t) = , (17.297) 1+t ist die sogenannte Boreltransformierte der Funktion E(g). Ihre Potenzreihe läßt sich aus der divergenten Reihe (14.296) für E(g) dadurch erhalten, daß man die katastrophal anwachsenden Faktoren k! in den Koeffizienten wegläßt und das Argument g in t umbenennt. Die so entstehende Reihe konvergiert: B(t) = 1 − t + t2 − t3 + . . . = Mit Hilfe des Integrals F (g) = Z 0 ∞ dt −t/g e B(t) g 1 . 1+t (17.298) (17.299) kehrt man wieder zur Ausgangsfunktion zurück, indem man jeden Term tk wieder in k!g k umwandelt. Funktionen F (g), die eine konvergente Boreltransformierte B(t) besitzen, aus der sie sich mit Hilfe des Integrals (14.299) wiedergewinnen lassen, heißen Borel-resummierbar . Die Resummierbarkeit ist gewährleistet, wenn die Singularitäten von B(t) nicht auf dem Integrationsweg t ∈ [0, ∞) liegen. In 557 17.10 Divergenz der Störungsreihen obigem Beispiel liegt ein Pol bei t = −1 und die Funktion E(g) ist resummierbar. Offenbar gibt es immer dann keine Probleme, wenn die Koeffizienten alternierende Vorzeichen besitzen. Auch die Störungsentwicklungen in der am besten bekannten Quantenfeldtheorie, der Quantenelektrodynamik , sind von dieser divergenten Natur.9 Glücklicherweise ist in dieser Theorie die Kopplungskonstante g = α, die Feinstrukturkonstante, sehr klein: α = 1/137.035963(15) ≈ 0.0073. (17.300) Daher liefert die störungstheoretische Berechnung beobachtbarer Größen, wie z.B. des anomalen magnetischen Moments des Elektrons 2 ∆µ 1α α ae = = − 0.328 478 965 7 µ 2π π + 1.1765(13) 3 α π + ... (17.301) extrem genaue Ergebnisse: atheor = (1 159 652 478 ± 140) · 10−12 . e (17.302) Das experimentelle Ergebnis stimmt mit dem theoretischen Wert bis auf die letzten drei Stellen überein, die als 200 ± 40 gefunden werden. Die Divergenz der Reihe tritt erst nach der 137sten Ordnung auf. Eine Funktion E(g), die fakultätartig wachsende Entwicklungskoeffizienten besitzt, kann nicht analytisch bei g = 0 sein. Zumeist gibt es einen linken Schnitt in der komplexen g-Ebene und die beobachtbaren Größen erfüllen eine Dispersionsbeziehung E(g) = 1 2πi Z ∞ 0 dg ′ disc E(−g ′ ) , g′ + g (17.303) wobei disc E(g ′) die Diskontinuität über den linken Schnitt bezeichnet: disc E(g) ≡ E(g − iη) − E(g + iη). (17.304) Man kann sich nun leicht davon überzeugen, daß das oben angegebene Verhalten (14.293) bei hohen Ordnungen in einem eineindeutigen Zusammenhang mit der Diskontinuität nahe der Spitze des Schnitts steht, wo die dazugehörige Entwicklung p disc E(−|g|)=2πiγ(a|g|)−(β+1)/p e−1/(a|g|) [1 + c1 (a|g|)1/p + c2 (a|g|)2/p + . . .] (17.305) lautet mit denselben Parametern wie in (14.293). Dieser Zusammenhang folgt aus der Entwicklung der Dispersionsrelation (14.303) in Potenzen von g: (−1)k Ek = 2πi 9 Z 0 ∞ dg ′ disc E(−g ′ ) . g ′k+1 Das wurde zuerst bemerkt von F.J. Dyson, Phys. Rev. 85 , 631 (1952). (17.306) 558 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.11 Potential eines anharmonischen Oszillators (14.280) für kleine negative g. Der am Koordinatenursprung liegende Grundzustand ist metastabil und zerfällt mittels einer klassischen Lösung, die in die Richtung des Abgrundes und zurück läuft, wie aus den Pfeilen an der Kurve ersichtlich. Die Entwicklungskoewffizienten sind also die Integralmomente der Diskontinuität bezüglih der inversen Kopplungskonstante 1/g. Wenn wir die Entwicklung (14.305) einsetzen und die Integralformel10 Z 0 ∞ dg 1 (1/p) e−1/(a|g|) = aα pΓ(pα) α+1 |g| (17.307) benutzen, so erhalten wir in der Tat das Verhalten (14.293) bei hohen Ordnungen. 17.10.2 Semiklassisches Hoch-k -Verhalten Der Grund, warum das Verhalten bei hohen Ordnungen im Zusammenhang mit dem Tunnelproblem der Quantenmechanik abgehandelt wird, liegt darin, daß die Diskontinuität nahe der Spitze des linken Schnitts durch Lösung eines Tunnelproblems in der semiklassischen Näherung gefunden werden kann. Nehmen wir z.B. das anharmonische Potential mit kleiner negativer Kopplungskonstante (siehe Abb. 14.11), so ist das Minimum am Koordinatenursprung offensichtlich metastabil und der Grundzustand erhält eine endliche Lebensdauer, die wir mit obigen Methoden berechnen können. Die Fluktuationsdeterminante liefert einen imaginären Beitrag zu Z(g) von der Form (14.273), der einen Imaginärteil zur Energie (14.278) erzeugt. Daraus wird mit Hilfe der Dispersionsrelation (14.306) das 10 I.S. Gradsteyn und I.M. Ryzhik, op. cit., Formel 3.478. 559 17.10 Divergenz der Störungsreihen Verhalten der Störungskoeffizienten bei hohen Ordnungen bestimmt. Die klassische Bewegungsgleichung in τ lautet in diesem Beispiel x′′ (τ ) − V ′ (x(τ )) = 0. (17.308) Die Differentialgleichung wird wie in (14.26) integriert, und das erste Integral der Bewegung ist durch 1 ′2 1 2 2 g 4 x − ω x − x = E = const (17.309) 2 2 4 gegeben. Dessen Integration liefert bei E = 0 τ − τ0 = ± 1 ω Z 1 = dx q x 1 − (|g|/2ω 2)x2 v u 2 u 2ω 1 ∓ arcosh t 1 . |g| x ω (17.310) Die klassischen Bläschenlösungen, mit denen das Teilchen Exkursionen zu den Abgründen auf der linken und rechten Seite des lokalen Minimums unternimmt, sind also durch v u 2 u 2ω 1 (17.311) x(τ ) = xkl (τ ) ≡ ±t |g| cosh[ω(τ − τ0 )] gegeben. Ihr Verlauf ist in Abb. 14.11 skizziert. Die Wirkung des kritischen Bläschens ist durch das Integral Akl = Z L/2 1 ′2 dτ xkl + V (xkl ) = 2 dτ [x′2 kl − E] 2 −L/2 0 Z = 2 L/2 Z 0 xm q dx 2(E + V (x)) − EL (17.312) bestimmt, wobei xm den Maximalwert der Exkursion bezeichnet. Für die Bläschenlösung ist E = 0, und wir erhalten Akl = 2 Abbildung 17.12 Bläschenlösung. Z 0 xm q dx 2V (x) = 4ω 3 . 3|g| (17.313) Rosen-Morse-Potential der Fluktuationen um die klassische 560 17 Tunnelprozesse Setzen wir nun x(τ ) = xkl (τ ) + y(τ ) in die Wirkung ein und entwickeln sie nach Potenzen von y(τ ), so finden wir den Operator der quadratischen Fluktuationen d2 d2 ′′ + V (x ) = − + ω 2 + 3gx2kl kl dτ 2 dτ 2 ! d2 6 . = − 2 + ω2 1 − dτ cosh2 ω(τ − τ0 ) Ôω = − (17.314) Dies ist der bereits in Gln. (14.133), (14.138) diskutierte Schrödingeroperator vom Rosen-Morse-Typ mit m = ω, z = 1 und s = 2. Um den asymptotischen Wert des Potentials anzudeuten, haben wir hier den unteren Index ω eingeführt. Es gibt wieder zwei gebundene Zustände mit den normierten Wellenfunktionen11 und Energien s y0 (τ ) = − y−1(τ ) = s 3ω sinh ω(τ − τ0 ) 2 cosh2 ω(τ − τ0 ) 1 3ω 2 4 cosh ω(τ − τ0 ) mit λ0 = 0, (17.315) mit λ−1 = −3ω 2 . (17.316) Dies sind die gleichen Funktionen wie in (14.52) und (14.53) bis auf die Reskalierung ω → ω/2. Die dortige Nullfrequenz entspricht hier dem ersten angeregten Zustand und der dortige Grundzustand hat jetzt einen negativen Eigenwert, der für seine endliche Lebensdauer verantwortlich ist. Die Fluktuationsdeterminante können wir nach einem der oben beschriebenen Verfahren erhalten, z.B. durch die Formel (14.143): √ √ Πn λ0n Γ( z − s)Γ( z + 1 + s) √ √ = , (17.317) Πn λn Γ( z)Γ( z + 1) wobei die Parameter jetzt z = 1 und s = 2 sind. Die Nullfrequenz beseitigen wir durch Multiplikation mit ω 2 (z − 1), wodurch sich das Frequenzverhältnis # " √ √ √ √ z − 2)Γ( z + 3) Πn λ0n Γ( √ √ = −12ω 2 (17.318) = lim ω 2 ( z − 1)( z + 1) Π′n λn z→1 Γ( z)Γ( z + 1) ergibt. Das negative Vorzeichen ist die Folge der Negativfrequenz-Lösung in (14.316). Es signalisiert die Instabilität der Fluktuationen. Es ist eine nützliche Übung, den Vorzeichenwechsel auch einmal innerhalb der Kurzableitung der Fluktuationsdeterminante in Abschnitt 14.5 zu verfolgen. Die Gleichungen sind sehr ähnlich; der Hauptunterschied liegt in der umgekehrten Symmetrie und Antisymmetrie der Verschiebungswellenfunktion ξ(τ ) ∝ x′kl (τ ) und der linear unabhängigen Lösung η(τ ), aus denen D(τ ) nach (14.154) bestimmt wird. Das Pfadintegral verhält sich für große L wie in (14.267) und liefert einen Imaginärteil: Im Z(−|g| − iη) → 11 s v u 3 6u t 4ω ωLe−4ω3 /3|g| e−ωL/2 . i π 3|g| Dabei ist das Vorzeichen von y0 wieder gleich dem von x′kl (τ ) entsprechend (14.88). (17.319) 561 17.10 Divergenz der Störungsreihen Die Summation über viele Bläschenlösungen wie in (14.194) erzeugt aus Z = Re Z(1 + iIm Z/Re Z) den exponentierten Ausdruck Z = Re ZeiIm Z/Re Z und liefert dadurch den Imaginärteil der Grundzustandsenergie s v u 3 6u (0) t 4ω e−4ω3 /3|g| . Im E (−|g| − iη)= − ω π 3|g| (17.320) Im Vergleich mit (14.305) fixiert dieser Ausdruck die Wachstumsparameter der Störungskoeffizienten bei hohen Ordnungen: ω 1 a = 3/4ω 3, β = − , γ = − 2 π s 6 , p = 1. π (17.321) Wegen (14.305) und (14.293) ist dann das Verhalten der StörungsentwicklungsKoeffizienten der Grundzustandsenergie E(g) durch ω Ek = − π s 6 (−3/4ω 3)k Γ(k + 1/2) π (17.322) gegeben. Ebenso leicht läßt sich das Verhalten der angeregten Zustände für große k bestimmen. Ihr Zerfall wird von periodischen klassischen Lösungen mit zwar sehr langer, aber endlicher q euklidischer Periode L ausgelöst, die zwischen zwei Werten x< 6= 0 und x> < 2ω 2/|g| hin und her oszillieren. Es läßt sich leicht ausrechnen, daß für sie die Wirkung näherungsweise durch A′kl ≈ 4ω 3 (1 − 12e−ωL ) 3|g| (17.323) gegeben ist. Der Boltzmannfaktor der klassischen Lösung erhält deshalb die Korrektur: e−Akl −→ e−Akl ∞ X n=0 Ankl 12n −nωL e . n! (17.324) Die Exponentialterme heben die Bezugsenergie für den Imaginärteil von Z in (14.319) von ω/2 auf ω(n + 1/2) an und weisen ihn dadurch als Imaginärteil der Energie des nten angeregten Zustands aus: s v u 3 6u 12n t 4ω ω Im E (n) (−|g| − iη)= − n! π 3|g| 1+2n e−4ω 3 /3|g| . (17.325) Daraus folgt das asymptotische Verhalten (n) Ek ω =− π s 6 12n (−3/4ω 3)k Γ(k + n + 1/2). π n! (17.326) 562 17 Tunnelprozesse Die Energien lassen sich übrigens auch direkt als dispersionsartige Integrale aus dem ursprünglichen Pfadintegral (14.281) gewinnen. Dazu schreiben wir dieses folgendermaßen um: Z(g) = Z i∞ −i∞ × Z dλ Z ∞ da −(ga+λa)/4 e 2πi 0 4( " Dx(τ ) exp − Z L/2 L/2 1 ω2 λ dτ x′2 + x2 − x4 2 2 4 #) . (17.327) Die Integration über λ erzeugt eine δ-Funktion 4δ( dτ x4 (τ ) − a) und eliminiert dadurch die zusätzlich eingeführte a-Integration. Das Integral über a in der ersten Zeile läßt sich sofort ausführen und ergibt einen Faktor 1/(λ + g), so daß man die Beziehung Z i∞ dλ 1 Z(−λ) (17.328) Z(g) = −i∞ 2πi λ + g R erhält. Der Integrand Z(−λ) besitzt eine negative Kopplungskonstante. Für ihn liefert die zuvor durchgeführte semiklassische Näherung [siehe (14.320)] bei großen L den Imaginärteil s s 6 π Im Z(−|λ| − iη) ≈ 4ω 3 3 ωLe−4ω /3λ e−ωL/2 . 3λ (17.329) Durch Summation über alle Bläschenlösungen wird dies exponentiert und führt mit (14.277) zu einer Integralbeziehung für die Grundzustandsenergie: Im E(g)= − ω i∞ Z −i∞ dλ 1 2πi λ + g s s 6 π 4ω 3 −4ω3 /3λ e . 3λ (17.330) Der Integrand hat einen Pol bei λ = −g und einen Quadratwurzelschnitt auf der positiven reellen λ-Achse. Deshalb verbiegen wir den λ-Integrationsweg, bis er den √ Schnitt eng angeschmiegt im Urzeigersinn umläuft. Auf dem oberen Zweig ist λ positiv, auf dem unteren negativ. Folglich können wir das Integral auch nur einmal mit einem Faktor zwei von λ = 0 nach λ = ∞ laufen lassen: E(g)= − 2ω Z ∞ 0 dλ 1 2π λ + g s s 6 π 4ω 3 −4ω3 /3λ e . 3λ (17.331) Die Integraldarstellung ist nur eine Näherung, da der Integrand nur bei kleinen λ bekannt ist. Wie wir bald sehen werden, verhält er sich bei großen λ wie λ1/3 , so daß das Dispersionsintegral in Wirklichkeit divergiert. Es benötigt deshalb eine Subtraktion. Unter Benutzung des trivialerweise bekannten Energiewerts bei g = 0 entsteht aus (14.331) die konvergente Integraldarstellung ω E(g)= + 2ωg 2 Z ∞ 0 dλ 1 2π λ(λ + g) s s 6 π 4ω 3 −4ω3 /3λ e 3λ (17.332) 563 17.10 Divergenz der Störungsreihen Eine solche Subtraktion wäre auch in einem konvergenten Integral von Nutzen, da sie den Einfluß des durch die semiklassische Näherung falsch wiedergegebenen Großλ-Verhaltens des Integranden unterdrückt. Nach der Substitution λ → 4g/3ω 3t ist (14.332) die gesuchte explizite BorelIntegraldarstellung der Form (14.299) für die Energie. Entwickelt man 1/(λ + g) in eine Potenzreihe von g ∞ X 1 = (−1)k g k λ−k−1 , λ + g k=0 (17.333) dann erhalten wir die Entwicklungskoeffizienten als Momente des Imaginärteils bezüglich 1/g: (0) Ek = −2ω (−4)k Z ∞ 0 dλ 1 2π λk+1 s s 6 π 4ω 3 −4ω3 /3λ e . 3λ (17.334) Nach Ausführung der λ-Integrale ergibt sich wieder das Groß-k-Verhalten (14.322). Offenbar kann man mit diesem Verfahren ähnliche Integraldarstellungen auch für Borel-nichtresummierbare Pfadintegrale gewinnen. Zum Beispiel läßt sich damit eine Integraldarstellung für die Niveau-Aufspaltungsformel in Abschnitt 14.7 ableiten. 