ÜBUNGSBLATT 4 – LÖSUNGEN MAT121/MAT131 ANALYSIS I HERBSTSEMESTER 2010 PROF. DR. CAMILLO DE LELLIS Aufgabe 1. Entscheiden Sie für folgende Folgen (wobei n ∈ N \ {0}), ob diese konvergent sind, und berechnen sie gegebenenfalls ihre Grenzwerte. 1+n (a) an = ; nn (b) bn = (−1) ; (−1)n (c) cn = 1 + ; n (d) dn = cos(πn); (e) en = cos(2πn); (f) fn = 1 − (−1)n 1 + (−1)n . Antwort. (a) an konvergiert, und 1 1 1+n + 1 = 1. = lim + 1 = lim lim an = lim n→∞ n n→∞ n n→∞ n→∞ n (b) bn konvergiert nicht, da b2k = 1 und b2k−1 = −1 für alle k ∈ N \ {0} ist, und bn somit das Cauchy’sche Konvergenzkriterium für kein ǫ ∈ (0, 2) erfüllt (für jedes N ∈ N \ {0} ist |bN +1 − bN +2 | = 2). (c) cn konvergiert nach 1. Um dies zu zeigen, wähle ǫ > 0 und betrachte (−1)n 1 (−1)n = . |cn − 1| = 1 + − 1 = n n n Wählen wir N > 1/ǫ (N ∈ N \ {0}), so gilt für alle n > N (n ∈ N \ {0}), dass |cn − 1| < ǫ ist, wie gewünscht. (d) Wie in (b), ist wegen cos π(2k) = 1 und cos π(2k − 1) = −1 für alle k ∈ N \ {0}, die Folge cn nicht konvergent. (e) Da für alle n ∈ N \ {0} gilt cos(2πn) = 1, ist en die konstante Folge 1 und konvergiert daher auch nach dieser Zahl. (f) Da 2 fn = 1 − (−1)n 1 + (−1)n = 12 − (−1)n = 1 − 1 = 0 für alle n ∈ N \ {0} ist, konvergiert die konstante Folge fn nach 0. Aufgabe 2. Entscheiden Sie für folgende Folgen (wobei n ∈ N \ {0}), ob diese konvergent sind, und berechnen sie gegebenenfalls ihre Grenzwerte. 2n + 1 (a) an = 2 ; n +n+1 √ n−1 (b) bn = √ ; n+1 2n ; (c) cn = p n(n + 1) √ √ (d) dn = n + 1 − n; 1 2 n (e) en = 2 + 2 + · · · + 2 ; nn n n a für ein beliebiges a ∈ R. (f) fn = n! 2 ÜBUNGSBLATT 4 (MAT121/MAT131 ANALYSIS I) – LÖSUNGEN Antwort. (a) an konvergiert, wobei 2 + n12 2n + 1 n = 0. lim an = lim 2 = lim n→∞ n→∞ n + n + 1 n→∞ 1 + 1 + 12 n n (b) Hier benötigen wir: Ist (xn )n∈N eine Nullfolge nicht–negativer reeller Zahlen, so √ xn n∈N eine Nullfolge. Dies sieht man wie folgt. Sei ǫ > 0 gegeben. ist auch Nach Voraussetzung existiert zu jedem η > 0 eine natürliche Zahl N mit xn < η, für alle n > N. Nehmen wir das zu η = ǫ2 zugehörige N ∈ N, so folgt für alle n > N wegen der Monotonie der Wurzelfunktion, dass √ √ xn < ǫ2 = ǫ, wie gewünscht. Nun gilt für alle n ∈ N \ {0}: √ 1− n−1 bn = √ = n+1 1+ √1 n √1 n = 1− 1+ q q 1 n n→∞ 1 n −→ 1. (c) Hier benötigen wir: Ist (xn )n∈N eine Folge nicht–negativer reeller Zahlen, welche √ √ nach x > 0 konvergiert, so konvergiert die Folge xn n∈N nach x. Dies sieht man wie folgt. Sei ǫ > 0 gegeben. Nach Voraussetzung existiert zu jedem η > 0 eine natürliche Zahl N mit |xn − x| < η, für alle n > N. Nehmen wir das zu √ η = ǫ x zugehörige N ∈ N, so folgt für alle n > N, dass √ √ √ √ √ √ xn − x x x |xn − x| n + xn − x = √ √ √ = √ xn + x xn + x √ x √ ≤ ǫ, <ǫ√ xn + x | {z } ≤1 wie gewünscht. Nun gilt für alle n ∈ N \ {0}: 2n 2 cn = p =q n(n + 1) 