1 Ausarbeitung der Vorlesung Einführung in die Funktionentheorie Modul E.KompAna Studiengänge Bachelor Lehramt Mathematik: Kombi-Bachelor SoSe 14 - apl. Prof. Dr. G. Herbort Bergische Universität Wuppertal 2 Bücher zur Vorlesung Klaus Fritzsche: Grundkurs Funktionentheorie, Spektrum/Elsevier. Fischer,G.-Lieb,I. Funktionentheorie , Vieweg-Verlag Busam, R. - Freitag, E. Funktionentheorie I, Springer-Verlag Remmert, R. Funktionentheorie I, Springer-Verlag Kapitel 1 Komplexe Differentialrechnung 1.1 Komplexe Zahlen Die komplexen Zahlen sind durch Punkte der Ebene IR2 darstellbar, und man schreibt sie in der Form z = x + iy x 2 Angesehen als Punkt des IR ist z dann durch den Vektor darzustellen. Die Größe i ist y 0 in dieser Darstellung nichts Anderes als der Vektor . 1 Neben der von der Vektorraumstruktur des IR2 bekannten Addition z + w := x + u + i(y + v) , z = x + iy, w = u + iv ist eine Multiplikation definiert durch zw := xu − yv + i(xv + yu) , z = x + iy, w = u + iv Für a ∈ IR gilt dann az = ax + iay. Man beachte, dass jetzt i2 = −1. Zu z = x + iy definiert man die konjugiert komplexe Zahl z̄ = x − iy. Dann wird für z 6= 0 z· z̄ =1 x2 + y 2 1.1.1 Lemma. a) IR2 ist mit der Addition und dieser Multiplikation ein Körper, den wir mit C bezeichnen. (Man nennt ihn den Körper der komplexen Zahlen). b) Der Körper IR reellen Zahlen ist ein Teilkörper von C c) Auf C gibt es keine totale Ordnungsrelation, die, eingeschränkt auf IR, wieder die auf IR gegebene Ordnungsrelation ergibt. 3 4 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG Beweis. a) und b) sind klar. Zu c) Gäbe es eine solche Ordnungsrelation, so folgte 0 ≤ (0, 1)2 = (−1, 0) < 0 , ein Widerspruch. Notationen. Ist z = x + iy ∈ C , so heißt x der Realteil und y der Imaginärteil von z . In Zeichen x = Re z , y = Im z . Folgendes ist klar: Re z = z + z̄ , 2 Als Betrag von z definieren wir |z| = Im z = p z − z̄ , 2i z̄ w̄ = zw x2 + y 2 . Dann ist wieder |zw| = |z||w|, |z + w| ≤ |z| + |w|, für z, w ∈ C . Existenz der k.-ten Wurzeln 1.1.2 Lemma a) Aus jeder komplexen Zahl w = a + ib, (a, b ∈ IR), kann man eine k.te Wurzel ziehen, wenn k ≥ 2. Beweis. Wir nehmen an, es sei b 6= 0, denn für b = 0 ist uns die Aussage schon bekannt. Wir beweisen dies zuerst für den Fall, dass k = 2 oder k ungerade ist. Ist k = 2, so wählen wir p 1 p z := √ ( |w| + a + iε |w| − a) 2 wobei ε ∈ {−1, 1}. Dann wird z 2 = a + iε|b| Ist b ≥ 0, setzen wir ε = 1 und für b < 0 sei ε = −1. Sei jetzt k ≥ 3 ungerade. Wir wollen zuerst annehmen, es sei a 6= 0. Es sei für t ∈ IR: r(t) := Re (t + i)k und j(t) := Im (t + i)k . Dann wählen wir eine Zahl t ∈ IR mit a1 r(t) = 1b j(t). Eine solche Zahl t existiert in IR, da r(t) − ab j(t) als Polynom ungeraden Grades eine reelle Nullstelle hat. (In der Tat hat r den Grad k und j den Grad k − 1). Sei dann s = a1 r(t). Wäre s = 0, so hätte man r(t) = j(t) = 0, also (t + i)k = 0, ein Widerspruch. Wir können daher ein y ∈ IR mit y k = 1/s finden. Ist dann x = ty, so löst z = x + iy die Gleichung b b z k = y k (t + i)k = y k (r(t) + ij(t)) = y k r(t)(1 + i ) = y k as(1 + i ) = w . a a 1.2. TOPOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE 5 Ist nun a = 0 und b > 0, so schreiben wir k = 2m + 1. Ist m = 2m0 gerade, so wird √ 0 ik = i4m +1 = i. Dann ist z := i k b eine k.