17.10.3 Fluktuationskorrekturen Hochordnungsverhalten zu Imaginärteil und Wir wollen auch hier die erste Fluktuationskorrektur 1+c1 a|g| im Klein-g-Verhalten des Imaginärteils (14.305) berechnen, das im Groß-k-Verhalten (14.293) der Störungskoeffizienten einen Korrekturfaktor 1 + c1/k zur Folge hat. Dazu entwickeln wir wie in Abschnitt 14.8 die Wirkung um die klassische Lösung und erhalten die Wechselwirkungen (14.215) für die Fluktuationen y(τ ) = x(τ ) − xkl (τ ). Die Fluktuationen von der quadratischen Wirkung (14.211) mit dem Differentialoperator 6 d2 Oω (τ, τ ′ ) = − 2 + ω 2 1 − 2 dτ cosh [ω(τ − τ0 )] " !#′ . (17.335) kontrolliert und entsprechend der Bewegung eines Teilchens in einem RosenMorse-Potential (14.160) mit s = 2 und x = ωτ . Der Strich deutet wieder an, daß y(τ ) keinen Nullfrequenzanteil enthält, der keine Gaußschen Fluktuationen ausführt und deshalb entfernt wurde. Er ist im Vorfaktor von (14.329) berücksichtigt. Die Entfernung der Nullfrequenzlösung verursacht eine weiteren effektiven Wechselwirkung (14.110), die im Pfadintegral wegen (14.311), (14.315) und nach einer partiellen Integration als Faktor eff /h̄ e−Ae = 1 − s 3|g| 4ω 3 Z dτ y0′ (τ )y(τ ) (17.336) 564 17 Tunnelprozesse int eff auftaucht. Nach einer Taylorentwicklung der Exponentialfunktion e−(Afl +Ae )/h̄ im Pfadintegral nach Potenzen aller Wechselwirkungen bis zur zweiten Ordnung ergeben diese den Korrekturfaktor (siehe Abschnitt 3.15) # " |g|h̄ C = 1 + (I1 + I2 + I3 ) 3 + O(g 2 ) , ω (17.337) with the same τ -integrals as in Gln. (14.217), (14.219), (14.224), and (14.224), after replacing g by |g|. The correction parameter C has again a diagrammatic expansion (14.225), where the vertices stand for the same analytic expressions as in Fig. 14.5, except for the third vertex, which is now s 3|g| ′ y (τ ). 4ω 3 0 (17.338) The lines represent the subtracted Green function G′Oω (τ, τ ′ ) = hy(τ )y(τ ′)iOω = h̄Oω−1 (τ, τ ′ ), (17.339) where Oω−1 (τ, τ ′ ) is the inverse of the functional matrix (14.335). In contrast to the level splitting calculation in Section 17.8, only the integral I1 requires a subtraction, 3ω 3 I1 = 2 4h̄ Z 3ω 3ω 3 + 2 dτ G′O2ω(τ, τ ) = L 16 4h̄ Z h̄2 ′2 dτ GOω(τ, τ ) − 2 , 4ω # " (17.340) and Gl. (14.337) assumes that I1 is subtracted, i.e., I1 should be replaced by I1′ ≡ I1 − L3ω/16. The correction factor for the tunneling rate reads, therefore, " # |g|h̄ C ′ = 1 + (I1′ + I2 + I3 ) 3 + O(g 2) . ω (17.341) The subtracted integral contributes only to the real part of the ground state energy which we know to be (1/2 + 3gh̄/16ω 3)h̄ω. Wie in Abschnitt 14.8 wird die explizite Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) der Amplitude (14.227) erhalten. Nach einem Variablewechsel x = ωτ and h̄2 /2µ = ω 2 und Einsetzen von s = 2 fällt der Schrödingeroperator in (14.226) mit dem in (14.212) für ERM = 0 zusammen. Dann führt die Amplitude (14.227) zur Greenschen Funktion the Green functions for τ > τ ′ GOω (τ, τ ′ ) = h̄ Γ(m − 2)Γ(m + 3) × P2−m(tanh ωτ )P2−m (− tanh ωτ ′ ) 2ω (17.342) mit m = 1. (17.343) Aufgrund der Translationsinvarianz entlang der τ -Axe hat diese Greensche Funktion einen Pol bei ERM = 0 [genau wie die Greensche Funktion (14.229)]. Der Pol 565 17.10 Divergenz der Störungsreihen muß entfernt werden, bevor dieser Energiewert eingesetzt wird. Das Ergebnis ist die subtrahierte Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) gegeben durch G′Oω (τ, τ ′ ) 1 d . (m2 − 1)GOω (τ, τ ′ ) = 2m dm m=1 (17.344) Unter Benutzung von (14.232) finden wir die subtrahierte Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) = Y0 (τ> )y0 (τ< ) + y0 (−τ> )Y0 (−τ< ), (17.345) wobei τ> und τ< die größere bzw. kleinere der Zeiten τ und τ ′ bezeichnet und die Wellenfunktionen y0 (τ ), Y0 (τ ) durch s s 3ω −1 3ω sinh ωτ y0 (τ ) = 2 P2 (− tanh ωτ ) = − , 2 2 cosh2 ωτ Y0 (τ ) = s " # 1 d (m2 − 1)Γ(m − 2)Γ(m + 3) P2−m (tanh ωτ ) 2 dm ) h i d 2 −m + (m − 1)Γ(m − 2)Γ(m + 3) P2 (tanh ωτ ) dm m=1 2 1 3ω 8ωm s ( (17.346) " 2 3 1 3 1 sinh ωτ 1 − e−ωτ + − ωτ − = − 2 3 3ω 4 cosh ωτ 4 8 cosh ωτ 4 # (17.347) gegeben sind. Für τ = τ ′ ist G′Oω (τ, τ ′ ) = 1 1 (cosh2 ωτ − 1)(cosh2 ωτ − 1/2). 2ω cosh2 ωτ (17.348) Man beachte, daß der Schrödingeroperator (14.339) auf die Wellenfunktion Y0 (τ ) angewandt diese in −y0 (τ ) umwandelt, während er y0 (τ ) vernichtet. Aus diesen Eigenschaften läßt sich die Greensche Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) auch nach der in Kapitel 3 erklärten Wronskischen Methode direkt konstruieren. Dabei wird anstelle der Differentialgleichung OG(τ, τ ′ ) = δ(τ − τ ′ ) die projizierte Gleichung OG′Oω (τ, τ ′ ) = δ(τ − τ ′ ) − y0 (τ )y0 (τ ′ ) gelöst. Die Auswertung der Integrale I1′ , I21 , I22 , I3 wird in Anhang 17A vorgenommen und ergibt 12 11 · 29 , 24 · 5 · 7 71 = − 5 , 2 ·3·7 3 · 13 = 4 , 2 ·7 53 = − 4 . 2 ·5 I1′ = − I21 I22 I3 12 Siehe J.C. Collins und D.E. Soper, Ann. Phys. 112 , 209 (1978). (17.349) 566 17 Tunnelprozesse Für den Korrekturfaktor (14.337) ist das Ergebnis # " 95 3|g|h̄ + O(g 2) . C = 1− 72 4ω 3 ′ (17.350) Es führt auf folgende Groß-k-Formel für die Entwicklungskoeffizienten der Grundzustandsenergie: ω Ek = − π 17.10.4 s 6 (−3/4ω 3 )k Γ(k + 1/2)[1 − 95/72k + . . .]. π (17.351) Variationsnäherung für Tunnelamplituden und Störungskoeffizienten zu jeder Ordnung Die semiklassische Berechnung der Tunnelamplituden ist nur für sehr hohe Barrieren gültig. Diese Einschränkung läßt sich jedoch durch Einsatz eines in Anlehnung an Kapitel 5 konstruierten Variationsverfahrens beheben. Der Einfachheit halber führen wir das Verfahren hier nur für den Fall eines anharmonischen Oszillators bei verschwindender Temperatur vor. Dabei erhalten wir einen Imaginärteil für die Zustandssumme, der den gesamten linken Schnitt in der komplexen Ebene der Kopplungskonstante g in guter Näherung beschreibt. Er kann dann in eine Dispersionsbeziehung eingesetzt werden, um daraus Störungskoeffizienten auszurechnen, die nicht nur das richtige k → ∞ -Verhalten haben, sondern in jeder Ordnung quantitativ zuverlässige Näherungen darstellen. Wir untersuchen also das Pfadintegral (in natürlichen Einheiten M = h̄ = 1) Z(g) = Z ω2 g 1 Dx(τ ) exp − dτ x′2 + x2 + x4 2 2 4 −L/2 ( Z L/2 " #) , (17.352) dessen Feynman-Kleinert-Variationsenergie bei großem L = 1/kB T durch Ω ω 2 − Ω2 2 3g 4 a + a W1 = + 2 2 4 (17.353) gegeben ist. Dabei haben wir das Pfadmittel x0 im Argument weggelassen, da bei verschwindender Temperatur nur das Minimum bei x0 = 0 beiträgt. Die Energie muß in a2 und Ω2 extremisiert werden und ergibt a2 = 1/2Ω (das gleich der harmonischen Erwartung Z ∞ dωm 1 hx2 (τ )iOω = 2 −∞ 2π ωm + Ω2 ist) und die√kubische Gleichung Ω3 − ω 2Ω − 3g/2 = 0. Für g ∈ (−g (0) , 0) mit g (0) = 4ω 3 /9 3 ist die physikalische Lösung, die für g → 0 gegen ω geht, durch π 1 2ω Ω = √ cos − arccos(−g/g (0) ) 3 3 3 (17.354) 567 17.10 Divergenz der Störungsreihen gegeben. Für g < −g (0) setzt sie sich zu ω Ωre = √ cosh(γ/3), Ωim = ω sinh(γ/3); 3 γ = acosh(−g/g (0) ) (17.355) fort, und die Grundzustandsenergie erhält den Imaginärteil ω2 1 Im W1 = Ωim 1 − 4 |Ω|2 ! − 3g Ωre Ωim . 4 2|Ω|4 (17.356) Dieser zeigt die Instabilität des Systems gegen Abrutschen in die beiden Abgründe an, die das Potential bei negativem g für große ±x-Werte hat. Die kleinen Barrieren um den Koordinatenursprung herum stellen kein Hindernis dar, da sie niedriger als die Nullpunktsenergie sind. Für g ∈ (−g (0) , 0) sind die Barrieren jedoch hoch genug, um mindestens einen langlebigen Zustand vor dem Abrutschen zu bewahren. Seine Energie wird näherungsweise durch das Minimum von (14.353) gegeben. Dieser Zustand kann zerfallen, indem er eine extremale Exkursion x(τ ) = xkl (τ ) ≡ v u u 2Ω2 ±t 1 |g| cosh[ω(τ − τ0 )] (17.357) über die Barriere des Versuchspotentials Ω2 x2 /2 + gx4 /4 ausführt, die ihn in die Nähe der Abgründe trägt und deren Wirkung Akl = 4Ω3 /3|g| ist. Die Fluktuationsdeterminante wird wieder durch (14.318) gegeben, aber hier ist ω durch die Versuchsfrequenz Ω zu ersetzen. Die Translationen ergeben wie vorher einen q Faktor LΩ Akl /2π. Daraus erhalten wir einen Imaginärteil der Zustandssumme s v u 3 6u t 4Ω e−LΩ/2−4Ω3 /3|g| . Im Z(−|g| − iη)=LΩ π 3|g| (17.358) im Er ersetzt das semiklassische Ergebnis (14.319), das wir von nun an mit Zsk (g) bezeichnen wollen. Die Fluktuationen versehen ihn mit einem Korrekturfaktor int exp{−hAint fl,tot iOω }, wobei die Wirkung Afl,tot einerseits die Wechselwirkungen (14.216) und (14.215) der Fluktuationen enthält (mit ω durch Ω ersetzt) andererseits Terme, die durch den Variationsansatz verursacht werden, um die Verwendung des Versuchsoszillator-Potential Ω2 x2 / anstelle des ursprüngliche ω 2 x2 /2 wiedergutzumachen: ω 2 − Ω2 2 x (τ ) 2 −∞ Z ∞ ω 2 − Ω2 2 [xkl (τ ) + 2xkl (τ )y(τ ) + y 2 (τ )] = dτ 2 −∞ Aint fl,var = Z ∞ dτ (17.359) Diese Korrekturen sind in (14.358) noch nicht berücksichtigt. Die Erwartung h. . .iOΩ deutet hier an, daß die Fluktuationen von der harmonischen Wirkung (14.335) mit Ω 568 17 Tunnelprozesse anstelle von ω kontrolliert werden. Wie zuvor lassen sich nach der Wickschen Regel alle Korrelationsfunktionen in Summen von Produkten der einfachen Korrelationsfunktionen G′OΩ (τ, τ ′ ) entwickeln, die durch (14.339) mit ersetztem ω gegeben sind. Unter Benutzung von (14.54) berechnen wir Z ∞ 4Ω . (17.360) dτ x2kl (τ ) = |g| −∞ Die Erwartung des Terms tanh ωτ durch das Integral R∞ −∞ dτ y(τ )2 ist wegen (14.348) mit der Variablen z = h i 1 ∞ 1 dτ G′OΩ (τ, τ ) − 1/2 + 2Ω Ω −∞ −∞ Z 1 1 1 1 z 2 (1 + z 2 ) − 2 = L + 2 dz 2Ω Ω −1 4 1 − z2 7 1 − (17.361) = L 2Ω 6Ω2 gegeben. Dabei ist der erste Term der Wert ohne die Bläschenlösung. Den zweiten Term erhält man auch einfacher durch Differentiation des Logarithmus von (14.318) bezüglich Ω2 z. Der Term L/2Ω ergibt zusammen mit dem früheren Term proportional zu L aus dem Integral (14.340) (mit ω ersetzt durch Ω) offenbar wieder L-mal dasselbe W1 wie in (14.353). Deshalb können wir auch hier einen gemeinsamen Faktor e−LW1 aus Im Z herausnehmen und Z als ≈ e−LW1 −ImZ/ReZ schreiben. Dem Exponent enthält dann der Imaginärteil der Energie. In Kapitel 3 haben wir gezeigt, daß man zur Berechnung der Verschiebung der Energieniveaus die Korrekturen in den Exponenten verlegen und zu den Kumulanten übergehen muß [siehe die Gleichungen (3.332)–(3.336) und die dortige Diskussion]. Tut man dies auch hier, ergeben sich die in (14.217) eingeführten Integrale (mit g durch |g| bzw. ω durch Ω ersetzt). Unter Benutzung von (14.349) erhalten wir so bis zu diesem Punkt einen Korrekturfaktor e−A0 −A1 mit ! 95 |g| 1 2 7 4Ω 2 A0 = , A1 = (ω − Ω ) − . (17.362) 96 Ω3 2 |g| 6Ω2 Z ∞ dτ hy 2 (τ )iOΩ = L Z Wenn wir den Imaginärteil einschließlich des Faktors 1 + c1 a|g| richtig wiedergeben wollen, müssen wir noch zur nächsten Ordnung in der Störungsentwicklung einen Faktor 1 int 2 int 2 exp [hAfl,tot iOΩ − hAfl,tot iOΩ ] = exp{−A2 − A3 − A4 } (17.363) 2 einbeziehen mit den integrierten Korrelationsfuntionen Z 1 A2 = − (ω 2 − Ω2 )2 dτ dτ ′ xkl (τ )hy(τ )y(τ ′)iOΩ xkl (τ ′ ), 2 s Z 3|g| A3 = −(ω 2 − Ω2 ) dτ dτ ′ y0′ (τ )hy(τ )y(τ ′)iOΩ xkl (τ ′ ), 3 4Ω Z A4 = (ω 2 − Ω2 )|g| dτ dτ ′ xkl (τ )hy(τ )y 3(τ ′ )iOΩ xkl (τ ′ ), (17.364) 569 17.10 Divergenz der Störungsreihen die wir als 1 1 A2 = − (ω 2 − Ω2 )2 a2 , 2 Ω|g| 1 A3 = −(ω 2 − Ω2 ) 2 a3 , Ω 1 A4 = (ω 2 − Ω2 ) 2 a4 Ω (17.365) schreiben, wobei a2 , a3 , a4 die dimensionslosen Integrale a2 = |g|Ω 2 a3 = Ω s Z dτ dτ ′ xkl (τ )G′OΩ (τ, τ ′ )xkl (τ ′ ), 3|g| 4ΩZ3 a4 = 3|g|Ω2 Z dτ dτ ′ y0′ (τ )G′OΩ (τ, τ ′ )xkl (τ ′ ), dτ dτ ′ xkl (τ )G′OΩ (τ, τ ′ )G′OΩ (τ ′ , τ ′ )xkl (τ ′ ) (17.366) bezeichnen. Auf diese Weise erhalten wir den folgenden Imaginärteil für die Energie: Im E(−|g| − iη) = s v u 3 6u t 4Ω e−4Ω3 /3|g|−c1 3|g|/4Ω3 −Ω π ω 2 − Ω2 × exp − 2 ( (17.367) 3|g| 4Ω 7 a3 − a4 − −2 2 |g| 6Ω Ω2 ! (ω 2 − Ω2 )2 + a2 . 2Ω|g| ) Man beachte, daß Ω durch die Gleichung (14.354) bestimmt ist, die durch die Anwesenheit der Bläschenlösung nicht beeinflußt wird, da deren Beiträge endlich sind und im Limes L → ∞ gegenüber der bläschenfreien Wirkung, die proportional zu L wächst, vernachlässigt werden können. Um die Auswirkungen der Fluktuationen besser beurteilen zu können, faktorisieren wir (14.367) in den semiklassischen Anteil (14.320) und in einen Korrekturfaktor εi (g): Im E(−|g| − iη) = mit εi (g) = s v u 3 6u t 4ω e−4ω3 /3|g| ε (g) −ω π 3|g| i (17.368) 3|g| Ω 5/2 Ω3 − ω 3 − c1 3 (17.369) exp − 4 ω 3|g| 4Ω ! 