Seite 1 von 5 1 1 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 2 3 . 1 0 . 2 0 1 4 Zysten, Steine, Koliken – was an die Nieren geht Unsere Nieren filtern täglich fast 1.800 Liter Blut, reinigen den Körper von Giftstoffen und regulieren Wasserhaushalt und Blutdruck. Und doch schenken wir ihnen kaum Beachtung. Die Anzahl der Nierenpatienten steigt von Jahr zu Jahr. Weltweit sind etwa zehn Prozent der Erwachsenen betroffen. So auch in Deutschland. Chronische Nierenerkrankungen gelten unter Experten inzwischen als unbekannte Volkskrankheit. Das Tückische: Nierenschädigungen kommen schleichend. Besonders in frühen Stadien bleiben sie lange unbemerkt, weil sie keine Beschwerden verursachen. Beim Auftreten von ersten Symptomen sind die Nieren häufig schon so stark geschädigt, dass das Gewebe seine Filterfunktion nicht mehr erfüllen kann. Dieser allmähliche Verlust der Nierenfunktion führt schließlich zum chronischen Nierenversagen. Medikamente verhindern dann nur noch eine weitere Verschlechterung. Einzige Hilfe: die Dialyse oder ein Spenderorgan. Das rechtzeitige Erkennen von Nierenerkrankungen ist wichtig, um auch Folgeschäden, zum Beispiel am Gefäßsystem, zu verhindern. So funktionieren die Nieren Jede der beiden Nieren besteht aus feinsten Nierenkörperchen, den sogenannten Glomeruli. Sie gehören zu den empfindlichsten Zellen des Körpers, winzige Gebilde, die das Blut von Schadstoffen reinigen und Giftstoffe aussortieren. Eiweiße bleiben im Filtersystem hängen, wichtige Stoffe wie Natrium oder Kalium kehren zurück in den Blutkreislauf, genau wie das meiste Wasser. Übrig bleibt nur etwa ein Prozent der Flüssigkeit, der Harn mit den Abfallstoffen, der entsorgt werden muss. Im Durchschnitt ist das anderthalb Liter Urin, der täglich über die Blase ausgeschieden wird. Die wichtigsten Nierenkiller Die Hauptursachen für chronisches Nierenversagen sind Diabetes und Bluthochdruck. Etwa 20 bis 40 Prozent der Diabetiker entwickeln eine Nierenerkrankung. Durch Blutzucker und hohen Blutdruck verändern sich die Gefäßwände, das Nierengewebe wird nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und stirbt ab. Je länger Diabetes und Bluthochdruck bestehen, umso größer das Risiko. Aber auch schwere Infektionen, Zigaretten und der Dauerkonsum von Schmerzmitteln können die Nieren kaputt machen. Entzündungsstoffe, die im Fettgewebe gebildet werden und zu viel LDL-Cholesterin, gelten ebenfalls als schädlich. Nierenspezialisten empfehlen Risikopatienten einen regelmäßigen Nierencheck ab dem 35. Lebensjahr. Warnsignale richtig deuten Da Nierenerkrankungen lange Zeit unauffällig verlaufen, ist es besonders wichtig, sie so früh wie möglich zu erkennen. Bis die ersten Symptome auftreten, kann es Jahre dauern. Das sind erste Warnsignale: - andauernde Veränderung des Urins in Farbe und Geruch 1 Seite 2 von 5 - auffällig hoher Blutdruck - plötzliche Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen, vor allem an den Beinen - hohe Mengen an Eiweiß im Urin enten regelmäßig wiederholt werden. Wichtig: den Test zwei Stunden nach einer Mahlzeit, am besten morgens durchführen, um möglichst genaue Werte zu erhalten. Mediziner unterscheiden vier Stufen der Nierenschwäche: Stadium 1: leicht eingeschränkte Filterfunktion, aber noch normale Urin- und Blutwerte Stadium 2: Nierenwerte leicht erhöht, grippeartige Symptome Stadium 3: erheblich erhöhte Nierenwerte, ständige Müdigkeit und Wassereinlagerungen Stadium 4: stark erhöhte Nierenwerte, chronisches Nierenversagen, Dialyse notwendig Leukozyten im Urin: Leukozyten sind weiße Blutkörperchen. Sie werden besonders bei Infektionen und Entzündungen der Niere und der Harnwege ausgeschieden. In diesem Fall sollte immer ein Arzt aufgesucht werden, um die