-te Wurzel aus w. Ist m = 2m0 + 1 ungerade, so ist 0 ik = i4m +3 = −i. Dann wählen wir eine k.-te Wurzel c aus −b und erhalten (ic)k = ib = w. Der Fall b < 0 wird in ähnlicher Weise abgehandelt. Ist jetzt k ∈ ZZ + beliebig, so schreiben wir k = 2m l mit einer ungeraden Zahl l. Dann ziehen wir aus w eine Quadratwurzel, sodann aus dieser wieder eine Quadratwurzel und so fort, solange bis wir zu einer 2m -ten Wurzel v von w gelangt sind. Aus v ziehen wir dann eine l-te Wurzel. Das liefert uns eine gewünschte k-te Wurzel aus w. Bemerkung Zu jeder Zahl w ∈ C finden wir ein θ ∈ [0, 2π) mit w = r( cos θ + i sin θ ), r := |w| Aus den Additionstheoremen folgt w1 = r1 ( cos θ1 + i sin θ1 ) und w2 = r2 ( cos θ2 + i sin θ2 ) weiter w1 w2 = r1 r2 ( cos(eta1 + θ2 ) + i sin(θ1 + θ2 ) ) √ n Insbesondere ist z := r( cos nθ +i sin nθ ) eine Lösung zu z n = w. Das ist für praktische Berechnen von n.-ten Wurzel nützlich. Setzen wir weiter √ θ + 2πk θ + 2πk + i sin ), k = 0, ..., n − 1 , zk := n r( cos n n so erhalten wir weitere Lösungen der Gleichung z n = w. Noch weitere Lösungen gibt es nicht. (Warum nicht?) 1.2 Topologische Grundbegriffe p √ Fr z = x + iy schreiben wir |z| = x2 + y 2 = z z̄. Für eine Zahl a ∈ C und eine Radius r > 0 bezeichnen wir mit ∆(a, r) die Kreisscheibe ∆(a, r) = { z ∈ C| |z − a| < r } um a mit Radius r. Ihr Rand {z||z − a| = r} soll mit ∂∆(a, r) bezeichnet werden. Definition. a) Sei M ⊂ C eine Menge. Wir bezeichnen einen Punkt a ∈ M als inneren Punkt, wenn zu jedem a ∈ U ein Radius r existiert, so dass ∆(a, r) ⊂ M . Als offenen Kern von M ◦ bezeichnen wir die Menge M der inneren Punkte von M . b) Eine Menge U ⊂ C wird offen genannt, wenn jeder ihrer Punkte innerer Punkt ist. Die leere Menge ist offen. Bekannt und leicht zu überprüfen ist 6 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG ◦ 1.2.1 Lemma. Eine Menge M ⊂ C ist genau dann offen, wenn M = M . Vereinigungen beliebig vieler (auch überabzählbar vieler) offener Mengen und Durchschnitte endlich vieler offener Mengen sind wieder offen. Definition. Ist M ⊂ C eine Menge, so heißt ein Punkt a ∈ C ein Häufungspunkt von M , wenn M ∩ (∆(a, r)\{a}) 6= ∅ , für jedes r > 0 ist. Eine Menge M heißt abgeschlossen, wenn alle Häufungspunkte von M wieder zu M gehören. Für eine beliebige Menge M wird die Menge \ M= A A∈A(M ) als Abschluss von A bezeichnet. Dabei steht A(M ) für die Familie aller abgeschlossenen Mengen, die M enthalten. Stets ist M ⊂ M . Entsprechend zu Lemma 1.2.1 gilt 1.2.2 Lemma. a) Folgende Aussagen über eine Menge M sind äquivalent: i) M ist abgeschlossen, ii) C\M ist offen, iii) Es ist M = M . b) Durchschnitte beliebig vieler und Vereinigungen endlich vieler abgeschlossener Mengen sind wieder abgeschlossen. Beweis. Zu a): i) ⇒ iii): Nun haben wir M ∈ A(M ), also M ⊂ M . iii) ⇒ ii): Ist a ∈ / M , so ist auch a ∈ / M . Daher finden wir eine M enthaltende abgeschlossene Menge B, welche a nicht enthält. Dann ist a kein Häufungspunkt von B, also gibt es ein r > 0 mit (∆(a, r) \ {a}) ∩ B = ∅. Dann ist aber ∆(a, r) ⊂ C \ B ⊂ C \ M . So sehen wir, dass a ein innerer Punkt von C \ M sein muss. ii) ⇒ i): Angenommen, a