InfoblattfürParlamentarierInnen ImBrennpunkt SchauplatzSchweiz FrankreichverabschiedetSorgfaltsprüfungspflicht Frankreich hat Ende Februar 2017 eine SorgfaltsprüfungspflichtfürmultinationaleKonzerneverabschiedet und setzt damit den Kern der Uno-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte um. In der Schweiz zeigt sich der Bundesrat bei der Umsetzung der UnoLeitprinzipien bislang mutlos. Er verabschiedete 2016 einen zahnlosen «Nationalen Aktionsplan (NAP)» und hatimJanuar2017dieKonzernverantwortungsinitiativeohneGegenvorschlagzuAblehnungempfohlen. Das neue Gesetz in Frankreich entspricht weitgehend den Forderungen der Konzernverantwortungsinitiative.DieKonzernemüsseneinenSorgfaltsplan(«plande vigilance») erarbeiten und aufzeigen, wie menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungen in der Geschäftspraxis verankert wurden. Der Sorgfaltsprüfungspflicht unterstehen sämtliche Aktivitäten der betroffenen Unternehmen sowie ihrer Tochterfirmen. In Bezug auf Subunternehmen oder Zulieferer gilt, dass der jeweilige KonzernauchderenAktivitätenunterdieLupenehmen muss, sofern sie zu diesen eine «etablierte Geschäftsbeziehung» («relation commerciale établie») unterhalten. Wenn ein Unternehmen den Verpflichtungen nicht nachkommt, kann ein Richter vom Unternehmen verlangeneinensolcheninnerhalbvon3Monatenzuerarbeiten. Nach dieser Frist drohen Bussen von bis zu 10 Millionen Euro. Falls es zu Menschenrechtsverletzungenkommt,müssendie«Schäden»wiedergutgemacht werden, falls sie hätten verhindert werden können. Zudem können die Behörden zusätzlich Bussen verhängen. Das neue Gesetz gilt für alle Unternehmen, welche ihren Hauptsitz in Frankreich haben und mindestens 5’000 Angestellte beschäftigen. Die SorgfaltsprüfungspflichtgiltauchfürUnternehmenmitHauptsitzimAusland sofern der Konzern über 10'000 Angestellte hat und die Menschenrechtsverletzungen in ZusammenhangmitGeschäftstätigkeiteninFrankreichstehen. Frühlingssession2017 Kinderarbeit:EineBestandsaufnahmeohneZiele Am 25. Januar hat der Bundesrat seinen Bericht über das«EngagementdesBundesgegenKinderarbeit»verabschiedet. Dieser wurde als Antwort auf das Postulat 15.3010erarbeitet.DerBerichtführtaus,welcheInitiativenindiesemBereichexistieren,dievonderBundesverwaltungunterstütztwerden:Diessindbeispielsweise das «Internationale Programm für die Beseitigung der Kinderarbeit», das «Better Work» Programm oder Projekte von UNICEF. Der Bundesrat unterstreicht zudem die Bedeutung von gesetzlich verankerten Anreizen, um gegen die Kinderarbeit vorzugehen. Er nennt hierbeispielsweisedieIntegrationvonsozialenKriterien in den Vergabeprozess von öffentlichen Aufträgen oderinFreihandelsabkommen.DievomBerichtvorgenommene Bestandsaufnahme der bestehenden MassnahmenwirdallerdingsnichtvoneinerWirksamkeits- oderEffizienzanalysebegleitet.AuchfehlteineDefinitionderZiele,womitderBerichteinederzentralenFragen des Postulats übergeht. Schliesslich schlägt der Bericht keine verbindlichen Massnahmen vor, um die Respektierung der Kinderrechte durch Schweizer Unternehmen zu verbessern. Dies obwohl der UNOKinderrechtsausschuss schon 2015 in seinen Empfehlungen an die Schweiz unterstrichen hat, dass die freiwillige Selbstregulierung in diesem Bereich ungenügendsei. SchauplatzInternational USA,DeutschlandundItalienpublizierenNationale Aktionspläne ImDezemberhatdieSchweizals9.LandihrenNAPzur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien publiziert. Wenige Tage darauf folgten drei weitere Länder und alle drei wurdenbezüglichderzentralenFrage,obSorgfaltsprüfungen für Unternehmen zukünftig verbindlich sein sollen, konkreter als der Bundesrat: Italien kündigt im NAP an, eine entsprechende legislative Reform zu prü- WIRTSCHAFTUNDMENSCHENRECHTE fen. Deutschland will die Implementierung von Sorgfaltsprüfungen in deutschen Unternehmen ab 2018 regelmässigevaluieren.Habenbis2020nichtmindestens50% der grossen Unternehmen robuste Sorgfaltsprüfungen implementiert, kündigt die Bundesregierung die Prüfung weiterer Massnahmen bis hin zu gesetzlichen Verpflichtungenan.DieUSAverweisenunteranderemaufein2016 verschärftes Gesetz, welches