genaue Ursache abzuklären. Vorsicht: Antibiotika und andere Medikamente können zu falschen Testergebnissen führen. Nierencheck zur Früherkennung Mit einem Urinschnelltest aus der Apotheke lässt sich ganz einfach ein erster Hinweis auf eine bestehende Nierenerkrankung finden. Der Test weist im Urin ausgeschiedene Stoffe nach und kann so Hinweise auf mögliche Erkrankungen geben. Mit dem Teststreifen werden unter anderen die folgenden fünf wichtigen Werte getestet: Eiweiß, Zucker (Glukose), Nitrit, Leukozyten, Blut. Wenn die Marker auf dem Testreifen an mehreren Tagen in Folge hohe Werte anzeigen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Und das könnte dahinterstecken: Glucose (Zucker) im Urin: Erhöhte Harnzuckerwerte sind fast immer ein Hinweis auf die Zuckerkrankheit, Diabetes mellitus. Das Testergebnis unterliegt aber auch Schwankungen. Das heißt, eine Nichtverfärbung des Testfeldes bedeutet nicht in jedem Fall eine Entwarnung. Deshalb sollte der Test vor allem bei Risikopati- Nitrit im Urin: In diesem Fall wird Nitrat aus der Nahrung durch Bakterien und andere Keime zu Nitrit umgewandelt. Wenn sich das Testfeld rosarot verfärbt, lassen sich also bestimmte Keime nachweisen. Schon eine leichte Verfärbung zeigt eine erhöhte Bakterienmenge an. Doch auch größere Mengen an Vitamin C können zu falschen Testergebnissen führen. Eiweiß im Urin: Die erhöhte Ausscheidung von Eiweiß im Urin kann ein Hinweis darauf sein, dass die Niere nicht voll funktionstüchtig ist. Es ist oft ein erstes Anzeichen einer Niereninsuffizienz, kann manchmal aber auch ganz harmlose Gründe haben. Blut im Urin: Ist Blut im Urin, ist meist eine Erkrankung der Niere oder der Harnwege schuld. Es kann aber auch ein erster Hinweis auf einen Nierenstein sein. Treten die Symptome länger auf, sollte ein Arzt die genaue Ursache untersuchen. Blutwäsche wird 90 Jahre alt Mehr als 80.000 Patienten müssen in Deutschland regelmäßig dreimal pro Woche an die künstliche Niere, die Dialyse. Im Jahr 1924 hat der Mediziner und Naturwissenschaftler Georg Haas erstmals einen Apparat aus verschiedenen Glaszylindern und Schläuchen vorgestellt, mit dem Blut zur Entgiftung der Niere gewaschen werden konnte. Im Hörsaal der Universität Gießen wurde die komplizierte Apparatur im Sommer 1924 erstmals bei einem Patienten eingesetzt. Ein historisches Ereignis, das nur fünfzehn Minuten dauerte. Bis die Dialyse Menschen zugute kam, führte er mehr als zehn Jahre lang umfassende Experimente und wissenschaftliche Tests durch. 2 Seite 3 von 5 Der Fall Christine K. Magdeburg, Sommer 2004. Christine K. klagt über Müdigkeit, von Tag zu Tag geht es ihr schlechter. Wie aus heiterem Himmel spielt ihr Körper verrückt, juckt überall. Der behandelnde Arzt schickt sie zur Untersuchung in die Klinik. Dort bekommt sie die Diagnose: akutes Nierenversagen. Die Nieren sind so stark geschädigt, dass ihr nur noch ein Spenderorgan helfen kann. Beim ersten Mal bei der Dialyse bricht sie zusammen. Sie kann sich nur schwer damit abfinden, dass ab jetzt eine Maschine ihr Blut reinigen soll. Damit ihr Körper sich nicht selbst vergiftet, muss Christine K. die Prozedur dreimal pro Woche über sich ergehen lassen. Doch trotz Dialyse geht es ihr immer schlechter. Das macht auch ihrer Schwester Gabriele zu schaffen. Als sie nicht mehr mit ansehen kann, wie ihre kleine Schwester immer weiter an Gewicht verliert, trifft sie eine Entscheidung: Sie spendet ihr eine ihrer gesunden Nieren. Ehemann Uwe leidet an einem Herzfehler und kommt für eine Nierenspende nicht infrage. Es folgen viele Tests, dann die NierenTransplantation im Virchow-Klinikum der Berliner Charité. Die Eingriffe verlaufen ohne Komplikationen. Das ist inzwischen zehn Jahre her. Heute geht es Christine