sei ein Häufungspunkt von M , aber dennoch a ∈ / M . Dann gilt für ein passend gewähltes r > 0 aber ∆(a, r) ⊂ C \ M . Erst recht ist dann (∆(a, r) \ {a}) ∩ M = ∅, was der Häufungspunkteigenschaft widerspricht. b) Folgt aus Lemma 1.2.1 zusammen mit ii) aus a). Konvergenz von Folgen und Reihen Definition. Eine Folge (zk )k heißt konvergent gegen ein z0 ∈ C , wenn gilt: für alle ε > 0 ein n0 ≥ 1 so gefunden werden kann, dass |zn − z0 | < ε für alle n ≥ n0 wird. In Zeichen: limn−→∞ zn = z0 . 1.2. TOPOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE 7 1.2.3 Lemma. Eine Folge (zn )n konvergiert genau dann gegen z0 , wenn die Folge (Re zn )n gegen Re z0 und die Folge (Im zn )n gegen Im z0 konvergiert. Beweis. Dies folgt aus der Abschätzung 1 (|Re zn − Re z0 | + |Im zn − Im z0 |) ≤ |zn − z0 | ≤ |Re zn − Re z0 | + |Im zn − Im z0 | 2 1.2.4 Lemma. (Cauchykriterium) Eine Folge (zn )n konvergiert genau dann, wenn gilt: ∀ε > 0 ∃n0 ≥ 1 : |zk − zl | < ε ∀k ≥ l ≥ n0 Rechenregeln für Grenzwerte 1.2.5 Lemma. Wenn (zn )n und (wn )n konvergente Folgen sind, so konvergieren auch die Folgen (zn + wn )n , (zn wn )n und (αzn )n für α ∈ C, und es gilt: a) b) c) lim zn + wn = lim zn + lim wn n→∞ n→∞ n→∞ lim zn wn = lim zn · lim wn n→∞ n→∞ n→∞ lim α zn = α lim zn n→∞ n→∞ Ist ferner limn−→∞ limn→∞ wn 6= 0, so gilt wn 6= 0 für fast alle n, und d) zn limn→∞ zn = n→∞ wn limn→∞ wn lim Beweis. Analog zu den Regeln für Folgen reeller Zahlen. Definition. Ist (zk )k eine Folge, so heißt ein Punkt c ein Häufungswert , wenn eine Teilfolge von (zk )k mit Grenzwert c existiert. 1.2.6 Satz a) Ein Punkt c ist genau dann Häufungswert der Folge (zk )k , wenn in jeder Kreisscheibe um c ein Glied der Folge liegt. b) Jede beschränkte Folge hat einen Häufungswert. 8 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG Kompaktheit Definition. Eine Menge K ⊂ C heißt kompakt, wenn zu jeder Überdeckung (Ui )i∈I von K durch offene Mengen eine endliche Teilüberdeckung existiert. 1.2.7 Lemma. a) In einer Menge K hat jede Folge einen Häufungswert genau dann, wenn K abgeschlossen und beschränkt ist. b) Eine Menge K ist genau dann kompakt, wenn sie abgeschlossen und beschränkt ist. P∞ Definition. Eine Reihe n=0 an komplexer Zahlen heißt konvergent, wenn die P∞Folge ihrer Partialsummen konvergiert. Die Reihe heißt absolut konvergent, wenn die Reihe n=0 |an | konvergiert. Bemerkung. Das Cauchykriterium und die Rechenregeln aus Lemma 1.2.5 gelten sinngemäß für konvergente Reihen. P 1.2.8 Lemma. Gegeben sei eine Reihe ∞ n=0 an . Dann gilt: P P∞ a) Ist n=0 cn konvergent und |an | ≤ cn für fast alle n, so ist die Reihe ∞ n=0 an absolut konvergent. P an+1 b) Ist lim supn→∞ an < 1, so konvergiert ∞ n=0 an absolut, p P c) Gilt lim supn→∞ n |an | < 1, so konvergiert ∞ n=0 an absolut, S P∞ d) angenommen, die Reihe n=0 an konvergiere absolut und IN 0 = ∞ p=1 PMp mit paarweise disjunkten Mp ⊂ 0 . Dann konvergiert für jedes p ∈ IN auch die Reihe ν ∈ Mp aν absolut PIN P ∞ P a . a = und ∞ p=1 ν∈Mp ν n=0 n ∞ X P∞ aψ(n) = e) Konvergiert die Reihe n=0 an absolut und ist ψ : IN 0 −→ IN 0 absolut, so gilt ∞ X n=0 an . n=0 Als Anwendung finden wir dann die P P∞ 1.2.9 Folgerung. Sind ∞ n=0 an und n=0 bn zwei absolut konvergente