7 a3 − a4 (ω 2 − Ω2 )2 ω 2 − Ω2 4Ω − −2 + a2 . − 2 |g| 6Ω2 Ω2 2Ω|g| Die Auswertung der Integrale (14.366) führt auf a2 = −1, a3 = 3/4, a4 = 1/12. Eine einfachere Ableitung dieses Ergebnisses ergibt sich aus dem semiklassischen Ausdruck mit Ω = ω unter Benutzung der bereits für die Ableitung von Gl. (5.226) 570 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.13 Korrekturfaktor zum semiklassischen Imaginärteil der niedrigsten Energiezustände des anharmonischen Oszillators als Funktion von g′ ≡ g/ω 3 . Der semiklassiche Limes entspricht εi ≡ 1. Der Klein-|g ′ |-Zweig entsteht durch Tunneln, der Groß-|g′ |-Zweig durch Abgleiten in den Potentialabgrund. Die durchgezogenen bzw. gepunkteten Kurven zeigen den Imaginärteil der Variationsnäherungen W1 bzw. W3 . Die gestrichelten Geraden deuten die exakt bekannten Anfangssteigungen an. angewendeten Methode (sie dazu die dortige Fußnote 12). Dazu nehmen den Ω = ω -Ausdruck Im E(−|g| − iη) = s v u 3 6u t 4ω e−4ω3 /3|g|−3c1 |g|/4ω3 , −ω π 3|g| (17.370) schreiben den ω-Vorfaktor logarithmiert in den Exponenten, ersetzen überall ω durch q 2 Ω + gr/2 mit r = 2(ω 2 − Ω2 )/g und entwickeln den Exponenten nach Potenzen von g bis alle Terme der Ordnung g berücksichtigt sind, die auch in (14.370) richtig sind (dabei ist r von der Ordnung g 0 ). Das ergibt sofort (14.368). Das Ergebnis ist in Abb. 14.13 gezeigt. Zur Kontrolle beobachten wir, daß die Steigung von εi (g) bei g = 0 den richtigen Wert c1 3/4 = 95/96 hat, daß sich also zu dieser Ordnung in g die Zusatzterme im Exponenten von (14.369) erwartungsgemäß alle wegheben. Der Imaginärteil wird nun in die Dispersionsbeziehung (14.332) eingesetzt und ergibt für positive Kopplungskonstanten die Energie ω E(g)= + 2gω 2 Z 0 ∞ 1 dλ 2π λ(λ + g) s s 6 π 4ω 3 −4ω3 /3λ e εi (λ). 3λ (17.371) Nach Entwickeln in Potenzen von g und Ausführen der Integrale ergeben sich die in Tabelle 14.1 gezeigten Koeffizienten der Störungsreihe. Dort werden sie mit den 571 17.10 Divergenz der Störungsreihen Tabelle 17.1 Vergleich der exakten Koeffizienten der Störungsreihe für die Grundzustandsenergie des anharmonischen Oszillators mit den semiklassischen und den neuen aus den Variationsansätzen W1 bzw. W2 und der Dispersionsbeziehung (14.371) gewonnenen Werten. Ein alternierendes Vorzeichen (−1)k−1 wurde ausgelassen und ω gleich 1 gesetzt. k 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Ek 0,75 2,625 20,8125 241,289063 3580,98047 63982,8135 1329733,73 31448214,7 833541603 24478940700 Eksk 1,16954520 5,26295341 39,4721506 414,457581 5595,17734 92320,4261 1800248,43 40505587,0 1032892468 29437435332 Ekvar1+disp 0,76306206 2,49885978 18,3870038 205,886443 3093,38043 57436,2852 1244339,99 30397396,0 822446267 24420208763 Ekvar3+disp 0,74932168 2,61462012 20,7186128 240,857317 3590,69587 64432,5387 1342857,03 31791078,0 842273537 24703889150 exakten und den semiklassischen Werten (14.322) verglichen, die aus εi ≡ 1 folgen. Die unteren Störungskoeffizienten können weiter verbessert werden, indem man zur höheren Variationsnäherung W3 aus Abschnitt 5.15 übergeht und daraus den Imaginärteil Im W3 durch Fortsetzung zu negativen Werten von g ermittelt. Die dabei erhaltenen Kurve ist in Abb. 14.13 gepunktet dargestellt. Bei g ′ ≈ −.24 geht sie fast sanft in die Tunnelkurve über. Genauer gesagt gibt es zwei eng benachbarte Schnittpunkte bei g ′ = −0.229 und bei g ′ = −0.254. Wenn wir den ersteren als Verknüpfungspunkt der beiden Kurven wählen, liefert die Dispersionsbeziehung den Koeffizienten mit k = 1 mit einem Fehler von weniger als ≈ 0.05%. Um die Näherung konsistent zu machen, müßte allerdings auch der Tunnelzweig zur selben Ordnung ausgerechnet werden. Das würde eine entsprechende Verbesserung der höheren Koeffizienten liefern. Wir berechnen nun auch die volle Dispersionsbeziehung (14.371) und finden die in Abb. 14.14 gezeigte Grundzustandsenergie E(g) für alle g > 0. Auch hier sind die Ergebnisse sehr gut. Die Ähnlichkeit mit der Feynman-Kleinert-Näherung ist bemerkenswert, obwohl diese eine konvergente Potenzreihenentwicklung und keine Information über die Schnittstruktur in der komplexen g-Ebene besitzt. Das Verhalten bei starken Kopplungskonstanten wird von den Kurven sehr gut wiedergegeben. Der analytische Ausdruck für die mittlere Kurve ist bei großen g durch Gl. (5.101) gegeben. Die volle Entwicklung ist (5.262) mit den Koeffizienten von Tabelle 5.8. Die Berechnung der Imaginärteile im Abrutschbereich kann beschleunigt werden, indem man von den Störungskoeffizienten den Anteil abzieht, der vom Imaginärteil im Tunnelbereich herrührt.13 Wenn man den dazugehörigen Energieanteil am Ende 13 H. Kleinert, Phys. Lett. B (im Druck). 572 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.14 Die ersten 6 Energiewerte des anharmonischen Oszillators ′ als Funktion von g = g/ω 3 aus dem hier berechneten Imaginärteil und der Dispersionsbeziehung (14.371). Zum Vergleich die exakte Kurve und die FeynmanKleinert-Näherung aus Kapitel 5 (mit den in Tabelle 5.1 gegebenen Werten). wieder über eine Dispersionsbeziehung hinzufügt, lassen sich Variationsäherungen für die Energie finden, die bei positiven Kopplungskonstanten nicht nur sehr genau sind, sondern auch Störungskoeffizienten mit dem richtigen Hochordnungsverhalten haben (was bei den früheren Näherungen WN (g) nicht der Fall war) Das Verfahren läßt sich leicht auf die angeregten Zustände verallgemeinern. Die Variationsenergien werden dann durch die Minima der in Abschnitt 5.7 abgeleiteten Ausdrücke (n) W1 = Ωn2 + ω 2 − Ω2 n2 g n4 + 2 Ω 4 Ω2 (17.372) geliefert mit n2 = n + 1/2 und n4 = (3/2)(n2 + n + 1/2), deren Ω-Werte durch Lösungen sind, in denen g (0) durch g (n) = √ der Form (14.354), (14.355) gegeben 2n2 /3 3n4 zu ersetzen ist. Für g ∈ (−g (n) , 0) sind die Energien reell, während sie für g < −g (n) einen Imaginärteil (n) Im W1 1 ω2 g re im n4 = Ωi 1 − n − Ω Ω 2 2 |Ω|2 2 |Ω|4 ! (17.373) besitzen. Im ersten Intervall g ∈ (−g (n) , 0) entsteht jedoch wieder ein Imaginärteil durch die Bläschenlösung, der wie im semiklassischen Limes (14.325) für n > 0 einen Faktor 12n Ankl /n! trägt (mit ω durch Ω ersetzt). Ansonsten läuft die Rechnung 573 17.10 Divergenz der Störungsreihen wie für n = 0 mit ähnlich guten Ergebnissen (siehe Abb. 14.14). Die exakten Energiewerte und die Feynman-Kleinert-Näherung sind der Tabelle 5.2 entnommen. Bei beliebigen n ist der der Imaginärteils (14.325) aus WKB-Rechnungen bis zur ersten Ordnung in g bekannt14 und lautet [vgl. (14.325)] s v u 3 12n 6u t 4ω Im E (n) (−|g| − iη)= − ω n! π 3|g| 1+2n e−4ω 3 /3|g|−c(n) 3|g|/4ω 3 1 (17.374) mit dem Steigungsparameter (n) c1,n = 17 2 95 29 d εi = + n + n . d(g/ω 3) 96 16 16 (17.375) Mit Hilfe der nach Gl. (14.369) angegebenen Methode erhalten wir daraus den Ωabhängigen Variationsausdruck für den Imaginärteil im Tunnelbereich Im E (n) (−|g| − iη)= − n 12 n! mit dem Korrekturfaktor (n) εi (g) = Ω ω 3n+5/2 − exp ω 2 − Ω2 2 s v 1+2n u 3 6u 4Ω 3 t Ω e−4Ω /3|g| ε(n) (g) π 3|g| ı Ω3 − ω 3 (n) 3|g| − c1 3|g| 4Ω3 ! (ω 2 − Ω2 )2 4Ω 3n + 5/2 . − − |g| Ω2 2Ω|g| −4 (17.376) (17.377) Nach Einsetzen des optimalen Wertes Ω = Ω(n) erhalten wir die in Abb. 14.13 gezeigten Kurven, deren Steigungen bei g = 0 mit den exakten Werten (14.375) übereinstimmen. Die Imaginärteile im Abrutschbereich lassen sich leicht mit Hilfe der in Abschnitt 5.15 entwickelten Methoden verbessern. Die Variationsnäherung W3 aus Gl. (5.226) liefert nach Extremisieren und analytischer Fortsetzung zu negativen g die in Abb. 14.13 als gepunktete Kurven dargestellten Imaginärteile. Sie schmiegen sich sanft an die aus W1 gewonnene Tunnelkurven an. Die Einbeziehung endlicher Temperaturen ist durch Mittelbildung über die Imaginärteile der Einzelenergien möglich. Danach ist der Weg offen für Anwendungen in vielen Gebieten, bei denen Tunnelprozesse eine wichtige Rolle spielen. Besonders interessante Ergebnisse sind von einer Verallgemeinerung auf quantenfeldtheoretische Modelle zu erwarten. Allerdings muß dazu noch das Renormierungsproblem gelöst werden. Dann kann das neue Variationsverfahren zur Entwicklung von Resummationsmethoden führen, die mit Hilfe von systemabhängigen Entwicklungsfunktionen konvergente Reihen liefern. Dadurch würden 14 See C.M. Bender and T.T. Wu, Phys. Rev. D 7, 1620 (1973), Gl. (5.25). 574 17 Tunnelprozesse die kritischen Exponenten der O(N)-symmetrischen ϕ4 und anderer Theorien viel genauer ausrechenbar sein, als dies jetzt mit den Koeffizienten bis zur fünften Ordnung möglich ist.15 17.10.5 Konvergenz der Variations-Störungsentwicklungen Die Kenntnis der Diskontinuität über den linken Schnitt in der komplexen Kopplungskonstanten-Ebene erlaubt Einblicke in die Konvergenzeigenschaften der in Abschnitt 5.16 gewonnenen Variations-Störungsentwicklungen. Die Grundzustandsenergie erfüllt die subtrahierten Dispersionsbeziehung [vgl. (14.303)] E (0) ω g (g) = − 2 2πi Z −∞ 0 dg ′ disc E (0) (g ′ ) , g′ g′ − g (17.378) wo disc E (0) (g ′) die Discontinuität über den linken Schnitt in der komplexen ḡEbene bezeichnet. Eine Entwicklung des Integranden nach Potenzen von g liefert die Störungsreihe N X g k (0) (0) Ek E (g) = ω . (17.379) 4ω 3 k=0 Die umentwickelte Reihe lautet [siehe (5.190)] (0) EN (g) = Ω N X (0) εk k=0 g 4Ω3 k . (17.380) Sie wird aus (14.379) durch die Ersetzung (5.224) und eine Neuentwicklung nach Potenzen von g gewonnen. Im gegenwärtigen Zusammenhang schreiben wir die Ersetzung als ω −→ Ω(1 − σĝ)1/2 , (17.381) wo ĝ die dimensionlose Kopplungskonstante g/Ω3 und σ = Ω(Ω2 − 1)/g (17.382) [siehe Gln. (5.249) und (5.244)]. Es gibt eine einfache Art, dieselbe Entwicklung aus der Dispersionsbeziehung (14.378) herzuleiten. Man führt eine weitere dimensionslose Kopplungskonstante ḡ ≡ g/ω 3 ein und schreibt die Ersetzung (14.381) als ḡ −→ g̃(ĝ) ≡ ĝ . (1 − σĝ)3/2 (17.383) Da Gl. (14.378) eine Energie darstellt, kann sie als Produkt von ω mit einer dimensionslosen Funktion von ḡ geschrieben werden. Außer der Ersetzung (14.383) 15 Siehe die am Kapitelende zitierte Arbeit von H. Kleinert, J. Neu, V. Schulte-Frohlinde, K.G. Chetyrkin und S.A. Larin. 575 17.10 Divergenz der Störungsreihen im Argument erhält sie dann noch eine Faktor Ω/ω = (1 − σĝ)1/2 . Wir führen nun die reduzierten Energien Ê(ĝ) ≡ E(g)/Ω (17.384) ein, die nur von der reduzierten Kopplungskonstante ĝ abhängen. Die Dispersionsbeziehung (14.378) für E (0) (g) nimmt für Ê (0) (ĝ) folgende Form an: in Ê (0) (g) = (1 − σĝ) 1/2 " 1 g̃(ĝ) Z −∞ dḡ ′ disc Ē (0) (ḡ ′ ) . + 2 2πi 0 ḡ ′ ḡ ′ − g̃(ĝ) # (17.385) Die resummierte Störungsreihe wird daraus durch Entwicklung nach Potenzen von ĝ/4 bis zur Ordnung N erhalten. Es muß betont werden, daß nor das Abbrechen der Reihe einen Unterschied zwischen den beiden Ausdrücken (14.378) und (14.385) verursacht, da ḡ und g̃ dieselben Zahlenwerte haben, wie man leicht nachprüft, indem man (14.382) in die rechte Seite von (14.383) einsetzt. Zur berechnung der Entwicklungskoeffizienten beobachten wir, daß der Ausdruck (14.385) eine Dispersionsbeziehung in der komplexen ĝ-Ebene erfüllt. Wenn C die Schnitte in dieser Ebene bezeichnet und discC E(ĝ) die Diskontinuität über diese Schnitte, dann lautet diese Dispersionsbeziehung 1 ĝ dĝ ′ discC Ê (0) (ĝ ′) Ê (ĝ) = + . (17.386) 2 2πi C ĝ ′ ĝ ′ − ĝ Wir haben das Argument in der Energie von ḡ in ĝ umgetauscht, da dies in der Folge die relevante Variable sein wird. Durch Entwicklung des Integralnenners nach Potenzen von ĝ/4 lassen sich (0) die Entwicklungskoeffizienten εl als Momentenintegrale bezüglich der inversen Kopplungskonstanten 1/ĝ darstellen [vgl. (14.306)]: Z (0) 4k dĝ =− discC Ê (0) (ĝ). (17.387) 2πi C ĝ k+1 In der komplexen ĝ-Ebene hat das Integral (14.385) Schnitte längs der in Abb. 14.15 gezeigten Konturen C1 , C1̄ , C2 , C2̄ und C3 . Die ersten vier Schnitte sind die Abbildungen des linken Schnitts in der komplexen g-Ebene, die Kurve C3 kommt von der Quadratwurzel von 1 − σĝ in der Abbildungsformel (14.383) und dem Vorfaktor von (14.385). Sei D̄(ḡ) eine Abkürzung für die reduzierte Discontinuität in der ursprünglichen Dispersionsbeziehung (14.378): Z (0) εk D̄(ḡ) ≡ disc Ē (0) (ḡ) = 2iIm Ē (0) (ḡ − iη), ḡ ≤ 0. (17.388) Dann sind die Discontinuitäten über die verschiedenen Schnitte disc C1,1̄,2,2̄ Ê (0) (ĝ) = (1 − σĝ)1/2 D̄(ĝ(1 − σĝ)−3/2 ), (17.389) disc Ê (0) (ĝ) = −2i(σĝ − 1)1/2 C3 × 1 − 2 Z 0 ∞ dḡ ′ ĝ(σĝ − 1)−3/2 D̄(−ḡ ′ ) . 