gut – Dank der Niere ihrer Schwester. Um andere Nierenkranke zu unterstützen, engagiert sie sich in dem Verein Niere e.V. Sachsen-Anhalt. Gefährliche E-Nummern! Sie konservieren Lebensmittel, stabilisieren Milchprodukte, sorgen dafür, dass Puddingpulver nicht verklumpt oder Cola die Farbe behält: Phosphate. Aus vielen Lebensmitteln besonders aus Fast Food und Fertiglebensmitteln sind sie kaum mehr wegzudenken. Doch sie werden zunehmend zum Gesundheitsrisiko. Ist der Phosphatspiegel im Körper zu hoch, können die Nieren die Stoffe nicht mehr ausscheiden. Sie verbleiben im Körper und setzen sich an den Wänden der Blutgefäße fest. Die Gefäße werden enger, die Durchblutung wird gestört. Damit steigt die Gefahr für Herzinfarkt und Schlaganfall. Besonders hoch ist das Risiko für Nierenpatienten mit einer eingeschränkten Nierenfunktion. Für sie kann zu viel Phosphat sogar lebensbedrohlich sein. Sie müssen besonders darauf achten, möglichst wenig aufzunehmen. Doch das ist schwierig, denn die zugesetzten Phosphate verstecken sich hinter Bezeichnungen wie E338, E339, E341. Die genaue Menge ist aus den gesetzlich vorgeschriebenen Angaben nicht ersichtlich. Bei Nierenpatienten wird der Phosphatspiegel regelmäßig kontrolliert und falls nötig mit Medikamenten gesenkt. Sie verhindern die Phosphataufnahme im Darm. http://www.nierenstiftung.de/oeffentlichkeit sarbeit/hilfreiche-informationen/phosphateregulieren Wenn die Nieren ein Problem haben Nierenschmerzen können höllisch sein. Die Intensität des Schmerzes sagt aber nichts über die Bedrohlichkeit der dahinter stehenden Erkrankung aus. Manchmal verstecken sich auch Steine, Zysten oder eine Entzündung des Nierenbeckens dahinter. Nierenbeckenentzündung: Dabei handelt sich um eine akute oder chronische Entzündung des Nierenbindegewebes, meist verursacht durch eine bakterielle Infektion. In seltenen Fällen können auch bestimmte Medikamente und andere Infektionen zu einer Nierenbeckenentzündung führen. Bei einer akuten Nierenbeckenentzündung kommt es neben den Nierenschmerzen zu hohem Fieber und einem plötzlichen starken Krankheitsgefühl. Mit einer Antibiotika-Therapie heilt die Entzündung meist problemlos aus, ohne Schäden zu hinterlassen. Manchmal entwickelt sich daraus eine chronische Nierenbeckenentzündung (chronische interstitielle Nephritis). Sie kann lange symptomfrei verlaufen, es können aber auch Symptome wie Flankenschmerzen auftreten. Nierensteine: Etwa 15 Prozent der Männer und etwa 5 bis 10 Prozent der Frauen haben Nierensteine. Nierensteine sind Mineralien, die sich durch hohe Konzentrationen bestimmter Stoffe in den Nieren sammeln. Werden sie dauerhaft nicht abtransportiert, wachsen sie zu festen Gebilden, zu Nierensteinen. Sind die Steine klein, bleiben sie oft unbe3 Seite 4 von 5 merkt. Große Steine machen sich mit sehr schmerzhaften Koliken bemerkbar, wenn sie von der Niere abgestoßen werden und über den Harnleiter den Weg ins Freie suchen. Begleitet werden die starken Schmerzen oft von Übelkeit und Erbrechen. Ob es sich tatsächlich um einen Nierenstein handelt, ist im Ultraschall- und Röntgenbild zu erkennen. Große Steine können mit einer Stoßwellentherapie zertrümmert werden. Manchmal ist auch ein endoskopischer Eingriff nötig, um die Steine zu entfernen. Die Ursache für Nierensteine sind sowohl genetische Veranlagung als auch eine falsche Ernährungsweise. Bei 50 Prozent der Nierenstein-Patienten kommen die Steine wieder. Für diese sogenannten Steinbildner ist es wichtig zu wissen, welche Art von Nierenstein sie bilden. Eine Untersuchung der Steine kann Aufschluss über die genaue Ursache und stoffliche Zusammensetzung geben. - Kalziumoxalat-Steine (85 Prozent), aufgebaut aus Kalziumsalzen der Oxalsäure (besonders reich in