Reihen, so konvergiert auch das Cauchyprodukt ! ∞ n X X ak bn−k n=0 k=0 absolut, und es gilt ∞ X n X n=0 k=0 ! ak bn−k = ∞ X n=0 ! an ∞ X n=0 ! bn 1.2. TOPOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE 9 Stetigkeit Definition. Sei M ⊂ C eine Menge und z0 ∈ M . Eine Funktion f : M −→ C heißt stetig in z0 , wenn sich zu jedem ε > 0 ein Radius δ > 0 so finden lässt, dass |f (z) − f (z0 )| ≤ ε, wenn |z − z0 | ≤ δ. 1.2.10 Lemma. Sei M ⊂ C eine Menge und z0 ∈ M . Folgende Aussagen über eine Funktion f : M −→ C sind äquivalent: a) f ist in z0 stetig b) Zu jedem ε > 0 gibt es ein r > 0 mit f (M ∩ ∆(z0 , r)) ⊂ ∆(f (z0 ), ε) c) Ist (zn )n ⊂ M eine Folge mit Grenzwert z0 , so konvergiert die Folge (f (zn ))n gegen f (z0 ). 1.2.11 Lemma. Seien M und z0 ∈ M wie eben. Mit f : M −→ C und g : M −→ C sind auch f + g und f g in z0 stetig. Wenn g(z0 ) 6= 0, so ist auch f /g in z0 stetig. Ist h : f (M ) −→ C in f (z0 ) stetig, so ist auch h ◦ f in z0 stetig. 1.2.12 Lemma. Ist U ⊂ C offen und f : U −→ C stetig, so ist für jede offene Menge V auch die Menge f −1 (V ) offen. Ist die Menge K ⊂ U kompakt, so ist auch die Menge f (K) kompakt. Insbesondere gibt es Punkte z− , z+ ∈ K mit |f (z− )| ≤ |f (z)| ≤ |f (z+ )|, ∀ z ∈ K Ist A ⊂ C abgeschlossen, so ist U \f −1 (A) offen. Zusammenhängende Mengen Definition. Wir nennen eine offene Menge G ⊂ C zusammenhängend oder ein Gebiet , wenn zu zwei Punkten a, b ∈ G eine stetige Abbildung γ : [0, 1] −→ G mit γ(0) = a, γ(1) = b existiert. Diese Abbildung γ wird dann als Weg in G von a nach b bezeichnet. Notationen. Ist γ : [0, 1] −→ C ein Weg, so sei γ − (t) = γ(1 − t) . Sind γ, c : [0, 1] −→ C zwei Wege mit γ(1) = c(0) , so setzen wir ( γ(2t) , wenn 0 ≤ t ≤ 21 γ ∗ c(t) = c(2t − 1), wenn 12 ≤ t ≤ 1 Dann definiert auch γ ∗ c einen Weg. 1.2.13 Lemma. Sind G1 und G2 Gebiete in C mitg G1 ∩ G2 6= ∅, so ist auch G1 ∪ G2 ein Gebiet. 10 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG Beweis. Seien a, b ∈ G := G1 ∪ G2 . Sind a und b in demselben Gebiet, gibt es offenbar einen Weg γ in G von a nach b. Sei also etwa a ∈ G1 und b ∈ G2 . Wir wählen einen Punkt x ∈ G1 ∩ G2 . Dann gibt es einen Weg γ : [0, 1] −→ G1 von a nach x und einen Weg c in G2 von x nach b. Also verläuft der Weg γ ∗ c in G von a nach b . Beispiel: i) Ist γ ∈ IR und ` eine reelle Linearform, so ist H = {l(z) < γ} ein Gebiet. Denn mit zwei Punkten a und b liegt auch die Verbindungsstrecke zwischen a und b wieder in H. ii) Sei a ∈ C und r > 0. Dann ist G = ∆(a, r)\{a} ein Gebiet. Beweis. Sei a = α + iβ mit reellen α, β . Ist R+ = {z ∈ G|Re z > α}, R− = {z ∈ G|Re z < α}, H+ = {z ∈ G|Im z > β} und H− = {z ∈ G|Im z < β} , so sind R+ , R− , H+ und H− Gebiete, ebenso H+ ∪ R+ , G0 = H+ ∪ R+ ∪ H− und G = G0 ∪ R− . Übungsaufgabe: Ist G ein Gebiet und a ∈ G, so ist auch G\{a} ein Gebiet. Ist F : G −→ C stetig und F (G) offen, so ist auch F (G) ein Gebiet. 