die Zollbehörden zur Beschlagnahmung von Gütern befugt, welche mittels Zwangsarbeithergestelltwurden(TFTEAct). StudiezuSorgfaltsprüfung Die internationale Kanzlei Norton Rose Fulbright hat zusammen mit dem British Institute for International and ComparativeLaweineStudiedurchgeführt,indersiedie Umsetzung von menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfungen von 152 multinationalen Konzernen untersucht haben. Die Studie brachte unter anderem hervor, dass Unternehmen,diespezifischemenschenrechtlicheSorgfaltsprüfungen durchführten, mehr mögliche und tatsächliche Auswirkungen auf die Menschenrechte feststellten, als Unternehmen, die menschenrechtliche Aspekte nur in andereProzesseintegrierten(77%versus19%).Auchist das Spektrum der einbezogenen Menschenrechte bei UnternehmenmitSorgfaltsprüfungenbreiteralsbeisolchen ohne. Holland:NeuesGesetzgegenKinderarbeit Im Februar 2017 hat das niederländische Parlament ein Gesetz gutgeheissen, das eine verbindliche Sorgfaltsprüfung im Kampf gegen die Kinderarbeit vorsieht. Die Unternehmen müssen Massnahmen ergreifen, um KinderarbeitihnihrenProduktionskettenzuerkennenundzuverhindern.WennsieaufProblemestossen,müssensieeine Erklärung bezüglich ihren Untersuchungen und ihrem beabsichtigten Aktionsplan erarbeiten. Das Gesetz sieht aucheinenKlagemechanismusvor,ineinemerstenSchritt auf dem Niveau des Unternehmens und dann vor einer Aufsichtsbehörde, die dem Unternehmen eine verbindliche Weisung erteilen kann. Wenn das Unternehmen diesernichtFolgeleistet,siehtdasGesetzeineGeldbussevor. NunmussderSenatdemGesetznochzustimmen.Istdies derFall,trittdasGesetzimJanuar2020inKraft. Fallbeispiele LafargeHolcim:SchweresFehlverhalteninSyrien Die2015mitHolcimfusionierteLafargebetriebinSyrien bis2014einZementwerk.LeMondeberichtetebereitsim Juni 2016 auf Basis interner Emails über Verbindungen desZementkonzernsmitderTerrormilizIS. Gemäss Le Monde war der Sicherheitschef des Konzerns mittels täglicher Telefonkonferenzen zwischen Pariser HauptsitzundsyrischerNiederlassungenginsGeschehen involviert. Die NZZ fasste Anfangs März 2017 die Geschehnisse zusammen: «Lafarge arrangierte sich dort zeitweise mit der Terrormiliz IS, um die Fabrik nicht schliessenzumüssen». Auch LafargeHolcim bestätigt, «dass das lokale UnternehmenGelderanDrittezahlte».Darunterseien«bewaffnete Gruppen, einschliesslich sanktionierter Parteien» gewesen. Der Konzern anerkennt, dass die Massnahmen nicht akzeptierbar waren und erhebliche Fehleinschätzungen vorlagen. Nun will LafargeHolcim ein «strikteres Risikobewertungsverfahren» einführen. Französische NGOs verweisen darauf, wie wichtig es ist, dass Unternehmendazuverpflichtetwerden,Menschenrechtsrisiken präventiv und systematisch zu überprüfen. (siehe Haupttext). MyanmarsModeopfer DieholländischeNGOSOMO(CentreforResearchonMultinational Corporations) hat gemeinsam mit den Partnerorganisationen Action Labour Rights (ALR) und Labour Rights Defenders and Promoters (LRDP) einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen in 12 Fabriken der Textilindustrie in Myanmar erarbeitet. Der Bericht bringt miserable Arbeitsbedingungen ans Licht (tiefe Löhne, widerrechtliche Abzüge, masslose Überzeit, Kinderarbeit etc.) Die Textilindustrie in Myanmar erlebt zurzeit einen regelrechten Boom, die Fabrikzahlen explodieren. Die günstigen Preisen veranlassen viele Unternehmen ihre ProduktionnachMyanmarzuverlegen,wasdieResultate des Berichts besonders bedeutend macht. Der Bericht fordert die Unternehmen auf ihre Praktiken und Policies inBezugaufMyanmarzuüberdenken. WeitereInfos WeiterführendeInformationenzumThemaMenschenrechteundWirtschaftfindenSiehier: ! www.konzern-initiative.ch ! SchweizerischesKompetenzzentrumfür Menschenrechte,ThemenbereichWirtschaftund Menschenrechte:www.skmr.ch ! Business&HumanRightsResourceCentre,London:www.business-humanrights.org Impressum:DieKonzernverantwortungsinitiativewirdvoneinembeispiellosbreitenVereingetragen.Erbestehtaus79Hilfswerken,Frauen-,Menschenrechts-undUmweltorganisationen,kirchlichenundgewerkschaftlichenVereinigungensowieAktionärsverbänden.www.konzern-initiative.ch