Lebensmitteln wie Rhabarber, Spinat, Kaffee) Tipp: Magnesiumreich ernähren, der Mineralstoff hemmt die Bildung von Kalziumoxalat-Steinen: Hülsenfrüchte, Gemüse, Milch, Bananen -Magnesiumammonium-Steine (Struvit) und Kalziumphosphat-Steine (Brushit) (10 Prozent), Ursache ist meist ein zu hoher oder zu niedriger pH-Wert im Harn -Harnsäure-Steine (5 Prozent), aufgebaut aus Harnsäure, einem Abfallprodukt des Stoffwechsels, besonders viel bei einer eiweißreichen Ernährung (hier besonders tierisches Eiweiß in rotem Fleisch) -Zystinsteine (selten), körpereigene Substanz aus zwei Molekülen der Aminosäure Cystein, häufige Ursache ist eine angeborene/vererbte Fehlfunktion der Niere. Zystin kann durch einen Schnelltest aus der Apotheke im Urin nachgewiesen werden. Der pH-Wert im Urin beeinflusst die Löslichkeit der Salze. Harnsäure- und Zystinsteine können mit Medikamenten aufgelöst werden. Für Nierensteinpatienten ist es besonders wichtig ausreichend zu trinken. So wird der Urin verdünnt und die Konzentration der Mineralstoffe gesenkt. Damit können sich die Stoffe gut lösen, die die Steine bilden. Zysten: Eine einzelne Zyste in der Niere ist oft harmlos. Wird sie zu groß, kann sie durch eine Operation entfernt werden. Sie ist nicht zu verwechseln mit einer Zystenniere: Dann sind die Nieren mit mehreren Zysten gefüllt. Die Zysten werden im Laufe des Lebens immer mehr und verdrängen das Nierengewebe. Die Niere kann dann nicht mehr richtig arbeiten. Diagnostiziert werden die Zysten im Ultraschall. Zystennieren werden meist vererbt, daher kann man leider nicht vorbeugen. Die Zystenniere zählt zu den häufigsten Erbkrankheiten. Im Alter kann in schweren Fällen eine Dialyse oder Organtransplantation notwendig werden. Nierensteine in 30 Minuten zertrümmert Nierensteine mit Druck zertrümmern, das passiert bei der Stoßwellen-Therapie. Das Prinzip gibt es schon seit über 30 Jahren. Eine Firma aus Jena hat vor drei Jahren ein mobiles Stoßwellengerät erfunden und die Technologie weiterentwickelt. Dr. Werner Schwarze, Biologe und Physiker, und sein Team wollten die Stoßwellentherapie nicht nur mobiler machen, sondern auch wirksamer. Deshalb entwickelte die Firma einen neuartigen Therapiekopf. „Bisherige Geräte fokussieren die Energie auf einen Punkt. Wir sind von diesem Konzept abgegangen und haben nun eine Brennlinie, bei der wir die Energie im Raum verschmieren. Neue physikalische Untersuchungen haben gezeigt, dass Steine in der Größenordnung von acht bis zehn Millimetern, wie sie üblich sind, so besser zerstört 4 Seite 5 von 5 werden können“, erklärt der Physiker. Die Behandlung des Nierensteins dauert eine halbe Stunde, ein Dauerfeuer von 3.000 Schuss. Durch den neuartigen Schallkopf erhält der Stein mehr Energie als bei herkömmlichen Geräten. Der Stein bekommt Risse und zerspringt schließlich in viele kleine Stücke. Das mobile, schlagkräftigere Stoßwellengerät aus Jena arbeitet inzwischen in drei deutschen Unikliniken und wird in 13 Länder exportiert. Die wichtigsten Tipps für gesunde Nieren: www.nierenstiftung.de Gäste im Studio Dr. med. Thomas Dietz, Nephrologe, Nierenzentrum Berlin Dr. Anne-Kathrin Habermann, Apothekerin und Chemikerin Buchtipp Wertvolle Tipps, wie Sie dank einfacher Hausmittel Ihre Selbstheilungskräfte aktivieren und Ihren Körper wieder ins Gleichgewicht bringen können, finden Sie auch im neuen Hauptsache Gesund-Buch „Meine besten Hausmittel“. ISBN: 978-3-89883-272-4; 19,95 Euro Erhältlich im Buchhandel und im MDR-Shop. Anschrift/ Thema der nächsten Sendung MDR FERNSEHEN, Redaktion Wirtschaft und Ratgeber „Hauptsache Gesund“ Internet: www.mdr.de/hauptsache-gesund; E-Mail: [email protected] Thema der Sendung vom 30.10.2014: „Krankheiten an Haut, Haaren und Nägeln erkennen“ 5