1.2.14 Satz. Folgende Aussagen über eine offene Menge G sind äquivalent: i) G ist ein Gebiet ii) Sind U und V offen und disjunkt, so folgt aus G = U ∪ V schon U = G oder V = G. iii) Ist U ⊂ G offen und G\U ebenfalls offen, so ist schon U = ∅ oder U = G. Beweis. i) ⇒ ii). Angenommen, es seien U und V nichtleere disjunkte Mengen mit G = U ∪V . Dann wählen wir Punkte a ∈ U und b ∈ V und einen Weg γ : [0, 1] −→ G von a nach b. Wir setzen t0 = sup{t ∈ [0, 1]|γ(t) ∈ U } und untersuchen den Punkt x0 = γ(t0 ) . Sicherlich ist 0 < t0 < 1 . Wäre x0 ∈ U , so gäbe es ein ε > 0 mit ∆(x0 , ε) ⊂ U . Dann müsste aber für genügend kleines δ > 0 auch γ((t0 − δ, t0 + δ)) ⊂ ∆(x0 , ε) sein. Das widerspricht der Wahl von t0 . Also ist x0 ∈ V . Nun gibt es aber ein ε > 0 mit ∆(x0 , ε) ⊂ V und ein δ > 0 mit γ((t0 − δ, t0 + δ)) ⊂ ∆(x0 , ε). Andererseits gibt es eine Folge (tn )n von Zahlen 0 ≤ tn < to mit tn −→ t0 und γ(tn ) ∈ U . Da für genügend große n aber tn > t0 − δ wird, ist für diese n schon γ(tn ) ∈ U ∩ V , ein Widerspruch. Damit ist eine der beiden Mengen U nach V schon ganz G. ii) ⇒ iii). Klar: Wende ii) auf V = G\U an. iii) ⇒ i) . Für ein beliebiges a ∈ G setzen wir U = {z ∈ G| Es gibt einen Weg γ : [0, 1] −→ G von z nach a}. Zu zeigen ist: U und G\U sind offene Mengen. Da a ∈ U , folgt dann U = G. Hieraus folgt leicht, dass G zusammenhängend sein muss. Sei also z ∈ U . Da z ∈ G, gibt es ein r > 0 mit D = ∆(z, r) ⊂ G . Ist nun w ∈ D , so sei s die Verbindungsstrecke von w nach z . Diese verläuft ganz in D . Ist γ : [0, 1] −→ G ein Weg in G von z nach a , so verbindet der Weg s ∗ γ die Punkte w und a in G miteinander. Also ist D ⊂ U . Damit ist die Offenheit von U gezeigt. Sei jetzt y ∈ G\U . Dann gibt es ein r > 0 mit K = ∆(y, r) ⊂ G . Dann ist aber schon K ⊂ G\U . Denn sonst gäbe es einen Punkt x ∈ U ∩ K. Wie eben zeigt man nun, dass dann K ⊂ U sein müsste. Widerspruch zu y 6∈ U . Das war zu zeigen. 1.2. TOPOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE 11 Definition. Sei U offen. Unter einer Zusammenhangskomponente von U verstehen wir eine offene zusammenhängende Teilmenge W ⊂ U , so dass für jede zusammenhängende offene Teilmenge W 0 ⊂ U aus W 0 ∩ W 6= ∅ schon folgt, dass W 0 ⊂ W . 1.2.15 Lemma. i) Ist U ⊂ C offen, so gilt für zwei Zusammenhangskomponenten V, W ⊂ U von U : Entweder ist V ∩ W = ∅, oder es gilt schon V = W . ii) Jeder Punkt x ∈ U ist in genau einer Zusammenhangskomponente von U enthalten. Diese bezeichnen wir mit ZK(U, x). iii) Ist K ⊂ C kompakt, so gibt es genau eine unbeschränkte Zusammenhangskomponente VK von C\K. Ist D eine Kreisscheibe, die K enthält, so ist C\D ⊂ VK . Beweis. i) folgt aus der Definition. Zu ii) Wir bezeichnen die Vereinigung aller zusammenhängenden x enthaltenden offenen Teilmengen von U mit ZK(U, x). Dann ist ZK(U, x) selbst wieder zusammenhängend und offen. Ist Z ⊂ U offen und zusammenhängend, so dass Z ∩ ZK(U, x) 6= ∅, so ist auch Z ∪ ZK(U, x) wieder offen und zusammenhängend, also in ZK(U, x) enthalten. Es folgt Z ⊂ ZK(U, x). Die Eindeutigkeitsaussage erhalten wir aus i). Zu iii) : Ist a 6∈ D, so gilt für VK = ZK(C\K, a), dass C\D ⊂ VK , denn C\D ist ein Gebiet, das VK trifft. Damit ist VK unbeschränkt. Ist W eine unbeschränkte Zusammenhangskomponente von C\K , so gibt es ein b ∈ C\D ∩ W . Damit ist W ∩ VK 6= ∅ , also W = VK . 1.2.16 Lemma. Jede offene Menge U lässt sich in abzählbar viele Zusammenhangskomponenten zerlegen. Ist M eine abzählbare dichte Teilmenge von U , so gilt U = ∪x∈M ZK(U, x) . Beweis. Die Menge U enthält ∪x∈M ZK(U, x) . Ist y ∈ U und r > 0 so klein, dass ∆(y, 2r) ⊂ U , so wählen wir einen Punkt x ∈ ∆(y, r) ∩ M . Dann ist ∆(x, r) ⊂ U , also folgt y ∈ ZK(U, x) ⊂ ∪x∈M ZK(U, x). Daraus folgt die Behauptung. 