1+ n→∞ 1 n −→ 2. (d) Hier benötigen wir: Ist (xn )n∈N eine Folge nicht–negativer reeller Zahlen, welche √ xn n∈N ebenfalls nach +∞. Dies nach +∞ divergiert, so divergiert die Folge sieht man wie folgt. Sei M > 0 gegeben. Nach Voraussetzung existiert zu jedem f > 0 ein N ∈ N mit xn > M f für alle n > N. Nehmen wir das zu M f= M 2 M zugehörige N ∈ N, so folgt für alle n > N wegen der Monotonie der Wurzelfunktion, dass √ √ xn > M 2 = M, wie gewünscht. Nun gilt für alle n ∈ N \ {0}: √ √ √ √ √ √ n+1− n n+1+ n 1 n→∞ √ n+1− n= =√ √ √ −→ 0. n+1+ n n+1+ n Pn n(n+1) (n ∈ N \ {0}). Damit gilt nämlich für alle (e) Wir verwenden k=1 k = 2 n ∈ N \ {0} n 1 2 n 1 X en = 2 + 2 + · · · + 2 = 2 k= n n n n k=1 n(n+1) 2 n2 = 1+ 2 1 n n→∞ −→ 1 . 2 ÜBUNGSBLATT 4 (MAT121/MAT131 ANALYSIS I) – LÖSUNGEN 3 (f) Wir wollen zeigen, dass fn → 0 (n → ∞). Hierzu genügt es, zu zeigen, dass |fn | eine Nullfolge ist. Für alle n ∈ N \ {0} besteht |fn | aus den n Faktoren n a |a|n |a| |a| |a| = · ····· . |fn | = = n! n! 1 2 n Sei nun M ∈ N \ {0} so, dass |a| < M und definiere C = |a| · |fM | = Dann gilt für alle n > M |fn | = |a|M +1 . M! |a| |a| |a| |a| |a| 1 |a| ····· · · ····· <C . · M} |M{z + 1} − 1} n n |1 2 {z |n {z =|fM | <1 <1 Sei nun ǫ > 0 gegeben. Wählen wir N ∈ N \ {0} mit N ≥ max{M, C/ǫ}, dann gilt für alle n > N, dass |fn | < ǫ. Also konvergiert |fn |, und damit auch fn nach Null, wie behauptet. Aufgabe 3. Sei (an )n∈N\{0} eine Folge, welche nach a konvergiert. Zeigen Sie, dass dann die Folge (cn )n∈N\{0} , gegeben durch a1 + a2 + · · · + an n ebenfalls nach a konvergiert. cn = (n ∈ N \ {0}), Antwort. Wir zeigen die Behauptung zuerst für Nullfolgen (an )n∈N\{0} . Sei ǫ > 0 gegeben. Dann existiert nach Voraussetzung ein N ∈ N \ {0}, so dass |an | < 2ǫ für alle n > N ist. Dann gilt aber auch für jedes n > N, dass (n − N) 2ǫ |aN +1 + · · · + an | |aN +1 | + · · · + |an | ǫ ≤ < = n−N n−N n−N 2 ist, und somit erst recht ǫ |aN +1 + · · · + an | < n 2 Nun gilt aber für festes m ∈ N \ {0}, dass ∀n > N. |a1 + · · · + am | n→∞ −→ 0. n Somit existiert für jedes m ∈ N \ {0} ein M ∈ N \ {0} mit ǫ |a1 + · · · + am | < ∀n > M. n 2 Wählen wir nun das zu m = N gehörige M ∈ N \ {0}, so gilt für alle n > max{M, N}, dass |a1 + · · · + an | |a1 + · · · + aN + aN +1 + · · · + an | |cn | = = n n |a1 + · · · + aN | + |aN +1 + · · · + an | ǫ ǫ ≤ < + = ǫ, n 2 2 was beweist, dass (cn )n∈N\{0} eine Nullfolge ist. Ist nun (an )n∈N\{0} eine Folge, welche nach a ∈ R konvergiert, wobei nicht unbedingt a = 0 ist, so gilt für die Folge (a1 − a) + · · · + (an − a) a1 + · · · + an −a= n ∈ N \ {0} n n das soeben Gezeigte, denn (an −a)n∈N\{0} ist eine Nullfolge. Wir folgern, dass (dn )n∈N\{0} auch eine Nullfolge ist, und so, dass (cn )n∈N\{0} nach a konvergiert, wie behauptet. d n = cn − a = 4 ÜBUNGSBLATT 4 (MAT121/MAT131 