2π ḡ ′2 + ĝ 2 (σĝ − 1)−3 (17.390) 576 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.15 Schnitte in der komplexen ĝ-Ebene. Ihre Momente bezüglich der inverse Kopplungskonstanten bestimmen die Umentwicklungskoeffizienten. Für kleine negative ḡ ist die Diskontinuität durch den semiklassischen Limes (14.320) gegeben: s s 6 4 4/3ḡ e . (17.391) D̄ḡ) ≈ −2i π −3ḡ (0) Seien εk (Ci ) die Beiträge der verschiedenen Schnitte zu den Koeffizienten im Integral (14.387). Nach Einsetzen von (14.391) in Gl. (14.389) erhalten wir vom Schnitt längs C1 die semiklassische Näherung (0) εk (C1 ) ≈ −2ω 4k Z C1 dĝ 1 2π ĝ k+1 s v u 5/2 6u t− 4(1 − σĝ) e4(1−σĝ)3/2 /3ĝ . π 3ĝ (17.392) Für den kten Term Sk der Reihe ergibt dies die Abschätzung Sk ∝ "Z Cγ # dγ fk (γ) (σĝ)k , e 2π (17.393) wo fk (γ) die folgende Funktion von γ ≡ σĝ ist: fk (γ) = − k + 3 4σ log(−γ) + (1 − γ)3/2 . 2 3γ (17.394) Für große k kann das Integral mit Hilfe der Sattelpunktsnäherung aus Unterabschnitt 4.2.1 ausgerechnet werden. Das Extremum von fk (γ) erfüllt die Gleichung 3 4σ −k + = (1 − γ)1/2 (1 + 12 γ) , (17.395) 2 3γ deren Lösung γ −→ γk = −4σ/3k k→∞ (17.396) 577 17.10 Divergenz der Störungsreihen ist. Am Extremum hat fk (γ) den Wert fk −→ k log(3k/4eσ) − 2σ. (17.397) k→∞ Die Konstante −2σ in diesem Ausdruck rührt von einer Taylorentwicklung des zweiten Terms in Gl. (14.394) her: (4σ/3γ)(1 − γ)3/2 = 4σ/3γk − 2σ + . . . . Nur die ersten beiden Terme überleben den Liemes großer k. Zur führenden Ordnung in k hat deshalb der kte Term in der umentwickelten Reihe das Verhalten !k !k −3k ĝ −2σ Sk ∝ e . (17.398) e 4 Die asymptotischen Entwicklungskoeffizienten hben die Form (0) (0) εk ∝ e−2σ Ek . (17.399) Sie haben die bemerkenswerte Eigenschaft, für große k-Werte genauso zu wachsen (0) wie die ursprünglichen Entwicklungskoeffizienten Ek , bis auf einen gemeinsamen Unterdrückungsfaktor e−2σ . Diese Eigenschaft wurde in Abb. 5.22b bereits empirisch gefunden. Um nun die Konvergenz der Variations-Störungsentwicklung abzuschätzen beobachten wir, daß mit Ω(Ω2 − 1) (17.400) σ= g und ĝ aus (5.249) das Produkt σĝ folgendermaßen geschrieben werden kann: σĝ = 1 − 1 . Ω2 (17.401) Für große Ω, ist dieser Ausdruck etwas kleiner als 1. Daher liefern die Potenzen (σĝ)k für sich allein eine konvergente Reihe. Eine optimale Umentwicklung der Energie läßt scich erreichencan be achieved by choosing, for a zu einer gegebenen maximalen Entwicklungsordnung N läßt sich erreichen, indem man den Parameter σ proportional zu N wählt: σ ≈ σN ≡ cN. (17.402) Nach Einsetzen in (14.394), erhalten wir für große k = N: " # 4c fN (γ) ≈ N − log(−γ) + (1 − γ)3/2 . 3γ (17.403) Das Extremum dieser Funktion liegt bei 1+ 4c (1 − γ)1/2 (1 + 12 γ) = 0. 3γ (17.404) 578 17 Tunnelprozesse Die Konstante c wird nun so gewählt, daß in efN (γ) der große Exponent proportional zu N aus dem ersten Term von (14.403) durch eine gleich großen zweiten Term weggehoben wird, d.h. wir fordern am Extremum fN (γ) = 0. (17.405) Die beiden Gleichungen (14.404) und (14.405) werden durch γ = −0.242 964 029 973 520 . . . , c = 0.186 047 272 987 975 . . . (17.406) gelöst. Im Gegensatz zum extremalen γ in (14.396), welches den Limes hoher Ordnungen k bleibt das extremale γ im gegenwärtigen Limes, wo k zwar groß aber von der Ordnung N ist, endlich (erst für k ≫ N gilt wieder der vorige Limes). Bei endlichem γ muß aber der zweite Term (4c/3γ)(1−γ)3/2 in fN (γ) voll mitgenommen werden, nicht nur über die ersten beiden Taylorentwicklungsterme. von (1 − γ)3/2 , wie in (14.397). Da fN (γ) am Extremum verschwindet, hat der Nte Term in Umentwicklung die Größenordnung !N 1 N . (17.407) SN ∝ (σN ĝN ) = 1 − 2 ΩN Nach (14.400) und (14.402) wächst die Frequenz ΩN für große N wie 1/3 ΩN ∼ σN g 1/3 ∼ (cNg)1/3 . (17.408) Deshalb nimmt der letzte Term der Reihe für große N wie " 1 SN (C1 ) ∝ 1 − (σN g)2/3 #N 2/3 ≈ e−N/(σg) ≈ e−N 1/3 /(cg)2/3 (17.409) ab. Dieses Verhalten erklärt noch nicht die in Abschnitt 5.18 beobachtete Konvergenz der Variations-Störungsentwicklung im Starkkopplungslimes. Für den Beitrag des Schnitts C1 läßt sich eine solche Konvergenz nur durch Einbeziehung von ein wenig mehr Information beweisen. Dazu berücksichtigen wir, daß die optimalen ΩN -Werte in Abbn. 5.19 und 5.20 nur für sehr große N durch das Verhalten (14.402) betimmt sind. Für weniger große N gibt es nach Gl. (5.247) eine recht große Korrektur σN ∼ cN 1 + 6.85 . N 2/3 (17.410) Wenn wir dieses σN in fN (γ) von Gl. (14.403) einsetzen, finden wir einen zusätzlichen Exponentialfaktor ∆fN e 4c (1 − γ)3/2 6.85 ≈ exp N 3 γ N 2/3 6.85 1/3 = exp −N log(−γ) 2/3 ≈ e−9.7N . N " # (17.411) 579 17.10 Divergenz der Störungsreihen Dieser reduziert die Größe des von C1 herrührenden letzten Terms SN in (14.409) auf −2/3 1/3 (17.412) SN ∝ e−[9.7+(cg) ]N , und dies entspricht genau der in Gln. (5.266) gefundenen Konvergenz. Man beachte, daß es bei dieser Abschätzung unnötig ist, den Effekt der Verschiebung des durch den Korrekturterm in (14.410) verursachten Extremalwerts von γ zu berücksichtigen, da dieser von zweiter Ordnung in 1/N 2/3 sein würde. Wie steht es nun mit den Beiträgen der anderen Schnitte. Für C1̄ laufen die Integrale in (14.387) von ĝ = −2/σ nach −∞ und nehmen vie (−2/σ)−k ab. Der dazugehörige letzte Term in der Reihe SN (C1̄ ) hat die vernachlässigbare Größenordnung e−N log N . Für die Schnitte C2,2̄,3 beginnen die Integrale (14.387) bei ĝ = 1/σ und haben daher das führende Verhalten (0) εk ∼ σ k . (17.413) Zum N-ten Term liefern sie also zunächst einen Beitrag SN ∼ (σĝ)N . (17.414) Leider nimmt dieser nur wie (14.409) ab, so daß wir zunächst wieder keine Erklärung für die beobachtete Konvergenz im Starkkopplungslimes haben. Auch hier liefert eine zusätzliche Information die gewünschte schärfere Abschätzung. Die Schnitte in Abb. 14.15 reichen nämlich nicht wirklich bis zum Punkt σĝ = 1. Es existiert ein kleiner Kreis vom Radius ∆ĝ > 0, in dem Ê (0) (ĝ) singularitätenfrei ist. Dies folgt aus der bisher nicht benutzten Zusatzinformation, daß die Starkkopplungsentwicklung (5.267) für g > gs konvergiert [siehe (5.268)]. Für die reduzierte Energie (14.384) lautet diese Entwicklung nämlich: Ê (0) (ĝ) = !1/3 ĝ 4 α0 + α1 " ĝ 1 3 4ω (1 − σĝ)3/2 #−2/3 + α2 " 1 ĝ 3 4ω (1 − σĝ)3/2 #−4/3 + ... . (17.415) The convergence of (5.267) for g > gs implies that (14.415) converges for all σĝ in a neighborhood of the point σĝ = 1 with a radius ∆(σĝ) ∼ ĝ −ḡs !2/3 = ( 1 [1 + ∆(σĝ)] −σḡs )2/3 (17.416) Wegen der Konvergenz von (5.267) für g > gs konvergiert (14.415) für alle σĝ in einer Umgebung des Punkts σĝ = 1 mit dem Radius ∆(σĝ) ∼ ĝ −ḡs !2/3 = ( 1 [1 + ∆(σĝ)] −σḡs )2/3 (17.417) 580 17 Tunnelprozesse exp(6.41 − 9.42N 1/3) 2 3 4 5 -10 |SN | -20 -30 N 1/3 -40 Abbildung 17.16 Theoretisch erhaltenes Konvergenzverhalten der N ten Näherungen für α0 im Vergleich mit dem empirisch gefundenen Verhalten in Fig. 5.23. e9.23N 1/3 −5.14 SN N 1/3 Abbildung 17.17 Theoretisch erhaltene Oszillationen um die exponentiell schnelle Annäherung von α0 an den exakten Grenzwert als Funktion der Ordnung N der Näherung. Zum Vergleich sind die zwischen geraden und ungeraden N gemittelten empirisch gefundenen Werte aus Abb. 5.24 aufgetragen. 581 17.10 Divergenz der Störungsreihen wo ḡs ≡ gs /ω 3 . Deshalb beginnen die Integrationswege der Momentenintegrale (0) (14.387) für die Beiträge εk (Ci ) der anderen Schnitte nicht bei σĝ = 1, sondern ein Stück ∆(σĝ) entfernt davon. Dadurch wird ein zusätzlicher Unterdrückungsfaktor (σĝ)−N ∼ [1 + ∆(σĝ)]−N . (17.418) erzeugt. Für die weitere Diskussion setzen wir −ḡs = |ḡs | exp(iϕs ) und xs ≡ (−ĝ/ḡs )2/3 = −|xs | exp(iθ), und führen den Parameter a ≡ 1/[|ḡs |c]2/3 ein. Da es zwei komplex-konjugierte Beiträge gibt, erhalten wir für große N einen letzten Term in der umentwickelte Reihe von der Größenordnung SN (C2,2̄,3 ) ≈= e−N 1/3 a cos θ cos(N 1/3 a sin θ). (17.419) Mit der Parameterwahl |ḡs | ∼ 0.160, θ ∼ −0.467 (17.420) erhalten wir die in Abbn. 14.16 und 14.17 gezeigten Kurven, die gut mit den empirisch gefundenen in Abbn. 5.23 und 5.24 übereinstimmen. Die Einhüllende Rn n Abbildung 17.18 Vergleich der Verhältnisse Rn zwischen sukzessiven Entwicklungskoeffizienten (Punkte) der Starkkopplungsentwicklung mit den theoretischen Werten Rnas aus einer Entwicklung der Superposition zweier Quadratwurzelsingulariten bei g = 0.156 × exp(±0.69) (Kreuze). Abbildung 17.19 Starkkopplungsentwicklung der Grundzustandsenergie im Vergleich mit den exakten und störungestheoretischen Werten zweiter und dritter Ordnung. Der Konvergenzradius in 1/g ist offenbar größer als 1/0.2. 1/3 hat ein exponentielles Abfallverhalten e−9.23N . Wir wollen nun sehen, wie sich die Lage (14.420) der führenden BenderWu-Singularitäten mit der aus der Starkkopplungentwicklung (5.267) bis zur Ordnung 22 errechenbaren vergleicht. Für ein Paar komplex-konjugierter 582 17 Tunnelprozesse Quadratwurzelsingularitäten bei xs = −|xs | exp(±iθ) haben die Koeffizienten einer P Potenzreihe αn xn die asymptotischen Verhältnisse Rn ≡ αn+1 /αn ∼ Rnas ≡ − cos[(n + 1)θ + δ]/|xs | cos(nθ + δ). Indem wir diese gegen die Verhältnisse Rn der Koeffizienten αn aus Tabelle 5.8 auftragen (siehe Abb. 14.18), finden wir gute Übereinstimmung bei folgender Parameterwahl: |xs | = 1/0.117, θ = −0.467, (17.421) mit einem irrelevanten Phasenwinkel δ = −0.15. Der Winkel θ stimmt genau mit dem in (14.420) bestimmten Wert überein. Aus |xs | finden wir |ḡs | = 4|1/xs |3/2 = 0.160, ebenfalls in bester Übereinstimmung mit (14.420). Dieser Konvergenzradius ist im übrigen verträglich mit dem beobachteten Konvergenzverhalten der Starkkopplungsreihe bis zur Ordnung 22, wie in Abb. 14.18 gezeigt wird, indem wir die aus der abgebrochenen Reihe errechenten Werte mit den exakten Kurven und denen aus den Störungsentwicklungen zweiter und dritter Ordnung verglichen haben. 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten Eine wichtige physikalische Anwendung der oben entwickelten Tunneltheorie behandelt die extrem kleinen Widerstände von dünnen supraleitenden Drähten.16 Deren supraleitender Zustand wird durch einen komplexen Ordnungsparameter ψ(z) beschrieben, der nur von der Ortsvariablen z entlang des Drahtes abhängt. Wir sprechen dann von einem Ordnungsfeld. Der obige Formalismus ist einsetzbar, wenn wir die euklidische Zeit τ mit der Variablen z identifizieren. Wir betrachten einen geschlossenen Leiter, in dem ψ(z) die periodischen Randbedingungen ψ(z) = ψ(z + L) (17.422) erfüllt. Die Energiedichte dieses Systems kann näherungsweise durch eine LandauEntwicklung beschrieben werden. Sie besteht aus einer Entwicklung nach Potenzen des Felds ψ und nach dessen niedrigsten Gradienten und hat die Form g e(z) = |∂z ψ(z)|2 + m2 |ψ(z)|2 + |ψ(z)|4 . 