1.2.17 Satz. Sei G ein Gebiet und f : G −→ C eine Funktion. Ist f lokal konstant, d.h. gibt es für jedes a ∈ G ein r > 0 mit ∆(a, r) ⊂ G und f |∆(a, r) ≡ f (a), so ist f konstant. Beweis. Wir wählen ein z0 ∈ G und setzen U = {z ∈ G|f (z) = f (z0 )}. Dann ist U offen. Denn ist w ∈ U und r > 0 ein Radius mit f |∆(w, r) ≡ f (w) , so ist sicherlich ∆(w, r) ⊂ U . Aber auch G\U ist offen. Ist nämlich v ∈ G\U und r > 0 so gewählt, dass ∆(v, r) ⊂ G, f |∆(v, r) ≡ f (v), so muss ∆(v, r) ∩ U = ∅ sein. Sonst wäre f (v) = f (z0 ), Widerspruch zu v 6∈ U . Folglich ist U = G, da z0 ∈ U . 12 1.3 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG Der Fundamentalsatz der Algebra Wir zeigen jetzt, dass jedes nichtkonstante Polynom mit komplexen Koeffizienten in C eine Nullstelle hat. Dazu benötigen wir ein Wachstumslemma für Polynome. 1.3.1 Lemma. Ist f (z) = z n + an−1 z n−1 + · · · + a1 z + a0 ein Polynom, (n ≥ 1), so gibt es einen Radius R > 0 mit: 1 |f (z)| ≥ |z|n 2 für alle z ∈ C\∆(0, R) Beweis. Sei R ≥ 1 zunächst beliebig. Dann gilt für z ∈ C, |z| ≥ R : ! ! Pn n X |a | |a | 1 n n−j n−j j=1 |f (z)| ≥ |z|n 1 − ≥ |z|n 1 − ≥ |z| j R 2 |z| j=1 Pn wenn wir R ≥ 2 j=1 |an−j | wählen. 1.3.2 Satz (Fundamentalsatz der Algebra). Jedes nicht-konstante Polynom f hat in C eine Nullstelle. Beweis. Es gibt ein z0 ∈ C mit |f (z0 )| ≤ |f (z)| für alle z ∈ C. Denn ist (zk )k eine Folge mit |f (zk )| −→ inf z∈C |f (z)| so muss diese Folge wegen Lemma 1.3.1 beschränkt bleiben, hat also eine konvergente Teilfolge. Es sei z0 der Grenzwert dieser Teilfolge. Wir zeigen, dass f (z0 ) = 0 . Dazu schreiben wir das Polynom g(z) = f (z + z0 ) als g(z) = a0 + n X aν z ν , ν=k wobei k ≥ 1 die kleinste aller Zahlen ` mit a` 6= 0 ist. Offenbar ist a0 = f (z0 ). Wäre nun a0 6= 0, so könnten wir aus −a0 /ak eine k.-te Wurzel ζ 6= 0 ziehen. Ist dann t ∈ (0, 1) klein, so haben wir: n n X X k ν ν k k+1 g(tζ) = a0 + ak (tζ) + aν t ζ = a0 (1 − t ) + t aν tν−k−1 ζ ν ν=k+1 ν=k+1 und damit die Abschätzung ! n X aν ν−k−1 ν k t ζ |g(tζ)| = |a0 |1 − t 1 − t a0 ν=k+1 ! n X aν tν−k−1 |ζ|ν ≤ |a0 | 1 − tk + tk+1 a0 ν=k+1 1.4. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG 13 Für genügend kleine t ist der letztere Ausdruck aber kleiner als |a0 | . Andererseits ist aber stets |g(z)| ≥ |a0 | für alle z. Widerspruch. 1.3.3 Folgerung. Ist f (z) = z n + an−1 z n−1 + · · · + a1 z + a0 ein Polynom, so gibt es z1 , ..., zr ∈ C und positive ganze Zahlen d1 , ..., dr mit d1 + · · · + dr = n und f (z) = r Y (z − zi )di . i=1 Ferner kann man aus jeder Zahl w ∈ C ∗ genau k (paarweise verschiedene) k.-te Wurzeln ziehen, wenn k ≥ 2. Beweis. Mit dem Divisionsalgorithmus erhalten wir die erste Behauptung. Sei k ≥ 2. Dann hat p(z) = z k − 1 außer 1 noch eine Nullstelle ζ, denn p(z) = (z − 1)(z k−1 + z k−2 + ... + 1). Dann sind ζ l , l = 0, ..., k − 1 paarweise verschieden. Ist w ∈ C ∗ beliebig und z ∈ C mit z k = w, so sind ζ l z,l = 0, ..., k − 1 k paarweise verschiedene Lösungen zu uk = w. Weitere Lösungen kann es (nach dem Divisionsalgorithmus) nicht geben. 