ANALYSIS I) – LÖSUNGEN Aufgabe 4. Berechnen Sie die “Kettenwurzel” v v u s u u r u q u √ t t 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + . . ., √ indem Sie die Folge (an )n∈N\{0} mit a1 = 1 und an+1 = 1 + an für alle n ∈ N \ {0} betrachten. (a) Beweisen Sie, dass (an )n∈N\{0} beschränkt ist; (b) Zeigen Sie, dass (an )n∈N\{0} monoton wächst; (c) Schliessen Sie, dass die Folge konvergent ist; (d) Berechnen Sie den Grenzwert von (an )n∈N\{0} und somit den Wert der Kettenwurzel. Antwort. (a) Wir zeigen mit Induktion, dass 1 ≤ an < 3 für alle n ∈ N \ {0} gilt. Induktionsverankerung: Für n = 1 ist a1 = 1 ∈ [1, 3). Induktionsschritt: Nehme nun an, wir hätten für ein n ∈ N \ {0} bereits bewiesen, dass 1 ≤ an < 3 (IV) ist. Dann gilt wegen der Monotonie der Wurzelfunktion h√ √ (IV) h√ √ an+1 = 1 + an ∈ 1 + 1, 1 + 3 = 2, 2 ⊂ [1, 3). Induktionsschluss: Es gilt also für alle n ∈ N \ {0}, dass 1 ≤ an < 3 ist. (b) Wir zeigen die Behauptung wieder mittels vollständiger √ Induktion. √ Induktionsverankerung: Für n = 2 ist a2 = 1 + a1 = 2 > 1 = a1 . Induktionsschritt: Nehme nun an, wir hätten für ein n ∈ N, n > 1, bereits bewiesen, dass an > an−1 (IV’) ist. Dann gilt wegen der Monotonie der Wurzelfunktion und mit Teil (a) (⇒ an > 0) p √ (IV’) p an+1 = 1 + an > 1 + an−1 = a2n = an . Induktionsschluss: Für alle n ∈ N, n > 1, ist also an > an−1 , und die Folge wächst monoton. (c) In der Vorlesung sahen wir, dass jede beschränkte und monotone Folge konvergiert. Wegen (a) und (b) erfüllt (an )n∈N\{0} diese Voraussetzungen, und konvergiert somit. (d) Nennen wir a den Grenzwert von (an )n∈N\{0} , so folgt im Limesübergang der Rekursionsgleichung, √ √ an+1 = 1 + an ∀ n ∈ N \ {0} =⇒ lim an+1 = lim 1 + an , n→∞ n→∞ √ dass a = 1 + a gelten muss. Quadrieren liefert a2 = 1 + a, also ist a eine Lösung von x2 − x − 1 = 0√ √ Folglich ist entweder a = 1−2 5 oder a = 1+2 5 . Da wegen (a) jedoch a > 0 gelten muss, gilt √ 1+ 5 a= , 2 was auch als “goldener Schnitt” bekannt ist. Aufgabe 5M. Beweisen Sie, dass es zu jedem Tripel von Konstanten C, d, σ > 0 ein ǫ > 0 gibt mit folgender Eigenschaft: Ist (an )n∈N eine Folge mit 0 ≤ an+1 ≤ Cdn+1 a1+σ n dann gilt an → 0 (n → ∞), sobald a0 < ǫ ist. (n ∈ N), (⋆) ÜBUNGSBLATT 4 (MAT121/MAT131 ANALYSIS I) – LÖSUNGEN 5 Antwort. Für d ≤ 1 genügt es, ǫ < 1 zu wählen, denn dann ist wegen (⋆) an ≤ Cǫn(1+σ) für alle n ∈ N, und an → 0 (n → ∞) folgt sofort. Ist hingegen d > 1, so wollen wir versuchen, ǫ so klein zu wählen, dass wir mittels vollständiger Induktion zeigen können, dass ǫ an ≤ n2 für alle n ∈ N. d Dann nämlich würde direkt folgen, dass an → 0 (n → ∞). Die Induktionsverankerung ist nun trivialerweise erfüllt. Im Induktionsschritt genügt es, die Ungleichung ǫ 1+σ ǫ Cdn+1 n2 (n ∈ N) ≤ (n+1)2 d d zu beweisen. Diese ist aber äquivalent zur