4 (17.423) Die Energie des fluktuierenden Ordnungsfelds ist durch das Funktional E[ψ ∗ , ψ] = Z L/2 −L/2 e(z) (17.424) gegeben. Es kontrolliert die Wahrscheinlichkeit jeder Feldkonfiguration durch den Boltzmannfaktor exp{−E[ψ ∗ , ψ]/kB T }. Der Parameter m2 des quadratischen Terms heißt Masse des Ordnungsfelds. Er wird negativ unterhalb der kritischen Temperatur 16 Dünn“ bedeutet hier viel dünner als die weiter unten in Gl. (14.429) definierte Kohärenzlänge. ” ” 583 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten Tc , und der Draht wird dort supraleitend. In einer Umgebung von Tc können wir ihn näherungsweise durch T 2 2 m ≈ m0 −1 (17.425) Tc parametrisieren. Die thermische Zustandssumme ist durch das Pfadintegral Z= Z Dψ ∗ (z)Dψ(z)e−E[ψ ∗ ,ψ]/k BT (17.426) gegeben. Wenn T nicht in unmittelbarer Nähe von Tc liegt, kann sie mit semiklassischen Methoden ausgewertet werden.17 Die mikroskopische Ursache für das Phänomen Supraleitung ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung und soll hier nur kurz skizziert werden: Ein Supraleiter ist ein Metall, dessen Elektronen nahe der Oberfläche des Fermi-Sees bei niedrigen Temperaturen die Coulomb-Abstoßung überwinden und gebundene Zustände von zwei Elektronen in einer relativen s -Welle ausbilden, die sogenannten Cooper-Paare. Wir behandeln hier nur die seit langem verstandenen Supraleiter, die erst nahe des absoluten Temperaturnullpunkts bei wenigen Grad Kelvin supraleitend werden. Die Physik der erst kürzlich entdeckten HochtemperaturSupraleiter ist bis jetzt noch nicht genug verstanden, um ähnliche Überlegungen anzustellen. Die Anziehung zwischen den Elektronen in den Cooper-Paaren wird durch Gitterschwingungen verursacht. Sie ist extrem schwach, und das ist der Grund warum Supraleitung erst bei sehr niedrigen Temperaturen einsetzt; bei Temperaturen oberhalb von Tc werden die Cooper-Paare durch die Wärmebewegung auseinandergerissen. Der Wert von Tc zeigt direkt die Bindungsenergie der Cooper-Paare an: EPaar = kB Tc . In der feldtheoretischen Beschreibung wird die Bindungskraft durch Phononen-Austausch“ erzeugt. Mikroskopisch geht das ” folgendermaßen vor sich: Jedes Elektron deformiert das Kristallgitter ein wenig, um in seiner Umgebung einen leichten Überschuß positiver Ionen anzusammeln. Diese wiederum stellen für die übrigen Elektronen ein anziehendes Potential dar. Für zwei ruhende Elektronen ist diese Anziehungskraft viel niedriger als die CoulombAbstoßung. Bei Elektronen, die sich an der Oberfläche der Fermi-Kugel bewegen, d.h. mit Wellenvektoren in der Nähe von kF ≈ 1/rA, ist dies aber umgekehrt, da das Coulomb-Potential im Impulsraum durch einen Faktor 1/kF2 unterdrückt wird. Die Bindungskraft ist dennoch sehr schwach, und es gibt nur in der s Welle eine Bindungschance (da höhere Partialwellen eine zusätzliche Abstoßung durch die Zentrifugalbarriere ∝ l(l + 1)/r 2 besitzen). Wenn eine s -Welle sehr schwach gebunden ist, dann kann das Potential zwischen den Elektronen durch ein δ-Funktionspotential mit der Kopplungskonstante g von der Form V ≈ −gδ(r) angenähert werden. Die kritische Temperatur, die normalerweise im Bereich weniger Grad Kelvin liegt, erfüllt die Beziehung Tc kB = µe−1/g . 17 (17.427) Das Pfadintegral dieses Zerfalls geht zurück auf eine am Kapitelende zitierte Arbeit von J.S. Langer und V. Ambegaokar (1967) und eine andere von McCumber und Halperin (1970). 584 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.20 Renormierungsgruppen-Trajektorien, d.h. Kurven mit gleichem Tc und identischen Supraleitungseigenschaften in der g, µ-Ebene (g=Anziehungskonstante zwischen den Elektronen, µ=Debye-Temperatur, kB = 1). Die Renormierungsgruppe bestimmt die Reparametrisierungmöglichkeiten eines festen supraleitenden Systems entlang jeder Kurve. Hier ist µ der obere Energierand des Phononenspektrums TD kB , wo TD die DebyeTemperatur der Gittervibrationen bezeichnet. Ein wichtiges, durch Experimente bestätigtes Resultat der Theorie ist, daß alle charakteristischen Eigenschaften eines Supraleiters nahe der kritischen Temperatur Tc sich als Funktion von T allein mit Hilfe von Tc parametrisieren lassen, ohne weitere mikroskopische Größen einzubeziehen. Daher haben viele mikroskopisch völlig verschiedene Systeme mit unterschiedlichen mikroskopischen Parametern TD und g dieselben Supraleitungseigenschaften (siehe Abb. 14.20). Die Rolle der kritische Temperatur war ein wichtiges Vorbild für das Verständnis der völlig analogen dimensionstransmutierten Kopplungskonstanten, deren ähnliche Bedeutung erst vor wenigen Jahren in Quantenfeldtheorien erkannt wurde. Dort wird ein willkürlicher Massenparameter µ benötigt, um die Kopplungsstärke der renormierten Theorie zu definieren, die eine Funktion g(µ) ist. Alle physikalischen Größen hängen nur von der Kombination Mc = µe−1/g(µ) (17.428) 585 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten ab.18 Die Menge aller gleichzeitigen Änderungen von µ und g(µ), die zu einer Kurve mit festem Mc gehören, bilden die Renormierungsgruppe. Die Kurve µ, g(µ) heißt Renormierungsgruppen-Trajektorie (siehe Abb. 14.20). Wenn man in natürlichen Einheiten mit h̄ = kB = M = 1 rechnet, so entspricht die kritische Temperatur einer Länge von ≈ 1000rA. Diese Länge bestimmt die räumlichen Korrelationender Cooper-Paare über die Beziehung19 T 1 1− ξ(T ) = Tc Tc −1/2 T ≈ 1000rA 1 − Tc −1/2 . (17.429) Beachtenswert ist, daß die Cooper-Paare viel größer als der Gitterabstand sind, der ja von der Größenordnung 1rA ist. Ihre Größe wird bestimmt durch das Verhältnis h̄2 kF /me πkB Tc , wo kF die Wellenzahl der Elektronen der Masse me auf der Oberfläche der Fermi-Kugel ist. Die Temperatur Tc in normalen Supraleitern von der Ordnung 1 K ist gleich 1/11604.447 eV. Deshalb ist die thermische Energie kB Tc um einen Faktor 2.345 × 10−3 kleiner als die atomare Energie EH = 27.210 eV (vgl. die auf S. 13.7 eingeführten atomaren Einheiten). Die Größe h̄2 /me πkB Tc ist daher von der Ordnung 102 a2H , wo aH der Bohr-Radius. Da aH von der gleichen Ordnung wie 1/kF ist, finden wir für die Größe der Cooper-Paare ungefähr den 100fachen Gitterabstand. Die Größe der Paare gibt a posteriori eine Rechtfertigung für den Gebrauch der δ-Funktionsnäherung für das anziehende Potential, dessen Reichweite nur einige Gitterabstände beträgt, also viel kleiner als ξ(T ) ist. Die Existenz großer gebundener Zustände bedingt, daß der Supraleiter über große Abstände der Ordnung ξ(T ) kohärent ist. Daher wird ξ(T ) als Kohärenz-Länge bezeichnet. Auf ähnliche Weise können sich Cooper-Paare auch in anderen Fermi-Systemen bilden, z.B. in einer Flüssigkeit von 3 He-Atomen. Dort führen sie zum Phänomen der Supraflüssigkeit. Die Paare bilden sich dort allerdings in der p-Welle, da das interatomare Potential einen abstoßenden Kern für r < 2.7rA besitzt. Dieser behindert die Ausbildung eines Bindungszustands in der s-Welle. Außerdem erzeugt er in der fast völlig entarteten Fermiflüssigkeit eine hohe Spin-Spin-Korrelation mit dem Vorzug paralleler Spinausrichtung. Wegen der notwendigen Antisymmetrie der Paarwellenfunktionen führt das zu einer Abstoßung in den geraden Partialwellen, so daß sich Cooper-Paare in einem p -Wellen Spin-Triplet-Zustand bilden. Die Bindungsenergie ist viel schwächer als in einem Supraleiter, ungefähr tausendmal kleiner, und das gleiche gilt deshalb für die kritische Temperatur: Tc = 27mK bei einem Druck von p = 35 bar. Da die Masse der 3 He-Atome viel größer als die der Elektronen ist (ungefähr um den gleichen Faktor tausend), ist die Korrelationslänge ξ für beide Systeme ungefähr gleich. Deshalb entspricht 1/Tc der gleichen Länge gemessen in rA. 18 In der Quantenchromodynamik wird diese dimensionstransmutierte Kopplungskonstante üblicherweise mit Λ bezeichnet. 19 Diese Beziehung gilt nur nahe der kritischen Temperatur Tc . Triviale Faktoren wurden der Einfachheit halber weggelassen. 586 17 Tunnelprozesse Die theoretische Beschreibung des Verhaltens des Kondensats wird stark vereinfacht, wenn wir die fundamentale Wirkung direkt durch ein Feld für die Cooper-Paare ausdrücken, nämlich durch das zusammengesetzte Zwei-ElektronenFeld ψPaar (x) = ψe (x)ψe (x). (17.430) Ein solcher Wechsel von Feldvariablen kann in der Pfadintegralformulierung der Quantenfeldtheorie sehr einfach ausgeführt werden. Die Methode gleicht der in Abschnitt 15.10, wo ein Hilfsfelds ϕ(x) in der Polymer-Feldtheorie eingeführt wird. Wir haben dieses Thema an anderer Stelle im Detail beschrieben.20 Zunächst ist die Zustandssumme des Systems durch ein Funktionalintegral über die Elektronenfelder gegeben: Z ∗ Z = Dψe∗ (x)Dψe (x)e−A[ψe ,ψe ] . (17.431) Wenn wir die Integrationsvariablen von ψe zu ψPaar transformieren, gelangen wir zur alternativen Paar-Zustandssumme Z= Z ∗ ∗ DψPaar (x)DψPaar (x)e−A[ψPaar ,ψPaar ] . (17.432) Im allgemeinen ist die neue Paar-Wirkung sehr kompliziert. Für Temperaturen nahe Tc kann sie jedoch wie in obiger Landau-Entwicklung (14.423) nach Potenzen des Felds ψPaar und der Feldableitungen entwickelt werden. Für statische Felder findet man die euklidische Wirkung 1 = E/kB T = d3 x e = (17.433) kB T # ! " Z 1 1 1 µ 1 4 2 2 3 |ψPaar | + 2 |∂x ψPaar | + . . . , d x − log + 2 |ψPaar | + kB T T g 2Tc2 Tc Z ∗ , ψPaar ] A[ψPaar wobei die Punkte die weggelassenen höheren Produkte des Paarfelds ψPaar und deren Ableitungen andeuten. Jedes Feld und jede Ableitung werden von einem Faktor 1/Tc begleitet. Wir wollen nun das Pfadintegral (14.433) zunächst im klassischen Limes untersuchen. Zuvor schreiben wir den Massenterm mit der kritischen Temperatur um in die Form − log Tc T |ψPaar |2 . |ψPaar |2 ∼ − 1 − T Tc (17.434) Für T < Tc hat er offenbar ein negatives Vorzeichen, so daß das Feld kein stabiles Minimum bei ψPaar = 0 besitzt. Das Feld fluktuiert um einen der unendlich vielen Werte mit dem Betrag s |ψPaar,0 | = Tc 1 − 20 T . Tc (17.435) Für die feldtheoretische Beschreibung von Teilchenpaaren mit Hilfe von Pfadintegralen siehe H. Kleinert, Collective Quantum Fields, Fortschr. Phys. 26 , 565 (1978). 587 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten Für die weitere Diskussion ziehen wir einen Faktor Tc (1 − T /Tc )1/2 aus dem Feld ψPaar heraus, führen also das Paarfeld ψ(x) ≡ ψPaar (x) 1 Tc (1 − T /Tc )1/2 (17.436) ein und schreiben die renormierte Energiedichte als 1 e = |∂ψ|2 − |ψ|2 + |ψ|4 . 2 (17.437) Dabei haben wir noch Gebrauch von der Kohärenzlänge (14.429) gemacht und sind von der Ortsvariablen x zu einer dimensionslosen Ortsvariablen mit Hilfe einer Ersetzung x → x ξ übergegangen. Außerdem haben wir einen Energiedichte-Faktor proportional zu (1 − T /Tc )2 Tc2 weggelassen. In der reskalierten Form von (14.437) liegt das Minimum nun bei |ψ0 | = 1 und die Energiedichte beträgt e = ec = −1/2. (17.438) Die negative Energie zeigt die Bindungsenergie der Cooper-Paare Kondensat an (in den benutzten natürlichen Einheiten). Sie wird daher als Kondensationsenergie bezeichnet. Mit Hilfe von (14.437) lautet die Zustandssumme im Gleichgewicht Z= Z Dψ ∗ (x)Dψ(x)e−(1/T ) R d3 x e . (17.439) Wir sind nun in der Lage, die von den Cooper-Paaren erzeugten Strömungseigenschaften eines elektrischen Stroms zu diskutieren. Er wird getragen von der divergenzfreien Paarstromdichte j(x) = ↔ 1 ∗ ψ (x) ∂x ψ(x), 2i (17.440) die die Anzahl der Paare pro Zeit- und Flächeneinheit angibt. Für die elektrische Stromdichte muß sie nur noch mit der Ladung der Paare multipliziert werden, die gleich der doppelten Elektronenladung ist. Die wichtige Frage lautet nun: Wie kann der Paarstrom zu einem Suprastrom“ ” werden und für eine sehr lange Zeit aufrechterhalten werden? Dabei bedeutet sehr langeSStunden bis Jahre, solange die Geduld der Experimentatoren und ” deren Budget reichen21 Um das zu verstehen, geben wir einen Strom in einem langen geschlossenen Leiter vor und nehmen an, daß die Dicke des Leiters klein gegen die Kohärenzlänge ξ(T ) ist, damit obige Beschreibung Anwendung finden kann. Dann werden nämlich die transversalen Fluktuationen des Paarfelds stark unterdrückt. Das geschieht durch die Gradiententerme |∂x ψ|2 im Boltzmannfaktor. Das System hängt dadurch im wesentlichen nur noch von der Koordinate z längs des Leiters ab. Wenn der Querschnitt des Leiters im inversen Temperaturvorfaktor im 21 Siehe M. Tinkham, Introduction to Superconductivity, McGraw-Hill, New York, 1975. 588 17 Tunnelprozesse Boltzmannfaktor von (14.439) absorbiert wird, braucht nur noch die Zustandssumme (14.439) des eindimensionalen Systems bestimmt zu werden. Die Energiedichte (14.437) ist genau von der Form (14.423). Wir zerlegen das komplexe Feld ψ(z) in Polar-Koordinaten ψ(z) = ρ(z)eiγ(z) . (17.441) Mit deren Hilfe wird die Energiedichte zu 1 e(z) = −ρ2 + ρ4 + ρ2z + ρ2 γz2 , 2 (17.442) wobei der untere Index z die Ableitung nach z bedeutet. Die Feldgleichungen sind j(z) = ρ2 (z)γz (z) = const und ρzz = −ρ + ρ3 + j2 . ρ3 (17.443) (17.444) Wenn wir z als imaginäre Zeit“ interpretieren, beschreibt die zweite Gleichung die ” Bewegung eines am Ort ρ(z) liegenden Massenpunkts im umgeklappten Potential j2 1 V (ρ) ≡ −ρ2 + ρ4 − 2 , 2 ρ (17.445) d.h. im Potential −V (ρ) (siehe Abb. 14.21). Selbstverständlich würde das gegitterte Pfadintegral durch den in Kapitel 8 beschriebenen Pfadabsturz nicht existieren. Für die semiklassische Näherung, die wir benutzen wollen, ist das aber nicht der Fall. Wir führen also eine Sattelpunktsentwicklung durch und beginnen mit den extremalen Lösungen. Die triviale Lösung ist γ(z) = kz, √ ρ(z) ≡ ρ0 = 1 − k 2 . (17.446) Da der Draht geschlossen ist, muß die Phase γ(z) in der Länge des Leiters periodisch sein. Wir erhalten daher eine Quantisierungsbedingung für die Wellenzahl k: kn = 2π n, L n = 0, ±1, ±2, . . . . (17.447) Der dazugehörige Strom lautet j(k) = ρ20 k = (1 − k 2 )k. (17.448) Als Funktion von k finden wir ein Maximum beim sogenannten kritischen Strom jc . Deshalb gilt stets 2 |j| < jc ≡ √ (17.449) 3 3 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten 589 Abbildung 17.21 Das Potential V (ρ) = −ρ2 + ρ4 /2 − j 2 /ρ2 mit der zu überquerenden Barriere links von ρ0 . Sie verkleinert sich bei wachsendem Strom. entsprechend 1 |k| < kc ≡ √ . (17.450) 3 Keine Lösung der Feldgleichungen kann einen größeren Strom als den kritischen tragen. Die Energiedichte der Lösung (14.446) ist 1 ec (k) = V (ρ0 ) = − (1 − k 2 )2 . 