1.4 Komplexe Differentialrechnung Erinnerung. Sei U ⊂ C offen und z0 ∈ U . Dann heißt eine Funktion f : U −→ C in z0 differenzierbar, wenn Re f und Im f es sind. Eine äquivalente Bedingung ist: Es gibt eine IR-lineare Abbildung Lz0 : C −→ C , so dass f (z) − f (z0 ) − Lfz0 (z − z0 ) −→ 0, wenn z −→ z0 |z − z0 | Schreiben wir g = Re f und h = Im f , so wird Lfz0 ∂g Az0 = ∂x ∂h ∂x durch die Matrix ∂g ∂y ∂h (z0 ) ∂y bezüglich der Basis (1, 0), (0, 1) dargestellt. Wir schreiben ∂f ∂g ∂h ∂f (z0 ) = (z0 ) + i (z0 ), analog (z0 ) ∂x ∂x ∂x ∂y Dann gelten wieder die für reellwertige Funktionen bekannten Rechenregeln für die partiellen Ableitungen. Der Beweis hierfür ist lang, aber trivial. 14 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG 1.4.1 Lemma. Ist L : C −→ C eine IR-lineare Abbildung, so gilt L(x, y) = az + bz, wenn z = x + iy, und L(1) + iL(i) L(1) − iL(i) , b= a= 2 2 Beweis. Schreibe 2L(x, y) = 2xL(1, 0) + 2yL(0, 1) = xL(1) + yL(i) = (z + z̄)L(1) − i(z − z̄)L(i) = ( L(1) − iL(i) )z + (L(1) + iL(i) )z̄ Mit dieser Notation lässt sich die Differenzierbarkeitseigenschaft auch so beschreiben: 1.4.2 Lemma. Eine Funktion f : U −→ C ist in einem Punkt z0 ∈ U genau dann differenzierbar, wenn es Zahlen a, b ∈ C gibt, so dass die Funktion ρf (z; z0 ) := f (z) − f (z0 ) − a(z − z0 ) − b(z̄ − z̄0 ) , |z − z0 | z ∈ U \{z0 } durch ρf (z0 ; z0 ) = 0 auf U stetig fortsetzbar ist. Die Zahlen a und b sind durch 1 ∂f ∂f 1 ∂f ∂f (W ) a= − i (z0 ), b = +i (z0 ) 2 ∂x ∂y 2 ∂x ∂y eindeutig bestimmt. Beweis. Die Formeln für a und b folgen aus Lemma 1.4.1 für x x L = A z0 y y Definition. Ist f : U −→ C in z0 ∈ U differenzierbar, so definieren wir die Wirtinger-Ableitungen von f in z0 durch ∂f ∂f (z0 ) = a, (z0 ) = b ∂z ∂z wobei a und b die Bedeutung aus (W) haben. Aus der Formel (W) von Lemma 1.4.2 folgen Rechenregeln für die Wirtingerableitungen, deren Beweis einfach, aber langwierig ist: 1.4.3 Satz. a) Sind f, g : U −→ C in z0 ∈ U differenzierbar und ist α ∈ C, so gilt ∂(f + αg) ∂f ∂g ∂(f + αg) ∂f ∂g (z0 ) = (z0 ) + α (z0 ), (z0 ) = (z0 ) + α (z0 ) ∂z ∂z ∂z ∂z ∂z ∂z 1.4. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG 15 und ∂f ∂f ∂f ∂f (z0 ) = (z0 ), (z0 ) = (z0 ) ∂z ∂z ∂z ∂z b) Sind f und g wie unter a), so gilt weiter ∂(f g) ∂g ∂f (z0 ) = f (z0 ) (z0 ) + g(z0 ) (z0 ) ∂z ∂z ∂z und ∂(f g) ∂g ∂f (z0 ) = f (z0 ) (z0 ) + g(z0 ) (z0 ) ∂z ∂z ∂z Übungsaufgabe: Formuliere und beweise die Quotientenregel für Wirtingerableitungen. 1.4.4 Satz. (Kettenregeln) Seien U, V ⊂ C offene Mengen und z0 ∈ U ,t0 ∈ (0, 1), w0 ∈ V ,f : U −→ C,γ : [0, 1] −→ U und g : V −→ C Funktionen, mit f (z0 ) = w0 , und γ(t0 ) = z0 . Sind f in z0 , γ in t0 und g in w0 differenzierbar, so gilt: d ∂f ∂f (f ◦ γ)(t0 ) = (z0 )γ 0 (t0 ) + (z0 )γ 0 (t0 ) dt ∂z ∂z (a) und (b) ∂g ∂f ∂g ∂f ∂(g ◦ f ) (z0 ) = (w0 ) (z0 ) + (w0 ) (z0 ) ∂z ∂w ∂z ∂w ∂z (c) ∂(g ◦ f ) ∂g ∂f ∂g ∂f (z0 ) = (w0 ) (z0 ) + (w0 ) (z0 ) ∂z ∂w ∂z ∂w ∂z Beweis. Um die Regeln b) und c) zu zeigen, beachte man, dass wenn L(z) = az + bz und T (z) = cz + dz zwei IR -lineare Abbildungen sind, dann T ◦ L durch T ◦ L(z) = (ac + bd)z + (bc + ad)z gegeben ist. 1.4.5 Lemma. Sei h : (a, b) −→ C in einem Punkt t0 differenzierbar, und sei f : U −→ (a, b) in z0 ∈ U differenzierbar. Es gelte f (z0 ) = t0 . Dann folgt ∂(h ◦ f ) ∂f ∂(h ◦ f ) ∂f (z0 ) = h0 (t0 ) (z0 ), (z0 ) = h0 (t0 ) (z0 ) ∂z ∂z ∂z ∂z Beweis. Übungsaufgabe. Beispiel. a) Die Funktion fk (z) = z k , mit k ∈ IN . Es gilt für k > 0 : ∂fk ∂fk = kz k−1 , =0 ∂z ∂ z̄ 16 KAPITEL 1. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG ∂f1 = 21 ( ∂z −i ∂z )= 1 . Ebenso errechnet man ∂z ∂x ∂y ∂f1 = 0 . Angenommen, die Behauptung sei für k bewiesen. Dann ist ∂fk+1 = ∂ (zfk ) . Nach ∂z ∂z ∂z der Produktregel ist dies aber gleich fk + z ∂fk = (k + 1)z k . Ebenso zeigt man ∂fk+1 = 0 . Durch ∂zk ∂z k komplex-konjugieren erhalten wir hieraus ∂z = kz k−1 und ∂z = 0. Aus der Produktregel folgt ∂z ∂z jetzt ∂ zk zl ∂ zk zl = kz k−1 z l , = lz k z l−1 ∂z ∂z Definition. Sei U ⊂ C offen und z0 ∈ U . Eine Funktion f : U −→ C heißt in z0 komplex differenzierbar, wenn der Grenzwert Beweis. Induktiv nach k . Für k = 1 gilt lim z→z0 f (z) − f (z0 ) = f 0 (z0 ) z − z0 existiert. 1.4.6 Lemma. (Cauchy-Riemann-Gleichung) Die Funktion f : U −→ C ist in z0 ∈ U genau dann komplex differenzierbar, wenn sie in z0 differenzierbar ist und ∂f (z ) gilt. In diesem Falle ∂ z̄ 0 ∂f 0 ist f (z0 ) = (z0 ). ∂x Beweis. Angenommen, f sei in z0 komplex differenzierbar. Dann wählen wir als IR -lineare Abbildung: Lz0 (x, y) = f 0 (z0 )(x + iy). Nun gilt z − z0 f (z) − f (z0 ) f (z) − f (z0 ) − Lz0 (x − x0 , y − y0 ) 0 = − f (z0 ) −→ 0 |z − z0 | |z − z0 | z − z0 wenn z −→ z0 . Damit ist die Differenzierbarkeit von f in z0 gezeigt. Ferner haben wir 1 1 ∂f ∂f 0 1 0 (z0 ) = L z0 (z0 ) = f (z0 ) = Lz0 = 1 0 i ∂y i ∂x woraus der zweite Teil der Behauptung folgt. Wenn nun umgekehrt vorausgesetzt wird, dass f in z0 differenzierbar ist, und ∂f (z0 ) = 0 , ∂z so ist f (z) − f (z0 ) ∂f lim = (z0 ). z→z0 z − z0 ∂z Setzen wir f (z) − f (z0 ) − Lz0 (z − z0 ) ρ(z) = , |z − z0 | so wissen wir, dass ρ(z) −→ 0, wenn z −→ z0 . Unter unserer Voraussetzung ist aber die Darstellung von Lz0 gemäß Lemma 1.4.1 gerade Lz0 (w) = ∂f (z0 )w. Aus ∂z f (z) − f (z0 ) ∂f |z − z0 | − (z0 ) = ρ(z) −→ 0 z − z0 ∂z z − z0 1.4. KOMPLEXE DIFFERENTIALRECHNUNG 17 folgt nun die Behauptung. Mit Hilfe der Rechenregeln für die Wirtingerableitungen erhalten wir sofort den 1.4.7 Satz. a) Seien f, g : U −→ C Funktionen und z0 ∈ U . Sind f und g in z0 komplex differenzierbar, so gilt dies auch für f + αg und f g. Es ist (f + αg)0 (z0 ) = f 0 (z0 ) + αg 0 (z0 ) (f g)0 (z0 ) = f (z0 )g 0 (z0 ) + g(z0 )f 0 (z0 ) Ist g(z0 ) 6= 0, so ist 0 f f 0 (z0 )g(z0 ) − f (z0 )g 0 (z0 ) (z0 ) = g g(z0 )2 b) Ist V ⊂ C offen und f (z0 ) ∈ V , und ist weiterhin h : V −→ C in f (z0 ) komplex differenzierbar, so ist h ◦ f in z0 komplex differenzierbar, und es gilt (h ◦ f )0 (z0 ) = h0 (f (z0 ))f 0 (z0 ). Definition ( Höhere Differenzierbarkeitsklassen). Sei U ⊂ C offen. Für k ≥ 1 wird die Klasse Dk (U ) induktiv definiert. Sei D1 (U ) die Menge der komplex differenzierbaren Funktionen auf U und für k ≥ 2 setzen wir Dk (U ) := {f ∈ D1 (U ) | f 0 ∈ Dk−1 (U )}. Die k.-te Ableitung einer Funktion f ∈ Dk (U ) ist einfach die Ableitung von f (k−1) . Es gilt also Dk (U ) ⊂ Dk−1 (U ) ⊂ . . . ⊂ D1 (U ) Wir werden bald sehen, dass Dk (U ) = D1 (U ) für alle k ≥ 1.