Ungleichung wobei Cǫσ ≤ dγ(n) (n ∈ N), γ(n) = n2 (1 + σ) − (n + 1) − (n + 1)2 = σn2 − 3n − 2 (†) (n ∈ N) ist. Da σ > 0 ist, existiert mit Sicherheit ein N ∈ N mit γ(n) ≥ 0 für alle n > N. (†) ist dann wegen d > 1 für alle n > N erfüllt, wenn ǫσ < C1 ist. Also genügt es, ǫ > 0 so zu wählen, dass γ(n) d 1 σ , min ǫ < min 0≤n≤N C C ist, und (†) ist erfüllt. Aufgabe 5P. Sei (an )n∈N gegeben durch a0 = 5, a1 = 3 und an+2 = an+1 + an für alle n ∈ N. (a) Beweisen Sie, dass es Konstanten C, D > 0 gibt, so dass an ≤ D C n ∀n ∈ N; (⋆) (b) Finden Sie die “beste” (kleinste) Konstante C > 0, für welche (⋆) mit D gross genug gilt; (c) Finden Sie die “beste” (kleinste) Konstante D > 0, für welche (⋆) mit C aus (b) gilt. Antwort. Wir beweisen (a), (b) und (c) auf einen Schlag, indem wir die an ’s explizit √ berechnen. Betrachte die Gleichung x2 = x + 1. Diese besitzt die Lösungen x1,2 = 1±2 5 . Wir behaupten, dass es zwei Konstanten C1 und C2 gibt, so dass an = C1 xn1 + C2 xn2 Für alle n ∈ N, wäre dann nämlich für alle n ∈ N. + C2 xn+2 = C1 xn1 x21 + C2 xn2 x22 = C1 xn1 (x1 + 1) + C2 xn2 (x2 + 1) an+2 = C1 xn+2 1 2 = C1 xn+1 + C2 xn+1 + C1 xn1 + C2 xn2 = an+1 + an , 1 2 wie gewünscht, wobei wir benutzt haben, dass x1 und x2 beide x2 = x + 1 lösen. Also genügt es, C1 und C2 so zu wählen, dass die “Anfangsbedingungen” a0 = 5 und a1 = 3 erfüllt sind. Einsetzen liefert ( ( ! ! a0 = C1 + C2 = 5, C1 (x2 − x1 ) = 5x2 − 3, ⇔ ! ! a1 = C1 x1 + C2 x2 = 3, C2 (x1 − x2 ) = 5x1 − 3, √ ( √ ! 5(1− 5)−6 = 5 2√5+1 , C1 = − 2√5 5 √ √ ⇔ ! 5(1+ 5)−6 5 5−1 √ = 2√5 . C2 = 2 5 6 ÜBUNGSBLATT 4 (MAT121/MAT131 ANALYSIS I) – LÖSUNGEN Explizit gilt also √ √ !n 5 5−1 1+ 5 √ + 2 2 5 √ 5 5+1 n n √ an = C1 x1 + C2 x2 = 2 5 √ !n 1− 5 2 (n ∈ N). Wähle nun C = max {|x1 | , |x2 |} und D = |C1 | + |C2 |. Dann gilt für alle n ∈ N an ≤ |an | ≤ |C1 | |x1 |n + |C2 | |x2 |n ≤ |C1 | C n + |C2 | C n = D C n . Um zu sehen, dass C optimal ist, nehme an, es gäbe β > 0 und γ ∈ (0, C) mit an ≤ β γ n für alle n ∈ N. Insbesondere hätten wir a2n ≤ β γ 2n für alle n ∈ N. Da C1 , C2 , x1 > 0, x2 < 0 und |x1 | > |x2 |, würde dies implizieren, dass 2n 2n 2n C1 C 2n = C1 x2n 1 ≤ C1 x1 + C2 x2 ≤ βγ | {z } 2n C γ (n ∈ N) ≥0 β C1 für alle n ∈ N. Da jedoch Cγ > 1 nach 2n > M für Voraussetzung, existiert für jede Schranke M > 0 ein N ∈ N, so dass Cγ ist. Mit anderen Worten, wäre ≤ alle n > N. Mit M = Cβ1 folgt dann aber ein Widerspruch. Um zu sehen, dass auch das von uns gewählte D optimal ist, wenn wir einmal C = x1 festgelegt haben, machen wir folgende Überlegung. Wenn für ein β > 0 an = C1 xn1 + C2 xn2 ≤ βxn1 für alle n ∈ N gelten soll, so folgt, da x1 > 0 ist, dass n x2 β ≥ C1 + C2 x1 für alle n ∈ N erfüllt sein muss. Insbesondere muss diese Ungleichung auch für n = 0 gelten, womit β ≥ C1 + C2 = D folgt. D war also schon optimal gewählt.