2 (17.451) Die k-Abhängigkeit ist in Abb. 14.22 dargestellt. Übrigens liegt der k-Bereich (14.450), bei dem ein Suprastrom existieren kann, genau zwischen den beiden Umkehrpunkten. Die Energie ec (k) stellt die negative Kondensationsenergie dar, die das System in Gegenwart eines Stroms besitzt und die für k → 0 gegen den stromfreien Wert (14.438) geht. Wir wollen nun erklären, warum alle Zustände mit einem Strom jn kleiner als jc wirkliche Supraströme sind, d.h. warum sie eine extrem lange Lebensdauer haben. Dazu zeigen wir, daß jeder Wert von kn mit |kn | < kc einen metastabilen Zustand des Leiters kennzeichnet, der nur durch Tunnelprozesse in den Grundzustand mit k0 = 0, d.h. in den stromlosen Zustand zerfallen kann. Um die Stabilität zu verdeutlichen, stellen wir die Feldkonfiguration als eine Spirale mit Radius ρ0 590 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.22 Kondensationsenergie als Funktion des Geschwindigkeitsparameters kn = 2πn/L Abbildung 17.23 Ordnungsparameter ∆(z) = ρ(z)eiγ(z) eines supraleitenden Zustands. Er ist als Spirale mit Radius ρ0 und Ganghöhe ∂γ(z)/∂z = 2πn/L dargestellt. Bei verschwindender Temperatur ist der Suprastrom absolut stabil und die Windungszahl n eine topologische Invariante. dar, deren Azimutwinkel in Abhängigkeit von z die Phase γ(z) = kn z angibt (siehe Abb. 14.23). Bei T = 0 liegt ρ fest bei ρ0 und die Windungszahl ist aus topologischen Gründen absolut stabil . Der Strom ist für immer erhalten. Jeder metastabile Zustand mit Wellenzahl kn 6= 0 hat eine unendliche Lebensdauer. Wenn der Strom sich um eine Einheit von n verringern möchte, benötigt er thermische Fluktuationen, die ρ(z) an einer Stelle zu null machen. Dort wird die Phase undefiniert und kann um 2π abnehmen. Man spricht von einem Phasenschlupf . Bei nichtverschwindenden aber niedrigen Temperaturen sind solche Phasenschlüpfe nicht mehr verboten. Sie finden aber im allgemeinen nur sehr selten statt. Damit eine Fluktuation, die ρ(z) an einer Stelle zum Verschwinden bringt, mit einiger Wahrscheinlichkeit im Funktionalintegral (14.439) vorkommt, muß sie von einer nichttrivialen Lösung der Bewegungsgleichung ausgehen, die ρ(z) so dicht wie möglich an null heranbringt. Aufgrund unserer Erfahrung im Auffinden der 591 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten Abbildung 17.24 Extremaler Ausflug entsprechend einem D = 1-kritischen Bläschen in der Größe des Ordnungsparameters in einem supraleitenden Draht. Er entspricht einem √ Massenpunkt, der bei ρ0 startet, den Berg wegen der negativen Gravitation“ bis ρ1 = 2k ” überwindet und zu ρ0 zurückkehrt, wobei die Variable z die Rolle einer Zeitvariablen spielt. klassischen Bewegung eines Massenpunktes in einem Potential wie −V (ρ) aus Gl. (14.445) ist es offensichtlich, daß es eine Lösung geben muß, die ρ(z) von √ ρ0 = √ 1 − k 2 bei z = −∞ über die Potentialbarriere zu dem kleinen Wert ρ1 = 2k bringt und wieder zurück über die Barriere zu ρ0 , das bei z = ∞ erreicht wird (siehe Abb. 14.24).Zur Berechnung verwenden wir das erste Integral der Bewegungsgleichung (14.444), den Energieerhaltungssatz 1 2 1 1 ρz − V (ρ) = E = − V (ρ0 ) 2 2 2 1 ρ0 (ρ0 + 2ρ1 ), = 4 (17.452) der die Gleichung q ρz = 2E + V (ρ) liefert. Diese wird durch das Integral z − z1 = √ Z 2 1 = √ 2 ρ ρ1 Z √ ρ2 ρ21 (17.453) ρdρ ρ6 − 2ρ4 + 4Eρ2 − 2j 2 dρ2 q (ρ2 − ρ21 )(ρ2 − ρ20 ) (17.454) gelöst, das wir leicht ausführen können: 2 z − z1 = − q 2(ρ20 − ρ21 ) v u 2 uρ arctanht − ρ21 . ρ20 − ρ21 (17.455) 592 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.25 Eine infinitesimale Verschiebung des kritischen Bläschens ρ′kl . Sie entspricht einer energielosen antisymmetrische Wellenfunktion mir einer Nullstelle. Daraus folgt die Existenz eines gebundenen Zustands mit negativer Energie. Invertieren wir diese Gleichung, so finden wir die Bläschenlösung“ ” ω 2/2 ρ2kl (z) = 1 − k 2 − , cosh2 [ω(z − z1 )/2] wobei ω= q 2(ρ20 − ρ21 ) (17.456) (17.457) die Krümmung von V (ρ) nahe ρ0 ist, d.h. V (ρ) ≈ ω 2 (ρ − ρ0 )2 + . . . . (17.458) Die zusätzliche Energie der Bläschenlösung verglichen mit der der bläschenfreien ist Ekl = Z 0 L 4q 4 2(1 − 3k 2 ). dz[e(ρkl ) − ec (k)] = ω = 3 3 (17.459) Diese explizite Form der Lösung (14.456) erreicht den Punkt mit dem kleinsten ρ-Wert bei z1 , wo ρ gleich √ (17.460) ρ1 ≡ ρ(z1 ) = 2k wird. Dieser Wert ist immer noch von null verschieden und erlaubt noch keinen Phasenschlupf. Das wird erst durch die quadratischen Fluktuationen um diese Lösung möglich, doe tatsächlich zu einer Verringerung des Stroms führen. Zum Beweis zerlegen wir das fluktuierende ̺(z) in ρ(z) = ρkl (z) + δρ(z) (17.461) 593 17.11 Zerfall von Supraströmen in dünnen Drähten und setzen es in die freie Energie ein. Da ρkl extremal ist, wird die Energie für kleine δρ(z) eine quadratische Form von δρ(z): δ2E = Z L 0 dz δρ(z)[−∂z2 + V ′′ (ρ)]δρ(z). (17.462) Für den Zerfall des Suprastroms ist es nun wichtig, daß dieser Ausdruck nicht positivdefinit ist. Das läßt sich durch Lösen des Eigenwertproblems [−∂z2 ′′ + V (ρkl )]ψn (z) = " −∂z2 −1+ 3ρ2kl j4 − 3 4 ψn (z) = λn ψ(z) ρkl # (17.463) zeigen. Das Potential in (14.463) geht asymptotisch gegen die Konstante ω 2 . Wenn z von rechts gegen z1 geht, nimmt das Potential V ′′ (ρkl (z)) ab und hat bei z = z1 ein Minimum mit einem negativen Wert Danach steigt es wieder auf den asymptotischen Wert ω 2 an. Die die Eigenfrequenzen und Wellenfunktionen sind in Abb. 14.25 eingezeichnet. Es gibt genau einen negativen Eigenwert λ−1 . Eine einfache Begründung dafür beruht auf dem gleichen physikalischen Argument, das zuvor auf die Schrödingergleichung (14.256) angewandt wurde: Die zur infinitesimalen Verschiebung der Blase gehörige Wellenfunktion hat keine Energie und eine Nullstelle, woraus die Existenz eines niedrigeren Eigenwerts λ−1 < 0 folgt. Die dazugehörige Wellenfunktion hat keine Nullstelle mehr; deshalb gibt es keinen weiteren negativen Eigenwert. Sie beschreibt die Kontraktion und Expansion der Bläschenlösung, die entweder die Rückkehr zur klassischen Ausgangsspirale (14.456) aus Abb. 14.23 oder den Übergang in die um eine Windung reduzierte Spirale verursacht. Im zweiten Fall verringert sich der Suprastrom. Für eine genaue Berechnung der Zerfallsraten siehe die Literaturhinweise am Kapitelende. Hier nur das Endresultat:22 Rate = const × L ω(k)e−Ekl /kB T (17.464) mit dem k-abhängigen Vorfaktor ω(k) = √ √ " !# − 3k 2 )7/4 1 − 3k 2 3 2k √ exp − √ , arctan (1 − k 2 )1/2 1 − 3k 2 2k (1 2|λ′−1 | (17.465) i 1 h 2 2 2 2 1/2 2 (1 + k ) + 3(1 − 3k ) − (1 + k ) < 0. ≡− 2 (17.466) wobei λ′−1 die negative Eigenfrequenz der Fluktuationen des komplexen Felds ψ(z) ist [was nicht direkt mit λ−1 aus Gl. (14.463) in Beziehung steht und eine gesonderte Argumentation des anfänglichen Pfadintegrals (14.439) erfordert]. Dieser etwas kompliziert wirkende Ausdruck hat eine einfache aber sehr genaue Näherung, die 22 H. Kleinert und T. Sauer, J. of Low Temp. Physics 81, 123 (1990). 594 17 Tunnelprozesse Abbildung 17.26 Widerstand eines supraleitenden Drahts mit 2×10−9 cm2 Querschnitt als Funktion der Temperatur bei einem Strom von 0.2µA. Die Punkte sind experimentelle Daten und die vertikale Achse ist durch den bei T > Tc gemessenen Ohmschen Widerstand Rn = 0.5Ω normalisiert. bereits früher durch eine numerische Berechnung der Fluktuationsdeterminante gefunden wurde:23 √ ω(k) ≈ (1 − 3k)15/4 (1 + k 2 /4). (17.467) √ Beide Ausdrücke verschwinden am kritischen Wert k = kc = 1/ 3. Der sich aus diesen Rechnungen ergebende Widerstand eines dünnen supraleitenden Drahtes ist in Abb. 14.26 mit experimentellen Daten verglichen. 17.12 Zerfall metastabiler thermodynamischer Phasen Eine Verallgemeinerung dieses Zerfallsmechanismus spielt eine wichtige Rolle bei den Phasenübergängen erster Ordnung in Vielteilchensystemen. Hier entsprechen zwei Minima eines Potentials zwei verschiedenen thermodynamischen Phasen eines Systems. Nehmen wir zum Beispiel Wasser in der Nähe des Siedepunktes. An der Siedetemperatur haben die flüssige und die feste Phase die gleiche Energie. Diese Situation entspricht der eines symmetrischen Potentials. Bei etwas höheren Temperaturen wird die flüssige Phase metastabil. Sie ist überhitzt. Das Potential ist jetzt leicht asymmetrisch. Der Zerfall der überhitzten Phase geschieht durch 23 D.E.M̃cCumber und B.I. Halperin, Phys. Rev. B 1, 1054 (1970). 595 17.12 Zerfall metastabiler thermodynamischer Phasen Ausbildung kritischer Bläschen.24 Deren Außenseite stellt das metastabile Wasser dar, der Innenraum ist mit Dampf gefüllt und liegt damit näher am stabilen Minimum des Potentials. Der Radius eines kritischen Bläschens ist durch das Gleichgewicht zwischen Volumenenergie und Oberflächenenergie bestimmt. Wenn σ die Oberflächenspannung ist und ǫ den Unterschied der Energiedichte in den beiden Phasen bezeichnet, hängt die Bläschenenergie vom Radius wie folgt ab E ∝ σ 4πR2 − ǫ 4π 3 R. 3 (17.468) Diese Energie (siehe Abb. 14.27) sieht qualitativ wie die Wirkung A(ξ) in Abb. 17.8 Abbildung 17.27 Bläschen-Energie als Funktion des Radius R. aus. Der Bläschenradius R spielt hier die Rolle des Deformationsparameters ξ. Am kritischen Bläschen ist die Energie maximal. Die Fluktuationen des kritischen Bläschens müssen daher eine negative Frequenz haben, die der Instabilität des Bläschens gegen Expansion und Kontraktion entspricht. Wenn sich das Bläschen ausdehnt, transformiert es die ganze Flüssigkeit in die stabile Gas-Phase. Bei Kontraktion hingegen verschwindet das Bläschen und die Flüssigkeit bleibt in der überhitzten Phase. Nur der Expansionsteil der Fluktuationen muß bei der Berechnung der Lebensdauer der überhitzten Phase berücksichtigt werden. Es ist lehrreich, einen vergleichenden Blick auf die Eigenschaften der kritischen Bläschen bei verschiedenen räumlichen Dimensionen zu werfen. Wir wollen zunächst den Fall von drei Raumdimensionen untersuchen. Wie bei der Supraleitung wird die Beschreibung des Phasenübergangs vom flüssigen in den festen Zustand mit Hilfe eines raumabhängigen Ordnungsparameters, d.h. eines Ordnungsfelds ϕ(x), beschrieben. Die beiden Minima des Potentials V (ϕ) entsprechen den beiden Phasen des Systems. Der kinetische Term x′2 im Pfadintegral ist jetzt ein Gradiententerm (∂x ϕ(x))2 , der die endlichen Korrelationen zwischen benachbarten Feldkonfigurationen sicherstellt. Die euklidische Wirkung, die die Fluktuationen bestimmt, ist daher von der Form A[ϕ] = 24 Z d3 x J.S. Langer, Ann. Phys. 41, 108 (1967). 1 [∂x ϕ(x)]2 + V (ϕ) , 2 (17.469) 596 17 Tunnelprozesse wobei V (ϕ) das gleiche Potential ist wie V (x) in (14.1), nur erweitert um die asymmetrische Energie (14.244). In der klassischen Statistik sind die thermischen Fluktuationen durch das Pfadintegral für die Zustandssumme Z= Z Dϕ(x)e−A[ϕ]/T (17.470) bestimmt, wenn T die in VielfachenR der Boltzmannkonstante kB gemessene Temperatur ist. Das Pfadintegral Dϕ(x) ist über eine Zerlegung des dreidimensionalen Raums in kleine Würfel mit Kantenlänge ǫ definiert, in der die Feldintegration an jedem Punkt ausgeführt wird. Das kritische Bläschen extremiert die Wirkung. Bei Rotationssymmetrie erfüllt das Bläschen in D Dimensionen die klassische Euler-Lagrange-Feld-Gleichung d2 D−1 d − 2− ϕkl + V ′ (ϕkl (r)) = 0. dr r dr ! (17.471) Im Unterschied zur Gleichung (14.308) für die eindimensionale Bläschenlösung enthält diese einen zusätzlichen Gradiententerm −[(D − 1)/r]∂r ϕkl , der eine exakte Lösung der Gleichung mit Hilfe des Energieerhaltungssatzes (14.309) verhindert. Die relevanten qualitativen Eigenschaften der Lösung können jedoch wie bei der eindimensionalen Bläschenlösung leicht verstanden werden, wenn wir in Analogie zu Abb. 14.11 das umgeklappte Potential betrachten und die Lösung ϕ(r) als Koordinate x eines Massenpunkts verstehen, wobei −r die Rolle einer Zeit“ t spielt. ” Dann wird (14.471) zu ẍ(t) − D−1 ẋ(t) − V ′ (x(t)) = 0, t (17.472) und der zweite Term, also der −[(D − 1)/r]∂r ϕkl (r) in (14.471) spielt die Rolle einer negativen Reibung“. Diese vermindert sich mit der Zeit“ wie 1/t. Mit unserer ” ” Alltagserfahrung in mechanischen Systemen können wir sofort den qualitativen Verlauf der Lösung von (??) und damit von (14.471) skizzieren, wie es in Abb. ?? geschehen ist. In einer Dimension läßt die dann Energieerhaltung das Teilchen bis zur rechten Nullstelle des Potentials laufen. Für D > 1 hingegen treibt die Antireibung“ ” das Teilchen ein Stück darüber hinaus. In dieser Interpretation können wir den Gradienten −(2/r)∂r ϕkl als einen Reibungsterm auffassen, der proportional zu −1/r ist. Wegen des negativen Vorzeichens spielt er die Rolle eines Anti-Reibungsterms“. Er zerstört den ” Energieerhaltungssatz, der zur Bläschenlösung im eindimensionalen Fall führte. Das qualitative Verhalten der Lösung ist in Abb. ?? dargestellt. Bei r = 0 ist die Lösung dem stabilen Minimum sehr nahe – also dem Maximum im Bild mit dem umgeklappten Potential. Im überhitzten Wasser entspricht dieses dem Wasserdampf im Bläschen. Wenn r auf die Bläschenwand zuläuft, nähert sich der Zustand dem metastabilen Minimum, d.h. er entspricht mehr und mehr dem Wasser. Der AntiReibungsterm hat den Effekt, daß der Anfangspunkt auf der linken Seite energetisch niedriger liegt als der Endwert des metastabilen Zustands. 597 17.12 Zerfall metastabiler thermodynamischer Phasen r φcl (r) r=0 − m2 2 g φ − φ4 2 4! r=∞ r=0 φcl (r) Abbildung 17.28 Qualitatives Verhalten der Bläschenlösung als Funktion des radialen Abstands. Wir betrachten nun die Fluktuationen eines solchen kritischen Bläschen-Systems in D = 3 Dimensionen. Dazu nehmen wir an, daß das Feld um δϕ(x) von der Lösung der Feldgleichung (14.471) abweicht. Die Abweichungen erfüllen die Differentialgleichung ( D−1 d d2 L̂2 + 2 + V ′′ (ϕkl (r)) δϕ(x) = λ δϕ(x), − 2− dr r dr r ) (17.473) wobei L̂2 der Differentialoperator des Bahndrehimpulses in Einheiten h̄ = 1 ist. Unter Ausnutzung der Rotationsinvarianz entwickeln wir δϕ(x) nach Eigenfunktionen des Drehimpulses ϕnlm , d.h. nach den sphärisch-harmonischen Funktionen Ylm (x̂): X ϕ(x) = ϕnlm (r)Ylm (x̂). (17.474) nlm Die Entwicklungskoeffizienten ϕnlm erfüllen die radiale Differentialgleichung d2 2 d l(l + 1) − 2− + + V ′′ (ϕkl (r)) ϕnlm (r) = λnl ϕnlm (r) dr r dr r2 ( ) (17.475) 598 17 Tunnelprozesse mit ω2 3 ω2 2 + ϕ (r). (17.476) 2 2 a2 kl Ein Lösungssatz ist leicht gefunden. Er wird durch eine infinitesimale Verschiebung der klassischen Lösung gewonnen. Nehmen wir ein Bläschen am Koordinatenursprung ϕkl (x) = ϕkl (r) (17.477) V ′′ (ϕkl (r)) = − und verschieben es an einen anderen Ort x + a, so finden wir in niedrigster Ordnung in a ϕkl (x + a) = ϕkl (x) + a∂x ϕkl (x) = ϕkl (r) + ax̂∂r ϕkl (r). (17.478) Hier ist x̂ nur die kartesische Schreibweise der drei Komponenten der sphärischharmonischen Funktionen Y1m (x̂). Wenn wir die sphärischen Komponenten eines Vektors x3 √ x0 (17.479) x1 ≡ (x1 + ix2 )/ √2 x−1 −(x1 − ix2 )/ 2 einführen, so sehen wir, daß s 4π Y1m (x̂) (17.480) 3 ist. Also muß δϕ(x) = ax̂∂r ϕ(x) eine Lösung von Gl. (??) mit Nullfrequenz λ sein. Das kann auch leicht direkt gezeigt werden: Der Faktor x̂ gibt L̂2 den Eigenwert 2, und die radiale Ableitung δϕ(x) = ∂r ϕkl (r) ist eine Lösung von Gl. (??) mit l = 1 und λnl = 0. Letzteres wiederum beweisen wir durch Ableiten der EulerLagrange-Gleichung (14.471) nach r. Wenn wir für die Hauptquantenzahl dieser Verschiebungszustände den Wert n = 1 wählen, stellen die drei Komponenten von x̂∂r ϕkl (r) die Eigenschwingungen ϕ1,1,m dar. Solange der Bläschenradius groß im Vergleich mit der Dicke der Wand ist, die von der Größenordnung 1/ω ist, bleiben die 1/r 2-Terme sehr klein. Es existiert dann eine Familie von Lösungen ϕ1lm (x) mit allen möglichen Werten von l, die alle ungefähr die gleiche Radialwellenfunktion ∂r ϕkl (r) besitzen. Ihre Eigenwerte findet man mit Hilfe einer Störungsentwicklung. Als Störungspotential benutzen wir die Zentrifugalbarriere. Davon muß aber die l = 1-Barriere abgezogen werden, da diese schon in der Ableitung ∂r ϕkl (r) berücksichtigt ist, d.h. x̂m = Vpert = [l(l + 1) − 2]/2r 2 (17.481) (der untere Index steht für das englische perturbation-Störung). Die gebundenen ” Zustandswellenfunktionen ϕ1lm sind alle normierbar und nur in der Umgebung des Bläschenrands von null wesentlich verschieden. In niedrigster Ordnung der Störungsentwicklung erhalten wir für die Energie λnl ≈ l(l + 1) − 2 , rc2 (17.482) 17.12 Zerfall metastabiler thermodynamischer Phasen 599 wobei rc der Radius des kritischen Bläschens ist. Als Konsequenz hat der niedrigste l = 0-Eigenzustand eine negative Energie λ00 ≈ − 1 . rc2 (17.483) Diese l = 0-Schwingung entspricht der infinitesimalen radialen Expansion und Kontraktion des Bläschens. Wie bereits weiter oben erklärt haben Radialschwingungen stets eine negative Frequenz. Das kritische Bläschen besitzt ja eine maximale Wirkung. Sowohl Expansion als auch Kontraktion verringern diese. Da Y00 (x) winkelunabhängig ist, muß die Wellenfunktion direkt proportional zu (d/dr)ϕkl (r) sein. Zum Beweis führen wir eine infinitesimale radiale Kontraktion durch: ϕkl ((1 − ǫ)r) = ϕkl (r) − ǫr∂r ϕkl (r). (17.484) Außer in der Nähe des kritischen Radius rc ist die Änderung r∂r ϕkl (r) überall fast null. Deshalb ist r∂r ϕkl (r) ≈ rc ∂r ϕkl (r), und das entspricht genau der bereits angegebenen Wellenfunktion, die wir mit ϕ000 (r) bezeichnen. Da sie Gl. (??) mit l = 1 und Nulleigenwert löst, löst sie auch näherungsweise Gl. (??) mit l = 0 und der Energie (??). Sie stellt damit den Grundzustand der Fluktuations-Schrödingergleichung (??) dar. Schließlich sei noch angemerkt, daß auch für Dimensionen D > 1 die negative Frequenz mittels einer einfachen phänomenologischen Betrachtung der BläschenWirkung erhalten werden kann. Da die Innenseite der Bläschen sehr nahe am stabilen Grundzustand des Systems liegt, dessen Energiedichte um ǫ niedriger ist als die des metastabilen Zustands, beträgt die Volumenenergie eines Bläschens mit beliebigen Radius R RD EV = −SD ǫ, (17.485) D wobei SD RD die Oberfläche einer Kugel in D Dimensionen bezeichnet, so daß ihr Volumen SD RD /D ist. Die Oberflächenenergie kann durch ES = SD RD−1 σ, (17.486) parametrisiert werden. Dabei ist σ eine Konstante proportional zur Oberflächenspannung. Die Ableitung der Summe der beiden Terme nach R liefert einen critischen Bläschenradius bei R = rc = (D − 1)σ/ǫ, (17.487) mit einer Energie Ec = SD D−1 SD SD σD Rc σ = RcD ǫ = (D − 1)D−1 D−1 . D D(D − 1) D ǫ (17.488) Die zweite Ableitung nach R ist am kritischen Radius d2 E D−1 . = −DE c dR2 R=Rc rc2 (17.489) 600 17 Tunnelprozesse Identifizieren wir die Energie des kritischen Bläschens Ec mit der klassischen Wirkung Akl , so finden wir die Variation der Bläschen-Wirkung 1 D−1 δ 2 Akl ≈ − (δR)2 D Akl 2 . 2 rc (17.490) Wir wollen nun die Variation des Bläschen-Radius mit Hilfe der Normalkoordinaten von (??) ausdrücken. Die normierte Wellenfunktion ist ϕ000 (r) = qR ∂r ϕkl (r) dD x(∂r ϕkl )2 . (17.491) Der Ausdruck unter der Quadratwurzel ist genau das D-fache der Wirkung des kritischen Bläschens Z dD x(∂r ϕkl )2 = DAkl . (17.492) Um das zu beweisen, führen wir den Skalenfaktor s in die Lösung des Bläschens ein und berechnen die Wirkung Ãkl 1 = d x (∂r ϕkl (sr))2 + V (ϕkl (sr)) 2 2 Z 1 s = D dD x (∂r ϕkl (r))2 + V (ϕkl (r)) . s 2 Z D (17.493) Da Ãkl extremal bei s = 1 ist, muß gelten ∂ Ãkl =0 ∂s s=1 oder Z (17.494) 1 d x (D − 2) (∂r ϕkl )2 + DV (ϕkl (r)) = 0. 2 D (17.495) Daraus folgt D−2 d xV (ϕkl (r)) = − D und die Bläschenwirkung wird zu Z D Z 1 dD x (∂r ϕkl (r))2 2 1 D−2 Z D d x(∂r ϕkl (r))2 − 2 2D Z 1 = dD x(∂r ϕkl (r))2 . D Akl = (17.496) (17.497) Mit (??) kann dann der ϕ000 -Beitrag zu δϕ(x) als ∂r ϕ δϕ(x) = ξ000 ϕ000 (r) = ξ000 √ DAkl (17.498) 601 17.12 Zerfall metastabiler thermodynamischer Phasen geschrieben werden. Daraus folgt der Zusammenhang zwischen Normalkoordinate ξ000 und der Variation des Bläschenradius ξ000 δR = √ . DAkl (17.499) Eingesetzt in (??) findet man für die zweite Variation der euklidischen Wirkung δ 2 Akl die Entwicklung nach Normalkoordinaten 2 δ 2 Akl = −ξ000 D−1 . 2rc2 (17.500) Daraus lesen wir nun die negative Frequenz λ00 = − D−1 2rc2 (17.501) ab. Für D = 3 stimmt sie mit dem D = 3-Wert aus Gl. (??) überein. Übrigens hätte man auch die Herleitung von (??) für beliebige D durchführen können und dabei ebenfalls den Eigenwert (??) erhalten; dort hätte er seinen Ursprung im Ableitungsterm −[(D − 1)/r]d/dr der Lagrangefunktion gehabt. Alle anderen Multipole ϕnlm haben positive Energien. In der Nähe des Bläschenrands (nahe im Vergleich zum Radius) können wir die klassischen Lösungen (1/r)ϕnlm(r) näherungsweise aus der lösbaren eindimensionalen Gleichung " 3 1 d2 ω2 1 1− − + 2 2 2 dr 2 2 cosh [ω(r − rc )/2] !# 1 1 ϕnlm ≈ λ̃n ϕnlm . r r (17.502) erhalten. Die Wellenfunktionen sind ϕ0lm ≈ s 3ω 1 2 8 cosh [ω(r − rc )/2] (17.503) mit den Eigenwerten λ0l ≈ l(l + 1) − 2 . 2rc2 (17.504) Die gebundenen n = 1-Zustände haben die Wellenfunktionen ϕ1lm ≈ s 3ω sinh[ω(r − rc )/2] 4 cosh2 [ω(r − rc )/2] (17.505) mit den Eigenwerten 3 l(l + 2) − 2 . λ1l ≈ ω 2 + 8 2rc2 (17.506) 602 17.13 17 Tunnelprozesse Zerfall eines metastabilen Quantenfeldtheorie Vakuums in der Die obigen Stabilitätsüberlegungen haben ein interessantes quantenfeldtheoretisches Analogon. Dazu betrachten wir ein metastabiles skalares Feldsystem in einem Ddimensionalen euklidischen Raumzeitkontinuum bei Temperatur null. Zu einer festen Zeit gibt es eine bestimmte mittlere Anzahl von Bläschen, deren Häufigkeit durch den Quanten-Boltzmannfaktor“ exp(−Akl /h̄) geregelt wird. Wenn die Anzahl der ” Bläschen sehr klein ist (d.h. Abstände >> Radien), kann jedes Bläschen sehr genau mittels der klassischen Lösung √ beschrieben werden. √ Im Minkowskiraum 2 2 2 wird der euklidische Radius r = x + c τ zu r = x2 − c2 t2 , wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist, so daß das kritische Bläschen das Raumzeit-Verhalten √ (17.507) ϕkl (x, t) = ϕkl (r = x2 − c2 t2 ) hat. Aus der bisherigen Diskussion im euklidischen Raum entnehmen wir, daß ϕ außerhalb des Gebietes r > rc , d.h. für x2 − c2 t2 > rc2 , (17.508) im metastabilen falsche Vakuum liegt. Auf der Innenseite, d.h. für Abbildung 17.29 Zerfall des metastabilen falschen Vakuums in der MinkowskiRaumzeit. Der Zerfall vollzieht sich in einer Schockwelle, die sich über die Raumzeit fast mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet und dabei das falsche Vakuum in das richtige verwandelt. x2 − c2 t2 < rc2 , (17.509) enthält es das wahre Vakuum mit der niedrigeren Energie. Also hat ein kritisches Bläschen in der Minkowski-Raumzeit eine hyperbolische Struktur, die in Abb. ?? skizziert ist. Ein euklidisches kritisches Bläschen beschreibt also im Minkowski-Raum das Wachstum eines Bläschens als Funktion der Zeit. Das Bläschens beginnt seine 603 17.14 Übergang vom Quantentunneln zum thermisch getriebenen Zerfall Existenz zur Zeit t = rc /c und expandiert in sehr kurzer Zeit zu einem Radius der Größenordnung rc . Dadurch entsteht eine Schockwelle, deren Front durch x2 − c2 t2 = rc2 (17.510) beschrieben wird. Die Schockwelle bewegt sich also mit einer Geschwindigkeit v= c |x| =q t 1 − rc2 /c2 t2 (17.511) durch den Raum und wandelt das metastabile Vakuum in das stabile um – eine globale Katastrophe. Ein euklidisches Bläschen, das an einem vom Koordinatenursprung verschiedenen Punkt xb , τb liegt, entspricht einer Schockwelle, die am Punkt xb und zur Zeit tb = rc /c + τb (17.512) ihren Anfang nimmt. Nach einer kurzen Zeit von der Ordnung rc /c erreicht die Schockwelle fast die Lichtgeschwindigkeit (in Vielkörperproblemen die Schallgeschwindigkeit). Deshalb wäre es kaum möglich, irgendwelche vorherigen Anzeichen einer solchen Katastrophe zu beobachten; wir würden ohne jede Vorwarnung mit unserem gegenwärtigen Universum vernichtet und uns nicht einmal mehr darüber wundern können. 17.14 Übergang vom Quantentunneln zum thermisch getriebenen Zerfall Zuletzt wollen wir noch den Unterschied zwischen einem quantenmechanischen Tunnelprozeß bei T = 0 und einem allein durch thermische Fluktuationen getriebenen Zerfall eines metastabilen Zustands betrachten, der bei hohen Temperaturen anzutreffen ist, insbesondere den Übergang zwischen beiden Temperaturbereichen. Man denke sich in einer Dimension an einer Stelle x∗ eine hohe Potentialbarriere, viel höher als die thermische Energie kB T , etwa von der in Abb. 17.8 gezeigten Form. Links der Barriere soll sich eine großkanonische Gesamtheit von Teilchen der Masse M in nahezu perfektem Gleichgewicht befinden. In der klassischen Näherung wird die Verteilung ihrer Impulse und Positionen im 2 Phasenraum durch den Boltzmannfaktor e−β[p /2M +V (x)] geregelt. Die Zerfallsrate, mit der die Teilchen über die Barriere entkommen, ist durch das klassische statistische Integral Γkl = Zkl−1 Z dx Z dp −β[p2 /2M +V (x)] p e δ(x − x∗ ) Θ(p) 2πh̄ M (17.513) gegeben mit der klassischen Zustandssumme Zkl = Z dx Z dp −β[p2 /2M +V (x)] e . 2πh̄ (17.514) 604 17 Tunnelprozesse Die Stufenfunktion Θ(p) selektiert die nach rechts über die Spitze der Potentialbarriere laufenden Teilchen. Die Integration in (??) ergibt Γkl = Zkl−1 −V (x∗ ) e . 2πh̄β (17.515) Wenn das metastabile Minimum des Potentials sanft ist, kann es in der Umgebung von x0 durch einen harmonischen Oszillator V (x) ≈ M 2 ω (x − x0 )2 2 0 (17.516) angenähert werden. Dann ist die klassische Zustandssumme näherungsweise durch Zkl ≈ 1 h̄βω0 (17.517) gegeben, und die Zerfallsrate folgt der einfachen Formel Γkl ≈ ω0 −βV (x∗ ) e . 2π (17.518) Vergleichen wir dieses Ergebnis mit dem durch Quantentunneln erzeugten. Im Limes kleiner Temperaturen findet der Zerfall aus dem Grundzustand statt, wo die Zustandssumme die Form Z ≈ e−β(E0 −ih̄Γ/2) (17.519) hat. Deshalb ist die Zerfallsrate durch einen kleinen Imaginärteil in der Zustandssumme Z bestimmt: 2 Im Z . (17.520) Γ −→ T →0 h̄β Re Z Die thermische Zerfallsformel (??) bedeutet hingegen, daß im Hochtemperaturbereich, wo Γ gegen Γkl geht, der Zusammenhang ω∗ Im Zkl T →∞ π Re Zkl Γ −→ (17.521) besteht, wenn ω∗ die Krümmung des Potentials am oberen Barrierenrand parametrisiert: M V (x) ≈ − ω∗2 (x − x∗ )2 . (17.522) 2 Dieser Zusammenhang ergibt sich durch Ausrechnung des Integrals (??) mit Hilfe der Sattelpunktsnäherung in der Umgebung des Barrierenrands. Dazu muß wie beim Integral (14.264) die Integrationskontur rechts vom Punkt x = x∗ in die obere komplexe Halbebene verlegt werden. Wir schreiben also x = x∗ + iy und erhalten für den Imaginärteil Im Zkl ≈ Z 0 dy ∞ q 2πh̄2 β/M e−β [V (x∗ )+M ω∗ y ]≈ 2 2 /2 1 e−βV (x∗ ) . 2h̄βω∗ (17.523) Appendix 17A 605 Berechnung einiger Feynman-Integrale Da der Realteil durch (??) gegeben ist, folgt ω0 −βV (x∗ ) Im Zkl ≈ e , Re Zkl 2ω∗ (17.524) womit die Beziehung (??) bewiesen wäre. Die beiden Formeln (??) und (??) sind nur für die Extrembereiche T ≫ T0 und T ≪ T0 abgeleitet, wenn T0 die für die Potentialkrümmung am metastabilen Minimum charakteristische Temperatur T0 = h̄ω0 /kB bezeichnet. Verschiedene numerische Berechnungen von Tunnelraten zeigen allerdings, daß der Anwendungsbereich sich zumeist von jeder Seite bis kurz vor T0 erstreckt. Das Übergangsgebiet beschränkt sich auf ein enges Temperaturintervall der Ordnung O(h̄3/2 ). Mit Hilfe der in Abschnitt (14.9) gewonnenen Imaginärteile aller angeregten Zustände ist eine direkte Berechnung der mittleren Lebensdauer eines metastabilen Systems bei allen Temperaturen möglich, und zwar ohne die bisherigen Einschränkungen auf die semiklassische Näherung. Appendix 17A Berechnung einiger Feynman-Integrale. Für das Integral (14.219) erhält man mit (14.238) sofort, wie in Gl. (14.241) angegeben, 97 I1′ = , (17A.1) 560 Zur Berechnung der übrigen drei Doppelintegrale I21 , I22 , I3 in (14.224) und (14.224) beachtet man, daß sie wegen der Symmetrie der Greenschen Funktion G′Oω (τ, τ ′ ) das R∞ Rτ Integralmaß 2 −∞ dτ −∞ dτ ′ geschrieben werden kann. Sodann setzt man g x (τ ) = tanh[(τ − τ0 )/2], 2 kl 2ω s 8 1 ỹ0 (τ ) ≡ , y0 (τ ) = 2 3ω cosh [(τ − τ0 )/2] x̃kl (τ ) ≡ r (17A.2) benutzt natürliche Einheiten ω = 1, g = 1 und setzt τ0 = 0, da diese Größen sich wegheben, und definiert xG (τ ) ≡ x̃kl (τ )GOω (τ, τ ) xKG (τ ) ≡ xK3G (τ ) ≡ Z τ −∞ τ Z −∞ GOω (τ, τ ′ )xG (τ ′ )dτ ′ G3Oω (τ, τ ′ )xG (τ ′ )dt′ A , (17A.3) A wobei der untere Index A den antisysmmetrischen Teil bezüglich τ bezeichnet. Wegen der Antisysmmetrie von xkl liefert der symmetrische Anteil keinen Beitrag. Die Integrale kann man deshalb als I21 = 6 Z 0 ∞ dτ x̃kl (τ )xK3G (τ ) (17A.4) 606 17 Tunnelprozesse I22 = 9 Z ∞ 0 I3 = 24 Z dτ xG (τ )xKG (τ ) ∞ 0 (17A.5) dτ y0′ (τ )xKG (τ ) (17A.6) schreiben. Bei der Berechnung der Integrale in (??) ist die Antisymmetrie von y0 (τ ) ebenso nützlich. So ist # " 1 12τ + tanh(τ /2) xKG (τ ) = + tanh4 (τ /2) . 2 4 12cosh (τ /2) (17A.7) Inserting this into I22 and I3 we encounter integrals of two types Z 0 ∞ dτ sinhm (τ /2)/ coshn (τ /2) and Z 0 ∞ τ sinhm (τ /2)/ coshn (τ /2). The former can be performed with the help of formula (14.54), the latter require integrations by parts of the type Z 0 ∞ Z ∞ τ τ f ′ (τ /2) ln(2 cosh ) dτ, f (τ /2) tanh dτ = − 2 2 0 (17A.8) which lead to a finite sum of integrals of the first type plus integrals of the type25 Z 0 ∞ log cosh(τ /2) sinhm (τ /2)/ coshn (τ /2). These, in turn, are equal to −∂ν 0∞ dτ sinhm (τ /2)/ coshν+1 (τ /2) so that it is evaluated again via (14.54). After performing the subtraction in I22 we obtain the values given in Eq. (14.241). Die Berechnung von I21 ist etwas aufwendiger, da dort über die dritte Potenz der Greenschen Funktion integriert werden muß, die selbst eine komplizierte Funktion von τ ist. Zu Hilfe kommt wieder die Symmetrie des Integranden. Dazu werden die Abkürzungen R fnS/A (τ ) ≡ FnS/A (τ ) ≡ Nn ≡ 1 n [HR (τ ) ± HRn (−τ )]y03−n (τ ), 2 Z τ 0 Z 0 fnS/A (τ ′ )x̃cl (τ ′ )dτ ′ , ∞ (17A.9) HRn (τ )y03−n (τ ′ )x̃cl (τ ′ )dτ ′ eingeführt. Damit berechnet sich xK3G zu xK3G (t) = f3A (t)[N0 − F0S (t)] + 3f2A (t)[N1 − F1S (t)] + 3f1A (t)[N2 − F2S (t)] +3f2S (t)F1A (t) + 3f1S(t)F2A (t) + f0S (t)F3A (t) (17A.10) mit N0 = 25 7 203 ln2 3 , N1 = − , N2 = − 32 128 512 2 I.S. Gradshteyn and I.M. Ryzhik, op. cit., Formulas 2.417. (17A.11) Appendix 17A 607 Berechnung einiger Feynman-Integrale Explizit hat xK3G (t) die Form sech7 τ2 τ 3τ 5τ xK3G (τ ) = 3 τ 58 cosh − 27 cosh − 3 cosh 9 3·2 2 2 2 3τ 5τ 7τ τ + 22 sinh + sinh − 753 sinh + 48 sinh 2 2 2 2 τ τ + 36 cosh ln(2 cosh ) (6 τ + 8 sinh τ + sinh 2τ ) 2 2 !# Z τ τ τ′ ′ ′ − 108 cosh dτ τ tanh . (17A.12) 2 2 0 " The integrals to be performed are of the same types as before, except for the one involving the last term which isrequires one further partial integration: τ′ − dτ x̃cl (τ )sech dτ τ tanh 2 0 2 0 Z τ Z ∞ τ′ τ d 1 dτ ′ τ ′ tanh sech6 dτ = 3 0 dτ 2 0 2 Z τ τ 16 1 ∞ dτ sech6 τ tanh = − . =− 3 0 2 2 135 Z 6τ ∞ Z τ ′ ′ (17A.13) (17A.14) After the necessary subtraction of the divergent term we find the value of I21 given in Eq. (14.241). Damit erhält man für I21 den in Gl. (14.241) angegeben Wert. Das Gesamtergebnis für den ersten Koefficienten c1 in der Taylor-Entwicklung des subtrahierten Korrekturfaktors C ′ in Gl. (14.222) ist also c1 = 71 ≈ 2.958. 24 (17A.15) Es stimmt mit einer quantenmechanischen Berechnung von Zinn-Justin überein26 . Dort wird mit Hilfe der mit Hilfe der WKB-Näherung eine Rekursionsrelation für die höheren Koeffizienten ck der Entwicklung von C ′ aufgestellt hat gh̄ gh̄ C ′ = 1 − c1 3 − c2 ω ω3 !2 − c3 gh̄ ω3 !3 + . . . , (17A.16) aufgestellt hat aus der er die nächsten neun Koeffizienten zu c2 = 315 65953 ≈ 9, 84376 , c3 = ≈ 57.2509 32 1152 (17A.17) bestimmte. Für große k ergibt sich ein Wachstum wie ck ∼ 26 9 π k 3 2 k![ln(6k) + γ] . (17A.18) J. Zinn-Justin, J. Math. Phys. 22 , 511 (1981). Man dividiere die Zahlen in seiner Tabelle IV durch 6n4n um cn zu erhalten. 608 17 Tunnelprozesse Literaturhinweise Das Pfadintegral für Tunnelprozesse wurde zuerst für die Beschreibung der Nukleationsprozesse bei Phasenübergängen erster Ordnung benutzt von J.S. Langer, Ann. Phys. 41, 108 (1967), 54, 1762 (1969). Das Thema wurde dann auch in der feldtheoretischen Literatur bearbeitet: S. Coleman, Phys. Rev. D 15, 2929 (1977); auch in The Whys of Subnuclear Physics, Erice Lectures 1977, Plenum Press, 1979, Hrsg. A. Zichichi; M. Stone, Phys. Lett. B 67, 186 (1977); R. Rajaraman, Phys. Rep. 21, 227 (1975); P. Frampton, Phys. Rev. Letters 37, 1378 (1976) und Phys. Rev. D 15, 2922 (1977); I. Afflek, Phys. Rev. Lett. 46, 391 (1981). Die Methode der komplexen Koordinatenumskalierung zur Beschreibung von Tunnelprozessen wird bei Y.K. Ho, Phys. Rep. 99, 1 (1983) diskutiert. Multidimensionale Tunnelprozesse sind bei T. Banks, C.M. Bender und T.T. Wu, Phys. Rev. D 8, 3346, 3366 (1973); H. Kleinert und R. Kaul, J. Low. Temp. Phys. 38, 539 (1979); A. Auerbach und S. Kivelson, Nucl. Phys. B 257, 799 (1985). M. Wilkinson und J. Hannay, Physica 27 D, 201 (1987); W. Hontscha, P. Hänggi und E. Pollak, Phys. Rev. B 41, 2210 (1990) behandelt. Dieselben Techniken können auch verwendet werden, um das Wachstumsverhalten der Koeffizienten von Störungsreihen zu untersuchen, wie zuerst von A.I. Vainshtein, Novosibirsk Vorabdruck 1964 (unveröffentlicht) bemerkt wurde. Ein anderer verwandter Weg wurde von L.N. Lipatov, JETP Lett. 24, 157 (1976); 25, 104 (1977); 44, 216 (1977); 45, 216 (1977) gefunden. Einen Überblick zu diesem Thema findet man in J. Zinn-Justin, Phys. Rep. 49, 205 (1979); J. Zinn-Justin, in Recent Advances in Field Theory and Statistical Mechanics, Les Houches Lectures 1982, Elsevier Science 1984, Hrsg. J.B. Zuber und R. Stora. J. Zinn-Justin, Quantum Field Theory and Critical Phenomena, Clarendon, Oxford, 1990. Die wichtigen Anwendungen der ǫ-Entwicklung kritischer Exponenten in O(n)symmetrischen ϕ4 -Feldtheorien wurden entwickelt von E. Brézin, J.C. Le Guillou und J. Zinn-Justin, Phys. Rev. D 15, 1544, 1558 (1977); E. Brézin und G. Parisi, J. Stat. Phys. 19, 269 (1978). Für die Koeffizienten bis zur fünften Ordnung der Störungstheorie siehe Literaturhinweise 609 H. Kleinert, J. Neu, V. Schulte-Frohlinde, K.G. Chetyrkin und S.A. Larin, Phys. Lett. B272, 39 (1991) gefunden. Eine ausführliche Diskussion und Literaturhinweise werden in dem in Vorbereitung befindlichen Textbuch W. Janke und H. Kleinert, Borel Resummation of Divergent Perturbation Series, World Scientific, Singapur, 1994 zu finden sein. Die Geschichte des Konvergenzbeweises der Variations-Störungsentwicklung wurde bereits in den Literaturhinweisen von Kapitel 5 skizziert. Für die Berechnung des anomalen magnetischen Moments in der Quantenelektrodynamik siehe T. Kinoshita und W.B. Lindquist, Phys. Rev. D 27, 853 (1983). M.J. Levine und R. Roskies, in Proceedings of the Second International Conference on Precision Measurements and Fundamental Constants, Hrsg. B.N. Taylor und W.D. Phillips, Natl. Bur. Std. US, Spec. Publ. 617 (1981). Pfadintegrale für die Zerfallsraten von Supraströmen in dünnen Drähten wurden eingeführt von J.S. Langer und V. Ambegaokar, Phys. Rev. 164, 498 (1967); D.E. McCumber und B.I. Halperin, Phys. Rev. B 1, 1054 (1970). Das analytische Resultat wurde gefunden von I.H. Duru, H. Kleinert und N. Ünal, J. Low Temp. Phys. 42, 137 (1981); H. Kleinert und T. Sauer, J. of Low Temp. Physics 81, 123 (1990). Zur experimentellen Situation siehe M. Tinkham, Introduction to Superconductivity, McGraw-Hill, New York, 1975, insbesondere die Abschnitte 7.1–7.3. Für thermisch getriebene Tunnelprozesse empfiehlt sich die Übersichtsarbeit von P. Hänggi, P. Talkner und M. Borkovec, Rev. Mod. Phys. 62, 251 (1990). Tunnelprozesse mit Dissipation wurden zuerst für T = 0 diskutiert bei A.O. Caldeira und A.J. Leggett, Ann. Phys. 149, 374 (1983); 153, 445 (1973) (Erratum). und für T 6= 0 bei H. Grabert, U. Weiss und P. Hänggi, Phys. Rev. Lett. 52, 2193 (1984); A.I. Larkin und Y.N. Ovchinnikov, Sov. Phys. JETP 59, 420 (1984). Arbeiten über kohärentes Tunneln sind A.J. Leggett, S. Chakravarty, A.T. Dorsey, M.P.A. Fisher, A. Garg und W. Zwerger, Rev. Mod. Phys. 59, 1 (1987); U. Weiss, H. Grabert, P. Hänggi und P. Riseborough, Phys. Rev. B 35, 9535 (1987); H. Grabert, P. Olschowski und U. Weiss, Phys. Rev. B 36, 1931 (1987); Über den Gebrauch periodischer Bahnen siehe 610 17 Tunnelprozesse P. Hänggi und W. Hontscha, Ber. Bunsen-Ges. Phys. Chemie 95, 379 (1991). Die neuere Behandlung von Tunnelprozessen mit Hilfe von Variationsmethoden stammt von H. Kleinert, Phys. Lett. B 300, 261 (1993). Sie liefert äußerst präzise Tunnelraten in R. Karrlein and H. Kleinert, Phys. Lett. A 187, 133 (1994); H. Kleinert and I. Mustapic, Int. J. Mod. Phys. A 11, 4383 (1995).